Magazin 199110
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merksam zu machen und damit -<br />
wie wir hoffen dürfen - anstoßgebend<br />
für eine Intensivierung von<br />
interdisziplinärer Katastrophenforschung<br />
im Bundesgebiet zu sorgen.<br />
Vor diesem Hintergrund begrüßen<br />
wir es um so dankbarer. daß sich mit<br />
den Herren Professoren Claussen<br />
von der Universität Kiel und Lenk<br />
von der Universität Oldenburg sowie<br />
Herrn Dr. Dombrowski. gleichfalls<br />
aus Kiel. wichtige Repräsentanten<br />
der jeweiligen Bereiche der Katastrophenforschung<br />
zur Beantwortung<br />
unserer Fragen bereitgefunden haben.<br />
Aus unseren Vorbereitungen<br />
des Symposiums wissen wir. daß<br />
unsere Referenten bemüht sein werden.<br />
mit speziell auf unsere Fragen<br />
bezogenen Antworten uns in unserer<br />
Arbeit im Katastrophenschutz voranzuhelfen<br />
...<br />
Sie alle sind zum Ersten Niedersächsischen<br />
Katastrophenschutz<br />
Symposium erschienen. Die Bezeichnung<br />
weist aus. daß diese Veranstaltung<br />
auf Fortsetzung angelegt<br />
ist. Wir wollen uns im Zweijahresabstand<br />
und jeweils im Wechsel mit<br />
einer landesweiten Katastrophenschutzübung<br />
kontinuierlich mit aktuellen<br />
Problemen und Themen des<br />
Katastrophenschutzes auseinandersetzen<br />
und so auf längere Sicht zur<br />
Fortentwicklung des Katastrophenschutzes<br />
beitragen. Dabei sind wir<br />
uns bewußt. keine abgehobene<br />
Theoriediskussion betreiben zu dürfen.<br />
Es geht uns gemeinsam darum.<br />
das Schutzgeflecht für unsere Bevölkerung<br />
dichter und undurchdringlicher<br />
zu knüpfen."<br />
Angst vor Katastrophen<br />
Professor Dr. Clausen. Soziologe<br />
an der Christian-Albrechts-Universität<br />
Kiel. die bekanntlich eine .Katastrophenforschungsstelle"<br />
am Institut<br />
für Soziologie eingerichtet hat.<br />
ferner bekannt als Mitglied der<br />
Schutzkommission beim Bundesminister<br />
des Innern. beleuchtete sein<br />
Thema "Unsere Umwelt - auf dem<br />
Weg zu einer neuen Normalttät von<br />
Katastrophen?" So stellte er "einen<br />
großen Kontrast" zwischen den<br />
Ansichten der beruflichen Katastrophenschützer<br />
und den Empfindungen<br />
der Bevölkerung. etwa am Beispiel<br />
Tschernobyl. fest. Katastrophen<br />
gehörten ferner nicht zu den<br />
"gängigen Risiken". weil sie immer<br />
zu schnell und zu überraschend eintreten<br />
- das ist auch der Grund dafür.<br />
daß die Bevölkerung Angst vor Katastrophen<br />
hat.<br />
Richtig .katastrophal" wird eine<br />
Lage jedoch erst dann. wenn bei den<br />
Bekämpfern Ratlosigkeit herrscht.<br />
keine Lösungen in Sicht sind. Dann<br />
ist Improvisation gefragt; Politik und<br />
Verwaltung wollen ein Scheitern der<br />
Bemühungen zur Bewältigung der<br />
Katastrophe natürlich verhindern.<br />
aber: Bei Katastrophen ist ein Scheitern<br />
möglich. dem müsse man ins<br />
Auge sehen und sich auch eingestehen.<br />
In diesem Zusammenhang wies<br />
Prof. Clausen auch darauf hin. daß<br />
der Katastrophenschutz und der<br />
Selbstschutz sich ergänzen müssen<br />
und zusammengeführt werden sollten.<br />
Der Kieler Professor verlangte ferner.<br />
die Verantwortlichen sollten<br />
Blick In einen der völlig modernisie rten lehrsäle.<br />
gerade in Sachen Katastrophen die<br />
Wahrheit sagen: Wenn schon eine<br />
Verhinderung nicht möglich sei. so<br />
müsse man die Linderung transparent<br />
und begreifbar machen .• Die allgemeine<br />
gesellschaftliche Schadensangst<br />
sitzt tief in der Bevölkerung".<br />
stellte Clausen fest. Diese<br />
Angst sei zwar diffus. führe aber zu<br />
einer Akzeptanzproblematik des<br />
Katastrophenschutzes.<br />
Technik kein Ersatz für<br />
Motivation<br />
Was ist nach Prof. Clausen zu<br />
tun? Zunächst einmal müssen der<br />
Bevölkerung die latenten Gefahren<br />
klar aufgezeigt werden. Hinzu sollten<br />
Handlungsanweisungen treten. die<br />
möglichst bei jeder Familie .im<br />
Küchenschrank" vorhanden sein<br />
müßten: . Es mangelt an verfügbarer<br />
und in sonst gewohnte Handlungsbezüge<br />
eingebundener Schutzinformation.<br />
die Warnungen adäquat zu<br />
verarbeiten erlauben könnte. Die<br />
zwischen Opfern und Helfern unabgestimmte<br />
Schutzinformation hat<br />
organisatorische Folgen zu Lasten<br />
der Katastrophenlinderung: Zumal<br />
hat sich der organisatorische Katastrophenschutz<br />
nicht genügend professionalisiert.<br />
so daß dort tiefeingreifende<br />
Motivationsschwächen<br />
auftreten. für die vorgehaltene oder<br />
geforderte Technik kein Ersatz sein<br />
kann. Auch im Bereich der Landkrei-<br />
se und kreisfreien Städte ist der<br />
Katastrophenschutz zu sehr auf<br />
Improvisationen angewiesen. auf<br />
Länder- und Bundesebene eine<br />
Laufbahnsackgasse. Es mangelt an<br />
realistischen Übungen. die auch den<br />
Selbstschutz möglicher Betroffener<br />
einbeziehen müßte. So weitet sich<br />
immer noch die Kluft zwischen<br />
Schutzlaien und Schutzexperten. "<br />
Und: "Von der Regierungs- bis zur<br />
Betroffenenebene mangelt es an<br />
Organisationen zur Aufklärung und<br />
Gewichtung unterschiedlicher Risikopotentiale.<br />
"<br />
Clausen kommt somit zu dem<br />
bedenklichen Schluß: "Mithin sind<br />
wir nicht auf dem Weg zu einer .Nor-<br />
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