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es doch nicht?" So ist es eine feine Sache!<br />
Das System wird sich, bis auf eine<br />
marginale Versorgungslücke, bestens<br />
bewähren. Eine Füllung Trinkflasche<br />
reicht mir von einer zur nächsten Station.<br />
Da ich nur Leitungswasser einfülle,<br />
kann ich mit den Überschüssen noch<br />
Moskitos abwaschen. An den Stationen<br />
selbst trinke ich lieber Saft, esse jede<br />
tas ist etwa 20 Minuten voraus, und Garl<br />
Wilhelm ist auch nicht viel weiter". Der<br />
Weg führt laut Streckenbeschreibung<br />
nun vom See weg und hinein in die<br />
Weinberge. Vier bis sechs Augen sehen<br />
mehr. Hoffnungsfroh breche ich nach 10<br />
Minuten Pause auf. Was ich nicht wissen<br />
kann: Gostas ist "nebenbei" Bergsteiger,<br />
springt wahrscheinlich hirschar-<br />
Gostas, Martina, Georg und Edit vorm Wochenendhaus<br />
Menge Obst und Kekse. Schließlich<br />
biegt der Weg scharf nach Norden. Die<br />
südliche Längsseite des Balaton habe<br />
ich hinter mir.<br />
Mit Glück werde ich Kesthely an der<br />
Nordwestkante des Sees, Kilometer 90,<br />
im engeren Zeitlimit von 13 Stunden erreichen.<br />
Erst mal streikt die Taschenlampe.<br />
Kein Dorf, kein Haus, und damit<br />
keine Lichtquelle weit und breit. Mannshohe<br />
Schilfgewächse links und rechts<br />
des Fahrradweges. Hoffentlich gibt es<br />
keine Abzweigungen! Zum Glück ist der<br />
Mond seit wenigen Tagen abnehmend,<br />
die Nacht fast herum und der Mond damit<br />
längst aufgegangen. Ich finde glücklich<br />
zur nächsten Station, wo man mir<br />
eine Ersatzlampe geben kann. So erreiche<br />
ich sicher Kesthely nach 12:50<br />
Stunden. Sebastian sitzt schon da. Leider<br />
sitzt er wie ein Fragezeichen; aufgegeben.<br />
"Georg schläft in der Sporthalle.<br />
Er musste auch aufhören." Es riecht<br />
sehr angenehm nach Nudeln. "Iß nur<br />
ordentlich; anstelle der nächsten zwei<br />
Stationen werden nur Wasserflaschen<br />
da stehen". Während ich mich über eine<br />
große Portion hermache, erfahre ich andere<br />
Einzelheiten von Sebastian. "Gos<br />
38<br />
tig die bis 10% steilen Hügel rauf und<br />
runter. Zuletzt wird er fast drei Stunden<br />
(!) vor mir das Ziel erreichen. Garl Wilhelm,<br />
mit Streckenkenntnis vom Vorjahr,<br />
wird knapp unterm engeren Zeitlimit ankommen.<br />
Während sich mein ganzer Körper der<br />
Nudelverdauung widmet, landet der<br />
Kreislauf im tiefsten Keller. In der Morgendämmerung<br />
kurve ich Schlangenlinien<br />
wie schon lange Jahre nicht mehr.<br />
"Ich darf mich nicht verlaufen." Über diesen<br />
Angstgedanken vergesse ich die<br />
zwei vor mir vollkommen. Ich fürchte<br />
auch einen neuen knallheißen Tag und<br />
ärgere mich sehr, in der kühlen Morgenluft<br />
nicht flotter voran zu kommen. Nach<br />
der Fastenwanderung über 15 km geht<br />
es mir wieder richtig gut; bei Kilometer<br />
105 starte ich wieder neu meine bewährte<br />
Obst-Keks-Trinkdiät. Was sich<br />
weniger toll anfühlt, sind meine Füße.<br />
An der nächsten Station frage ich nach<br />
meiner in einem Begleitfahrzeug depo<br />
.nierten Notausrüstung. Einmal mehr habe<br />
ich Glück; das richtige Auto ist gerade<br />
da. Die fiese Blase unterm großen<br />
Zeh habe ich schnell beerdigt. Schon<br />
bin ich wieder unterwegs.<br />
Kilometer 140 zieht mich magisch an. In<br />
den unzähligen Emails, die vor dem<br />
Start zwischen Edit und mir kursierten,<br />
schrieb sie etwas von einer Grosseinlage<br />
über 5 km und vor allem von einer<br />
"Wiese mit unangenehmen Pflanzen". In<br />
der Ausschreibung steht etwas von "gritty<br />
forest path" und "through the f100d gate".<br />
Garl Wilhelm hatte im Vorjahr das<br />
Ganze erst gar nicht gefunden! Nun will<br />
ich das Mysterium lösen. Bei der Station<br />
an Kilometer 139,7 lasse ich mir den<br />
richtigen Abzweig von der Straße zeigen.<br />
Der Weinbergspfad wird ungemütlich<br />
holprig. Schließlich endet der Weg<br />
vor einem steilen Damm bergab. Zum<br />
Glück macht dieses "flood gate" seinem<br />
Namen keine Ehre. Kein Wasser ... aber<br />
auch kein Weg mehr weit und breit. Tief<br />
unter mir beginnt eine schier endlose<br />
Fläche mit borstiger Macchia. Ohne<br />
Zweifel muss man da irgendwie durch;<br />
weiße Bänder spannen sich von Distel<br />
zu Dornenbusch, tauchen ein in einem<br />
Wäldchen am Horizont. Ich krieche also<br />
rückwärts hinunter und stakse immer in<br />
Bandnähe durch das hüfthohe Kraut.<br />
Meine Vorläufer mussten zu Kängurus<br />
mutiert sein oder gar zu Vögeln; ich sehe<br />
keinerlei Trittspuren. Im Wald<br />
schließlich gibt es wenigstens eine<br />
Pfadspur. Allerdings ist diese von losem<br />
Geröll übersät. Endlich leitet der so genannte<br />
Weg, bergauf und bergab, wieder<br />
in einen holprigen Weinbergspfad.<br />
Diesmal empfinde ich solches Terrain<br />
als Luxusausstattung! An der nächsten<br />
Station, rund 5 km entfernt und wieder<br />
auf ordentlicher Straße, ist weit über eine<br />
Stunde vergangen von Beginn der<br />
Abenteuerwanderung an. Ich setze mich<br />
hin, vollkommen entgeistert. "Mit platten<br />
Plattfüßen platt am Plattensee ... ". Mein<br />
Wortspiel ist lustiger, als der Zustand<br />
sich anfühlt. Schließlich finde ich wieder<br />
einen guten Rhythmus, sogar mit Muße,<br />
die Landschaft zu genießen. Neben den<br />
Weinbergen gibt es fantastische Blumenwiesen<br />
mit Schmetterlingen in allen<br />
Farben. Leider verirrt sich einer an mein<br />
pappiges Bein, und der traurige Flügelabdruck<br />
wird mir bis ins Ziel erhalten<br />
bleiben. Nächster Fixpunkt auf der Strecke<br />
ist Kilometer 164, Balatonfüred. Dafür<br />
sind im engeren Zeitlimit 24,5 Stunden<br />
veranschlagt. Mir ist vollkommen<br />
klar, dass ich das nicht mehr schaffen<br />
kann. Ich komme sogar 50 Minuten zu<br />
spät. Damit habe ich die Toleranzzeit<br />
von hier 90 Minuten ganz schön angeknabbert.<br />
Zu dieser Zeit befindet sich<br />
der ungarische Sieger Fendrik Laszlo im<br />
Anflug auf das Ziel (25:33 Stunden). Als<br />
Zweite wird Edit nach 28:21 Stunden<br />
eintreffen, verfolgt von Gostas (28:37<br />
Stunden). Auch Garl Wilhelm wird es<br />
noch im engeren Zeitlimit schaffen<br />
(29:36 Stunden).<br />
Von Balatonfüred aus habe ich "nur"<br />
noch 20 km Weinberge vor der Nase.