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von 3:13 Stunden habe ich den Einstieg<br />
zu dem Hinteren Tormäuer erreicht.<br />
Links und rechts der wilden Erlauf türmen<br />
sich die Karstwände mehrere 100<br />
Meter hoch auf. Im ständigen Auf und<br />
Ab, mal die Felswand rechts und mal die<br />
Felswand links der Laufstrecke, wobei<br />
die Erlauf auf Brückchen und Stegen<br />
überquert wird. Hier sollte man aber vor<br />
lauter Schauen und Staunen den unebenen<br />
und schmalen Wanderpfad nicht<br />
aus den Augen verlieren. Immer wieder<br />
muss der sichere Tritt gesucht werden.<br />
Ständige Tempowechsel erschweren<br />
zudem ein kontrolliertes Laufen. Hier in<br />
dieser grandiosen Bergwelt kommen<br />
Landschafts- und Erlebnisläufer voll auf<br />
ihre Kosten. Ich weiß gar nicht, was ich<br />
zuerst fotografieren soll. Bei Kilometer<br />
35 verlasse ich die Erlauf am Stierwaschboden<br />
und biege iri das absolute<br />
Highlight dieser Veranstaltung, in den<br />
Ötschergraben, den Grand Canyon Österreichs,<br />
ab. Auch hier ist hohe Konzentration<br />
erforderlich, zumal der Wanderpfad<br />
weiterhin mit allem versehen ist,<br />
was die Natur zu bieten hat. Die Laufseite<br />
wechselt auch hier ständig. Rauf und<br />
runter auf schmalen Steigen und schaukeligen<br />
Brücken, unter mir der Ötscherbach,<br />
laufe ich an der Hollerbrandmauer<br />
und an der Schusterwand vorbei zum<br />
Gasthaus "Ötscherhias". Ab hier bleibe<br />
ich, mittlerweile viel alleine laufend, auf<br />
der rechten Seite oberhalb des rauschenden<br />
Baches. Immer wieder muss<br />
ich über schmale Holzstege, die am Fels<br />
befestigt sind, am Berg entlang, oft ohne<br />
Geländer, dafür stellenweise mit Seilsicherung,<br />
laufen. Hier wird eigentlich<br />
mehr gewandert, zumal einem hier ständig<br />
Spaziergänger und Wanderer entgegen<br />
kommen. Hier im "Canyon" staut<br />
sich die Hitze ernorm, und ich stoppe<br />
meinen Lauf. Einen kleinen Abstieg nutzend,<br />
klettere ich hinab zum Ötscherbach,<br />
entledige mich meiner Laufsachen<br />
und lege mich in die kühlen Fluten des<br />
rauschenden Wildbaches. Ahh, tut das<br />
gut, soviel Zeit muss sein. Wer aber an<br />
diesem Landschaftslauf teilnimmt und<br />
keine Zeit hat, ist hier fehl' am Platze.<br />
Hier muss die Devise lauten: schauen,<br />
erleben und genießen, zumal hinter dem<br />
Mirafall ein gigantischer Ausstieg aus<br />
dem Ötschergraben folgt. <strong>Teil</strong>s kletternd,<br />
wobei mir Baumwurzeln als Stufen<br />
dienen, und teilweise mit Armeinsatz,<br />
erreiche ich 150 Meter höher einen<br />
schmalen Grat. Hier sollte Schwindelfreiheit<br />
ein absolutes Muss sein, da dieser<br />
Grat manchmal weniger als 50 cm<br />
misst. Oben angekommen auf einem<br />
breiteren Pfad, habe ich einen phantastischen<br />
Rückblick in den Canyon und<br />
mache einige Fotos. Der folgende breite<br />
Forstweg, wo mich eine VerpflegungssteIle<br />
bei Kilometer 39 empfängt, erlaubt<br />
meiner geschundenen Beinmuskulatur,<br />
sich wieder zu erholen. Zu heftig war der<br />
Aufstieg aus dem Ötschergraben. Bei<br />
Kilometer 43 am Gasthaus "Spielbichler"<br />
auf 927 Meter über NN erreiche ich<br />
schon wieder eine der superguten Labestationen.<br />
Hier mache ich länger<br />
Rast, gieße mir einige Becher Wasser<br />
über meinen Kopf und mache mich anschließend<br />
an den letzten steilen Aufstieg<br />
durch dichten Mischwald zum Riffelsattel<br />
auf 1.283 Meter über NN. Nach<br />
45 Minuten Wandern in Serpentinen,<br />
über Wurzeln, Felsbrocken und eine<br />
steile Bergwiese, bestückt mit allen Gemeinheiten,<br />
erreiche ich den Sattel und<br />
die letzte Versorgungsstelle. Hier oben<br />
habe ich alle positiven 1.850 Höhenmeter<br />
der heutigen' Etappe abgearbeitet.<br />
Der folgende Abstieg, hinunter ins Ziel<br />
nach Lackenhof, in unterschiedlichen<br />
und teils heftigem Gefälle auf einer<br />
Schotterpiste, verlangt noch einmal<br />
höchste Konzentration. Bei 470 Höhenmetern<br />
aqwärts auf vier Kilometern<br />
muss ich die Laufbremse kräftig treten.<br />
Kurz vor Lackenhof biegt die Laufstrecke<br />
auf einen Skihang ab. Über mir sind<br />
die Sessel der Skilifts<br />
hinauf zum<br />
"Kleinen Ötscher".<br />
Nach 6:44:13 Std.<br />
habe ich das Ziel<br />
auf der Teichwiese<br />
in Lackenhof als<br />
28. von 38 gestarteten<br />
<strong>Teil</strong>nehmern<br />
erreicht. 50 gigantische<br />
und atemberaubendeKilometer<br />
haben mir fast<br />
alles abverlangt.<br />
Hoffentlich schaffe<br />
ich es, mich bis zur<br />
2. Etappe zu regenerieren.<br />
Nach<br />
meiner heftigen<br />
und kurzen Krankheit??<br />
Ich staune<br />
ich über mich<br />
selbst!<br />
Sonntag, 2. Etap<br />
Qg<br />
Wie befürchtet, hatte sich in der Nacht<br />
ein Gewitter mit heftigem Regen entladen.<br />
Als ich beim Aufstehen auf den<br />
Balkon hinaustrat, war vom "Kleinen<br />
und Großen Ötscher" nichts zu sehen.<br />
Zu allem Übel stieg nun noch Nebel<br />
durch die Wälder und die Berghänge<br />
hinauf. Wenig später fing auch noch der<br />
Regen an, der, je näher der Start um 11<br />
Uhr rückte, immer stärker wurde. Somit<br />
hatte sich die Anzugsordnung für den<br />
heutigen Lauftag von selbst geklärt. Als<br />
Marita und Ich zum Start- und Zielbereich<br />
kamen, versteckten sich die übrigen<br />
<strong>Teil</strong>nehmer so gut es ging unter allem,<br />
was hervorstand. Herbert Egger<br />
ergriff das Wort und teilte uns mit, dass<br />
der Start um eine Stunde, auf 12 Uhr<br />
verschoben sei, in der Hoffnung auf eine<br />
Wetterbesserung. Zwischenzeitlich<br />
machten sich Helfer auf den Weg, um<br />
eine Alternativstrecke abzuflattern. So<br />
mit hatte sich zum 4. Mal hintereinander<br />
der Lauf über den "Rauher Kamm" und<br />
den "Großen ötscher" von selbst gecancelt,<br />
denn wenig später stand fest,<br />
dass die Alternativstrecke gelaufen wird.<br />
21 Kilometer und knapp 800 Höhenmeter<br />
im Aufstieg hatte Herbert mit seinen<br />
Helfern aus dem Ärmel gezaubert. Bei<br />
strömendem Regen schickte uns Herbert<br />
um 12 Uhr mit einem "Go" auf die<br />
Strecke. Trotz der gestrigen schweren<br />
50 Kilometer war ich erstaunt, dass<br />
meine Beinmuskulatur locker war. Und<br />
wie es sich gehört, ging es direkt vom<br />
Start 6 Kilometer über eine nasse Wiese<br />
in den Wald hinein bergan. Auf matschigem<br />
und glitschigem Geläuf musste so<br />
manche Pfütze umlaufen werden.<br />
Nachdem der "Bockhörner" umrundet<br />
wurde, zeigte die Laufstrecke abwärts.<br />
In weiten Schleifen lief ich zum Ortsteil<br />
"Ötscherwiesen" und von dort über einen<br />
unebenen Waldpfad, gespickt mit<br />
unzähligen Wurzeln, hinunter in den<br />
Ein bisschen schwindelfrei muss man schon sein ...<br />
Ortsteil Weitental und zu dem Sessellift<br />
"Großer Ötscher". Ein Stück der Asphaltstraße<br />
bergauf folgend, ging es<br />
sogleich in einen mörderisch steilen und<br />
unwegsamen Anstieg. Da es immer<br />
noch regnete, waren kleine Ausrutscher<br />
an der Tagesordnung. Von hier an durfte<br />
quasi geklettert werden, zumal jeder<br />
sichere Tritt gesucht werden musste.<br />
Hatte man eine Wegbiegung erreicht<br />
und gehofft, dass es etwas flacher würde,<br />
wurde man eines Besseren belehrt.<br />
Es ging eher noch steiler bergan. Zu allem<br />
Übel musste ein Waldstück in Serpentinen<br />
zum "Riffelboden", im wahrsten<br />
Sinne des Wortes, über Felsen und<br />
Wurzeln und mit' Armeinsatz erklettert<br />
werden. Von der Sesselliftstation auf<br />
844 Meter über NN bis zum "Riffelboden"<br />
auf 1.050 Meter über NN hatte ich<br />
somit 206 HM erwandert. Am "Riffelboden"<br />
hatte ich die Laufstrecke des Vor<br />
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