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Das Reiterdenkmal in Windhoek

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<strong>Das</strong> <strong>Reiterdenkmal</strong> <strong>in</strong> W<strong>in</strong>dhoek<br />

Deutsch-koloniales Vorbild für Spielfiguren<br />

<strong>Das</strong> bronzene Reiterstandbild <strong>in</strong> W<strong>in</strong>dhoek, damals<br />

Deutsch-Südwestafrika und heute Namibia, wurde am<br />

27. Januar 1912 e<strong>in</strong>geweiht und er<strong>in</strong>nert an die Kolonialkriege<br />

des deutschen Kaiserreichs gegen die Herero und Nama<br />

von 1903 bis 1907. Es zeigt e<strong>in</strong>en überlebensgroßen Schutztruppenreiter<br />

<strong>in</strong> Uniform. „Der eherne Reiter der Schutztruppe,<br />

der von dieser Stelle aus <strong>in</strong> das Land blickt, verkündet der Welt,<br />

dass wir hier die Herren s<strong>in</strong>d und bleiben werden“, so der damalige<br />

Gouverneur Dr. Theodor Seitz <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>weihungsrede.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Reiterdenkmal</strong> als deutsches Herrschaftszeichen verlor bereits<br />

1915 nach der Kapitulation der deutschen Kolonialtruppe<br />

gegen die südafrikanische Unionsarmee se<strong>in</strong>e Funktion.<br />

Im Gegensatz zu den übrigen Kolonien, wo die allermeisten<br />

deutschen Denkmäler<br />

von den neuen Mandatsmächten<br />

demontiert<br />

wurden, blieben <strong>in</strong> dem<br />

nun von Südafrika verwalteten<br />

Südwestafrika<br />

alle Monumente erhalten.<br />

Zwischen den Kriegen<br />

sollte durch ritualisierte<br />

Versammlungen<br />

am <strong>Reiterdenkmal</strong> der<br />

Zusammenhalt der Südwester-Deutschen<br />

als<br />

Solidargeme<strong>in</strong>schaft und<br />

mit dem Nationalstolz<br />

ihre ethnische Gruppenidentität<br />

gefestigt werden.<br />

„Deutsch war er<br />

(der koloniale Boden),<br />

mit deutschem Blute ist<br />

er getränkt, deutsch muss<br />

er wieder werden“, so die<br />

Parolen, mit denen agitiert<br />

wurde.<br />

von A. Dobsak und A. Pietruschka<br />

<strong>Das</strong> Reiterstandbild <strong>in</strong> W<strong>in</strong>dhoek vor der alten Festung.<br />

Oben: Elastol<strong>in</strong>-„Südwester“ zu Pferd <strong>in</strong> der<br />

10cm-Größe.<br />

L<strong>in</strong>ks: Elastol<strong>in</strong>-„Südwester“ im Marsch,<br />

10cm-Größe.<br />

Ab 1933 wurde bei den Gedenkfeiern die HK-<br />

Fahne mitgetragen. Die überwiegende Mehrheit<br />

der Südwester-Deutschen bekannte sich mit<br />

großer Begeisterung zum Nationalsozialismus,<br />

der wiederum die alten Kolonialträume weiter<br />

beflügelte. Auf der Kolonial-Ausstellung<br />

<strong>in</strong> Dresden 1939 wurde das Bild des <strong>Reiterdenkmal</strong>s<br />

massiv als Werbeträger e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

Selbst das Plakat zum Kolonialpropagandafilm<br />

„Deutsches Land <strong>in</strong> Afrika“ im gleichen Jahr<br />

zierte das <strong>Reiterdenkmal</strong>.


1959 fanden von<br />

den afrikanischen E<strong>in</strong>wohnern<br />

<strong>in</strong> W<strong>in</strong>dhoek<br />

erste Aktionen am <strong>Reiterdenkmal</strong><br />

statt. Aber<br />

erst <strong>in</strong> den 19 0er Jahren<br />

wurde das Denk-<br />

mal zunehmend kritisch<br />

betrachtet. Be<br />

mängelt wurde das<br />

e<strong>in</strong> seitige Toten-Gedächtnis,<br />

das nur die<br />

Verluste unter den Kolonialdeutschenwürdigte<br />

(ca. 1.600), aber<br />

die Opfer unter den<br />

Afrikanern unerwähnt<br />

lässt (ca. 100.000).<br />

194 wurden die Maßnahmen<br />

der deutschen<br />

Kolonialtruppen gegen<br />

die Herero von den<br />

Vere<strong>in</strong>ten Nationen als<br />

Völkermord anerkannt.<br />

Die Firma Hausser<br />

(Elastol<strong>in</strong>) hatte <strong>in</strong><br />

zweifacher Ausführung<br />

dieses <strong>Reiterdenkmal</strong><br />

als Vorbild für Spielfiguren<br />

umgesetzt, die<br />

<strong>in</strong> Sammlerkreisen als<br />

„Südwester“ bezeichnet<br />

werden. Es ist<br />

naheliegend, dass die<br />

erste Ausführung <strong>in</strong><br />

den Jahren 1912 bis<br />

1915 auf dem heimischen<br />

Markt angeboten<br />

wurde. Es zeigt<br />

e<strong>in</strong>en „Südwester“ zu<br />

Pferd (10cm-Größe),<br />

der <strong>in</strong> Modellierung<br />

und Ausdruck dem<br />

Reiterstandbild nicht<br />

nur ähnelt, sondern<br />

fast e<strong>in</strong>er Kopie gleichkommt.<br />

Der e<strong>in</strong>zige<br />

Elastol<strong>in</strong>-„Südwester“ im Stand,<br />

18cm-Größe.<br />

Elastol<strong>in</strong>-„Südwester“ zu Pferd<br />

(7cm-Größe) aus dem Hausser-<br />

Archiv.<br />

markante Unterschied ist der Patronengurt auf der Spielfigur,<br />

der quer über den Oberkörper gelegt ist und nicht dem Orig<strong>in</strong>al<br />

entspricht. Diese Trageweise des Gurtes gehörte nicht zu der<br />

offiziellen Uniformierung, wurde aber vielfach von den „Südwestern“<br />

nach Vorbild bei den Buren übernommen. Macht ja<br />

auch was her und erhöhte wohl durchaus den Spielwert der<br />

Figur.<br />

Die zweite Ausführung e<strong>in</strong>er Spielfigur nach dem Vorbild des<br />

<strong>Reiterdenkmal</strong>s verorten wir <strong>in</strong> die Zeit nach 1936. Die aufkommende<br />

Propaganda, das koloniale „Erbe“ wieder stärker<br />

<strong>in</strong> den Blick zu nehmen, lässt diese Datierung vermuten. Genauer<br />

lässt es sich aber nicht e<strong>in</strong>grenzen. Es ist das 7cm-Modell<br />

e<strong>in</strong>es „Südwester“ zu Pferd, das dem Reiterstandbild korrekt<br />

entspricht. Unser Foto entstammt dem Hausser-Bildarchiv, wir<br />

f<strong>in</strong>den es aber auch im persönlichen Fotoalbum vom Hausser-<br />

Chefmodelleur Max Weißbrodt, der ab 1936 <strong>in</strong> der Firma Hausser<br />

beschäftigt war. Dieses ausdrucksstarke Modell ist unserem<br />

Wissen nach nie <strong>in</strong> Produktion gegangen.<br />

4 Fotos: A. Dobsak.<br />

Foto/7cm-Reiter: Bildarchiv Verlag Figuren Magaz<strong>in</strong>. t<br />

9<br />

Schlachten, Technik,<br />

Feldherren<br />

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