Lärmschutz bei Baumaschinen - Bauverlag
Lärmschutz bei Baumaschinen - Bauverlag
Lärmschutz bei Baumaschinen - Bauverlag
Verwandeln Sie Ihre PDFs in ePaper und steigern Sie Ihre Umsätze!
Nutzen Sie SEO-optimierte ePaper, starke Backlinks und multimediale Inhalte, um Ihre Produkte professionell zu präsentieren und Ihre Reichweite signifikant zu maximieren.
<strong>Lärmschutz</strong><br />
<strong>Lärmschutz</strong><br />
<strong>bei</strong> <strong>Baumaschinen</strong><br />
H. H. Cohrs, Grube/Holstein<br />
Merkliche Geräuschminderungen<br />
sind <strong>bei</strong> <strong>Baumaschinen</strong><br />
nur in zahlreichen kleinen<br />
Einzelschritten zu verwirklichen.<br />
Die Hersteller betreiben<br />
einen beachtlichen Entwicklungsaufwand,<br />
damit <strong>bei</strong>spielsweise<br />
ein Radlader so<br />
leise ar<strong>bei</strong>tet wie ein Mittelklasse-Pkw.<br />
Die Einzelschritte<br />
richten sich auf viele Komponenten,<br />
angefangen <strong>bei</strong>m<br />
Motor.<br />
Geräuscharme <strong>Baumaschinen</strong> sind<br />
„in“. Der für lärmreduziertes Ar<strong>bei</strong>ten<br />
verliehene „Blaue Engel“, das „Umweltzeichen,<br />
weil lärmarm“, ist auch<br />
<strong>bei</strong> <strong>Baumaschinen</strong> ein wichtiges<br />
Verkaufsargument. Wie sinnvoll, wie<br />
wichtig sind jedoch derartige Maßnahmen?<br />
Sind <strong>Baumaschinen</strong> tatsächlich<br />
die Ursache allen (Bau-)Lärms? <strong>Lärmschutz</strong><br />
<strong>bei</strong> <strong>Baumaschinen</strong> ist ein problematisches<br />
Thema, das keinesfalls<br />
isoliert betrachtet werden sollte.<br />
Im <strong>Lärmschutz</strong>, nicht nur <strong>bei</strong> <strong>Baumaschinen</strong>,<br />
spiegelt sich die ganze<br />
Schizophrenie unserer Gesellschaft:<br />
Auf der einen Seite werden mit vernünftigen<br />
Argumenten geräuscharme<br />
Lkw, leise abrollende Reifen, Flüsterasphalt<br />
und leise surrende <strong>Baumaschinen</strong><br />
gefordert und entwickelt -<br />
doch auf der anderen Seite schert<br />
man sich nicht darum. Auf dieser lärmenden<br />
Seite dröhnen, vorwiegend an<br />
Wochenenden, laute Motorräder auch<br />
weit in jeden Erholungswald hinein, da<br />
beschallen ein paar Hobbyflieger ohne<br />
28 9/99<br />
jedes Lärmgefühl tausende Mitmenschen,<br />
die in der Natur oder im Garten<br />
Erholung suchen und weniger flugbegeistert<br />
sind, da wird bis spät in den<br />
Abend heimgewerkelt, was das Zeug<br />
hält. Da donnern Tiefflieger so lautgewaltig<br />
über unsere Zivilisation hinweg,<br />
daß kleine Kinder schreiend zur Mama<br />
laufen und Pferde sich auf der Koppel<br />
vor Angst aufbäumen. Und da, auch auf<br />
der ignoranten Lärmseite, sind viele<br />
Musikdarbietungen ausreichend laut,<br />
um das Gehör dauerhaft zu schädigen.<br />
Wird sinnvoller <strong>Lärmschutz</strong> nicht<br />
viel zu oft auf der falschen Seite betrieben?<br />
Selbstverständlich betrifft<br />
dies auch die Baubranche: Neben vor<strong>bei</strong>donnernden<br />
Betonmischern und<br />
Kiessattelzügen wird ein Bauzaun mit<br />
starken Hammerschlägen errichtet,<br />
dahinter rasselt aus der Höhe Bauschutt<br />
durch eine Rutsche in einen<br />
Container, überlagert vom Lärm eines<br />
Preßlufthammers irgendwo oben im<br />
Gerüst. Bei all dem Krach könnte<br />
leicht ein Kompaktbagger übersehen<br />
werden, der still und unscheinbar vor<br />
sich hin ar<strong>bei</strong>tet.<br />
Wie laut ist eine Baustelle? Wie laut<br />
sind die Geräusche von Baggerlöffel<br />
und Laderschaufel auf dem Boden, das<br />
Laden von Steinen, Schotter oder Bauschutt<br />
auf Lkw oder das Beschicken<br />
kleiner City-Recyclinganlagen? Trotz<br />
lärmarmer <strong>Baumaschinen</strong> gibt es<br />
noch längst keine leisen Baustellen,<br />
nur machen leisere Maschinen den<br />
Geräuschbrei etwas weniger laut.<br />
1 Baustellen sind laut – und grenzen oft unmittelbar an Wohnbebauung.<br />
Eine Minderung des „Kraches“ wird jedoch längst nicht nur durch Lärmreduzierungen<br />
an den eingesetzten <strong>Baumaschinen</strong> bewirkt, sondern auch durch ein Umdenken<br />
auf jeder Baustelle und in unserer Gesellschaft
<strong>Lärmschutz</strong><br />
Zu viele Geräusche<br />
sind Lärm<br />
Um die Entstehung von<br />
Baulärm vernünftig beurteilen<br />
zu können, sollte bekannt<br />
sein, welche Eigentümlichkeiten<br />
mit Schall und Geräuschen<br />
verbunden sind. Menschen<br />
haben ein durchaus<br />
unterschiedliches Toleranzniveau<br />
hinsichtlich Lärm. Wir<br />
unterscheiden zwischen „angenehmem“<br />
und „unangenehmem“<br />
Lärm, denn es gibt<br />
zwar eine wissenschaftlich<br />
belegte Grenze für Lärm, <strong>bei</strong><br />
der die Gefahr von Gehörschäden<br />
droht, trotzdem lassen<br />
Menschen stundenlang<br />
derartig hohe oder sogar<br />
höhere Dezibelzahlen über<br />
sich ergehen.<br />
Bei den Alltagsgeräuschen,<br />
dem Umweltlärm,<br />
addieren sich verschieden<br />
starke Lärm- und Geräuschquellen<br />
zu einem unentwegt<br />
auf- und abschwellenden Geräuschbrei,<br />
der je nach Lautstärke und momentaner<br />
Beschäftigung des unfreiwillig<br />
zuhörenden Menschen als sehr<br />
unangenehm, als etwas störend oder<br />
aber gleichgültig empfunden wird.<br />
Was der eine <strong>bei</strong> konzentrierter Büroar<strong>bei</strong>t<br />
oder im Wohnzimmer als<br />
Lärmbelästigung empfindet, kann für<br />
den anderen normaler Baualltag und<br />
keinesfalls lärmschädigend sein.<br />
Bei Geräuschangaben aller Art sorgen<br />
die Zahlenwerte, angegeben in<br />
dB(A), häufig für Verwirrung. Ein Dezibel<br />
ist der Schalldruck, der mit einem<br />
vorgeschriebenen Meßgerät gemessen<br />
und – dies ist <strong>bei</strong> <strong>Baumaschinen</strong><br />
heikel – mit einer frequenzunabhängigen<br />
Bewertung angegeben wird.<br />
Das übliche Bewertungsschema ist<br />
die A-Bewertung, weshalb die meisten<br />
Meßwerte als dB(A) angegeben<br />
werden. Obwohl die Einheit der<br />
Lautstärke phon ist, werden gesetzliche<br />
Regelungen und viele Angaben in<br />
dB vorgenommen, weil Tests mit verschiedenen<br />
Personen unterschiedliche<br />
Bewertungen der Lautstärke ergeben,<br />
abhängig von Alter und Hörvermögen.<br />
30 9/99<br />
2 <strong>Lärmschutz</strong>maßnahmen sind <strong>bei</strong> den meisten <strong>Baumaschinen</strong><br />
empfehlenswert, so auch <strong>bei</strong> Kleinmaschinen wie handgeführten<br />
Verdichtern, die häufig stundenlang direkt neben<br />
Gebäuden ar<strong>bei</strong>ten<br />
Irritierend sind die dB(A)-Werte, da<br />
oft nicht bekannt ist, daß sie sich nicht<br />
linear aufbauen und verändern wie<br />
<strong>bei</strong>spielsweise Längen-, Druck-, Temperatur-<br />
und Gewichtsangaben, sondern<br />
logarithmisch. Das bedeutet, das<br />
die Reduzierung der nach außen abgegebenen<br />
Geräusche einer Baumaschine<br />
um 5 dB(A) von <strong>bei</strong>spielsweise 109<br />
auf 104 dB(A) keinesfalls einer Minderung<br />
um nur 4,5 % entspricht, was die<br />
Zahlenwerte vermuten ließen, sondern<br />
immerhin um beachtliche 60 %.<br />
Die Geräuschemission der Baumaschine<br />
wurde hier mehr als halbiert.<br />
Mit diesem Wissen kann der Aufwand<br />
besser nachvollzogen werden,<br />
den die Hersteller betreiben, um ihre<br />
<strong>Baumaschinen</strong> „um ein paar Dezibel“<br />
leiser zu machen. Denn wie das Beispiel<br />
zeigt, können Lärmreduzierungen<br />
von „nur“ 5 dB(A) einer Verringerung<br />
des am Ohr wahrgenommenen<br />
Geräusches um mehr als die Hälfte<br />
gleichkommen.<br />
<strong>Baumaschinen</strong> haben <strong>bei</strong>m Mischen<br />
des alltäglichen Geräuschbreis<br />
einen beträchtlichen Anteil. Ihr aufund<br />
abschwellendes Motorgeräusch,<br />
bedingt durch die Lastwechsel des<br />
Motors <strong>bei</strong> den Fahr-, Rangier-<br />
und Ar<strong>bei</strong>tsbewegungen,<br />
und ihr Ar<strong>bei</strong>ten, besonders<br />
mit Hydraulikbagger,<br />
Ramme oder Fräse, ist<br />
auf Baustellen nicht zu<br />
überhören. Deshalb trägt<br />
die Lärmreduzierung <strong>bei</strong><br />
<strong>Baumaschinen</strong> merklich zur<br />
Senkung des Baustellenlärmes<br />
<strong>bei</strong>.<br />
Bemühungen zur<br />
Lärmminderung<br />
Schon seit 1977 schweben<br />
„Blaue Engel“ über<br />
Deutschland und suchen<br />
sich umweltfreundliche<br />
Produkte aus, die bestimmte<br />
Auflagen erfüllen müssen.<br />
Einer Auflistung des Bundesumweltamtes<br />
vor nunmehr<br />
fünf Jahren war zu entnehmen,<br />
daß zu diesem Zeitpunkt<br />
der „Blaue Engel“ in<br />
Deutschland immerhin bereits<br />
für mehr als 130 lärmarme<br />
<strong>Baumaschinen</strong> vergeben wurde.<br />
Heute sind lärmarme <strong>Baumaschinen</strong><br />
also keine Seltenheit mehr, sondern<br />
schon Standard, zumindest, was kleinere<br />
Radlader und Bagger betrifft.<br />
Die meisten <strong>Baumaschinen</strong>hersteller<br />
griffen die schöne Idee erst erstaunlich<br />
spät, im Rahmen der Umweltmodewelle,<br />
auf, denn schon 1965<br />
erregte ein Seilbagger Aufsehen, den<br />
der Baggerhersteller Weserhütte mit<br />
schalldämpfend geschlossenem Maschinenhaus<br />
samt schaumstoffbeschichteter<br />
Rückwand sowie Abgasund<br />
Abluft-Schalldämpfer (für den<br />
luftgekühlten Deutz-Diesel) auf der<br />
Hannover-Messe vorstellte. Sogar<br />
spezielle Seildurchführungen waren<br />
vorhanden, um das Maschinenhaus<br />
so geschlossen wie möglich zu halten.<br />
Im folgenden Jahr, also 1966, präsentierte<br />
der Baggerhersteller Menck<br />
& Hambrock den Seilbagger M 90<br />
„silent“ in spezieller schallgedämpfter<br />
Version für Innenstadtbaustellen.<br />
So nahmen einige wenige Maschinen<br />
eine Entwicklung vorweg, die<br />
sich erst in den 80er und erst recht in<br />
den 90er Jahren zu einem Trend ausweitete.<br />
Daher rühmen sich viele An-
<strong>Lärmschutz</strong><br />
bieter etwas zu Unrecht ob ihrer Initiativen<br />
und zahlreichen Maßnahmen<br />
zur Lärmminderung auf Baustellen<br />
und für die Umwelt.<br />
Einsatzweise<br />
bestimmt Lärmprofil<br />
Anstrengungen zur Minderung der<br />
Geräuschemissionen wurden in den<br />
vergangenen Jahren vornehmlich <strong>bei</strong><br />
kleinen <strong>Baumaschinen</strong> unternommen,<br />
weil davon ausgegangen wird,<br />
daß solche Maschinen überwiegend<br />
in Stadtzentren und Fußgängerzonen<br />
oder in unmittelbarer Bebauungsnähe<br />
ar<strong>bei</strong>ten. Bei größeren <strong>Baumaschinen</strong><br />
ab etwa 15 t Gewicht erschienen<br />
Bestrebungen zur Geräuschminimierung<br />
noch vor kurzer Zeit müßig,<br />
weil der von mehreren größeren Maschinen<br />
erzeugte Lärm oder die Aufbereitungsanlagen<br />
in der stationären<br />
Gewinnungsindustrie sowieso als laut<br />
eingestuft wurden.<br />
Doch auch hier ändern sich die Argumente:<br />
Immer häufiger werden Maschineneinsätze,<br />
auch in der stationären<br />
Industrie, über mehr als eine<br />
Schichtdauer untersagt, sofern nicht<br />
<strong>Lärmschutz</strong>bestimmungen erfüllt werden.<br />
Dies kann auch die Rückverladung<br />
betreffen, falls hier in zwei<br />
Schichten oder gar nachts gear<strong>bei</strong>tet<br />
werden soll, und erst recht Baustellen<br />
nahe von Wohnbebauung. Deshalb<br />
wurden inzwischen auch schon größere<br />
<strong>Baumaschinen</strong> mit „Blauen Engeln“<br />
ausgezeichnet.<br />
Besondere Beachtung <strong>bei</strong>m<br />
<strong>Lärmschutz</strong> sollten die spezifischen<br />
Einsatzweisen bestimmter<br />
<strong>Baumaschinen</strong><br />
finden. Als vorzügliches Beispiel<br />
dürfen hier Kaltfräsen<br />
genannt werden: Mehr als<br />
andere <strong>Baumaschinen</strong> werden<br />
sie häufig nachts eingesetzt,<br />
damit stark frequentierte<br />
Straßen nicht zu<br />
den Hauptverkehrszeiten gesperrt<br />
werden müssen.<br />
Wichtig ist daher die Redu-<br />
zierung der Lärmemissionen<br />
von Motor, hydrostatischem<br />
Antriebsstrang und<br />
Fräswerkzeug. <strong>Lärmschutz</strong>maßnahmen<br />
dürfen längst<br />
32 9/99<br />
3 Bei einer Senkung des Lärms um<br />
6 Dezibel ist es keineswegs nur um wenige<br />
Prozent leiser geworden.Vielmehr<br />
hat sich der auf die Ohren einwirkende<br />
Lärm wegen der logarithmischen Dezibel-Skala<br />
hier mehr als halbiert<br />
nicht nur einige Radlader und Hydraulikbagger<br />
betreffen, sondern ebenso<br />
Kleingeräte wie handgeführte Verdichter<br />
und Kompressoren, Betonpumpen<br />
und -mischer, Rammbären,<br />
Hydraulikhämmer und, dies mag erstaunlich<br />
klingen, Turmdrehkrane.<br />
Da Turmdrehkrane nur schwerlich<br />
von <strong>Lärmschutz</strong>wänden zu umgeben<br />
sind, überschallen sie mit ihren Elektromotoren,<br />
Winden- und Katzgeräuschen<br />
ganze Häuserviertel. Nach einem<br />
vom Bundesforschungsministerium<br />
geförderten Vorhaben erhielt<br />
1994 der erste Turmkran, ein Obendreher<br />
Zeppelin ZBK 50-silent, den<br />
„Blauen Engel“ für die Geräuschdämmung<br />
von Hubmotor und -getriebe<br />
sowie für die Senkung der Geräuschemissionen<br />
um mehr als 50 %.<br />
4 Die Bedeutung der Lärmreduzierung ist einsatzbezogen:<br />
Kaltfräsen ar<strong>bei</strong>ten oft in unmittelbarer Gebäudenähe und<br />
sogar nachts, so daß <strong>bei</strong> ihnen die Lärmreduzierung wichtiger<br />
ist als <strong>bei</strong> vielen anderen <strong>Baumaschinen</strong><br />
Zu betrachten sind auch andere<br />
Nebengeräusche, die <strong>bei</strong> bestimmten<br />
Einsatzarten gravierende Auswirkungen<br />
haben können: Radlader fahren<br />
während der Ladespiele rund die Hälfte<br />
ihrer gesamten Einsatzzeit rückwärts,<br />
ebenso Kettendozer und Walzen.<br />
Stets ertönt da<strong>bei</strong> das Biepen der<br />
Rückfahrwarner, ein hochfrequenter<br />
Ton, der Aufmerksamkeit erregen soll<br />
und daher weithin hörbar ist.<br />
Dies führte bereits dazu, daß solche<br />
Einsätze vorübergehend gesperrt<br />
wurden, falls das Biepen <strong>bei</strong>spielsweise<br />
nachts oder in den späten Abendund<br />
frühen Morgenstunden über Kilometerdistanzen<br />
hörbar war. Ungünstiger<br />
Wind und höher gelegene Baustellen<br />
verstärken den Effekt. Abhilfe<br />
schaffen lautlose Ultraschallsensoren<br />
oder TV-Rückfahrkameras, die auch<br />
mit Genehmigung der Berufsgenossenschaft<br />
akustische Rückfahrwarner<br />
erübrigen. Bei einem Lärmpegel von<br />
unter 70 db(A) ist es in der Kabine einer<br />
Baumaschine auch im vollen Einsatz<br />
nicht lauter als in einem Pkw der<br />
Luxusklasse <strong>bei</strong> etwa 120 km/h Geschwindigkeit.<br />
Die Ohren der Fahrer<br />
könnten sich also tatsächlich freuen,<br />
denn sie werden durch die Lärmminderung<br />
in erster Linie geschont.<br />
Wird da<strong>bei</strong> aber an praxisnahe Einzelheiten<br />
gedacht, also auch daran,<br />
daß die Fahrer von Klein-<strong>Baumaschinen</strong><br />
<strong>bei</strong> sommerlichen Temperaturen<br />
und zur besseren Verständigung mit<br />
dem Baustellenpersonal tagein, tagaus<br />
meist mit offener Kabinentür<br />
ar<strong>bei</strong>ten? Erhöht sich<br />
der Lärmpegel am Fahrerohr<br />
trotz geöffneter Tür lediglich<br />
um 2 dB(A), ist dies<br />
für die Fahrerohren sicherlich<br />
gesünder als das Lärmmessen<br />
in geschlossenen<br />
Kabinen.<br />
Wie laut dürfen leise<br />
Maschinen sein?<br />
Bei der Verleihung des<br />
„Blauen Engels“ sind bestimmte<br />
Grenzwerte einzuhalten,<br />
aber wie sieht es <strong>bei</strong><br />
sogenannten „superleisen“<br />
<strong>Baumaschinen</strong> aus? Wie laut<br />
dürfen leise Maschinen
<strong>Lärmschutz</strong><br />
sein? Vorsicht ist geboten, falls nur<br />
Dezibel-Werte angegeben werden,<br />
ohne irgendwelche Normen aufzuführen.<br />
Doch auch die Nennung dieser<br />
und jener Normen kann unterschiedliche<br />
Absichten verfolgen, sofern<br />
die Meßverfahren nicht einheitlich<br />
sind.<br />
Viele namhafte <strong>Baumaschinen</strong>hersteller<br />
berufen sich auf die EG-Baumusterprüfung<br />
gemäß Vorschrift<br />
EWG 86/662. Unterschieden wird hier<br />
<strong>bei</strong>m statischen Meßverfahren zwischen<br />
dem Schalldruckpegel LpA in<br />
der Kabine am Ohr des Fahrers, derzeit<br />
<strong>bei</strong> <strong>Baumaschinen</strong> schon <strong>bei</strong> etwa<br />
67 dB(A), und dem Schalleistungspegel<br />
LwA gegenüber der äußeren Umgebung,<br />
der inzwischen <strong>bei</strong> rund<br />
88 dB(A) angelangt ist.<br />
Einige Anbieter betonen zwar in<br />
verschiedenen Einsatzberichten und<br />
Spezifikationen, daß ihre <strong>Baumaschinen</strong><br />
äußerst leise und lärmarm seien<br />
und über Geräuschdämmung verfügen,<br />
nennen aber keinerlei Schallpegel,<br />
auch nicht <strong>bei</strong> den Angaben zur<br />
Kabine. Dem Interessenten, Betreiber<br />
oder Fahrer ist demnach selbst überlassen,<br />
die Einstufung „leise“ subjektiv<br />
zu beurteilen – und wie leise „leise“<br />
im Einsatz tatsächlich ist.<br />
Soll das Lärmproblem ernsthaft<br />
angegangen werden, muß auch der<br />
Störeffekt unterschiedlicher Schallfrequenzen<br />
berücksichtigt werden.<br />
Als Beispiel dient der Nachbar von nebenan,<br />
der seine Stereoanlage mit<br />
voller Lautstärke genießt. Durch die<br />
Wand gelangt keine Musik, sondern<br />
nur die niedrigfrequenten Bässe dringen<br />
durch.<br />
Deshalb sollte, auch <strong>bei</strong> der Gesetzgebung,<br />
der Unterschied im Störeffekt<br />
zwischen Lärm mit hoher und<br />
Lärm mit niedriger Frequenz beachtet<br />
werden. Um Personen, die sich in<br />
geschlossenen Räumen wie Wohnungen<br />
und Büros aufhalten, vor störendem<br />
Lärm zu schützen, muß Lärm<br />
niedriger Frequenz besonders begrenzt<br />
werden.<br />
Wichtig ist hier<strong>bei</strong>, daß <strong>Baumaschinen</strong><br />
selten in den höchsten Tönen<br />
dröhnen, sondern eher in tiefen,<br />
wanddurchdringenden Frequenzen.<br />
Die reine Dezibel-Angabe sagt demnach<br />
kaum etwas darüber aus, ob die<br />
34 9/99<br />
5 <strong>Lärmschutz</strong> betrifft <strong>bei</strong> <strong>Baumaschinen</strong> zahlreiche Baugruppen und Komponenten,<br />
ist demnach eine aufwendige Puzzlear<strong>bei</strong>t. Fast überall lassen sich Lärmminderungen<br />
erreichen, wie dieses Beispiel zweier Radladerversionen veranschaulicht<br />
Geräusche von Baumaschine A oder<br />
Baumaschine B stärker in die Zimmer<br />
des nahegelegenen Wohnblocks oder<br />
Krankenhauses vordringen.<br />
Viele kleine Maßnahmen<br />
reduzieren Lärm<br />
Merkliche Geräuschminderungen<br />
sind <strong>bei</strong> <strong>Baumaschinen</strong> nur in zahlreichen<br />
kleinen Einzelschritten zu verwirklichen,<br />
jedoch längst nicht einfach<br />
damit, eine Baumaschine „irgendwie“<br />
leiser werden zu lassen. Die<br />
Hersteller betreiben einen beachtlichen<br />
Entwicklungsaufwand, um <strong>bei</strong>spielsweise<br />
einen Radlader so zu beruhigen,<br />
daß er ähnlich leise wie ein<br />
Mittelklasse-Pkw ar<strong>bei</strong>tet. Die Einzelschritte<br />
richten sich auf viele Komponenten,<br />
angefangen <strong>bei</strong>m Motor.<br />
Um den Schalleistungspegel zu<br />
senken, verfügen einige neue Cat-<br />
Turbodiesel über eine innovative, in<br />
zwei Stufen ablaufende Verbrennung,<br />
die nur durch eine entsprechende<br />
Einspritzelektronik zu realisieren war.<br />
Die Abdeckungen für Ventildeckel,<br />
Ölwanne und Stirnraddeckel sind aus<br />
Polyurethan. Zwischen Motor und<br />
Lüfter wurde eine neue Schallwand<br />
installiert, und der völlig abgeschlossene<br />
Motorraum besitzt ein separates<br />
Kühlsystem. Venturidüsen sorgen für<br />
eine Zwangsbelüftung des Motorraumes.<br />
Elastisch aufgehängte Luftfilter<br />
und Vorabscheider tragen ebenso zur<br />
Geräuschminderung <strong>bei</strong> wie der<br />
größere Turbolader, der die Nenn-<br />
drehzahl des Motors reduziert. Ein<br />
modifizierter Auspufftopf in Verbindung<br />
mit einem neuentwickelten<br />
Auspuffrohr und besser abgedichteten<br />
Abgasflanschen führten an Cat-<br />
<strong>Baumaschinen</strong> zur Senkung des<br />
Schalleistungspegels der Auspuffanlage<br />
um 7 dB(A). Beim Kühlsystem<br />
konnte der Schalleistungspegel sogar<br />
um 9 dB(A) gemindert werden, indem<br />
ein hydraulisch angetriebener, saugender<br />
Lüfter mit thermostatischer<br />
Regelung verwendet und elastisch<br />
aufgehängt wurde. Eine Reduzierung<br />
des Schalleistungspegels der Hydraulik<br />
um 5 dB(A) wurde durch konstruktive<br />
Änderungen der Hydraulikventile,<br />
elastisch aufgehängte Schläuche,<br />
Ventile und Filter sowie verbesserte<br />
Getriebeölfilter erreicht.<br />
Bei <strong>Baumaschinen</strong> von Liebherr<br />
waren die Innendämmung der Motorhaube<br />
mit Recycling-Verbundschaum<br />
und die verbesserte Formgebung der<br />
Lüftungsgitter Teil einer Reihe lärmmindernder<br />
Maßnahmen, um die Anforderungen<br />
des „Blauen Engels“ erfüllen<br />
zu können. Da<strong>bei</strong> weist der<br />
schwer brennbare Verbundschaum<br />
eine Spezialfließabdeckung und eine<br />
benzin- und ölbeständige sowie wasserabweisende<br />
Imprägnierung auf.<br />
Der Einbau von Zahnradpumpen<br />
mit doppeltem Zahnradpaar zur Reduzierung<br />
des Flüssigkeitschalls und<br />
der Einbau einer Dämmatte an der<br />
Trennwand zwischen Kabine und<br />
Motorraum tragen <strong>bei</strong> Liebherr ebenso<br />
zur Lärmminderung <strong>bei</strong> wie auch
weichere Motorlager. Zusätzliche Absorptionsflächen<br />
an Hydrauliktank,<br />
Dieselmotorabdeckblech, und Luftschacht<br />
außen reduzieren die Geräuschbildung<br />
weiter, außerdem ein<br />
Kompaktschalldämpfer und die Unterkapselung<br />
des Motorraums.<br />
Für leise Radlader entwickelte O&K<br />
eine patentierte, in die Motorhaube<br />
integrierte, doppelt ausgeführte zweikanalige<br />
Luftzuführung für die Kühlluft.<br />
Verwendet wurden darüber hinaus<br />
schallabsorbierende Materialien,<br />
eine besondere Abdichtung des Motorraums<br />
sowie geräuscharm ausgebildete<br />
Pumpen, Hydraulikaggregate<br />
und Antriebsstrangkomponenten. Die<br />
Drehzahlen des Lüfters und der damit<br />
zusammenhängende Frequenzgang<br />
des Lüftergeräusches wurde in etwa<br />
der Drehzahl des Dieselmotors angeglichen.<br />
Der Lüfter wurde nicht zu<br />
dicht an der Stirnwand des Kühlerblockes<br />
angeordnet, da Kanten und<br />
Engstellen zu Wirbelbildungen im<br />
Luftstrom führen.<br />
Hydrostatisch angetriebene, temperaturabhängig<br />
geregelte Hochdrucklüfter<br />
tragen als saugende Radiallüfter<br />
ebenfalls zur Geräuschminderung <strong>bei</strong>.<br />
Das Lüfterrad läuft nur mit der tatsächlich<br />
notwendigen Drehzahl in Abhängigkeit<br />
vom geforderten Ar<strong>bei</strong>tseinsatz<br />
und der Außentemperatur. Der Kühlluftstrom<br />
ist zudem vom eingekapselten<br />
Motorraum völlig getrennt.<br />
Eine erhebliche Lärmminderung<br />
des Motors wird <strong>bei</strong> jeder Baumaschine<br />
durch die Senkung der Motordrehzahl<br />
bewirkt. Während früher <strong>Baumaschinen</strong>motoren<br />
unter Vollast <strong>bei</strong> hohen<br />
Drehzahlen entsprechend laut<br />
aufheulten oder dröhnten, erreichen<br />
viele moderne <strong>Baumaschinen</strong>diesel<br />
ihre höchsten Drehmomente nun<br />
bereits <strong>bei</strong> Drehzahlen zwischen<br />
900 und 1500 U/min. Dies ist – entgegen<br />
der von einigen Herstellern verbreiteten<br />
Informationen – sowohl <strong>bei</strong><br />
wandlergetriebenen als auch <strong>bei</strong> hydrostatisch<br />
angetriebenen <strong>Baumaschinen</strong><br />
möglich.<br />
Die neuen <strong>Baumaschinen</strong>diesel ar<strong>bei</strong>ten<br />
durch ihren steileren Drehmomentanstieg<br />
nicht nur ruhiger, sondern<br />
verbrauchen aufgrund der niedrigen<br />
Drehzahlen auch weniger Kraftstoff<br />
und erzeugen geringere Abgas-<br />
<strong>Lärmschutz</strong><br />
mengen. Solche Anstrengungen der<br />
Motorenbauer sind demnach sehr zu<br />
begrüßen und kommen in vollem Umfang<br />
der <strong>Baumaschinen</strong>technik, den<br />
Bauunternehmen, dem Baustellenumfeld<br />
und dem Umweltschutz zugute.<br />
Umdenken hat Priorität<br />
Eine umfangreiche Befragung, die<br />
der deutsche Caterpillar-Händler<br />
Zeppelin <strong>Baumaschinen</strong> vor einigen<br />
Jahren durchführen ließ, sollte die<br />
Wichtigkeit von Umweltkriterien für<br />
Kundensegmente und Produkte bewerten.<br />
Da<strong>bei</strong> stellte sich heraus, daß<br />
der Reduzierung des Außenlärmpegels<br />
<strong>bei</strong> fast allen Maschinengattungen<br />
eine etwas geringere Bedeutung<br />
<strong>bei</strong>gemessen wurde als der Geräuschminderung<br />
am Fahrerohr. Der Senkung<br />
der Abgasemissionen, der Verwendung<br />
biologisch abbaubarer Hydrauliköle,<br />
längeren Wartungsintervallen<br />
und der Verwendung recycelfähiger<br />
Materialien kam geringere Bedeutung<br />
zu.<br />
Unter Bauleuten wird der <strong>Lärmschutz</strong><br />
demnach durchaus ernst genommen,<br />
zumindest in der Theorie.<br />
Doch die Baustellenpraxis sieht oft<br />
ganz anders aus, oder besser: klingt<br />
meist gut eingestimmt im Lärmteppich<br />
unserer Zivilisation mit.<br />
Denn wie sich die Lärmschizophrenie<br />
dieser Gesellschaft auch im<br />
Baugeschehen spiegelt, zeigen tagtäglich<br />
unzählige Beispiele: Die Motoren<br />
neuer <strong>Baumaschinen</strong>, die ein<br />
„Blauer Engel“ ziert und die somit die<br />
Vorzeigemaschinen jedes Bauunternehmens<br />
sein könnten, tuckern jeden<br />
Tag während der Mittagspause oder<br />
während langer Stillstandzeiten vor<br />
sich hin (womöglich, um Betriebsstunden<br />
zu zählen).<br />
In besonders starkem Maße betrifft<br />
dies die Motoren an- und abfahrender<br />
Lkw, die während langer Warte- und<br />
Pausenphasen im Leerlauf ihr typisches<br />
Geräusch hören lassen. Nur allzu<br />
leicht wird dann von Passanten,<br />
Anwohnern und von regelmäßig zur<br />
Mittagspause eilenden Büromenschen<br />
manch kleiner „Blaue Engel“ übersehen<br />
und stattdessen unwillig gemurmelt:<br />
„Typisch Bau, denen ist doch alles<br />
egal!“<br />
9/99<br />
35