Service Branding - Universität St.Gallen
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<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
des Aufbaus innerer Markenbilder für Dienstleistungen<br />
am Beispiel des Telekommunikationsmarktes<br />
D I S S E R T A T I O N<br />
der <strong>Universität</strong> <strong>St</strong>. <strong>Gallen</strong><br />
Hochschule für Wirtschafts-,<br />
Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)<br />
zur Erlangung der Würde eines<br />
Doktors der Wirtschaftswissenschaften<br />
vorgelegt von<br />
Rico Kehrer<br />
aus<br />
Deutschland<br />
Genehmigt auf Antrag der Herren<br />
Prof. Dr. Torsten Tomczak<br />
und<br />
Prof. Dr. Thomas Bieger<br />
Dissertation Nr. 3050<br />
Peter Lang GmbH<br />
Europäischer Verlag der Wissenschaften<br />
Frankfurt am Main 2005
Die <strong>Universität</strong> <strong>St</strong>. <strong>Gallen</strong>, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften<br />
(HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation,<br />
ohne damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen <strong>St</strong>ellung zu<br />
nehmen.<br />
<strong>St</strong>. <strong>Gallen</strong>, den 19. April 2005<br />
Der Rektor:<br />
Prof. Ernst Mohr, PhD
Meinen Eltern,<br />
Claudia und Tom
Vorwort<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>, d.h. die Entwicklung und Einführung neuer Marken für<br />
Dienstleistungen, ist ein aktuelles und faszinierendes Thema des Marketing.<br />
Anders als klassische Konsumgüter sind <strong>Service</strong>s oftmals abstrakte und kognitiv<br />
schwer zugängliche Markenträger, die sich mitunter - wie etwa im Falle von<br />
Telekommunikationsdienstleistungen - nicht nur dem Involvement, sondern<br />
auch der Wahrnehmung des Nachfragers entziehen. Wie vor diesem Hintergrund<br />
Dienstleistungsmarken gestaltet werden können, um als Wahrnehmungsanker<br />
unsichtbarer Selbstverständlichkeiten eine effiziente und<br />
wirkungsvolle Manifestation im Gedächtnis des Konsumenten zu ermöglichen,<br />
war die spannende und relevante Kernfrage meiner Forschungsarbeit: Relevant,<br />
da sich Dienstleister in Telekommunikations- und anderen Branchen unter<br />
Einsatz enormer Budgets wahre Schlachten um die Präferenzstellung ihrer<br />
Marken im Kopf des Konsumenten liefern - ohne dass die Marketingforschung<br />
hierzu bislang spezifische Gestaltungsempfehlungen angeboten hätte. Und<br />
spannend, da diese - zumal interdisziplinäre - Thematik einen integrierten Zugang<br />
über unterschiedliche Ansätze erforderte, welcher die in Theorie und Praxis<br />
ohnehin sehr kontrovers diskutierten Begriffe Marke und Dienstleistung<br />
zielführend miteinander verknüpft.<br />
Auf diesem Weg der wissenschaftlichen Erkenntnis, und an dieser <strong>St</strong>elle<br />
möchte ich so manchen Ab- und Umweg nicht verleugnen, haben mich zahlreiche<br />
Personen begleitet, ohne die das Unterfangen dieser externen Promotion<br />
an der <strong>Universität</strong> <strong>St</strong>. <strong>Gallen</strong> so nicht möglich gewesen wäre: Allen voran gilt<br />
der Dank meinem Doktorvater, Prof. Dr. Torsten Tomczak, für die inhaltliche,<br />
methodische sowie vertrauensvoll menschliche Unterstützung. Prof. Dr. Thomas<br />
Bieger danke ich für die freundliche Übernahme des Korreferats und für<br />
wichtige Anregungen in entscheidenden Phasen. Fachlich wurde das Projekt<br />
ferner durch vielfältige Kontakte zu Unternehmens- und Verbandsvertretern,<br />
insbesondere zu Marketingführungskräften aus der Telekommunikations- und<br />
Energiebranche bestimmt, für deren freundliche und kooperative Unterstützung<br />
ich mich ebenso sehr bedanke!<br />
Einen ganz wesentlichen Anteil an der Entstehung dieser Arbeit, der sich in<br />
anstrengenden Phasen weit über das Fachliche hinaus erstreckt hat, haben<br />
meine Freunde Prof. Dr. Christian Schade, Dipl.-Kfm. Alexander Köhl,<br />
Dipl.-Kfm. Tamer Kemeröz, Dr. Klaus Lawerenz sowie - last but not least -<br />
Dipl.-Kfm. Conrad Zechel, der in der Endphase des Projekts große Teile der<br />
Arbeit Korrektur gelesen hat. Dr. Ben Birkhofer danke ich für die Gastfreundschaft<br />
während der Zeit meines Doktorandenstudiums in <strong>St</strong>. <strong>Gallen</strong>. Mein Dank<br />
gilt ferner meinen Arbeitskollegen, besonders Dipl.-Kffr. Silke van den Boom
IV Vorwort<br />
und Dipl.-Vfw. Harry Kriegsmann, die mir in zeitlich engen Situationen stets<br />
den Rücken freigehalten haben.<br />
Mein größter Dank jedoch gilt meiner Familie, ohne deren Unterstützung das<br />
Erreichte überhaupt nicht möglich gewesen wäre: Meinen Eltern, die mich mit<br />
immerwährender Zuversicht durch alle Höhen und Tiefen begleitet haben; Meiner<br />
Frau Claudia, die trotz so mancher Widrigkeit und Entbehrung nie den<br />
Glauben an mich verloren und mit unendlicher Geduld und stetem Optimismus<br />
den größten Anteil zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen hat; Und natürlich<br />
unserem Sohn Tom, der mit seiner Geburt nicht nur den Wettlauf gegen die<br />
Fertigstellung dieser Arbeit gewonnen, sondern seinem stolzen Vater in einer<br />
schwierigen Phase wieder den Blick auf das wirklich Wichtige im Leben eröffnet<br />
hat. Meinen Eltern, Claudia und Tom: Ihnen ist diese Arbeit in Liebe und<br />
Dankbarkeit gewidmet.<br />
Frankfurt, im April 2005 Rico Kehrer
Inhaltsübersicht<br />
A Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 1<br />
1. <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in Praxis und Forschung 1<br />
2. Zielsetzung und Eingrenzung 17<br />
3. Forschungsmethodik und Aufbau der Arbeit 23<br />
B Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 31<br />
1. Der Markt für Telekommunikation 32<br />
2. Unternehmensexterne Faktoren des Markenumfelds 49<br />
3. Unternehmensinterne Faktoren des Markenumfelds 63<br />
4. Anwendungsorientierte Implikationen als Zwischenfazit 67<br />
C Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 75<br />
1. Marke und Dienstleistung: Objekte des Marketing 76<br />
2. Dienstleistungsmarke: Objekt des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 99<br />
3. Besonderheiten des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 113<br />
4. Hypothesen zum virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 140<br />
D Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 147<br />
1. Auswahl und Aufbau der Fallstudien 147<br />
2. Erhebung der Fallstudien 149<br />
3. Cross-Case-Analyse: Fallübergreifende Auswertung und<br />
Interpretation 193<br />
E Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 205<br />
1. Gestaltungsempfehlungen für die Praxis 205<br />
2. Implikationen für die Markenforschung 225
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhaltsübersicht V<br />
Abbildungsverzeichnis XIII<br />
Abkürzungsverzeichnis XIX<br />
A Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 1<br />
1. <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in Praxis und Forschung 1<br />
1.1 Allgemeine Entwicklung und aktuelle Situation 1<br />
1.2 <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> auf dem Telekommunikationsmarkt 5<br />
1.3 <strong>St</strong>and der Forschung: Ein themenbezogener Überblick 10<br />
2. Zielsetzung und Eingrenzung 17<br />
2.1 Ziele und forschungsleitende Fragestellungen 17<br />
2.2 Eingrenzung des Forschungsthemas 20<br />
3. Forschungsmethodik und Aufbau der Arbeit 23<br />
3.1 Anwendungsorientierung als methodisches Paradigma 23<br />
3.2 Qualitative Methodenkombination 25<br />
3.3 Aufbau der Arbeit 28<br />
B Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 31<br />
1. Der Markt für Telekommunikation 32<br />
1.1 Markthistorie: Transformation einer Schlüsselindustrie 32<br />
1.2 Marktkräfte: Deregulierung und Technologie 35<br />
1.3 Marktentwicklung: Zwischen Konvergenz und Fragmentierung 38<br />
1.4 Anbieterstruktur: Von Spezialisierung bis Full-<strong>Service</strong> 43<br />
1.5 Entwicklungstrends: Nachfrage bestimmt den Markt 46
VIII Inhaltsverzeichnis<br />
2. Unternehmensexterne Faktoren des Markenumfelds 49<br />
2.1 Markenumfeld Wettbewerb 49<br />
2.1.1 Die David-Goliath-Situation 49<br />
2.1.2 Internationalisierung verschärft Markenwettbewerb 52<br />
2.1.3 Markenchaos durch Fusionen 53<br />
2.1.4 Markenprofilierung in Pattsituation 54<br />
2.1.5 Innovationsgeschwindigkeit und Markenpositionierung 55<br />
2.2 Markenumfeld Konsumenten 56<br />
2.2.1 Markendenken entwickeln 56<br />
2.2.2 Mangelnde Wechselbereitschaft, geringe Markenbindung 57<br />
2.2.3 Information Overload durch hohen Werbedruck 58<br />
2.2.4 Geringes Involvement für Dienstleistungsangebote 60<br />
2.2.5 „Irrationales“ Konsumentenverhalten 61<br />
2.3 Markenumfeld Lieferanten und Absatzmittler 61<br />
3. Unternehmensinterne Faktoren des Markenumfelds 63<br />
3.1 Brand Excellence als Kernbedingung 63<br />
3.2 Kurzfristiger Erfolgsdruck vs. langfristiger Markenerfolg 64<br />
3.3 Markenverantwortung und die Rolle der Werbeagenturen 65<br />
4. Anwendungsorientierte Implikationen als Zwischenfazit 67<br />
4.1 Umfeldbedingte Herausforderungen 67<br />
4.2 Anwendungsorientierte Implikationen für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 72<br />
C Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 75<br />
1. Marke und Dienstleistung: Objekte des Marketing 76<br />
1.1 Das Marketingobjekt Marke 76<br />
1.1.1 Formale Erklärungsansätze: Marke als Zeichen 81<br />
1.1.2 Konstitutive Erklärungsansätze:<br />
Marke als Markenartikel 83<br />
1.1.3 Integrative Erklärungsansätze:<br />
Marke als Wahrnehmungskonstrukt 84<br />
1.1.4 Fazit: Die Marke als Repräsentation mit Verhaltenswirkung 88
Inhaltsverzeichnis IX<br />
1.2 Das Marketingobjekt Dienstleistung 91<br />
1.2.1 Formale Definitionsansätze:<br />
Dienstleistung als Klassifikationsobjekt 92<br />
1.2.2 Inhaltliche Erklärungsansätze:<br />
Dienstleistung als Vermarktungsobjekt 94<br />
1.2.3 Fazit: Eine anwendungsorientierte Dienstleistungsterminologie 97<br />
2. Dienstleistungsmarke: Objekt des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 99<br />
2.1 Das Konstrukt Dienstleistungsmarke 99<br />
2.1.1 Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke 99<br />
2.1.2 Dienstleistungsmarke aus integrierter Marketingperspektive 101<br />
2.1.3 <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> als Prozess der Wahrnehmungssteuerung 102<br />
2.2 Voraussetzungen, Ziele und Aufgaben des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 104<br />
2.2.1 Voraussetzungen und Rahmenbedingungen 104<br />
2.2.2 <strong>Service</strong>-Brand-Power als Zielgröße 105<br />
2.2.3 Positionierung als strategischer Ausgangspunkt 107<br />
2.2.4 Markenstimuli als Gestaltungsvariablen 110<br />
2.2.5 Ableitung der strategischen Kernaufgabe des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 112<br />
3. Besonderheiten des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 113<br />
3.1 <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> als kognitionspsychologischer Prozess 113<br />
3.1.1 Konsumentenorientierte Generatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power 114<br />
3.1.2 Verhaltensorientierte Indikatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power 119<br />
3.1.3 Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 121<br />
3.2 Systematisierung kognitionspsychologischer Besonderheiten 123<br />
3.2.1 Dienstleistungstypische Einflüsse<br />
auf das visuelle Markenwissen 124<br />
3.2.2 Dienstleistungstypische Einflüsse<br />
auf das verbale Markenwissen 127<br />
3.2.3 Zwischenfazit: Leistungswahrnehmung und <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 129<br />
3.3 Ableitung dienstleistungstypologischer Herausforderungen 130<br />
3.3.1 Konsumgüterähnliche Dienstleistungen 131<br />
3.3.2 Interaktive Dienstleistungen 132<br />
3.3.3 Unsichtbare Dienstleistungen 133<br />
3.3.4 Hybride Dienstleistungstypen 134
X Inhaltsverzeichnis<br />
3.3.5 Exkurs: Wahrnehmungsgrade als Variable strategischer<br />
Entscheidung 135<br />
3.4 Konzeptionelle Implikationen als Zwischenfazit 136<br />
3.4.1 Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Herausforderung 136<br />
3.4.2 Der Dienstleistungstyp bestimmt die Herausforderungen 137<br />
4. Hypothesen zum virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 140<br />
4.1 Markenpositionierung als strategischer Ausgangspunkt 140<br />
4.2 Virtuelle Markenbildwelten als kognitive Verpackung 141<br />
4.3 Gestaltungskriterien für virtuelle Markenbildwelten 142<br />
4.4 Markenbildwelt und Markenkommunikation 143<br />
D Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 147<br />
1. Auswahl und Aufbau der Fallstudien 147<br />
2. Erhebung der Fallstudien 149<br />
2.1 Arcor: Markenpionier im Festnetzsegment 149<br />
2.1.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 149<br />
2.1.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke Arcor 150<br />
2.1.3 Entwicklung der virtuellen Arcor-Markenbildwelt 150<br />
2.1.4 Kommunikation der Marke 152<br />
2.1.5 Kritische Kurzbewertung 153<br />
2.2 debitel: Vom Unternehmensnamen zum Markennamen 154<br />
2.2.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 154<br />
2.2.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke debitel 155<br />
2.2.3 Entwicklung des Auftritts der Marke debitel 156<br />
2.2.5 Kritische Kurzbewertung 158<br />
2.3 E-Plus: Repositionierung und Relaunch der Markenbildwelt 160<br />
2.3.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 160<br />
2.3.2 <strong>St</strong>rategische Repositionierung der Marke E-Plus 160<br />
2.3.3 Relaunch der virtuellen E-Plus-Markenbildwelt 161<br />
2.3.4 Kommunikation der Marke 162<br />
2.3.5 Kritische Kurzbewertung 164
Inhaltsverzeichnis XI<br />
2.4 mobilcom: <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Krise 165<br />
2.4.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 165<br />
2.4.2 Entwicklung der strategischen Positionierung<br />
der Marke mobilcom 166<br />
2.4.3 Der neue Auftritt der Marke mobilcom 167<br />
2.4.4 Kritische Kurzbewertung 169<br />
2.5 O2: Markenbildwelt als internationale Kommunikationsplattform 170<br />
2.5.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 170<br />
2.5.2 <strong>St</strong>rategische Positionierung der Marke O2 171<br />
2.5.3 Entwicklung der virtuellen O2-Markenbildwelt 171<br />
2.5.4 Kommunikation der Marke 172<br />
2.5.5 Kritische Kurzbewertung 174<br />
2.6 Vodafone: Globalisierung einer nationalen Marke 175<br />
2.6.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 175<br />
2.6.2 <strong>St</strong>rategische Markenausrichtung 177<br />
2.6.3 Entwicklung der virtuellen Vodafone-Markenbildwelt 178<br />
2.6.4 Kommunikation der Marke 179<br />
2.6.5 Kritische Kurzbewertung 180<br />
2.7 Yello <strong>St</strong>rom: Farbe als Schlüsselbild 181<br />
2.7.1 <strong>St</strong>rommarkt: Vom Monopol zum Markenwettbewerb 181<br />
2.7.2 Yello <strong>St</strong>rom im Kurzprofil 183<br />
2.7.3 <strong>St</strong>rategische Positionierung der Marke Yello <strong>St</strong>rom 184<br />
2.7.4 Entwicklung der virtuellen Yello <strong>St</strong>rom-Markenbildwelt 184<br />
2.7.5 Kommunikation der Marke 186<br />
2.7.6 Kritische Kurzbewertung 187<br />
2.8 E.ON: Neuer Konzern, neue Marke 188<br />
2.8.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 188<br />
2.8.2 Hintergrund der markenstrategischen Entwicklung 188<br />
2.8.3 Entwicklung der virtuellen E.ON-Markenbildwelt 189<br />
2.8.4 Kommunikation der Marke 190<br />
2.8.5 Kritische Kurzbewertung 191<br />
3. Cross-Case-Analyse: Fallübergreifende Auswertung und<br />
Interpretation 193
XII Inhaltsverzeichnis<br />
3.1 Überblick 193<br />
3.2 Fallübergreifende Auswertung 194<br />
3.2.1 Virtuelle Markenbildwelten mit hohem Integrationsgrad 194<br />
3.2.2 Virtuelle Markenbildwelten mit Integrationsdefiziten 196<br />
3.2.3 Zwischenfazit 198<br />
3.3 Bewertung und Interpretation 199<br />
E Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 205<br />
1. Gestaltungsempfehlungen für die Praxis 205<br />
1.1 Aufbau und Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten 205<br />
1.1.1 Kreative Leitidee generieren 205<br />
1.1.2 Schlüsselsignale integrieren 209<br />
1.1.3 Assoziationen kontrollieren 211<br />
1.1.4 Markenbildwelt präsentieren 212<br />
1.1.5 Zusammenfassende Übersicht 212<br />
1.2 Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten 214<br />
1.2.1 Markenbildwelt manifestieren 214<br />
1.2.2 Kommunikationsanlässe generieren 215<br />
1.2.3 Leistungen modifizieren/ innovieren 216<br />
1.2.4 Markenwirkung kontrollieren 217<br />
1.2.5 Zusammenfassende Übersicht 218<br />
1.3 Optionen für Marken mit fragmentierten Markenbildwelten 219<br />
1.3.1 Markennamen visualisieren 220<br />
1.3.2 Re-<strong>Branding</strong>-<strong>St</strong>rategien evaluieren 221<br />
1.3.3 Markenbildwelt modifizieren 222<br />
1.3.4 Zusammenfassende Übersicht 222<br />
1.4 Abschließende Gesamtübersicht 223<br />
2. Implikationen für die Markenforschung 225<br />
Anhang 227<br />
Literaturverzeichnis 243
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. A-1: Die Bedeutung der Dienstleistungsmarke aus der Sicht der<br />
Wirtschaft 1<br />
Abb. A-2: Entwicklung der Neuanmeldungen von Dienstleistungsmarken<br />
in Deutschland 2<br />
Abb. A-3: Die stärksten Marken der Welt 3<br />
Abb. A-4: Branchenspezifischer Anteil des Markenwerts am Gesamtunternehmenswert<br />
4<br />
Abb. A-5: Relevanz der Entscheidungsgründe für den Wechsel eines<br />
Telekommunikationsanbieters (in der Einschätzung von<br />
Telekommunikationsdienstleistern) 6<br />
Abb. A-6: Markenrelevanz und Werbeintensität der Telekommunikationsbranche<br />
im Vergleich:<br />
<strong>St</strong>and und Entwicklungsprognose 8<br />
Abb. A-7: Vereinfachte Darstellung des Zusammenhangs von Marke,<br />
Markenbild und Markenassoziationen am Beispiel klassischer<br />
Konsumartikel und Telekommunikationsdienstleistungen<br />
9<br />
Abb. A-8: Auswahl relevanter Arbeiten der Marketingliteratur zum<br />
Themenbereich <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 12<br />
Abb. A-9: Zielkatalog der Arbeit 18<br />
Abb. A-10: Markenmanagement als geeignete Form der Marktbearbeitung<br />
für Telekommunikationsdienstleistungen 22<br />
Abb. A-11: Forschungsprozess und angewandte Methodik 26<br />
Abb. A-12: Aufbau und <strong>St</strong>ruktur der Arbeit 29<br />
Abb. B-1: Umfeld der Marken für Telekommunikationsdienstleistungen<br />
31<br />
Abb. B-2: Zeittafel: Meilensteine der Entwicklung des<br />
Telekommunikationsmarktes in Deutschland 33<br />
Abb. B-3: Quantitative Entwicklung der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen<br />
in Deutschland 34<br />
Abb. B-4: Weltmarktanteil und <strong>St</strong>ruktur des deutschen<br />
Telekommunikationsmarktes 2003 38
XIV Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. B-5: Hauptsegmente des deutschen Telekommunikationsdienstleistungsmarktes<br />
2003 39<br />
Abb. B-6: Entwicklung des deutschen Festnetzmarktes 40<br />
Abb. B-7: Entwicklung des deutschen Mobilfunkmarktes 42<br />
Abb. B-8: Vereinfachte Wertschöpfungskette des Marktes für<br />
Telekommunikationsdienstleistungen aus Sicht der<br />
Schlüsselanbieter Netzbetreiber und <strong>Service</strong> Provider 45<br />
Abb. B-9: Anbietertypen des Telekommunikationsmarktes 46<br />
Abb. B-10: Entwicklung vom Verkäufer- zum Käufermarkt 47<br />
Abb. B-11: Generische markenstrategische Ausgangssituationen auf<br />
liberalisierten Märkten 49<br />
Abb. B-12: Austauschbarkeit der Markenauftritte: Auswahl an Claims,<br />
Testimonials und Werbeträgern in der Kommunikation<br />
deutscher Telekommunikationsdienstleister (1998-2004) 55<br />
Abb. B-13 <strong>St</strong>ärke der Markenbindung im deutschen Mobilfunkmarkt 58<br />
Abb. B-14 Die Telekommunikationsindustrie als Top-Werbebranche 59<br />
Abb. B-15 Ursachen für Kooperationsprobleme mit Werbeagenturen 66<br />
Abb. B-16: Herausforderung strategische Markenabgrenzung 68<br />
Abb. B-17: Herausforderung nachhaltige Markenprofilierung 69<br />
Abb. B-18: Herausforderung wirkungseffiziente Markenkommunikation 70<br />
Abb. B-19: Herausforderung operative Umsetzung 71<br />
Abb. C-1: <strong>St</strong>ufen der Markenentwicklung 77<br />
Abb. C-2: Markenverständnis deutscher Unternehmen 79<br />
Abb. C-3: Interpretationen der Begriffe Marke und Markenmanagement<br />
anhand beispielhaft ausgewählter Literatur 80<br />
Abb. C-4: Zentrale Erklärungsansätze zur Marke in der Marketingtheorie<br />
81<br />
Abb. C-5: Semiotisches Markenschema 86<br />
Abb. C-6: Das S-O-R Paradigma als Grundmodell kognitionspsychologischer<br />
Markenansätze 88<br />
Abb. C-7: Markentreppe: schematische Entwicklungsstufen vom<br />
Produkt zur Marke 90
Abbildungsverzeichnis XV<br />
Abb. C-8: Formale Dienstleistungsdefinitionen und Klasseneinteilungen<br />
im internationalen Markenrecht und in der<br />
internationalen amtlichen <strong>St</strong>atistik 93<br />
Abb. C-9: Übersicht über produktionsphasenbezogene Charakteristika<br />
von Dienstleistungen aus verschiedenen Definitionsansätzen<br />
95<br />
Abb. C-10: Typologisierung von Absatzobjekten nach ENGELHARDT/<br />
KLEINALTENKAMP/ RECKENFELDERBÄUMER und deren<br />
Erweiterung durch MEFFERT 96<br />
Abb. C-11: Grundsätzliche Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke 99<br />
Abb. C-12: Operative Ansätze zur Markierung von Dienstleistungen 101<br />
Abb. C-13: Potentielle Wahrnehmungsphasen eines Dienstleistungsmarken-<strong>St</strong>imulus<br />
aus Kundensicht 103<br />
Abb. C-14: Interne und externe Voraussetzungen für das <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> 105<br />
Abb. C-15: <strong>Service</strong>-Brand-Power als Zielgröße des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 107<br />
Abb. C-16: Visualisierung der Positionierung am Beispiel<br />
ausgewählter US-Unternehmensberatungsfirmen 110<br />
Abb. C-17: <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Triade: Schlüsselsignale der<br />
Dienstleistungsmarke 111<br />
Abb. C-18: Antriebsorientierte Generatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power 115<br />
Abb. C-19: Markenbekanntheit und Markenimage als Generatoren der<br />
<strong>Service</strong>-Brand-Power 116<br />
Abb. C-20: Visuelles und verbales Markenwissen als Generatoren der<br />
<strong>Service</strong>-Brand-Power 117<br />
Abb. C-21: Vergleich der Recallfähigkeit bei visueller und verbaler<br />
<strong>St</strong>imulation 118<br />
Abb. C-22: Verhaltensorientierte Indikatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power 120<br />
Abb. C-23: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> 122<br />
Abb. C-24: Ansatz zur Systematisierung markentechnischer Besonderheiten<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 123<br />
Abb. C-25: Beispielhafte produkt- bzw. leistungsbezogene visuelle<br />
Elemente innerer Markenbilder in Abhängigkeit von der<br />
Immaterialität des Markenprodukts 125
XVI Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. C-26: Beispielhafter Vergleich leistungsbezogener Ansatzpunkte<br />
zum Aufbau verbalen Markenwissens in Abhängigkeit von<br />
dem wahrgenommenen Immaterialitätsgrad der Leistung 128<br />
Abb. C-27: Markentechnische Besonderheiten des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
aus kognitionspsychologischer Perspektive 129<br />
Abb. C-28: Dienstleistungstypologie aus kognitionspsychologischer<br />
Perspektive 131<br />
Abb. C-29: Markenstrategische Basisalternativen am Beispiel von<br />
Bankdienstleistungen 135<br />
Abb. C-30: Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Aufgabe des<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 137<br />
Abb. C-31: Situative Schwerpunktthemen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> aus<br />
kognitionspsychologischer Sicht 138<br />
Abb. C-32: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des virtuellen<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 144<br />
Abb. D-1: Auswahl und Aufbau der Fallstudien 148<br />
Abb. D-2: Arcor: Kurzprofil 149<br />
Abb. D-3: Arcor: Schlüsselsignale der Marke (Name, Zeichen,<br />
Schlüsselbild („Rotschopf“), Claim) 151<br />
Abb. D-4: Arcor: Werbekampagnen1998 (Markteinführung), 2001<br />
(DSL), 2003 (DSL-Flatrate) 152<br />
Abb. D-5: debitel: Kurzprofil 154<br />
Abb. D-6: debitel: Schlüsselsignale der Marke 157<br />
Abb. D-7: debitel: Werbekampagne (Print) 2002, 2004 158<br />
Abb. D-8: E-Plus: Kurzprofil 160<br />
Abb. D-9: E-Plus: Schlüsselsignale der Marke 162<br />
Abb. D-10: E-Plus: Werbekampagnen Print, Internet, TV 163<br />
Abb. D-11: mobilcom: Kurzprofil 165<br />
Abb. D-12: mobilcom: Schlüsselsignale der Marke 168<br />
Abb. D-13: mobilcom: Werbekampagnen in der <strong>St</strong>artphase und nach<br />
Sanierung des Unternehmens 169<br />
Abb. D-14: O2: Kurzprofil 170
Abbildungsverzeichnis XVII<br />
Abb. D-15: O2: Schlüsselsignale der Marke O2 172<br />
Abb. D-16: O2: Werbekampagnen 2002 (Markenwechsel), 2003<br />
(Genion) 173<br />
Abb. D-17: Vodafone D2: Kurzprofil 176<br />
Abb. D-18: Vodafone D2: Schlüsselsignale der Marke 178<br />
Abb. D-19: Von Mannesmann bis Vodafone: Entwicklung eines<br />
Markenzeichens (1992-2002) 179<br />
Abb. D-20: Yello <strong>St</strong>rom: Kurzprofil 183<br />
Abb. D-21: Yello <strong>St</strong>rom: Schlüsselsignale der Marke 185<br />
Abb. D-22: Yello <strong>St</strong>rom: Print-Werbekampagnen 1999 (Markteinführung:<br />
Dramatisierung Markenidee), 2000 (Fußball-WM:<br />
Dramatisierung „einfacher Wechsel“) und 2004<br />
(Dramatisierung „Preis“) 186<br />
Abb. D-23: E.ON: Kurzprofil 188<br />
Abb. D-24: E.ON: Schlüsselsignale der Marke 189<br />
Abb. D-25: E.ON: Print-Werbekampagnen 2000 (Markteinführung:<br />
Dramatisierung Markenname und Farbe), 2001 (Image und<br />
Produktwerbung) und 2003 (Schaffung einer „On-<br />
Community“) 191<br />
Abb. D-26: Integrierte Markenbildwelt am Beispiel von E-Plus:<br />
Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der<br />
Schlüsselsignale 195<br />
Abb. D-27: Teilintegrierte Markenbildwelten im Vergleich:<br />
Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der<br />
Schlüsselsignale 197<br />
Abb. D-28: Übersicht: Vergleich der Markenbildwelten nach dem Grad<br />
ihrer Integration 199<br />
Abb. D-29: Gesamtübersicht: Bewertung der Fallobjekte und<br />
Beurteilung der Hypothesen 203<br />
Abb. E-1: Vereinfachte Darstellung der Wirkungszusammenhänge<br />
zwischen den Kernelementen der selbstreferentiellen<br />
virtuellen Markenbildwelt 210<br />
Abb. E-2: Maximen zu Aufbau und Einführung selbstreferentieller<br />
Markenbildwelten 213
XVIII Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. E-3: Manifestation der kreativen und strategischen Leitidee in<br />
Form eines Marken-Codes am Beispiel Yello <strong>St</strong>rom 215<br />
Abb. E-4: Wirkungsmodell des virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> als<br />
Controlling-Tool 218<br />
Abb. E-5: Maximen zur Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten 219<br />
Abb. E-6: Maximen zur Evaluierung von Optionen für Marken mit<br />
fragmentierten Markenbildwelten 223<br />
Abb. E-7: Zusammenfassung: Integriertes virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
als situativer Entscheidungsprozess 224<br />
Abb. An-1: Interviewleitfaden 227<br />
Abb. An-2: Begleitende Informationen zum Interviewleitfaden 228
Abkürzungsverzeichnis<br />
ARPU Average Revenue Per User<br />
DL Dienstleistung(s)<br />
DTAG Deutsche Telekom AG<br />
GSM Global System for Mobile Communication<br />
IG Investitionsgüter<br />
ISDN Integrated <strong>Service</strong>s Digital Network<br />
PoS Point of Sale<br />
RegT Regulierungsbehörde für Telekommunikation<br />
und Post<br />
TK Telekommunikation(s)<br />
UMTS Universal Mobile Telecommunications System<br />
US United <strong>St</strong>ates<br />
USP Unique Selling Proposition<br />
vs. versus<br />
WAP Wireless Application Protocol<br />
WWW World Wide Web
A Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker<br />
1. <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in Praxis und Forschung<br />
1.1 Allgemeine Entwicklung und aktuelle Situation<br />
<strong>St</strong>arke Marken sind die <strong>St</strong>ars in der Welt der Wirtschaftsgüter. Markant und<br />
unverwechselbar bringen sie die vielfältigen Eigenschaften eines Leistungsangebots<br />
auf einen Punkt. <strong>St</strong>arke Marken sind Wahrnehmungsanker, die in den<br />
Köpfen der Kunden Bilder und Emotionen, Wünsche und Erinnerungen hervorrufen,<br />
die oftmals weit über die funktionalen Eigenschaften eines Produkts<br />
hinausgehen. Des sich hieraus ergebenden Erfolgspotentials des modernen<br />
Markenmanagements sind sich die Anbieter auf Konsum- und Gebrauchsgütermärkten<br />
längst bewusst: Im harten Verdrängungswettbewerb substantiell<br />
austauschbarer Produkte gehören professionell und konsequent geführte Marken<br />
zu den wenigen konstanten Erfolgsfaktoren, die einen wertvollen Beitrag<br />
zur Differenzierung und Kundenbindung leisten 1 . Aber wie sieht es im Bereich<br />
Dienstleistungen aus?<br />
„Marke und gute Dienste sind das A und O.“<br />
Roland Berger, Unternehmensberater,<br />
über den deutschen Telekommunikationsmarkt<br />
„Von allen Assets, auf die McDonald’s seinen Erfolg der letzten Jahre zurückführen kann,<br />
ist der Wert seiner Marke einer der wichtigsten.”<br />
Reto Egger, Chief Operating Officer McDonald’s Suisse<br />
„Der Bankenmarkt ist durch eine starke Verunsicherung der Verbraucher und einen massiven<br />
Wettbewerb geprägt. In diesem Umfeld stellt der Markenaufbau für die Advance Bank die<br />
entscheidende <strong>St</strong>rategie dar.”<br />
Hans-Jürgen Raab, Vorstandssprecher Advance Bank<br />
„Wir stehen vor der Sättigung des Mobilfunkmarktes. In Zukunft wird es vor allem einen<br />
Wettbewerb der Marken geben.“<br />
Uwe Bergheim, Chief Executive Officer E-Plus<br />
„Für Luftverkehrsunternehmen gilt, dass im Dienstleistungsmanagement der Zukunft die Marke<br />
zu den Top-3 Erfolgsfaktoren gehört.“<br />
Hemjö Klein, Vorstandsmitglied Deutsche Lufthansa<br />
Abb. A-1: Die Bedeutung der Dienstleistungsmarke aus der Sicht der Wirtschaft 2<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>, die professionelle Entwicklung und Einführung von Dienstleistungsmarken,<br />
findet einerseits - nach langen Jahren eher intuitiver Marken-<br />
1 Vgl. Tomczak/ Brockdorff 2000, S. 488.<br />
2 Vgl. hierzu (1) Brinkmann 2001; (2) Egger 1998, S. 170; (3) Roth/ Ickstadt 1998, S. 80; (4) Spiller<br />
2003; (5) Klein 1998, S. 945.
2 Kapitel A<br />
entwicklung 3 - in der Praxis stark zunehmendes Interesse. Denn ob Autovermieter<br />
oder Banken, Beratungs- oder Telekommunikationsunternehmen, Verkehrsbetriebe<br />
oder Wertpapierbörsen: Zahlreiche <strong>Service</strong>-Anbieter bekunden<br />
und versuchen, das intangible Produkt Dienstleistung als Markenartikel zu<br />
etablieren (Abb. A-1).<br />
Diese Tendenz spiegelt sich in der Entwicklung der patentrechtlichen Eintragungen<br />
- der juristischen Geburtsstunde jeder Marke - wider. Dienstleistungsmarken<br />
sind seit 1979 in Deutschland 4 und seit 1993 in der Schweiz 5 den<br />
Sachgütermarken formaljuristisch gleichgestellt. 6<br />
Anzahl der<br />
Markenneuanmeldungen<br />
(in Tausend)<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Dienstleistungsmarken<br />
Warenmarken<br />
90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03<br />
Anteil an<br />
Markenneuanmeldungen<br />
(in Prozent)<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Dienstleistungsmarken<br />
90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03<br />
Abb. A-2: Entwicklung der Neuanmeldungen von Dienstleistungsmarken in Deutschland 7<br />
In Deutschland hat sich die Zahl der jährlich angemeldeten Dienstleistungsmarken<br />
von 1980 (2.195) bis 2003 (25.728) nahezu verzwölffacht, während<br />
sich im gleichen Zeitraum die Anmeldungszahlen für Warenmarken etwa nur<br />
vervierfacht haben. Nach einem regelrechten Anmeldungsboom für Dienstleis-<br />
3 Vgl. Demuth 1999, S. 33.<br />
4 Eine umfassende Darstellung der Dienstleistungsmarke aus juristischer Sicht gibt Schreiner<br />
1983. Vgl. hierzu auch Mühlendahl 1995.<br />
5 Einen kommentierenden Überblick über die wichtigsten juristischen Aspekte im Umgang mit<br />
Dienstleistungsmarken in der Schweiz bietet Pascual 1998. Zu einer ausführlichen rechtsvergleichenden<br />
<strong>St</strong>udie unter besonderer Berücksichtigung des schweizerischen Markenrechts vgl. Landolt<br />
1993.<br />
6 Deutschland und die Schweiz sind damit erst sehr spät in den Kreis der Industrienationen eingetreten,<br />
die den Schutz der Dienstleistungsmarke vorsehen. Beispielsweise wird in den USA bereits<br />
seit 1946 mit Inkrafttreten des Lanham Act die Eintragungsfähigkeit von Dienstleistungsmarken<br />
anerkannt (vgl. Schreiner 1983, S. 20 ff.).<br />
7 Quelle: Deutsches Patent- und Markenamt 2004, S. 109; 2002a, S. 87.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 3<br />
tungsmarken Ende der 90er Jahre 8 hat sich dieser Entwicklungstrend mittlerweile<br />
auf hohem Niveau konsolidiert: Im Jahr 2003 handelt es sich bei über 40<br />
Prozent der Markenneuanmeldungen um Dienstleistungsmarken (Abb. A-2).<br />
In deutlichem Gegensatz zu dieser positiven quantitativen Entwicklung scheint<br />
es um die Qualität des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> eher schlechter bestellt. Dies zeigen<br />
die Resultate zahlreicher qualitativer Analysen renommierter Markenexperten<br />
und internationaler Institute. So befindet sich laut einer von BUSINESS WEEK<br />
veröffentlichten Markenwertuntersuchung der US-Markenberatung INTERBRAND<br />
unter den 10 stärksten Marken der Welt lediglich ein Kerndienstleistungsunternehmen<br />
9 (Abb. A-3). Und gerade mal zwei europäische Dienstleister rangieren<br />
unter den Top-100-Marken. 10<br />
Gehandelter Markenwert 2003<br />
(in Milliarden US-Dollar)<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
70,45<br />
65,17<br />
51,77<br />
42,34<br />
31,11<br />
0<br />
Coca-Cola Microsoft IBM GE Intel<br />
29,44<br />
28,04<br />
24,7<br />
22,18<br />
21,37<br />
Coca Cola Microsoft IBM GE Intel Nokia Disney McDonald´s Marlboro Mercedes<br />
Abb. A-3: Die stärksten Marken der Welt 11<br />
Nokia Disney McDonald‘s Marlboro Mercedes<br />
In einer qualitativen Markenanalyse der Agentur YOUNG & RUBICAM, die sich<br />
auf die Befragung von über 50.000 Verbrauchern in 24 Ländern zu mehr als<br />
12.000 Marken stützt, wurden - im Vergleich zu klassischen Markenartikeln -<br />
8 Allein in den Jahren 1997 und 1998 hat sich die Zahl der Neuanmeldungen von Dienstleistungsmarken<br />
deutlich überproportional um 25,8 bzw. um 47,5 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr<br />
erhöht. Zum Vergleich: Die Zahl der Neuanmeldungen von Warenmarken hat sich 1997 nur<br />
um 4,8 Prozent und 1998 um 8,8 Prozent gegenüber dem jeweiligen Vorjahr erhöht (vgl. Deutsches<br />
Patent- und Markenamt 1999).<br />
9 Zur kritischen Diskussion, inwieweit es sich bei Systemgastronomie-Ketten wie McDonald’s<br />
überhaupt um Dienstleistungsunternehmen handelt, vgl. Kapitel C 1.2.3 sowie C 3.3.1.<br />
10 Dies sind die britische Retail-Bank HSBC sowie die britische Nachrichtenagentur Reuters.<br />
11 Quelle: o.V. Business Week 2003. Die Ermittlung der Markenwerte erfolgte auf Basis der Markenwertformel<br />
des US-Markenberatungsunternehmens Interbrand.
4 Kapitel A<br />
signifikante Schwächen von Dienstleistungsmarken in den Bereichen relevante<br />
Differenzierung, Ansehen und Vertrautheit ermittelt. 12<br />
Eine Untersuchung von PRICEWATERHOUSECOOPERS/ SATTLER kommt zu dem<br />
Ergebnis, dass sich die im Rahmen von Firmenübernahmen ermittelten Markenwerte<br />
von „klassischen“ Markenartiklern, Dienstleistungsunternehmen und<br />
Industriegüterherstellern signifikant unterscheiden. 13 Während im Bereich kurzlebiger<br />
Konsumgüter der Markenwert im Durchschnitt 62 Prozent des Gesamtwerts<br />
der Unternehmung beträgt, hat der Markenwert bei Dienstleistungen<br />
lediglich einen Anteil von 43 Prozent. Allerdings wird in der Analyse gerade<br />
das Wachstumspotential von Dienstleistungsmarken als besonders hoch eingeschätzt,<br />
was die Bedeutung der Marke als fundamentalen Wertfaktor eines<br />
Dienstleistungsunternehmens unterstreicht. Weit abgeschlagen folgen Industriegüterhersteller,<br />
deren Markenwert nur einen durchschnittlichen Anteil von 18<br />
Prozent des Unternehmenswerts aufweist (Abb. A-4).<br />
Anteil des Markenwerts am Unternehmenswert<br />
(in Prozent)<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
62<br />
Konsumgüterunternehmen<br />
(kurzlebige)<br />
Konsumgüterunternehmen<br />
(kurzlebige)<br />
53<br />
Konsumgüterunternehmen<br />
(langlebige)<br />
Konsumgüterunternehmen<br />
(langlebige)<br />
43<br />
Dienstleistungsunternehmen<br />
18<br />
Industriegüterunternehmen<br />
Dienstleistungsunternehmen Industriegüterunternehmen<br />
Abb. A-4: Branchenspezifischer Anteil des Markenwerts am Gesamtunternehmenswert 14<br />
Insgesamt verdeutlicht die aktuelle Entwicklung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> zwei<br />
wesentliche und interessante Aspekte: Zum einen werden Dienstleistungsmarken<br />
- lange Zeit im Schatten einer vorwiegend qualitäts- und kostenfokussiert<br />
geführten Dienstleistungsdiskussion - von Dienstleistungsmanagern immer<br />
bewusster als Key Success Driver zur Erreichung und Sicherung starker Wettbewerbspositionen<br />
wahrgenommen. 15 Insofern könnte die Aussage des franzö-<br />
12 Vgl. Richter/ Werner 1998. Die <strong>St</strong>udie basiert auf dem 1993 von der Agentur Young & Rubicam<br />
Inc. entwickelten Konzept des Brand Asset TM Valuator.<br />
13 Vgl. PricewaterhouseCoopers/ Sattler 2001.<br />
14 Quelle: PricewaterhouseCoopers/ Sattler 2001, S. 12.<br />
15 Vgl. hierzu Berry (1999), der in einer branchenübergreifenden <strong>St</strong>udie über High-Performance<br />
Dienstleister die Marke als Schlüsselerfolgsfaktor des jeweiligen Geschäftsmodells evaluierte.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 5<br />
sischen Markenexperten JEAN-NOËL KAPFERER aus dem Jahre 1992, dass<br />
„manche Branchen im Dienstleistungssektor [...] wohl die Bedeutung der Marke<br />
noch nicht richtig erkannt“ 16 haben, heute positiver formuliert lauten:<br />
Dienstleister erkennen zunehmend die Bedeutung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> und<br />
wollen sich und ihre Marktleistung als starke Marke profilieren. Andererseits<br />
aber wird deutlich, dass im gesamtwirtschaftlich dominierenden Dienstleistungssektor<br />
17 Schwierigkeiten bestehen, das strategische Erfolgspotential der<br />
Marke ebenso konsequent auszuschöpfen, wie dies seit langer Zeit auf dem<br />
Feld der klassischen Markenartikel geschieht. Im Ergebnis existieren bei<br />
Dienstleistungsmarken offenbar nicht unerhebliche Effizienz- und Wirkungsdefizite,<br />
obwohl gerade bei Dienstleistungen der Einsatz von vertrauens-,<br />
kompetenz- und sympathiegenerierenden Marken von<br />
besonderer Bedeutung ist 18 - nicht zuletzt aufgrund jener spezifischen Eigenschaften,<br />
die sie von Konsumgütern unterscheiden. So bleibt nach wie vor zu<br />
konstatieren, dass viele <strong>Service</strong>unternehmen einen „gewissen Nachholbedarf<br />
in Sachen Marke und Marketing“ 19 aufweisen und die strategische Entwicklung<br />
und Einführung von Dienstleistungsmarken noch immer eher die Ausnahme als<br />
die Regel darstellt. 20 Oder pointierter formuliert: Das Interesse an Dienstleistungsmarken<br />
ist hoch, die Markenwerte sind (zu) gering.<br />
1.2 <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> auf dem Telekommunikationsmarkt<br />
Eine ähnliche Situation 21 lässt sich auch auf dem - noch immer jungen - Markt<br />
für Telekommunikationsdienstleistungen mit den Hauptsegmenten Festnetz,<br />
Mobilfunk und Internet beobachten: Wie in zahlreichen Dienstleistungsbranchen<br />
kommt Marken auch hier eine stark wachsende Bedeutung zu.<br />
Im Zuge der vollständigen Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes<br />
Mitte der neunziger Jahre hat die Zahl der Anbieter und damit auch<br />
der Wettbewerb drastisch zugenommen, in deren Folge sich die Branche auch<br />
zu einem der werbeintensivsten Wirtschaftsgebiete entwickelt hat. 22 Während<br />
nach Aufhebung der Monopolstellung des ehemaligen staatlichen Unternehmens<br />
Deutsche Telekom die Marketingaktivitäten der Teilnehmer - insbesondere<br />
der neuen Netzanbieter und <strong>Service</strong> Provider - zunächst primär auf<br />
operative Vertriebs- und Managementkompetenz mit dem Ziel der Kundenge-<br />
16 Kapferer 1992, S. 35 f.<br />
17 Innerhalb der Europäischen Union entfielen 2003 (15 Mitgliedstaaten) ca. 70 Prozent der Bruttowertschöpfung<br />
auf den Dienstleistungssektor (vgl. Eurostat 2004, S. 2).<br />
18 Vgl. hierzu beispielhaft Zeithaml/ Bitner 2003, S. 40; Tomczak/ Brockdorff 2000, S. 486; Bieger<br />
2002, S. 8, S. 313 f.; Meyer/ Tostmann 1995, S. 12.<br />
19 Demuth 1999, S. 33.<br />
20 Zur kritischen Beurteilung der Managementqualität bei Dienstleistungsmarken vgl. Taylor 1987,<br />
S. 127; Aumüller 1994, S. 2050; Meyer/ Tostmann 1995, S. 15; Tomczak 1998, S. 28; <strong>St</strong>auss<br />
1998, S. 10 ff. sowie 1995; Tomczak/ Ludwig 1998, S. 48 ff.<br />
21 Vgl. dazu ausführlich Kapitel B.<br />
22 Vgl. Connect 2002, S. 109.
6 Kapitel A<br />
winnung ausgerichtet waren, ist hier zunehmend eine stärkere Gewichtung von<br />
Kundenbindungsaktivitäten zu verzeichnen: „Das Thema Kundenbindung ist für<br />
<strong>Service</strong> Provider neu.“ 23 Und ebenso setzt sich die Erkenntnis durch, dass der<br />
systematische Aufbau von Marken bei der Bindung, aber auch bei der Gewinnung<br />
von Kunden einen wertvollen Beitrag leisten kann. So zeigt sich in einer<br />
Branchenanalyse der Unternehmensberatung MUMMERT CONSULTING, dass<br />
Fach- und Führungskräfte von Telekommunikationsdienstleistern die Anziehungskraft<br />
der Marke auf neue Kunden höher einschätzen als etwa die des<br />
Faktors innovative Leistungen (Abb. A-5).<br />
Preis<br />
Netzqualität<br />
Kundenbetreuung<br />
Marke<br />
Innovative Leistungen<br />
Bandbreite<br />
Bundling<br />
Flächendeckung<br />
Internationalität<br />
Abrechnungstransparenz<br />
<strong>Service</strong>flexibilität<br />
Datensicherheit<br />
Empfehlung<br />
Zukunftstechnologien<br />
Benutzerfreundlichkeit<br />
24,4<br />
23,9<br />
23,9<br />
22,7<br />
25,6 25,6<br />
25,6<br />
25,6<br />
25,0<br />
34,1<br />
32,4<br />
38,6<br />
38,6<br />
46,6<br />
46,6<br />
44,3<br />
56,8<br />
56,8<br />
59,7<br />
65,9<br />
65,9<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
Anzahl der Nennungen<br />
(in Prozent)<br />
Abb. A-5: Relevanz der Entscheidungsgründe für den Wechsel eines Telekommunikationsanbieters<br />
(in der Einschätzung von Telekommunikationsdienstleistern) 24<br />
Hinter diesem Entwicklungstrend - von einem eher „quantitativen“ zu einem<br />
„qualitativen“ Vermarktungskonzept der Dienstleistung Telekommunikation -<br />
steht die Überzeugung, dass vor allem mit Hilfe des Instruments Marke stabile<br />
Grundpräferenzen bei bestehenden und potentiellen Kunden aufgebaut werden<br />
können, während die vordergründige Kommunikation von Preisangeboten mittel-<br />
und langfristig kein Überleben sichern kann. 25 Dabei sind die Funktionen,<br />
die der Marke bei der Vermarktung von Telekommunikationsdienstleistungen<br />
zukommen, vielfältig. Zum einen ist es gerade aufgrund der Eigenschaften des<br />
23 Thorsten Grenz, Vorstandsvorsitzender Mobilcom AG, zitiert nach Müller 2004.<br />
24 Quelle: in Anlehnung an Mummert Consulting 2003, S. 71. Die Ergebnisse basieren auf einer im<br />
November 2003 durchgeführten Befragung von 278 Fach- und Führungskräften von Carriern und<br />
<strong>Service</strong> Providern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.<br />
25 Kögler 1999, Expertengespräch.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 7<br />
intangiblen Produkts notwendig, dem Konsumenten überhaupt einen kognitiven<br />
Zugang zur Leistung zu ermöglichen und so dem Angebot ein „Gesicht“ zu geben.<br />
Denn aufgrund der hohen Abstraktheit und Komplexität unterliegen Telekommunikationsdienstleistungen<br />
und deren Qualitäten einer generellen<br />
Wahrnehmungs- und Beurteilungsproblematik auf Seiten des Kunden und umgekehrt,<br />
auf Seiten des Anbieters, einer entsprechenden generellen Vermittlungsproblematik.<br />
Zum anderen ist es ebenfalls aufgrund der Intangibilität, 26<br />
aber gerade auch in der konsumentenseitigen Entscheidungssituation beim<br />
Abschluss eines ein- oder mehrjährigen Vertrages über Telekommunikationsdienstleistungen<br />
erforderlich, das wahrgenommene Entscheidungsrisiko des<br />
Kunden zu reduzieren und auf diese Weise Sicherheit und Vertrauen zu vermitteln.<br />
27 Schließlich kann gerade die Marke zu einer nachhaltigen Differenzierung<br />
im Telekommunikationswettbewerb beitragen, da die Dienstleistungen der verschiedenen<br />
Anbieter - bis auf Angebotstiefe und -breite sowie Preisunterschiede<br />
bei einzelnen Leistungen - mehr oder weniger ähnlich sind. 28 Aber auch die<br />
<strong>St</strong>ruktur des Telekommunikationsmarktes und der sich hieraus ergebende horizontale<br />
wie vertikale Markenwettbewerb erfordern die Notwendigkeit profilierter<br />
Dienstleistungsmarken: So kommt etwa ein Kunde, der ein Nokia-Handy<br />
mit einem Mobilfunkvertrag von Vodafone über den <strong>Service</strong> Provider debitel<br />
erwirbt, bei einer Kaufentscheidung mit einer Angebotskombination dreier Marken<br />
in Kontakt. Und nicht selten stellt sich die Wahl des <strong>Service</strong> Providers oder<br />
des Netzanbieters als Folgeentscheidung der Hardwarewahl dar. 29<br />
Dass dennoch dem Konsumenten die Dienstleistungsmarken des Telekommunikationsbereichs<br />
allmählich vertraut werden, belegt eine empirische <strong>St</strong>udie<br />
von MCKINSEY/ MCM, 30 nach der die Bedeutung der Marke im Branchenvergleich<br />
- bereits oder erst - eine mittlere Position einnimmt (Abb. A-6). Einerseits<br />
spricht dieses Ergebnis für die Interpretation einer schon mittleren<br />
Position, da es angesichts der völligen Markenirrelevanz in der Zeit des Monopolmarktes<br />
und des relativ kurzen Zeitraums seit der Liberalisierung die rasant<br />
zunehmende Gewichtung der Marke dokumentiert. Und dass auch in Zukunft<br />
von einer weiter zunehmenden Bedeutung der Dienstleistungsmarke im Telekommunikationsbereich<br />
bei weiter steigenden Werbeausgaben ausgegangen<br />
werden kann, ist die vielfache Meinung von Branchenexperten. Als Ursache<br />
kann hier der noch immer nicht abgeschlossene Entwicklungsprozess der<br />
Nachfrager gesehen werden, das Denken in Marken auf ehemaligen Monopolmärkten<br />
zunächst einmal erlernen zu müssen. 31 Ferner kann - aus Anbieter-<br />
26 In einer experimentellen <strong>St</strong>udie weisen Laroche et al. den signifikanten Wirkungszusammenhang<br />
zwischen zunehmender Intangibilität einer Leistung und höherem wahrgenommenem Risiko des<br />
Konsumenten nach (vgl. Laroche et al. 2004, S. 373ff).<br />
27 Vgl. hierzu Zeithaml/ Bitner 2003, S. 40; Meyer/ Tostmann 1995, S. 12; <strong>St</strong>auss 1994, S. 93.<br />
28 Nuber/ Binggeli 1998, S. 165.<br />
29 Kögler 1999, Expertengespräch.<br />
30 Vgl. McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 26 ff.<br />
31 Kögler 1999, Expertengespräch.
8 Kapitel A<br />
sicht - davon ausgegangen werden, dass kontinuierliche bzw. zunehmende Investitionen<br />
in die Marke mittel- und langfristig über ihren Einfluss auf die Kontextfaktoren<br />
die Markenrelevanz selbst verändern können. 32<br />
Markenrelevanz<br />
Transport<br />
und Logistik<br />
Bekleidung<br />
Banking & Asset<br />
Management<br />
Einzelhandel<br />
Versicherungen<br />
Energie<br />
Automobil<br />
Nahrungsmittel<br />
und Getränke<br />
Gesundheit<br />
Telekommunikation<br />
Medien und<br />
Unterhaltung<br />
PCs/ Software<br />
Durchschnittliche Werbeintensität der Branche<br />
Abb. A-6: Markenrelevanz und Werbeintensität der Telekommunikationsbranche im Vergleich:<br />
<strong>St</strong>and und Entwicklungsprognose 33<br />
Andererseits aber spricht das Ergebnis der <strong>St</strong>udie vor dem Hintergrund der<br />
enormen Werbeintensität für die Interpretation einer erst mittleren Position der<br />
Markenrelevanz. In diesem Zusammenhang regt die <strong>St</strong>udie - als Momentaufnahme<br />
betrachtet - dazu an, auch hier die Wirkungseffizienz von Marken und<br />
Werbeausgaben kritisch zu hinterfragen. Diese Einschätzung wird auch durch<br />
aktuelle Umfragen bestätigt, nach denen beispielsweise drei von vier Kunden<br />
des Mobilfunkbereichs bereit sind, sofort den Anbieter zu wechseln, wenn ihnen<br />
ein kostengünstigeres Angebot unterbreitet würde. 34 Demnach ist es<br />
(auch) im Telekommunikationsbereich um die tatsächliche Markenbindung 35<br />
und die erforderliche nachhaltige Manifestation der Dienstleistungsmarke in<br />
den Köpfen der Konsumenten eher schwach bestellt.<br />
32 Vgl. McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 27.<br />
33 Quelle: in Anlehnung an McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 27.<br />
34 Bei Prepaid-Kunden liegt dieser Anteil sogar bei 80 Prozent (vgl. <strong>St</strong>ollberger 2004).<br />
35 Vgl. o.V. Systems World 2004.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 9<br />
Dennoch ist insgesamt zu konstatieren, dass die Relevanz von Dienstleistungsmarken<br />
auf Telekommunikationsmärkten sowohl auf der Seite der Anbieter<br />
als auch der Nachfrager stark zunimmt. Dabei begründen insbesondere die<br />
Eigenschaften von Telekommunikationsdienstleistungen die Notwendigkeit<br />
starker Marken, sie stellen gleichzeitig aber auch spezielle An- und Herausforderungen<br />
an die Markengestaltung. Gerade im Vergleich zu Markenartikeln<br />
des klassischen Konsumgüterbereichs wird deutlich, dass Marken für Telekommunikationsdienstleistungen<br />
besonderen Schwierigkeiten unterliegen, relevante<br />
innere Vorstellungs- bzw. Markenbilder und Assoziationen in den<br />
Köpfen der Konsumenten hervorzurufen (Abb. A-7).<br />
Marke/ Logo<br />
leistungsbezogenes<br />
Markenbild<br />
leistungsbezogene<br />
Markenassoziationen<br />
Getränk<br />
koffeinhaltig<br />
erfrischend<br />
erfrischend<br />
kultig kultig<br />
... ...<br />
? ? ?<br />
Abb. A-7: Vereinfachte Darstellung des Zusammenhangs von Marke, Markenbild und Markenassoziationen<br />
am Beispiel klassischer Konsumartikel und Telekommunikationsdienstleistungen<br />
So weist etwa der Markenname oder das Logo eines klassischen Konsumartikels<br />
den Nachfrager auf ein physisches Produkt hin, dessen Design und Eigenschaften<br />
unmittelbar zum Aufbau eines inneren Markenbildes beitragen und<br />
markenrelevante Assoziationen wecken können. Dagegen stellen Markennamen<br />
oder -zeichen von Telekommunikationsanbietern lediglich eine Verbindung<br />
zu einer nicht-physischen, abstrakten und daher kognitiv schwer<br />
wahrzunehmenden Dienstleistung her, deren „Gestaltung“ und Eigenschaften<br />
den Aufbau eines inneren Markenbildes und die Bildung von Assoziationen<br />
nicht oder kaum unterstützen können. In der Folge kommt es dazu, „dass die<br />
Konsumenten die Marken zwar kennen, aber mit ihnen nichts verbinden können“<br />
36 , woraus zwangsläufig ein Mangel an Möglichkeiten resultiert, unterschiedliche<br />
Marken relevant zu differenzieren und das Markenwahlverhalten<br />
entsprechend auszurichten. 37 Telekommunikationsdienstleister stehen daher<br />
vor der Herausforderung, Marken für intangible, abstrakte und komplexe<br />
Leistungen als assoziationsbildende Wahrnehmungsanker zu<br />
36 Brasch 1999, Expertengespräch.<br />
37 Vgl. hierzu auch Richter/ Werner 1998, S. 27 f.
10 Kapitel A<br />
etablieren, die insbesondere den Aufbau relevanter innerer Markenbilder<br />
im Gedächtnis der Konsumenten unterstützen und zur präferenz- und<br />
vertrauensbildenden Funktion der Marke beitragen. Vor diesem Hintergrund<br />
sowie der hohen Dynamik der Branche erweist sich der Markt für<br />
Telekommunikationsdienstleistungen als interessanter situativer Kontext<br />
zur Untersuchung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>, insbesondere zur Analyse der Zusammenhänge<br />
zwischen spezifischen Dienstleistungscharakteristika sowie der<br />
Entstehung und Wirkung innerer Markenbilder.<br />
1.3 <strong>St</strong>and der Forschung: Ein themenbezogener Überblick<br />
Markenmanagement und Dienstleistungsmarketing sind seit langen Jahren<br />
zentrale Themen in der Marketingforschung und -praxis. Dennoch erfährt das<br />
Schnittstellenthema <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> - trotz des offensichtlichen Bedarfs an<br />
problemorientierten Handlungsempfehlungen - in der <strong>St</strong>andardliteratur zur<br />
Markenführung 38 nur eine relativ geringe Berücksichtigung.<br />
In den zahlreichen US-amerikanischen sowie deutschsprachigen <strong>St</strong>andardwerken<br />
lassen sich verschiedentlich Hinweise zu der grundsätzlichen Möglichkeit<br />
finden, neben tangiblen Produkten auch Dienstleistungen markieren zu können.<br />
39 Bereits 1939 formulierte der deutsche Markenpionier, HANS DOMIZLAFF,<br />
in seinem Klassiker „Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens“, dass Markentechnik<br />
grundsätzlich für jedes beständige Ziel nutzbar gemacht werden<br />
könne, welches irgendwie von der öffentlichen Meinung abhängig sei 40 - und<br />
damit nicht nur für das klassische Konsumgut. Ein halbes Jahrhundert später<br />
ist <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> - auch aufgrund veränderter rechtlicher Rahmenbedingungen<br />
- sehr viel stärker in den Vordergrund gerückt, was JOHN MURPHY als einen<br />
zentralen Schritt in der Entwicklung des Markenwesens bezeichnet: „ [...] the<br />
concept of branded goods has been extended successfully to embrace services.<br />
Thus the providers of financial, retail or other services can now generally<br />
treat them as branded products, provided they are distinguished from those of<br />
competitors. Thus service brands now generally enjoy the same statutory rights<br />
as product brands“ 41 . Und RUSSEL TAYLOR stellt fest, dass „in exactly the same<br />
way as Coca-Cola has developed a unique and protectable aura around his<br />
particular tangible version of syrup and carbonated water, so a similar unique<br />
38 Auf eine - auch nur ansatzweise - Systematisierung dieser Werke muss hier verzichtet werden,<br />
da die Zahl der Buch- und Zeitschriftenartikel, die bereits 1960 auf 4000 geschätzt wurde, auch<br />
aufgrund der zunehmenden Interdisziplinarität des Themas Marke heute kaum noch überschaubar<br />
ist (vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 15).<br />
39 Erstaunlicherweise reduziert der Deutsche Markenverband e.V. Markenartikel noch immer auf<br />
klassische Herstellermarken mit Schwerpunkt Konsumgütermärkte, d.h. Verbrauchs- und Gebrauchsgüter<br />
(vgl. hierzu Bruhn 1994, S. 19 f.). Dies aber ist „heute kaum noch akzeptabel und<br />
wird den vielfältigen Markenangeboten nicht gerecht“ (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 18).<br />
40 Domizlaff 1982, S. 78.<br />
41 Murphy 1987, S. 1.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 11<br />
and protectable aura can be built for an intangible service“ 42 . Aber wenngleich<br />
immer wieder postuliert wird, dass die Marke gerade auch für Dienstleister ein<br />
zentrales Instrument zur Differenzierung des Angebots darstellt, 43 beziehen<br />
sich die meisten Arbeiten - mehr oder weniger explizit - auf den klassischen<br />
Markenartikel. In Werken jüngeren Datums wird das Forschungsgebiet „Marken<br />
für Produkte ...“ oftmals um den Begriff „ ...und Dienstleistungen“ ergänzt, 44<br />
meist unkommentiert oder selten mit dem Hinweis, dass die jeweiligen Erkenntnisse<br />
durchaus auch auf Dienstleistungsmarken übertragbar sind. Eine<br />
systematische Aufarbeitung konstitutiver Dienstleistungscharakteristika sowie<br />
die Erforschung hieraus erwachsender spezifischer Implikationen oder praxisrelevanter<br />
Problemsituationen wird jedoch in der Haupt- und <strong>St</strong>andardliteratur<br />
zur Marke weitgehend vernachlässigt.<br />
Während <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> auch in der <strong>St</strong>andardliteratur des allgemeinen Marketing<br />
bislang nur am Rande erwähnt wird, 45 findet es in jüngster Zeit zunehmenden<br />
Eingang in die Literatur des Dienstleistungsmarketing. 46 Die<br />
explizite wissenschaftliche Auseinandersetzung findet jedoch vornehmlich auf<br />
Ebene von Fachartikeln und amerikanischer Journalforschung statt, deren - für<br />
den deutschsprachigen Raum - bislang umfassendster Überblick die Publikation<br />
von TOMCZAK et al. 47 bietet. Dabei lassen sich drei grundsätzliche Ansätze<br />
bzw. Schwerpunkte bisheriger Forschungsergebnisse und Arbeiten unterscheiden,<br />
48 eine Auswahl derer Abbildung A-8 zeigt:<br />
Allgemeiner Fokus: Arbeiten dieser Kategorie befassen sich mit allgemeinen<br />
Grundfragen der strategischen Führung von Dienstleistungsmarken. Die Besonderheiten<br />
werden dabei primär aus der Perspektive des Dienstleistungsmarketing<br />
erarbeitet mit dem Ziel, aus den Spezifika der Dienstleistung<br />
allgemeine Implikationen für das strategische Markenmanagement abzuleiten<br />
und in geeignete Anwendungsempfehlungen umzusetzen;<br />
Problemorientierter Fokus: Im forscherischen Mittelpunkt dieser Arbeiten<br />
stehen spezifische strategische und/oder operative Problemstellungen des<br />
Managements von Dienstleistungsmarken. Neben - noch wenigen - integrierten<br />
und dienstleistungsorientierten Ansätzen finden sich hierunter auch eine<br />
Vielzahl von Arbeiten, die vorhandene Forschungsergebnisse des „klassischen“<br />
Markenmanagements für Konsumgüter auf Dienstleistungen übertragen<br />
und anzuwenden versuchen;<br />
42 Taylor 1987, S. 128.<br />
43 Vgl. hierzu bspw. King 1991, S. 7; Berry/ Parasuraman 1992, S. 148.<br />
44 Als Beispiele einer stellenweise impliziten und (daher) nicht weiter erörterten, um Dienstleistungen<br />
erweiterten Markenbetrachtung vgl. bspw. Kapferer 1992; Aaker 1996; Meffert/ Burmann<br />
1996; Herrmann 1999; Sattler 2001; Esch 2004.<br />
45 Vgl. hierzu bspw. Meffert 2000, S. 1159 ff.; Kotler et al. 2003, S. 611 f.<br />
46 Vgl. hierzu insbesondere Meffert/ Bruhn 2003, S. 394 ff.<br />
47 Tomczak/ Schögel/ Ludwig 1998.<br />
48 Vgl. hierzu auch Tomczak/ Ludwig 1998, S. 49 f.
12 Kapitel A<br />
Situativer Fokus: Forschungsarbeiten dieser Kategorie nähern sich dem Forschungsfeld<br />
über die Betrachtung spezifischer Besonderheiten einer<br />
konkreten Branche und tragen so primär zu einem situativ zu relativierenden<br />
Erkenntnisgewinn für das Markenmanagement bei. Hierunter befinden sich<br />
auch zahlreiche einzelfallorientierte Darstellungen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>, die<br />
spezifische Besonderheiten, Implikationen und Umsetzungsmaßnahmen in<br />
konkreten Dienstleistungsunternehmen dokumentieren. 49<br />
Fokus<br />
Allgemeiner<br />
Fokus<br />
Problemorientierter<br />
Fokus<br />
Situativer<br />
Fokus<br />
Forschungsziel<br />
Markenmanagement<br />
für Dienstleistungen<br />
Management von<br />
Markensystemen<br />
Branchenspezifisches<br />
Markenmanagement<br />
für Dienstleistungen<br />
Forschungsthematik Autor<br />
Grundlagen und<br />
Besonderheiten der<br />
Dienstleistungsmarke<br />
<strong>St</strong>rategische Markenführung<br />
für Dienstleistungsunternehmen<br />
Kommunikation von Kommunikations- und<br />
Dienstleistungsmarken Werbestrategien für<br />
intangible Leistungen<br />
Phasenspezifische<br />
Kommunikation der<br />
Dienstleistungsmarke<br />
Integrierte Markenkommunikation<br />
für Dienstleistungsunternehmen<br />
Markenzeichengestaltung für<br />
Dienstleistungsunternehmen<br />
Transfer von<br />
Markentransfer bei<br />
Dienstleistungsmarken Dienstleistungen<br />
Markensysteme im<br />
Touristikmarkt<br />
Profilierung in vertikalen<br />
Systemen<br />
Markenmanagement für<br />
Bankdienstleistungen<br />
Markenmanagement im<br />
Handel<br />
Graumann 1983<br />
Dibb/ Simkin 1993<br />
<strong>St</strong>auss<br />
1994, 1995, 1998, 2001<br />
Tomczak/ Brockdorff<br />
2000<br />
Berry/ Lefkowith/ Clark<br />
1988<br />
Tomzcak/ Ludwig<br />
1998<br />
Berry<br />
2000<br />
George/ Berry 1981<br />
Berry/ Clark 1986<br />
Legg/ Baker 1987<br />
Padgett/ Allen 1997<br />
Maier/ Tostmann 1995<br />
Esch<br />
1998, 2001a, 2001b<br />
Deichsel 1998<br />
Sattler 1998<br />
Ludwig 2001<br />
Meffert 2002<br />
Weber 1992<br />
Cramer 1994<br />
Brauer 1997<br />
Vogler 1998<br />
Maier 1999<br />
Ahlert 2000<br />
Abb. A-8: Auswahl relevanter Arbeiten der Marketingliteratur zum Themenbereich <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
49 Vgl. hierzu bspw. Besig/ Maier/ Meyer 1996 (Bayerische Hypotheken- und Wechselbank); Egger<br />
1998 (McDonald’s); Kernstock 1998 (Lufthansa, <strong>St</strong>ar Alliance); Nuber/ Binggeli 1998 (Swisscom);<br />
Payer 1998 (Schweizerische Bankgesellschaft UBS); Römer 1998 (Kuoni Reisen); Sandrock<br />
1998 (British Airways); Wilhelm 1998 (Mannheimer Versicherungen).
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 13<br />
Im Bereich allgemeiner Forschungsarbeiten nimmt die 1983 erschienene<br />
Veröffentlichung von GRAUMANN 50 eine wissenschaftliche Vorreiterrolle ein. Der<br />
Autor stellt grundsätzliche Erkenntnisse über die Entwicklung, die Klassifikations-<br />
und Einsatzmöglichkeiten von Dienstleistungsmarken aus absatzwirtschaftlicher<br />
Sicht dar und liefert erste Erkenntnisse und Ideen zu der Frage,<br />
welche spezifischen Herausforderungen Dienstleistungen - im Unterschied zu<br />
Konsumgütern - an das Markenmanagement stellen. 51 In der Folge führen bis<br />
heute eine Reihe von Autoren eine kritische Diskussion der Besonderheiten<br />
von Dienstleistungsmarken, 52 als deren Ergebnis vor allem mit den Problemen<br />
der Visualisierung der Marke 53 , der Gewährleistung von Qualitätskonstanz 54<br />
sowie der Schaffung von Phantasiemarken 55 drei zentrale und spezifische Herausforderungen<br />
für die Markenführung von Dienstleistungen abgeleitet werden<br />
können. 56<br />
Dennoch gehen die Beurteilungen dessen, ob Dienstleistungsmarken aufgrund<br />
ihrer Spezifika schwieriger zu managen sind als Konsumgütermarken, 57 in der<br />
Literatur auseinander. So befindet etwa STAUSS, dass „der <strong>St</strong>ellenwert der<br />
dienstleistungsbezogenen „Besonderheiten“ im Markenmanagement nicht sehr<br />
hoch zu veranschlagen ist“, räumt aber gleichzeitig ein, dass Dienstleister im<br />
Hinblick auf ein professionelles Markenmanagement noch viel zu lernen haben.<br />
58 Andere Autoren beurteilen dagegen die Herausforderung, Marken für<br />
immaterielle Leistungen aufzubauen, als hoch. 59 Vor diesem Hintergrund begründen<br />
TOMCZAK/ LUDWIG 60 die Notwendigkeit einer internen, externen und interaktiven<br />
Markenführung bei Dienstleistern und stellen einen integrierenden<br />
Ansatz zur strategischen Markenführung in Dienstleistungsbranchen vor, der<br />
wertvolle Anregungen zur Fokussierung und <strong>St</strong>rukturierung relevanter Fakto-<br />
50 Vgl. Graumann 1983.<br />
51 Hierzu entwickelt Graumann mit ökonomischen, technischen und gutspezifischen Determinanten<br />
der Markenpolitik für Dienstleistungen drei Themengruppen, in denen er dienstleistungsspezifische<br />
Herausforderungen in der Markenführung (z.B. Markierungsproblematik, Qualitätsproblematik,<br />
Synchronizität) beschreibt und erste anwendungsorientierte Lösungsansätze<br />
skizziert (vgl. Graumann 1983, S. 120 ff.).<br />
52 Vgl. hierzu beispielhaft Messing 1983; Dibb/ Simkin 1993; <strong>St</strong>auss 1994, S. 79-103; 1995, S. 2-7;<br />
1998a, S. 10-23; Meffert/ Bruhn 2003, S. 399 f.<br />
53 Vgl. hierzu beispielhaft Mittal 1999, S. 101 f.; Meffert/ Bruhn 2003, S. 400 f.<br />
54 Vgl. hierzu beispielhaft Zeithaml/ Parasuraman/ Berry 1990; Berry/ Parasuraman 1992, S. 16;<br />
Meffert/ Bruhn 2003, S. 400.<br />
55 Vgl. Berry/ Parasuraman 1992, S. 138 f.; Berry/ Lefkowith/ Clark 1988, S. 28 ff.<br />
56 Vgl. hierzu auch Meffert 2002, S. 35 ff.<br />
57 Vgl. hierzu beispielhaft Meffert 1994, S. 528. Die Einschätzung dieser Behauptung, die gerne zur<br />
Erklärung der relativen Schwäche von Dienstleistungsmarken aufgestellt wird, scheint jedoch<br />
eher auch eine Frage des subjektiven <strong>St</strong>andpunkts als der objektiven Wertung zu sein. Denn sicherlich<br />
handelt es sich in beiden Fällen um komplexe und anspruchsvolle Managementaufgaben,<br />
deren Erfolg maßgeblich von der Problemlösungsfähigkeit angewandter Konzepte abhängt.<br />
Vgl. hierzu auch Berry 2000, S. 136: „Despite the predisposition to think of branding in the context<br />
of tangible products, brand cultivation is just as critical for services.”<br />
58 Vgl. <strong>St</strong>auss 1998, S. 20-22.<br />
59 Vgl. Mei-Pochtler 1998, S. 66; Richter/ Werner 1998, S. 32;Meyer/ Tostmann 1995, S. 12.<br />
60 Vgl. Tomczak/ Ludwig 1998, S. 48-65.
14 Kapitel A<br />
ren, Aufgaben und Ablaufprozesse des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> gibt. Auch BERRY 61<br />
sieht in der interaktiven Markenführung eine zentrale Herausforderung des<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>. So betont der Autor in dem von ihm entwickelten „servicebranding<br />
model“ die in der Markenperformance herausragende <strong>St</strong>ellung der<br />
<strong>Service</strong>-Erfahrung des Kunden und zeigt verschiedene Grundsatzstrategien zur<br />
Optimierung des Markenwerts auf. Wie zahlreiche andere Autoren 62 - insbesondere<br />
in der amerikanischen Journalforschung - geht BERRY dabei von der<br />
Dach- bzw. Unternehmensmarke als strategische <strong>St</strong>euergröße des <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> aus, da gerade bei Dienstleistern das Unternehmensimage die Einzelleistungen<br />
überstrahlt: „Brand impact shifts from product to company as service<br />
plays a greater role in determining customer value“ 63 . Alternative markenstrategische<br />
Optionen für Dienstleister, wie beispielsweise Mehrmarken-,<br />
Familienmarken- oder Markentransferstrategien, werden in jüngerer Zeit vornehmlich<br />
in der deutschen Literatur am Beispiel konkreter Branchen diskutiert.<br />
64<br />
Das Spektrum der Arbeiten mit problem- und anwendungsorientiertem Fokus<br />
hat in den letzten Jahren erheblich an Umfang gewonnen und dokumentiert<br />
eine beginnende wissenschaftliche Spezialisierung auf dem Forschungsgebiet<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>. 65 Vor dem Hintergrund der identifizierten Herausforderung,<br />
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker zu etablieren, sind dabei<br />
besonders die Forschungsarbeiten zur Kommunikation von Dienstleistungsmarken<br />
hervorzuheben, deren erste Ergebnisse und Ideen aus der amerikanischen<br />
Werbeforschung der 80er Jahre stammen. In einem frühen Beitrag<br />
thematisieren GEORGE/ BERRY 66 die besonderen Probleme bei der allgemeinen<br />
werblichen Kommunikation von Dienstleistungen, die sich aufgrund dienstleistungsspezifischer<br />
Eigenschaften ergeben, und entwickeln erste Lösungsansätze.<br />
67 Es folgen weitere Arbeiten von BERRY/ CLARK 68 , LEGG/ BAKER 69 sowie<br />
PADGETT/ ALLEN 70 , die sich vorwiegend mit dem Zusammenhang zwischen der<br />
61 Vgl. Berry 2000, S. 128 f.<br />
62 Vgl. bspw. Berry/ Lefkowith/ Clark 1988, S. 28; Berry/ Parasuraman 1992.<br />
63 Berry 2000, S. 128.<br />
64 Vgl. Tomczak/ Ludwig 1998, S. 56; Ludwig 2001, S. 216; Meffert 2002, S. 138 f.<br />
65 Vgl. hierzu beispielsweise die Forschungsarbeiten zum Transfer von Dienstleistungsmarken<br />
(Sattler 1998) oder zum Management von vertikalen Markensystemen im Dienstleistungsbereich<br />
(Meffert 2002).<br />
66 Vgl. George/Berry 1981.<br />
67 Als Ursachen für die grundsätzlichen Herausforderungen in der Werbung für Dienstleistungen<br />
nennen George/ Berry die Funktion der <strong>Service</strong>-Mitarbeiter im Leistungserstellungsprozess<br />
(„service is a performance“), die Variabilität sowie die Intangibilität von Dienstleistungen. Die Autoren<br />
empfehlen daher, zur Beeinflussung des Leistungserstellungsprozesses einen Teil der<br />
Werbung auf die eigenen Mitarbeiter auszurichten und zur Reduzierung des sich aus der Variabilität<br />
ergebenden wahrgenommenen Risikos des Kunden persönliche Empfehlungen zu dramatisieren<br />
sowie zur Behebung der Intangibilitätsproblematik konkrete Motive in der Werbung<br />
einzusetzen (vgl. George/ Berry 1981. S. 52 f.).<br />
68 Berry/ Clark 1986.<br />
69 Legg/ Baker 1987.<br />
70 Padgett/ Allen 1997.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 15<br />
Intangibilität und der kommunikativen Vermittlung von Dienstleistungen bzw.<br />
Dienstleistungsmarken befassen. Alle Autoren betonen dabei - mit unterschiedlichen<br />
Akzenten 71 - die Lebendigkeit („vividness“) der Werbung als zentralen<br />
Ansatz zur Kommunikation intangibler Leistungseigenschaften. Den Arbeiten<br />
ist gemein, die Überwindung dieser Intangibilitätsproblematik primär aus der<br />
Sicht des Dienstleistungsanbieters vorzunehmen, ohne dabei explizit auf spezifische<br />
kognitive Verarbeitungsprozesse des „Empfängers“ Kunde einzugehen.<br />
Dessen stärkere Einbeziehung gelingt MEYER/ TOSTMANN 72 , die für die deutsche<br />
Literatur einen ersten konzeptionellen Ansatz zur spezifischen Kommunikation<br />
von Dienstleistungsmarken skizzieren. Unter Hinweis auf die informatorischen<br />
Besonderheiten des Dienstleistungsprozesses plädieren die Autoren<br />
für eine 3-Phasen-Kommunikation, die der jeweiligen Informationssituation des<br />
Konsumenten gerecht wird und deren primäre Zielsetzung in der Vertrauensbildung<br />
und Emotionalisierung liegt. Ferner ist der Ansatz zur integrierten Markenkommunikation<br />
von ESCH 73 hervorzuheben, der eine kognitiv orientierte<br />
Betrachtung der Dienstleistungsmarke vornimmt, ohne jedoch die spezifischen<br />
Charakteristika von Dienstleistungen und deren Auswirkungen näher zu beleuchten.<br />
Forschungsarbeiten mit situativem Fokus, welche die markenpolitischen<br />
Besonderheiten konkreter Branchen berücksichtigen, liegen vor allem für den<br />
Finanzdienstleistungssektor, aber auch den Handel vor. Im Bankenmarkt<br />
scheint die lange Zeit relativ geringer Wettbewerbsintensität und die starke<br />
Regulierung des Marktes ursächlich zu sein für das erst allmähliche und verspätete<br />
Erkennen der strategischen Bedeutung der Markenpolitik. Wichtige Anregungen<br />
und Beispiele für ein zielgerichtetes Markenmanagement von<br />
Banken stammen von WEBER, CRAMER und MEYER/ MAIER. 74 Erstaunlich ist,<br />
dass entsprechende branchenfokussierte Arbeiten zu - zum Teil ähnlich strukturierten<br />
- Dienstleistungsmärkten, wie etwa dem Telekommunikations-, dem<br />
Luftverkehrs- oder dem Versicherungsmarkt bislang nicht vorliegen.<br />
Die Diskussion des Forschungsstandes mit Blick auf die vorliegende Problemstellung<br />
zeigt, dass die bisherigen Arbeiten und Ergebnisse den Themenbereich<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in folgenden Punkten nur unzureichend erforschen:<br />
Vor dem Hintergrund der Praxisbedeutung vertiefen nur wenige Arbeiten<br />
managementorientierte Fragestellungen, so dass insgesamt eine Diskrepanz<br />
zwischen der Relevanz des Themas und dem Ausmaß an theoretischer<br />
71 So empfehlen Legg/ Baker (1987) etwa die Dramatisierung der Werbung. Padgett/ Allen (1997)<br />
unterscheiden zwischen argumentativer und erzählender Werbung und empfehlen letztere zur<br />
Kommunikation von Dienstleistungen. Da eine Dienstleistung vom Kunden als subjektiver Erfahrungsprozess<br />
wahrgenommen wird, sei erzählende Werbung - beispielsweise in Form einer leistungsaffinen<br />
<strong>St</strong>ory - in der Lage, intangible Leistungseigenschaften effektiv zu transportieren.<br />
72 Vgl. Meyer/ Tostmann 1995, S. 9-15.<br />
73 Vgl. Esch 1998, S. 104-133; 2001a, S. 599-635 sowie 2001b.<br />
74 Vgl. hierzu Weber 1992; Cramer 1994; Meyer/ Maier 1998.
16 Kapitel A<br />
Durchdringung zu konstatieren ist. Für Telekommunikationsdienstleistungsmärkte<br />
besteht ein grundsätzliches Defizit an Gestaltungsempfehlungen,<br />
wie Marken erfolgreich konzipiert und implementiert werden<br />
können.<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> eröffnet ein Spannungsfeld, das sich zwischen<br />
dienstleistungs- bzw. produktunabhängigen Erkenntnissen des traditionellen<br />
Markenmanagements und den konstitutiven Anforderungen des Dienstleistungsmanagements<br />
befindet. Bisherige Arbeiten beleuchten dieses Feld<br />
meist punktuell und widmen sich hauptsächlich einzelnen spezifischen Herausforderungen<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>. Vor diesem Hintergrund ist das<br />
Fehlen eines methodischen Ansatzes festzustellen, der die Zusammenhänge<br />
und Wechselwirkungen zwischen dienstleistungsspezifischen<br />
Besonderheiten und markentechnischen Anforderungen stärker<br />
integriert und analysiert.<br />
Dienstleistungsmarken kommt die wichtige Funktion des assoziationsbildenden<br />
Wahrnehmungsankers zu, da sich Dienstleistungen aufgrund ihrer intangiblen<br />
Abstraktheit nur schwer der Wahrnehmung des Konsumenten<br />
erschließen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit dieser zentralen Problematik<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> fehlt in der aktuellen Literatur weitestgehend.<br />
Insbesondere mangelt es an einem methodischen Ansatz, der sowohl<br />
die Gestaltung, den Manifestationsmechanismus sowie die Wirkungsweise<br />
von Dienstleistungsmarken analysiert und in erklärenden Zusammenhang<br />
bringt. In der Folge mangelt es ebenso an<br />
Empfehlungen, wie Dienstleistungsmarken gestaltet werden können,<br />
um einen wirkungsvollen Aufbau innerer Markenbilder im Gedächtnis<br />
der Konsumenten zu ermöglichen.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 17<br />
2. Zielsetzung und Eingrenzung<br />
2.1 Ziele und forschungsleitende Fragestellungen<br />
Entsprechend der Problemstellung sowie der evaluierten Forschungslücken<br />
besteht die generelle Zielsetzung der Arbeit darin, einen Beitrag zur Entwicklung<br />
und Einführung von Marken für Dienstleistungen und insbesondere für Telekommunikationsdienstleistungen<br />
zu leisten, um diese nachhaltig und<br />
erfolgreich im Gedächtnis der Nachfrager zu verankern. Im Mittelpunkt steht<br />
dabei die Frage, welche Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten vor<br />
dem Hintergrund dienstleistungsspezifischer Besonderheiten bestehen, damit<br />
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker abstrakter und kognitiv<br />
schwer zugänglicher Markenträger den erfolgreichen Aufbau innerer Markenbilder<br />
beim Konsumenten ermöglichen und eine präferenzbildende Wirkung<br />
entfalten. Die Arbeit soll so im weiteren Sinne auch zu einer stärkeren Fundierung<br />
und Professionalisierung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Theorie beziehungsweise<br />
in der Praxis beitragen und ist folglich, als anwendungsorientierter<br />
Beitrag, gleichermaßen auf zwei Zielgruppen ausgerichtet: Praktiker des Bereichs<br />
Dienstleistungsmarken, die sich in ihrer Verantwortlichkeit um die Markenführung<br />
eines Dienstleistungsunternehmens auf Managementebene mit der<br />
Etablierung von Dienstleistungsmarken beschäftigen, sowie Forscher der Bereiche<br />
Marken und Dienstleistungsmarketing, die sich aus wissenschaftlicher<br />
Sicht mit der Systematik, den Zusammenhängen und den Wirkungsweisen von<br />
Marke sowie den vermarktungsrelevanten Besonderheiten des Forschungsobjektes<br />
Dienstleistung befassen.<br />
Die notwendige Voraussetzung für die Entwicklung Erfolg versprechender und<br />
fundierter Lösungsansätze ist ein umfassendes Verständnis für die Herausforderungen<br />
und Zusammenhänge des Forschungsfeldes. Infolge dessen lassen<br />
sich aus der generellen Zielsetzung weitere Subziele ableiten, mit deren Verfolgung<br />
die Arbeit Erkenntnisfortschritte zu theoretisch-konzeptionellen und<br />
pragmatisch-problemlösungsorientierten Fragestellungen leisten soll (Abb. A-<br />
9):<br />
Subziel 1: Integration und Weiterentwicklung theoretischer Ansätze<br />
Zur theoretischen Fundierung der Problemstellung sollen bestehende Ansätze<br />
des Dienstleistungsmarketing sowie des Markenmanagements bezüglich<br />
ihrer Erkenntnisse über dienstleistungsspezifische Eigenschaften und markentechnische<br />
Anforderungen vertieft analysiert werden. Im Zentrum des Erkenntnisinteresses<br />
steht hier die theoretische Fundierung grundlegender<br />
Begriffe. Eine Integration theoretischer Ansätze soll dahingehend geleistet<br />
werden, dass vorhandene Ergebnisse beider Forschungsfelder hinsichtlich<br />
möglicher Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Marke und<br />
Dienstleistung untersucht und weiterentwickelt werden. Im Mittelpunkt steht<br />
ferner die analytische Systematisierung der Herausforderungen und Be-
18 Kapitel A<br />
sonderheiten des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>, besonders im Hinblick auf kognitionspsychologische<br />
Aspekte der konsumentenseitigen Wahrnehmung<br />
und Verankerung von Dienstleistungsmarken.<br />
Theoretische Ziele<br />
Integration und Weiterentwicklung bestehender<br />
Ansätze zu Marke und Dienstleistung<br />
Evaluierung kognitionspsychologischer<br />
Herausforderungen und Besonderheiten im<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Entwicklung eines integrierten Ansatzes zur<br />
Gestaltung, Manifestation und Wirkung von<br />
Dienstleistungsmarken<br />
Bildung theoretisch fundierter<br />
Hypothesen zur Entwicklung und Einführung<br />
von Dienstleistungsmarken<br />
Globalziel<br />
Beitrag zur erfolgreichen Entwicklung und Einführung von Marken für<br />
Telekommunikationsdienstleistungen durch den Aufbau innerer Markenbilder<br />
Anwendungsorientierte Ziele<br />
Praxisorientierte Ziele Ziele<br />
Analyse markenrelevanter Rahmenbedingungen<br />
auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen<br />
Ableitung spezifischer Herausforderungen<br />
und Problemfelder bezüglich der Entwicklung<br />
und Führung von Marken für Telekommunikationsdienstleistungen<br />
Theoriegeleitete Überprüfung und Bewertung<br />
der Hypothesen im Praxiszusammenhang am<br />
Beispiel der Märkte für Telekommunikationsund<br />
Energiedienstleistungen<br />
Überprüfung der branchenübergreifenden Gültigkeit der entwickelten Hypothesen<br />
Ableitung fundierter Gestaltungsempfehlungen zur erfolgreichen Entwicklung und Einführung von<br />
Dienstleistungsmarken auf dem Telekommunikationsmarkt und gegebenenfalls weiterer Dienstleistungsmärkte<br />
Abb. A-9: Zielkatalog der Arbeit<br />
Subziel 2: Entwicklung eines Wirkungsansatzes und Bildung von Hypothesen<br />
Da bislang eine vertiefte Auseinandersetzung und Analyse der Gestaltung,<br />
Manifestation und Wirkung von Dienstleistungsmarken fehlt, besteht ein<br />
Subziel in der Entwicklung eines integrierten Ansatzes zur Wirkung von<br />
Dienstleistungsmarken. Insbesondere gilt es, die Dienstleistungsmarke als<br />
gestalt- und wahrnehmbare Schnittstelle zwischen Dienstleistungsanbietern<br />
und -nachfragern zu beleuchten und die komplexen Entscheidungssysteme<br />
beider Ebenen in erklärenden Zusammenhang zu bringen. Auf Basis dieser<br />
integrierten Sicht auf das Forschungsfeld sowie einer vertieften Analyse der<br />
markenrelevanten Rahmenbedingungen des Telekommunikationsmarktes<br />
sind theoriegeleitete Hypothesen zur erfolgreichen Gestaltung von Dienstleistungsmarken<br />
zu deduzieren, die damit gleichzeitig als Grundlage der<br />
weiteren Forschung dienen.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 19<br />
Subziel 3: Empirische Überprüfung konzeptioneller Erkenntnisse<br />
Ein weiteres Teilziel besteht darin, eine empirische Überprüfung der konzeptionell<br />
abgeleiteten Hypothesen vorzunehmen. Hierzu soll das <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> verschiedener Telekommunikationsanbieter als zentraler Untersuchungsgegenstand<br />
vor dem Hintergrund der theoriegeleiteten Überlegungen<br />
systematisch analysiert, verglichen und bewertet werden. Zur Überprüfung,<br />
inwieweit sich die entwickelten Hypothesen über die Telekommunikationsbranche<br />
hinaus verallgemeinern lassen, soll ferner das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
von Dienstleistungsunternehmen eines weiteren Marktes, nämlich des Marktes<br />
für Energiedienstleistungen, in die Betrachtung mit einbezogen werden.<br />
Subziel 4: Implikationen für die Praxis<br />
Auf Basis der empirischen Untersuchung sollen fundierte Implikationen zur<br />
Gestaltung von Marken für Telekommunikationsanbieter abgeleitet werden,<br />
um sie erfolgreich der Wahrnehmung der Konsumenten zugängig zu<br />
machen und sie effizient und effektiv in deren Gedächtnis zu verankern.<br />
Aus diesen definierten Zielen sowie den evaluierten Forschungslücken lässt<br />
sich schließlich die Ableitung der forschungsleitenden Fragestellung sowie ihrer<br />
Spezifizierung wie folgt vornehmen:<br />
Welchen Herausforderungen unterliegen die Entwicklung und Einführung<br />
von Marken für Telekommunikationsdienstleistungen vor<br />
dem Hintergrund dienstleistungsspezifischer Besonderheiten und<br />
welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, um sie erfolgreich als<br />
innere Markenbilder auslösende Wahrnehmungsanker der Dienstleistung<br />
zu etablieren und eine <strong>St</strong>eigerung der Präferenzbildung zu<br />
erzielen?<br />
Wie und unter welchen situativen Rahmenbedingungen werden Marken für<br />
Telekommunikationsdienstleistungen in der Praxis aufgebaut und geführt?<br />
Wo liegen Problemfelder in der praktischen Umsetzung?<br />
Wie lassen sich vorhandene Forschungsergebnisse aus dem Bereich des<br />
„traditionellen“ Markenmanagements sowie des Dienstleistungsmanagements<br />
vor dem Hintergrund zu erarbeitender fundierter Lösungsansätze zielführend<br />
integrieren?<br />
Welche generellen Wirkungs- und Problemzusammenhänge bestehen zwischen<br />
konkreten Dienstleistungscharakteristika und spezifischen Determinanten<br />
der Markenwirkung? Wie lässt sich der Manifestationsmechanismus<br />
und die Wirkungsweise innerer Markenbilder für Dienstleistungen beschreiben?<br />
Welches sind die zentralen Generatoren innerer Markenbilder?<br />
Wie lassen sich die Zusammenhänge der Gestaltung, Manifestation und<br />
Wirkung von Dienstleistungsmarken integriert darstellen? Welche zentralen<br />
Herausforderungen und Implikationen lassen sich hieraus für das erfolgreiche<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> von Telekommunikationsdienstleistern evaluieren?
20 Kapitel A<br />
Lassen sich Rückschlüsse auf das markenspezifische Anforderungsprofil<br />
bestimmter Dienstleistungstypen ziehen?<br />
Inwieweit lassen sich gewonnene konzeptionelle Erkenntnisse und Hypothesen<br />
auf das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> weiterer konsumtiver Dienstleistungsbranchen<br />
übertragen?<br />
Welche Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen lassen sich als Implikationen<br />
konzeptioneller Überlegungen und empirischer Überprüfung für die<br />
Praxis formulieren und wie lassen sich diese praxisgerecht systematisieren?<br />
2.2 Eingrenzung des Forschungsthemas<br />
Aufgrund der Breite und Komplexität der vorliegenden Forschungsthematik ist<br />
eine Fokussierung des Analyseobjektes erforderlich. Diese erfolgt auf den<br />
Ebenen der problem-, unternehmens- und branchenbezogenen Limitation.<br />
Problembezogene Eingrenzung: Fokus innere Markenbilder<br />
Der Problemstellung, der identifizierten Forschungslücken sowie der zentralen<br />
Fragestellung entsprechend steht der Aspekt des Aufbaus innerer Markenbilder<br />
im Mittelpunkt der Arbeit. Aus kundenorientierter Sicht richtet sich der Fokus<br />
zunächst auf die Wahrnehmbarkeit und Wahrnehmung von<br />
Dienstleistungsmarken, um hiervon ausgehend Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten<br />
für die markenführende Dienstleistungsunternehmung abzuleiten.<br />
Wie gezeigt werden wird, besteht eine Wechselbeziehung zwischen<br />
dem Aufbau innerer Markenbilder sowie der Visualisierung der Marke und des<br />
Markenvorteils. Letztere wird in der Literatur, wie bereits dargelegt, 75 vor allem<br />
neben der Gewährleistung einer markenartikelgerechten Qualitätskonstanz als<br />
zentrale Besonderheit des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> gesehen.<br />
Während die Herausforderungen des Aufbaus innerer Vorstellungsbilder beziehungsweise<br />
der Visualisierung von Dienstleistungsmarken markenspezifischer<br />
Natur sind, stellt der wesentliche Aspekt der Dienstleistungsqualität<br />
allerdings eine generelle Herausforderung des Dienstleistungsmarketing dar. 76<br />
Denn anders als in hochstandardisierten Produktionsprozessen der Konsumgüterindustrie<br />
haben insbesondere Dienstleistungskunden und Mitarbeiter entscheidenden<br />
Einfluss auf das Ergebnis und damit die Qualität der Leistung.<br />
Die Gewährleistung einer kontinuierlichen Güte und Konstanz der objektiven<br />
Leistungsqualität ist daher, auch in Abhängigkeit vom jeweiligen Individualisierungsgrad,<br />
grundsätzlich nur schwer zu erfüllen 77 und erfordert umfangreiche<br />
Maßnahmen in Form der Implementierung und Umsetzung eines integrierten<br />
75 Vgl. Kapitel A 1.3.<br />
76 Zur Diskussion der Dienstleistungsqualität vgl. beispielhaft Zeithaml/ Parasuraman/ Berry 1990;<br />
Berry/ Parasuraman 1992, S. 16; Meffert/ Bruhn 2003, S. 400; Bieger 2002, S. 165 ff.<br />
77 Vgl. <strong>St</strong>auss1998, S. 17.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 21<br />
Qualitätsmanagements (Total Quality Management). 78 Insofern kommt dem<br />
Qualitätsaspekt im Markenkontext eine notwendige, aber nicht hinreichende<br />
Bedingung für das erfolgreiche <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> zu. 79 Die weiteren Ausführungen<br />
dieser Arbeit implizieren daher die Existenz eines entsprechenden Qualitätsmanagements<br />
sowie eine daraus folgende hohe Güte und Konstanz der<br />
objektiven Dienstleistungsqualität. Der Qualitätsaspekt soll daher lediglich<br />
dann thematisiert werden, wenn hierdurch ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn<br />
für die Beantwortung der Forschungsfrage zu erwarten ist.<br />
Unternehmensbezogene Eingrenzung: Fokus strategische Markenentwicklung<br />
Die Untersuchung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> umfasst die strategische Entwicklung<br />
von Dienstleistungsmarken. Operative Aspekte der Umsetzung wie etwa rechtliche,<br />
finanzielle oder personalpolitische Fragen sind damit nicht Gegenstand<br />
der Arbeit. Gleichwohl sind im Zuge der Analyse relevanter Rahmenbedingungen<br />
sowie in der Diskussion anwendungsorientierter Implikationen und Handlungsempfehlungen<br />
Aspekte der Organisation und <strong>St</strong>euerung der Markenführung<br />
zu berücksichtigen.<br />
Branchenbezogene Eingrenzung: Fokus Telekommunikationsdienstleistungen<br />
Die Wahl eines Branchenansatzes dient ebenfalls als Maßnahme zur erforderlichen<br />
Komplexitätsreduktion der Forschungsthematik und soll die fundiertere<br />
Bestimmung situationstypischer Herausforderungen sowie Lösungsansätze<br />
ermöglichen. Dass sich der Markt für Telekommunikationsdienstleistungen als<br />
interessanter situativer Kontext zur Erforschung des Titelthemas erweist, wurde<br />
anhand seiner Eigenschaften und Entwicklungen bereits begründet. Aber auch<br />
aus theoretischer Sicht ist dieser Markt als geeignetes, beispielhaftes Forschungsfeld<br />
zu werten, da die Leistungen der Telekommunikationsindustrie einen<br />
für das Markenmanagement geradezu idealtypischen Dienstleistungstypus<br />
darstellen. Da sie sich als konsumtive Kernleistungen institutioneller Anbieter<br />
mit der Zielsetzung des Wiederholungskaufs (Kundenbindung) direkt an Endverbraucher<br />
bestimmter Marktsegmente richten, ist <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> gerade<br />
für diesen Typus eine prinzipiell geeignete und Erfolg versprechende Form der<br />
Marktbearbeitung (Abb. A-10).<br />
Unterteilt man das breite Feld von Dienstleistungen zudem vereinfachend in<br />
personen- bzw. objektbezogene (wie etwa medizinische Behandlungen oder<br />
Autoreparaturen) und in abstrakte Dienstleistungen (wie etwa Finanzdienstleistungen),<br />
80 so lassen sich Telekommunikationsdienstleistungen im Zwischenbereich<br />
beider extremen Kategorien verorten. Einerseits werden sie an bzw. für<br />
78 Vgl. Meffert/ Bruhn 2003, S. 274 f.<br />
79 Vgl. hierzu Aumüller 1994, S. 2054.<br />
80 Vgl. Bieger 2002, S. 5 ff. sowie S. 37.
22 Kapitel A<br />
Personen erbracht: Sie verbinden Personen untereinander, müssen für Personen<br />
verfügbar sein und benutzerfreundlich gestaltet werden. Andererseits aber<br />
entspricht der Charakter dieser Dienstleistung, das Bereitstellen von Netzwerken<br />
und die Konfiguration von Technologien, eher einer abstrakte Dienstleistung.<br />
Auch aus dieser Sicht lässt sich der Bereich Telekommunikationsdienstleistung<br />
als ein Anwendungsfeld charakterisieren, an dem sich neben<br />
spezifischen Anforderungen der Branche auch verschiedene allgemeine Besonderheiten<br />
des Dienstleistungsmanagements aufzeigen lassen.<br />
Abnehmer<br />
Art der<br />
Dienstleistung<br />
Zusatzleistung<br />
des<br />
Unternehmens<br />
Endverbraucher<br />
Kerndienstleistung Konsumtive<br />
des<br />
Kern-<br />
Unternehmens dienstleistungen<br />
Konsumtive<br />
Sekundärdienstleistungen<br />
Gewerbliches<br />
Unternehmen<br />
Investive<br />
Kerndienstleistungen<br />
Investive<br />
Sekundärdienstleistungen<br />
Fokus<br />
Wiederverkauf<br />
Key-Account-<br />
Management<br />
Projektmanagement<br />
Fokus<br />
Transaktion<br />
Fokus<br />
Einzelkunde<br />
Brandmanagement<br />
Transaction<br />
Marketing<br />
Fokus<br />
Marktsegment<br />
Abb. A-10: Markenmanagement als geeignete Form der Marktbearbeitung für Telekommunikations-<br />
dienstleistungen 81<br />
81 Quellen: in Anlehnung an Meffert/ Bruhn 2003, S. 26 (linke Abbildung) sowie Plinke 1992, S. 10;<br />
Irmscher 1997, S. 159 (rechte Abbildung).
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 23<br />
3. Forschungsmethodik und Aufbau der Arbeit<br />
3.1 Anwendungsorientierung als methodisches Paradigma<br />
Den Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet die identifizierte Problemstellung im<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> von Dienstleistungs- und insbesondere Telekommunikationsanbietern,<br />
die finale Zielsetzung besteht in der Evaluierung praxisorientierter<br />
Problemlösungen für diese Unternehmen. Somit beginnt und endet der<br />
Forschungsprozess im Praxiszusammenhang. Aus forschungsmethodischer<br />
Sicht erfolgt die Ausrichtung der Arbeit demnach unter dem wissenschaftstheoretischen<br />
Paradigma anwendungsorientierter Forschung. Dieser ganzheitliche<br />
Forschungsansatz - der von HANS ULRICH, dem Begründer des <strong>St</strong>. Galler Management<br />
Modells, geprägt wurde - stellt die Betriebswirtschaftslehre in einen<br />
streng praxisorientierten, sozialwissenschaftlichinterdisziplinären Kontext. 82<br />
Dabei besteht die primäre Zielsetzung des anwendungsorientierten Forschungsprozesses<br />
nicht - wie in theoretischen Wissenschaften - in der Erklärung<br />
und Prognose von Realität, sondern in der aktiven Gestaltung möglicher<br />
Wirklichkeiten. Dementsprechend liegt das Gütekriterium anwendungsorientierter<br />
Forschungsergebnisse nicht in der allgemeingültigen Erklärungs- und Prognosekraft<br />
entwickelter Theorien und Gesetzeshypothesen, sondern vielmehr in<br />
der pragmatischen Problemlösungsfähigkeit entwickelter Modelle und Regeln,<br />
kurz: im heuristischen Potential. Hieraus ergeben sich wesentliche konzeptionelle<br />
und methodische Implikationen.<br />
In Übertragung auf diese Arbeit bedeutet dies, die evaluierten Herausforderungen<br />
im Rahmen realitätsorientierter Marketingforschung auf dem Wege eines<br />
theoriegeleiteten Empirismus zu beschreiben, zu erklären und zu lösen. 83<br />
Vor diesem Hintergrund steht die Analyse des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> von verschiedenen<br />
Telekommunikationsdienstleistern sowie von zwei Anbietern einer Vergleichsbranche<br />
im Zentrum der empirischen Betrachtung. Im Unterschied zum<br />
deduktiv-nomologischen Forschungsansatz setzt hier also der Forschungsprozess<br />
nicht nur an der Erfassung konkreter Probleme im Praxiszusammenhang<br />
an, sondern er ist auch auf die Untersuchung und Überprüfung des Anwendungszusammenhangs<br />
möglicher, über Einzelfall und Branche hinausgehender<br />
Problemlösungen ausgerichtet (empirischer Induktivismus 84 ). Hinter diesem<br />
Vorgehen verbirgt sich die Grundidee, einerseits weder die Komplexität der<br />
Marketingrealität in allgemeingültigen, generellen Problemlösungen hinreichend<br />
berücksichtigen zu können, 85 andererseits aber ebenso wenig über die<br />
82 Vgl. Ulrich 1984.<br />
83 Vgl. hierzu Tomczak 1992, S. 83 f. Zur realitätsorientierten Marketingforschung vgl. insbesondere<br />
auch Belz 1989, S. 7 ff. sowie Belz 1993, S. 5 ff.<br />
84 Vgl. hierzu Tomczak 1992, S. 77.<br />
85 Grundsätzlich scheint die Entwicklung einer „Theorie des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>“ - ähnlich dem Aufbau<br />
einer „Theorie des Dienstleistungsmarketing“ - angesichts der Heterogenität des Dienstleis-<br />
(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite)
24 Kapitel A<br />
spezifische Beobachtung eines konkreten Einzelfalls übergeordnete und übertragbare<br />
Erkenntnisse im wissenschaftlichen Sinne gewinnen zu können. Situative<br />
Forschung verfolgt daher den Mittelweg zwischen den Extremen der<br />
abstrakten Generalisierung (Theoriebildung) und der einzelfallorientierten Spezifizierung<br />
(Falllösung), 86 dessen Kern in der Konkretisierung allgemeingültiger<br />
Aussagen und der Abstraktion von Einzelfallstudien besteht. Das Ziel liegt im<br />
Erkennen spezieller „Situationsmuster“, für die sich nutzbringende und realisierbare<br />
Handlungsoptionen aufzeigen lassen. 87 Forschung wird dabei als<br />
Lern- und Forschungsprozess begriffen, in dessen Zentrum ein theoretischer<br />
Bezugsrahmen steht, der den Forschungsprozess steuert und Orientierungshilfen<br />
für die Lösung evaluierter Problemfelder der Managementpraxis liefern<br />
soll. 88<br />
Im vorliegenden Fall wurde der - eigentlich iterative - Forschungsprozess zur<br />
Fokussierung des Projektes vereinfachend in vier Phasen unterteilt. Die Phasen<br />
wurden dabei nicht streng sequentiell durchlaufen, da es sich bei praxisbegleitender<br />
Forschung 89 um einen interaktiven Prozess im Spannungsfeld<br />
zwischen Realitätsbeobachtung, Daten- und Informationssammlung sowie theoretischer<br />
Verarbeitung handelt. 90 In der ersten Phase wurden das Forschungsgebiet<br />
expliziert, die Umfeldbedingungen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> auf<br />
dem Telekommunikationsmarkt vertiefend analysiert und ein allgemeiner theoretischer<br />
Themenzugang erarbeitet. Die zweite Phase diente der Fokussierung<br />
konzeptioneller Überlegungen sowie der Formulierung von Hypothesen zur<br />
Gestaltung von Dienstleistungsmarken. Vor diesem Hintergrund wurden in der<br />
dritten Phase das Forschungsfeld in der Praxis exploriert und die entwickelten<br />
Hypothesen im Rahmen einer Fallstudienforschung evaluiert. Im Mittelpunkt<br />
der vierten Phase stand - auf Basis der konzeptionellen und empirischen Erkenntnisse<br />
- die Ableitung und Entwicklung anwendungsorientierter Gestaltungsempfehlungen<br />
(Abb. A-11).<br />
Als theoretisch-methodische Basis zur Erarbeitung des theoretischen Bezugsrahmens<br />
werden primär Theorien des Konsumentenverhaltens, insbesondere<br />
der antriebsbezogenen und kognitiven Psychologie herangezogen.<br />
Vor dem Hintergrund der Zielsetzung erweisen sich diese Ansätze als besonders<br />
geeignet, die Entstehung der Marke im Gedächtnis von Konsumenten als<br />
innerpsychischen Lern- und Bewertungsprozess darzustellen und zu analysie-<br />
tungsspektrums kaum möglich bzw. sinnvoll zu sein (vgl. hierzu Meffert/ Bruhn 2003, S. 4): Zum<br />
einen ist die Ableitung allgemeingültiger theoretischer Aussagen schwer erreichbar, zum anderen<br />
würde der hierbei erforderliche Grad der Allgemeingültigkeit bzw. Generalisierung zu einer äußersten<br />
Unschärfe der Aussagen in Übertragung auf konkrete Problemsituationen der Praxis führen.<br />
86 Vgl. Belz 1989, S. 9.<br />
87 Vgl. Reinecke 1996, S. 16.<br />
88 Vgl. <strong>St</strong>aehle 1999, S. 79; Tomczak 1992, S. 83 f.<br />
89 Ulrich 1984, S. 21.<br />
90 Vgl. Tomczak 1992, S. 84.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 25<br />
ren. 91 Ergänzend zu neueren Ansätzen der Leistungstypologisierung von Absatzgütern<br />
und des Dienstleistungsmarketing kann die Informationsökonomik<br />
Hinweise zur Erklärung dienstleistungsspezifischer Besonderheiten geben und<br />
findet implizit Anwendung.<br />
3.2 Qualitative Methodenkombination<br />
Im Mittelpunkt der empirischen Untersuchung steht die Analyse des <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> verschiedener Telekommunikationsdienstleister. Vor dem Hintergrund<br />
von Problemstellung, Forschungsfrage sowie der realitätsorientierten<br />
Perspektive dieser Arbeit erscheint damit der Einsatz qualitativer Forschungsmethoden<br />
insbesondere aus folgenden Gründen als sinnvoll und zielführend:<br />
Trotz der Eingrenzung des Forschungsthemas erweist sich die Problemstellung<br />
bzw. forschungsleitende Fragestellung der Arbeit als komplex und bereichsübergreifend.<br />
Dies erfordert die fundierte und zugleich praxisnahe<br />
Entwicklung eines strukturierten Problemverständnisses, wozu sich qualitative<br />
Erhebungsmethoden und insbesondere Expertengespräche gut eignen. 92<br />
Für die Zusammenhänge und Wechselwirkungen bei der Gestaltung, den<br />
Manifestationsmechanismen sowie der Wirkungsweise von Dienstleistungsmarken<br />
wurde eine bislang geringe theoretische Durchdringung festgestellt.<br />
Zur Exploration und Untersuchung eines solchen Forschungsfeldes<br />
erscheint qualitative Forschung besonders geeignet. 93<br />
Wie im weiteren Verlauf der Arbeit gezeigt wird, besteht hinsichtlich zentraler<br />
Begrifflichkeiten und Zusammenhänge des Forschungsfeldes kein allgemeiner<br />
Konsens, sowohl in der Theorie als auch der Praxis. 94 Hier bieten<br />
sich insbesondere qualitative Methoden an, um Missverständnisse und Irrtümer<br />
während der Erhebung zu vermeiden. 95<br />
Zur empirischen und analytischen Erkenntnisgewinnung werden daher im Verlaufe<br />
des Forschungsprozesses Experteninterviews, Fallstudien sowie Desk-<br />
Research durchgeführt, die zur besseren Absicherung der Ergebnisse im Sinne<br />
einer Triangulation 96 kombiniert angewendet werden. Abbildung A-11 zeigt den<br />
Einsatz dieser Methoden innerhalb des beschriebenen Forschungsprozesses<br />
im Überblick.<br />
91 Vgl. hierzu ausführlicher Abschnitt C 3.<br />
92 Vgl. hierzu Tomczak 1992, S. 82.<br />
93 Zu einer ähnlichen Vorgehensweise vgl. beispielhaft Schögel 1997, S. 9 f.<br />
94 Vgl. hierzu vor allem Abschnitt C 1.1 sowie C 1.2.<br />
95 Zu einer ähnlichen Vorgehensweise vgl. Ludwig 2001, S. 12 f.<br />
96 Triangulation ist eine Prozedur zur Erhöhung der empirischen Validität. Im vorliegenden Fall<br />
geht es darum, durch den Einsatz unterschiedlicher Methoden (Methoden-Triangulation) sowie<br />
verschiedener Datenquellen (Daten-Triangulation) das Forschungsobjekt aus unterschiedlichen<br />
Blickwinkeln auszuleuchten (vgl. hierzu Jick 1979; Flick 2004).
26 Kapitel A<br />
Phase 1:<br />
Forschungsgebiet<br />
erfassen<br />
Explikation der<br />
Problemstellung<br />
in Theorie und Praxis<br />
Umfeldanalyse<br />
Konzeption eines<br />
theoretisch fundierten<br />
Themenzugangs<br />
Experteninterviews<br />
Fallbeispiele<br />
Phase 2:<br />
Erkenntnisse<br />
verdichten<br />
Fokussierung<br />
konzeptioneller<br />
Grundlagenarbeit<br />
Formulierung theoriegeleiteter<br />
Hypothesen<br />
zur Gestaltung von<br />
Dienstleistungsmarken<br />
Phase 3:<br />
Empirische<br />
Überprüfung<br />
Exploration des<br />
Forschungsfeldes<br />
in der Praxis<br />
Empirische Überprüfung<br />
der Hypothesen<br />
Experteninterviews Fallstudienforschung<br />
Experteninterviews<br />
Desk-Research<br />
Analogien<br />
Kritische Reflexion<br />
Abb. A-11: Forschungsprozess und angewandte Methodik<br />
Phase 4:<br />
Lösungen<br />
entwickeln<br />
Evaluierung der<br />
gewonnenen<br />
Ergebnisse<br />
Ableitung anwendungsorientierterGestaltungsempfehlungen<br />
Fallstudienforschung<br />
Experteninterviews 97 stellen somit im Rahmen des Forschungsprojekts eine<br />
wesentliche Quelle empirischer Problemerkenntnis dar. Die Erhebung des qualitativen<br />
Informations- und Datenmaterials geschieht iterativ - entlang des wissenschaftlichen<br />
Forschungsprozesses - zur Gewinnung und Ergänzung<br />
allgemeiner Basisinformationen, zur Evaluierung und <strong>St</strong>rukturierung zentraler<br />
Problemfelder sowie zur Erstellung fundierter Fallstudien. Die Interviews wurden<br />
mit Experten führender Unternehmen der Telekommunikationsdienstleistungsbranche<br />
durchgeführt. Die Auswahl der Branchenexperten orientierte sich<br />
an folgenden Kriterien:<br />
Führungsposition: Die Interviewpartner sollen in Führungspositionen tätig<br />
sein (Vorstand, Geschäftsführung, Abteilungs-/ Bereichsleitung).<br />
Funktion: Die Interviewpartner sollen in Unternehmensfunktionen tätig sein,<br />
die sich zentral und aktiv mit dem Thema Markenmanagement auseinandersetzen<br />
(Marketing Management, Brand Management, Product Management).<br />
Unternehmen: Die Interviewpartner sollen führenden Unternehmen ihres<br />
Marktes angehören.<br />
Die Experteninterviews wurden persönlich vor Ort oder telefonisch im deutschsprachigen<br />
Raum durchgeführt. Die Experten erhielten vorab einen Gesprächsleitfaden,<br />
der an die spezifische Unternehmenssituation angepasst wurde. Zur<br />
inhaltlichen Validierung und Freigabe wurde den jeweiligen Befragten nach<br />
Abschluss des Interviews ein Ergebnisprotokoll übersandt. Zur Gewinnung ergänzender,<br />
insbesondere branchenübergreifender Informationen wurden informelle<br />
Gespräche mit Themenexperten aus Fachverbänden und Behörden, PR-<br />
und Werbeagenturen sowie Unternehmen der Markenartikelindustrie geführt.<br />
97 Die Gesprächsleitfäden sowie ausgewählte Gesprächsprotokolle befinden sich im Anhang.
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 27<br />
Der Einsatz von Fallstudien 98 erfolgt in der vorliegenden Arbeit zum einen mit<br />
der Zielsetzung, das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis realitätsnah und plastisch<br />
zu erfassen. Auf diese Weise können situationstypische Aspekte in einem<br />
ganzheitlichen, abgeschlossenen Kontext dargestellt werden, um auch die Nähe<br />
zum Forschungsobjekt herzustellen. 99 Zum anderen sollen auf der Basis einer<br />
fallübergreifenden Cross-Case-Analyse die theoretisch-konzeptionell<br />
abgeleiteten Hypothesen zum Aufbau innerer Markenbilder empirisch evaluiert<br />
werden. Entsprechend dem Postulat angewandter Wissenschaften dient dieser<br />
Teil der Empirie als Bezugspunkt der Untersuchung und Gestaltung möglicher<br />
zukünftiger Realitäten und somit auch der Fundierung der zu entwickelnden<br />
Gestaltungsempfehlungen im Begründungszusammenhang. 100<br />
Desk Research umfasst das grundsätzliche <strong>St</strong>udium relevanter Buch- und<br />
Zeitschriftenveröffentlichungen zu <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>, allgemeinem Markenmanagement<br />
und Dienstleistungsmarketing. Zur Erstellung und Fundierung der<br />
Fallstudien sowie von Fallbeispielen und zur Beobachtung relevanter aktueller<br />
Entwicklungen werden ergänzende Text- und Internet-Recherchen von Fach-<br />
und Managementzeitschriften sowie Unternehmensdokumenten durchgeführt.<br />
Neben den genannten klassischen Erhebungsmethoden kommen weitere Methoden<br />
zum Einsatz, denen allerdings primär eine didaktische, den Forschungsprozess<br />
begleitende Funktion zukommt: Hierbei handelt es sich zum<br />
einen um Analogien, die dazu dienen, bereits bestehende Erkenntnisse aus<br />
der Dienstleistungs- und Markenforschung auf das vorliegende Forschungsproblem<br />
zu übertragen. 101 Marketinginnovationen entstehen oftmals durch die<br />
Fähigkeit zur Abstraktion, um aus vergleichbaren Situationen in einem anderen<br />
Kontext zu lernen. 102 Gerade durch den vielfach interdisziplinären Charakter<br />
des Forschungsobjektes versprechen Analogien zu anderen Bereichen der<br />
Marketingforschung interessante Erkenntnisse und Rückschlüsse. Zum anderen<br />
handelt es sich um Fallbeispiele, die der verkürzten Darstellung relevanter<br />
Einzelaspekte des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis dienen und im Rahmen der<br />
Arbeit im Begründungszusammenhang Anwendung finden.<br />
98 Vgl. hierzu Bonoma 1985; Mayring 1996, S. 27 ff.<br />
99 Vgl. Mayring 1996, S. 28.<br />
100 Vgl. Ulrich 1984, S. 6.<br />
101 Vgl. Belz 1985, S. 8-10.<br />
102 Vgl. Lovelock 1983, S. 9 ff.
28 Kapitel A<br />
3.3 Aufbau der Arbeit<br />
Der Aufbau der Arbeit erfolgt in fünf Hauptkapiteln, die in Abbildung A-12 als<br />
Übersicht zusammengefasst sind.<br />
Dem einleitenden Kapitel A, in dessen Mittelpunkt die Einführung in die Problemstellung<br />
und die Bestimmung der Zielsetzung und forschungsleitenden Fragestellung<br />
dieser Arbeit stand, folgt mit Kapitel B eine vertiefte Analyse des<br />
situativen Kontexts der Markenführung auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen.<br />
Hierzu werden Eigenschaften und Entwicklungen des<br />
Marktes sowie unternehmensexterne und- interne Rahmenbedingungen der<br />
Markenführung detailliert betrachtet, um aus evaluierten umfeldbedingten Herausforderungen<br />
realitätsorientierte Implikationen für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> sowie<br />
die weitere Untersuchung abzuleiten.<br />
Kapitel C bildet den konzeptionell-analytischen Grundlagenteil der Arbeit, in<br />
dessen Mittelpunkt die theoretische Fundierung und Analyse der Eigenschaften<br />
und Wirkungszusammenhänge von Dienstleistung und Marke sowie der Entstehung<br />
und Wirkung innerer Markenbilder bei Dienstleistungen stehen. Dabei<br />
werden zunächst die zentralen Begriffen Marke, Dienstleistung und Dienstleistungsmarke<br />
vor dem Hintergrund bestehender Ansätze des Marken- sowie<br />
Dienstleistungsmanagements erfasst, um hierauf aufbauend eine Systematisierung<br />
der Herausforderungen und Besonderheiten des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> vorzunehmen<br />
und den Aufbau innerer Markenbilder als eine zentrale Aufgabe in<br />
der Markenführung abstrakter Dienstleistungen ableiten zu können. Es folgt eine<br />
vertiefte Analyse und integrierte Darstellung der Gestaltungsvariablen, Manifestationsmechanismen<br />
und Wirkungsdeterminanten von Dienstleistungsmarken,<br />
welche die komplexen Entscheidungssysteme der Markenanbieter-<br />
und Markennachfragerseite miteinander verknüpft und schließlich die Herausforderungen<br />
für Telekommunikationsdienstleister aus konzeptioneller Sicht im<br />
Rahmen einer praxisnahen, dienstleistungstypenorientierten Darstellung evaluiert.<br />
Hierauf aufbauend werden theoriegeleitete Hypothesen zum erfolgreichen<br />
Aufbau innerer Markenbilder durch die zielgerichtete Gestaltung von Marken<br />
für intangible und abstrakte Leistungen beziehungsweise Telekommunikationsdienstleistungen<br />
formuliert, welche als Grundlage der weiteren empirischen<br />
Untersuchung dienen.<br />
Als empirisch-prüfender Teil widmet sich Kapitel D anhand ausgewählter Fallbeispiele<br />
der Umsetzung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis am Beispiel des<br />
deutschen Telekommunikationsmarktes. Im Mittelpunkt steht die qualitativempirische<br />
Untersuchung der Markenauftritte verschiedener Telekommunikationsdienstleister<br />
sowie - als branchenübergreifender Anwendungsfall - zweier<br />
Energiedienstleister, die auf dem Hintergrund der zuvor evaluierten Hypothesen<br />
strukturiert und analysiert werden. Neben der Gewinnung von ergänzenden<br />
Erkenntnissen besteht die Zielsetzung der Mehr-Fallforschung darin, die kon-
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker 29<br />
zeptionell entwickelten Gestaltungshypothesen auf Basis einer abschließenden<br />
Cross-Case-Analyse zu beurteilen, um eine solide Grundlage für die Ableitung<br />
anwendungsorientierter Handlungsempfehlungen zu schaffen.<br />
A<br />
E<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Dienstleistungsmarken als Wahrnehmungsanker<br />
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld<br />
Unternehmensexterne Faktoren<br />
des Markenumfelds<br />
Ziele und Aufgaben<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Der Markt für Telekommunikation<br />
Unternehmensinterne Faktoren<br />
des Markenumfelds<br />
Ableitung anwendungsorientierter Implikationen<br />
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>y<br />
Begriff Marke<br />
Begriff Dienstleistungsmarke<br />
Ableitung konzeptioneller Implikationen<br />
Formulierung von Gestaltungshypothesen zum Aufbau<br />
innerer Markenbilder für unsichtbare Dienstleistungen<br />
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis<br />
Erhebung der Fallstudien<br />
Cross-Case-Analyse<br />
Begriff Dienstleistung<br />
Besonderheiten<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Evaluierung der Hypothesen und Interpretation<br />
Implikationen für die Markenpraxis und Markenforschung<br />
Abb. A-12: Aufbau und <strong>St</strong>ruktur der Arbeit<br />
Im abschließenden Kapitel E werden Implikationen formuliert, die sich als<br />
Quintessenz der gewonnenen Erkenntnisse dieser Arbeit für die Entwicklung<br />
und Einführung, aber auch für die Pflege von Marken für Telekommunikations-<br />
und Energiedienstleistungsunternehmen ergeben. Entsprechend der Zielsetzung<br />
sowie der anwendungsorientierten Forschungsausrichtung liegt der<br />
Schwerpunkt dabei auf der Ableitung von Gestaltungsempfehlungen für die<br />
Praxis. Im Zentrum steht hier die Darstellung des grundsätzlichen Aufbaus und
30 Kapitel A<br />
der Einführung selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten, die, wie die Untersuchung<br />
zeigt, aufgrund ihrer Kommunikationseffizienz am nachhaltigsten<br />
zur Erzeugung innerer Markenbilder im Gedächtnis des Konsumenten beitragen.<br />
Ferner werden in einem weiteren Schritt Empfehlungen zur Pflege effizienter<br />
sowie zur Optimierung ineffizienter Markenbildwelten gegeben. Die<br />
Arbeit endet mit Implikationen für die Markenforschung, die auf dem Hintergrund<br />
der Ergebnisse und Forschungsmethodik dieser Arbeit formuliert werden.
B Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld<br />
Die Aufgabe des folgenden Kapitels besteht in der vertieften Analyse des situativen<br />
Kontexts der Markenführung auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen.<br />
Als Einleitung und Grundlage des markenspezifischen<br />
Problemzugangs werden hierbei zunächst wesentliche Eigenschaften und<br />
Entwicklungen des Marktes detailliert betrachtet. Daran anschließend folgt eine<br />
Analyse aktueller und zentraler Umfeldbedingungen von Dienstleistungsmarken.<br />
Aufgrund der Vielfalt markenrelevanter Faktoren erfolgt hierbei eine<br />
Konzentration auf wesentliche Elemente des Modells der „Marke in ihrem Umfeld“<br />
1 (Abb. B-1). Im Mittelpunkt steht die Darstellung ausgewählter Ausgangs-<br />
und Rahmenbedingungen, die sich aus der Wettbewerbssituation, dem Konsumentenverhalten,<br />
der Absatzmittler- und Lieferantensituation sowie internen<br />
Gegebenheiten markenführender Telekommunikationsdienstleister ergeben<br />
und die Markenentwicklung der Gesamtbranche ebenso wie das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
der Dienstleistungsanbieter nachhaltig prägen. Im Ergebnis sollen umfeldbedingte<br />
Herausforderungen sowie markenrelevante Implikationen als<br />
realitätsorientierte Grundlage der weiteren Untersuchung abgeleitet werden.<br />
Wettbewerb<br />
Telekommunikationsmarkt<br />
Telekommunikationsdienstleister<br />
Marke<br />
Konsumenten<br />
Absatzmittler Lieferanten<br />
Abb. B-1: Umfeld der Marken für Telekommunikationsdienstleistungen 2<br />
1 Vgl. hierzu Tomczak/ Ludwig 1998, S. 51; Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 18 f.<br />
2 Quelle: in Anlehnung an Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 19.
32 Kapitel B<br />
1. Der Markt für Telekommunikation<br />
1.1 Markthistorie: Transformation einer Schlüsselindustrie<br />
„Das Pferd frisst keinen Gurkensalat.“ Dieser - so wird kolportiert - allererste<br />
telefonisch übermittelte Satz, gesprochen von dem deutschen Physiker und Erfinder<br />
Philipp Reis 3 im Jahre 1861, war der Urknall einer gesellschaftlichen und<br />
wirtschaftlichen Entwicklung, die in das heutige multimediale Informationszeitalter<br />
mündet. Der „Transport von Zeichen (Sprache, Ton, Text, Daten, Bilder)<br />
mit Hilfe nachrichtentechnischer Verbindungsverfahren zwischen einem Sender<br />
und einem Empfänger über eine räumliche Distanz“ 4 , kurz: Die moderne Telekommunikation<br />
und ihre Leistungen sind nicht nur Nervensystem und Antriebsmotor<br />
des heutigen Gesellschaftssystems und seiner Entwicklung,<br />
sondern selbst, wie wohl kaum ein Wirtschaftssektor in der Vergangenheit, Objekt<br />
eines umfassenden Transformationsprozesses. Und noch immer sind nicht<br />
alle Konturen der künftigen Entwicklung erkennbar. Doch steht zu erwarten,<br />
dass die Telekommunikationsindustrie auch im nächsten Jahrzehnt das innovative<br />
Geschehen in den Industriegesellschaften entscheidend prägen wird.<br />
Dabei beginnen wichtige Entscheidungen und Weichenstellungen, die teilweise<br />
erst in der jüngeren Vergangenheit getroffen wurden, in zunehmendem Maße<br />
ihre Wirksamkeit zu entfalten. 5<br />
Es ist erst wenige Jahre her, dass in Deutschland eine mehr als hundertjährige<br />
Tradition einer nahezu ununterbrochenen staatlichen Monopolverwaltung der<br />
Telekommunikation beendet wurde (Abb. B-2). Bis Ende der 80er Jahre zeichnete<br />
sich die Telekommunikationswirtschaft in Deutschland durch relativ starre<br />
<strong>St</strong>rukturen und geringe Entwicklungsdynamik aus. Die Bereitstellung der Netzinfrastruktur<br />
und der Telekommunikationsdienste oblag einer staatlichen Telefongesellschaft,<br />
die ein umfassendes Fernmeldemonopol besaß. Post und<br />
Telekommunikation waren als Teil der <strong>St</strong>aatsverwaltung organisiert und damit<br />
unmittelbarer Teil der Regierung. Private Unternehmen konnten nur aktiv werden,<br />
wenn der staatliche Monopolist freiwillig auf die Ausübung seiner hoheitli-<br />
3 Anfang der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts entwickelte Philipp Reis (1834-1874) bereits vor<br />
Alexander Graham Bell (1847-1922) den ersten für Sprachübertragung geeigneten Apparat, den<br />
er Telefon nannte. Der berühmte Satz „Das Pferd..“ ist während einer Versuchsanordnung am<br />
26. Oktober 1861 im Frankfurter Senckenberg-Museum gefallen, die Reis im Rahmen eines Vortrags<br />
zum Thema „Über die Fortpflanzung musikalischer Töne auf beliebige Entfernung durch<br />
Vermittlung des galvanischen <strong>St</strong>romes" präsentierte. Reis wählte diesen merkwürdigen Satz, da<br />
der Empfänger hierbei nicht von einem Wort auf das andere schließen und den Satz quasi erraten<br />
konnte. Erst in den 70er Jahren gelang dem in den USA lebenden schottischen Gelehrten<br />
Bell eine verbesserte und vereinfachte Versuchsanordnung, die 1876 patentiert und auf der<br />
Weltausstellung in Philadelphia ausgestellt wurde. Das Patent wurde von der später gegründeten<br />
Bell-Company umfassend vermarktet. Vor allem in amerikanische und angelsächsische Geschichtsbücher<br />
ging Bell damit fälschlicherweise als Erfinder des Telefons ein (vgl. Bernzen<br />
1999).<br />
4 Gerpott 1998, S. 4.<br />
5 Vgl. Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 5.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 33<br />
chen Rechte verzichtete. 6 Entsprechend erfolgte die monopolistische Bereitstellung<br />
von Telekommunikationsdienstleistungen primär unter technischen<br />
Aspekten: Kundenorientierung und Marktbedürfnisse waren irrelevant. 7 „Jeder,<br />
der möchte, erhält einen Telefonapparat in grün, grau oder orange - wie lange<br />
er darauf zu warten hat und wie sich Preis und Qualität gestalten, war dabei<br />
sekundär. Die Telefonsteinzeit gipfelte in dem wohl berühmtesten Werbeslogan<br />
der Bundespost: „Fasse Dich kurz!“.“ 8<br />
1881<br />
1928<br />
1949<br />
1984<br />
1986<br />
1989<br />
1992<br />
1993<br />
1995<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2004<br />
Beginn des öffentlichen Telefonverkehrs: In Berlin errichtet Siemens die erste<br />
Vermittlungsstelle.<br />
Fernmeldeanlagengesetz: Das Fernmeldemonopol für die Reichspost wird festgeschrieben.<br />
Deutsche Bundespost wird Rechtsnachfolger der Reichspost.<br />
Beschluss zur Einsetzung der „Kommission Fernmeldewesen“ zur Liberalisierung des<br />
Telekommunikationsmarktes.<br />
Einführung eines letzten analogen Mobilfunknetzes (C-Netz, wurde in 2000 eingestellt).<br />
1. <strong>St</strong>ufe der Post- und Fernmeldereform: Lockerung des Monopols und Zulassung des<br />
privaten Mobilfunks. Inkrafttreten des „Gesetzes zur Neustrukturierung des Post- und<br />
Fernmeldewesens und der Deutschen Bundespost”. Trennung von hoheitlichen und<br />
unternehmerischen Aufgaben des bisherigen Bundespostministeriums. Zur Übernahme der<br />
unternehmerischen Aufgaben werden die öffentlichen Unternehmen Deutsche Bundespost<br />
POSTDIENST, Deutsche Bundespost POSTBANK und Deutsche Bundespost TELEKOM<br />
gegründet.<br />
Vergabe der ersten Lizenz für ein digitales Mobilfunknetz (GSM 900 <strong>St</strong>andard) an<br />
mannesmann/ Vodafone Airtouch (D2), wenige Monate später an Deutsche Telekom (D1).<br />
EU beschließt Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes.<br />
Lizenzvergabe für das dritte digitale Mobilfunknetz E1 (GSM 1800 <strong>St</strong>andard) an E-Plus.<br />
2. <strong>St</strong>ufe der Post- und Fernmeldereform: Umwandlung der öffentlichen Unternehmen der<br />
Deutschen Bundespost in private Aktiengesellschaften (Deutsche Telekom AG).<br />
Verordnung zur Regelung von Inhalt, Umfang und Verfahren der Verleihung sowie zur<br />
Öffnung von Märkten für Telekommunikationsdienstleistungen. Telekommunikationsdienstleistungen. Beschluss der EU-<br />
Kommission: Kommission: Die Kabelnetze des Fernsehen müssen noch 1995 für alle in der EU bereits<br />
liberalisierten Telekom-Dienste geöffnet werden. Auf massiven Druck der EU-Kommission<br />
wird die Bundesregierung der Telekom ihre Kabel-Privilegien beschneiden. Private<br />
Kabelnetzbetreiber dürfen nach Entwurf einer neuen Verordnung künftig auch dort tätig<br />
werden, wo bisher der Telekom die Verkabelung vorbehalten war.<br />
Vollständige Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes: Durch<br />
Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes Ende des Netzmonopols der Deutschen<br />
Telekom. Freigabe firmeninterner Netzwerke (corporate (corporate networks). networks). Mitbewerber können für<br />
geschlossene Benutzerkreise auf eigenen Netzen Sprachvermittlung anbieten. Bisher<br />
mussten Unternehmen auf Mietleitungen der Telekom zurückgreifen. Darüber hinaus auch<br />
Liberalisierung um Bereich der Mobil- und Satellitenkommunikation.<br />
Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post nimmt ihre Arbeit auf.<br />
Vollständige Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes in Europa:<br />
Privatunternehmen können Telekommunikationsnetze und eigene Telefondienste anbieten.<br />
<strong>St</strong>art des vierten digitalen Mobilfunknetzes E2 (GSM 1800 <strong>St</strong>andard) von VIAG Interkom.<br />
Versteigerung der Lizenzen zum Universal Mobile Telecommunications System (UMTS).<br />
Markteinführung der dritten Mobilfunkgeneration (UMTS).<br />
Abb. B-2: Zeittafel: Meilensteine der Entwicklung des Telekommunikationsmarktes in Deutschland<br />
6 Vgl. Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 5.<br />
7 Vgl. hierzu Kühnapfel 1995, S. 15.<br />
8 Sohn 2001.
34 Kapitel B<br />
Es bedurfte nach intensiven politischen Debatten schließlich dreier Fernmeldereformen,<br />
um die gesetzlichen Voraussetzungen für die Marktöffnung im<br />
Schlüsselsektor des 21. Jahrhunderts zu schaffen. Deutschland vollzog damit<br />
einen längst überfälligen Wandel und leitete einen Prozess ein, der von Ländern<br />
wie den USA (1974-1984), Großbritannien (1982) oder Japan (1985) bereits<br />
mehr als ein Jahrzehnt früher durchgeführt worden war und der zum<br />
Abbau der auch dort bestehenden Monopolsituation nicht nur staatlicher, sondern<br />
auch privater Anbieter führte. 9<br />
Anzahl der Dienstleistungsanbieter<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
834<br />
269<br />
967<br />
1112<br />
1242<br />
491 611 711<br />
491 611 711<br />
Lizenznehmer<br />
Anbieter lizenzfreier Dienstleistungen<br />
1239<br />
1315<br />
861 879<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003<br />
Abb. B-3: Quantitative Entwicklung der Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen<br />
in Deutschland 10<br />
Insbesondere das neue Telekommunikationsgesetz (TKG), das am 1. August<br />
1996 in Kraft trat, und der Wegfall des Sprachdienstmonopols am 1. Januar<br />
1998 gelten aus heutiger Perspektive als historische Zäsuren, die den Aufbruch<br />
Deutschlands in einen durch Wettbewerb und Innovation geprägten Telekommunikationsmarkt<br />
(Abb. B-3) ermöglichten. Sie sind verbunden mit der<br />
Privatisierung der <strong>St</strong>aatsunternehmen Deutsche Telekom AG (DTAG), Post<br />
AG und Postbank, um ihnen den Wandel zu gewinn- und kundenorientierten<br />
Unternehmen zu ermöglichen und neuen Anbietern den Marktzutritt zu nationa-<br />
9 Vgl. Neumann/ Ruhle 1998, S. 1-18; Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 5.<br />
10 Quelle: in Anlehnung an Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 16. Die<br />
Zahlen beziehen sich jeweils auf Veröffentlichungen zum 1. Quartal des betreffenden Jahres.<br />
Nach §4 TKG ist jeder Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen zur Anzeige bei der<br />
Regulierungsbehörde verpflichtet. Der Betrieb von Übertragungswegen für Mobilfunkdienstleistungen<br />
(Lizenzklasse 1), Satellitenfunkdienstleistungen (Lizenzklasse 2), und Telekommunikationsdienstleistungen<br />
(Lizenzklasse 3) sowie die Erbringung von Sprachtelefondiensten auf Basis<br />
selbstbetriebener Telekommunikationsnetze (Lizenzklasse 4) sind lizenzpflichtig. Telekommunikationsdienstleistungen,<br />
die nicht unter die Lizenzklassen 1 bis 4 fallen, wie z. B. der Wiederverkauf<br />
von Festnetz- oder Mobiltelefondiensten (<strong>Service</strong> Providing) oder der Betrieb von Sprach-<br />
oder Datenmehrwertdiensten ohne selbstbetriebenes Netz, sind lizenzfrei (vgl. Regulierungsbehörde<br />
für Telekommunikation und Post 2003, Teil B).
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 35<br />
len, regionalen und lokalen Märkten zu öffnen. 11 „Den meisten der rund 40 Millionen<br />
Telefonkunden ist noch nicht klar, was in fünf Monaten passiert: Von Januar<br />
an dürfen sie von zu Hause aus erstmals frei wählen und sich ihre eigene<br />
Telefongesellschaft aussuchen. Wer sich immer schon über die Deutsche Telekom<br />
geärgert hat, weil er deren Mitarbeiter unfreundlich findet oder die Gesprächstarife<br />
zu hoch, der kann dann zur Konkurrenz gehen, die so sonderbare<br />
Namen trägt wie Arcor, Otelo oder Viag Interkom. Ein jahrzehntelanges <strong>St</strong>aatsmonopol<br />
wird geknackt“, schreibt Ulf Brychcy Ende Juli 1997 in der Süddeutschen<br />
Zeitung 12 .<br />
Dieser „Mauerfall“ in der Telekommunikationswirtschaft ermöglichte damit nicht<br />
nur die Entwicklung eines dynamischen Wettbewerbs in den nationalen Märkten.<br />
Er erwies sich auch als notwendig für die Verbesserung der Ausgangssituation<br />
Deutschlands als Industriestandort im internationalen Wettbewerb. Durch<br />
die eingeleitete Liberalisierung veränderten sich die gewachsenen Marktstrukturen<br />
in Deutschland innerhalb weniger Jahre sowohl auf der Angebotsseite als<br />
auch auf der Nachfrageseite in drastischer Weise. 13<br />
1.2 Marktkräfte: Deregulierung und Technologie<br />
Als besonders wirksam für die politisch gewünschte Veränderung der Angebots-,<br />
und damit implizit auch der Nachfrageseite, erwiesen sich neben der Liberalisierung<br />
des Endgerätemarktes Ende der achtziger Jahre die Umsetzung<br />
des (de-)regulatorischen Ordnungsrahmens sowie die damit einhergehenden<br />
technologischen Entwicklungen.<br />
Regulierung der Deregulierung<br />
Insbesondere die Tätigkeiten der REGULIERUNGSBEHÖRDE FÜR TELEKOMMUNI-<br />
KATION UND POST (REGTP), die 1998 als Nachfolgeorganisation des Bundesministeriums<br />
für Post und Telekommunikation zur Kontrolle und Umsetzung der<br />
Vorgaben des TKG gegründet und mit umfangreichen Verfahren und Instrumenten<br />
ausgestattet wurde, 14 übten maßgeblichen Einfluss auf die Verände-<br />
11 Vgl. Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 5. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass die Regulierungspolitik<br />
aufgrund politikimmanenter Mechanismen nie derart ausgestaltet sein wird, dass der ehemalige<br />
Monopolist ernsthaft in Bedrängnis gerät. Dieser wird stets auch in der weiteren Entwicklung eines<br />
liberalisierten Marktes eine herausragende Bedeutung haben und über einen langen Zeitraum<br />
hinweg weiterhin der dominierende Anbieter sein, wobei er ebenfalls von der mit der<br />
Liberalisierung einhergehenden Marktexpansion profitiert. Aufgrund der mit der Einführung und<br />
Zunahme des Wettbewerbs verbundenen Verluste an Marktanteilen und Preisspielräumen wird<br />
der ehemalige Monopolist zur <strong>St</strong>eigerung der unternehmensinternen Effizienz gezwungen, damit<br />
die Kostenstruktur ein wettbewerbsfähiges Niveau erreicht. Dieses geschieht nicht zuletzt zum<br />
Vorteil des Verbrauchers.<br />
12 Brychcy 1997, S. 4.<br />
13 Vgl. Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 6.<br />
14 Die RegTP verfügt beispielsweise über Informations- und Untersuchungsrechte sowie abgestufte<br />
Sanktionsmöglichkeiten. Zur detaillierten Beschreibung der Rolle und Organisation der Behörde<br />
vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 1999, S. 16 f.
36 Kapitel B<br />
rung der Wettbewerbsstruktur aus. Auf Grundlage des TKG und zahlreicher<br />
Einzelverordnungen 15 erfolgte eine Vielzahl regulatorischer Einzelmaßnahmen.<br />
Die wesentlichsten Schritte bestanden in<br />
der Gewährleistung des Marktzutritts für neue Anbieter durch eine diskriminierungsfreie<br />
und an Effizienzkriterien orientierte Lizenzierungspolitik,<br />
der Ermöglichung der für den Kunden freien Auswahl des Verbindungsnetzbetreibers<br />
durch Pre-Selection und Call-by-Call-Selection,<br />
der Festlegung fairer Bedingungen für den Zugang zu Bottleneck-Ressourcen<br />
des bisherigen Monopolanbieters Deutsche Telekom,<br />
der Bereitstellung von Nummernblöcken für neue Wettbewerber sowie der<br />
Nummernportabilität in den Fest- und Mobilfunknetzen,<br />
der Sicherstellung einer flächendeckenden und erschwinglichen Versorgung<br />
mit Telefondiensten. 16<br />
Neben diesen Schritten wurden weitere Maßnahmen zur Intensivierung des Infrastrukturwettbewerbs<br />
eingeleitet. So hat die frühe Festlegung der europäischen<br />
Länder auf den <strong>St</strong>andard des Global System for Mobile Communications<br />
(GSM) den europäischen Mobilfunk bis heute zu einer Erfolgsgeschichte werden<br />
lassen. Einen ähnlichen Impuls für den zukünftigen Aufbau einer breitbandigen<br />
Mobilfunknetz-Infrastruktur erhofften sich europäische und nationale<br />
Regulierungsinstanzen durch die Versteigerung von Lizenzen zum Universal<br />
Mobile Telecommunications System (UMTS) im Juli 2000. Durch die Schaffung<br />
eines Ordnungsrahmens für diese dritte Mobilfunkgeneration wurde frühzeitig<br />
der Weg für die Vergabe des UMTS-Spektrums geebnet. Bis dato wird dieses<br />
als großer politischer Erfolg der europäischen Telekommunikationspolitik gewertet<br />
und soll Europa einen Vorsprung im internationalen Wettbewerb sichern.<br />
Allein in Deutschland wurden sechs Lizenzen zu einem Gesamtpreis<br />
von knapp 51 Milliarden EUR vergeben. Inwieweit sich vor dem Hintergrund<br />
dieser hohen Gebühren und der Erfordernis weiterer Investitionen die Erwartungen<br />
der Regulierer und der Industrie 17 tatsächlich erfüllen, ist allerdings<br />
noch nicht absehbar. Die Markteinführung der neuen Mobilfunktechnik erfolgte<br />
erst 2004, nachdem sie aufgrund technischer Schwierigkeiten mehrfach von<br />
den Unternehmen verschoben wurde. Nach Einschätzung von Branchenkennern<br />
wird in Deutschland frühestens 2010 mit UMTS Geld zu verdienen sein. 18<br />
15 Zu den wesentlichsten Verordnungen zählen die Telekommunikations-Lizenzgebührenverordnung<br />
(TKLGebV), Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung (TentgV), Netzzugangsverordnung<br />
(NZV), Telekommunikations-Universaldienstleistungsverordnung (TUDLV).<br />
16 Vgl. hierzu sowie zum Folgenden Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 8 f.<br />
17 Hierzu der Vorstandschef der Deutschen Telekom AG, Kai-Uwe Ricke: „Ich bin fest davon überzeugt,<br />
dass wir UMTS ebenso zu Erfolg bringen werden wie das mit anderen innovativen Technologien<br />
in der Vergangenheit gelungen ist“ (o.V. Handelsblatt 2003a).<br />
18 Diese Einschätzung erfolgt durch den internationalen Branchenverband UMTS-Forum. Den europaweiten<br />
Durchbruch von UMTS erhofft sich die Branche mit der Fußball-WM 2006 in<br />
Deutschland (vgl. o.V. Handelsblatt 2003b).
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 37<br />
Innovation durch Technologie<br />
Neben der Regulierung des Marktes stellen technologische Entwicklungen und<br />
Innovationen einen weiteren Motor der dynamischen Wettbewerbs- und Anbietersituation<br />
dar. „Zum einen haben ihre wirtschaftlichen Potenziale stets auf<br />
Politik und Wirtschaft ausgestrahlt und den Trend und die Bereitschaft zur Liberalisierung<br />
und Öffnung der Märkte verstärkt. Zum anderen erzeugen die<br />
wachsenden Interdependenzen und Konvergenzphänomene zwischen den verschiedenen<br />
Teilmärkten für Infrastruktur, Hardware, Software und Dienstleistungen<br />
sowohl wachsende Druck- als auch Sogeffekte auf die Marktteilnehmer,<br />
leistungsfähigere und innovative Produkte anzubieten bzw. solche nachzufragen<br />
und anzuwenden.“ 19 Zu den bedeutendsten Innovationen zählen 20<br />
Mikroelektronik:<br />
Insbesondere die Chipentwicklung trägt zur höheren Leistungsfähigkeit bei<br />
gleichzeitiger Miniaturisierung der Endgeräte bei und leistet eine wesentliche<br />
Grundvoraussetzung für die mobile Generation der Telekommunikation.<br />
Digitalisierung:<br />
Die Digitalisierung von Netzen und Vermittlungszentralen trägt zu einer Vervielfachung<br />
der angebotenen Telekommunikationsdienstleistungen bei und<br />
beschleunigt den Kosten- und damit Preisrückgang für diese Leistungen.<br />
Intelligente Vermittlungseinrichtungen:<br />
Die neuen Generationen intelligenter Vermittlungseinrichtungen ermöglichen<br />
neben einem nahezu fehlerfreien Verbindungsaufbau ebenso flexible Tarifierungen<br />
von Gesprächen oder Zusatzleistungen und tragen so zur kundenindividuellen<br />
Gestaltung von Telekommunikationsdienstleistungen bei.<br />
Optimierung von Übertragungskapazitäten:<br />
Der Einsatz neuer Übertragungsmaterialien wie Glasfaser hat für einen<br />
Quantensprung in der Bereitstellung von Übertragungskapazitäten und für<br />
drastische Preissenkungen im Bereich der Fernübertragungsnetze gesorgt.<br />
Internet:<br />
Das Internet übernimmt als globale und universale Kommunikationsplattform<br />
zunehmend die Rolle, die vorher das leitungsvermittelte Telefonnetz für die<br />
Sprachkommunikation eingenommen hat. Die Technik des Internet weist<br />
dabei bei höherer Leistungsfähigkeit und -qualität relative Preisvorteile auf<br />
und ermöglicht eine an der übertragenen Datenmenge orientierte Preispolitik.<br />
Internet-basierte Kommunikationsanwendungen bedrohen dabei direkt<br />
das Kerngeschäft der Netzbetreiber und <strong>Service</strong> Provider, da die traditionellen<br />
Wertschöpfungsketten sich erweitern und völlig neu konfiguriert werden.<br />
Digitale Mobilfunknetze:<br />
Zellulare digitale Mobilfunknetze ermöglichen Sprach-, Daten- sowie kom-<br />
19 Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 6.<br />
20 Vgl. hierzu Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 6 f.
38 Kapitel B<br />
plexe Multimediadienste an jedem Ort zu jeder Zeit. Auch hier tragen technologische<br />
Innovationen zu einer Erhöhung der Qualität bei gleichzeitiger<br />
Kostensenkung bei und ermöglichen die Vermarktung von Technologien, die<br />
bisher nur im Festnetz zur Verfügung standen (z.B. mobiles Internet).<br />
1.3 Marktentwicklung: Zwischen Konvergenz und Fragmentierung<br />
Nach Angaben des EUROPEAN INFORMATION TECHNOLOGY OBSERVATORY<br />
(EITO) beliefen sich im Jahr 2003 die Gesamtumsätze des weltweiten Marktes<br />
für Telekommunikation auf 1.237 Milliarden EUR.<br />
Weltweit:<br />
Markt für Telekommunikation 2003<br />
(in Prozent)<br />
übrige<br />
Länder<br />
35,4%<br />
Japan<br />
12,6%<br />
Deutschland<br />
5,4%<br />
Weltmarkt: 2003: 1.237 Mrd. EUR<br />
2002: 1.165 Mrd. EUR<br />
2001: 1.108 Mrd. EUR<br />
* inkl. Osteuropa, ohne Deutschland<br />
Europa*<br />
22,2%<br />
USA<br />
24,5%<br />
Deutschland:<br />
Marktstruktur Telekommunikation 2003<br />
(in Prozent)<br />
Netzinfrastruktur<br />
7,6%<br />
Endgeräte<br />
7,8%<br />
Deutschland: 2003: 66,3 Mrd. EUR<br />
2002: 64,0 Mrd. EUR<br />
2001: 63,2 Mrd. EUR<br />
Telekommunikationsdienstleistungen<br />
84,6%<br />
Abb. B-4: Weltmarktanteil und <strong>St</strong>ruktur des deutschen Telekommunikationsmarktes 2003 21<br />
Der deutsche Markt ist dabei mit einem konsolidierten Gesamtanteil von 5,4<br />
Prozent nach den USA (24,5%) und Japan (12,6%) der drittgrößte Ländermarkt<br />
der Welt und der größte Ländermarkt Europas. 22 Noch vor den USA dominiert<br />
Europa mit einem Anteil von 27,6 Prozent den Weltmarkt. Im Vergleich zum<br />
Vorjahr verzeichnet das Weltmarktvolumen ein Wachstum von 6,2 Prozent,<br />
was allgemein als leichte Erholung vom Einbruch des Jahres 2001 (6,5%<br />
Wachstum nach 14,1% im Jahre 2000) gewertet wird. In Deutschland entfallen<br />
dabei, wie im westeuropäischen Durchschnitt, mittlerweile fast 85 Prozent des<br />
Marktvolumens - mit weiter zunehmender Tendenz - auf Umsätze von Anbietern<br />
für Telekommunikationsdienstleistungen wie beispielsweise Telefon- oder<br />
Mobilfunkservices. Nur etwa 15 Prozent werden von Anbietern für Endgeräte<br />
21 Quelle: NFO Infratest 2003, S. 57 (linke Grafik), S. 60 (rechte Grafik). Basis: EITO 2003.<br />
22 Vgl. NFO Infratest 2003, S. 57.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 39<br />
und Netzinfrastruktur umgesetzt (Abb. B-4). Während sich damit nach Angaben<br />
der EITO für 2003 das Volumen des deutschen Dienstleistungsmarktes auf<br />
56,1 Milliarden EUR beläuft, geht die REGULIERUNGSBEHÖRDE FÜR TELEKOMMU-<br />
NIKATION UND POST für den gleichen Zeitraum von Umsätzen in Höhe von 63,4<br />
Milliarden EUR aus. 23<br />
Marktsegmente<br />
Gesamtumsatz<br />
(Anteil)<br />
Wettbewerber<br />
Netze<br />
Wettbewerber<br />
<strong>Service</strong>s<br />
Deutschland: Telekommunikationsdienstleistungsmarkt<br />
Festnetz 2)<br />
Festnetz 2)<br />
Gesamtumsatz 2003: 60,9 Mrd. EUR<br />
3) 4)<br />
Internet Mobilfunk<br />
35,8 Mrd. EUR ? ? Mrd. EUR 25,1 25,1 Mrd. Mrd. EUR<br />
(58,8%)<br />
(41,2%)<br />
Deutsche Telekom<br />
Vodafone/ Arcor<br />
Regionale Netzbetreiber<br />
u.a.<br />
T-Mobile (D1)<br />
Vodafone (D2)<br />
E-Plus (E1)<br />
O2 (E2)<br />
01019<br />
3U Telecom<br />
Citrus<br />
KomTel<br />
One.Tel<br />
Tele 2<br />
tesion<br />
Tiscali<br />
u.a.<br />
1&1<br />
AOL<br />
CompuServe<br />
Germany.Net<br />
Hutchison<br />
T-online<br />
VictorVox<br />
Yello<br />
u.a.<br />
Alphatel<br />
CellWay<br />
Debitel<br />
EWE TEL<br />
Hutchison<br />
Mobilcom<br />
Talkline<br />
Telco<br />
u.a.<br />
1) Gesamtmarkt Telekommunikationsdienstleistungen ohne Kabelfernsehen.<br />
Quelle: eigene Berechnungen auf Basis des Datenmaterials der Regulierungsbehörde für<br />
Telekommunikation und Post 2004, S. 15f. sowie S. 34f.<br />
2) Festnetz inkl. Mietleitungen, Daten- und Netzdienste sowie Festnetzterminierung.<br />
3) Der Umsatzanteil internetspezifischer Telekommunikationsdienstleistungen wird von der<br />
Regulierungsbehörde bislang nicht detailliert erhoben und ist daher im Umsatzanteil des<br />
Festnetzsegments mit enthalten.<br />
4) Mobilfunk inkl. Mobilfunkterminierung.<br />
Abb. B-5: Hauptsegmente des deutschen Telekommunikationsdienstleistungsmarktes 2003<br />
23 Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 16. In einer eigenen Untersuchung<br />
kommt der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien<br />
(BITKOM) hinsichtlich der Volumenberechnung des Telekommunikationsmarktes (ohne Endgeräte)<br />
mit 58 Milliarden EUR (2003) zu einem ähnlichen Ergebnis (vgl. BITKOM 2004a, S. 1).<br />
1)
40 Kapitel B<br />
Der deutsche Markt für Telekommunikationsdienstleistungen (Abb. B-5) entwickelt<br />
sich dabei im Spannungsfeld zwischen Fragmentierung und Konvergenz:<br />
Einerseits kristallisieren sich seit der Liberalisierung deutlich die drei Hauptsegmente<br />
Festnetz, Mobilfunk und Internet mit jeweiligen Spezialanbietern<br />
(wie z. B. City Carrier, Netzwerkmanagement, Content Provider) heraus, andererseits<br />
bestehen zwischen diesen Segmenten starke Substitutions- und<br />
Wechselbeziehungen. Festnetzanschlüsse werden mit Mobilfunkverträgen<br />
kombiniert oder durch diese ersetzt, Sprachtelefonie kann ebenso über das Internet<br />
abgewickelt werden, Mobilfunkgeräte sind Internet-tauglich (WAP,<br />
UMTS). Insbesondere bei Festnetz- und Mobilfunkservices sowie Content-<br />
Aggregation ist zu erwarten, dass sich der Entwicklungstrend zu einheitlichen<br />
<strong>Service</strong>-Schnittstellen und Applikationen, die über alle Plattformen hinweg<br />
konsistent sind, weiter verstärkt. 24<br />
Nachfrageentwicklung<br />
(nach Verbindungsminuten,<br />
in Mrd.)<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
30,7<br />
178<br />
197<br />
9,7<br />
245<br />
7,7<br />
301<br />
Preisentwicklung<br />
(in Cent)<br />
346<br />
345<br />
Festnetzverbindungsminuten<br />
Minimaltarif Festnetzgespräch<br />
342<br />
4,6<br />
3,2<br />
2,0<br />
2,2<br />
0<br />
97 98 99 00 01 02 03<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Marktanteil Festnetz<br />
(nach Verbindungsminuten, in Prozent)<br />
100<br />
Abb. B-6: Entwicklung des deutschen Festnetzmarktes 25<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
0,0<br />
93,9<br />
6,1<br />
78,4<br />
21,6<br />
69,8<br />
30,2<br />
Neue Wettbewerber<br />
Deutsche Telekom<br />
67,1<br />
32,9<br />
61,2<br />
38,8<br />
57,6<br />
42,4<br />
97 98 99 00 01 02 03<br />
Die Wettbewerbsstruktur des deutschen Festnetzmarktes, mit rund 35,8 Mrd.<br />
EUR Umsatz in 2003 das größte Marktsegment, wird auch nach der Deregulierung<br />
weiterhin durch den ehemaligen Monopolisten Deutsche Telekom geprägt<br />
(Abb. B-6, rechte Grafik). Die Gesamtumsätze des Festnetzmarktes verteilen<br />
sich zu je etwa einem Viertel auf Orts-, Fern- und Internetverbindungen, der<br />
Umsatz des restlichen Viertels auf Nahverkehrs-, Mobilnetz-, Auslands- und<br />
24 Vgl. PricewaterhouseCoopers 2000, S. 23.<br />
25 Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Regulierungsbehörde für Telekommunikation und<br />
Post 2004, S. 29 sowie S. 31.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 41<br />
sonstige Verbindungen. 26 Nach Schätzungen des VERBANDES DER ANBIETER<br />
VON TELEKOMMUNIKATIONS- UND MEHRWERTDIENSTEN (VATM) besitzt die Deutsche<br />
Telekom dabei auch sechs Jahre nach der vollständigen Liberalisierung<br />
noch einen Anteil von knapp 60 Prozent im Festnetzmarkt, bezogen auf sämtliche<br />
Verbindungsminuten pro Tag. 27 Als Ursache dieser Marktbeherrschung gilt<br />
vor allem die nicht konsequente Umsetzung bestehender Deregulierungsvorschriften.<br />
28 Erst auf massiven politischen Druck ermöglichte die Regulierungsbehörde,<br />
dass Anfang 2003 das so genannte Call-by-Call-Verfahren, das bei<br />
Fern- und Auslandsgesprächen bereits seit mehr als vier Jahren möglich ist,<br />
den Telefonkunden auch im Ortsnetz zur Verfügung gestellt wurde. 29<br />
Trotz der - bezogen auf die Umsatzanteile der Anbieter - hohen Dominanz des<br />
Ex-Monopolisten hat die Liberalisierung hinsichtlich Preis und Qualität des Angebots<br />
sehr deutliche Spuren hinterlassen. An vorderster <strong>St</strong>elle sind die Märkte<br />
für Ferngespräche und Fernmietleitungen zu nennen, die im nunmehr<br />
sechsten Jahr der Marktöffnung durch eine hohe Wettbewerbsintensität gekennzeichnet<br />
sind. Hier sind die Verhaltensspielräume des ehemaligen Monopolisten<br />
vor allem durch eine drastische Senkung der Preise deutlich geringer<br />
geworden (Abb. B-6, linke Grafik): „Mit dem Fall des Telefon-Monopols Anfang<br />
1998 sind die Tarife, bedingt durch einen mörderischen Preiswettbewerb im<br />
Fern- und Auslandsbereich, bis zu 90 Prozent in den Keller gepurzelt.“ 30 Im<br />
Gegenzug haben die Kunden mit einer deutlichen Erhöhung der Nachfrage reagiert<br />
mit der Folge, dass Telekommunikationsanbieter stagnierende oder gar<br />
rückläufige Umsätze bei steigendem Verkaufsvolumen realisieren. Gleichzeitig<br />
ist Deutschland zu einem technologischen Spitzenreiter im Festnetzbereich<br />
aufgestiegen, was durch die Entwicklung des ISDN zur <strong>St</strong>andardtechnologie in<br />
der festnetzgebundenen Telekommunikation dokumentiert wird. Etwa 25 Millionen<br />
digitale Anschlüsse sind inzwischen geschaltet, womit statistisch gesehen<br />
jeder fünfte ISDN-Anschluss der Welt in Deutschland liegt. 31 Erst ab dem<br />
Jahr 2005 wird mit einer Sättigung bzw. einem Rückgang des ISDN-Marktes<br />
zugunsten breitbandiger Anschlüsse auf DSL-Basis gerechnet. 32 Diese Technik,<br />
die den schnellen Internetzugang ermöglicht, ist nach Ansicht von Branchenkennern<br />
eine „der letzten Möglichkeiten, um die Karten im Festnetzwettbewerb<br />
neu zu mischen und der DTAG Marktanteile streitig zu machen“ 33 .<br />
26 Vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2002, S. 17.<br />
27 Demgegenüber beziffert die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (2004, S. 29<br />
ff.) den Festnetzmarktanteil der Deutschen Telekom auf 57,6 Prozent (vgl. Abb. B-6). Im Bereich<br />
Ortsverbindungen geht der VATM dagegen sogar von einem Anteil von 82,6 Prozent aus (vgl.<br />
Dialog Consult/ VATM 2003, S. 4 f. sowie Welfens/ Monnet 2001, S. 1 f.).<br />
28 Vgl. Verband Der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) 2001, S. 2.<br />
29 Vgl. NFO Infratest 2002, S. 106.<br />
30 <strong>St</strong>ollberger 2002.<br />
31 Vgl. BITKOM 2004b, S. 8.<br />
32 Vgl. a.a.O.<br />
33 Kicker Sportmagazin 2002, S. 13.
42 Kapitel B<br />
Im Gegensatz zum Festnetzbereich galt und gilt der deutsche Mobilfunkmarkt<br />
weiterhin als lukrativstes Segment des Telekommunikationsmarktes. Nach einer<br />
enormen Aufholjagd existieren in Deutschland mit zurzeit knapp 65 Millionen<br />
inzwischen mehr Mobil- als Festnetzanschlüsse (Abb. B-7, linke Grafik).<br />
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit einer Penetrationsrate von<br />
78 Prozent weit vor den USA (54%), Japan (63%) und Osteuropa (24%). 34<br />
Trotz des damit erreichten hohen Niveaus wird die Zahl der Mobilfunkteilnehmer<br />
weiter steigen. Nach einer <strong>St</strong>udie des BUNDESVERBAND INFORMATIONS-<br />
WIRTSCHAFT, TELEKOMMUNIKATION UND NEUE MEDIEN (BITKOM) kann bis Ende<br />
2005 mit 70 Millionen Anschlüssen gerechnet werden. 35 Für zusätzliche Dynamik<br />
soll, wie bereits skizziert, UMTS sorgen, da diese Technologie jenseits der<br />
Übertragung von Sprache und Kurznachrichten völlig neue Möglichkeiten für<br />
hochleistungsfähige Anwendungen eröffnet. Nachdem in den 90er Jahren<br />
Festnetzkommunikation und Internet verschmolzen, wachsen nun Mobilkommunikation<br />
und Internet zusammen. Die Einführung von UMTS soll zum „<strong>St</strong>artpunkt<br />
in die mobile, digitale Internetwelt“ 36 werden.<br />
Teilnehmer<br />
(in Mio.)<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
10,1<br />
6,8<br />
6,8<br />
3,0 4,6<br />
1,2 2,2 3,0<br />
1,2<br />
17,0<br />
28,5<br />
58,6<br />
68,1<br />
Penetration<br />
(in Prozent)<br />
71,6<br />
78,3<br />
92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03<br />
Teilnehmer<br />
Penetration (Teilnehmer/ Einwohner)<br />
Abb. B-7: Entwicklung des deutschen Mobilfunkmarktes 37<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Marktanteil Netzbetreiber<br />
(in Prozent)<br />
50<br />
42,3 40,4 40,3 41,4<br />
39,8 39,5<br />
39,4 38,3<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
15,7<br />
2,2<br />
T-Mobile<br />
E-Plus<br />
14,4<br />
5,7<br />
13,6<br />
Vodafone<br />
O2 O2<br />
6,7<br />
99 00 01 02<br />
34 Vgl. Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 33 sowie BITKOM 2004b,<br />
S. 12. Im westeuropäischen Vergleich liegt Deutschland dagegen rund 5 Prozent unter dem<br />
Durchschnittswert (83%). Hier ist zu berücksichtigen, dass viele europäische Länder noch keine<br />
<strong>St</strong>atistikbereinigungen bezüglich nicht-aktiver Prepaid-Teilnehmer durchgeführt haben.<br />
35 Vgl. BITKOM 2004b, S. 12.<br />
36 BITKOM 2003, S. 10.<br />
37 Quelle linke Grafik: Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post 2004, S. 36. Quelle<br />
rechte Grafik: Telecom Handel 2003.<br />
12,7<br />
7,3
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 43<br />
Entgegen der dargestellten Marktanteilsverteilung des Festnetzsegments ist<br />
der Mobilfunkmarkt hart umkämpft. Bei der Betrachtung der langfristigen Entwicklung<br />
zeichnen sich dabei mit T-Mobile und O2 zwei Gewinner ab. Beide<br />
Carrier - erstmals seit 2001 liegt T-Mobile nach Anzahl der Kunden vor Vodafone<br />
- konnten in den vergangenen Jahren ihren Marktanteil klar ausbauen,<br />
während E-Plus und Vodafone in diesem Bereich deutliche Verluste hinnehmen<br />
mussten (Abb. B-7, rechte Grafik).<br />
Der deutsche Internetmarkt, er umfasst den Internetzugangs- sowie den Content-Markt<br />
- ist auf Basis der absoluten Nutzeranzahl nach den USA und Japan<br />
der drittgrößte Markt der Welt. Nach relativen Zahlen liegt Deutschland mit einer<br />
Internetverbreitung von 49 Prozent über dem europäischen Durchschnitt<br />
(2003: 40%). 38 Man erwartet, dass sich das Wachstum auf hohem Niveau fortsetzen<br />
wird, wobei besonders neue mobile Technologien dem Internetmarkt<br />
zusätzliche Impulse geben werden. Bis zum Jahr 2006 wird, bei einem prognostizierten<br />
Zuwachs von 3 Millionen Nutzern jährlich, mit insgesamt 50 Millionen<br />
Usern gerechnet. 39 Die Wettbewerber auf dem Internetmarkt sind Internet<br />
<strong>Service</strong> Provider (ISPs), die den direkten Zugang zum Internet vermitteln, sowie<br />
Online-Dienste, die über den Netzwerkzugang hinaus eigene <strong>Service</strong>leistungen<br />
(Portale, E-Mail, Datenbanken, Banking etc.) offerieren.<br />
1.4 Anbieterstruktur: Von Spezialisierung bis Full-<strong>Service</strong><br />
Der Telekommunikationsmarkt ist, wie die meisten der liberalisierten Märkte (z.<br />
B. Energie-, Post- oder Verkehrsmarkt), ein Netzeffektmarkt. 40 Aufgrund dieser<br />
Charakteristik verfügen diese Märkte nach ihrer Öffnung in der Regel über eine<br />
ähnliche grundsätzliche Anbieterstruktur. Diese ergibt sich durch die Auflösung<br />
eines allumfassenden Monopols, das sowohl für die Erbringung flächendeckender<br />
Infrastrukturmaßnahmen (z. B. Aufbau und Instandhaltung von Telefonleitungs-,<br />
Energieversorgungs- oder Schienennetzen) als auch für die<br />
Bereitstellung von netzgebundenen Leistungen (z. B. Telefonverkehr, <strong>St</strong>romlieferung<br />
oder Personentransport) verantwortlich war. Aus der Trennung und<br />
Freigabe von Netz und Leistung resultiert zum einen ein horizontaler Wettbewerb<br />
jeweils innerhalb der Netzbetreiber- und Leistungserbringerebene, zum<br />
anderen ein vertikaler Wettbewerb zwischen beiden Ebenen.<br />
Im Wettbewerb um Telekommunikationsdienstleistungen, der sich - wie auch<br />
die Teilmärkte und Segmente des Marktes - für den Kunden recht unübersichtlich<br />
und komplex darstellt, können daher zwei grundsätzliche Anbietertypen unterschieden<br />
werden. Neben dem ehemals monopolistischen Netzbetreiber<br />
Deutsche Telekom haben sich kurz nach der Liberalisierung vor allem Konzer-<br />
38 Vgl. BITKOM 2004b, S. 14; Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2002, S. 9.<br />
39 Vgl. BITKOM 2004b, S. 14.<br />
40 Zu Netzeffektmärkten bzw. -gütern vgl. insbesondere Köster 1999; Ehrhardt 2001.
44 Kapitel B<br />
ne aus dem Bereich Energie und Verkehr direkt als Betreiber eigener Telekommunikationsnetze<br />
positioniert (wie beispielsweise VIAG) oder partizipieren<br />
an Betreibern in Form von Unternehmensbeteiligungen. So ist beispielsweise<br />
die Deutsche Bahn AG heute im Besitz eines 18prozentigen Unternehmensanteils<br />
an der Arcor AG. RWE und VEBA bzw. deren Telekommunikationstochter<br />
Vebacom gründeten den mittlerweile in Arcor aufgegangenen Festnetzanbieter<br />
o.tel.o. 41 Diese Unternehmen profitierten dabei von ihrer bereits vor der Marktöffnung<br />
bestehenden Netzinfrastruktur, die sie im Rahmen massiver Investitionen<br />
im Vorfeld der Liberalisierung für den Telekommunikationsverkehr<br />
vorbereitet bzw. ausgebaut haben. 42 Während die Deutsche Telekom historisch<br />
bedingt im Festnetzbereich auf eine bis zum Endkunden reichende, bestehende<br />
Netzinfrastruktur zurückgreifen konnte, war ihr Wettbewerbsvorsprung im<br />
Bereich Mobilfunk wesentlich geringer. Aufgrund neuer digitaler Frequenz- und<br />
Übertragungstechnologien haben der Ex-Monopolist und die neuen Anbieter<br />
wie D2 Mannesmann (heute Vodafone D2) oder E-Plus nahezu zeitgleich in<br />
den Aufbau digitaler Infrastrukturmaßnahmen investiert. Auch aus heutiger<br />
Sicht liegt hierin eine wesentliche Ursache der asymmetrischen Wettbewerbsentwicklung<br />
in den Marktsegmenten.<br />
Neben flächendeckenden Netzbetreibern existieren zahlreiche regionale Netzanbieter.<br />
So sind viele Kommunen oder lokale Energieversorger aktiv geworden,<br />
um Telekommunikationsdienste aufzubauen oder freie Telekommunikationsressourcen<br />
zu vermarkten. Die in diesem Bereich aktiven Unternehmen<br />
sind interessante Partner von flächendeckenden Netzbetreibern und umgekehrt.<br />
Während flächendeckende Anbieter über die regionalen Netzbetreiber<br />
die so genannten „Letzte Meile“ (Local Loop) 43 zu Geschäfts- und Privatkunden<br />
schließen wollen, benötigen City-Carrier überregionale Verbindungskompetenz,<br />
um erfolgreich Kunden zu gewinnen. 44<br />
Vor dem Hintergrund der Netzeffektcharakteristik stellen netzunabhängige Telefongesellschaften<br />
(<strong>Service</strong> Provider) wie debitel oder mobilcom die zweite<br />
große Anbietergruppe dar. Im Gegensatz zu Netzbetreibern besitzen diese Unternehmen<br />
kein eigenes Übertragungswegenetz. Sie bieten auf Basis von Leis-<br />
41 Vgl. Fassnacht 2001.<br />
42 So integrierte z.B. das Netz der Vebacom die Infrastruktur von PreussenElektra, Wintershall Gas<br />
und Ruhrgas. Zusammen mit dem Netz der RWE verfügte die RWE/Vebacom-Allianz o.tel.o<br />
über Glasfaserstrecken mit einer Länge von 11000 km. Die Bayernwerk Netkom als Tochter des<br />
Bayernwerk-Konzerns konnte auf dessen bestehendes Netz von 4000 km Länge zurückgreifen<br />
und es privaten und kommerziellen Nutzern zur Verfügung stellen. Das Arcor-Netz bestand im<br />
wesentlichen aus dem Netz des Mannesmann-Konzerns sowie dem Lichtwellenleiternetz, welches<br />
die Deutsche Bahn entlang der deutschen Bahntrassen installiert hat (vgl. Fassnacht 2001).<br />
43 Local Loop bezeichnet die Verbindung im Teilnehmer-Anschlussbereich zwischen der Vermittlungsstelle<br />
und dem angeschlossenen Teilnehmer-Apparat. Im Falle des öffentlichen Fernsprechnetzes<br />
ist es der geographische Bereich zwischen der Ortsvermittlungsstelle und dem<br />
Vermittlungspunkt im Haus des Kunden (Hauszugangs- oder Telefonanschlussdose).<br />
44 Vgl. Fassnacht 2001.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 45<br />
tungen, die sie von Fest- oder Mobilfunknetzbetreibern einkaufen (im Wesentlichen<br />
sind dies „switched minutes“), sowohl deren Produkte in von ihnen modifizierter<br />
Form als auch eigene Produkte eigenständig an. Unter ihnen gibt es<br />
netzunabhängige Anbieter, die eigene „Rechner“ wie z. B. netzübergreifende<br />
Plattformen oder Vermittlungsstellen besitzen, ohne jedoch die Funktionsherrschaft<br />
über die Netze zu besitzen. Mit Hilfe dieser übergreifenden Technologien<br />
sind netzunabhängige Anbieter in der Lage, durch die Aufbereitung von<br />
Daten aus den Netzen einen eigenen, über die Vorleistungen der Netzbetreiber<br />
hinausgehenden „Mehrwert“ in Form von Mehrwertdiensten zu generieren und<br />
zu konzipieren und diese eigenständig zu vermarkten. 45 Die wesentliche Geschäftsgrundlage<br />
für das (lizenzfreie) <strong>Service</strong> Providing stellen dabei die Lizenzpflichten<br />
der Netzbetreiber dar, die in erster Linie den Netzzugang und die<br />
Entgeltgestaltung regeln. Hierüber sind beispielsweise die Betreiber digitaler<br />
Mobilfunknetze verpflichtet, mit <strong>Service</strong>-Providern zu kontrahieren (Kontrahierungszwang)<br />
und diese nicht schlechter zu stellen als die jeweils eigenen Vertriebsorganisationen<br />
(Diskriminierungsverbot). 46 Abbildung B-8 zeigt die<br />
Wertschöpfungskette von Schlüsselanbietern der Telekommunikationsbranche<br />
in vereinfachter Form.<br />
Ausrüster Ausrüster<br />
Vertrag<br />
Ausrüster<br />
Ausrüster<br />
Netze/<br />
Infrastrukturen<br />
Technische Applikationen<br />
Software<br />
Endgeräte<br />
<strong>Service</strong> Provider<br />
Kundenakquisition<br />
Beratung<br />
Verkauf<br />
Netzbetreiber (Festnetz, Mobilfunk) Mobilfunk)<br />
Übertragung<br />
Sprach- und<br />
Datentransfer<br />
Dienste<br />
Vermittlung<br />
Datenaufbereitung<br />
Mehrwertdienste<br />
etc.<br />
<strong>Service</strong> Provider<br />
Billing<br />
Abb. B-8: Vereinfachte Wertschöpfungskette des Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen<br />
aus Sicht der Schlüsselanbieter Netzbetreiber und <strong>Service</strong> Provider<br />
In Bezug auf den leistungsbezogenen Differenzierungsprozess lassen sich die<br />
unterschiedlichen Anbietertypen des Telekommunikationsmarktes hinsichtlich<br />
Leistungsbreite und räumlicher Präsenz unterscheiden (Abb. B-9). Hiernach<br />
rangieren Spezialisten für einzelne Technologien und Dienste, die überwiegend<br />
auf regional beschränkten Märkten tätig sind, am unteren Ende des<br />
Schaubildes. City Carrier sind ebenfalls nur regional tätig, bieten aber eine<br />
breitere Dienstleistungspalette. Auf der Seite flächendeckender Anbieter stehen<br />
sich fokussierte Mobilfunkanbieter sowie integrierte Komplettanbieter bzw.<br />
45 Vgl. hierzu debitel 1999a, Chapter 1 Section 2.<br />
46 Kontrahierungszwang und Diskriminierungsverbot stellen zentrale Regulierungsmaßnahmen zur<br />
Herstellung und Förderung des chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs und zur<br />
Gewährleistung eines flächendeckenden, marktwirtschaftlichen Angebots dar, die ebenfalls von<br />
der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post überwacht werden (vgl. Kapitel B<br />
1.2).
46 Kapitel B<br />
(inter-) nationale Vollsortimenter gegenüber. <strong>Service</strong> Provider nehmen hinsichtlich<br />
des Leistungsspektrums - aufgrund der größeren Leistungstiefe netzbetreibender<br />
Vollsortimenter - tendenziell eine Mittelposition ein.<br />
differenziert<br />
Leistungsspektrum<br />
fokussiert<br />
gering<br />
City Carrier<br />
z.B. HanseNet,<br />
NetCologne<br />
Spezialisten<br />
z.B. Colt, <strong>St</strong>ar<br />
räumlicher<br />
Verbreitungsgrad<br />
Abb. B-9: Anbietertypen des Telekommunikationsmarktes 47<br />
(Inter-)nationale<br />
Vollsortimenter<br />
z.B. Deutsche Telekom,<br />
France Telecom<br />
<strong>Service</strong> Provider<br />
z.B. debitel,<br />
Mobilcom<br />
Mobilfunkanbieter<br />
z.B. E-plus,<br />
Vodafone D2,<br />
T-Mobile<br />
hoch<br />
1.5 Entwicklungstrends: Nachfrage bestimmt den Markt<br />
Auch in Zukunft werden Telekommunikationsmärkte Objekt und Ursache<br />
grundlegender wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen sein.<br />
Nach einer <strong>St</strong>udie im Auftrag des BUNDESMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT UND<br />
TECHNOLOGIE ist die zukünftige Markt- und Nachfrageentwicklung im Bereich<br />
Telekommunikationsdienstleistungen vor allem durch folgende Faktoren<br />
gekennzeichnet: 48<br />
War die Angebotsstruktur der Anbieter bislang eher am technologisch<br />
Machbaren orientiert (Kunde folgt Leistung), werden in Zukunft wesentlich<br />
stärker Nachfrage und Nutzeranforderungen in den Mittelpunkt der Dienstleistungskonfiguration<br />
rücken (Leistung folgt Kunde), was zu einer zunehmenden<br />
Segmentierung führt. Infolgedessen verstärkt sich - neben Preis-<br />
und Infrastrukturwettbewerb - der Anbieterwettbewerb mit Dienstleistungen<br />
47 Quelle: in Anlehnung an Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 37.<br />
48 Vgl. hierzu und zum Folgenden Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 69 f.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 47<br />
und <strong>Service</strong>paketen, die sich gegenüber früheren Massenmarktprodukten<br />
durch höhere Flexibilität, Skalierbarkeit, ubiquitäre Verfügbarkeit und Individualisierung<br />
auszeichnen (Abb. B-10).<br />
1990 2000 2010<br />
Technische Innovation Liberalisierung Konvergenz Differenzierung Network Economy<br />
Sprache<br />
Einfache Datendienste<br />
Begrenzter Zugang<br />
One-Way-Kommunikation<br />
<strong>St</strong>andardqualität<br />
<strong>St</strong>andardisierte Preise<br />
Multi-<strong>St</strong>op-Shopping<br />
Massenmarkt<br />
Begrenztes Know-how<br />
Advanced Voice <strong>Service</strong>s<br />
Multimediale Anwendungen<br />
Multipler Zugang<br />
Interaktivität<br />
Skalierbare Qualität<br />
Preisdifferenzierung<br />
One-<strong>St</strong>op-Shopping<br />
Kundenspezifische Lösungen<br />
Höhere Medienkompetenz<br />
der Nutzer ausreichend<br />
der Nutzer erforderlich<br />
Abb. B-10: Entwicklung vom Verkäufer- zum Käufermarkt 49<br />
Der Mobilfunk wird als Hauptwachstumsträger des Telekommunikationsmarktes,<br />
gefolgt vom Basistelefondienst, an Bedeutung gewinnen. Das<br />
Kommunikationsvolumen wird hinsichtlich Häufigkeit, Intensität und Reichweite<br />
deutlich zunehmen.<br />
Durch den Innovationsschub seit Öffnung des Marktes ist in naher Zukunft<br />
nicht mit grundlegenden technologischen Neuerungen zu rechnen. In den<br />
kommenden Jahren wird daher der Schwerpunkt auf der Integration und<br />
Vernetzung vorhandener Technologien liegen.<br />
Die Konvergenz der Telekommunikationsteilmärkte sowie der Märkte für Information,<br />
Unterhaltung und Bildung bewirken weitere Impulse für die Entwicklung<br />
neuer Dienste und deren Bündelung in <strong>Service</strong>-Paketen.<br />
Die <strong>St</strong>udie ermittelte ferner folgende Trends, welche die allgemeine Netzentwicklung<br />
langfristig prägen werden: 50<br />
Die zunehmende Dominanz des Datenverkehrs gegenüber dem Sprachverkehr<br />
wird die Konvergenz von Sprach- und Datennetzen beschleunigen.<br />
Trotz des weiter zunehmenden Datenverkehrs kommt es zu keiner Verknappung<br />
von Netzressourcen, da im Rahmen einer Preis-Nachfrage-Kapazitäts-<br />
Spirale auch weiterhin ein dynamischer Ausbau der Netzkapazitäten stattfindet.<br />
49 Quelle: Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 70.<br />
50 Vgl. hierzu und zum Folgenden Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 15 f.
48 Kapitel B<br />
Die Entwicklung zur durchgehenden Breitbandigkeit der Fern- und Anschlussnetze<br />
bis zum Kommunikationsanschluss des Kunden wird flächendeckend<br />
breitbandige Dienste und Anwendungen ermöglichen.<br />
Der gesellschaftliche Megatrend Mobilität wird als zentraler Faktor für die<br />
technische Entwicklung von Netzen und Diensten zunehmende Bedeutung<br />
erlangen. Der Zugriff auf Telekommunikationsdienste wird zu jeder Zeit und<br />
von jedem Ort aus möglich sein. 51 Die Entwicklung mobiler Technologien ist<br />
dabei Ursache und zugleich Folge eines sich verändernden Nachfragerverhaltens.<br />
Eine Substitution des Festnetzes findet dennoch nur im begrenzten<br />
Umfang (Sprachtelefonie) statt. Dieses wird gegenüber Mobilfunknetzen hinsichtlich<br />
Leistungsfähigkeit, Datenraten und Kosten des Internet-Zugriffs<br />
auch in Zukunft einen zeitlichen Entwicklungsvorsprung von etwa drei bis<br />
fünf Jahren haben. Während die Kapazitäten von Festnetzen nahezu unendlich<br />
erweitert werden können, bleiben Frequenzen für die mobile Übertragung<br />
auch weiterhin knapp. Ebenso bleiben mobile gegenüber stationären<br />
Endgeräten in ihrer Konstruktion aufwendiger und in ihrer Funktionalität eingeschränkter.<br />
52<br />
51 Focus 2003, S. 10.<br />
52 Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 58.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 49<br />
2. Unternehmensexterne Faktoren des Markenumfelds<br />
Die bisherigen Ausführungen zu Historie und Entwicklung des Telekommunikationsmarktes<br />
skizzierten das Spielfeld, auf dem die Markenführung der Dienstleistungsanbieter<br />
stattfindet. In diesem sowie dem folgenden Kapitel werden<br />
nun in diesem Kontext bestehende wettbewerbs-, konsumenten-, lieferanten-<br />
und absatzmittlerseitige sowie unternehmensinterne Umfeldbedingungen analysiert<br />
und in ihrer direkten Wirkung auf das Management der Dienstleistungsmarke<br />
interpretiert.<br />
2.1 Markenumfeld Wettbewerb<br />
2.1.1 Die David-Goliath-Situation<br />
Aus markenstrategischer Sicht resultieren aus der Liberalisierung drei generische<br />
Anbietertypen im Wettbewerb, deren Ausgangssituation die grundsätzliche<br />
Ausrichtung der jeweiligen markenpolitischen Zielsetzung maßgeblich<br />
beeinflusst (Abb. B-11):<br />
bestehendes<br />
Unternehmen<br />
neues<br />
Unternehmen<br />
bestehender<br />
Markt<br />
„Goliath“-Position<br />
Bsp.: Deutsche Telekom<br />
<strong>St</strong>rategie: Imagewechsel,<br />
Umpositionierung<br />
neuer<br />
Markt<br />
„junger Goliath“-Position<br />
Bsp.: debitel<br />
<strong>St</strong>rategie: Imageaufbau,<br />
Neupositionierung<br />
„David“-Position<br />
Bsp.: Mobilcom<br />
<strong>St</strong>rategie: Imageaufbau,<br />
Neupositionierung<br />
Abb. B-11: Generische markenstrategische Ausgangssituationen auf liberalisierten Märkten<br />
Die „Goliath-Position“ beschreibt die Lage des ehemaligen Monopolisten,<br />
der als einziger Großkonzern des liberalisierten Marktes über langjährige<br />
operative Erfahrung, hohe Bekanntheit und Bestandskunden verfügt. Die<br />
markentechnische Herausforderung dieser Position besteht im Abbau langjährig<br />
entstandener Antipathien, kurz: im nachhaltigen Imagewechsel durch<br />
völlige Umpositionierung der ehemaligen Behörde zum modernen<br />
Dienstleister. Dabei erweisen sich negative Vorurteile, die mit der Marke des<br />
Ex-Monopolisten verknüpft sind, als sehr beständig: „Trotz des objektiven<br />
Quantensprungs in Qualität und Innovation lassen sich in der breiten Masse<br />
noch immer starke Vorurteile in Richtung Langsamkeit, Behäbigkeit, mangelnde<br />
Innovationsfähigkeit deutlich messbar nachweisen. Hier besteht für
50 Kapitel B<br />
die Deutsche Telekom das große Problem der Überprägung bestehender<br />
Assoziationen, was auch [...] noch einige Zeit so bleiben dürfte.“ 53<br />
Die Position des „jungen Goliath“ nehmen Konzerne ein, die durch ihr bisheriges<br />
<strong>St</strong>ammgeschäft über Ressourcen und Schlüsselkompetenzen verfügen,<br />
die auch auf dem liberalisierten Markt eingesetzt werden können. Wie<br />
beschrieben, haben sich vor allem Energiekonzerne aufgrund infrastruktureller<br />
Synergien als Netzbetreiber, aber auch andere branchenfremde Großkonzerne<br />
aufgrund operativer Synergieeffekte als <strong>Service</strong> Provider<br />
positioniert (vgl. Fallbeispiel debitel). Für neue Anbieter steht aus markenstrategischer<br />
Sicht zunächst der Aufbau von Bekanntheit und Vertrauen im<br />
Vordergrund. Dazu haben die Konzerne in der Mehrzahl der Fälle ihre Telekommunikationstöchter<br />
namentlich an das <strong>St</strong>ammhaus angedockt, um hierüber<br />
vor allem einen Bekanntheits-, aber auch einen Imagetransfer zu<br />
erzielen (VIAG Interkom, debitel, D2 Mannesmann).<br />
Fallbeispiel debitel: <strong>St</strong>ärke durch operative Kompetenz 54<br />
Ein Beispiel der Position des „jungen Goliaths“ im Bereich der <strong>Service</strong> Provider stellt die heute<br />
zur Telco Holding zugehörige debitel AG dar, die 1992 als Gemeinschaftsunternehmen der<br />
heutigen DaimlerChrysler<strong>Service</strong>s (debis) sowie der Metro VVG gegründet wurde. Die Entwick-<br />
lung zum größten deutschen <strong>Service</strong> Provider verdankt debitel primär seiner historisch beding-<br />
ten Managementkompetenz sowie seiner operativen Vertriebsstärke. Seit Gründung betreibt<br />
der Provider eine konsequente Expansion durch übernommene und aufgebaute Vertriebsstruk-<br />
turen sowie durch Internationalisierung des Geschäfts. So erfolgte beispielsweise 1994 die<br />
Übernahme des deutschen Branchenzweiten Bosch Telecom <strong>Service</strong> GmbH und 1998 die<br />
Übernahme der ISP-Infrastruktur der metronet Kommunikationsdienste GmbH & Co. KG, wel-<br />
che die Grundlage für den Einstieg in Internetzugangsdienste sicherte. Nach Gründung und<br />
Erwerb zahlreicher Auslandsgesellschaften ist debitel aktuell in fünf europäischen Ländern ver-<br />
treten. Mit insgesamt über 10 Millionen Kunden positioniert sich debitel heute als größter net-<br />
zunabhängiger Komplettanbieter für Festnetz, Mobilfunk und Internet.<br />
In der Position des „David“ befinden sich Unternehmen, die sich als vollständige<br />
Neugründung ohne Historie auf dem liberalisierten Markt positionieren.<br />
Da der Aufbau einer Infrastruktur eine nur von Konzernen zu erbringende<br />
Kapitalausstattung erfordert, sind die Anbieter primär als <strong>Service</strong> Provider<br />
tätig. Erfolgsfaktoren sind hier primär Geschäfts- und Vermarktungsmodelle<br />
als Nischenanbieter (vgl. Fallbeispiel Mobilcom). Im Mittelpunkt markenstrategischer<br />
Überlegungen steht die Entwicklung eines hohen Bekanntheitsgrads<br />
sowie der Aufbau eines Images.<br />
Fallbeispiel Mobilcom: Konsequente Umsetzung der „David-Position“ 55<br />
Ein Beispiel für die konsequente Umsetzung der „David-Position“ liefert die 1991 von Gerhard<br />
53 Ohnemus 1999, Expertengespräch.<br />
54 Vgl. zu aktuellen Unternehmensinformationen debitel 2003a.<br />
55 Vgl. zu den Unternehmensinformationen Mobilcom 1997; 2003.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 51<br />
Schmid gegründete Mobilcom Communicationstechnik GmbH. Während die meisten Carrier<br />
und Provider in irgendeiner Form mit größeren Konzernen verbunden sind, erreichte Mobilcom<br />
als Reseller von Mobilfunkprodukten der Firmen T-Mobile, Vodafone und E-Plus einen hohen<br />
Bekanntheitsgrad. Mobilcom setzte dabei - unter anderem mit vergleichender Werbung - als<br />
aggressiver Billiganbieter konsequent auf eine Gegenpositionierung zum Ex-Monopolisten und<br />
konnte aufgrund stark differenzierter Tarifstrukturen schnell wachsen. Aufsehen hat Mobilcom<br />
mit einer Anzeige erregt, bei der die typische Farbe und Schriftart der Telekom-Werbung für<br />
die Aufforderung verwendet wurde, die Mobilcom-Preselection-Nummer als „die günstige Vor-<br />
wahl für Telekom-Kunden“ zu nutzen. Eine Preisangabe für die Ferngespräch-Minute und ein<br />
Coupon „Ja, ich beauftrage die Deutsche Telekom AG, meinen Anschluss auf die Vorwahl<br />
01019 einzustellen“ waren angefügt. 56 Diese und andere Werbeaktionen brachten Mobilcom<br />
zahlreiche Sympathien ein. „Jeder, der dem Tanker Telekom „eins auswischen“ wollte, ging zu<br />
Mobilcom. Allerdings ist diese <strong>St</strong>rategie, die nur darauf angelegt ist, eine Gegenposition zu be-<br />
ziehen, langfristig kaum durchzuhalten. Denn mittlerweile hat sich der Telekom-Tanker bewegt<br />
und baut systematisch Antipathien ab und Sympathien auf.“ 57 1996 wurde das Unternehmen in<br />
eine Aktiengesellschaft umgewandelt und im März 1997 als eine der ersten Firmen am Neuen<br />
Markt der Frankfurter Börse notiert. Nach einer mittlerweile erfolgten Umstrukturierung gehört<br />
Mobilcom heute mit ca. 4,5 Millionen Kunden zu den marktführenden <strong>Service</strong> Providern.<br />
Wenngleich die skizzierten Positionen die Anbietersituation der frühen Marktphase<br />
bis etwa Ende der Neunziger Jahre kennzeichnen, wirken sie sich bis<br />
heute prägend auf die Markenlandschaft der Telekommunikationsbranche, insbesondere<br />
aber auch auf die markenstrategischen Optionen und deren Umsetzung<br />
durch die einzelnen Anbieter in einem reiferen Telekommunikationsmarkt<br />
aus. Vor dem Hintergrund der Markthistorie wird auch verständlich, warum das<br />
Thema Marke dabei erst Ende der Neunziger Jahre Einzug in die Managementetagen<br />
der Telekommunikationsindustrie gehalten und zur nachhaltigen<br />
Entwicklung eigenständiger Marken geführt hat (Arcor, O2). <strong>St</strong>anden in der ersten<br />
Marktphase kurz nach der Liberalisierung - insbesondere im Mobilfunkbereich<br />
- die Marketingaktivitäten der Anbieter primär im Zeichen schnellen<br />
Wachstums durch Kundenakquisition, verstärken seit einigen Jahren die meisten<br />
der Telekommunikationsdienstleister den Versuch, ihre Dienstleistungsprodukte<br />
als Marke aufzubauen und zu etablieren: „Marke spielt im<br />
Telekommunikationsgeschäft eine ungeheuer wichtige Rolle. Weil Telekommunikation<br />
nicht anfassbar ist, muss und wird die Dienstleistung Telekommunikation<br />
zu einem großen Teil über Image verkauft (werden). Zwar ist der Preis<br />
- gerade im Telekommunikationsmarkt - ein wichtiges Verkaufsargument; in<br />
unserem Haus herrscht aber die Überzeugung, dass die vordergründige<br />
Kommunikation von und über Preise mittel- und langfristig kein Überleben<br />
sichern kann. Erst eine gute Marke bestimmt und vermittelt die Seriosität eines<br />
Unternehmens und die gute Erfahrung. Und nur über die Marke kann eine echte<br />
Kundenbindung hergestellt werden. Dies gilt insbesondere für den Massen-<br />
56 Köhler 1999, S. 157.<br />
57 Vgl. Brasch 1999, Expertengespräch.
52 Kapitel B<br />
markt „Privatkunden“, während im Geschäftskundenbereich neben dem Markenimage<br />
zahlreiche weitere Faktoren den Erfolg bestimmen. Umgekehrt ist<br />
Markenmanagement entbehrlich, sofern man nicht die Zielsetzung der Kundenbindung<br />
verfolgt.“ 58 Einen weiteren exemplarischen Beleg für diesen Paradigmenwechsel<br />
innerhalb der Unternehmensführung, aber auch der<br />
Unternehmenskommunikation, liefert der Börsenverkaufsprospekt des internationalen<br />
Mobilfunkanbieters Orange aus dem Jahr 2001, der die Relevanz und<br />
<strong>St</strong>ärke der eigenen Marke als ersten Punkt der „Company’s <strong>St</strong>rengths“ anführt:<br />
„The Company believes that the ‘‘Orange’’ brand, which will be transferred into<br />
all of the markets in which the Company currently operates, will become one of<br />
the most powerful names in the European wirefree communications market.<br />
[…] The Group intends to introduce the Orange brand in all of the markets<br />
where it has controlled operations” 59 .<br />
2.1.2 Internationalisierung verschärft Markenwettbewerb<br />
Wie die Betrachtung der Marktsituation ebenfalls gezeigt hat, trifft der von<br />
D'AVENI geprägte Begriff des Hyperwettbewerbs 60 mittlerweile auch auf den<br />
Telekommunikationsmarkt zu. Hyperwettbewerb kennzeichnet vor allem Branchen,<br />
die durch starke Veränderungen hinsichtlich Konsolidierungen, technologischer<br />
Innovationen oder Nachfragertrends geprägt sind und manifestiert sich<br />
durch Verdrängungskampf um bestehende Marktanteile. Erschwerend kommt<br />
hinzu, dass - wie aufgezeigt - im Telekommunikationssektor Marktgrenzen<br />
ebenso verschwimmen wie in anderen Branchen: Automobil- und Technologiekonzerne<br />
eröffnen Banken, Tankstellen werden zu Supermärkten und Reisebüros,<br />
Bahnhöfe zu Shopping Malls. 61<br />
Ursache dieser Entwicklung ist die Entstehung zunehmender internationaler<br />
Verflechtungen, die den Markenwettbewerb auf nationalen Märkten weiter verschärfen.<br />
Insbesondere durch höhere Umsatzvolumina können international<br />
agierende Dienstleister in weitaus größerem Maße von Erfahrungs- und Größeneffekten<br />
profitieren als national fixierte Marken. Vorteile ergeben sich hierbei<br />
auch durch verringerte Kosten für den Aufbau von Markenbekanntheit und -<br />
image. 62 Die zeigt sich, wie im nächsten Kapitel dargestellt, an den zahlreichen<br />
Fusionen der letzten Jahre. Dass dieses Phänomen nicht spezifisch für den Telekommunikationsmarkt<br />
ist, verdeutlicht beispielsweise der deutsche Touristikmarkt:<br />
Hier geht das Wachstum weniger international agierender Reiseveranstalter<br />
zu Lasten kleinerer und mittlerer Unternehmen und führt zu einer<br />
oligopolistischen Position der Großanbieter. 63<br />
58 Kögler 1999, Expertengespräch.<br />
59 Vgl. Orange 2001, S. 72.<br />
60 Vgl. D’Aveni 1995.<br />
61 Vgl. Herrmann 1999, S. 61.<br />
62 Vgl. Sattler 2001, S. 24.<br />
63 Vgl. Ludwig 2001, S. 61 ff.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 53<br />
2.1.3 Markenchaos durch Fusionen<br />
Die zahlreichen Unternehmensfusionen der letzten Jahren haben in einem<br />
ständigen Wandel zum Aufbau, zur Restrukturierung oder zur Elimination neuer<br />
bzw. bestehender Marken geführt. Allein zwischen April 2000 und März 2001<br />
erfolgten im deutschsprachigen Raum 17 Transaktionen im Mobilfunkbereich,<br />
worunter sich mit der Übernahme des Mannesmann Telekommunikationsbereichs<br />
(Arcor, D2 mannesmann) durch die konkurrierende britische Vodafone-<br />
Gruppe der „Megamerger“ des Marktes befand. 64 Der in der Folge von freundlichen<br />
oder feindlichen Übernahmen ständige Wechsel von Markennamen und<br />
-strategien oder gar das Verschmelzen ehemals konkurrierender Marken stand<br />
und steht dabei primär unter dem Vorzeichen des externen Wachstums. Im<br />
Kern geht es um die Beschleunigung des Unternehmenswachstums durch übernahmebedingte<br />
Kundenakquisitionen, um auf diesem Wege schnellstmöglich<br />
zu internationaler Größe zu gelangen.<br />
Die mit dieser „fröhlichen Fusionitis“ 65 einhergehenden <strong>St</strong>rukturveränderungen<br />
des Dienstleistungsmarktes verändern dabei ebenso die vom Konsumenten<br />
wahrgenommene, dachmarkendominierte Markenlandschaft. 66 Inwieweit der<br />
zielgerichtete Aufbau von Marken in solchen Situation überhaupt sinnvoll und<br />
möglich ist oder seitens der Unternehmensführung tatsächlich als relevant eingestuft<br />
wird, ist dabei ebenso kritisch zu hinterfragen wie die Überlegung, ob<br />
das in den Köpfen der Nachfrager aufgebaute „junge“ Markenkapital hinsichtlich<br />
der langfristigen strategischen Ausrichtung eines Telekommunikationskonzerns<br />
entscheidungsrelevant sein sollte. Aus Sicht des Nachfragers jedenfalls<br />
dürfte der branchenweite rasche Markenwandel Irritationen auslösen (s. Fallbeispiel<br />
o.tel.o), die zu einem nachhaltigen Glaubwürdigkeitsverlust der Marke<br />
als solche führen kann, zumal auf einem Markt, auf dem das „Denken in Marken“<br />
konsumentenseitig erst gelernt werden muss. 67<br />
Fallbeispiel o.tel.o: Erfolgreiche Marke als Bauernopfer einer Fusion<br />
Der Festnetzanbieter o.tel.o, der 1997 mit Blick auf die Liberalisierung des Telekommunikati-<br />
onsmarktes als gemeinsame Tochterunternehmung der <strong>St</strong>romkonzerne Veba und RWE ge-<br />
gründet wurde, hat sich mit einer nachhaltigen Werbestrategie in kurzer Zeit den Ruf des<br />
sympathischen Dienstleisters erarbeitet: „o.tel.o wird in den Augen der Kunden als freundlicher,<br />
menschlicher, netter Anbieter „von nebenan“ wahrgenommen. o.tel.o-Kunden legen starken<br />
Wert auf preisgünstiges Telefonieren, während technische Aspekte eine sehr geringe Rolle<br />
spielen.“ 68 Kunden, die Anfang 1999 bei o.tel.o einen Festnetzvertrag abgeschlossen haben,<br />
waren kurze Zeit später Vertragspartner des Konkurrenzunternehmens Mannesmann-Arcor.<br />
Dieses hat im April 1999 den kleineren Konkurrenten mit der Zielsetzung übernommen, den<br />
64 Vgl. Arthur Andersen 2001, S. 35<br />
65 Schwarz 1998.<br />
66 Im Unterschied hierzu nehmen Kunden Fusionen und Übernahmen im Konsumgüterbereich nur<br />
indirekt wahr, da Produktmarken i.d.R. weiterhin und unverändert am Markt angeboten werden.<br />
67 Vgl. hierzu Kapitel B 3.1.<br />
68 Kögler 1999, Expertengespräch.
54 Kapitel B<br />
Festnetzmarkt mit den zwei Marken Arcor (für Geschäftskunden) und o.tel.o (für Privatkunden)<br />
unter Druck zu setzen: „Seit der Übernahme von o.tel.o durch Mannesmann Arcor wird im<br />
Festnetzbereich sehr bewusst eine Zwei-Marken-<strong>St</strong>rategie verfolgt. Die Marke o.tel.o ist eine<br />
sehr starke Marke im Privatkundengeschäft, was sich in zahlreichen Analysen herausgestellt<br />
hat. Diese Analysen zeigen auch, dass wir mit beiden Marken tatsächlich unterschiedliche Ziel-<br />
kunden ansprechen: o.tel.o ist auf den echten, durchschnittlich telefonierenden Privatkunden<br />
ausgerichtet, während Arcor bereits das obere Segment des Vieltelefonierers anspricht. Arcor<br />
gilt in dieser Zielgruppe als hochwertiger, technisch perfekter und ausgereifter Anbieter.“ 69 An-<br />
fang 2000 erfolgte unter hohem öffentlichen Interesse die Übernahme von Mannesmann-Arcor<br />
durch Vodafone Airtouch. o.tel.o-Kunden gehörten damit - abermals ohne Vertragswechsel -<br />
zum ehemaligen britischen Rivalen. Ende 2001 gab Arcor-Chef Harald <strong>St</strong>öber bekannt, dass<br />
die Tochtergesellschaft als eigenständige Marke eingestellt werde. Die Aufgabe der Zwei-<br />
Marken-<strong>St</strong>rategie und die Einstellung der Marke sei dabei „eine rein emotionale Entschei-<br />
dung“ 70 . Arcor übernimmt dabei alle Preselection-Kunden von o.tel.o, die Tarife bleiben aber<br />
bestehen, d.h. Preselection-Kunden von o.tel.o telefonieren auch weiterhin ohne Mindestum-<br />
satz. Noch im Juni 2001 belegte o.tel.o im Rahmen einer Langzeitstudie in Sachen <strong>Service</strong> und<br />
Kundenbindung den ersten Platz. Abgeschlagen auf Rang 16 landete die Telefonmarke der<br />
Mutter Arcor. „Das Resultat dieser Umfrage soll Arcor- Chef <strong>St</strong>öber sehr geärgert haben, denn<br />
es belegte, dass o.tel.o am Telefonmarkt die bekanntere, sympathischere und leistungsfähigere<br />
Marke im Vergleich zu Arcor ist“. 71<br />
2.1.4 Markenprofilierung in Pattsituation<br />
Eine weitere Folge aus Liberalisierung, Hyperwettbewerb und Internationalisierung<br />
besteht in der Homogenisierung des Dienstleistungsangebots. Einerseits<br />
ist ein breites Angebotsspektrum die Vorrausetzung, um auf einem liberalisierten<br />
Markt überhaupt Fuß zu fassen. Deshalb verfügen die großen Anbieter<br />
über ähnliche Angebotspaletten. Andererseits unterscheiden sich die Dienstleistungsangebote<br />
in der Wahrnehmung der Telekommunikationskunden kaum<br />
in Qualität und funktionaler Ausgestaltung. Hohe Qualität ausgereifter Leistungen<br />
wird vom Konsumenten nicht nur erwartet, sondern gefordert. Differenzierung<br />
über objektive und funktionale Dienstleistungseigenschaften ist schwierig,<br />
weshalb eine Alleinstellung in erster Linie über die Marke und der mit ihr verbundenen<br />
Assoziationen des Konsumenten möglich ist.<br />
Allerdings ist bei diesem Trend, vom Leistungswettbewerb hin zum Kommunikationswettbewerb,<br />
vielfach eine hohe Ähnlichkeit der kommunikativen Auftritte<br />
zu verzeichnen. 72 In der Folge scheint besonders in vielen Dienstleistungsbereichen<br />
eine Verlagerung von der Austauschbarkeit der Leistungen hin zur<br />
Austauschbarkeit der Marken stattzufinden, was sich exemplarisch anhand der<br />
69 Kögler 1999, Expertengespräch.<br />
70 Schwarz 2001.<br />
71 Ebenda.<br />
72 Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 19.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 55<br />
inhaltlichen Unverbindlichkeit der Marken- bzw. Werbeclaims, der Beliebigkeit<br />
eingesetzter Testimonials und der Ähnlichkeit der Werbeträger - vor allem im<br />
Sport-Sponsoring - zeigen lässt (Abb. B-12).<br />
Unternehmen Claims<br />
Testimonials Sport-Sponsoring<br />
Arcor<br />
debitel<br />
E-Plus<br />
o.tel.o<br />
T-Com<br />
T-Mobile<br />
T-Online<br />
Enjoy communication.<br />
Hier bin ich richtig.<br />
Kommunikation ist alles.<br />
So nah als wär‘ man da!<br />
Mobile in mind.<br />
Ein Plus verbindet<br />
For a better understanding.<br />
Zukunft wird aus Ideen<br />
gemacht.<br />
Get more.<br />
For a better world for you.<br />
Ich leb Online mit T-Online.<br />
Felix Magath<br />
Franz Beckenbauer<br />
Claudia Schiffer<br />
Rudi Völler<br />
O2 O2 O2 O2 can do.<br />
Franz Beckenbauer<br />
Anke Engelke<br />
Veronica Ferres<br />
Dieter Bohlen<br />
Manfred Krug<br />
Günther Jauch<br />
<strong>St</strong>efanie Graf<br />
André Agassi<br />
Catherine Zeta-Jones<br />
Mika Häkkinen<br />
Til Schweiger<br />
Michael <strong>St</strong>einbrecher<br />
Cosma Shiva Hagen<br />
Klaus J. Behrendt<br />
Enie van de Meiklokjes<br />
Hertha BSC Berlin<br />
VfB <strong>St</strong>uttgart<br />
DFB<br />
Nationalmannschaft<br />
Hertha BSC Berlin<br />
Bayer 04 Leverkusen<br />
BMW Williams F1 Team<br />
FC Bayern München<br />
Team T-Mobile<br />
Vodafone D2 How are you?<br />
Michael Schumacher Ferrari F1 Team<br />
Manchester United<br />
Abb. B-12: Austauschbarkeit der Markenauftritte: Auswahl an Claims, Testimonials und Werbeträgern<br />
in der Kommunikation deutscher Telekommunikationsdienstleister (1998-2004) 73<br />
2.1.5 Innovationsgeschwindigkeit und Markenpositionierung<br />
Ein weiteres Kennzeichen der technikdominierten und hochstandardisierten<br />
Branche ist die hohe Innovationsgeschwindigkeit bei der Entwicklung von Leistungen<br />
und Leistungsbündeln. Gleichzeitig werden erfolgreiche Innovationen<br />
rasch nachgeahmt. Dies gilt zwar auch für viele Bereiche klassischer Marken.<br />
Allerdings ist die „Rezeptur“ einer innovativen Dienstleistung, anders als beispielsweise<br />
die „Coca-Cola-Formel“, patentrechtlich nicht schutzfähig.<br />
Aus dem Umfang und der enormen Geschwindigkeit technologischer Entwicklungen<br />
resultiert eine doppelte Problematik für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> von Tele-<br />
73 Quelle linke Spalte (Claims): Satelliten Media Design 2003.
56 Kapitel B<br />
kommunikationsunternehmen. Hohe Innovationsgeschwindigkeit erschwert die<br />
strategische Fokussierung einer Marke auf eine konkrete Markt-Leistungs-<br />
Kombination, weil Telekommunikationsdienstleistungen und -sortimente eine<br />
gewisse Variabilität bzw. Heterogenität aufweisen. „Leistungsbezogene dauerhafte<br />
Markenabgrenzungen sind in vielen Dienstleistungsbereichen kaum möglich,<br />
da die Zeitfenster des Wettbewerbsvorteils durch (technische) Leistungsinnovationen<br />
sehr klein sind.“ 74 Demgegenüber erfordert hohe Innovationsgeschwindigkeit<br />
einen - aus leistungsbezogener Sicht - flexiblen Markenkern, der<br />
mit der Produktentwicklung „mitwachsen“ kann. Die Reduktion eines vielfältigen<br />
Dienstleistungsspektrums auf einen gemeinsamen Nenner führt damit allerdings<br />
zur Problematik einer nicht fokussierten Markenpositionierung, die<br />
lediglich ein allgemeines Sympathie- und Vertrauensdach für das<br />
Leistungssortiment bildet. 75<br />
2.2 Markenumfeld Konsumenten<br />
Auf der Nachfragerseite des Telekommunikationsmarktes sind, wie auf zahlreichen<br />
dynamischen Märkten mit qualitativen Pattsituationen, zwei wesentliche<br />
und divergierende Tendenzen zu beobachten: Im Kampf um den Kunden wird<br />
dieser immer stärker kommunikativ umworben, gleichzeitig ist er immer weniger<br />
zur Informationsaufnahme bereit. Sein Konsumverhalten ist zudem kaum<br />
noch prognostizierbar. Auf liberalisierten Märkten kommt erschwerend hinzu,<br />
dass sich Konsumenten an den neuen Wettbewerb und das Markenangebot<br />
gewöhnen müssen.<br />
2.2.1 Markendenken entwickeln<br />
Anders als auf klassischen Markenmärkten können Konsumenten in der <strong>St</strong>artphase<br />
eines liberalisierten Marktes über keine langjährige Markenerfahrung<br />
bzw. -konditionierung verfügen. Aus ihren Erfahrungen des Monopolmarktes<br />
heraus ist Markenwettbewerb ungewohnt, weshalb Nachfrager das „Denken in<br />
Marken“ 76 zunächst erlernen bzw. sich hieran gewöhnen müssen. Solange<br />
Marktleistungen für die Mehrzahl der Konsumenten unproblematische Selbstverständlichkeiten<br />
darstellen, ist dieser Entwicklungsprozess nicht abgeschlossen.<br />
Man kann davon auszugehen, dass die vollkommene „Markenreife“<br />
liberalisierter Märkte grundsätzlich erst dann erreicht ist, sobald ein Markenmanagement<br />
auf das Entscheidungsverhalten derjenigen Konsumentengeneration<br />
abzielen kann, für die der Markenwettbewerb - und nicht primär die<br />
Leistung - eine Selbstverständlichkeit darstellt. Aus dieser Sicht hat die Relevanz<br />
der Marke auf dem Telekommunikationsmarkt noch nicht ihr volles Ausmaß<br />
erreicht.<br />
74 Ohnemus 1999, Expertengespräch.<br />
75 Vgl. hierzu Tomczak 1999, S. 28.<br />
76 Kögler 1999, Expertengespräch.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 57<br />
2.2.2 Mangelnde Wechselbereitschaft, geringe Markenbindung<br />
Wie die Historie liberalisierter Märkte zeigt, wurde der konsumentenseitige<br />
Leidensdruck im monopolistischen und die Wechselbereitschaft im postmonopolistischen<br />
Markt vielfach überschätzt. Wie auch im <strong>St</strong>rommarkt besteht<br />
seitens der Nachfrager ein enormes Beharrungspotential. „Schimpfen aber<br />
bleiben“ scheint die Devise zu lauten (s. Fallbeispiel Wechselbereitschaft). 77<br />
Die neuen Anbieter stehen vor der Herausforderung überproportionaler Anstrengungen,<br />
um die Nachfrager zu bewegen: „Nach meiner Hypothese liegt<br />
dies auch daran, dass der Deutsche - anders als in anderen Ländern - eine<br />
Entscheidung nicht stufenweise, sondern „optimal“ treffen möchte: Wenn er<br />
sich entscheidet, muss er das Gefühl haben, sich nicht nur „gut“ im Sinne eines<br />
kurzfristigen Vorteils entschieden zu haben, sondern sich „richtig“ entschieden<br />
zu haben. Und da es schwierig ist, die optimale Entscheidung zu treffen, wenn<br />
man sich nicht intensiv mit dem Thema auseinandersetzt und es sicherlich<br />
sinnvolleres für den Kunden gibt, als am Wochenende Mondscheintarife zu<br />
vergleichen, besteht die Hauptaufgabe in der Aktivierung der Menschen für die<br />
Sache.“ 78<br />
Fallbeispiel Wechselbereitschaft: Kunden bleiben der Telekom treu 79<br />
Der verschärfte Wettbewerb auf dem Festnetz-Markt mit immer neuen Tarifangeboten hat die<br />
Mehrheit der Deutschen nicht aus der Ruhe gebracht. Das zeigt eine von Forsa [...] durchge-<br />
führte Umfrage. Danach gaben 65 Prozent an, die neuen Möglichkeiten überhaupt noch nicht<br />
genutzt zu haben. 30 Prozent haben bereits über andere Anbieter telefoniert. Eine feste Neu-<br />
bindung sind aber nur drei Prozent eingegangen, der Rest machte keine Angaben. Die „Con-<br />
nect“-<strong>St</strong>udie zeigt auch Wachstumsgrenzen für die Wettbewerber. Mehr als die Hälfte der<br />
Deutschen (55%) will nämlich der Deutschen Telekom bis auf weiteres treu bleiben.<br />
Während mangelnde Wechselbereitschaft primär den Festnetzmarkt kennzeichnet,<br />
zeigt sich im Mobilfunkmarkt ein gegenteiliges Bild. Nach einer Zeit,<br />
in der potentielle Kunden von den Mobilfunkkonkurrenten über subventionierte<br />
Mobiltelefonpreise gelockt wurden, hat sich bei den Anbietern die Erkenntnis<br />
durchgesetzt, dass die lukrative Zielgruppe des umsatzstarken Kunden bereits<br />
im Markt ist. „Wer jetzt noch kein Mobilfunknutzer ist, wird in Zukunft voraussichtlich<br />
auch nicht zu den attraktivsten, also umsatzstärksten Kunden zählen.“<br />
80 Umgekehrt formuliert: Lukrative Neukunden können nur noch von der<br />
Konkurrenz abgeworben werden, lukrative Bestandskunden müssen durch<br />
kundenbindende Maßnahmen gehalten werden. Im Unterschied zum Festnetzmarkt<br />
zeichnet sich der Mobilfunkkunde durch eine hohe Wechselbereitschaft<br />
bzw. geringe Markenbindung aus. Nach einer TNS EMNID-<strong>St</strong>udie tendiert<br />
die Hälfte aller befragten Mobilfunkkunden zu einem Anbieterwechsel zum<br />
77 Vgl. Ohnemus 1999, Expertengespräch. Zur Wechselbereitschaft im <strong>St</strong>rommarkt vgl. GFK 2000.<br />
78 Ohnemus 1999, Expertengespräch.<br />
79 Aus: Der Tagesspiegel vom 22.03.1999 (o.V. Tagesspiegel 1999).<br />
80 Zütphen 2002, S. 22.
58 Kapitel B<br />
nächstmöglichen Zeitpunkt, während durchschnittlich nur 11 Prozent der Befragten<br />
überzeugte Markenkunden sind. Als besonders signifikant zeigt sich die<br />
überdurchschnittliche Höhe wechselbereiter Kunden von <strong>Service</strong> Providern,<br />
während die Netzanbieter - mit Ausnahme von Vodafone - über einen überdurchschnittlich<br />
hohen Anteil markentreuer Kunden verfügen (Abb. B-13). 81<br />
Gesamt 49% 11<br />
37<br />
36<br />
15 51%<br />
O2 O2 54% 15<br />
39<br />
21<br />
25 46%<br />
T-D1 52% 13<br />
39<br />
37<br />
11 48%<br />
Vodafone 50% 10<br />
40<br />
36<br />
15 50%<br />
E-Plus 46% 16<br />
30<br />
42<br />
12 54%<br />
Talkline 42% 10<br />
32<br />
43<br />
15 58%<br />
debitel 38% 8<br />
30<br />
47<br />
15 62%<br />
Mobilcom 28% 3 25<br />
44<br />
28 72%<br />
hoch<br />
Markenbindung<br />
Kunden sind . . . verwurzelt verbunden schwankend wechselbereit<br />
Abb. B-13 <strong>St</strong>ärke der Markenbindung im deutschen Mobilfunkmarkt 82<br />
2.2.3 Information Overload durch hohen Werbedruck<br />
gering<br />
Seit Marktöffnung wird der Kunde mit Werbung für Telekommunikationsdienstleistungen<br />
regelrecht überhäuft. Innerhalb weniger Jahre hat sich der Telekommunikationsmarkt<br />
zu einer der vier werbeintensivsten Branchen im Bereich<br />
der klassischen Medien entwickelt, die gemeinsam rund ein Drittel der Gesamtwerbeausgaben<br />
in Deutschland ausmachen (Abb. B-14). Der Werbedruck<br />
geht dabei nicht nur von neuen Anbietern zur Etablierung neuer Marken und<br />
Produkte aus, sondern ebenso bzw. überproportional von der Deutschen Telekom.<br />
Nach bereits drastischen Kürzungen gegenüber dem Vorjahr verfügte der<br />
Konzern in 2001 über einen Gesamtwerbeetat von 2 Milliarden EUR. 83 Hiervon<br />
entfielen etwa ein Drittel auf Werbekampagnen in klassischen Medien, zwei<br />
Drittel waren für nicht-klassische Marketingaktionen, wie Direktmarketing,<br />
Sponsoring und Events bestimmt. 84 Die Werbeausgaben für klassische Medien<br />
der Deutschen Telekom einschließlich T-Online und T-Mobile machten damit<br />
81 Vgl. Zütphen 2002, S. 23.<br />
82 Quelle: in Anlehnung an TNS emnid, zitiert nach Zütphen 2002, S. 23.<br />
83 Vgl. Delbrouck 2002.<br />
84 Vgl. o.V. Handelsblatt 2002.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 59<br />
knapp ein Viertel der Gesamtwerbeausgaben der Telekommunikationsbranche<br />
aus. 85 Den größten Werbeetat unter den Einzelunternehmen stellte mit 130 Millionen<br />
EUR Vodafone D2, gefolgt von Deutsche Telekom (Festnetz, 86 Millionen<br />
EUR), O2 und T-Mobile (jeweils knapp 72 Millionen EUR) und E-Plus (70<br />
Millionen EUR). 86<br />
Werbeinvestitionen in klassische Medien 2001<br />
(in Millionen Euro)<br />
1750<br />
1500<br />
1250<br />
1000<br />
750<br />
500<br />
250<br />
0<br />
1692<br />
1692<br />
Massenmedien<br />
1542<br />
Automobil<br />
1055<br />
848<br />
603 592 574<br />
Handel Tele- Süßwaren Spezialkommuvernikationsender<br />
Abb. B-14 Die Telekommunikationsindustrie als Top-Werbebranche 87<br />
535<br />
395<br />
395<br />
363<br />
Pharma FinanzFinanzUnterdienstanlagennehmensleistungenwerbung Damit liegt die Telekommunikationsbranche voll im Trend. Denn „Viel hilft viel!“<br />
scheint die Devise zahlreicher Marketing- und Kommunikationsexperten zu lauten,<br />
nach welcher der Erfolg einer Marke hauptsächlich von der Höhe der Werbeausgaben<br />
abhängt. Beleg hierfür ist die in den vergangenen Jahren<br />
allgemeine drastische Zunahme von Werbekampagnen in klassischen Medien<br />
sowie das enorme Wachstum der Medienbranche selbst. Neben Radio- und<br />
Fernsehsender, Tageszeitungen und Plakatanschlagstellen ist die intensive<br />
kommunikative Nutzung des Mediums Internet gerückt. Ferner fließt ein Großteil<br />
von Kommunikationsinvestitionen in so genannte, die klassischen Kommunikationsmaßnahmen<br />
ergänzende „Below-the-line-Aktivitäten“ wie etwa<br />
Events, Sponsoring oder Product Placement. 88<br />
Dass die inflationäre Ausweitung von Kommunikationsmaßnahmen nicht automatisch<br />
mit einer besseren Wirkung der Marke beim Konsumenten einhergeht,<br />
belegt eine Gemeinschaftsstudie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK)<br />
85 Vgl. Connect 2002, S. 109.<br />
86 Vgl. Connect 2002, S. 109.<br />
87 Quelle: A.C.Nielsen Marktforschung zitiert nach Connect 2002, S. 107.<br />
88 Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 15.
60 Kapitel B<br />
sowie dem Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA). Hieraus geht<br />
hervor, dass sich durch eine hundertprozentige <strong>St</strong>eigerung des Werbedrucks<br />
lediglich eine durchschnittliche Marktanteilssteigerung von 3,5 Prozent erzielen<br />
lässt. 89 Gleichzeitig wird, wie der Telekommunikationsbereich sehr plastisch<br />
verdeutlicht, durch höheren Werbedruck auch der Gegendruck der Konkurrenz<br />
verstärkt. Dies führt zu weiteren Effizienzeinbußen der Werbewirkung 90 und<br />
leistet dem zunehmenden Information Overload des Konsumenten Vorschub. 91<br />
Nach einer <strong>St</strong>udie des Instituts für Konsum- und Verhaltensforschung aus dem<br />
Jahre 1987 gingen damals bereits 98 Prozent der dargebotenen Informationen<br />
ungenutzt am Konsumenten vorüber bzw. wurden lediglich zwei Prozent der Informationen<br />
aufgenommen. 92<br />
2.2.4 Geringes Involvement für Dienstleistungsangebote<br />
Geringes Involvement der Konsumenten für Telekommunikationsdienstleistungen<br />
stellt eine weitere erschwerende Rahmenbedingung der Markenführung<br />
dar. 93 Grundsätzlich kann die wettbewerbsbedingte hohe Ähnlichkeit konsumtiver<br />
Dienstleistungen aus der subjektiven Sicht des Nachfragers - trotz der spezifischen<br />
Unsicherheitsprobleme des Produkts Dienstleistung - eine relative<br />
Reduktion ökonomischer und psychosozialer Risiken bewirken, die mit dem<br />
Abschluss eines Dienstleistungsvertrages verbunden sind. 94 Hieraus resultiert<br />
grundsätzlich ein geringes kognitives und emotionales Involvement der Konsumenten<br />
für die angebotene Dienstleistung, 95 das sich beispielsweise in Form<br />
geringer Zeitaufwendungen für die Betrachtung von Werbung oder Angeboten<br />
niederschlägt. So werden einseitige Zeitungsanzeigen nicht länger als zwei<br />
Sekunden betrachtet. 96<br />
Mit Blick auf die Marktsegmente des Telekommunikationsmarktes können bezüglich<br />
des Involvement durchaus Unterschiede festgestellt werden: Der Mobilfunkmarkt<br />
verfügt hier über eine gewisse Eigendynamik, da er von der<br />
Hardware dominiert wird. „Kunden kaufen kein Netz und keine Telefonkarten,<br />
sie kaufen Handys. Diese Handys [...] werden nach wie vor ohne Netzpräferenz<br />
erworben. Der Handymarkt wird von Nokia dominiert und Anbieter, die diese<br />
Handys nicht anbieten, haben keine Chance.“ 97 Im Unterschied hierzu spielt im<br />
Festnetzbereich die Hardware keine Rolle, da der Verbundcharakter der Produktkombination<br />
„Telefon-Telefonnetz“ kaum vorhanden ist. Und hier haben die<br />
89 Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen 2000a.<br />
90 Vgl. Buchholz/ Wördemann 1998, S. 18.<br />
91 Diese Situation stellt aus spieltheoretischer Sicht ein „Gefangenendilemma“ dar.<br />
92 Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 17 f.<br />
93 Das Involvementkonzept wurde 1965 durch Krugman in die Marketingtheorie eingeführt und hat<br />
sich seitdem zu einem grundlegenden Ansatz des Konsumentenverhaltens entwickelt.<br />
94 Vgl. Rossiter/ Percy 1997, S. 166 f.<br />
95 Vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 57 f.<br />
96 Vgl. Esch 2004, S. 32.<br />
97 Brasch 1999, Expertengespräch.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 61<br />
Kunden sehr schnell verstanden, „dass die Wahl der Telefongesellschaft im<br />
Festnetzmarkt nur über den Preis geht.“ 98 Das Involvement richtet sich daher<br />
primär auf Tarife und Preisstrukturen.<br />
2.2.5 „Irrationales“ Konsumentenverhalten<br />
Eine generelle und wesentliche Rahmenbedingung und Herausforderung für<br />
die Markenführung ergibt sich aus den veränderten Konsumgewohnheiten des<br />
„neuen“ Konsumenten. Waren Verbraucher früher noch relativ einfach über klare<br />
Präferenzmuster greifbar, „so ist ihr Konsumverhalten heute komplex, bipolar,<br />
ja in vielerlei Hinsicht sogar widersprüchlich geworden“ 99 . Der Verbraucher<br />
befindet sich zunehmend „in Bewegung“ und verhält sich wie ein „Fisch“ 100 . Die<br />
Beschreibungen dieses Verhaltens, sie reichen von situativ, hybride oder multioptional<br />
bis hin zu paradox und schizophren, 101 sind ebenso vielschichtig wie<br />
die Kategorien der neuen Käufersegmente (System Beater, Smart Shopper,<br />
Schnäppchenjäger etc.) 102 .<br />
Zahlreiche Sozial- und Konsumentenforscher sehen die Ursachen des modernen<br />
Konsumentenverhaltens im Wandel, 103 Pluralismus 104 und in der Synthese<br />
105 gesellschaftlicher Werte und Normen. Die heutigen Wertestrukturen<br />
manifestieren sich beispielsweise in Form zunehmender Erlebnisorientierung,<br />
in Umwelt-, Natur- und Gesundheitsbewusstsein, in Freizeitorientierung, internationaler<br />
und multikultureller Ausrichtung, Hedonismus und individueller<br />
Selbstentfaltung. 106 Wenngleich durch diese Entwicklung die potentiellen Zugangsmotive<br />
zu Marken heute sehr viel breiter sind als noch vor einigen Jahren,<br />
107 hat die Marke ihre grundsätzlichen Funktionen der Orientierung und<br />
Differenzierung nicht eingebüsst. Insbesondere auf Märkten, auf denen die<br />
Marke als Garant eines relevanten Qualitätsvorsprungs oder als Ausdruck eines<br />
individuellen Lebensstils wahrgenommen wird, sind Markenkaufbereitschaft<br />
und Markenbewusstsein der Konsumenten unverändert hoch. 108<br />
2.3 Markenumfeld Lieferanten und Absatzmittler<br />
In Bezug auf Lieferanten und Absatzmittler weist der Telekommunikationsmarkt<br />
in seiner Eigenschaft als Netzeffektmarkt eine aus markenstrategischer<br />
98 Brasch 1999, Expertengespräch.<br />
99 Herrmann 1999, S. 63.<br />
100 Vgl. Horx 1995, S. 60.<br />
101 Vgl. Schmalen/ Lang 1998, S. 5; Schüppenhauer 1998, S. 5; Liebmann 1996, S. 41.<br />
102 Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 23 ff.<br />
103 Vgl. Inglehart 1995 sowie 1998.<br />
104 Vgl. Bismarck/ Baumann 1996, S. 76.<br />
105 Vgl. Herbert 1993, S. 2.<br />
106 Vgl. zusammenfassend Esch/ Wicke 2001, S. 21 ff.<br />
107 Vgl. Buchholz/ Wördemann 1998, S. 29 ff.<br />
108 Vgl. Esch/ Wicke 2001, S. 27 ff.
62 Kapitel B<br />
Sicht wesentliche Besonderheit auf. Die aus der regulierungstechnisch bedingten<br />
Trennung von Netz und Leistung entstandenen Schlüsselanbieter Netzbetreiber<br />
und <strong>Service</strong> Provider stehen nicht nur untereinander im Markenwettbewerb,<br />
sondern sind gleichzeitig über eine Lieferanten-/Vertriebsbeziehung<br />
eng miteinander verbunden. So sind Netzbetreiber als Produzenten eigenvermarkteter<br />
Leistungen gleichzeitig Zulieferer für <strong>Service</strong> Provider, während <strong>Service</strong><br />
Provider als Konfigurator fremder Netzleistungen zugleich Konkurrenz und<br />
Vertriebskanal für Netzbetreiber darstellen.<br />
Diese Konstellation bedingt eine insbesondere für <strong>Service</strong> Provider grundsätzliche<br />
Wettbewerbs- und Differenzierungsproblematik, die auch anhand der bereits<br />
dargestellten Wertschöpfungskette 109 deutlich wird. Netzbetreiber, die auf<br />
die gesamte Wertschöpfungskette Zugriff haben, verfügen besonders mit<br />
breitbandigen Netzen über „essential facilities“, die für den gesamten Leistungserstellungsprozess<br />
von fundamentaler Bedeutung sind. 110 Zwar können<br />
<strong>Service</strong> Provider diese Fähigkeiten regulationsbedingt ebenfalls nutzen, doch<br />
besitzen sie keinerlei eigenständige technische Differenzierungsmöglichkeiten,<br />
die nicht ebenfalls von einem Netzbetreiber kurzfristig aufgebaut werden könnten.<br />
Die einzige sich aus der Marktstellung des <strong>Service</strong> Providers ergebende<br />
Alleinstellungsmöglichkeit (gegenüber Netzbetreibern) besteht in der netzübergreifenden<br />
Kundenberatung im Vorfeld eines Vertragsabschlusses, einer Leistung<br />
also, die der Kunde auch ohne Kaufvertrag in Anspruch nehmen oder<br />
gleichermaßen mit Hilfe von Fachzeitschriften oder Internetrecherchen abfragen<br />
kann. Eine leistungsbezogene Differenzierung gegenüber anderen <strong>Service</strong><br />
Providern kann primär über die Konfiguration attraktiver Preis-Leistungs-<br />
Bündel oder über die Entwicklung intelligenter Mehrwertdienste erfolgen. Aufgrund<br />
der Dynamik und der Vielzahl von Innovationen in diesem Sektor ist die<br />
<strong>St</strong>rategie der meisten Anbieter bis heute von einem kreativen „Trial-and-Error“-<br />
Verhalten bestimmt, was sowohl die Angebote als auch die Unternehmensstrukturen<br />
betrifft.<br />
109 Vg. Abb. B-8<br />
110 Vgl. Büllingen/ <strong>St</strong>amm 2001, S. 38.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 63<br />
3. Unternehmensinterne Faktoren des Markenumfelds<br />
Um das unternehmerische Erfolgspotential des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> zu realisieren,<br />
sind seitens des markenführenden Unternehmens eine Vielzahl operativer Anforderungen<br />
zu erfüllen, die sowohl finanzielle, personelle, juristische als auch<br />
organisatorische Aspekte umfassen. Faktisch aber erfolgt das Markenmanagement<br />
der Telekommunikationsdienstleister oftmals unter Voraussetzungen,<br />
die zu enormen Problemen in der strategischen und operativen Umsetzung<br />
führen. Da operative Aspekte nicht Gegenstand dieser Arbeit sind, werden<br />
nachfolgend nur einige kritische unternehmensinterne Faktoren beziehungsweise<br />
Problemfelder des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> exemplarisch erörtert.<br />
3.1 Brand Excellence als Kernbedingung<br />
Aufbau und Führung starker Marken ist ohne Brand Excellence in markenführenden<br />
Unternehmen unmöglich. Brand Excellence umfasst neben hoher Markenkompetenz,<br />
dem Verständnis um das Funktionieren von Marken, ebenso<br />
klare Markenverantwortlichkeit, d.h. eine klare zu- und übergeordnete Führungs-<br />
und Richtlinienkompetenz für strategische und operative Markenentscheidungen.<br />
Brand Excellence erfordert eine feste Verankerung auf Top-<br />
Management-Ebene, weil ohne „Leadership [...] die volle Ertragskraft einer<br />
Marke nicht ausgeschöpft werden“ 111 kann. Gleichzeitig müssen Markenkonzepte<br />
derart manifestiert sein, dass sie Führungswechsel unbeschadet überstehen<br />
können, ohne Gegenstand persönlicher Profilierung zu werden. 112<br />
Die Frage nach der Brand Excellence konnten zahlreiche Unternehmen des<br />
Telekommunikationsbereichs lange Zeit nur sehr dürftig beantworten, einige<br />
bis heute nicht. Auch hier lassen sich Probleme auf die Markt- und jeweilige<br />
Unternehmenshistorie zurückführen: Denn in der <strong>St</strong>art-up-Phase des deregulierten<br />
Marktes, 113 aber auch zahlreicher neugegründeter Telekommunikationsunternehmen<br />
spielte Technik die dominierende Rolle (s. Fallbeispiel VIAG<br />
Interkom). „In dieser Phase wird das Thema Vermarktung als zweitrangig angesehen:<br />
Es dominiert die Sichtweise der Ingenieure. Und dabei wird schlicht<br />
vernachlässigt, dass sich auf der Kundenseite eben keine Ingenieure befinden.“<br />
114 In der Folge bestimmten und bestimmen in zahlreichen Unternehmen<br />
Vertrieb und Handelsmarketing die Werbeinhalte.<br />
111 Vgl. Mei-Pochtler 1998, S. 77.<br />
112 Vgl. hierzu das folgende Kapitel B 3.2.<br />
113 Vgl. Abb. B-10.<br />
114 Ohnemus 1999, Expertengespräch.
64 Kapitel B<br />
Fallbeispiel VIAG Interkom: Von der Technikdominanz zum Markenmanagement 115<br />
Bis 1998 wurden unter dem Markenzeichen VIAG Interkom (Schrifttyp, gelb-weiß) verschiede-<br />
ne Produkte angeboten, „die irgendetwas mit Telekommunikation (Festnetz, Mobilfunk, Inter-<br />
net) zu tun hatten, aber weiter keine Gemeinsamkeiten aufwiesen“. Danach hat sich VIAG<br />
Interkom intensiv mit Marke beschäftigt: Es erfolgte die systematische Suche nach und Defini-<br />
tion von Gemeinsamkeiten des heterogenen Leistungsspektrums und die Beantwortung der<br />
Frage, wofür die Marke stehen soll.<br />
Auf inhaltlicher Ebene sollte VIAG Interkom für Innovation und Telekommunikation, auf emoti-<br />
onaler Ebene für „Herz und Motor der Telekommunikation“ stehen. Des weiteren sollte - auch<br />
in Abgrenzung zur Deutschen Telekom - das Unternehmen die Konnotation „frech und pfiffig“<br />
erhalten. „Allerdings müssen wir hierbei beachten, nicht unseriös zu wirken und nicht pfiffig in<br />
dem Sinne zu sein, den Markt abzuschöpfen, wie dies bei bestimmten Konkurrenten zu beo-<br />
bachten ist.“ Für VIAG Interkom bedeutete dies im Umkehrschluss, alle Maßnahmen und Leis-<br />
tungen, die diese Dimensionen nicht unterstützen, konsequent aus der Markenkommunikation<br />
zurückzunehmen. In der Konsequenz wurde die Call-by-Call-Nummer als günstige Gelegenheit<br />
zum Telefonieren kommuniziert. Vor dem Markenauftritt lautete die Botschaft: „VIAG Interkom<br />
bietet mit 01090 eine günstige Gelegenheit zu telefonieren.“ Hier hat sich die Gewichtung der<br />
Kommunikationsinhalte zu Gunsten der Marke verlagert. Gleichzeitig grenzte sich VIAG Inter-<br />
kom von Konkurrenten ab, die in ihrem Werbeauftritt primär die Preisdimension dramatisieren.<br />
„Wenn wir heute als Marke VIAG Interkom mit dem Verbraucher sprechen, tun wir dies über<br />
Produkte mit wirklich innovativen Komponenten, die damit unsere Markeninhalte unterstützen.<br />
Hier setzen wir das Produkt GENION quasi mit der Marke VIAG Interkom gleich.“<br />
Organisatorisch wurde der Schritt von Technikfokussierung zum Markenmanagement durch<br />
Aufteilung in die Funktionen Brand Management und Product Management begleitet: Der Auf-<br />
gabenbereich des Product Management umfasst die Entwicklung von Produktkonzepten (tech-<br />
nische Umsetzung, Preisspannen etc.). Aufgabe des Brand Management ist, diese Produkte<br />
kommunikativ umzusetzen und sie am Markt entsprechend anzubieten und zu verkaufen. Bei-<br />
de Bereiche arbeiten eng zusammen und stimmen sich ab - hinsichtlich der technischen Mög-<br />
lichkeiten („Was können wir?“) und der marktlichen Erfordernisse („Was brauchen wir?“).<br />
3.2 Kurzfristiger Erfolgsdruck vs. langfristiger Markenerfolg<br />
Ein Gütekriterium der organisatorischen und institutionellen Verankerung und<br />
Umsetzung des Markenmanagements besteht in der Kompatibilität zwischen<br />
kurzfristigem Erfolgsdruck bzw. Erfolgsdenken des Managements sowie der erforderlichen<br />
Ausdauer und Langfristigkeit bei Markeninvestitionen. 116<br />
Ursächlich für die Dominanz des kurzfristigen Managementfokus können anreizinkompatible<br />
Entlohnungsmechanismen sein. Sie sind dadurch gekennzeichnet,<br />
dass die Höhe des variablen Gehaltsanteils von Markenmanagern an<br />
115 Ohnemus 1999, Expertengespräch. Das Fallbeispiel bezieht sich auf die Zeit vor der Umfirmierung<br />
von VIAG Interkom in O2 Germany Anfang 2002.<br />
116 Vgl. Aaker 1996, S. 34.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 65<br />
Ziel- und Erfolgsgrößen (wie z. B. die jährliche Umsatzveränderung) gekoppelt<br />
ist, in denen sich langfristige Unternehmensziele oder Markenkennziffern nicht<br />
widerspiegeln. Vor diesem Hintergrund verhalten sich Markenmanager durchaus<br />
ökonomisch rational und systemkonform, wenn sie die Mitarbeit an einer<br />
Marke zur kurzfristigen Profilierung der eigenen Vita oder als Karrieresprungbrett<br />
nutzen. Langfristige Auswirkungen ihrer Entscheidung auf die Marke werden<br />
dann vernachlässigt. 117 Anreizkompatibilität würde hier den Einsatz von<br />
Erfolgsgrößen erfordern, die gleichzeitig zur Beurteilung der eigentlichen Markenführungsqualität<br />
geeignet sind. 118<br />
Ähnliche temporale Inkompatibilitäten kann auch die einseitige Orientierung<br />
auf den Shareholder Value bewirken, dessen Fokus ebenfalls auf eine kurzfristige<br />
Optimierung der (Quartals-)Gewinne anstatt auf die langfristige Unternehmensentwicklung<br />
ausgerichtet ist. 119 So können Maßnahmen wie preis- und<br />
konditionenpolitische Verkaufsaktionen, die etwa aufgrund ihrer quantitativen<br />
Umsatzwirkung durchaus zu kurzfristigen Aktienkurssteigerungen führen, im<br />
Gegenzug auf mittlere bis lange Perspektive das Markenkapital ruinieren.<br />
Insgesamt verdeutlichen diese Beispiele nicht nur die Notwendigkeit der organisatorischen<br />
und institutionellen Verankerung des Markenmanagements, sondern<br />
ebenso die Erfordernis eines professionellen Markencontrollings, das den<br />
immateriellen Wert der Marke als verhaltensbeeinflussendes Vorstellungsbild<br />
im Gedächtnis der Verbraucher auch in finanzwirtschaftlichen Konzepten berücksichtigt<br />
bzw. integriert.<br />
3.3 Markenverantwortung und die Rolle der Werbeagenturen<br />
Im Zusammenhang des Markenauftritts stellt sich die Frage nach der Rolle der<br />
Werbeagenturen. Der Kern einer Agenturleistung, die visuelle Umsetzung und<br />
Dramatisierung einer Markenstrategie, ist ein höchst kreativer, künstlerischschöpferischer<br />
Prozess. Erfolgreiche Markenumsetzung erfordert daher zwingend<br />
das Zusammenspiel zweier Kräfte: des markensensitiven Managements<br />
und der kreativen Werbeagentur. Dabei gilt allerdings, dass auch die beste<br />
Agentur keine Marke nachhaltig etablieren kann, wenn dem Auftraggeber das<br />
Verständnis und die Sensibilität für Marke fehlt. Und umgekehrt ist auch die<br />
beste Markenstrategie eines Auftraggebers erfolglos, wenn die Agentur keine<br />
hervorragende Kreativleistung erbringt. Das markenführende Unternehmen befindet<br />
sich hier in der Bringschuld einer klaren Markenvision und -strategie, an<br />
denen die Kreativleistung der Agentur ansetzen muss. 120<br />
117 Vgl. Esch 2004, S. 56.<br />
118 Zu Anforderungen an anreizkompatible Entlohnungssysteme vgl. Laux 1990.<br />
119 Vgl. Tomczak/ Coppetti 2004, S. 287.<br />
120 Brasch 1999, Expertengespräch.
66 Kapitel B<br />
Dienstleistungsunternehmen<br />
Eigener Geschäftszweck<br />
Fehlende oder unvollständige<br />
Markenstrategie<br />
Unvollständige Aufgabenstellungen<br />
und Briefingunterlagen<br />
Zeitdruck<br />
Erfolgsdruck<br />
Projektspezifische<br />
Kooperation<br />
Kooperationsprobleme<br />
Abb. B-15 Ursachen für Kooperationsprobleme mit Werbeagenturen<br />
Werbeagentur<br />
Eigener Geschäftszweck<br />
Mangel an erforderlichem<br />
leistungs- und unternehmensspezifischem<br />
Know-how<br />
Erfolgsdruck<br />
„Agenturstempel” prägt Marke<br />
Dieser Zusammenhang verdeutlicht nochmals, dass Markenführung eine nicht<br />
delegierbare Unternehmensaufgabe ist. „Man kann sich Hilfestellungen, Anregungen<br />
usw. holen, muss aber am Ende selbst entscheiden, welche Markengrundsatzstrategie<br />
aus der Vielzahl möglicher Alternativen gewählt wird und<br />
muss diese - auch in Zusammenarbeit mit Agenturen - konsequent verfolgen.“<br />
121 Fehlende oder mangelnde Brand Excellence des Markeninhabers, Unsicherheit<br />
oder Unvermögen in der Frage, was Marke ist und wie man Marke<br />
führt, dürfte daher, neben der „falschen“ Agenturwahl, eine der häufigsten Ursachen<br />
zentraler Kooperationsprobleme und erfolgloser Markenumsetzungen<br />
sein (Abb. B-15). Denn jede Werbeagentur hat den Geschäftszweck, Werbung<br />
zu verkaufen. Hieraus generiert sie Umsatz und Ansehen, weshalb es für sie<br />
und ihre Mitarbeiter oftmals das wichtigste Ziel ist, auffallende und ungewöhnliche<br />
Werbung zu kreieren. „Dies hilft nicht zwingend der Positionierung einer<br />
relevanten, starken Marke. Insofern sind Agenturen sicher wichtig, aber Firmen,<br />
die nicht über eine interne starke <strong>St</strong>euerung verfügen, sind verloren. Und<br />
gerade das oftmals fehlende Markenverständnis von Dienstleistern macht diese<br />
Firmen zu einem Eldorado für Agenturen und Berater, die sich ja dieser<br />
Situation bewusst sind: Und was man dann zum Teil angeboten bekommt, ist<br />
wirklich eine Frechheit.“ 122<br />
121 Ohnemus 1999, Expertengespräch.<br />
122 Ebenda.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 67<br />
4. Anwendungsorientierte Implikationen als<br />
Zwischenfazit<br />
Die Betrachtung unternehmensexterner und -interner Umfeldfaktoren von Marken<br />
für Telekommunikationsdienstleistungen hat gezeigt, dass diese in vielfältiger<br />
Form Einfluss nehmen auf Notwendigkeiten und Möglichkeiten der<br />
strategischen Markenführung. Dabei resultieren die multikausalen Problem-<br />
und Wirkungszusammenhänge aus dem Zusammenwirken allgemeiner Anforderungen<br />
an das Markenmanagement sowie situativer Rahmen- und Leistungsbedingungen<br />
des Telekommunikationsmarktes. Im Folgenden sollen das<br />
Spektrum umfeldbedingter Herausforderungen aus problemorientierter Sicht interpretiert<br />
sowie markenrelevante Implikationen als realitätsorientierte Grundlage<br />
der weiteren Untersuchung abgeleitet werden.<br />
4.1 Umfeldbedingte Herausforderungen<br />
Betrachtet man die skizzierten Faktoren des Markenumfelds vor dem Hintergrund<br />
der forschungsleitenden Frage bzw. Zielsetzung dieser Arbeit (<strong>St</strong>ichwort:<br />
Aufbau innerer Markenbilder zur <strong>St</strong>eigerung der Präferenzbildung), lassen sich<br />
hieraus als besondere Schwerpunkte Herausforderungen in der strategischen<br />
Markenabgrenzung, der nachhaltigen Markenprofilierung sowie der Wirkungseffizienz<br />
der Markenkommunikation ableiten.<br />
<strong>St</strong>rategische Markenabgrenzung<br />
Vorbei sind die Zeiten, in denen man „einfach nur telefonieren“ 123 konnte und<br />
wollte: Telekommunikationsdienstleistungen entwickeln sich seit der Öffnung<br />
des Marktes in einer Aufwärtsspirale aus technologischer Innovation und veränderten<br />
Konsumentenbedürfnissen zu komplexen Leistungspaketen, die für<br />
den Kunden immer schwieriger zu überschauen sind. Gleichzeitig weisen die<br />
Sortimente der einzelnen Anbieter eine wettbewerbs-, technologie- und innovationsbedingt<br />
hohe Veränderungsdynamik (Variabilität) und Heterogenität auf.<br />
Vor diesem Hintergrund ergeben sich für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> von Telekommunikationsdienstleistern<br />
Herausforderungen bei der strategischen Markenabgrenzung<br />
(Abb. B-16), in deren Mittelpunkt die Gestaltungsentscheidung steht,<br />
unter welchen und wie vielen Marken der Anbieter welche und wie viele Dienstleistungen<br />
vermarktet. 124 Für Telekommunikationsdienstleister erweist sich ei-<br />
123 „Ich will doch einfach nur telefonieren!“: Werbespruch eines Mobilfunkanbieters in den 90er Jahren.<br />
124 Aus klassischer Sicht begründet diese Entscheidung die Wahl einer Dach-, Programm-, oder<br />
Einzelmarkenstrategie bzw. deren Kombination. Im Falle einer Mehrmarkenstrategie umfasst das<br />
markenstrategische Gestaltungsfeld auch die Architektur der Marken und ihrer Beziehungen zueinander.<br />
Mehrmarkenstrategien können horizontal (z. B. zwei Programmmarken) und vertikal<br />
(z. B. Dachmarke mit Programm- und Einzelmarken) ausgerichtet sein (vgl. Esch 2004, S. 391).
68 Kapitel B<br />
ne langfristige Markenabgrenzung auf Leistungsebene als kaum möglich, da<br />
die Zeitfenster des Wettbewerbsvorteils durch (technische) Leistungsinnovationen<br />
sehr klein sind. 125 Die Beziehung zwischen Programm- bzw. Leistungsmarke<br />
und den jeweils zugrunde liegenden Dienstleistungen ist somit einem<br />
ständigen Veränderungsprozess ausgesetzt, der zwangsläufig zum Problem<br />
der Anpassungsnotwendigkeit und Kontinuität des Markensystems führt. Zudem<br />
bewirkt die zunehmende Konvergenz der Telekommunikations-Teilmärkte<br />
die immer stärkere Vernetzung von zuvor eigenständigen Leistungen. Gerade<br />
bei den auf die Teilmärkte Festnetz, Mobilfunk oder Internet ausgerichteten<br />
Marken führt dies in der Folge zu <strong>St</strong>örungen in der Markenwahrnehmung der<br />
Konsumenten, sowohl in der Trennschärfe als in der Anordnungslogik der Markenarchitektur.<br />
126 Die Aufgabe der Entwicklung von Markenstrategien für<br />
Telekommunikationsdienstleistungen muss demzufolge in einem Spannungsfeld<br />
zwischen notwendiger Kontinuität und gleichzeitig erforderlicher<br />
Anpassung gelöst werden, 127 was auch ein gewisses Dilemma des<br />
klassischen Ansatzes (Dachmarke versus Programmmarke) offenbart.<br />
Wettbewerbs- und<br />
technologisch bedingte<br />
hohe Innovations- und<br />
Veränderungsdynamik<br />
des Dienstleistungsangebots<br />
Konvergenz der<br />
Teilmärkte/<br />
Marktsegmente<br />
Ursachen Herausforderungen<br />
Hohe Variabilität einzelner Problem der Gestaltung kontinuierlicher Leistungs-<br />
Dienstleistungen<br />
marken<br />
Hohe Variabilität einzelner Problem der Gestaltung kontinuierlicher Sortiments-<br />
Dienstleistungssortimente marken<br />
Markendehnung: Ausweitung<br />
und Veränderung<br />
des Leistungskatalogs unter<br />
Mangelnder Fit zwischen Marke und Dienstleistungen<br />
bestehendem Markendach<br />
Hohe Heterogenität des<br />
Dienstleistungsangebots im<br />
Gesamtmarkt<br />
Problem der nicht integrierten Markenwahrnehmung<br />
durch den Konsumenten<br />
Hoher Abstraktionsgrad der Schwache Wahrnehmung der Markenidentität durch<br />
Gesamtmarke<br />
den Konsumenten ("leere" Marke)<br />
Abb. B-16: Herausforderung strategische Markenabgrenzung<br />
Die Interdependenz dieser Aufgabe mit Fragen der Markenpositionierung und<br />
-profilierung verdeutlicht, dass Entscheidungsabläufe bezüglich Markenstrategie<br />
und -inhalt nicht isoliert, sondern integriert stattfinden sollten. Dennoch trägt<br />
eine sachlogische Trennung zum besseren Problemverständnis sowie zur (internen)<br />
<strong>St</strong>rukturierung und Ordnung des komplexen Entscheidungsprozesses<br />
im <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> bei. Der strategischen Gestaltung der Marke-Leistungs-<br />
Relation kommt so, als Gerüst der Markenführung, eine Schlüsselrolle im <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> zu.<br />
125 Ohnemus 1999, Expertengespräch.<br />
126 Vgl. hierzu Esch 2004, S. 403.<br />
127 Vgl. Jenner 1999, S. 151.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 69<br />
Nachhaltige Markenprofilierung<br />
Während also die strategische Markenabgrenzung unter anderem die<br />
Grundsatzentscheidung über die Anzahl der Marken umfasst, kommt der Markenprofilierung<br />
bzw. Markenpositionierung die Aufgabe der inhaltlichen Ausgestaltung<br />
der jeweiligen Marke sowie des Aufbaus eines positiven,<br />
differenzierenden und relevanten Markenimages zu. 128 In diesem Zusammenhang<br />
erweisen sich die Möglichkeiten der Gestaltung eines differenzierten<br />
Markenprofils auf inhaltlicher und objektiver Leistungsebene für<br />
Telekommunikationsanbieter aufgrund zahlreicher umfeldbedingter Ursachen<br />
als schwierig (Abb. B-17).<br />
Austauschbarkeit/ Ähnlichkeit<br />
der Leistungen<br />
Leistungspatt<br />
Mangel an objektiven Differenzierungsmöglichkeiten<br />
Hohe Nachahmungs- Kurzfristigkeit objektiver Problem der dauerhafter Leistungsdifferenzierung im<br />
geschwindigkeit Differenzierungsvorteile Wettbewerb<br />
Hohe Innovations- Schneller Wandel des Problem der Bestimmung der Markenidentität<br />
geschwindigkeit Leistungssortiments<br />
Hoher Abstraktionsgrad des Gefahr der Austauschbarkeit von Marken<br />
Markenkerns<br />
Schwache Wahrnehmung der Marke durch den<br />
Kunden<br />
Liberalisierung David/Goliath-Situation Eigenständige Differenzierung im Wettbewerb<br />
Low Involvement<br />
Ursachen Herausforderungen<br />
Intensiver Preiswettbewerb<br />
Konsumenten sind noch<br />
nicht an Marken "gewöhnt„<br />
Hohe Preissensibilität der<br />
Kunden<br />
Abb. B-17: Herausforderung nachhaltige Markenprofilierung<br />
Überwindung von Wechselbarrieren<br />
Gestaltung langfristiger Profilierung trotz Preiskampf<br />
Schaffung von Markenakzeptanz<br />
Überwindung Low Involvement<br />
Überwindung der geringen Wechselbereitschaft von<br />
Kunden<br />
Evaluierung relevanter Differenzierungsmerkmale<br />
Der von Konsumgütermärkten sattsam bekannten hohen Austauschbarkeit und<br />
Ähnlichkeit der Leistungen begegnen diese oftmals mit einer Markenkerngestaltung<br />
von hoher Beliebigkeit (innovativ, sympathisch, nett etc.), die zu einer<br />
Wiederholung der Austauschbarkeit und Ähnlichkeit auf Positionierungs-<br />
und Imageebene führt. Eine telekommunikationsmarktspezifische Ursache<br />
nicht differenzierter Markenpositionierung und -wahrnehmung liegt auch in liberalisierungsbedingten<br />
Umständen. Unter den neuen Wettbewerbern bestand<br />
und besteht teilweise noch die Tendenz, den ehemaligen Monopolisten zum<br />
Bezugspunkt eigener Positionierungsstrategien zu machen. 129 Auch hieraus er-<br />
128 Vgl. hierzu Kapitel C 2.2.2. Zum Zusammenhang zwischen Markenprofilierung und -positionierung<br />
sowie Markenidentität und Markenimage vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 29 ff.<br />
sowie Esch 2004, S. 87.<br />
129 Ohnemus 1999, Expertengespräch.
70 Kapitel B<br />
klärt sich die häufige Verwendung allgemeiner Positionierungsziele wie Kompetenz,<br />
Kundenfreundlichkeit oder Sympathie. Eine aus Konsumentensicht<br />
eindeutige, geschweige denn relevante Profilierung, die eine nachhaltige inhaltliche<br />
Markenverankerung im Wahrnehmungs- und Bedeutungshaushalt zur<br />
Folge hat, kann unter diesen Prämissen kaum erzielt werden. Im Ergebnis<br />
kommt es häufig zu dem Phänomen „leerer Marken“, die zwar bekannt sind,<br />
aber keine Assoziationen generieren. 130 Die Profilierung von Dienstleistungsmarken,<br />
insbesondere die Gestaltung des Markenkerns sowie die Suche nach<br />
relevanten Positionierungsdimensionen, erweist sich somit als eine schwierige<br />
und zentrale Herausforderung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>.<br />
Wirkungseffizienz der Markenkommunikation<br />
Eine weitere wesentliche Herausforderung für die Markenführung von Telekommunikationsdienstleistern<br />
besteht hinsichtlich der Wirksamkeit der Markenkommunikation<br />
beziehungsweise der Vermittlung relevanter Markeninhalte<br />
(Abb. B-18). Auf dem Hintergrund eines bestehenden Hyper-Kommunikationswettbewerbs<br />
befinden sich die Anbieter im Kampf um die Aufmerksamkeit eines<br />
Kunden, dessen Möglichkeiten, aber auch dessen Bereitschaft zur<br />
Informationsaufnahme objektiv-physisch und subjektiv-willentlich stark limitiert<br />
sind. Telekommunikationsdienstleister stehen somit vor der Herausforderung,<br />
Markeninhalte beziehungsweise differenzierende Positionierungseigenschaften<br />
innerhalb kleiner Zeitfenster kommunizieren zu müssen, in<br />
denen der Konsument die Marke kontaktiert.<br />
Hyperwettbewerb in<br />
Kommunikation<br />
Low Involvement<br />
Ursachen Herausforderungen<br />
Information Overload des<br />
Konsumenten<br />
Hohe Kommunikationskosten<br />
Geringe Kommunikationseffizienz<br />
Wettbewerb um Werbekontaktzeiten<br />
Geringe werbliche Aufmerksamkeit<br />
Kurze Werbekontaktzeiten<br />
Abb. B-18: Herausforderung wirkungseffiziente Markenkommunikation<br />
In diesem Zusammenhang werden die Versuche zwar verständlicher, Aufmerksamkeit<br />
um jeden Preis durch die Einbeziehung von Testimonials oder<br />
durch den Einsatz von Sport- und insbesondere Fußballsponsoring erzielen zu<br />
wollen. Was bis heute - im Falle von Testimonials - zu einem regelrechten<br />
Kampagnen-Tourismus zwar allseits bekannter, aber durchaus austauschbarer<br />
Prominenter geführt hat. Inwieweit diese Maßnahmen im Rahmen des beschriebenen<br />
Umfelds allerdings zur Schaffung oder Unterstützung eines eigen-<br />
130 Brasch 1999, Expertengespräch. Vgl. hierzu ausführlicher Kapitel C 1.1.4.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 71<br />
ständigen, originären Markenbildes geeignet sind, kann bezweifelt werden.<br />
Denn aus Sicht der Konsumenten können diese zwar durchaus unterhaltsam<br />
sein, führen aber aufgrund ihrer Häufigkeit und Beliebigkeit nicht notwendigerweise<br />
zum gewünschten Imagetransfer bzw. zum nachhaltigen Aufbau profilierter<br />
Gedächtnisstrukturen.<br />
Herausforderung operative Umsetzung<br />
Dass neben wettbewerbs-, konsumenten-, lieferanten- und absatzmittlerseitigen<br />
Umfeldbedingungen ebenso Gegebenheiten und Wirkungszusammenhänge<br />
des unternehmensinternen Markenumfelds Herausforderungen an das<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> und insbesondere dessen operativer Umsetzung implizieren,<br />
hat die Betrachtung verdeutlicht (Abb. B-19).<br />
Shareholder-Value-<br />
Orientierung/<br />
Anreizinkompatible<br />
Entlohnungssysteme<br />
Mangelnde<br />
Brand Excellence<br />
Schnelles Wachstum<br />
Ursachen Herausforderungen<br />
Inkompatibilität: kurzfristiger<br />
Erfolgsdruck kontra langfristige<br />
Markeninvestitionen<br />
Schwächen und<br />
Unsicherheit in der<br />
Markenführung<br />
Kompensation durch<br />
"Outsourcing":<br />
Marke wird zum "Spielball"<br />
von Werbeagenturen<br />
Auftraggeberspezifische<br />
Kooperationsprobleme<br />
Agenturspezifische<br />
Kooperationsprobleme<br />
Schnelle Ressourcenanpassung<br />
Abb. B-19: Herausforderung operative Umsetzung<br />
Kontinuierliche Durchsetzung langfristiger Markenziele<br />
Aufbau und Führung eines Markencontrollings sowie<br />
Integration in finanzwirtschaftliche Erfolgsrechnung<br />
Fehlende oder unvollständige Markenstrategie<br />
Markenadäquate Mitarbeiterauswahl und -führung<br />
Markenadäquate Leistungsinnovation und -pflege<br />
Koordination und Integration markenrelevanter<br />
Prozessabläufe<br />
Mangelndes oder fehlendes Markenkontrollsystem<br />
Problem der "richtigen" Agenturauswahl<br />
Auftraggeber- und agenturspezifische Kooperationsprobleme<br />
mit Werbeagenturen (s.u.)<br />
Mangelnde Kontinuität durch häufige Agenturwechsel<br />
Fehlende oder unvollständige Markenstrategie<br />
Unvollständige Aufgabenstellung und Briefings<br />
Zeit- und Erfolgsdruck<br />
Mangel an erforderlichem leistungs- und<br />
unternehmensspezifischem Know-how<br />
"Agenturstempel" prägt Marke<br />
Zeit- und Erfolgsdruck<br />
Markenadäquate Qualitätsgewährleistung<br />
Als Dreh- und Angelpunkt fungiert hier die Brand Excellence, d.h. die erforderliche<br />
hohe Markenkompetenz und klare Markenverantwortlichkeit im Unternehmen,<br />
da erfolgreiches <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> das „Gespür“ für die komplexen
72 Kapitel B<br />
Funktions- und Wirkweisen der Marke erfordert. Allein die Investitionskostenhöhe<br />
für klassische Kommunikationsmaßnahmen und der mögliche Beitrag der<br />
Marke zum Unternehmenserfolg unterstreichen die Bedeutung und Auswirkungen<br />
„guter“ bzw. „schlechter“ strategischer Grundsatzentscheidungen des Managements.<br />
Und nicht nur auf den Märkten für konsumtive Dienstleistungen<br />
gilt, dass „jedes Unternehmen, das die Frage, was Marke ist und wie man<br />
Marke führt, nicht kompetent beantworten kann, keine Chance hat.“ 131 Ähnlich<br />
wie die erforderliche Qualität eines Markenprodukts stellt somit die Ressource<br />
Brand Excellence eine notwendige Voraussetzung jeder strategischen und operativen<br />
Markenführung dar, von deren Existenz im Folgenden ausgegangen<br />
wird. Da die Zielsetzung der Arbeit auf die strategische Gestaltung des <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> ausgerichtet ist, werden Einzelaspekte operativer Umsetzungsprobleme<br />
im weiteren Verlauf der Arbeit nicht weiter vertieft.<br />
4.2 Anwendungsorientierte Implikationen für das <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong><br />
Im Rahmen der Problemstellung der Arbeit wurde formuliert, dass Telekommunikationsdienstleister<br />
vor der Herausforderung stehen, Marken als assoziationsbildende<br />
Wahrnehmungsanker für intangible, abstrakte und komplexe<br />
Leistungen zu etablieren. Dieser Sachverhalt, dessen detaillierte Analyse Gegenstand<br />
des folgenden Kapitels C sein wird, kann nach der erfolgten Betrachtung<br />
des situativen Kontexts der Markenführung auf dem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen<br />
präzisiert werden. Als Implikation der Analyse des<br />
Markenumfelds können für Dienstleistungsunternehmen des Telekommunikationsmarktes<br />
folgende ergänzenden Aufgaben und Funktionen abgeleitet werden,<br />
welche das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> beziehungsweise die Marke in ihrer Rolle<br />
als assoziationsbildender Wahrnehmungsanker zu erfüllen hat:<br />
Dienstleistungsmarke als dynamische Schnittstelle<br />
Die für Telekommunikationsanbieter bestehenden Schwierigkeiten, eine<br />
langfristige Markenabgrenzung auf Leistungsebene vorzunehmen, implizieren<br />
die Notwendigkeit einer gewissen Flexibilität der Dienstleistungsmarke.<br />
Die Maßnahmen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> sollten daher unter anderem darauf<br />
ausgerichtet sein, dass Marken als dynamische Schnittstellen zwischen Unternehmung<br />
und Konsument den situativ bedingten Innovations- und Veränderungsprozess<br />
begleiten und „umrahmen“ können, ohne die erforderliche<br />
inhaltliche Kontinuität zu verlieren.<br />
Dienstleistungsmarke als Instrument kreativer Profilierung<br />
Die beschriebenen Schwierigkeiten, Telekommunikationsdienstleistungen<br />
nachhaltig auf leistungsbezogener Basis zu differenzieren, begründen den<br />
Einsatz der Marke als Instrument zur kreativen Profilierung. Im <strong>Service</strong><br />
131 Ohnemus 1999, Expertengespräch.
Telekommunikationsmärkte als Markenumfeld 73<br />
<strong>Branding</strong> sollten daher die Potentiale der Marke als Instrument kreativer<br />
Profilierung umfassend genutzt werden, um einen eigenständigen Beitrag<br />
der Marke zur Profilierung des Dienstleistungsangebots im Wettbewerb zu<br />
leisten.<br />
Dienstleistungsmarke als Kommunikationskatalysator<br />
In Anbetracht des Aufmerksamkeitswettbewerbs um kurze Kontaktzeiten<br />
kommt der Marke die wichtige Funktion zu, dem Konsumenten einen einfachen,<br />
schnellen und wirkungsvollen kognitiven Zugang zum Angebot des<br />
Dienstleistungsanbieters zu ermöglichen. Dem Konsumenten müssen sich<br />
die Inhalte einer Marke, das also, wofür die Marke steht, in kürzester Zeit erschließen.<br />
Eine wesentliche Aufgabe des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> besteht deshalb<br />
darin, Marken kommunikationseffizient 132 zu gestalten.<br />
Diese sich aus den geschilderten Faktoren des Markenumfelds ergebenden<br />
anwendungsorientierten Implikationen stellen begleitende Anforderungen an<br />
die Markenführung von Telekommunikationsdienstleistern in der Praxis dar. Im<br />
weiteren Verlauf der Arbeit steht zunächst die konzeptionelle Analyse der<br />
Zusammenhänge von Marke und Dienstleistung und den daraus entstehenden<br />
Herausforderungen vor dem Hintergrund des Aufbaus innerer<br />
Markenbilder im Mittelpunkt. Gemeinsam mit den dort zu entwickelnden konzeptionellen<br />
Implikationen werden die Erkenntnisse aus der hier vorgenommenen<br />
Umfeldanalyse in die Ableitung theoriegeleiteter Hypothesen für das<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> einfließen.<br />
132 Zu einer näheren Erläuterung dieses Begriffs vgl. Kapitel C 4.3.
74 Kapitel B
C Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Die Hauptaufgabe dieses Kapitels besteht in der theoretischen Fundierung des<br />
Forschungsfeldes sowie der Evaluierung seiner Besonderheiten und Implikationen.<br />
Ausgehend von einem kurzen Abriss über die zentralen, in Marketingtheorie<br />
und -praxis stets sehr kontrovers diskutierten Begriffe Marke und<br />
Dienstleistung wird zunächst ein theoretisch-systematischer Zugang zum Thema<br />
Dienstleistungsmarke und <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> entwickelt. Ziel dieses Abschnittes<br />
ist es, diese ebenfalls heterogen verwendeten Begriffe aus Sicht<br />
verschiedener Dienstleistungs- und Markenansätze integriert zu erfassen und<br />
als Forschungsobjekt „greifbar“ zu machen, ohne dabei die Kompatibilität zum<br />
Markenverständnis von Brand Managern und Marketing-Führungskräften zu<br />
vernachlässigen. Der definitorische Teil schließt mit der Betrachtung von Aufgaben,<br />
Zielen und Gestaltungsvariablen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>.<br />
Vor diesem Hintergrund geht die Arbeit anschließend der Frage nach, welche<br />
spezifischen Herausforderungen sich für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> ergeben, insbesondere<br />
im Hinblick auf kognitionspsychologische Aspekte der konsumentenseitigen<br />
Wahrnehmung und Verankerung von Dienstleistungsmarken. Unter<br />
anderem geht es darum, den Aufbau innerer Markenbilder als eine zentrale<br />
Aufgabe in der Markenführung abstrakter Dienstleistungen abzuleiten. Hierzu<br />
erfolgt zunächst auf Basis verschiedener Theorien des Dienstleistungsmarketing<br />
und des Konsumentenverhaltens eine vertiefte Analyse von Gestaltungsvariablen,<br />
Manifestationsmechanismen und Wirkungsdeterminanten von<br />
Dienstleistungsmarken sowie die Entwicklung eines integrierten Wirkungsansatzes,<br />
der die Dienstleistungsmarke als gestalt- und wahrnehmbare Schnittstelle<br />
zwischen Markendienstleistungsunternehmen und Markenkonsumenten<br />
beschreibt und die komplexen Entscheidungssysteme beider Ebenen miteinander<br />
verknüpft. Hieran schließt sich eine systematische Analyse markentechnischer<br />
Besonderheiten des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> an, welche schließlich die<br />
Herausforderungen für Telekommunikationsdienstleister aus konzeptioneller<br />
Sicht im Rahmen einer praxisnahen, dienstleistungstypenorientierten Darstellung<br />
evaluiert.<br />
In Anbetracht dessen sowie vor dem Hintergrund der Implikationen markenrelevanter<br />
Rahmenbedingungen der Telekommunikationsbranche (Kapitel B)<br />
werden theoriegeleitete Hypothesen zum erfolgreichen Aufbau innerer Markenbilder<br />
für intangible und abstrakte Leistungen beziehungsweise Telekommunikationsdienstleistungen<br />
formuliert. Sie bilden die Grundlage der weiteren<br />
empirischen Untersuchung (Kapitel D).
76 Kapitel C<br />
1. Marke und Dienstleistung: Objekte des Marketing<br />
1.1 Das Marketingobjekt Marke<br />
Die Marke ist kein ökonomisches Phänomen der Moderne. Sie besitzt eine<br />
jahrhundertealte entstehungs- und entwicklungsgeschichtliche Tradition. 1 Bereits<br />
in der ägyptischen und griechisch-römischen Antike wurden Visualisierungsmethoden<br />
in Form optischer Markierungen zur Kennzeichnung von<br />
Handelsgütern, wie beispielsweise Keramiken und Amphoren, verwandt. Zu<br />
den wesentlichen Epochen der Markenhistorie zählt das europäische Mittelalter.<br />
Es gilt als Wurzel des heutigen Markenzeichenrechts. 2 Infolge der strengen,<br />
durch Zünfte und Kommunalverwaltungen überwachten Marktordnung der<br />
<strong>St</strong>ädte verpflichtete der Gesetzgeber Handwerker und Kaufleute, jede angebotene<br />
Ware mit Haus-, Meister-, Zunft- oder <strong>St</strong>ädtemarken zu versehen. 3 Diese<br />
historischen Markenformen, die sich im Zuge des Untergangs des Merkantilismus<br />
und der Auflösung der Zünfte in der Zeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts<br />
wieder zurückbildeten, sollten die <strong>St</strong>adtbürger standesgemäß versorgen<br />
und vor Betrug durch minderwertige Qualität schützen. 4<br />
Einen neuen Impuls erhält das Markenwesen durch die neuzeitliche Industrialisierung<br />
in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Infolge der durch Massenproduktion<br />
und Massenkonsum bedingten Anonymisierung der Marktteilnehmer<br />
gerät die Marke zu einem Ersatzinstrument der ehemals direkten Kommunikation<br />
zwischen Hersteller und Nachfrager. Die Konstanz der Leistungseigenschaften<br />
markierter Industrieprodukte ermöglicht und rechtfertigt ein<br />
Sachvertrauen der Konsumenten in die nunmehr eigenständig werdende „Persönlichkeit“<br />
des Markenprodukts. Dieses ist losgelöst vom Personenvertrauen,<br />
das sich auf nicht anonymen Märkten direkt auf die Fähigkeiten des Herstellers<br />
und somit indirekt auf dessen Produkte bezieht. 5 Die Marke entwickelt sich zu<br />
einer kognitiven Orientierungshilfe, die dem Konsumenten in der zunehmend<br />
unübersichtlicheren Fülle des Angebots Unterstützung bei der Identifizierung,<br />
Einschätzung und Auswahl der Ware bieten soll. 6<br />
Inzwischen hat das Markenwesen einen tiefgreifenden Wandel vollzogen, der<br />
sich auch anhand der Entwicklungsphasen der Marke im Zeitablauf ablesen<br />
lässt (Abb. C-1). Wie bereits am Beispiel des Telekommunikationsmarktes<br />
1 Zur Entwicklungs- und Entstehungsgeschichte des historischen Markenwesens vgl. beispielhaft<br />
Dichtl 1978, Leitherer 1994. Zur Darstellung der Entwicklungsphasen des modernen Markenwesens<br />
vgl. Bruhn 1994, S. 10 ff.<br />
2 So wurden bereits im 13. Jahrhundert die ersten Markenregister und Zeichenrollen durch Zünfte<br />
eingerichtet und geführt; vgl. Mellerowicz 1963, S. 4. Vgl. ebenso Busse/ <strong>St</strong>arck 1990, S. 27.<br />
3 Vgl. hierzu Leitherer 1994, S. 141.<br />
4 Vgl. Mellerowicz 1963, S. 4.<br />
5 Vgl. Leitherer 1994, S. 146.<br />
6 Vgl. hierzu Berekoven 1978, S. 44 f.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 77<br />
ausgeführt, sind aggressiver Hyperwettbewerb, multioptionales bis paradoxes<br />
Käuferverhalten und die fortschreitende Verschmelzung von Konsum und Kultur<br />
beispielhafte Kennzeichen eines elementar veränderten Umfeldes, in dem<br />
die postmoderne Marke eine Vielzahl neuer Formen und Funktionen erfüllen<br />
muss und erfüllt. 7<br />
Inhaltlicher Fokus der Marke/ des Marketing<br />
Individualorientierung<br />
Umweltorientierung/<br />
Internationalisierung<br />
Wettbewerbsorientierung<br />
Handelsorientierung<br />
Distributions- und Verbraucherorientierung<br />
Kennzeichnung<br />
Zunft-,<br />
Eigentumszeichen<br />
Mittelalter<br />
Herstellermarken<br />
1950er<br />
1960er<br />
Abb. C-1: <strong>St</strong>ufen der Markenentwicklung 8<br />
Handelsmarken<br />
Luxus-/<br />
Billigmarken<br />
<strong>St</strong>adt-/ lokale/<br />
Personenmarken<br />
Öko-/ internationale/<br />
DL-/<br />
IG-Marken<br />
1970er 1980er 1990er 2000er<br />
Die zunehmende Ausdifferenzierung der modernen Konsumgesellschaft 9 findet<br />
sich in der enormen Diversifikation des Markenwesens wieder. Waren Marken<br />
ursprünglich ein Phänomen klassischer Ge- und Verbrauchsgütermärkte, so<br />
werden sie heute zur Vermarktung sämtlicher Leistungen, Institutionen, Personen,<br />
Nationen und sonstiger Objekte, die sich als Markenträger eignen und in<br />
irgendeiner Weise von der öffentlichen Meinung abhängig sind, eingesetzt.<br />
Neben den mittlerweile klassischen Konsumgüter- und Handelsmarken finden<br />
sich Konzern-, Dienstleistungs- und Investitionsgütermarken wie Thyssen,<br />
Lufthansa oder Airbus, Komponenten- und Non-Profit-Marken wie Intel oder<br />
Greenpeace, Szene- und Personenmarken wie Thommy Hilfiger oder Boris<br />
Becker, ebenso wie Marken für TV-Formate (Harald-Schmidt-Show), Diskjockeys<br />
(Sven Väth), <strong>St</strong>ädte (das „neue“ Berlin), Aktien (T-Aktie) oder Politiker.<br />
Auf der anderen Seite haben sich mit dieser zunehmenden Markenvielfalt auch<br />
die Zielgruppen der Markenkommunikation erweitert: Die postmoderne Marke<br />
richtet sich an sämtliche (Teil-)Gruppen jener Öffentlichkeit, deren Meinungen<br />
7 Vgl. Bruhn 1994, S. 15 f.<br />
8 Quelle: in Anlehnung an Bruhn 1994, S. 13.<br />
9 Vgl. Luhmann 1985.<br />
t
78 Kapitel C<br />
und Verhaltensweisen den Erfolg des Markenträgers direkt oder indirekt beeinflussen.<br />
Bei den modernen Markenkonsumenten kann es sich neben den klassischen<br />
Käufern ebenso um Wähler, Zuschauer, Besucher oder Fans handeln.<br />
Zum erweiterten Kreis der Kommunikationszielgruppe gehören Mitarbeiter,<br />
Banken und Privatanleger, öffentliche Institutionen, Medien etc. 10<br />
Die Marke des 21. Jahrhunderts erfüllt damit auch weiterhin ihre klassischen<br />
Basisfunktionen wie Herkunftsbestimmung, Identifizierung und Qualitätssicherung.<br />
Doch die hochwertige Qualität des Leistungsangebots, das auf zunehmend<br />
gesättigten Märkten durch technisch ausgereifte, funktional ähnliche bis<br />
austauschbare Markenträger geprägt ist - hier spricht man von Brand Parity 11 -,<br />
avanciert auf Seiten des „neuen“ Konsumenten zur Selbstverständlichkeit. Anstelle<br />
materiell-physischer Aspekte dominieren immer stärker mental-psychische<br />
Bedürfnisse dessen Markenwahlentscheidungen. 12 In das Zentrum des<br />
Anforderungsspektrums der postmodernen Marke rücken somit zunehmend<br />
emotional-symbolische Bedeutungs- und Wirkungsfunktionen, die weit über die<br />
verbale funktional-rationale Mitteilbarkeit hinausgehen. 13 In der marketingwissenschaftlichen<br />
Analyse ist diesem Phänomen durch eine stärker pragmatisch<br />
orientierte Interpretation der postmodernen Marke aus der Sicht des Markenkonsumenten<br />
Rechnung zu tragen.<br />
Trotz - oder gerade wegen - des breiten Raums, der dem Thema Marke bereits<br />
seit Beginn des letzten Jahrhunderts in der Betriebswirtschaft, insbesondere<br />
aber im Marketing, eingeräumt wird, erfährt der Begriff in der Literatur keine<br />
einheitliche Definition. 14 Vergleicht und kombiniert man die terminologischen<br />
Ansätze 15 verschiedener Autoren, so führt dies zu der „unbrauchbaren, die wissenschaftliche<br />
Realität aber in vielfacher Hinsicht zutreffend beschreibenden<br />
Gedankenkette ‘Marke = Markenartikel = Markierung = Warenzeichen = Markenzeichen<br />
= Markenname’“ 16 .<br />
Dass das Markenverständnis auch in der Wirtschaftspraxis äußerst heterogen<br />
ist, zeigt eine empirische Untersuchung von 134 deutschen Unternehmen der<br />
Ver- und Gebrauchsgüterbranchen zu der Frage: „Was verstehen Sie unter einer<br />
Marke?“ (Abb. C-2).<br />
10 Vgl. hierzu beispielhaft Bieger 2002, S. 42 ff.<br />
11 Vgl. hierzu beispielhaft Muncy 1996, S. 411 ff; Becker 2001, S. 187 f.<br />
12 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 25.<br />
13 Vgl. hierzu Leitherer 1994, S. 137.<br />
14 Aus etymologischer Sicht entstammt „Marke“ dem mittelhochdeutschen Wort „marc“ (Grenze,<br />
Grenzland, Grenzlinie zur Unterscheidung) und dem französischen Begriff „marque“ („auf der<br />
Ware angebrachtes Zeichen“); vgl. Bruhn 1994, S. 5.<br />
15 Bruhn unterscheidet zwischen merkmalsorientierten, intensitätsbezogenen, herkunftsstrukturierenden,<br />
instrumentalen, absatzorientierten, erfolgsorientierten und wirkungsbezogenen Erklärungsansätzen<br />
zur Marke (1994, S. 7 ff.).<br />
16 Grösser 1991, S. 45.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 79<br />
Was verstehen Sie unter einer Marke?<br />
Kennzeichen und<br />
markiertes Produkt<br />
Abb. C-2: Markenverständnis deutscher Unternehmen 17<br />
51,9%<br />
35,7%<br />
12,4%<br />
Kennzeichen<br />
Markiertes Produkt<br />
Natürlich ist mit der Auslegung des Markenbegriffs auch die Interpretation des<br />
Begriffs Markenmanagement eng verbunden. Auch in diesem Punkt bestehen<br />
in der wissenschaftlichen Literatur - aber auch in der Praxis - kontroverse Ansätze.<br />
Hier wird Markenmanagement entweder als übergeordnetes Marketingkonzept,<br />
als kommunikations- oder produktpolitisches oder eigenständiges<br />
Marketinginstrument oder - die provokanteste Auffassung - lediglich als Synonym<br />
des Begriffs Marketing dargestellt. Abbildung C-3 gibt anhand beispielhaft<br />
ausgewählter Literatur einen Einblick über unterschiedliche und<br />
interessante Interpretationen der beiden Begriffe.<br />
Da definitorische Begriffsbestimmungen grundsätzlich nicht „falsch“ oder „richtig“<br />
sein können, entscheiden letztlich Erklärungsziel und Zweckmäßigkeit über<br />
die Güte einer Definition. Und so unterschiedlich diese teleologischen Zugangsweisen<br />
zur Marke sind, so unterschiedlich sind auch die Markendefinitionen,<br />
die man - etwa neben soziologisch inspirierten 18 , systemischen 19 , psychoanalytischen<br />
20 , mythischen 21 oder kulturanthropologischen 22 Ansätzen, in der<br />
Marketingtheorie und -praxis antrifft. 23 Aus dieser Sicht erscheint es - auch zur<br />
Ordnung der „babylonischen Sprachverwirrung“ 24 - sinnvoll, in der Betrachtung<br />
marketingrelevanter Markenansätze zwischen formalen und funktionalen, 25 aber<br />
auch zwischen hersteller- und kundenorientierten Aspekten zu unterscheiden.<br />
17 Quelle: Günther/ Kriegbaum 1999, S. 6.<br />
18 Vgl. bspw. Bolz 1997; Gerken 1996; Horx/ Wippermann 1995.<br />
19 Vgl. Otte 1993.<br />
20 Vgl. Halstenberg 1996.<br />
21 Vgl. Bismarck/ Baumann 1996.<br />
22 Vgl. Karmasin/ Karmasin 1997.<br />
23 Vgl. Herrmann 1999, S. 35 und 43.<br />
24 Schenk 1970, S. 125. Zusätzliche Verwirrung entsteht zudem durch die Doppeldeutigkeit des<br />
häufig nicht konsistent verwendeten Begriffs der „Markierung“, der sich sowohl auf die Tätigkeit<br />
des Markierens (Bsp.: die Markierung [= das Markieren] des Produkts) als auch auf das Ergebnis<br />
des Markierens (Bsp.: die Markierung [= das Zeichen] auf dem Produkt) beziehen kann.<br />
25 Vgl. hierzu beispielhaft Matt 1988, S. 5; Hätty 1989 S. 6 ff., Sander 1994, S. 5 ff; Bekmeier-<br />
Feuerhahn 1998, S. 12 ff.
80 Kapitel C<br />
Marke<br />
Karl Marx<br />
David Ogilvy<br />
John M. Murphy<br />
Philip Kotler<br />
David A. Aaker<br />
Heribert Meffert<br />
Markenmanagement /-politik<br />
Dominique von Matt<br />
David Arnold<br />
Manfred Bruhn<br />
Günther Haedrich/<br />
Torsten Tomczak<br />
Markus Irmscher<br />
Christian Belz<br />
„Eine Ware scheint auf den ersten Blick ein selbstverständliches, triviales<br />
Ding. Ihre Analyse ergibt, dass sie ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer<br />
Spitzfindigkeiten und theologischer Mucken. Soweit sie<br />
Gebrauchswert, ist nichts mysteriöses an ihr [...] aber sobald sie als Ware<br />
auftritt, verwandelt sie sich in ein übersinnliches Ding“ (1867/1957).<br />
„A brand is a complex symbol. It is the intangible sum of a product's<br />
attributes, its name, packaging, and price, its history, reputation, and the<br />
way it's advertised. A brand is also defined by consumers' impressions of<br />
the people who use it, as well as their own experience" (1955, zitiert nach<br />
Otto/Bois 2001, S. 4).<br />
„A brand is the product or service of a particular supplier which is<br />
differentiated by its name and presentation“ (1990, S. 1).<br />
„A brand can be defined as a name, term, sign, symbol, or design or<br />
combination of them which is intended to identify the goods and services of<br />
one seller or a group of sellers and to differentiate them from those of<br />
competitors“ (1991, S. 442).<br />
„Brand equity is a set of assets (and liabilities) linked to a brand‘s name<br />
and symbol that adds to (or subtracts from) the value provided by a product<br />
or service to a firm and/or that firm‘s customers. The major asset categories<br />
are (1) brand name awareness, (2) brand loyalty, (3) perceived quality and<br />
(4) brand associations“ (1996, S. 7 f.).<br />
Marke ist „ein in der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares<br />
Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung“ (vgl.<br />
2000, S. 847).<br />
„Markenpolitik umfasst die Gesamtheit von Problemen, die gelöst werden<br />
muss, wenn das grundlegende Verhalten der Unternehmung in Bezug auf<br />
die Verwendung von Marken als Marketinginstrument bestimmt wird.<br />
Markenpolitik ist eine Teilpolitik der Marketingpolitik“ (1988).<br />
„Richtig verstanden ist Markenpolitik das gleiche wie Marketing“ (1992, S.<br />
45).<br />
Markenpolitik i.e.S. umfasst sämtliche, mit der Markierung von Produkten<br />
verbundene Maßnahmen und Entscheidungen. Markenpolitik i.w.S. ist ein<br />
übergreifendes und integriertes Marketingkonzept für Markenartikel. Es<br />
umfasst Markenaufbau, Markenpflege und den spezifischen Markenartikelvertrieb<br />
(vgl. 1994, S. 17 f.).<br />
<strong>St</strong>rategische Markenführung ist die kontinuierliche und systematische<br />
Pflege eingeführter Marken. Eine Marke kann dabei als <strong>St</strong>rategische<br />
Geschäftseinheit verstanden werden, d.h. als Produkt-Markt-Kombination<br />
mit eigenständigen strategischen Erfolgsfaktoren (vgl. 1996, S. 27 ff.).<br />
Markenmanagement bedeutet zum einen, überlegene Produkte anzubieten<br />
und zum anderen, dafür zu sorgen, dass die Nachfrager diese Überlegenheit<br />
wahrnehmen und von ihr überzeugt werden können (vgl. 1997, S. 87).<br />
“Markenführung = Marketing.” Marken sind das Ergebnis des gesamten<br />
Marketing. Die häufige Gleichsetzung von Markenführung und Kommunikation<br />
ist weder notwendig noch ergiebig (vgl. 1998, S. 38 ff.).<br />
Abb. C-3: Interpretationen der Begriffe Marke und Markenmanagement anhand beispielhaft ausgewählter<br />
Literatur
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 81<br />
Im Ergebnis lassen sich in der Marketingtheorie drei Hauptgruppen, nämlich<br />
formale, konstitutive und integrative Erklärungsansätze feststellen (Abb. C-<br />
4), auf deren wichtigste Vertreter im Folgenden detaillierter eingegangen wird.<br />
Kundenorientierung<br />
Marktperspektive<br />
Herstellerorientierung<br />
formal<br />
Formale Formale Ansätze<br />
Ansätze<br />
Marke Marke als als Zeichen<br />
Zeichen<br />
Interpretationsschwerpunkt<br />
Integrative Ansätze<br />
Marke als<br />
Wahrnehmungskonstrukt<br />
Konstitutive Ansätze<br />
Marke als<br />
Markenartikel<br />
Abb. C-4: Zentrale Erklärungsansätze zur Marke in der Marketingtheorie<br />
1.1.1 Formale Erklärungsansätze: Marke als Zeichen<br />
funktional<br />
Formale Erklärungsansätze, die in der Praxis primär im Rahmen der Gesetzgebung<br />
Anwendung finden, verstehen Marke aus primär herstellerorientierter<br />
Sicht im Sinne eines (Marken- bzw. Kenn-) Zeichens: „Eine Marke ist ein Kennzeichen,<br />
das geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens<br />
von den Waren oder Dienstleistungen eines anderen Unternehmens zu<br />
unterscheiden.“ 26 Die, kraft Eintragung in ein nationales bzw. das internationale<br />
Markenregister 27 rechtswirksame Marke stellt für den Markeneigentümer ein<br />
26 Deutsches Patent- und Markenamt 2002b, S. 1. Fast deckungsgleich ist die Markeninterpretation<br />
der American Marketing Association (AMA), die ebenfalls der formalen Sichtweise folgt. In ihrer<br />
Definition ist Marke „ein Name, ein Begriff, ein Zeichen, ein Symbol oder Design oder eine Kombination<br />
dieser Elemente, die dazu dienen, die Produkte oder Dienstleistungen eines Anbieters<br />
oder einer Anbietergruppe identifizierbar zu machen und sie von der Konkurrenz abzuheben“<br />
(Alexander 1960, S. 10).<br />
27 Das Madrider Markenabkommen (MMA) ermöglicht Inhabern national angemeldeter bzw. eingetragener<br />
Marken die zusätzliche internationale Registrierung beim Internationalen Büro der<br />
Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO/OMPI) in Genf (vgl. Deutsches Patent- und Markenamt<br />
2002c, S. 1).
82 Kapitel C<br />
Schutzrecht 28 dar, das sich - im Gegensatz zu Patenten, Gebrauchsmustern,<br />
Topographien oder Geschmacksmustern - nicht auf die technische Seite eines<br />
Produktes oder eines Verfahrens bezieht, sondern auf die Marke bzw. Markierung<br />
einer Leistung. Als Marken kommen, nach der zum 01.01.1995 in Kraft<br />
getretenen Novellierung des deutschen Markengesetzes, eine Reihe von -<br />
teilweise bislang nicht schutzfähigen - Kennzeichnungsformen in Betracht, soweit<br />
sie dazu „geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens<br />
von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden“: 29<br />
Wortmarken, bestehend aus einem oder mehreren Wörtern (z. B. Allianz,<br />
Deutsche Bahn), Namen (z. B. McDonalds) oder einprägsamen Werbeslogans<br />
(z. B. „Keine Sorge, Volksfürsorge“),<br />
Bildmarken, bestehend aus Bildern, Emblemen oder anderen graphischen<br />
Gestaltungen (z. B. Schrägstrich im Quadrat als Bildmarke der Deutschen<br />
Bank),<br />
Wort-Bild-Marken, bestehend aus einer Kombination aus Wort- und Bildbestandteilen,<br />
Formen, Farben und Figuren,<br />
Form-Marken, d.h. dreidimensionale Formen von charakteristischen Werbefiguren<br />
(z. B. „Michelinmännchen“), Produkten (z. B. Design eines Rasierapparates)<br />
und Verpackungen (z. B. Odol-Mundwasserflasche),<br />
Hörmarken, bestehend aus Tonfolgen (Intel-Jingle) oder Melodien (Radiosender),<br />
Buchstaben, hauptsächlich in Form von Abkürzungen oder Monogrammen<br />
(z. B. ADAC, RTL),<br />
Zahlen (z. B. „4711“, „8x4“) und<br />
Farben und Farbkombinationen (z. B. Magenta für die Deutsche Telekom<br />
oder Rot-Gelb für Maggi).<br />
Formale Erklärungsansätze trennen gedanklich zwischen Marke und Produkt<br />
und heben somit auf den Prozess der Markierung (Design) als eigentliche<br />
Grundlage der Markenentwicklung ab.<br />
28 In Deutschland beträgt die Schutzdauer einer eingetragenen Marke 10 Jahre und kann vom Markeneigentümer<br />
um jeweils 10 weitere Jahre auf Antrag und gegen Gebühr verlängert werden<br />
(vgl. § 47 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995).<br />
29 Vgl. hierzu und zum Folgenden § 3, Abs. 1 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995.<br />
Dagegen sind Kennzeichnungen vom Markenschutz ausgenommen, wenn diesem Schutzhindernisse<br />
entgegenstehen. Die wichtigsten absoluten Schutzhindernisse sind (1) fehlende Unterscheidungskraft<br />
der Marke, (2) für die allgemeine Benutzung freizuhaltende beschreibende<br />
Angaben, (3) ersichtliche Irreführungsgefahr, (4) in der Marke enthaltene Hoheitszeichen, (5)<br />
Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung (z.B. anstößige Kennzeichnungen).<br />
Vgl. hierzu § 8 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995 sowie Deutsches Patent- und Markenamt<br />
2002b, S. 4.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 83<br />
1.1.2 Konstitutive Erklärungsansätze: Marke als Markenartikel<br />
Im Gegensatz zu formalen Markendefinitionen sind konstitutive oder merkmalsorientierte<br />
Erklärungsansätze stärker ökonomisch geprägt. Sie gehen davon<br />
aus, dass Markierung zwar die notwendige Voraussetzung, nicht aber der<br />
eigentliche Kern des Markenmanagements ist. Im Zentrum dieser Ansätze<br />
steht daher nicht die Marke als formales Zeichen, sondern die Marke - und hier<br />
insbesondere ihre Eigenschaften und Funktionen - als Produkt-Zeichen-<br />
Kombination, als deren vollkommenste Ausprägung der Markenartikel gesehen<br />
wird 30 . Dabei wird versucht, den Markenartikel über die Aufzählung konstitutiver<br />
Bestimmungsfaktoren zu definieren. 31 Nach dem wohl bekanntesten,<br />
von MELLEROWICZ (1963) stammenden Merkmalskatalog sind „Markenartikel<br />
für den privaten Bedarf geschaffene Fertigwaren,<br />
die in einem größeren Absatzraum<br />
unter einem besonderen, die Herkunft kennzeichnenden Merkmal<br />
in einheitlicher Aufmachung,<br />
gleicher Menge sowie<br />
in gleichbleibender oder verbesserter Güte erhältlich sind und sich dadurch<br />
sowie<br />
durch die für sie betriebene Werbung<br />
die Anerkennung der beteiligten Wirtschaftskreise (Verbraucher, Händler,<br />
Hersteller) erworben haben (Verkehrsgeltung)“ 32 .<br />
Nach wie vor verdeutlicht dieser Definitionsklassiker die Erscheinung des traditionellen<br />
Markenartikels recht anschaulich, wird aber den vielschichtigen Formen<br />
und Anforderungen der modernen Marke nicht gerecht: Beliebigkeit der<br />
Kriterien, fehlende Dynamik und Vernachlässigung der Konsumentensicht sind<br />
zentrale Kritikpunkte. 33 Zudem schließt die konstitutive - wohl für die Entstehungszeit<br />
des Ansatzes typische, aber nicht zwingende - Einschränkung, dass<br />
nur Fertigwaren für den Privatkonsum Markenartikel sein können, Dienstleistungen,<br />
Investitionsgüter oder Vorprodukte von der Markenbildung aus.<br />
30 Vgl. hierzu Mellerowicz 1963, S. 8.<br />
31 Der erste Versuch, Markenartikel über charakteristische Eigenschaften zu klassifizieren, wird allgemein<br />
Findeisen (1924) zugeschrieben. In seiner „nomistischen Markendefinition“ unterscheidet<br />
er aufgrund des kennzeichnenden Charakters der Marke zwischen markierter Ware<br />
(=Markenartikel) und anonymer Ware. Leitherer (1955) spezifiziert den merkmalsorientierten Ansatz<br />
und unterscheidet bei markierter Ware - unter Berücksichtigung des absatzwirtschaftlichen<br />
Erfolgs - zwischen Markenware und Markenartikel.<br />
32 Mellerowicz 1963, S. 39.<br />
33 Zur umfangreichen Kritik am merkmalsorientierten Ansatz vgl. bspw. Meffert 2000, S. 846 f.;<br />
Hätty 1989, S. 15; Matt 1988, S. 31; Berekoven 1978, S. 40.
84 Kapitel C<br />
1.1.3 Integrative Erklärungsansätze: Marke als Wahrnehmungskonstrukt<br />
Im Unterschied zu formalen oder konstitutiven Erklärungsansätzen nähern sich<br />
integrative Definitionen der Marke bzw. dem Markenartikel aus der Perspektive<br />
des Kunden. Im Zentrum steht die Frage nach den Funktionen und Wirkungen<br />
des Konstrukts Marke in der Wahrnehmung des Rezipienten. Für den<br />
Markeninhaber ergibt sich daraus die wichtige Frage, wie eine Marke beschaffen<br />
sein muss, um die Wahrnehmung dieser Funktionen in der Verbrauchersicht<br />
zu erzielen. 34 Insofern ist diese Sichtweise integrativ und ganzheitlich, da<br />
sie sich am Endpunkt der Absatzkette orientiert und von hier die Wirkung der<br />
konkreten Marke zurückverfolgen kann. 35<br />
Wirkungsbezogene Markendefinitionen<br />
Eine derartige traditionelle Marken(artikel)interpretation, die den Konsumenten<br />
in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt, nimmt der wirkungsbezogene Ansatz<br />
vor. Entscheidendes Kriterium dafür, ob es sich bei einem markierten Produkt<br />
um einen Markenartikel handelt oder nicht, ist die Reaktion des Konsumenten<br />
und damit der Markenerfolg. Alle Dienstleistungen und Waren, die dieser<br />
Konsument als Markenartikel bezeichnet oder wahrnimmt, sind Markenartikel. 36<br />
Diese, zeitgleich und voneinander unabhängig von THURMANN (1961) und<br />
BEREKOVEN (1961) entwickelte, Sichtweise rückt damit völlig von der herstellerzentrierten<br />
Markeninterpretation ab und stellt das Vorstellungsbild sowie die<br />
subjektive Wahrnehmung durch den Nachfrager in den Vordergrund. 37<br />
Allerdings führt die wirkungsbezogene Begriffsbestimmung über das singuläre<br />
Kriterium Erfolg der Marke beim Konsumenten nicht notwendigerweise zu einer<br />
Vereinfachung des Markenverständnisses. 38 Erforderlich ist eine differenzierte<br />
Betrachtung von Erfolgsgrößen, die den generellen unternehmerischen Erfolgsgrößen<br />
wie Marktanteil oder Umsatz vorgeschaltet sind. Aus verhaltenswissenschaftlicher<br />
Sicht ist ein Abgleich von relevanten Bedürfnissen und Erwartungen<br />
der Konsumenten einerseits sowie deren Kenntnisse über und Einstellungen zu<br />
bestimmten Marken andererseits notwendig, um den Wirkungsgrad von Marken<br />
bzw. deren Auswirkung auf die Reaktion zu ermitteln (Zweck-Mittel-<br />
Analyse). 39 In dieser Tradition schlägt HÄTTY (1989) als Erfolgsmaßstab den<br />
Erfüllungsgrad konsumentenorientierter Markenfunktionen beim Nachfrager (z.<br />
B. Identifikationsfunktion, Vertrauensfunktion, Nutzenfunktion) vor, der sich anhand<br />
der Ausprägungen bestimmter Indikatoren (z. B. Bekanntheitsgrad, wahrgenommenes<br />
Kaufrisiko und Konsumenteneinstellung) ableiten lässt. 40<br />
34 Vgl. Meffert 2000, S. 847.<br />
35 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 20.<br />
36 Vgl. Berekoven 1978, S. 43; Meffert 1979, S. 23 f.<br />
37 Vgl. Thurmann 1961, S. 16; Berekoven 1961, S. 145 ff.<br />
38 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 20.<br />
39 Vgl. Kroeber-Riel 1992.<br />
40 Vgl. Hätty 1989, S. 18 ff.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 85<br />
Semiotische Markendefinitionen<br />
Ein interdisziplinärer, in den Marketingwissenschaften aber mittlerweile verbreiteter<br />
Ansatz 41 zur Erklärung zentraler Funktions- und Wirkungsweisen der<br />
modernen Marke lässt sich aus der Semiotik, der Wissenschaft von den Zeichen,<br />
ableiten. 42 In der Sprache der Semiotik sind Gegenstände, Personen<br />
oder Handlungen, d.h. alle in irgendeiner Art sinnlich wahrnehmbaren Objekte<br />
über ein Zeichensystem mit einer bedeutenden Vorstellung, dem so genannten<br />
Signifikant, verbunden: 43<br />
OBJEKT ZEICHEN BEDEUTUNG<br />
Das die Wahrnehmungs- und die Bedeutungsebene verbindende Zeichen<br />
übernimmt somit die Funktion des Mediums zur intersubjektiven Botschaftsübermittlung.<br />
Das Zeichen kann dabei nicht nur in visueller Form, sondern<br />
ebenso beispielsweise in Form von Text, Sprache oder Musik auftreten. Die<br />
Bedeutung des Objektes wiederum, die über das Zeichen vermittelt wird, erschließt<br />
sich dem Zeichenbetrachter auf zwei unterschiedlichen, sich ergänzenden<br />
Bedeutungsebenen: der Denotation und der Konnotation. 44 Die<br />
Bedeutung ist denotativ, wenn sie auf das mit dem Zeichen gemeinte Objekt<br />
direkt - etwa in lexikalischer Form - hinweist. Sie ist dagegen konnotativ, wenn<br />
sie subjektive Assoziationen beinhaltet, welche die eigentliche Grundbedeutung<br />
des Zeichens begleiten bzw. ergänzen.<br />
Dieses semiologische Basismodell geht also zunächst nur von einem Einzelbetrachter<br />
aus. Unterstellt man erweiternd eine kollektive Betrachtergemeinschaft,<br />
richtet sich also ein Zeichen an mehrere Rezipienten, so können auf der<br />
konnotativen - also der eigentlich subjektiven - Bedeutungsebene sehr wohl<br />
kollektive als auch subjektive Konnotationen ausgelöst werden. 45 Bei kollektiven<br />
Konnotationen handelt es sich um - eigentlich subjektive - Assoziationen,<br />
die aber in der Gesamtheit oder zumindest in einem Teil des Betrachterkollektivs<br />
gleichförmig ausgelöst werden und somit intersubjektiver Art sind. Ursache<br />
dieser subjektiven, aber kollektiv geteilten Assoziationen sind in aller Regel<br />
bestehende, kollektiv geteilte Wertesysteme der Betrachtungsgemeinschaft.<br />
Subjektive Konnotationen stellen dagegen intrasubjektive Assoziationen dar,<br />
die vor dem persönlichen Erfahrungs- und Entwicklungshintergrund des individuellen<br />
Rezipienten entstehen und von dem zeichenbetrachtenden Kollektiv<br />
nicht geteilt werden.<br />
41 Zur Verwendung der Semiotik im (allgemeinen) Marketingkontext vgl. beispielsweise Werner<br />
1999; Holbrook/ Hirschman 1993; Umiker/ Sebeok 1997. Zur Verwendung der Semiotik im Markenkontext<br />
vgl. beispielsweise Schütz 2001; Bekmeier-Feuerhahn 1998; Esch 1993; Hätty 1989;<br />
Kelz 1989;<br />
42 Vgl. Kehrer 2001.<br />
43 Vgl. hierzu Eco 1972.<br />
44 Vgl. Bismarck/ Baumann 1996, S. 87.<br />
45 Bismarck/ Baumann (1996, S. 87 ff.) sprechen in diesem Zusammenhang von „objektiven“ bzw.<br />
„subjektiven“ Konnotationen.
86 Kapitel C<br />
Die Übertragung dieses Mitteilungs- und Bedeutungssystems auf Markenebene<br />
zeigt, dass sich das dreidimensionale semiologische Grundschema ebenso<br />
in der Funktions- und Wirkungsweise moderner Marken wiederfinden lässt:<br />
MARKENTRÄGER MARKENZEICHEN BEDEUTUNG<br />
Bild-, Wortbild- oder Hörmarken weisen als Zeichen - oder Zeichenbündel - auf<br />
das bedeutete Objekt „Markenträger“ (bspw. Unternehmen, Produktsortiment,<br />
Person, Dienstleistungsangebot) hin und können in der Psyche des Rezipienten<br />
(Nachfrager, Aktionär, Mitarbeiter etc.) Bedeutung auf denotativer und kollektiv-konnotativer<br />
bzw. subjektiv-konnotativer Ebene generieren. Aus dieser<br />
Sicht stellt Marke kein Objekt dar, sondern vielmehr eine Weise des Bedeutens,<br />
die sich in der Psyche des individuellen Nachfragers aufgrund objektiver,<br />
kollektiv-geteilter sowie subjektiver Informationen, Erfahrungen, Werte etc.<br />
manifestieren kann. Abbildung C-5 fasst dieses semiotische Markenschema in<br />
einer Übersicht zusammen.<br />
Objekt<br />
(Signifikat)<br />
Zeichen<br />
Bedeutung<br />
(Signifikant)<br />
Markenträger Unternehmen, Produktsortiment, Einzelprodukt, Dienstleistung<br />
Markenzeichen Logo, Markenname, Jingle, Produktdesign<br />
Markenbedeutung<br />
Abb. C-5: Semiotisches Markenschema<br />
Objektive<br />
Denotationen<br />
Objektive<br />
Bedeutungsinhalte<br />
(rational)<br />
Sachinformationen,<br />
Erlerntes<br />
Kollektive<br />
Konnotationen<br />
Kollektiv geteilte<br />
konnotative<br />
Bedeutungsinhalte<br />
(emotional)<br />
Kollektives<br />
Wertesystem<br />
Subjektive<br />
Konnotationen<br />
Individuelle,<br />
konnotative<br />
Bedeutungsinhalte<br />
(emotional)<br />
Individuelle<br />
Erfahrungen<br />
Mit Hilfe der Semiotik kann die Marke somit in ihrer Beziehung zu den Nachfragern,<br />
in ihrer Verwertbarkeit, in ihrer Nützlichkeit und ihrem Aufforderungscharakter<br />
untersucht werden. Im Vergleich zu den traditionellen<br />
Markenansätzen knüpft die semiotische Markenbetrachtung an der wirkungsbezogenen<br />
Markendefinition an, integriert aber zugleich die anbieter-<br />
und nachfragerorientierte Perspektive. Die Wahrnehmung der Marke<br />
wird nicht als Resultante des Markierungsprozesses aufgefasst, sondern spiegelt<br />
als Potentialgröße die unternehmerische Wertschätzung der Markierung<br />
wider. 46 Da die Bedeutungen von Marken jedoch nicht nur dem volitiven Handeln<br />
wertoptimierender Markenmacher unterliegen, sondern auch in Form kol-<br />
46 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 27 ff.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 87<br />
lektiver Manifestationen im gesellschaftlichen Diskurs ausgehandelt werden,<br />
markiert die semiotische Markenbetrachtung gleichzeitig den Übergang zu<br />
kognitionspsychologischen, aber auch soziologischen Markendefinitionen 47 .<br />
Kognitionspsychologische Markendefinitionen<br />
Einen weiteren zentralen Ansatz zur Marke bieten kognitionspsychologische<br />
Definitionen. Ähnlich dem semiotischen Verständnis kommt auch hier der Marke<br />
die Funktion als Träger zentraler Eigenschaften und Bedeutungen zu, allerdings<br />
werden „Marken hier nicht in der realen Welt, sondern im Kopf des<br />
Konsumenten verortet“ 48 . Diese Sichtweise findet sich bereits bei DOMIZLAFF<br />
(1939/1982) wieder, der die Zielsetzung der Markentechnik in der „Sicherung<br />
einer Monopolstellung in der Psyche des Verbrauchers“ 49 sieht, aber auch in<br />
der weitverbreiteten Markendefinition, nach der die Marke „ein in der Psyche<br />
des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem<br />
Produkt oder einer Dienstleistung“ 50 ist.<br />
Die Marke stellt somit ein produktspezifisches inneres Bild 51 dar, welches<br />
das Marken- bzw. Kaufverhalten des Konsumenten entscheidend steuert. In<br />
der Marketingtheorie werden diese „Abbilder“ in unterschiedlichsten Formen<br />
gefasst und verarbeitet. Die Methoden reichen von einfachen Markenschemata,<br />
über multiattributive Vektorenmodelle und Imageansätze bis hin zu komplexen<br />
kognitiven Netzwerken. Im weiteren Sinne können auch involvementgeprägte<br />
Markenansätze 52 zu den kognitiven Markendefinitionen gezählt werden. Das<br />
verbindende Element dieser Ansätze besteht in dem Verständnis der Marke<br />
als „kognitivem Filter“, der auf abgespeichertem Markenwissen beruht<br />
und beim Kaufverhalten intervenierend zwischen <strong>St</strong>imulus und Reaktion<br />
tritt. 53 So hält es ESCH (2003) für sinnvoll, zur Erfassung der mit einer Marke<br />
verbundenen Vorstellungsbilder „an dem in den Köpfen der Konsumenten gespeicherten<br />
Markenwissen anzusetzen. Hier werden Gefühle, Bilder, Vorstellungen,<br />
Sachinhalte, Eigenschaften, Verwendungszusammenhänge und<br />
andere Inhalte zur Marke archiviert“ 54 .<br />
Als Grundmodell zur Beschreibung und Erklärung der kognitionspsychologischen<br />
Markenauffassung wird häufig auf das neobehavioristische <strong>St</strong>imulus-<br />
Organism-Response-Modell (S-O-R-Modell) der Konsumentenforschung zurückgegriffen.<br />
Im Vordergrund dieses Forschungsansatzes steht die Beschreibung<br />
und Erklärung der Wirkung bestimmter reizauslösender Signale (<strong>St</strong>imuli)<br />
47 Vgl. Herrmann 1999, S. 39.<br />
48 Herrmann 1999, S. 40.<br />
49 Domizlaff 1939/1982, S. 76.<br />
50 Meffert 2000, S. 847. Vgl. auch Keller 1997.<br />
51 Kroeber-Riel 1993, S. 40 ff.<br />
52 Vgl. bspw. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 57 f.<br />
53 Vgl. Herrmann 1999, S. 40.<br />
54 Esch 2004, S. 24.
88 Kapitel C<br />
sowie das daraus resultierende Konsumentenverhalten. 55 Das S-O-R-Modell<br />
wurde zur Erklärung dieser Reiz-Reaktions-Vorgänge entwickelt, welches neben<br />
den direkt sinnlich wahrnehmbaren Variablen des <strong>St</strong>imulus (Beispiel: rote<br />
Ampel) und des Verhaltens (Beispiel: Fußgänger bleibt stehen) auch Aussagen<br />
über die nicht beobachtbaren, innerpsychischen Verarbeitungsvorgänge beim<br />
Betrachter macht (Beispiel: Rot = Gefahr). Die Größen dieser inneren Vorgänge<br />
stellen aus analytischer Sicht hypothetische Konstrukte dar, die somit lediglich<br />
indirekt über Indikatoren messbar sind. Neuere verhaltenswissenschaftlich<br />
orientierte Arbeiten zur Markenforschung zeigen, dass sich der Wirkungsprozess<br />
der reizauslösenden Marke und des daraus resultierenden Markenverhaltens<br />
anschaulich und empirisch nachvollziehbar im Rahmen des S-O-R-<br />
Modells beschreiben und erklären lässt. BEKMEIER-FEUERHAHN (1998) bezeichnet<br />
dabei das zu erklärende innerpsychische Konstrukt als Markenstärke<br />
bzw. Markenwert. 56 Abbildung C-6 zeigt das S-O-R-Modell in seiner Funktion<br />
als Grundmodell kognitionspsychologischer Markendefinitionen.<br />
<strong>St</strong>imulus Organism Response<br />
Markenname<br />
Markenzeichen<br />
Produktdesign<br />
Werbung<br />
Empfehlung<br />
etc.<br />
Markenwissen<br />
Markenbilder<br />
Markenstärke<br />
Markenwert<br />
Markenmodelle<br />
etc.<br />
Kaufinteresse<br />
Aufpreisbereitschaft<br />
Markentreue<br />
Sympathie<br />
Interesse<br />
etc.<br />
Abb. C-6: Das S-O-R Paradigma als Grundmodell kognitionspsychologischer Markenansätze<br />
1.1.4 Fazit: Die Marke als Repräsentation mit Verhaltenswirkung<br />
Als Fazit der bisherigen Ausführungen ist festzustellen, dass aufgrund der Vielzahl<br />
von Interpretationen keine einheitliche Auffassung darüber existiert, was<br />
unter einer Marke bzw. einem Markenartikel zu verstehen ist. 57 Gleichzeitig<br />
verdeutlicht die Vielfalt möglicher Sichtweisen den multidimensionalen und interdisziplinären<br />
Charakter des Phänomens Marke. Dabei deuten die rechtlichen,<br />
ökonomischen, kommunikativen oder soziologischen Aspekte darauf hin,<br />
dass Interpretationen über Marken vor allem als Modelle zur Erklärung wirtschaftlicher,<br />
gesellschaftlicher und kultureller Sachverhalte herangezogen werden.<br />
58<br />
55 Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 3 f.<br />
56 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 111 ff.<br />
57 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 14.<br />
58 Vgl. Herrmann 1999, S. 43.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 89<br />
Allerdings erscheint es wenig zweckmäßig und marketingwissenschaftlich äußerst<br />
fragwürdig, eine - auch aus Sicht des Nachfragers nicht nachvollziehbare<br />
- willkürliche Trennung der Begriffe Marke und Markenartikel vorzunehmen. 59<br />
Im Folgenden wird daher der Begriff Marke als Synonym für den Begriff Markenartikel<br />
verwendet - und damit nicht (nur) im Sinne eines Markenzeichens:<br />
Marke ist die positiv verhaltenswirksame Repräsentation eines markierten<br />
Objektes im Gedächtnis eines Rezipienten (Konsument, Mitarbeiter,<br />
Aktionär etc.), die in Form eines inneren Vorstellungsbildes<br />
sämtliche Eigenschaften und Verknüpfungen umfasst, die dem Träger<br />
der Marke (Produkt, Dienstleistung, Unternehmen, Person etc.)<br />
kognitiv zugeordnet werden.<br />
Das Markenverhalten, das sämtliche aufgrund der Repräsentation induzierten<br />
Reaktionen des Rezipienten gegenüber dem Träger der Marke umfasst, stellt<br />
das eigentliche Gütekriterium der Marke dar. Aus Sicht des Managements ist<br />
Markenverhalten somit die eigentliche und finale Zielgröße der Markenführung.<br />
Der „Kopf des Rezipienten“ wird damit - ausgelöst durch den <strong>St</strong>imulus Objekt<br />
und/oder Zeichen - zum eigentlichen Ort der Markenentstehung, die dortige<br />
Bekanntheit der Marke zur notwendigen, aber nicht hinreichenden Bedingung.<br />
Denn die entscheidende Auslösung von Markenverhalten und damit letztlich<br />
die Existenz einer Marke ist von der Frage abhängig, ob und in welchem Ausmaß<br />
sie die multidimensionalen objektiv-funktionalen und subjektivpsychologischen<br />
Bedürfnisse der Zielperson berühren und befriedigen kann<br />
oder - aus Sicht des Markenrezipienten formuliert - welche inhaltlichen Assoziationen<br />
mit der Marke verknüpft werden, kurzum: welche Bedeutung die Marke<br />
für die Zielperson hat.<br />
Die in Abbildung C-7 dargestellte Markentreppe veranschaulicht schematisch<br />
diese Entwicklung vom unmarkierten Produkt bis hin zur Marke als <strong>St</strong>ufenprozess.<br />
60 Diese Sichtweise findet sich u.a. in dem Postulat von BRUHN (1994)<br />
wieder, den Begriff Marke - bei synonymer Verwendung zum Begriff Markenartikel<br />
- strikt von nur markierten Dienstleistungen und Waren zu unterscheiden,<br />
„die lediglich durch Namen und Symbole gekennzeichnet wurden“. 61 KAMBLY<br />
(1991) formuliert, dass die <strong>St</strong>ärke einer Marke nicht allein in ihrer Bekanntheit<br />
59 Vgl. hierzu Bruhn 1994, S. 9.<br />
60 Aus dieser Sicht ist der Bekanntheitsgrad einer Marke ein - aber eben nur ein - wichtiger Indikator<br />
des Markenwerts (zu weiteren Ausführungen vgl. Kapitel C 3.1.1). Gerade in der Praxis wird<br />
häufig mittels der einfachen Erhebung von aktiven oder passiven Markenrecalls eine (implizite)<br />
Gleichsetzung von Markenbekanntheit und Markenerfolg vorgenommen, die aber lediglich eine<br />
unzulässige und wenig zielführende Verkürzung der Markensituation darstellt. Damit soll jedoch<br />
nicht bestritten werden, dass bekannte, aber bedeutungslose („leere“) Marken gegenüber unbekannten<br />
markierten Produkten durchaus im Vorteil sein können und bereits eine Art Markenverhalten<br />
auslösen können. Auch insofern ist die obige Abbildung lediglich schematisch zu sehen.<br />
61 Bruhn 1994, S. 6; vgl. ebenso Mellerowicz 1963, S. 12 f.
90 Kapitel C<br />
liegt, „sondern vor allem in der Eindeutigkeit der Vorstellungen, die mit ihr verbunden<br />
werden. Der heutige Konsument will nicht das Beste, sondern das Beste<br />
für eine bestimmte Situation“. 62<br />
<strong>St</strong>imuli<br />
„No Name“-<br />
Produkt<br />
Produkt<br />
(Leistung)<br />
+<br />
markiertes<br />
Produkt<br />
Markierung<br />
+<br />
“leere”<br />
Marke<br />
Bekanntheit<br />
+<br />
Marke<br />
Bedeutung<br />
Abb. C-7: Markentreppe: schematische Entwicklungsstufen vom Produkt zur Marke<br />
+<br />
Markenerfolg<br />
Markenverhalten<br />
Die Komplexität der Wirkungszusammenhänge zwischen Bekanntheit, Bedeutung<br />
und Markenverhalten zeigt die Praxis: Wie am Beispiel des Telekommunikationsmarktes<br />
bereits gezeigt wurde, 63 existieren auf zahlreichen Märkten<br />
„leere“ Marken, die aufgrund ihrer Bekanntheit dem Rezipienten zwar möglicherweise<br />
vertraut sind, jedoch keinerlei inhaltliche Assoziation wecken. 64 Insbesondere<br />
unter jungen Marken sind zudem zahlreiche „irrelevanten“ Marken<br />
zu beobachten, die trotz hoher Bekanntheit und - sogar positivem - Bedeutungswert<br />
(noch) kein Markenverhalten auslösen. 65 Wie groß aber letztlich der<br />
Einfluss der Marke auf die Kaufentscheidung ist, hängt neben der konkreten<br />
Gestaltung des Markenstimulus auch von verschiedenen Rahmenbedingungen<br />
der Markenführung ab. 66 Zu den wesentlichen Einflussfaktoren zählen etwa die<br />
Produktart bzw. Branche, das Konsumentenverhalten und der Wettbewerb.<br />
62 Kambly 1991, S. 10.<br />
63 Vgl. hierzu insbesondere Kapitel B 4.1.<br />
64 Zur Bekanntheit von Marken vgl. Kapitel C 3.1.1.<br />
65 Exemplarisches Beispiel Automobilmarkt: Obwohl in der Einführungsphase des Smart dem bekannten<br />
Kleinwagen sehr hohe Sympathiewerte zuteil wurden, blieben die Absatzzahlen deutlich<br />
unter den Erwartungen zurück. Mittlerweile stellt sich der Smart als Erfolg dar.<br />
66 Vgl. beispielhaft Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 18 ff.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 91<br />
Insgesamt ergeben sich durch die Verwendung dieser wirkungsbezogenen,<br />
konsumentenorientierten Markeninterpretation wesentliche Vorteile, da diese<br />
kompatibel ist mit dem ziel- und ergebnisorientierten Markenverständnis vieler<br />
Brand Manager und Marketing-Führungskräfte („Marke muss verkaufen!“).<br />
Andererseits kann damit der Begriff Marke nicht mehr, wie<br />
beispielsweise im Rahmen der merkmalsorientierten Ansätze, „aus der subjektiven<br />
Beurteilung oder dem Wunschdenken des jeweiligen Markeneigners“<br />
67 abgeleitet werden, da Marke als objektivierbare Ausprägung auf<br />
einem Erfolgskontinuum zu verstehen ist; 68<br />
ermöglicht, die Veränderungen bzw. die Dynamik von Marken in der Wahrnehmung<br />
der Nachfrager zu erfassen; 69<br />
dennoch zulässt, die Marke mit allen charakteristischen Besonderheiten aus<br />
einer integrierten Perspektive über die gesamte Absatzkette hinweg zu betrachten.<br />
Wenngleich diese Kette „von hinten“ aufgerollt wird, werden herstellerorientierte<br />
Kriterien (z. B. „Eindeutigkeit der Markierung“) berücksichtigt,<br />
sofern sie sich in wirkungsbezogenen Kriterien (z. B. „Identifikationsfunktion“)<br />
niederschlagen. 70<br />
1.2 Das Marketingobjekt Dienstleistung<br />
Ebenso wie der Markenbegriff ist auch der Begriff der Dienstleistung mit zahlreichen<br />
Definitions- und Abgrenzungsproblemen verbunden. Die langjährige<br />
wissenschaftliche Auseinandersetzung, worin die Charakteristika von Dienstleistungen<br />
liegen und welche Bereiche der Dienstleistungssektor umfasst, hat<br />
zu einer Fülle von verschiedenen, teils sehr kontroversen, teils sich ergänzenden<br />
Ansätzen zur Definition und Typologisierung von Dienstleistungen geführt.<br />
So entwickelt SCHEUCH einen institutionellen Klassifikationskatalog mit über<br />
300 Betriebsbeziehungen, 71 CORSTEN beschreibt 28 eindimensionale Systematisierungsansätze<br />
mit insgesamt 69 Erscheinungsformen von Dienstleistungen.<br />
72 Aber selbst diese umfangreiche Auflistung erhebt keinen Anspruch auf<br />
Vollständigkeit. 73 Und letzten Endes zeigt diese Diskussion, dass es nicht möglich<br />
ist, „die in der Marktrealität vorhandenen Güter und komplexen Angebotsbündel<br />
eindeutig den Sachgütern oder Dienstleistungen zuzuordnen“ 74 .<br />
67 Berekoven 1992, S. 44.<br />
68 Vgl. hierzu Irmscher, der zusätzlich und treffend anmerkt, dass die erfolgsorientierte Sichtweise<br />
vieldiskutierte Fragen wie „Sind Handelsmarken ungleich Markenartikel?“ oder „Was unterscheidet<br />
„echte“ von „unechten“ Marken?“ schlichtweg überflüssig macht (1997, S. 14).<br />
69 Vgl. Bruhn 1994, S. 9, der an anderen bestehenden Ansätzen die vergangenheitsbezogene Betrachtungsweise<br />
kritisiert.<br />
70 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 20.<br />
71 Vgl. Scheuch 1982, S. 27 ff.<br />
72 Vgl. Corsten 1988, S. 24 f.<br />
73 Vgl. Meffert/ Bruhn 2003, S. 40 f.<br />
74 <strong>St</strong>auss 1998, S. 11.
92 Kapitel C<br />
Gerade wegen der in der Alltags- und Wissenschaftssprache oftmals unterschiedlichen<br />
Begriffsverwendung aber ist es erforderlich, Dienstleistung - als<br />
Forschungsobjekt der vorliegenden Untersuchung - terminologisch zweckmäßig<br />
zu beschreiben. Aus dem Blickwinkel des Markenmanagements kann<br />
dabei - ähnlich den Erklärungsansätzen zur Marke - auch in der Dienstleistungsdiskussion<br />
zwischen formalen und inhaltlichen (marketingwissenschaftlichen)<br />
Begriffsverwendungen differenziert werden.<br />
1.2.1 Formale Definitionsansätze: Dienstleistung als Klassifikationsobjekt<br />
Formale Definitionsansätze von Dienstleistungen, die vorrangig in der Gesetzgebung<br />
und der amtlichen <strong>St</strong>atistik Anwendung finden, dienen primär der normativen<br />
Klassifikation und (Zu-)Ordnung marktlicher Leistungen.<br />
Das internationale Markenrecht stützt sich auf eine enumerative Definition<br />
der WELTORGANISATION FÜR GEISTIGES EIGENTUM (WIPO) 75 , nach der sämtliche<br />
Waren und Dienstleistungen in einem detaillierten Verzeichnis in insgesamt 45<br />
Klassen eingeteilt sind. Dienstleistungen werden dabei den Klassen 35 bis 45<br />
zugeordnet (Abb. C-8, linke Spalte). Bei der Anmeldung zur Eintragung einer<br />
Dienstleistungsmarke muss der Antragsteller die Dienstleistung(en), für welche<br />
die Eintragung beantragt wird, so bezeichnen, dass die Klassifizierung dieser<br />
Dienstleistung(en) in eine Klasse der Klasseneinteilung möglich ist. 76 Die<br />
Dienstleistungsklassifizierung dient dabei in erster Linie der Gebührenberechnung<br />
und ist ein Hilfsmittel für die Recherche. 77 Für eine Beurteilung der Ähnlichkeit<br />
der Dienstleistungen hat sie dagegen keine Bedeutung. 78<br />
Ein vergleichbarer Definitionsansatz liegt der Wirtschaftszweigklassifikation<br />
der Europäischen Gemeinschaft zugrunde, die dazu dient, sämtliche wirtschaftlichen<br />
Tätigkeiten von Unternehmen, Betrieben und anderen statistischen Einheiten<br />
in den amtlichen <strong>St</strong>atistiken der EG-Länder einheitlich zu erfassen. 79 Als<br />
Ergebnis ist eine hierarchisch gegliederte Wirtschaftszweigklassifikation mit<br />
17 Abschnitten (A bis Q), 31 Unterabschnitten, 60 Abteilungen, 222 Gruppen,<br />
503 Klassen und 1062 Unterklassen entstanden, die eine statistische Zuord-<br />
75 Vgl. World Intellectual Property Organization WIPO 2001: Dieses Werk dokumentiert das »Nizzaer<br />
Klassifikationsabkommen«, bei dem erstmals 1957 - in Zusammenarbeit aller zuständigen<br />
nationalen Patent- und Markenämter - die „Internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen<br />
für die Eintragung von Marken“ beschlossen wurde. Das Abkommen wurde 1967 in<br />
<strong>St</strong>ockholm revidiert und 1977 in Genf international vertraglich festgelegt.<br />
76 Vgl. Markenverordnung § 14 Abs. 1 sowie Markengesetz § 32 Abs. 2, Nr. 3 in: Mühlendahl 1995.<br />
77 Darüber hinaus ist sie aber auch ein Kriterium für die spätere Auslegung der Waren- und Dienstleistungsangaben,<br />
z.B. bei der Subsumtionsprüfung im Zusammenhang mit den Fragen einer<br />
rechtserhaltenden Benutzung der Marke.<br />
78 Vgl. hierzu Deutsches Patent- und Markenamt 1998, S. 1.<br />
79 Vgl. <strong>St</strong>atistisches Bundesamt 2002. Die Wirtschaftszweigklassifikation der Europäischen Gemeinschaft<br />
baut auf der durch EG-Verordnungen verbindlich eingeführten statistischen Systematik<br />
der Wirtschaftszweige auf. An der Erarbeitung dieser Klassifikationen waren zahlreiche<br />
Wirtschaftsverbände, fachlich zuständige Behörden und andere Institutionen beteiligt.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 93<br />
nung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten ermöglicht. Dabei werden im Rahmen<br />
einer Negativdefinition sämtliche Wirtschaftszweige dem (tertiären) Dienstleistungssektor<br />
(Abb. C-8, rechte Spalte) zugeordnet, die nicht dem primären Sektor<br />
(Urproduktion) oder dem sekundären Sektor (Weiterverarbeitung)<br />
zugerechnet werden (3-Sektoren-Theorie). 80<br />
Dienstleistungsklassen<br />
des Markenrechts<br />
Klasse 35 Werbung<br />
<br />
Werbung<br />
Geschäftsführung<br />
<br />
Geschäftsführung<br />
Unternehmensverwaltung<br />
<br />
Unternehmensverwaltung<br />
Büroarbeiten<br />
Klasse 36 <br />
Büroarbeiten<br />
Klasse 36 Versicherungs- und Finanzwesen<br />
<br />
Versicherungs- und Finanzwesen<br />
Geldgeschäfte<br />
<br />
Geldgeschäfte<br />
Immobilienwesen<br />
Klasse 37 Bau- und Reparaturwesen<br />
<br />
Bau- und Reparaturwesen<br />
Installationsarbeiten<br />
Klasse 38 <br />
Installationsarbeiten<br />
Klasse 38 Telekommunikation<br />
Klasse 39 <br />
Telekommunikation<br />
Klasse 39 Transportwesen<br />
<br />
Transportwesen<br />
Verpackung/ Lagerung von<br />
Waren<br />
Veranstaltung von Reisen<br />
Klasse 40 <br />
Veranstaltung von Reisen<br />
Klasse 40 Materialbearbeitung<br />
Klasse 41 <br />
Materialbearbeitung<br />
Klasse 41 Erziehung<br />
<br />
Erziehung<br />
Ausbildung<br />
Unterhaltung<br />
<br />
Unterhaltung<br />
Sportliche/ kulturelle Aktivitäten<br />
Klasse 42 <br />
Sportliche/ kulturelle Aktivitäten<br />
Klasse 42 Wissenschaftliche und techn.<br />
Dienstleistungen<br />
Forschungsarbeiten<br />
<br />
Forschungsarbeiten<br />
industrielle Analyse- und<br />
Forschungsdienstleistungen<br />
Entwurf und Entwicklung von<br />
Computerhardware und –<br />
software<br />
Rechtsberatung und -vertretung<br />
Klasse 43 <br />
Rechtsberatung und -vertretung<br />
Dienstleistungen zur Verpflegung<br />
und Beherbergung von Gästen<br />
Klasse 44 Medizinische und veterinärmedizinische<br />
Dienstleistungen<br />
Gesundheits- und Schönheitspflege<br />
für Menschen und Tiere<br />
Dienstleistungen im Bereich der<br />
Land-, Garten- oder<br />
Forstwirtschaft<br />
Klasse 45 Persönliche und soziale<br />
Dienstleistungen betreffend<br />
individuelle Bedürfnisse<br />
Sicherheitsdienste zum Schutz<br />
von Sachwerten oder Personen<br />
Dienstleistungsklassen<br />
der amtlichen <strong>St</strong>atistik<br />
Abschnitt G Handel<br />
<br />
Handel<br />
Instandhaltung und Reparaturen<br />
von Kraftfahrzeugen und<br />
Gebrauchsgütern<br />
Abschnitt H Gastgewerbe<br />
Abschnitt I <br />
Gastgewerbe<br />
Abschnitt I Verkehr<br />
<br />
Verkehr<br />
Nachrichtenübermittlung<br />
Abschnitt J <br />
Nachrichtenübermittlung<br />
Abschnitt J Kredit- und Versicherungsgewerbe<br />
Abschnitt K Grundstücks- und Wohnungswesen<br />
Vermietung beweglicher Sachen<br />
<br />
Vermietung beweglicher Sachen<br />
Erbringung von wirtschaftlichen<br />
Dienstleistungen (anderweitig<br />
nicht genannt)<br />
Abschnitt L Öffentliche Verwaltung<br />
<br />
Öffentliche Verwaltung<br />
Verteidigung<br />
<br />
Verteidigung<br />
Sozialversicherung<br />
Abschnitt M <br />
Sozialversicherung<br />
Erziehung<br />
Unterricht<br />
Abschnitt N <br />
Unterricht<br />
Gesundheitswesen<br />
<br />
Gesundheitswesen<br />
Veterinärwesen<br />
<br />
Veterinärwesen<br />
Sozialwesen<br />
Abschnitt O <br />
Sozialwesen<br />
Erbringung von sonstigen<br />
öffentlichen und persönlichen<br />
Dienstleistungen<br />
Abschnitt P Private Haushalte mit<br />
Hauspersonal<br />
Abschnitt Q Exterritoriale Organisationen und<br />
Körperschaften<br />
Abb. C-8: Formale Dienstleistungsdefinitionen und Klasseneinteilungen im internationalen Markenrecht<br />
und in der internationalen amtlichen <strong>St</strong>atistik 81<br />
Insgesamt also stellt die Systematik formaler Dienstleistungsdefinitionen eine<br />
dem Alltagsverständnis nahekommende und - aus markenrechtlicher und statistischer<br />
Sicht - zweckmäßige deklaratorische Übersicht unterschiedlicher<br />
Dienstleistungen dar. Diese Auflistungen umreißen so gesehen das Spektrum<br />
80 Der primäre Sektor umfasst die Abschnitte A (Land- und Forstwirtschaft), B (Fischerei und Fischzucht);<br />
der sekundäre Sektor die Abschnitte C (Bergbau und Gewinnung von <strong>St</strong>einen und Erden),<br />
D (verarbeitendes Gewerbe), E (Energie und Wasserversorgung) sowie F (Baugewerbe).<br />
81 Quellen: World Intellectual Property Organization WIPO 2001 (linke Spalte); <strong>St</strong>atistisches Bundesamt<br />
2002 (rechte Spalte).
94 Kapitel C<br />
der in der Marktrealität existierenden (Dienst-)Leistungen und damit das (formale)<br />
Anwendungs- und Aufgabengebiet des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis.<br />
Zur Ableitung problemorientierter Handlungsempfehlungen ist allerdings - gerade<br />
angesichts der enormen Heterogenität dieses Spektrums - eine inhaltliche<br />
Bestimmung des Dienstleistungsbegriffs unumgänglich.<br />
1.2.2 Inhaltliche Erklärungsansätze: Dienstleistung als Vermarktungsobjekt<br />
Im Mittelpunkt inhaltlicher, marketingwissenschaftlicher Ansätze zur Erklärung<br />
von Dienstleistungen steht die Frage, durch welche vermarktungsrelevanten<br />
Charakteristika sich diese auszeichnen und damit von Sachgütern unterscheiden.<br />
Die Zielsetzung, welche die meisten der Ansätze verfolgen, ist die Entwicklung<br />
dienstleistungsspezifischer Vermarktungskonzepte, die diesen<br />
Besonderheiten und den hieraus resultierenden Implikationen in besonderem<br />
Maße Rechnung tragen. In der Fachliteratur kann dabei zwischen definitorischen<br />
und typologisierenden Erklärungsansätzen unterschieden werden. Die<br />
Gemeinsamkeit beider Ansätze besteht darin, dass sie, mehr oder weniger explizit<br />
und mit unterschiedlichen Ergebnissen, Bezug nehmen auf die Phasen<br />
der Dienstleistungsproduktion: die Potentialphase (Input), die Prozessphase<br />
(Throughput) sowie die Ergebnisphase (Output). 82<br />
Die zahlreichen Versuche der Ableitung einer allgemeingültigen Dienstleistungsdefinition<br />
bemühen sich dabei um die Identifikation konstitutiver Merkmale<br />
(Abb. C-9). 83 Die zentralen, in der Literatur diskutierten Merkmale sind<br />
die Bereitstellung von Leistungsfähigkeiten und -bereitschaften (Leistungsversprechen)<br />
durch den Dienstleistungsanbieter (Potentialphase), 84<br />
die Integration eines externen Faktors im Leistungserstellungsprozess (Prozessphase)<br />
85 sowie<br />
die Immaterialität (Intangibilität) des Leistungsergebnisses (Ergebnisphase).<br />
86<br />
Diese Merkmale beinhalten und implizieren weitere Dienstleistungscharakteristika,<br />
wie etwa die Singularität des Leistungserstellungsprozesses, das Uno-<br />
Actu-Prinzip 87 , die Nichtlagerfähigkeit der Leistung oder die Nichtexistenz eines<br />
82 Vgl. hierzu Hilke 1992, S. 15. Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbäumer kritisieren, dass<br />
der Begriff „Phase“ insofern irreführend ist, als dass er eine - im vorliegenden Fall nicht zwingend<br />
vorhandene - chronologische Abfolge unterstellt und sprechen fortan von „Dimensionen“.<br />
Gleichzeitig stellen sie fest, dass sich diese Dimensionen bei jeder Marktleistung finden lassen<br />
und insofern nicht konstitutiv für Dienstleistungen sind (1993, S. 398 ff.).<br />
83 Übersichten über die zahlreichen Definitionsansätze finden sich beispielsweise bei Bowen 1990,<br />
S. 43 ff.; Rosada 1990, S. 9 ff.; Köhler 1991, S. 8 ff.<br />
84 Vgl. hierzu bspw. Corsten 1989, S. 24; Hilke 1992, S. 11; Meyer 1991, S. 197.<br />
85 Vgl. hierzu bspw. Meyer/Mattmüller 1987, S. 189; Rosada 1990, S. 17 f.<br />
86 Vgl. hierzu bereits Berekoven 1966, S. 320 f.<br />
87 Vgl. Cowell 1980, S. 230.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 95<br />
Transferobjektes zum Kaufzeitpunkt 88 . Die Aufzählung von Merkmalen, die von<br />
verschiedenen Autoren jeweils für konstitutiv erachtetet werden, ist sehr wohl<br />
in der Lage, spezifische Probleme und Herausforderungen für das Dienstleistungsmarketing<br />
aufzuzeigen. Allerdings wurde in der wissenschaftlichen Diskussion,<br />
zuvorderst in der Kritik von ENGELHARDT/ KLEINALTENKAMP/<br />
RECKENFELDERBÄUMER (1993) und - in deren Folge - von MEFFERT (1994),<br />
sachlogisch und methodisch zwingend nachgewiesen, dass die durch die Definitionsansätze<br />
verfolgte primäre Zielsetzung, eine allgemeingültige und verbindliche<br />
Abgrenzung zwischen Sach- und Dienstleistungen zu entwickeln,<br />
verfehlt wird. Denn die Versuche, Dienstleistungen durch konstitutive Merkmale<br />
zu definieren, offenbaren bei näherer Betrachtung ein sachlogisches Dilemma,<br />
da sie in Zirkelschlüssen enden. 89<br />
Produktionsphasen<br />
Beschreibung<br />
zentrale<br />
Implikationen<br />
Input<br />
(Potential)<br />
Throughput<br />
(Prozess)<br />
Bereitstellung von Leis- Erstellung der Leistung<br />
tungsfähigkeiten in Form<br />
personeller<br />
immaterieller oder<br />
sachlicher Ressourcen<br />
unter Einbeziehung des<br />
externen Faktors<br />
Kunde bzw.<br />
Kundenobjekt<br />
Leistung als Verspre- Uno Actu: simultane Leischen<br />
Notwendigkeit eines<br />
tungserstellung/ -abgabe<br />
Singularität/ Individualität<br />
Dienstleistungsvertrags<br />
Nichtexistenz eines<br />
des Prozesses<br />
Problem der Leistungs-<br />
Transferobjekts zum<br />
Kaufzeitpunkt<br />
Asymmetrische Informationsverteilung<br />
zwischen<br />
standardisierung<br />
Nichtlager-/ Nichttransportfähigkeit<br />
der Leistung<br />
Erfordernis der Filialisie-<br />
Kunde und Anbieter<br />
Erhöhtes Kaufrisiko<br />
Zeitpunkt des Vertragsabschlusses<br />
als „Bezierung/<br />
Mobilität<br />
Koordinations- und<br />
Flexibilitätsbedarf<br />
Kundeneinfluss auf<br />
hungswendepunkt“ Prozess/ Qualität<br />
Probleme der LeistungsVertragszeitpunktmessung/<br />
-zuordnung<br />
Output<br />
(Ergebnis)<br />
Ergebnis der immateriellen<br />
Leistungserstellung in Form<br />
immaterieller und/oder<br />
materieller Elemente<br />
Intangibilität bzw. Immaterialität<br />
der Leistung<br />
Probleme der Qualitätsund<br />
Leistungsmessung/<br />
-zuordnung<br />
Problem der Wiederholbarkeit<br />
Abb. C-9: Übersicht über produktionsphasenbezogene Charakteristika von Dienstleistungen aus<br />
verschiedenen Definitionsansätzen 90<br />
88 Zum Vertragsabschluss als Wendepunkt im Beziehungs- und Abhängigkeitsverhältnis zwischen<br />
Anbieter und Nachfrager vgl. Williamson (1990, S. 70-72). Er bezeichnet diesen Übergang von<br />
der „ex-ante-Konkurrenz“ in die „ex-post-Konkurrenz“ als „fundamentale Transformation“.<br />
89 Zu den Einzelheiten der Argumentationslogik vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer<br />
1993, S. 398 ff. sowie Meffert 1994, S. 521 f.<br />
90 In Anlehnung an Hilke 1992, S. 15.
96 Kapitel C<br />
Erfolgversprechender und logisch stringenter ist der in Folge dieser Kritik von<br />
ENGELHARDT/ KLEINALTENKAMP/ RECKENFELDERBÄUMER (1993) entwickelte und<br />
später durch MEFFERT (1994) ergänzte Typologisierungsansatz zur Identifikation<br />
spezifischer Leistungstypen. Die Darstellung von als relevant erachteten<br />
Leistungsmerkmalen erfolgt in Form von Dimensionen, die sich als<br />
Kontinuen zwischen Extremausprägungen darstellen und infolgedessen „Unschärfebereiche<br />
zwischen den Reinformen bestimmter Absatzobjekte abzubilden“<br />
91 vermögen. In der erweiterten Typologisierung von MEFFERT (Abb. C-10)<br />
entsteht im Ergebnis eine dreidimensionale Leistungstypologisierung mit den<br />
Dimensionen<br />
Immaterialitätsgrad,<br />
Interaktionsgrad sowie<br />
Individualisierungsgrad. 92<br />
Customized<br />
VerUnterIndividualisierungsgrad (Potential-,<br />
Prozess-,<br />
sicherungspaketnehmensberatungErgebnisdimension)<strong>St</strong>andardiGütertransportGruppensprachkurssiert<br />
Unabhängig<br />
Interaktionsgrad<br />
(Prozessdimension)<br />
Interaktiv<br />
Autonom<br />
Integrativ<br />
Integrationsgrad<br />
Sondermaschine<br />
Reproduziertes<br />
Teil<br />
Unternehmensberatung<br />
Datenbankdienst<br />
Materiell<br />
Immaterialitätsgrad<br />
(Ergebnisdimension)<br />
Immateriell<br />
Abb. C-10: Typologisierung von Absatzobjekten nach ENGELHARDT/ KLEINALTENKAMP/ RECKENFELDER-<br />
BÄUMER und deren Erweiterung durch MEFFERT 93<br />
Dabei bezieht sich der Immaterialitätsgrad wiederum auf das Leistungsergebnis.<br />
Der Interaktionsgrad beschreibt das Ausmaß der Einbeziehung externer<br />
Faktoren in den Leistungserstellungsprozess. Der Individualisierungsgrad umfasst<br />
die kundenbezogene Spezifität der Bereitstellungsleistung und wirkt sich<br />
damit auch auf die Prozess- und Ergebnisphase aus. Interaktions- und Individualisierungsgrad<br />
können dabei als Teildimensionen des Integrationsgrades<br />
aufgefasst werden.<br />
91 Meffert 1994, S. 522.<br />
92 Vgl. Meffert 1994, S. 525.<br />
93 Quelle: Meffert 1994, S. 524.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 97<br />
1.2.3 Fazit: Eine anwendungsorientierte Dienstleistungsterminologie<br />
Wenngleich auch auf Basis dieser Typologisierungsansätze eine eindeutige<br />
Abgrenzung zwischen Dienstleistungen und Sachgütern sachlogisch erfolglos<br />
bleibt, soll und kann hier nicht der wissenschaftstheoretischen Auffassung gefolgt<br />
werden, auf den Begriff Dienstleistung zu verzichten. 94 Die anwendungsorientierte<br />
Marketingforschung hat - neben den Erkenntnissen theoriebildender<br />
Forschung - ebenso die in der Praxis geprägten Begriffsrealitäten zur Kenntnis<br />
zu nehmen. In diesem Sinne können Dienstleistungen aus anwendungsorientierter<br />
Sicht wie folgt beschrieben werden:<br />
Unter dem Begriff Dienstleistungen sind Marktleistungen zu verstehen,<br />
die in der praktischen Begriffsverwendung als solche bezeichnet<br />
werden und ein hohes Ausmaß an Intangibilität, Interaktion<br />
und/oder Individualisierung aufweisen.<br />
Dagegen werden Marktleistungen, die beispielsweise von einigen Autoren als<br />
„veredelte“ Dienstleistung 95 bezeichnet werden, aber eine Nullausprägung<br />
sämtlicher Eigenschaften aufweisen, von dieser Dienstleistungsauffassung<br />
ausgeschlossen. 96<br />
Die wissenschaftstheoretisch kritisierbare Unschärfe, dass sich in umgekehrter<br />
Argumentation die Eigenschaftsdimensionen nicht zur Verwendung als konstitutive,<br />
sondern lediglich als typische Charakteristika von Dienstleistungen eignen,<br />
wird dabei zugunsten praxisorientierter Forschungsergebnisse bewusst in<br />
Kauf genommen. Die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehenden konsumtiven<br />
Kerndienstleistungen respektive Telekommunikationsdienstleistungen können<br />
infolge dessen zweckmäßig beschrieben werden als in hohem Maße immaterielle<br />
und interaktiv erbrachte Kernleistungen institutioneller (Telekommunikations-)Anbieter<br />
für den Massenmarkt. 97 Da ein hoher Individualisierungsgrad für<br />
94 Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398 ff.<br />
95 Zur Veredelung von Dienstleistungen vgl. bspw. Meyer 1984, S. 119-121 sowie 1994, S. 119 ff.<br />
Vgl. kritisch hierzu Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398 f., ebenso bereits<br />
Berekoven 1974, S. 63.<br />
96 Softwarehäuser, die sich auf die Herstellung von <strong>St</strong>andardsoftware konzentrieren, sind demnach<br />
- entgegen bspw. der amtlichen <strong>St</strong>atistik - in ihrem Kern keine Dienstleister. Ebenso gut könnte<br />
ansonsten ein serienmäßig produziertes Automobil als veredelte Ingenieursdienstleistung verstanden<br />
werden.<br />
97 In diesem Zusammenhang sei nochmals auf das „Phänomen“ McDonald’s eingegangen: Begreift<br />
man das Unternehmen als Handelsunternehmen (zum Vertrieb primär eigenproduzierter Ware),<br />
tritt die Dienstleistungskomponente deutlicher zum Vorschein. Andererseits aber kann McDonald’s<br />
ebenso als industrieller Produzent verzehrbarer Fertigware gesehen werden. Insofern handelt<br />
es sich um einen Mischtypus, der nicht als Kerndienstleister bezeichnet werden kann.<br />
Dennoch weist das Markenmanagement dienstleistungsspezifische Herausforderungen auf, da<br />
die Wahrnehmung der Marke McDonald’s durch den Konsumenten auch durch das Auftreten des<br />
<strong>Service</strong>personals bestimmt wird. Dieser Aspekt wird in Kapitel C 3 (Besonderheiten des <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong>) vertieft.<br />
(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite)
98 Kapitel C<br />
konsumtive Dienstleistungen eher untypisch ist, kommt dieser Dimension eine<br />
nur ergänzende Funktion zu. Grundsätzlich gilt, dass die „<strong>Service</strong>ness“ einer<br />
konsumtiven Dienstleistung mit zunehmender Ausprägung dieser Charakteristika<br />
ebenfalls zunimmt.<br />
An dieser <strong>St</strong>elle sei darauf hingewiesen, dass der anglizistische Begriff <strong>Service</strong><br />
im Rahmen dieser Arbeit synonym zum Begriff Dienstleistung verwendet wird.<br />
Vielfach wird der <strong>Service</strong>begriff im deutschsprachigen Raum - anders als im<br />
angloamerikanischen Wortgebrauch - lediglich für Zusatzdienstleistungen verwendet,<br />
was weder sachlich noch sprachlich erforderlich ist. 98<br />
Vgl. zu einer kritischen Diskussion dieses Themas auch Meyer, der den Fast-Food-Anbieter, obwohl<br />
dieser in der Theorie und Praxis oftmals als „Paradebeispiel einer Dienstleistungsmarke“<br />
angesehen wird, „nüchtern betrachtet [als] eine Meisterleistung seiner Kommunikationsverantwortlichen“<br />
bezeichnet. Meyer argumentiert, dass bei McDonald’s zahlreiche kommunikationspolitische<br />
Besonderheiten nicht vorlägen, die für den Fall einer Dienstleistung postuliert werden,<br />
wie z.B. ein hohes wahrgenommenes Kaufrisiko aufgrund begrenzter Reversibilität von Dienstleistungen,<br />
die Notwendigkeit umfangreicher Prozesse der Informationsbeschaffung, die große<br />
Bedeutung der Komponente Zeit oder die Kommunikationsarmut der Leistung bei gleichzeitig<br />
hohem Informationsinteresse der Nachfrager (vgl. Meyer 1993; Meyer/ Tostmann 1995, S. 11 f.).<br />
98 Diese Sichtweise vertreten auch Meffert/ Bruhn 2003, S. 30.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 99<br />
2. Dienstleistungsmarke: Objekt des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
2.1 Das Konstrukt Dienstleistungsmarke<br />
2.1.1 Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke<br />
Vergleicht und kombiniert man die formalen und inhaltlichen Erklärungsansätze<br />
zu Marke und Dienstleistung, eröffnen sich vier mögliche Perspektiven (Abb.<br />
C-11), in deren jeweiligem Mittelpunkt die Dienstleistungsmarke verstanden<br />
wird als<br />
Eigentums- und Schutzrecht (juristische Perspektive),<br />
Zeichen für immaterielle und interaktive Leistungen (operative Marketingperspektive),<br />
Repräsentation für Dienstleistungen (formale Marketingperspektive) bzw.<br />
Repräsentation für immaterielle und interaktive Leistungen (integrierte<br />
Marketingperspektive).<br />
Formaler<br />
Markenansatz<br />
Integrativer<br />
Markenansatz<br />
Formale<br />
Dienstleistungsbestimmung<br />
Juristische Perspektive<br />
Dienstleistungsmarke<br />
als Eigentums- und Schutzrecht<br />
Formale Marketingperspektive<br />
Dienstleistungsmarke<br />
als Repräsentation<br />
für „Dienstleistungen“<br />
Abb. C-11: Grundsätzliche Perspektiven auf die Dienstleistungsmarke<br />
Inhaltliche<br />
Dienstleistungsbestimmung<br />
Operative Marketingperspektive<br />
Dienstleistungsmarke<br />
als Zeichen für immaterielle und<br />
interaktive Leistungen<br />
Integrierte Marketingperspektive<br />
Dienstleistungsmarke<br />
als Repräsentation für immaterielle und<br />
interaktive Leistungen<br />
Die juristische Perspektive 99 beschreibt die Dienstleistungsmarke als Eigentums-<br />
und Schutzrecht, in deren Mittelpunkt die formalrechtlichen Möglichkeiten<br />
und Bedingungen der Kennzeichnung von Marktleistungen stehen, die nach<br />
ebenfalls formaljuristischer Definition eine Dienstleistung darstellen. Demnach<br />
entsteht Markenschutz durch Eintragung des Zeichens in das Markenregister<br />
(eingetragene Marke/ Registermarke) oder durch Benutzung eines Zeichens im<br />
geschäftlichen Verkehr, sofern das Zeichen als Marke Verkehrsgeltung erlangt<br />
hat (Benutzungsmarke) oder durch notorische Bekanntheit der Marke (Notoritätsmarke).<br />
100 Mit der Eintragung der Marke erlangt der Anmelder bzw. Inhaber<br />
99 Zur juristischen Perspektive der Dienstleistungsmarke vgl. Schreiner 1983; Landolt 1993.<br />
100 Vgl. § 4 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995.
100 Kapitel C<br />
der Marke ein ausschließliches Recht an dieser. Im Falle einer Verletzung des<br />
Schutzrechts bietet es ihm die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche oder<br />
Unterlassung geltend zu machen. 101 Interessant ist in diesem Zusammenhang,<br />
dass der Begriff Dienstleistungsmarke, ebenso wie der früher verwendete Begriff<br />
Warenzeichen, mit Inkrafttreten des Markengesetzes 1995 in Deutschland<br />
durch den Begriff Marke als Sammelbegriff für die Kennzeichnung 102 von Waren<br />
und Dienstleistungen ersetzt wurde.<br />
Die operative Marketingperspektive fokussiert die Dienstleistungsmarke als<br />
optisches, haptisches oder akustisches Kennzeichen für immaterielle und interaktive<br />
Leistungen. Als Hauptvertreter dieser Richtung ist GRAUMANN zu sehen,<br />
nach dessen vielzitierter und -übernommener Definition 103 man unter<br />
Dienstleistungsmarke ein Zeichen versteht, „das der Kennzeichnung von Gütern<br />
dient, deren Produktion die unmittelbare raum-zeitliche Integration eines<br />
externen Faktors in Form der Person des Leistungsnehmers oder seines Verfügungsobjektes<br />
erfordert und die daher ausschließlich im Rahmen eines synchronen<br />
Kontakts zwischen Leistungsgeber und Leistungsnehmer bzw. deren<br />
Verfügungsobjekte produziert werden können“ 104 . Im Mittelpunkt dieser Betrachtung<br />
stehen Fragen hinsichtlich der erforderlichen Voraussetzungen von<br />
Dienstleistungen als Markenware (wie z. B. Qualitätskonstanz, <strong>St</strong>andardisierung<br />
etc.) 105 , aber auch hinsichtlich kreativ-gestalterischer Aspekte des eigentlichen<br />
Markenzeichens (wie z. B. Form- und Farbgebung, Schrifttypen oder<br />
Klangmuster). Ferner geht es um operative Problemstellungen wie etwa die<br />
Frage, mit Hilfe welcher Markentechniken die Markierungsproblematiken bei<br />
immateriellen Dienstleistungen überwunden werden können, da das Markenzeichen<br />
nicht auf dem „Produkt“ Dienstleistung selbst oder seiner Verpackung<br />
angebracht werden kann. 106 Ansätze, die hierin eine zentrale Herausforderung<br />
für das Management von Dienstleistungsmarken sehen, verweisen dabei häufig<br />
auf die Systematisierung interner (unternehmerischer) und externer (kundenseitiger)<br />
Kontaktobjekte bzw. -subjekte (Abb. C-12). 107<br />
Auch wenn die markierungstechnische Frage der Gestaltung und Anbringung<br />
der Dienstleistungsmarke als Zeichen eine nicht unwesentliche operative Problemstellung<br />
umfasst, beleuchtet diese Perspektive lediglich einen nachgelagerten<br />
Teilaspekt des strategischen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>. Zwar können mit Hilfe der<br />
Systematisierung von Kontaktträgern Suchfelder eröffnet und kreative Ansätze<br />
zur eigentlichen „Markierung“ von Dienstleistungen und zur Lösung dieser<br />
101 Vgl. § 14 Markengesetz, in: Mühlendahl 1995.<br />
102 Zu den grundsätzlichen Möglichkeiten der Kennzeichnung vgl. Kap. C 1.1.1.<br />
103 Vgl. bspw. Meffert/ Bruhn 2003, S. 395.<br />
104 Graumann 1983, S. 144 ff.<br />
105 Zur Dienstleistungsqualität und -standardisierung vgl. Zeithaml/ Parasuraman/ Berry 1990; Berry/<br />
Parasuraman 1992, S. 16; Meffert/ Bruhn 2003, S. 400; Bieger 2002, S. 165 ff.<br />
106 Vgl. bspw. <strong>St</strong>auss 1998, S. 15.<br />
107 Vgl. Graumann 1983, S. 144 ff.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 101<br />
technischen „Visualisierungsproblematik“ 108 abgeleitet werden, doch werden<br />
hiervon die zentralen Funktions- und Wirkungszusammenhänge bei der Entstehung<br />
innerer Markenbilder beim Konsumenten nicht tangiert.<br />
Verfügungsbereich<br />
Extern<br />
Intern<br />
Kontaktobjekte Kontaktsubjekte<br />
Externe Kontaktobjekte<br />
Schild an Kleidungsstück nach einer<br />
Textilreinigung<br />
Hänger am Autospiegel nach einer<br />
Reparatur<br />
Interne Kontaktobjekte<br />
Markierung von Gebäuden, Flugzeugen,<br />
Zügen, Mietwagen etc.<br />
Kontaktträger<br />
Abb. C-12: Operative Ansätze zur Markierung von Dienstleistungen 109<br />
Externe Kontaktsubjekte<br />
<strong>St</strong>empelaufdruck beim Besuch einer<br />
Diskothek<br />
Textile Merchandising-Artikel<br />
(z.B. T-Shirt „Euro-Disney“)<br />
Interne Kontaktsubjekte<br />
Einheitliche Bekleidung mit einer<br />
Markierung bei Fluggesellschaften<br />
Diesen Aspekt der Dienstleistungsmarke fokussiert die formale Marketingperspektive.<br />
Allerdings liegt dieser Betrachtung eine formale Dienstleistungsauffassung<br />
zugrunde, in der die relevanten Implikationen charakteristischer<br />
Dienstleistungseigenschaften unberücksichtigt bleiben. Wie die Ausführungen<br />
in Kapitel B 1 dieser Arbeit gezeigt haben, ist zur ganzheitlichen Erfassung der<br />
sich aus dem Schnittstellenthema Marke und Dienstleistung ergebenden Herausforderungen<br />
aber sowohl eine integrative Sicht der Marke als auch eine inhaltliche<br />
Interpretation der Dienstleistung erforderlich. Die sich hieraus<br />
ergebende integrierte Marketingperspektive auf die Dienstleistungsmarke, in<br />
deren Mittelpunkt Fragen zu dienstleistungstypischen Herausforderungen und<br />
Lösungsansätzen zur Marke als Repräsentation im Gedächtnis des Verbrauchers<br />
stehen, wird im folgenden Kapitel näher betrachtet.<br />
2.1.2 Dienstleistungsmarke aus integrierter Marketingperspektive<br />
Die integrierte Marketingperspektive nimmt einen problemorientierten Blickwinkel<br />
ein, der sowohl der modernen Auffassung von Marke als Träger zentraler<br />
Eigenschaften und Bedeutungen als auch der anwendungsorientierten Interpretation<br />
der Dienstleistung als Leistung mit besonderen Vermarktungsanforderungen<br />
Rechnung trägt. Hiernach kann Dienstleistungsmarke bzw. <strong>Service</strong><br />
Brand wie folgt präzisiert werden:<br />
108 Vgl. Meffert/ Bruhn 2003, S. 400 f.<br />
109 Quelle: Meffert/ Bruhn 2003, S. 401.
102 Kapitel C<br />
Dienstleistungsmarke (<strong>Service</strong> Brand) ist die positiv verhaltensbeeinflussende<br />
Repräsentation eines markierten Dienstleistungsangebots<br />
im Gedächtnis des Rezipienten (Konsument, Mitarbeiter, Aktionär<br />
etc.), die in Form eines inneren Markenbildes die wichtigsten Eigenschaften<br />
und Verknüpfungen umfasst, die einer in hohem Maße<br />
immateriellen und interaktiv erbrachten Marktleistung eines institutionellen<br />
Dienstleistungsanbieters kognitiv zugeordnet werden.<br />
Dieser integrierte kognitionspsychologische Ansatz findet sich auch in der<br />
Sicht der Markenpraktiker wieder, wie das folgende Zitat belegt: „Marke ist ein<br />
Vorurteil im Kopf des Verbrauchers. Marke existiert nur beim Verbraucher: Sie<br />
hat weniger was mit der Objektivität des Dienstleistungsangebots, als vielmehr<br />
mit dem subjektivem Empfinden zu tun. Sie umfasst damit den Gesamteindruck,<br />
den der Verbraucher hinsichtlich des Angebots hat. Marke ist nicht nur<br />
Logo, sondern letztendlich das Gefühl, die Emotion, die der Verbraucher abruft,<br />
wenn man ihm ein <strong>St</strong>ichwort gibt. [...] Unsere Aufgabe ist dabei, viele<br />
gleichlautende Vorurteile zu erhalten. Faktisch liegt damit eine Dienstleistungsmarke<br />
erst dann vor, wenn ein Großteil der Zielgruppe die Marke als<br />
gleichförmig erlebt.“ 110<br />
2.1.3 <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> als Prozess der Wahrnehmungssteuerung<br />
Entsprechend der integrierten Definition der Dienstleistungsmarke kann der<br />
Begriff des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>, der im Rahmen der Arbeit bislang als die professionelle<br />
Entwicklung und Einführung von Dienstleistungsmarken umschrieben<br />
wurde, präzisiert werden. Der Begriff des <strong>Branding</strong> selbst, der etymologisch<br />
der nordamerikanischen Viehwirtschaft des 18. Jahrhunderts entstammt und<br />
die Brandmarkung von Kälbern und Rindern bezeichnete, 111 wird heute in Literatur<br />
und Praxis unterschiedlich aufgefasst. Die Definitionen reichen von der<br />
Gleichsetzung des <strong>Branding</strong> für die reine Namensgebung 112 bis hin zur abgestimmten<br />
Gestaltung aller Marketing-Mix-Instrumente 113 . Im Umkehrschluss der<br />
oben entwickelten Definition der Dienstleistungsmarke kann <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
als Forschungsbereich dieser Arbeit wie folgt definiert werden:<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> bezeichnet das Management sämtlicher Maßnahmen<br />
zur Entwicklung und Einführung eines Markenauftritts für<br />
Dienstleistungen oder Dienstleistungsunternehmen, die dazu geeignet<br />
sind, im Gedächtnis des Rezipienten ein positiv verhaltensbeeinflussendes<br />
Vorstellungsbild über das in hohem Maße immaterielle<br />
und interaktiv erbrachte Leistungsangebot zu generieren.<br />
110 Ohnemus 1999, Expertengespräch.<br />
111 Vgl. Grant 1999, S. 20.<br />
112 Vgl. Gotta 1989, S. 16; 1994, S. 775.<br />
113 Vgl. Murphy 1990, S. 4.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 103<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> kann aus dieser Sicht als ein Managementprozess verstanden<br />
werden, dessen Hauptaufgabe im weiteren Sinne in der <strong>St</strong>euerung der<br />
Markenwahrnehmung durch den Rezipienten, und hier vor allem der des Konsumenten,<br />
besteht. Hieraus leitet sich die zentrale Fragestellung ab, wie ein<br />
markiertes Dienstleistungsangebot als <strong>St</strong>imulus zu gestalten ist, um sich in der<br />
subjektiven Wahrnehmung des Konsumenten als Marke verankern zu können.<br />
MEFFERT (1998) bemerkt hierzu, dass es auf diese Frage keine allgemeingültige<br />
Antwort geben könne, „da die Wahrnehmung und Interpretation der Marke<br />
immer auch von situativen Bedingungen abhängig ist“ 114 . Doch sollte dieser<br />
Einwurf weniger als Kritik, sondern vielmehr als Hinweis auf die generelle<br />
Problematik des Phänomens Marke gewertet werden.<br />
Die wirkungsorientierte und kundenzentrierte Auffassung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
impliziert zudem eine grundsätzliche Besonderheit des Managements von<br />
Dienstleistungsmarken und öffnet einen neuen Blickwinkel auf die Phasen der<br />
Dienstleistung. Während - wie in den Ausführungen des Kapitel B 1.2.2 dargestellt<br />
- inhaltliche Erklärungsansätze des Dienstleistungsmarketing an den<br />
Phasen der Dienstleistungsproduktion aus Unternehmenssicht (Potential-, Prozess-,<br />
Ergebnisphase) ansetzen, stehen beim <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> die Phasen<br />
der Dienstleistungswahrnehmung aus Kundensicht im Mittelpunkt. Aus dieser<br />
Perspektive stellt sich die Phase des unternehmensseitigen Leistungsversprechens<br />
(Potentialphase) für den Kunden als Leistungserwartung dar, die Phase<br />
der Leistungserstellung als Leistungserlebnis. Die Phase nach Leistungserstellung<br />
bzw. nach Vorliegen des Dienstleistungsergebnisses stellt sich dem Kunden<br />
aufgrund der Immaterialität und Interaktivität der Dienstleistung als Phase<br />
der Leistungserinnerung dar. Leistungserwartung, Leistungserlebnis und Leistungserinnerung<br />
umreißen somit die grundsätzlichen Wahrnehmungsphasen,<br />
in denen der Konsument mit einem Dienstleistungsmarken-<strong>St</strong>imulus konfrontiert<br />
werden kann, auf dessen Grundlage sich ein inneres Vorstellungsbild manifestiert<br />
(Abb. C-13).<br />
Potentialphase Prozessphase Nach-Prozessphase<br />
Dienstleistungsmarken-<strong>St</strong>imulus<br />
Leistungserwartung Leistungserlebnis Leistungserinnerung<br />
Abb. C-13: Potentielle Wahrnehmungsphasen eines Dienstleistungsmarken-<strong>St</strong>imulus aus Kundensicht<br />
114 Meffert 2000, S. 847.
104 Kapitel C<br />
Aus der integrierten Definition der Dienstleistungsmarke bzw. des <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> ergeben sich für das weitere Vorgehen folgende Themenfelder, die<br />
im weiteren Verlauf der konzeptionellen Grundlagenarbeit zu vertiefen sind:<br />
Manifestation innerer Markenbilder bei Dienstleistungen: Analyse und Darstellung<br />
der kognitionspsychologischen Verarbeitungs- und Speicherungsprozesse<br />
von inneren Markenbildern bei Dienstleistungen.<br />
Determinanten der Markenwirkung: Analyse und Darstellung konsumentenbezogener<br />
Wirkungsdeterminanten von Dienstleistungsmarken.<br />
Integration der Entscheidungsebenen: Entwicklung eines integrierten Ansatzes,<br />
welcher der integrierten Definition der Dienstleistungsmarke als gestalt-<br />
und wahrnehmbare Schnittstelle zwischen Anbietern und Nachfragern Rechnung<br />
trägt.<br />
Spezifische Herausforderungen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>: Analyse und Darstellung<br />
grundsätzlicher Herausforderungen, die sich aufgrund spezifischer<br />
Dienstleistungscharakteristika für den Aufbau und die Verarbeitung innerer<br />
Vorstellungsbilder ergeben.<br />
Entwicklung von Hypothesen zum Aufbau innerer Markenbilder: Formulierung<br />
vorläufiger, theoretisch-konzeptionell entwickelter Aussagen über Erfolgsfaktoren<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>.<br />
Als Grundlage werden in diesem Kapitel zunächst Voraussetzungen, Ziele, Aufgaben<br />
und Gestaltungselemente des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> als Entscheidungsvariablen<br />
der markenführenden Dienstleistungsunternehmung betrachtet.<br />
2.2 Voraussetzungen, Ziele und Aufgaben des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
2.2.1 Voraussetzungen und Rahmenbedingungen<br />
Die Umsetzung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> ist an gewisse unternehmensinterne und<br />
-externe Voraussetzungen und Rahmenbedingungen geknüpft. Als Indikatoren<br />
interpretiert, bilden sie den situativen, unternehmensindividuellen Kontext für<br />
das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>, aus dem heraus sich die generelle Bedeutung der Markenführung<br />
als kritischer Erfolgsfaktor für das Unternehmen ableitet. 115<br />
Während unternehmensinterne Voraussetzungen als Determinanten des internen<br />
Markenpotentials gleichzeitig Entscheidungs- und Gestaltungsvariablen<br />
des Managements darstellen, sind unternehmensexterne, aber auch leistungsimmanente<br />
Rahmenbedingungen nicht - oder zumindest nicht kurzfristig - be-<br />
115 Ähnlich Kühn, in dessen Dominanz-<strong>St</strong>andard-Modell die Frage, ob ein bestimmtes Marketinginstrument<br />
die Funktion eines kritischen Erfolgsfaktors einnimmt, von externen und internen (variablen)<br />
Einflussfaktoren abhängig ist (vgl. 1985 S. 19-21; 1986 S. 4ff.).
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 105<br />
einflussbare Größen. Ihre situativen Ausprägungen lassen zunächst nur Rückschlüsse<br />
auf die externe, marktbezogene Relevanz von Dienstleistungsmarken<br />
zu und bestimmen damit maßgeblich die grundsätzlichen Chancen und Möglichkeiten<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>. Abbildung C-14 verdeutlicht diese Zusammenhänge<br />
anhand exemplarisch ausgewählter Indikatoren, deren jeweilige<br />
Ausprägungen Idealkonstellationen für die Markenführung beziehungsweise<br />
die Markenrelevanz darstellen.<br />
Anforderungs- und Rahmenbedingungen<br />
niedrig<br />
niedrig<br />
internes<br />
Markenpotential<br />
gering Komparative Leistungsstärke<br />
nein Total Quality Management<br />
gering Mitarbeiterqualifizierung<br />
gering Leistungsdifferenzierung<br />
gering Innovationsstärke<br />
gering Brand Excellence<br />
gering Langfristorientierung<br />
gering Finanzkraft<br />
externe<br />
Markenrelevanz<br />
gering Marktreife<br />
gering Wettbewerbsintensität<br />
hoch Nachahmungsgeschwindigkeit<br />
gering Transaktionshäufigkeit<br />
gering Involvement<br />
gering Spezifität der Leistung<br />
gering Vertrauenseigenschaften<br />
gering Erfahrungseigenschaften<br />
hoch<br />
hoch<br />
ja<br />
hoch<br />
hoch<br />
hoch<br />
hoch<br />
hoch<br />
hoch<br />
hoch<br />
hoch<br />
hoch<br />
gering<br />
hoch<br />
hoch<br />
hoch<br />
hoch<br />
hoch<br />
niedrig<br />
Bedeutung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
hoch<br />
externe<br />
Markenrelevanz<br />
marginal<br />
niedrig<br />
Abb. C-14: Interne und externe Voraussetzungen für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
2.2.2 <strong>Service</strong>-Brand-Power als Zielgröße<br />
internes<br />
Markenpotential<br />
dominant<br />
hoch<br />
Wirkungsvolles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> leistet durch Erhalt oder <strong>St</strong>eigerung des Unternehmenswertes<br />
einen Beitrag zur Erreichung des unternehmerischen Globalziels<br />
der langfristigen Existenzsicherung. 116 Dies unterstreicht den grundsätzlich<br />
derivativen Charakter des Zielsystems, da sämtliche Ziele auf Markenebene<br />
in hierarchischer Beziehung zu übergeordneten Unternehmenszielen<br />
stehen und aus diesen abzuleiten sind. 117 Gleichzeitig sind die Markenziele mit<br />
dem ebenfalls derivativen Marketing-Zielsystem eng verknüpft. Durch die der<br />
Dienstleistungsmarkendefinition immanente Zielsetzung der positiven Verhaltensbeeinflussung<br />
potentieller und tatsächlicher Kunden leistet <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
primär einen Beitrag zur Erfüllung von zwei Kernaufgaben des Marketing:<br />
der Kundenakquisition und der Kundenbindung. 118 Ebenso kann Markenführung<br />
116 Vgl. Hahn/ Hungenberg 2001, S. 13.<br />
117 Vgl. Haedrich/ Tomczak 1996a, S. 76.<br />
118 Der Aufgabenorientierte Marketingansatz sieht in Kundenakquisition und Kundenbindung sowie<br />
in Leistungspflege und Leistungsinnovation die Kernaufgaben des Marketingmanagements. Das<br />
Konzept des Ansatzes besteht in der Integration von strategischen Marketingzielen, -instrumen<br />
(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite)
106 Kapitel C<br />
durch Erhöhung kundenseitiger Akzeptanzbereitschaft für neue Angebote positive<br />
Impulse bezüglich der Kernaufgabe Leistungsinnovation bewirken. 119<br />
Die Spezifität des Erfolgsbeitrags der Marke zu übergeordneten Unternehmens-<br />
und Marketingzielen spiegelt der Begriff des Markenwerts wider: „Brand<br />
Equity is the 'added value' with which a given brand endows a product“ 120 . Die<br />
betriebswirtschaftlichen Zugänge zum Markenwert sind allerdings ebenso zahlreich<br />
und heterogen wie diejenigen zum Markenbegriff selbst. Das seit den<br />
80er Jahren sehr hohe Interesse an der Markenwertdiskussion 121 entstand zum<br />
einen aus der zunehmenden ökonomischen Bedeutung von Marken im Rahmen<br />
von Fusionen und Firmenverkäufen, von Markentransfers und Markenlizenzierung.<br />
122 Zum anderen resultiert es aus der gestiegenen Bedeutung des<br />
Markencontrolling und dem damit verbundenen Wunsch, „Marken wie andere<br />
Erfolgsgrößen im Unternehmen kennzahlenorientiert planen, steuern und kontrollieren<br />
zu können“ 123 . Entsprechend können, wie IRMSCHER in einem umfangreichen<br />
Klassifikationsansatz zeigt, finanzorientierte und marketingorientierte<br />
Markenwertmodelle unterschieden werden. 124 Während finanzorientierte Modelle<br />
mittels ökonomischer Ergebnisgrößen wie Umsatz, Gewinn oder Deckungsbeitrag<br />
eine „echte“ Wertauffassung des Markenwerts in Geldeinheiten<br />
verfolgen, orientieren sich marketingspezifische, und hierunter häufig verhaltenswissenschaftliche<br />
Markenwertkonzepte auf die Untersuchung des Markenwerts<br />
aus Konsumentensicht.<br />
Aus der kognitionspsychologischen Auffassung der Marke im Rahmen dieser<br />
Arbeit, nach der die Marke als inneres Vorstellungsbild im Kopf des Konsumenten<br />
entsteht, folgt demnach, dass „auch der Markenwert in den Köpfen der<br />
Konsumenten“ 125 entsteht. Die <strong>Service</strong>-Brand-Power bezeichnet diesen Wert<br />
als <strong>St</strong>ärke der Dienstleistungsmarke im Kopf des Konsumenten oder präziser:<br />
als Qualität des inneren Vorstellungsbildes eines Konsumenten über relevante<br />
Eigenschaften und Verknüpfungen, die er einer in hohem Maße<br />
immateriellen und interaktiv erbrachten Dienstleistung kognitiv zuordnet. Die<br />
ten und -aufgaben und begreift Marketingmanagement als prozessorientierte Schnittstellenfunktion<br />
im Unternehmen (vgl. hierzu Tomczak/ Reinecke 1996).<br />
119 Zu einer ausführlichen Darstellung verhaltensbezogener Indikatoren des Markenwerts vgl. Kapitel<br />
C 3.1.2.<br />
120 Farquhar 1989, S. 24. Vgl. hierzu auch Jones 1986. Dass der Wert der Marke somit eine Nettogröße<br />
darstellt, verdeutlicht folgendes Szenario: Sollten von heute auf morgen sämtliche Produktions-<br />
und Abfüllanlagen, Warenlager und Geschäftsimmobilien, Finanzanlagen und Forderungen,<br />
Wertpapiere und Kassenbestände, kurzum: das gesamte materielle Anlage- und<br />
Umlaufvermögen der Coca-Cola Company untergehen, würde der Wert des Unternehmens, der<br />
sich dann ausschließlich aus dem Recht zur zukünftigen Nutzung des Markennamens ableitet,<br />
geschätzte 70 Mrd. US-$ betragen (vgl. Abb. A-3 dieser Arbeit).<br />
121 Vgl. hierzu bspw. Irmscher 1997; Schlaberg 1997; Sander 1994.<br />
122 Vgl. Kaas 1990a, S. 48.<br />
123 Herrmann 1999, S. 53.<br />
124 Vgl. Irmscher 1997.<br />
125 Vgl. Kapferer 1992, S. 9.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 107<br />
Optimierung der <strong>Service</strong>-Brand-Power kann also als unmittelbare Zielsetzung<br />
sämtlicher Maßnahmen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> bezeichnet werden. Sie ist damit<br />
ebenfalls eine derivative Ziel-, <strong>St</strong>euer- und Kontrollgröße, die sich in Form direkt<br />
beobachtbaren Markenverhaltens auf den ökonomischen Markenerfolg<br />
und damit auf das Globalziel der Unternehmung auswirkt.<br />
Die <strong>Service</strong>-Brand-Power stellt ein innerpsychisches Konstrukt dar, das aufgrund<br />
der reizauslösenden Signale der Dienstleistungsmarke entsteht und im<br />
Idealfall positives Konsumentenverhalten bewirkt. In Übertragung auf das bereits<br />
vorgestellte Grundmodell kognitionspsychologischer Markendefinitionen,<br />
dem neobehavioristischen <strong>St</strong>imulus-Organism-Response-Modell, lässt sich der<br />
Prozess der Wahrnehmung und Verarbeitung einer Dienstleistungsmarke<br />
durch den Konsumenten schematisch, wie in Abbildung C-15 gezeigt, darstellen.<br />
Für die markenführende Unternehmung stellt somit die Erfüllung kognitionspsychologischer<br />
Ziele die Grundvoraussetzung für die Erreichung<br />
ökonomischer Ziele dar. Erfolgreiches <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> sollte daher die Gestaltung<br />
des <strong>St</strong>imulus Dienstleistungsmarke unter dem Aspekt der bestmöglichen<br />
kognitionspsychologischen Zielerreichung durchführen.<br />
<strong>St</strong>imulus Organism Response<br />
Dienstleistungsmarke<br />
<strong>Service</strong>-<br />
Brand-<br />
Power<br />
Abb. C-15: <strong>Service</strong>-Brand-Power als Zielgröße des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Markenverhalten<br />
Durch welche operationalen Verhaltens- und Wirkungsvariablen sich <strong>Service</strong>-<br />
Brand-Power manifestiert und wie sich die Prozesse zur Entstehung der <strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
darstellen lassen, ist Gegenstand des Kapitels C 3.<br />
2.2.3 Positionierung als strategischer Ausgangspunkt<br />
Das zweite Element des <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Zielsystems umfasst Positionierungsziele.<br />
126 Wurden in den bisherigen Ausführungen die solitären Repräsentationen<br />
zu einer Marke betrachtet, ergänzt die Sichtweise der Positionierung<br />
das System Marke um das Spektrum der Konkurrenzmarken. Denn entscheidend<br />
dafür, ob sich eine reizauslösende Marke tatsächlich als relevantes und<br />
126 Vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 57 ff.
108 Kapitel C<br />
eigenständiges inneres Vorstellungsbild im Gedächtnis der Zielpersonen manifestieren<br />
kann und letztlich markenspezifisches Verhalten auslöst, ist das relative<br />
Verhältnis zu den Repräsentationen über andere Marken.<br />
Die Aufgabe der Positionierung besteht in der „Ausrichtung der Leistung auf einen<br />
Zielmarkt und ihre Ausstattung mit entsprechenden Eigenschaften mit dem<br />
Ziel der Differenzierung zur Konkurrenz“ 127 . Im Einzelnen werden Aussagen getroffen<br />
über Kunden eines Unternehmens (Marktsegmente, Zielgruppen), deren<br />
Bedürfnisse (Probleme, Wünsche, Zufriedenheit), die Konkurrenz (angestrebte<br />
Allein- bzw. Vorteilsstellung) sowie das jeweilige Leistungsangebot (Problemlösung).<br />
128<br />
Aus den Positionierungszielen resultieren Positionierungsmaximen, die<br />
(auch) für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> gelten, nach denen<br />
relevante Bedürfnisse bzw. Probleme<br />
einer bestimmten, ausreichend großen Kundengruppe<br />
mit einem maßgeschneiderten Angebot<br />
in der subjektiven Wahrnehmung der Kunden (Erst- und Wiederkäufer)<br />
dauerhaft und besser als von der Konkurrenz<br />
zu befriedigen bzw. zu lösen sind. 129<br />
Positionierung liefert somit den Ausgangspunkt der Konzeption und Umsetzung<br />
eines Markenimages: Sie beschreibt die strategische Leitidee, an der sich die<br />
qualitative und quantitative Gestaltung aller Marketing-Mix-Instrumente, insbesondere<br />
der Markenstimuli und der Markenkommunikation, auszurichten hat. 130<br />
Sie definiert damit gleichzeitig die Soll-Positionierung der Marke in der subjektiven<br />
Wahrnehmung des Konsumenten, 131 d.h. die aus Sicht der markenführenden<br />
Unternehmung gewünschte Ausgestaltung des inneren Vorstellungsbildes<br />
im Gedächtnis des Konsumenten. Inwieweit diese mit der Ist-<br />
Positionierung, also den tatsächlichen Gedächtnisinhalten über eine konkrete<br />
Marke übereinstimmt, ist somit eine zentrale Frage der Umsetzung verhaltenswissenschaftlicher<br />
Erkenntnisse, aber auch der individuellen Leistungserfahrung.<br />
132 Auch hier gilt: wahr ist, was wahrgenommen wird. Die strategische<br />
und zugleich kreative Herausforderung besteht dabei im Auffinden geeigneter<br />
127 Bieger 2002, S. 112.<br />
128 Vgl. Tomczak/ Ludwig 1998, S. 54.<br />
129 Vgl. Tomczak/ Reinecke 1995, S. 503; ähnlich Kaas 1990b, S. 541.<br />
130 Vgl. hierzu Haedrich/ Tomczak 1996b, S. 136.<br />
131 Zur subjektiven Wahrnehmung als Maßstab für die erfolgreiche Umsetzung eines Positionierungskonzeptes<br />
vgl. beispielhaft Wind 1982, S. 75; Albers 1989; Kroeber-Riel 1992, S. 205.<br />
132 Zu Kernproblemen der Positionierung vgl. Esch 2001c, S. 250.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 109<br />
Positionierungsdimensionen bzw. Positionierungsräume, zu deren systematischer<br />
Evaluierung grundsätzlich zwei Suchfelder zur Verfügung stehen: 133<br />
Denotative Suchfelder: 134<br />
Hier zielt das Finden von Positionierungsdimensionen auf Möglichkeiten der<br />
Dramatisierung vorwiegend funktional-sachlicher Unique Selling Propositions<br />
der Marke ab. Aus klassischer Sicht bestehen auf dieser Ebene drei<br />
mögliche angebotsorientierte Normstrategien, aus denen sich entsprechende<br />
Alternativen und Ansätze zur Markenpositionierung ableiten lassen: 135<br />
Preisbezogene <strong>St</strong>rategie, d.h. Differenzierung durch kontinuierliche Dramatisierung<br />
eines Preisvorteils gegenüber Konkurrenzmarken;<br />
Leistungsbezogene <strong>St</strong>rategie, d.h. Differenzierung durch Dramatisierung<br />
inhaltlich-qualitativer Leistungsvorteile gegenüber Konkurrenzmarken;<br />
Segmentbezogene <strong>St</strong>rategie, d.h. Differenzierung durch Dramatisierung<br />
eines Preis- oder Leistungsvorteils gegenüber Konkurrenzmarken innerhalb<br />
eines spezifischen Marktsegments bzw. einer Marktnische.<br />
Konnotative Suchfelder:<br />
Das Finden von Positionierungsdimensionen auf konnotativer Ebene zielt<br />
auf Möglichkeiten der Dramatisierung vorwiegend emotional-intuitiver Unique<br />
Selling Propositions der Marke ab. Im Mittelpunkt stehen subjektive Assoziationen,<br />
welche die Öffentlichkeit - oder Teile von ihr - kollektiv mit der<br />
Marke verbinden sollen. Auf diesem Feld spiegelt die Positionierung auch<br />
Eigenschaften wider, die im Rahmen identitätsorientierter Ansätze der Persönlichkeit<br />
oder dem Charakter einer Marke zugeordnet werden (z. B. Jugendlichkeit,<br />
Seriosität, Vertrauenswürdigkeit, Tradition etc.). 136<br />
Die Idee der Positionierung wird häufig durch zwei- oder mehrdimensionale<br />
Positionierungsmodelle visualisiert (Abb. C-16). Die Achsen des Positionierungsmodells<br />
beschreiben die Positionierungseigenschaften der Marke und<br />
spannen den Positionierungs- oder Wahrnehmungsraum auf. Hierin wird, je<br />
nach Ausprägung der Eigenschaften, die stark vereinfachte, von der Zielgruppe<br />
intersubjektiv wahrgenommene <strong>St</strong>ellung der zu positionierenden Marke, der<br />
Konkurrenzmarken sowie einer oder mehrerer Idealpunkte (Idealvorstellungen)<br />
vorgenommen. Aus den räumlichen Distanzen zwischen den Marken untereinander<br />
und den Idealpunkten können auf diese Art beispielsweise Rückschlüsse<br />
über Erfolg oder Defizite der Markenkommunikation, über den wahrgenomme-<br />
133 Ähnlich Esch (2004, S. 124), der sachlich/funktionale und emotionale Ansätze zur Suche und<br />
Auswahl geeigneter Positionierungseigenschaften unterscheidet. In einem anderen Ansatz, der<br />
ebenfalls Anhaltspunkte zur Evaluierung relevanter Positionierungsdimensionen aufzeigt, spricht<br />
Heskett (1986, S. 31) von den „drei C’s“: The Company, the Customer, and the Competitor: „How<br />
do they relate to one another on dimensions considered important to the customer?“<br />
134 Vgl. hierzu die semiotische Markendefinition (Kapitel C 1.1.3).<br />
135 Vgl. hierzu Porter 1996, S. 23.<br />
136 Vgl. hierzu bspw. D.A. Aaker 1996, S. 78 f.; J. Aaker 1997, S. 350 f.; Kapferer 1992; 1998.
110 Kapitel C<br />
nen Alleinstellungscharakter einer Marke oder erforderliche Änderungen der<br />
Positionierungsziele abgeleitet werden.<br />
Informalität<br />
(Formalisierungsgrad)<br />
BCG<br />
Bain &<br />
Company<br />
Spezialisierung<br />
(Spezialisierungsgrad)<br />
SPA<br />
Braxton<br />
Generalisierung<br />
A.T.<br />
Kearny<br />
ADL<br />
Booz-Allen<br />
McKinsey<br />
& Company<br />
Abb. C-16: Visualisierung der Positionierung am Beispiel ausgewählter<br />
US-Unternehmensberatungsfirmen 137<br />
Formalität<br />
Mitarbeiteranzahl in<br />
<strong>St</strong>rategieberatung<br />
Inwieweit „klassische“ Positionierungsmodelle in der Lage sind, über die stark<br />
vereinfachte Darstellung wirklich entscheidungsrelevante Hinweise auf das<br />
komplexe Konstrukt Marke zu geben, ist immer wieder Gegenstand kritischer<br />
Betrachtungen. 138 Andererseits liegt gerade in dieser Vereinfachung eine <strong>St</strong>ärke,<br />
da sich ein Markenimage nicht auf der Grundlage von zu vielen Faktoren<br />
oder Motiven aufbauen lässt. 139 Hierdurch würde „die Markenbildung beim<br />
Verbraucher zerstört, da dieser nicht in der Lage ist, ein Markenimage aus 30<br />
Komponenten zu begreifen“ 140 .<br />
2.2.4 Markenstimuli als Gestaltungsvariablen<br />
Die Gestaltungsvariable markierte Dienstleistung, die im Rahmen der kognitionspsychologischen<br />
Definition der Dienstleistungsmarke als Auslöser der Repräsentation<br />
verstanden wurde, umfasst als Markenstimuli sowohl die Elemente<br />
der Dienstleistungsmarke als Zeichen 141 als auch die der Marke zugrunde lie-<br />
137 Quelle: Payne 1986, zitiert nach Meffert/ Bruhn 2003, S. 169.<br />
138 Vgl. hierzu beispielhaft Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 50 ff.<br />
139 Vgl. hierzu Kroeber-Riel/ Esch 2004, S. 51; Esch 2001c, S. 238.<br />
140 Ohnemus 1999, Expertengespräch.<br />
141 Vgl. Kapitel C 1.1.1.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 111<br />
gende(n) Dienstleistung(en). Aufgrund der Immaterialität ist dabei insbesondere<br />
die verbale (Markenname) und visuelle (Markenzeichen) Markierung der<br />
Dienstleistung von Bedeutung. Für sie gilt, dass, je besser sie gestaltet ist, d.h.<br />
je besser sie zur Vermittlung der Positionierung beiträgt, „desto schneller kann<br />
Markenaufbau erfolgen und desto geringer muss der kommunikative Einsatz<br />
zum Markenaufbau sein.“ 142<br />
Nach ESCH muss Markengestaltung holistisch innerhalb des „magischen <strong>Branding</strong>-Dreiecks“<br />
erfolgen, da sich für die Zielperson der Gesamteindruck einer<br />
Marke aus der ganzheitlichen Wirkungsbeziehung - und nicht aus der Addition<br />
- der zentralen <strong>Branding</strong>elemente Markenname, Markenzeichen und Produkt-<br />
/Verpackungsgestaltung ergibt. 143 Aus der Übertragung dieses Gedankens auf<br />
das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> resultiert die „<strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Triade“ (Abb. C-17), in<br />
deren Mittelpunkt Markenname, Markenzeichen und Dienstleistung als zentrale<br />
Gestaltungsvariablen und <strong>St</strong>imuli der Dienstleistungsmarke stehen. Diese<br />
Schlüsselsignale sind als grundsätzliche Gestaltungselemente des <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> zu verstehen, unabhängig von der konkreten, der Markenbildung<br />
zugrunde liegenden Dienstleistung.<br />
Markenzeichen<br />
Markenname<br />
Dienstleistung<br />
Abb. C-17: <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Triade: Schlüsselsignale der Dienstleistungsmarke 144<br />
Positionierungsziele und Schlüsselsignale gehören damit zu den zentralen unternehmerischen<br />
Gestaltungselementen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>. Die geeignete<br />
Positionierung ist eine hinreichende, ihre Vermittlung durch Schlüsselsignale<br />
die notwendige Bedingung der <strong>Service</strong>-Brand-Power. Die das innere<br />
Vorstellungsbild der Zielperson auslösenden Markenstimuli stellen somit<br />
ein „Interface“ 145 dar. Sie sind gleichzeitig Schnittstelle und verbindende Ober-<br />
142 Esch 2004, S. 159.<br />
143 Vgl. Esch 2004 (S. 157), der zur Verdeutlichung dieser These auf eine Erkenntnis der Gestaltpsychologie<br />
zurückgreift, nach der das Ganze (hier: die Gesamtwahrnehmung von Markenname,<br />
Markenzeichen und Produktverpackung) mehr ist als die Summe seiner Teile, d.h. die Summe<br />
der Einzelwahrnehmung von Markenname, Markenzeichen und Produktverpackung. Zur ganzheitlichen<br />
versus additiven Wahrnehmung vgl. Arnheim 1982.<br />
144 Quelle: in Anlehnung an Langner 2003, S. 27 zitiert nach Esch 2004, S. 157.<br />
145 Herrmann 1999, S. 22.
112 Kapitel C<br />
fläche zwischen zwei strukturell gekoppelten Systemen: 146 der Unternehmensentscheidungen<br />
auf der einen sowie der Konsumentenentscheidungen auf der<br />
anderen Seite, aber auch von Entscheidungen anderer Bezugsgruppen. 147 Die<br />
im Zusammenhang mit dieser Markenschnittstelle bestehende Herausforderung<br />
bezeichnet LEVERMANN als Implementationslücke zwischen der Konzept-<br />
und Realisationsebene der Markenpositionierung. 148 Um die Anforderungen<br />
und Möglichkeiten beider Systeme adäquat zu erfassen, empfiehlt sich im<br />
Rahmen der strategischen Positionierungsplanung die Anwendung einer Top-<br />
Down- und Bottom-Up- bzw. Inside-Out- und Outside-In-Betrachtung. 149<br />
2.2.5 Ableitung der strategischen Kernaufgabe des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen zu <strong>Service</strong>-Brand-Power,<br />
Positionierung und Gestaltungsvariablen sowie unter Bezugnahme auf die Definition<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 150 kann die Kernaufgabe des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
wie folgt abgeleitet werden: Die Aufgabe des strategischen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
besteht darin,<br />
auf Basis der Planung, Entwicklung und Kontrolle einer Erfolg versprechenden<br />
Positionierungsstrategie<br />
die Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Maßnahmen zur Gestaltung<br />
von Schlüsselsignalen für Dienstleistungen oder Dienstleistungsunternehmen<br />
vorzunehmen, die dazu geeignet sind,<br />
ein positionierungsadäquates inneres Markenbild im Gedächtnis des<br />
Konsumenten zu generieren<br />
und dadurch zu einer Maximierung der <strong>Service</strong>-Brand-Power beizutragen.<br />
Die Präzisierung verdeutlicht, dass es sich bei strategischem <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
um einen iterativen Managementprozess handelt, der einer ständigen Wirkungskontrolle<br />
der Ergebnisse (Soll-Ist-Vergleich bzw. Veränderungen des inneren<br />
Markenbilds, Veränderung <strong>Service</strong>-Brand-Power) durchgeführter Maßnahmen<br />
(Positionierung, Gestaltung Schlüsselsignale) sowie deren eventueller<br />
Anpassung bzw. Optimierung bedarf. Bereits der Planungsprozess des strategischen<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> sollte daher sowohl unter Berücksichtigung<br />
unternehmensinterner Möglichkeiten und Ressourcen (Inside-Out) als<br />
auch unter Berücksichtigung kognitiver Manifestationsprozesse der<br />
Konsumenten (Outside-In) stattfinden, auf deren Systematik im folgenden<br />
Kapitel C 3 eingegangen wird.<br />
146 Vgl. Luhmann 1997, S. 100 ff.<br />
147 Vgl. Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 17; Bieger 2002, S. 42 ff.<br />
148 Vgl. Levermann 1994. Vgl. auch Kroeber-Riel/ Esch 2004, Tomczak/ Esch/ Roosdorp 1997.<br />
149 Vgl. hierzu Haedrich/ Tomczak/ Kaetzke, die in der kombinierten Anwendung der Inside-Out- und<br />
Outside-In-Orientierung im Rahmen der strategischen (Marken-)Planung den Erfolgsfaktor für<br />
die Umsetzung einer Positionierungsstrategie sehen (2003, S. 56).<br />
150 Vgl. Kapitel C 2.1.2.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 113<br />
3. Besonderheiten des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Während im vorangegangenen Kapitel Definitionen zu <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> und<br />
Dienstleistungsmarke aus integrierter Marketingperspektive entwickelt und<br />
grundsätzliche Aufgaben, Ziele und Gestaltungsvariablen aus Unternehmenssicht<br />
dargestellt wurden, steht im Mittelpunkt dieses Kapitels nunmehr die<br />
Frage der markentechnischen Besonderheiten und Implikationen aus Konsumentensicht,<br />
insbesondere im Hinblick auf kognitionspsychologische Aspekte<br />
der Wahrnehmung und Verankerung von Dienstleistungsmarken.<br />
Hierzu erfolgt auf Basis verschiedener Theorien des Dienstleistungsmarketing<br />
und des Konsumentenverhaltens eine vertiefte Analyse von Gestaltungsvariablen,<br />
Manifestationsmechanismen und Wirkungsdeterminanten von Dienstleistungsmarken,<br />
in deren Zentrum die <strong>Service</strong>-Brand-Power als Ziel- und <strong>St</strong>euergröße<br />
steht. Ferner werden im Rahmen eines integrierten Wirkungsansatzes<br />
die Dienstleistungsmarke als gestalt- und wahrnehmbare Schnittstelle zwischen<br />
Markendienstleistungsunternehmen und Markenkonsumenten erfasst<br />
und die komplexen Entscheidungssysteme beider Ebenen miteinander verknüpft.<br />
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse wird ein Ansatz zur Systematisierung<br />
markentechnischer Besonderheiten entwickelt, auf dessen Basis die<br />
Wirkungszusammenhänge zwischen Determinanten der <strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
und spezifischen Eigenschaftsdimensionen von Dienstleistungen analysiert<br />
und die Herausforderungen für Telekommunikationsdienstleister aus konzeptioneller<br />
Sicht im Rahmen einer praxisnahen, dienstleistungstypenorientierten<br />
Darstellung evaluiert werden.<br />
3.1 <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> als kognitionspsychologischer Prozess<br />
Wie bereits gezeigt, stellt die <strong>Service</strong>-Brand-Power als <strong>St</strong>ärke der Dienstleistungsmarke<br />
im Gedächtnis des Rezipienten die Zielgröße sämtlicher Maßnahmen<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> dar. Aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht<br />
kann <strong>Service</strong>-Brand-Power als innerpsychisches, hypothetisches Konstrukt des<br />
Rezipienten 151 sowie als Antriebskraft beschrieben werden, die aus der subjektiven<br />
Wertschätzung der Schlüsselsignale erfolgt. Wie im Rahmen der Aufgabendefinition<br />
des strategischen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> erörtert, 152 sollte die<br />
Ausrichtung unternehmerischer Gestaltungsvariablen demnach stets unter Berücksichtigung<br />
konsumentenorientierter Entstehungs- und Wirkungsprozesse<br />
der Markenstärke stattfinden. Zur Analyse und Operationalisierung dieser Prozesse<br />
wird im Folgenden untersucht, welche innerpsychischen Variablen (Generatoren)<br />
die <strong>Service</strong>-Brand-Power bestimmen und durch welche Verhaltens-<br />
und Wirkungsvariablen (Indikatoren) sich <strong>Service</strong>-Brand-Power manifestiert.<br />
151 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 34 f.<br />
152 Vgl. Kapitel C 2.2.4.
114 Kapitel C<br />
3.1.1 Konsumentenorientierte Generatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
Die wesentlichen konzeptionellen Modelle zur Entstehung von Markenstärke<br />
aus Konsumentensicht lassen sich in Anlehnung an KROEBER-RIEL 153 in antriebsbezogene<br />
sowie kognitionspsychologische Ansätze unterscheiden.<br />
Antriebsorientierte Generatoren der Markenstärke<br />
Antriebsorientierte Erklärungsansätze, zu deren bekanntesten Vertretern<br />
KAPFERER 154 und AAKER 155 gehören, stellen auf innere, aus einem psychischen<br />
Bewertungsprozess resultierende Antriebskräfte ab. In einer Modifikation dieser<br />
Ansätze durch BEKMEIER-FEUERHAHN 156 kann <strong>Service</strong>-Brand-Power erklärt<br />
werden durch die Konstrukte<br />
(primär produkt-beeinflusste) Markenwahrnehmung: Die Markenwahrnehmung<br />
umfasst das Erkennen der Marke durch Verarbeitung aufgenommener<br />
Reize, ihre Entschlüsselung und Beurteilung. 157 Sie kann in Markenkenntnis,<br />
dem inhaltlich-qualitativen Umfang der Markenbekanntheit 158 , sowie in Markenbeurteilung,<br />
der inhaltlich-qualitativen Einschätzung der Marke, differenziert<br />
werden.<br />
(primär personen-beeinflusstes) Markenbewusstsein: Markenbewusstsein<br />
kann als Aktiviertheit einer Person bei der Markenwahrnehmung beschrieben<br />
werden und umfasst die Komponenten Involvement (innere Ich-<br />
Beteiligung) sowie (subjektives) Kaufrisiko. 159<br />
(primär sozial-beeinflusster) Geltungsnutzen: Der Geltungsnutzen beschreibt<br />
das prestigeorientierte Konsumverhalten, das sowohl direkte (Markendokumentation)<br />
als auch indirekte (Persönlichkeitsdokumentation durch<br />
Markenkonsum) Komponenten umfasst (Abb. C-18).<br />
Die These, nach der die antriebsorientierte Wertschätzung der Marke und somit<br />
die Markenstärke um so größer ist, je positiver und deutlicher personenorientierte,<br />
produktorientierte und soziale Faktoren in der Psyche des<br />
Konsumenten ausgeprägt sind, weist BEKMEIER-FEUERHAHN erstmals in einer<br />
kausalanalytischen <strong>St</strong>udie nach. 160 Die <strong>St</strong>udie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis,<br />
dass sich für die Bildungsfaktoren in Abhängigkeit der untersuchten Produkte<br />
und Marken sehr unterschiedliche Einflussstärken ergeben, wodurch<br />
antriebsorientierte Ansätze - im Gegensatz zu kognitionspsychologischen Mo-<br />
153 Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 140 f.; ebenso Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 39 f.<br />
154 Vgl. Kapferer 1992.<br />
155 Vgl. Aaker 1992.<br />
156 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 117 f.<br />
157 Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 273 f.<br />
158 Vgl. Behrens 1991, S. 201 f.<br />
159 Die Einführung der Theorie des subjektiven Entscheidungsrisikos in die verhaltenswissenschaftliche<br />
Konsumentenforschung geht zurück auf Bauer (1967) und Cox (1967).<br />
160 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 117 ff.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 115<br />
dellen - zur Ableitung eines universellen Erklärungsmodells der Markenstärke<br />
als nicht geeignet erscheinen. 161<br />
Markenwahrnehmung<br />
Markenkenntnis<br />
Markenbeurteilung<br />
Markenbewusstsein<br />
Kaufrisiko<br />
Involvement<br />
<strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
Abb. C-18: Antriebsorientierte Generatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power 162<br />
Geltungsnutzen<br />
direkter Geltungsnutzen<br />
indirekter Geltungsnutzen<br />
Markenbekanntheit und Markenimage als Generatoren der Markenstärke<br />
Im Mittelpunkt kognitionspsychologischer Erklärungsansätze zur Markenstärke<br />
stehen Lernprozesse 163 zum Aufbau von Markenwissen, das aus der Wahrnehmung<br />
der Markenstimuli bzw. Schlüsselsignale resultiert. Da Markenstärke<br />
ein zeitlich stabiles psychisches Konstrukt darstellt, ist sie an die Speicherung<br />
von Gedächtnisstrukturen und deren Reproduzierbarkeit gebunden. 164<br />
In einer Operationalisierung des Markenwissens durch ESCH 165 und in Übertragung<br />
auf das Forschungsobjekt Dienstleistungsmarke bilden Markenbekanntheit<br />
und Markenimage die zentralen Generatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power.<br />
Die aktive, ungestützte (brand recall) und passive, gestützte (brand recognition)<br />
Bekanntheit der Marke wird dabei als notwendige, aber nicht hinreichende<br />
Bedingung von Markenstärke verstanden. 166 Sie ist die erforderliche Voraussetzung<br />
dafür, dass mit einer Marke überhaupt spezifische Assoziationen und<br />
Bilder verknüpft werden können. Die hinreichende Bedingung des Markenerfolgs<br />
stellt das Markenimage dar, 167 das sich aus einer Vielzahl von Assoziationen<br />
über die Marke, die in einem semantischen Netzwerk miteinander<br />
verflochten sind, bildet. Die Markenstärke leitet sich dabei vor allem aus der<br />
innerpsychischen Vorteilhaftigkeit, <strong>St</strong>ärke, Einzigartigkeit und Relevanz der mit<br />
der Marke verbundenen Assoziationen ab (Abb. C-19). 168 Als spezielles Merk-<br />
161 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 161 f. sowie 193 f.<br />
162 Quelle: in Anlehnung an Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 117 f.<br />
163 Lernen kann dabei definiert werden als die Veränderung der Wahrscheinlichkeit, auf einen Reiz<br />
mit einer bestimmten Reaktion zu reagieren, vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 323.<br />
164 Vgl. Keller 1993, S. 7 ff. sowie Esch/ Andresen 1994, S. 229.<br />
165 Vgl. hierzu Esch 1998, S. 107 sowie 1993; Keller 1993.<br />
166 Vgl. hierzu auch Kapitel C 1.1.4.<br />
167 Vgl. Esch 2004, S. 71 sowie S. 75.<br />
168 Vgl. hierzu auch Keller 1993, S. 5.
116 Kapitel C<br />
mal der Markenstärke ist dabei die Entwicklung eigenständiger Markenassoziationen<br />
zu sehen, die nicht mit anderen Marken geteilt werden. 169<br />
Markenbekanntheit<br />
Aktive Markenbekanntheit: Markenrecall<br />
Passive Markenbekanntheit:<br />
Markenrecognition<br />
<strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
Markenimage<br />
Art der Markenassoziationen<br />
<strong>St</strong>ärke der Markenassoziationen<br />
Repräsentation der Markenassoziationen<br />
Zahl der Markenassoziationen<br />
Einzigartigkeit der Markenassoziationen<br />
Relevanz der Markenassoziationen<br />
Richtung der Markenassoziationen<br />
Zugriffsfähigkeit der Markenassoziationen<br />
Abb. C-19: Markenbekanntheit und Markenimage als Generatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power 170<br />
Visuelles und verbales Markenwissen als Generatoren der Markenstärke<br />
In einem ebenfalls kognitionspsychologischen und empirisch getesteten Markenmodell<br />
unterscheidet BEKMEIER-FEUERHAHN verbale und visuelle Elemente<br />
der Markenspeicherung bzw. des Markenwissens (Abb. C-20). 171<br />
Verbales Markenwissen umfasst verbalisierbare Assoziationen wie etwa<br />
Preis- oder Nutzenassoziationen, die eine Zielperson nach Reizaufnahme eines<br />
Markenstimulus abrufen kann. Verbale Markenassoziationen können dabei<br />
innerhalb eines semantischen Netzwerks in Form von Knoten und Kanten abgebildet<br />
werden. 172 Knoten stehen für die im Gedächtnis gespeicherten repräsentierten<br />
Konzepte wie z. B. Objekte, Personen oder Ereignisse, die Kanten<br />
zwischen den Knoten für die Relationen, die zwischen den repräsentierten<br />
Konzepten bestehen. 173 Knoten und Kanten können nach ihren Eigenschaften<br />
hinsichtlich Qualität, Intensität und Einzigartigkeit unterschieden werden. Mit<br />
zunehmender Ausprägung dieser Dimensionen nimmt das interne Aktivierungspotential<br />
des Netzwerks und folglich auch die Markenstärke zu. 174 Damit<br />
zielt der auf QUILLIAN 175 zurückgehende Ansatz des semantischen Netzwerks<br />
169 Vgl. Keller 1993, S. 7ff; Esch/ Andresen 1994, S. 223.<br />
170 Quelle: in Anlehnung an Esch 1998, S. 107.<br />
171 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 163 f.<br />
172 Nachfolgende Abbildung C-26 stellt ein semantisches Netzwerk am Beispiel der Marken Lufthansa<br />
und debitel dar.<br />
173 Vgl. Wender 1988, S. 60.<br />
174 Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 169.<br />
175 Vgl. Quillian 1968. Zur weiteren Entwicklung der Netzwerktheorie als allgemeiner Modellansatz<br />
der modernen Psychologie vgl. Collins/ Quillian 1972 sowie Smith/ Shoben/ Rips 1974.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 117<br />
vor allem auf die Erklärung psychologischer Entstehungs- und Wirkungsprozesse<br />
des Langzeitgedächtnisses ab. Die mit der Marke verbundenen Gedächtnisinhalte<br />
können dabei sowohl denotativer als auch konnotativer Natur sein.<br />
visuelles<br />
Markenwissen<br />
Zugriffsfähigkeit des inneren Bildes<br />
Einzigartigkeit des inneren Bildes<br />
Intensität des inneren Bildes<br />
Qualität des inneren Bildes<br />
<strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
verbales<br />
Markenwissen<br />
Zugriffsfähigkeit der Markenassoziation<br />
Einzigartigkeit der Markenassoziation<br />
Intensität der Markenassoziation<br />
Qualität der Markenassoziation<br />
Abb. C-20: Visuelles und verbales Markenwissen als Generatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power 176<br />
In Ergänzung hierzu richtet sich visuelles Markenwissen auf die bildhaften inneren<br />
Vorstellungen, die eine Zielperson mit einer Marke verbindet und die<br />
ebenfalls im Langzeitgedächtnis abgespeichert werden. 177 Diese Auffassung<br />
wird gestützt durch das Imagery-Konzept und der hieraus entstandenen Forschung.<br />
Nach KROEBER-RIEL ist unter Imagery die Entstehung, Verarbeitung,<br />
Speicherung und Verhaltenswirkung innerer Bilder (mental images) zu verstehen.<br />
„Diese Vorgänge finden in einem eigenständigen Gedächtnissystem<br />
statt.“ 178 Innere Bilder lassen sich unterscheiden in Wahrnehmungsbilder, die<br />
sich aus der direkten sinnlichen Reizaufnahme etwa eines Markenprodukts<br />
oder -zeichens ergeben, und Gedächtnisbilder, die als erinnerte Bilder in Abwesenheit<br />
des Gegenstandes langfristig gespeichert werden. 179 Gedächtnisbilder<br />
sind somit das Ergebnis eines Lernprozesses, der als Reaktion auf die<br />
visuelle Wahrnehmung eines Objektes ausgelöst wird. 180 Sie sind gleichzeitig<br />
ungenauer als Wahrnehmungsbilder, 181 da der Rezipient eher die konnotative<br />
Bedeutung eines Bildes, nicht aber dessen genaue Einzelheiten memoriert. 182<br />
Die - mittlerweile nicht mehr strittige 183 - Trennung in ein verbales und bildliches<br />
Gedächtnissystem geht auf die von PAIVIO entwickelte Theorie der dualen<br />
Kodierung zurück. 184 Danach werden verbale und bildliche Informationen in<br />
176 Quelle: in Anlehnung an Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 193.<br />
177 Vgl. Ruge 1988, S. 27.<br />
178 Kroeber-Riel 1993, S. 25.<br />
179 Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 41.<br />
180 Vgl. Langner 2003, S. 32.<br />
181 Vgl. Kroeber-Riel 1992, S. 353.<br />
182 Vgl. Anderson 2001, S. 106.<br />
183 Zu den Kritikern des Ansatzes dualer Kodierung gehören vor allem Vertreter der so genannten<br />
propositionalen Theorien (vgl. hierzu beispielhaft Pylyshyn 1973 sowie Kosslyn 1980).<br />
184 Vgl. v.a. Paivio 1971.
118 Kapitel C<br />
funktional unabhängigen, aber miteinander verbundenen Wissenssystemen<br />
verarbeitet und gespeichert. Eine weitere Annahme dieser Theorie besteht darin,<br />
dass die verbale Informationsspeicherung in einem sequentiellen Verarbeitungsmodus<br />
erfolgt, während die nonverbale Informationsspeicherung auf<br />
analoger Basis arbeitet und räumliche <strong>St</strong>rukturen höherer Ordnung abbildet. 185<br />
Hieraus resultiert die wohl wichtigste These des Imagery-Konzepts, der so genannte<br />
Bildüberlegenheitseffekt (picture superiority effect, vgl. Abb. C-21).<br />
Recallfähigkeit<br />
(in Prozent)<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Kurzfristig: 5 Minuten nach Darbietung<br />
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Bilder Konkrete Wörter Abstrakte Wörter<br />
Abb. C-21: Vergleich der Recallfähigkeit bei visueller und verbaler <strong>St</strong>imulation 186<br />
PAIVIO führt diesen Effekt auf referentielle Prozesse zurück, die zwischen dem<br />
verbalen und nichtverbalen System ablaufen. 187 Während bildhafte Repräsentationen<br />
aufgrund ihrer Konkretheit auch ein verbales „Etikett“ erhalten und<br />
somit dual gespeichert werden, wird verbalen Repräsentationen nur dann ein<br />
entsprechendes inneres Bild zugeordnet, wenn sie konkret genug sind. 188 Vereinfacht<br />
formuliert: Im Unterschied zu verbalen <strong>St</strong>imuli erfolgt die Speicherung<br />
von bebildertem Material immer in doppelt-modaler Kodierung.<br />
Somit bleibt bebildertes Material dauerhafter und besser in Erinnerung<br />
(Code-Redundanz-Hypothese). Dies lässt den Rückschluss zu, dass die Existenz<br />
eines inneren Vorstellungsbildes von einer Dienstleistungsmarke gute Recognitions-<br />
und Recallfähigkeiten impliziert. KROEBER-RIEL spricht in diesem<br />
Zusammenhang von einer tiefen gedanklichen Verarbeitung der Markenassoziationen,<br />
189 die freilich gleichzeitig als Indikator der Markenbekanntheit interpretiert<br />
werden kann.<br />
185 Vgl. Paivio 1990, S. 63.<br />
186 Quelle: in Anlehnung an Paivio 1971, S. 201 f.<br />
187 Vgl. Paivio 1971, S. 367 f.<br />
188 Vgl. hierzu Ruge 1988, S. 33.<br />
189 Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 62.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 119<br />
Unterstützt und ergänzt wird der Imagery-Ansatz von der Hemisphärenforschung,<br />
welche ebenfalls von einer - anatomisch und physiologisch bedingten -<br />
Bilateralität beider Großhirnhälften (Hemisphären) ausgeht. Demnach werden<br />
analytische und sequentielle Verarbeitungsprozesse in der linken Hemisphäre<br />
verortet, während bildhaft-analoge und emotionale Prozesse in der rechten<br />
Gehirnhälfte stattfinden. 190 Insofern vermutet KROEBER-RIEL, dass die Prozesse<br />
der Imagery-Verarbeitung eher rechtshemisphärisch ablaufen, da emotionale<br />
Wirkungen „die eigentliche Wirkungsdomäne von inneren Bildern sind“ 191 .<br />
Zugleich ist deren Verhaltenswirksamkeit gewährleistet, da sich vor allem<br />
emotionale Ausstrahlungen von Gedächtnisbildern stärker auf das Verhalten<br />
auswirken als abstraktes sprachliches Wissen. 192<br />
3.1.2 Verhaltensorientierte Indikatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
Unabhängig von der bisher beschriebenen Art und Weise der Entstehung stellt<br />
<strong>Service</strong>-Brand-Power aus verhaltenswissenschaftlicher Perspektive ein innerpsychisches,<br />
hypothetisches Konstrukt dar, welches sich auf zahlreiche beobachtbare<br />
Variablen (Indikatoren) auswirkt. Zur besseren Übersichtlichkeit<br />
können diese Indikatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power nach ihren marketingpolitischen<br />
Einflussbereichen geordnet werden. Als Grundlage kann hier der für das<br />
Dienstleistungsmarketing diskutierte und erweiterte „7-P“-Ansatz 193 dienen, der<br />
den klassischen „4-P“-Marketingmix 194 um die Komponenten Personalpolitik,<br />
Prozesspolitik und Ausstattungspolitik ergänzt. 195 Mit Ausnahme der Ausstattungspolitik,<br />
die eher als <strong>St</strong>euerungs- denn als Wirkungsvariable der Markenstärke<br />
zu sehen ist, kann <strong>Service</strong>-Brand-Power positive Auswirkungen auf<br />
folgende Bereiche des Dienstleistungsmarketing haben (Abb. C-22):<br />
Preisresponse: Zahlreiche empirische und konzeptionelle <strong>St</strong>udien belegen,<br />
dass Konsumenten starker Marken tendenziell bereit sind, einen Aufpreis<br />
gegenüber nicht oder anders markierten Leistungen zu zahlen (Aufpreisbereitschaft).<br />
196<br />
Kommunikationsresponse: <strong>St</strong>arke Marken implizieren oft eine erhöhte Wahrnehmungssensibilität<br />
der Konsumenten und bewirken einen höheren Wirkungsgrad<br />
des Marketingbudgets bzw. der Kommunikationsinvestitionen. 197<br />
Leistungsresponse: Zunehmende Markenstärke bewirkt eine erhöhte Markentreue<br />
sowie eine erhöhte Akzeptanz von Markentransfers und -erweite-<br />
190 Vgl. Federsel-Lieb 1992, S. 123.<br />
191 Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 42.<br />
192 Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 95.<br />
193 Vgl. hierzu bspw. Cowell 1993, S. 99 ff.<br />
194 Vgl. zur Verwendung des „4-P“-Ansatzes im Dienstleistungsmarketing Heskett 1986.<br />
195 Bekmeier-Feuerhahn nimmt ebenfalls eine Gliederung nach absatzwirtschaftlichen Instrumentarien<br />
vor, allerdings in Bezug auf den klassischen „4-P“-Ansatz (vgl. 1998, S. 40ff).<br />
196 Vgl. bspw. Aaker 1992, S. 19.<br />
197 Vgl. bspw. Keller 1993, S. 9.
120 Kapitel C<br />
rungen 198 durch den Konsumenten. Die Marke stellt hier zwischen einer Folge<br />
von abgeschlossenen sowie zukünftigen Dienstleistungsverträgen über<br />
gleiche oder andere Leistungen des Markenträgers eine innere Verbindung<br />
her (Kundenbindung). 199<br />
Preisresponse<br />
höhere<br />
Preisakzeptanz<br />
Aufpreisbereitschaft<br />
Kommunikationsresponse<br />
erhöhte<br />
Wahrnehmungssensibilität<br />
höherer<br />
Wirkungsgrad<br />
von<br />
Marketingmaßnahmen<br />
Halo-<br />
Effekte-<br />
Leistungsresponse<br />
Markentreue<br />
Höhere<br />
Akzeptanz<br />
von<br />
Transferleistungen<br />
und<br />
Markenerweiterungen<br />
<strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
Distributionsresponse<br />
Pull-<br />
Effekte<br />
Personalresponse<br />
höhere<br />
Attraktivität<br />
als Arbeitgeber<br />
effizientere<br />
Mitarbeiterakquisition<br />
Abb. C-22: Verhaltensorientierte Indikatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
Prozessresponse<br />
höhere<br />
Mitarbeitereffizienz<br />
durch<br />
höhere<br />
Motivation<br />
Zukunftspotential<br />
Aktienkurse<br />
Distributionsresponse: Ebenfalls zeigen empirische Untersuchungen, dass<br />
Markenstärke - insbesondere bei Konsumgütermarken - in einem unmittelbaren<br />
und engen Zusammenhang mit Pull-Effekten beim Handel steht. 200 Diese<br />
Effekte sind ebenfalls bei multidistributiv vertriebenen Dienstleistungen (wie<br />
z. B. Mobilfunk- oder Energiedienstleistungen) zu vermuten.<br />
Personalresponse: <strong>Service</strong>-Brand-Power stärkt die Attraktivität des Dienstleistungsunternehmens<br />
als Arbeitgeber und bewirkt dadurch eine effizientere<br />
Mitarbeiterakquisition. 201 Zugleich sind positive Auswirkungen auf die Zufriedenheit<br />
der Mitarbeiter festzustellen. Diese Markenresponse steht in indirektem<br />
oder erweitertem Zusammenhang mit unmittelbaren Verhaltenswirkungen<br />
des Konsumenten, da sie sich erst über die verhaltenswirksame<br />
Wertschätzung der Marke seitens der Nachfrager manifestiert.<br />
Prozessresponse: <strong>Service</strong>-Brand-Power erhöht damit ebenso die Mitarbeitermotivation<br />
202 und führt zu effizienteren Arbeits- und Prozessabläufen im<br />
Rahmen der Dienstleistungserstellung. Auch aus Sicht des Konsumenten<br />
kann Markenstärke den Erstellungsprozess bzw. dessen Wahrnehmung,<br />
198 Vgl. hierzu Weinberg 1993, S. 2682; Hätty 1989, S. 74.<br />
199 Vgl. Plinke 1989, S. 308.<br />
200 Vgl. bspw. Feige 1996, S. 201 u.a.a.O.<br />
201 Vgl. bspw. Demuth 1999, S. 33.<br />
202 Vgl. bspw. Demuth 1999, S. 33.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 121<br />
aber auch die Beteiligungsbereitschaft am Erstellungsprozess positiv beeinflussen.<br />
203 Die dienstleistungsspezifische Response auf Prozessebene verdeutlicht<br />
die Spezifität der <strong>Service</strong>-Brand-Power gegenüber der <strong>St</strong>ärke traditioneller<br />
Markenartikel, bei denen keine Beeinflussung des Leistungserstellungsprozesses<br />
stattfindet.<br />
Zukunftspotential: <strong>Service</strong>-Brand-Power beinhaltet - neben den Auswirkungen<br />
auf marketingpolitische Bereiche - ebenso eine zukunftsorientierte Potentialwirkung,<br />
204 die sich beispielsweise auf moderne Kapitalmärkte<br />
auswirken kann. 205 Die dortigen Entscheidungsvorgänge von Aktionären hinsichtlich<br />
des Kaufs oder Verkaufs von Unternehmensanteilen sind durchaus<br />
mit dem Kauf- und Markenwahlverhalten eines Konsumenten im Supermarkt<br />
vergleichbar. 206<br />
Die Ausführungen verdeutlichen, dass moderne Markenführung generell auf<br />
erweiterte Kommunikationszielgruppen abzielt, welche neben der traditionellen<br />
Zielgruppe (potentielle und tatsächliche Kunden) in einer 360-Grad-<br />
Perspektive sämtliche relevante Anspruchsgruppen im engeren und erweiterten<br />
Markenumfeld umfassen (Mitarbeiter, Kapitalmarkt, Öffentlichkeit, Wettbewerb<br />
etc.). 207 Im Rahmen der weiteren Analyse werden jedoch weiterhin<br />
potentielle und tatsächliche Kunden fokussiert, die als Wachstums- und Ertragsgeneratoren<br />
208 sowie als „Engpassfaktor“ der Markenwirkung im Zentrum<br />
des verhaltensorientierten <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> stehen.<br />
3.1.3 Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse zu den Wahrnehmungsphasen<br />
in der Kommunikation von Dienstleistungsmarken, den konsumentenorientierten<br />
Generatoren sowie den verhaltensorientierten Indikatoren der <strong>Service</strong>-<br />
Brand-Power kann nun ein kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> abgeleitet werden (Abb. C-23).<br />
Aus Gründen der genannten Immaterialitätscharakteristik von Dienstleistungen<br />
wird dabei auf das dual-kodierte Modell der visuellen und verbalen Erklärung<br />
der Markenstärke Bezug genommen. Wie die Ausführungen des folgenden<br />
203 Bspw. werden starke Turbulenzen während eines Fluges mit einer markenschwachen Airline<br />
tendenziell auf schlechten <strong>Service</strong> oder Sicherheitsmängel (vgl. Bieger 2002, S. 174) - und damit<br />
letztlich auf die eigene Markenwahl - zurückgeführt (negative Wahrnehmungsverzerrung),<br />
während der Kunde das gleiche Erlebnis mit einer markenstarken Airline tendenziell als schicksalhaft<br />
und ohne Hinterfragung der eigenen Markenwahlentscheidung hinnimmt (positive Wahrnehmungsverzerrung).<br />
204 Vgl. hierzu Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 148 f.<br />
205 Vgl. hierzu McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 9.<br />
206 Vgl. bspw. Demuth 1999, S. 33.<br />
207 Vgl. hierzu Haedrich/Tomczak/ Kaetzke 2003, S. 17 f.; Will 2000, S. 46 f.; Tomczak et al. 2001,<br />
S. 3; Will/ Wolters 2001.<br />
208 Vgl. hierzu Tomczak/ Reinecke 1996, S. 5.
122 Kapitel C<br />
Kapitels zeigen werden, scheint dieser Erklärungsansatz besonders gut geeignet,<br />
die aus den spezifischen Charakteristika von Dienstleistungen resultierenden<br />
besonderen Herausforderungen für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> anschaulich und<br />
problemorientiert zu analysieren.<br />
<strong>St</strong>imulus Organism Response<br />
Dienstleistungsmarke<br />
Leistungserwartung<br />
Leistungserlebnis<br />
Leistungserinnerung<br />
<strong>Service</strong>-<br />
Brand-<br />
Power<br />
visuelles<br />
Markenwissen<br />
verbales<br />
Markenwissen<br />
Abb. C-23: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Markenverhalten<br />
Preis<br />
Kommunikation<br />
Leistung<br />
Distribution<br />
Personal<br />
Prozess<br />
Zukunft<br />
Das Wirkungsmodell stellt <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> als integrierten, kognitionspsychologischen<br />
Prozess dar und veranschaulicht im Einzelnen, dass<br />
die gestaltungsvariablen Schlüsselsignale der Marke<br />
grundsätzlich in drei Phasen der Dienstleistungswahrnehmung von einer<br />
Zielperson aufgenommen werden können und sich<br />
aufgrund kognitionspsychologischer Verarbeitung innerhalb eines verbalen<br />
und visuellen Wissenssystems dauerhaft in einer Gedächtnisrepräsentation<br />
manifestieren,<br />
deren <strong>St</strong>ärke sich über spezifisches Markenverhalten auf den Feldern Preis,<br />
Kommunikation, Leistung, Distribution, Personal, Prozess und Zukunft zeigt.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 123<br />
Das Wirkungsmodell leistet somit unabhängig von der einer Marke zugrunde<br />
liegenden konkreten Dienstleistung einen konzeptionellen Beitrag zur <strong>St</strong>rukturierung<br />
und Veranschaulichung des komplexen kognitionspsychologischen<br />
Prozesses des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>, indem es die bisherigen zentralen Aussagen<br />
miteinander in Verbindung bringt und die unternehmens- und konsumentenbezogenen<br />
Entscheidungssysteme miteinander verknüpft. Es kann damit gleichzeitig<br />
als strukturelle Grundlage zu der im weiteren vorzunehmenden Ableitung<br />
theoriegeleiteter Hypothesen für das erfolgreiche <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> dienen,<br />
dessen Schlüsselsignale unternehmerische Entscheidungsvariablen und Inputfaktoren<br />
des Wirkungsmodells darstellen.<br />
3.2 Systematisierung kognitionspsychologischer<br />
Besonderheiten<br />
In den bisherigen Ausführungen zu Marke und Dienstleistung wurde bereits<br />
angedeutet, dass typische Charakteristika von Dienstleistungen diverse Herausforderungen<br />
an das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> stellen, die zu spezifischen Implikationen<br />
bei der praktischen Konzeption und Implementierung von Dienstleistungsmarken<br />
führen. Im folgenden Kapitel werden diese grundsätzlichen<br />
markentechnischen Besonderheiten auf Basis eines integrierten kognitionspsychologischen<br />
Systematisierungsansatzes konzeptionell-analytisch abgeleitet<br />
und dargestellt. Hierzu werden die beschriebenen dienstleistungstypischen<br />
Dimensionen den dual-kodierten, kognitionspsychologischen Generatoren der<br />
<strong>Service</strong>-Brand-Power gegenübergestellt (Abb. C-24).<br />
Generatoren der<br />
<strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
visuelles<br />
Markenwissen<br />
verbales<br />
Markenwissen<br />
Grad der<br />
Immaterialität<br />
Dienstleistungstypische<br />
Dimensionen<br />
Grad der<br />
Interaktion<br />
Grad der<br />
Individualisierung<br />
Abb. C-24: Ansatz zur Systematisierung markentechnischer Besonderheiten des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
In den hieraus entstehenden Forschungsfeldern werden Dienstleistungsbesonderheiten<br />
systematisch aus kognitionspsychologischer Perspektive analysiert<br />
mit dem Ziel, grundsätzliche Implikationen hinsichtlich der Entstehung und
124 Kapitel C<br />
Verarbeitung visuell-verbalen Wissens über Dienstleistungsmarken und damit<br />
grundsätzliche Implikationen für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> zu evaluieren.<br />
3.2.1 Dienstleistungstypische Einflüsse auf das visuelle Markenwissen<br />
Aus den Erkenntnissen der Theorie der dualen Kodierung und deren Übertragung<br />
auf die Wirkungsweise des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> lässt sich folgern, dass - vor<br />
allem aufgrund des Bildüberlegenheitseffekts - in der deutlichen visuellen<br />
Wahrnehmbarkeit einer Dienstleistungsmarke die wesentliche Voraussetzung<br />
zur Entstehung von <strong>Service</strong>-Brand-Power besteht. Wie beschrieben, kann die<br />
Wahrnehmung eines Schlüsselsignals (Markenname, Markenzeichen, Dienstleistung)<br />
ein inneres Markenbild erzeugen, das sich in Form direkter Wahrnehmungsbilder<br />
oder erinnerter Gedächtnisbilder manifestiert. Gleichzeitig<br />
werden deutliche innere Markenbilder auch im verbal-kodierten Wissenssystem<br />
gespeichert. 209 Aus konzeptionell-analytischer Sicht stellt sich somit die<br />
Frage, welchen Einfluss die Dienstleistungsdimensionen Immaterialität, Interaktivität<br />
und Individualität auf den Aufbau und die Verarbeitung visuellen Wissens<br />
über Dienstleistungsmarken haben.<br />
Immaterialität und visuelles Markenwissen<br />
Die Ausprägung des konsumentenseitigen visuellen Wissens über eine Dienstleistungsmarke<br />
wird nachhaltig durch den Grad und die Art der Immaterialität<br />
der Leistung bestimmt. Bei traditionellen Konsum- und Gebrauchsgütermarken<br />
ist das tangible Produkt integraler Bestandteil der visuellen Markenwahrnehmung<br />
und damit des inneren Markenbildes. 210 Aufgrund der dualen Kodierung<br />
zeichnen sich starke Markenbilder dieser Produkte dadurch aus, dass - ausgelöst<br />
durch einen äußeren visuellen (Markenzeichen) oder verbalen Reiz (Markenname,<br />
z. B. Coca-Cola) - eine assoziativ-bildhafte Verknüpfung mit dem<br />
Produkt und seinen Eigenschaften (z. B. Coca-Cola-Flasche) stattfindet. In der<br />
höchsten Ausprägung des Markenwissens wird mit der visuellen Wahrnehmung<br />
eines Gattungsproduktes (z. B. Papiertaschentuch) sogar ein Markenname<br />
(Tempo) verbal assoziiert.<br />
Eine derartige assoziativ-bildhafte Verknüpfung ist bei Dienstleistungsmarken<br />
aufgrund des Immaterialitätsgrades mit besonderen Schwierigkeiten verbunden.<br />
Wie gezeigt, wird der Immaterialitätsgrad in der Dienstleistungsdiskussion<br />
insbesondere auf Ebene der Ergebnisdimension thematisiert. 211 Je stärker die<br />
Ergebnisimmaterialität ausgeprägt ist, um so weniger steht das Dienstleistungsprodukt<br />
als Anker der visuellen Markenwahrnehmung zur Verfügung. Dies<br />
begründet gleichzeitig das Problem der mangelnden differenzierten Markenwahrnehmung:<br />
Mit zunehmender Ergebnisimmaterialität wird es schwieriger,<br />
209 Vgl. Kapitel C 3.1.1.<br />
210 Vgl. Langner 2002, S. 41 f.<br />
211 Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbäumer 1993, S. 398 ff. sowie Meffert 1994, S.<br />
521 f.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 125<br />
unterschiedliche Dienstleistungen eines Anbieters als Einzelmarken wahrzunehmen<br />
bzw. wahrnehmbar zu machen. 212 Um die leistungsbezogene visuelle<br />
Wahrnehmung zu ermöglichen, muss der Markenname bzw. das Markenzeichen<br />
mit visuellen Surrogaten (wie z. B. der stilisierte Kranich im Logo der<br />
Lufthansa, der die Assoziationen „fliegen“ und „Flugzeug“ auslöst) verknüpft<br />
werden, die eine möglichst geringe assoziative Distanz zum Dienstleistungsprodukt,<br />
d.h. zum Prozessergebnis - oder auch zum Erstellungsprozess - aufweisen.<br />
verbale<br />
Reizauslösung<br />
„Coca-Cola“<br />
„Lufthansa“<br />
„debitel“<br />
leistungsbezogenes<br />
visuelles<br />
Markenwissen<br />
?<br />
Abb. C-25: Beispielhafte produkt- bzw. leistungsbezogene visuelle Elemente innerer Markenbilder in<br />
Abhängigkeit von der Immaterialität des Markenprodukts<br />
Besondere Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn nicht nur das Ergebnis,<br />
sondern auch der Erstellungsprozess und damit auch die Einsatzfaktoren des<br />
Dienstleisters einen in der Wahrnehmung des Konsumenten hohen Immaterialitätsgrad<br />
aufweisen, wie im Falls des Forschungsfeldes Telekommunikationsdienstleistungen.<br />
Wahrnehmungssurrogate für das unmittelbare Dienstleistungsergebnis,<br />
wie zum Beispiel der haptische Einsatzfaktor „Flugzeug“ für die<br />
ergebnisimmaterielle Dienstleistung „Flugreise“, 213 stehen hier nicht oder nur<br />
begrenzt zur Verfügung. Der kognitionspsychologische Aufbau visuellen Markenwissens,<br />
d.h. der Aufbau direkter leistungsbezogener Wahrnehmungs- sowie<br />
Gedächtnisbilder ist aufgrund des wahrgenommenen Immaterialitätsgrads<br />
der Leistung erschwert bzw. unmöglich (Abb. C-25). Aus diesen Überlegungen<br />
wird deutlich, dass weniger die Ergebnisimmaterialität als vielmehr<br />
212 Vgl. hierzu auch Berry/ Lefkowith/ Clark 1988, S. 28.<br />
213 Vgl. hierzu Mittal 1999, S. 99.
126 Kapitel C<br />
der durch den Konsumenten wahrgenommene Immaterialitätsgrad der<br />
Dienstleistung spezifische Herausforderungen an das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
stellt, die weit über die Frage der Markierungsmöglichkeiten hinaus gehen. 214<br />
Interaktion und visuelles Markenwissen<br />
Dem entgegen wirkt sich der Interaktionsgrad einer Dienstleistung nur auf die<br />
<strong>St</strong>ärke der unmittelbaren visuellen Leistungswahrnehmung innerhalb des Erstellungsprozesses<br />
aus. Während aus der Perspektive des Konsumenten die<br />
Wahrnehmung eines klassischen Markenartikels nicht - oder nur bei Produktionsmängeln<br />
- in Verbindung mit dem eigentlichen Produktionsprozess steht,<br />
spielt gerade der interaktive, vom Konsumenten miterlebte Erstellungsprozess<br />
eine mitentscheidende Rolle beim Aufbau visuellen Markenwissens. Auch hier<br />
kommt es also grundsätzlich auf die Ausprägung des vom Konsumenten wahrgenommenen<br />
Interaktionsgrades an. Allerdings kann beispielsweise eine hoch<br />
interaktive und gleichzeitig - in der Wahrnehmung des Konsumenten - hoch<br />
immaterielle telefonische Kundenbetreuung eines Telekommunikationsanbieters<br />
keinen Beitrag zum Aufbau eines direkten Wahrnehmungsbildes der Marke<br />
leisten. Dies verdeutlicht, dass sich der konsumentenseitig<br />
wahrgenommene Interaktionsgrad lediglich in Kombination mit einem geringen<br />
wahrgenommenen Immaterialitätsgrad auf das visuelle Markenwissen<br />
auswirkt.<br />
Individualisierung und visuelles Markenwissen<br />
Auch der Individualisierungsgrad einer Dienstleistung hat nur in Kombination<br />
mit einem geringen wahrgenommenen Immaterialitätsgrad direkte Auswirkungen<br />
auf das visuelle Markenwissen. Solange sich ein hoher Individualisierungsgrad<br />
auf die kundenbezogene - aber für den Kunden nicht wahrnehmbare<br />
- Spezifität materieller Einsatzfaktoren oder technischer Leistungserstellungsabläufe<br />
bezieht, leistet der Individualisierungsgrad ebenfalls keinen Beitrag<br />
zum Aufbau eines direkten Wahrnehmungsbildes, anders als im Falle einer visuell<br />
wahrnehmbaren Individualisierung, wie etwa in Form einer personalbedingten<br />
Individualisierung (z. B. Einzellehrer in Sprachschule). Der<br />
Individualisierungsgrad impliziert aus dieser Sicht keine eigenständige<br />
Herausforderung, sondern verstärkt in Kombination mit einem hohen visuell<br />
wahrnehmbaren Interaktionsgrad die Herausforderungen in Bezug<br />
auf den Aufbau eines markenadäquaten inneren Vorstellungsbildes (mitarbeiterorientiertes<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>).<br />
214 In der Literatur zum Dienstleistungsmarketing begegnen beispielsweise Meffert/ Bruhn 2003 (S.<br />
400 f.) sowie <strong>St</strong>auss 1998 (S. 15 f.) der bezeichneten Immaterialitätsproblematik mit der Aufzählung<br />
interner und externer Kontaktsubjekte bzw. -objekte (vgl. Kap. C 2.1.1 sowie Abb. C-12).<br />
Zwar stellt sich diese markentechnische Frage bei hochgradig intangiblen Dienstleistungen, trifft<br />
aber nach Ansicht des Autors nicht das Kernproblem des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>. Beispielsweise wird<br />
sich eine starke Profilierung und Wahrnehmung einer Direktbank kaum durch die alternative<br />
Markierung eines „Textil-Merchandising-Artikel“ erzielen lassen.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 127<br />
Den mitunter komplexen Wirkungszusammenhang zwischen visuell wahrgenommenem<br />
Immaterialitätsgrad sowie Interaktions- und Individualitätsgrad<br />
verdeutlicht das folgende Beispiel. Denn der - mit einem hohen wahrgenommenen<br />
Immaterialitätsgrad einhergehende - schwierige Aufbau visuellen Markenwissens<br />
erschwert bzw. unterbindet eine Markenfunktion, die vor allem im<br />
Bereich exklusiver und langlebiger Konsum- bzw. Gebrauchsgüter markenstrategische<br />
Anwendung findet: die Funktion des demonstrativen Konsums. 215 Demonstrativer<br />
Konsum bezieht sich hauptsächlich auf Marken, die über einen<br />
hohen sozialen Geltungsnutzen verfügen und nach dem Prinzip der „gezielten<br />
Verknappung“ vermarktet werden (z. B. Luxusuhren). 216 Die „Zielgruppen“ der<br />
Dokumentation sind zum einen die Nutzer (Identifikationsprinzip) als auch die<br />
Nicht-Nutzer (Ausschlussprinzip) der Marke. Während der Konsument weder<br />
physische Eigentumsrechte noch physischen Besitz an immateriellen Dienstleistungen<br />
erlangen kann, besteht lediglich im Rahmen einer visuell wahrnehmbaren,<br />
interaktiven und individuellen Handlung innerhalb des unmittelbaren<br />
Leistungserstellungsprozesses die Möglichkeit direkter demonstrativer<br />
Leistungsnutzung (Beispiel: Priority-Check-In für Fluggäste der First-Class; Bezahlen<br />
der Restaurantrechnung mit goldener Kreditkarte). Im Falle einer visuell<br />
nicht wahrnehmbaren Interaktion verbliebe lediglich die (theoretische) Möglichkeit,<br />
die visuelle Dokumentationsfunktion außerhalb des Erstellungsprozesses<br />
mit Hilfe tangibler Ersatzkommunikatoren zu erfüllen, denen damit eine quasi<br />
eigenständige Produktfunktion zukommt. Dieser indirekten Form der Konsumdokumentation<br />
sind allerdings Glaubwürdigkeitsgrenzen gesetzt, solange der<br />
Einsatz der Ersatzkommunikatoren nicht ebenfalls dem Prinzip der „gezielten“<br />
Verknappung folgt. Geschieht dies nicht, entfallen maßgebliche Motive zur<br />
Ausübung dokumentativen Konsums, was Kunden - vermutlich ergänzend zu<br />
anderen Ursachen - von einer indirekten Dokumentationsform abhalten würde.<br />
3.2.2 Dienstleistungstypische Einflüsse auf das verbale Markenwissen<br />
Wie bereits beschrieben, deuten verschiedene Erklärungsansätze darauf hin,<br />
dass sich informatorische Reize über eine dual-modierte Speicherung im Gehirn<br />
des Rezipienten manifestieren. Insbesondere bei hoher Konkretheit eines<br />
Reizes verstärken sich visuelle und verbale Manifestationsprozesse gegenseitig.<br />
217 Der Aufbau verbalen Wissens kann durch eine konkrete Reizsituation<br />
verursacht werden, aber auch aufgrund der Verbalisierung eines inneren Markenbildes.<br />
Umgekehrt kann sich konkretes verbales Markenwissen ebenso in<br />
Form eines inneres Bild abspeichern.<br />
215 Zur detaillierten Beschreibung dieser Funktion vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1996, S. 133 f.<br />
216 Aus kognitionspsychologischer Sicht besteht das Prinzip der gezielten Verknappung von Luxusmarken<br />
darin, über den Aufbau verbalen und visuellen Markenwissens innerhalb eines Gesamtkollektivs<br />
Sehnsüchte und Begeisterung für eine Marke zu wecken. Gleichzeitig wird - in der<br />
Regel über den Preis - die Mehrheit dieses Kollektivs von der Nutzung der ersehnten Marke ausgeschlossen.<br />
Dies impliziert für den „erlauchten“ Kreis der Markenuser die Möglichkeit, den Konsum<br />
der Marke wirkungsvoll zu dokumentieren (vgl. Kehrer 2001, S. 198 und 214).<br />
217 Zur empirischen Validierung dieses Zusammenhangs vgl. Bekmeier-Feuerhahn 1996, S. 212.
128 Kapitel C<br />
Markenstarke Leistungen zeichnen sich demnach - ähnlich der dualen Kodierung<br />
starker innerer Markenbilder - dadurch aus, dass aufgrund eines äußeren<br />
Reizes oder innerer Suchvorgänge eine assoziativ-verbale Verknüpfung mit<br />
dem Produkt und seinen Eigenschaften stattfindet. Hier wird - in der höchsten<br />
Ausprägung des verbalen Markenwissens - mit der verbal-kodierten Wahrnehmung<br />
eines Gattungsproduktes (z. B.: „Haben Sie ein Papiertaschentuch?“) der<br />
Name einer Marke (z. B. „Tempo“) ebenfalls verbal sowie das Markenprodukt<br />
(z. B. die Verpackung) oder das Markenzeichen bildhaft assoziiert. Hinsichtlich<br />
des Effektes der verbalen Manifestation visuellen Markenwissens (Doppelspeichereffekt)<br />
ist bei Dienstleistungen grundsätzlich davon auszugehen, dass<br />
sich - in Abhängigkeit des vom Konsumenten wahrgenommenen Immaterialitätsgrades<br />
der Dienstleistung - die Problematik der Bildspeicherung ebenso<br />
auf die Qualität des verbalen Markenwissens auswirkt. Die Zusammenhänge<br />
zwischen visuell wahrgenommenem Immaterialitäts-, Interaktions- und Individualitätsgrad<br />
auf der einen sowie visuellem Markenwissen auf der anderen<br />
Seite sind daher auch bezüglich verbaler Speicherprozesse anzunehmen.<br />
Komfort<br />
Business<br />
Triebwerk<br />
Kraft<br />
schnell<br />
Lufthansa<br />
Flugzeug<br />
Flughafen<br />
Hektik<br />
Sommer<br />
Sonne<br />
Urlaub<br />
Reisen<br />
Fernweh<br />
Karibik<br />
Klingeln<br />
Handy<br />
Termine<br />
Arbeit<br />
Büro<br />
Fax<br />
Kollegen<br />
debitel<br />
Telefonieren<br />
Gespräch<br />
Jubiläum<br />
Rückruf<br />
Oma<br />
Kosten<br />
Freunde<br />
Abb. C-26: Beispielhafter Vergleich leistungsbezogener Ansatzpunkte zum Aufbau verbalen Markenwissens<br />
in Abhängigkeit von dem wahrgenommenen Immaterialitätsgrad der Leistung<br />
Abbildung C-26 zeigt mit Hilfe des semantischen Netzwerks leistungsbezogene<br />
verbale Assoziationen in Abhängigkeit von dem vom Konsumenten wahrgenommenen<br />
Immaterialitätsgrad der Leistung. Daher ist zu vermuten, dass sich<br />
bei einem geringer wahrgenommenen Immaterialitätsgrad (linkes Beispiel:<br />
Lufthansa - Flugzeug) schneller und konkreter als im Falle eines hohen Immaterialitätsgrads<br />
(rechtes Beispiel: debitel - Telefonieren) leistungsbezogene<br />
verbale Anknüpfungspunkte finden lassen, die zudem einfach visualisierbar<br />
sind. Hieraus folgt, dass insbesondere hinsichtlich der Zugriffsfähigkeit, Intensität<br />
und Qualität verbaler Markenassoziationen die Schwierigkeiten der kognitionspsychologischen<br />
Manifestierung von Dienstleistungen mit zunehmendem<br />
wahrgenommenen Immaterialitätsgrad steigen.<br />
Opa
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 129<br />
3.2.3 Zwischenfazit: Leistungswahrnehmung und <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Die konzeptionell-analytische Betrachtung im Rahmen des kognitionspsychologischen<br />
Systematisierungsansatzes hat gezeigt, dass dienstleistungstypische<br />
Eigenschaftsdimensionen - je nach Grad ihrer Ausprägung - wesentliche Einflüsse<br />
auf kognitionspsychologische Generatoren der <strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
ausüben können (Abb. C-27). Dabei hat sich ferner gezeigt, dass diese Einflüsse<br />
weniger von dem objektiven, als vielmehr von dem konsumentenseitig<br />
wahrgenommenen Ausprägungsgrad der jeweiligen Dimension abhängen: Der<br />
wahrgenommene Immaterialitätsgrad sowie der wahrgenommene Interaktionsgrad<br />
stellen aus dieser Sicht die zentralen dienstleistungstypischen<br />
Eigenschaftsdimensionen dar, welche die nachhaltigsten<br />
Konsequenzen für die Markenbildung implizieren. Der durch den Konsumenten<br />
potentiell in den drei dienstleistungsspezifischen Kommunikationsphasen<br />
(Leistungserwartung, Leistungserlebnis, Leistungserinnerung) wahrgenommene<br />
Immaterialitätsgrad bezieht sich primär auf physische, d.h. visuell<br />
wahrnehmbare Inputfaktoren bzw. <strong>St</strong>imuli-Elemente (Mitarbeiter, Gebäude,<br />
Maschinen, Materialien etc.) im gesamten Produktionsprozess der Dienstleistung<br />
(Input-, Throughput- und Output-Phase). Der vom Konsumenten wahrgenommene<br />
Interaktionsgrad bezieht sich dagegen auf die vor allem visuell<br />
wahrgenommene Kontaktintensität in der Phase der Leistungserstellung<br />
(Throughput-Phase). 218<br />
Generatoren der<br />
<strong>Service</strong>-Brand-Power<br />
visuelles<br />
Markenwissen<br />
verbales<br />
Markenwissen<br />
Grad der<br />
Immaterialität<br />
Dienstleistungstypische<br />
Dimensionen<br />
Grad der<br />
Interaktion<br />
Grad der<br />
Individualisierung<br />
Einflüsse auf das innere innere Markenbild, insbesondere bezüglich<br />
Manifestation Konstanz Individualisierungs-<br />
Zugriffsfähigkeit Zugriffsfähigkeit<br />
grad verstärkt Effekte<br />
Intensität Intensität<br />
des Interaktions-<br />
Differenzierung Differenzierung<br />
grades<br />
Qualität<br />
Qualität<br />
Einflüsse auf die Markenassoziationen, insbesondere bezüglich<br />
Manifestation Konstanz Individualisierungs-<br />
Zugriffsfähigkeit Zugriffsfähigkeit<br />
grad verstärkt Effekte<br />
Intensität Intensität<br />
des Interaktions-<br />
Differenzierung Differenzierung<br />
grades<br />
Qualität<br />
Qualität<br />
Abb. C-27: Markentechnische Besonderheiten des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> aus kognitionspsychologischer<br />
Perspektive<br />
In Bezug auf die <strong>Service</strong>-Brand-Power bedeutet dies, dass die Möglichkeiten<br />
des Aufbaus von visuellem und verbalem Markenwissen von der jeweiligen<br />
218 Vgl. hierzu auch Abb. C-9.
130 Kapitel C<br />
Ausprägung der vom Kunden wahrgenommenen dienstleistungstypischen Dimension<br />
abhängen. Dabei gestaltet sich der Manifestationsmechanismus<br />
innerer Markenbilder um so schwieriger, je weniger der Konsument die<br />
eigentliche Dienstleistungserstellung materiell und interaktiv erleben<br />
kann. Anders formuliert: Je abstrakter sich die der Marke zugrunde liegende<br />
Dienstleistung dem Konsumenten darstellt, um so schwieriger ist es, im Gedächtnis<br />
des Rezipienten ein positiv verhaltensbeeinflussendes Vorstellungsbild<br />
über die Dienstleistung zu generieren. Dienstleistungen stellen daher in<br />
Abhängigkeit von ihren jeweiligen, vom Konsumenten wahrgenommenen Dimensionsausprägungen<br />
spezifische Anforderungen an das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>,<br />
was im folgenden Kapitel näher zu untersuchen ist.<br />
3.3 Ableitung dienstleistungstypologischer Herausforderungen<br />
Folgt man den bisherigen Ausführungen, so variieren die markenspezifischen<br />
Herausforderungen mit dem Grad der dienstleistungsspezifischen Eigenschaftsdimensionen.<br />
Da jede Dienstleistung zugleich über ein bestimmtes Set<br />
an Dimensionsausprägungen verfügt, unterliegen die konkreten Herausforderungen<br />
des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> somit den jeweiligen situativen Leistungsdeterminanten.<br />
Angesichts dessen sowie vor dem Hintergrund der Zielsetzung der<br />
Arbeit, einen Beitrag zur Konzeption und Implementierung von Marken für<br />
Dienstleistungen und insbesondere für Telekommunikationsdienstleistungen zu<br />
leisten, erfordern die bisherigen konzeptionellen Überlegungen daher eine anwendungsbezogene<br />
Transformation, um die gewonnenen Erkenntnisse auf<br />
das Forschungsfeld Telekommunikationsdienstleistungen zu fokussieren.<br />
Zu diesem Zweck wird im Rahmen dieses Kapitels eine grundsätzliche markenbezogene<br />
bzw. problemspezifische Typologisierung konsumtiver Dienstleistungen<br />
auf Basis der evaluierten Dimensionen wahrgenommener Immaterialitätsgrad<br />
und wahrgenommener Interaktionsgrad vorgenommen, woraus<br />
sich vier Grundtypen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> mit jeweils unterschiedlichen konstitutiven<br />
Herausforderungen ergeben (Abb. C-28). In diesem Zusammenhang<br />
sind Dienstleistungen des Telekommunikationsmarktes, die sich überwiegend<br />
als Leistungen zur Bereitstellung von Netzwerken und Konfiguration von<br />
Technologien beschreiben lassen, 219 durch einen hohen wahrgenommenen<br />
Immaterialitätsgrad (bzw. einen geringen Grad an wahrnehmbarer Materialität)<br />
sowie einen geringen wahrgenommenen Interaktionsgrad gekennzeichnet und<br />
stellen einen idealtypischen Repräsentanten des Dienstleistungstypus „unsichtbare<br />
Dienstleistungen“ dar.<br />
Die entwickelte kognitionspsychologische Dienstleistungstypologie dient dabei<br />
nicht nur der Fokussierung konzeptioneller Überlegungen auf die Telekommu-<br />
219 Vgl. hierzu u.a. die Kapitel A 2.2 sowie B 1.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 131<br />
nikationsbranche, sondern trägt darüber hinaus auch zu einer generellen <strong>St</strong>rukturierung<br />
bisheriger Erkenntnisse und deren Übertragung auf andere Forschungsfelder<br />
bei.<br />
hoch<br />
wahrgenommener<br />
Interaktionsgrad<br />
niedrig<br />
Interaktive<br />
Dienstleistungen<br />
Konsumgüterähnliche<br />
Dienstleistungen<br />
Markenrelevante<br />
Dienstleistungstypen<br />
niedrig wahrgenommener<br />
Immaterialitätsgrad<br />
Hybride<br />
Dienstleistungen<br />
TK-Dienstleistungen:<br />
Unsichtbare<br />
Dienstleistungen<br />
Abb. C-28: Dienstleistungstypologie aus kognitionspsychologischer Perspektive<br />
3.3.1 Konsumgüterähnliche Dienstleistungen<br />
hoch<br />
Konsumgüterähnliche Dienstleistungen zeichnen sich durch eine niedrige Ausprägung<br />
beider Eigenschaftsdimensionen aus: Der Grad der Immaterialität sowie<br />
der Interaktion werden vom Konsumenten als gering wahrgenommenen.<br />
Als klassisches Beispiel können hier Schnellrestaurantketten angeführt werden.<br />
Die wahrgenommene Interaktion bezieht sich auf das Betreten, das<br />
Bestellen bzw. Bezahlen und - eventuell - Verzehren eines Burgers innerhalb<br />
der Verkaufsräume des Anbieters. Eine derart geringe Interaktionsintensität erlebt<br />
der Konsument ebenfalls beim Kauf und Konsum einer Dose Coca-Cola<br />
an einer Tankstelle. Der wahrgenommene Immaterialitätsgrad, die sich aus<br />
Dienstleistungssicht im Zusammenhang mit einer Schnellrestaurantkette vor allem<br />
auf den Prozess der Zubereitung und des Verkaufs des Fast-Food-<br />
Produkts beziehen würde, ist ebenfalls sehr gering. Ähnlich dem Verpackungsdesign<br />
eines Softdrinks kann auch hier um das harte Produkt Burger eine<br />
sichtbare „Markenverpackung“ in Form der eigentlichen Produktverpackung,
132 Kapitel C<br />
der Verkaufsraumgestaltung, der Personaluniformen etc. gestaltet werden. Anders<br />
formuliert: Hinsichtlich des Aufbaus einer visuellen und verbalen<br />
Markenrepräsentation im Gedächtnis des Konsumenten haben McDonalds<br />
und Coca-Cola - als Beispiel für das „traditionelle“ Markenmanagement<br />
- höhere Gemeinsamkeiten als beispielsweise Coca-Cola und<br />
Lufthansa oder Telekom.<br />
Dass die aus der „<strong>Service</strong>ness“ konsumgüterähnlicher Dienstleistungen entstehenden<br />
markenspezifischen Schwierigkeiten aus dieser Sicht nicht nur als<br />
äußerst gering, sondern - im Gegenteil - sogar als generelle Chance für die<br />
Markenführung zu bewerten sind, zeigt die Praxis. Diese Chancen bestehen<br />
zum einen in der kurzfristig hohen Flexibilität des hoch standardisierten Produktangebots.<br />
Leistungsvariationen, ob aus Gründen einer Angebotsaktion<br />
oder einer Verbesserung der Prozesseffizienz, sind kurzfristig plan- und realisierbar.<br />
Die zweite, wahrscheinlich wesentlichere Chance besteht in der „Erlebbarmachung“<br />
eines physischen Produkts. Im Falle der Schnellrestaurantkette<br />
hat der Konsument die Möglichkeit, das Fast-Food-Produkt innerhalb<br />
einer sichtbaren Markenwelt „zu erleben“, was sich aus kognitionspsychologischer<br />
Sicht insbesondere auf die Nachhaltigkeit des visuellen, aber auch des<br />
verbalen Markenwissens positiv auswirkt. Die konsumgüterähnliche Dienstleistung<br />
ist daher nicht nur als Eigenschaft eines Anbieters, sondern als markenstrategische<br />
Option zu verstehen. Dies zeigen die vielfältigen Versuche<br />
traditioneller Markenartikler, über die (ergänzende) Positionierung als konsumgüterähnlicher<br />
Dienstleister die sich hieraus ergebenden Chancen zu nutzen<br />
und das physische Markenprodukt im Rahmen eines Erlebniskonzepts zu vermarkten<br />
(z. B. „Maggi-Kochstudio“, „Nutelleria“).<br />
3.3.2 Interaktive Dienstleistungen<br />
Im Unterschied hierzu zeichnen sich interaktive Dienstleistungen durch einen<br />
höheren wahrgenommenen Interaktionsgrad bei gleichzeitig hohem wahrnehmbaren<br />
Materialitätsgrad aus. Dies manifestiert sich dadurch, dass der<br />
Kunde als Person notwendiger und integrativer Bestandteil des Leistungserstellungsprozesses<br />
ist. Als typisches Beispiel können hier Fluggesellschaften<br />
angeführt werden. Während sich also der Konsument im Falle einer konsumgüterähnlichen<br />
Dienstleistung beispielsweise das Dienstleistungsprodukt Fast-<br />
Food von einer dritten Person mit nach Hause bringen lassen kann, ist dies bei<br />
interaktiven Dienstleistungen nicht möglich.<br />
Für das Markenmanagement von interaktiven Dienstleistungen stellen<br />
sich besondere Herausforderungen bei der Schaffung eines konsistenten<br />
Markenbildes im Interaktionsprozess zwischen dem Anbieter und dem<br />
Kunden (interaktives <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>). Hier kommt insbesondere dem<br />
Kundenkontaktpersonal (z. B. Flugbegleiterin), aber auch materiellen Einsatzfaktoren<br />
(z. B. Flugzeug) sowie der direkten und indirekten Prozessgestaltung
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 133<br />
und -kontrolle (z. B. Kabinenreinigung bzw. Mitarbeiterschulung) eine wesentliche<br />
Funktion in der Vermittlung visuellen und verbalen Markenwissens zu. Der<br />
Kundenkontaktprozess vollzieht sich entlang einer multielementaren Line-of-<br />
Visibility, deren Gestaltungsziel in der Vermittlung der Markenpositionierung<br />
liegt. Die Schaffung einer zu lebenden „Markenkultur“, die gleichzeitig als zentrales<br />
Koordinationsinstrument des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> fungiert, wird daher zur<br />
zentralen Herausforderung der internen Markenführung, die Bewältigung dieser<br />
Aufgabe zum zentralen Erfolgsfaktor des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>.<br />
3.3.3 Unsichtbare Dienstleistungen<br />
Einen Kontrapunkt zu interaktiven Dienstleistungen stellen unsichtbare Dienstleistungen<br />
dar. Sie sind gekennzeichnet durch einen hohen wahrgenommener<br />
Immaterialitätsgrad (bzw. einen geringen Grad an wahrnehmbarer Materialität)<br />
sowie einen geringen wahrgenommenen Interaktionsgrad. Wie bereits beschrieben,<br />
stellen Telekommunikationsdienstleistungen hier einen quasi idealtypischen<br />
Beispielfall dar. Der Kunde kann Leistungen dieses Typus visuell<br />
oder haptisch nicht wahrnehmen, 220 weder mittelbar noch unmittelbar: Im Gegensatz<br />
zu physischen Produkten kann er keine Größe, Form, Oberflächenstruktur,<br />
Farbe oder Qualität der Funktionserfüllung wahrnehmen, im Unterschied<br />
zu interaktiven Dienstleistungen existieren nicht einmal visuelle oder<br />
haptische Ersatzkommunikatoren (wie z. B. ein Flugzeug). Unsichtbare Dienstleistungen<br />
können daher im Vorfeld ihrer direkten Erfahrbarkeit nicht für sich<br />
„sprechen“. Während der Leistungserstellung wird häufig nur das Nicht-<br />
Funktionieren wahrgenommen.<br />
Für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> stellt sich damit insbesondere die Herausforderung<br />
der Schaffung eines dauerhaft konsistenten Markenbildes bzw. der<br />
assoziativen Markenverankerung ohne wahrnehmbare Leistung (virtuelles<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>). Da der Leistungserstellungsprozess aufgrund seiner<br />
„Unsichtbarkeit“ für den Konsumenten hierzu keinerlei Grundlage bietet, müssen<br />
infolgedessen die zu gestaltenden Markenstimuli außerhalb des eigentlichen<br />
Leistungserstellungsprozesses die Manifestation visuellen und verbalen<br />
Markenwissens ermöglichen. Einen Beitrag zur Kompensation dieses Visualisierungsnachteils<br />
können Schlüsselbilder in der Markenkommunikation leisten,<br />
die ergänzend zur Vermittlung eines inneren Markenbildes zum Einsatz kommen.<br />
Nach KROEBER-RIEL sind Schlüsselbilder, neben dem Markensignal Logo,<br />
ein weiteres physisches Abbild der Marke zum Aufbau visuellen<br />
Markenwissens. 221 Schlüsselbilder bestehen in einem im Kern konstanten<br />
Bildmotiv, welches das visuelle Extrakt der Positionierungsbotschaft vermittelt.<br />
222 <strong>St</strong>rategisch geplante Schlüsselbilder hinterlassen durch die Vermittlung<br />
220 Vgl. Brasch 1999, Expertengespräch.<br />
221 Vgl. Kroeber-Riel 1993, S. 193 f.<br />
222 Vgl. Esch 2004, S. 240.
134 Kapitel C<br />
emotionaler und informativer Assoziationen zur Marke Gedächtnisspuren über<br />
die Markenpositionierung. Im Unterschied zu traditionellen Markenprodukten<br />
können Schlüsselbilder bei unsichtbaren Dienstleistungen allerdings ausschließlich<br />
im Rahmen der Markenkommunikation und nicht (auch) zur Markierung<br />
des „Produkts“ Dienstleistung eingesetzt werden, beispielsweise im<br />
Rahmen der Verpackungsgestaltung. 223,224<br />
Auch aus konzeptioneller Sicht erweist sich damit für diesen Dienstleistungstypus<br />
die Identifikation von Markenträgern, wie beispielsweise die Gesamtunternehmung,<br />
bestimmte Leistungsbündel oder Einzelleistungen und die hiermit<br />
verbundene Festlegung einer geeigneten Markenstrategie als besonders<br />
schwierig. Grundsätzlich gilt es zu prüfen, inwieweit bei diesen Leistungen traditionelle<br />
markenstrategische Optionen wie Einzelmarken, Mehrmarken, Dachmarken<br />
etc. überhaupt anwendbar und zielführend sind, oder ob der Wahrnehmungszugang<br />
eines Konsumenten hinsichtlich immaterieller, quasi virtueller<br />
Dienstleistungsmarken über neue, innovative <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Ansätze erklärt<br />
und gesteuert werden muss.<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> für Telekommunikationsdienstleister kann vor dem Hintergrund<br />
dieser theoretisch-konzeptionellen Erkenntnisse als exemplarisches<br />
Beispiel für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> für unsichtbare Dienstleistungen<br />
gesehen werden. Branchenübergreifende Lösungsansätze dürften daher<br />
insbesondere für Dienstleistungstypen interessant sein, die über eine ähnliche<br />
Ausprägung situativer Leistungsdeterminanten verfügen, wie beispielsweise<br />
Energiedienstleistungen.<br />
3.3.4 Hybride Dienstleistungstypen<br />
Hybride Dienstleistungstypen mit hohem wahrgenommenen Interaktionsgrad<br />
und hohem wahrgenommenen Immaterialitätsgrad stellen eine Mischform zwischen<br />
unsichtbaren und interaktiven Dienstleistungstypen dar. Als Beispiel<br />
können etwa Direktbanken oder -versicherer (mit Beratungsfunktion) angeführt<br />
werden. An die <strong>St</strong>elle einer Line-of-Visibility rückt hier die Line-of-Perceptibility,<br />
da sich der Kundenkontaktprozess entlang einer nicht-visuellen Wahrnehmungslinie<br />
(z. B. bei einem telefonischen Beratungsgespräch) vollzieht.<br />
Insbesondere für die Entstehung visuellen Markenwissens treten hiermit ähnliche<br />
Schwierigkeiten auf wie im Falle unsichtbarer Dienstleistungen. Gleichzeitig<br />
muss die Positionierung durch das nicht sichtbare Kundenkontaktpersonal<br />
vermittelt werden. Hinsichtlich der Gestaltung der Line-of-Perceptibility beste-<br />
223 Vgl. hierzu Kroeber-Riel 1993, S. 309 f.<br />
224 Als exemplarisches Beispiel für die unzähligen Fälle, in denen ein Schlüsselbild ebenfalls zur<br />
Verpackungsgestaltung beiträgt, sei die Waschmittelmarke Spee genannt: Hier wird der Spee-<br />
Fuchs als Schlüsselbild der Positionierungsbotschaft „Die schlaue Art zu waschen!“ sowohl in der<br />
Werbung wie auch auf der Produktverpackung eingesetzt (vgl. Langner 2002, S. 33f).
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 135<br />
hen somit ähnliche Herausforderungen wie bei interaktiven Dienstleistungen,<br />
jedoch primär auf Ebene des verbalen Markenwissens. Aufgrund des beschriebenen<br />
Bildüberlegenheitseffekts dürfte jedoch in der Schaffung eines<br />
konsistenten Markenbildes außerhalb des Leistungserstellungsprozesses - wie<br />
bei unsichtbaren Dienstleistungen - der zentrale Zugang für ein erfolgreiches<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> des Mischtyps liegen.<br />
3.3.5 Exkurs: Wahrnehmungsgrade als Variable strategischer Entscheidung<br />
Wie bereits im Falle der konsumgüterähnlichen Dienstleistungen angedeutet,<br />
fungieren die konkreten Ausprägungen dienstleistungsspezifischer Eigenschaftsdimensionen<br />
nicht alleine als typologisierende Charakteristik des konkreten<br />
Dienstleistungsanbieters, sondern stellen zugleich auch eine Variable<br />
markenstrategischer bzw. positionierungsrelevanter Entscheidungen dar. Auf<br />
diese Weise können die Eigenschaftsdimensionen zur Veranschaulichung<br />
markenstrategischer Basisalternativen dienen. Abbilddung C-29 verdeutlicht<br />
diesen Zusammenhang am Beispiel von Bankdienstleistungen.<br />
hoch<br />
wahrgenommener<br />
Interaktionsgrad<br />
niedrig<br />
Filialbank<br />
<strong>St</strong>rategisches<br />
Feld<br />
niedrig wahrgenommener<br />
Immaterialitätsgrad<br />
Direktbank<br />
mit Beratung<br />
Direktbank<br />
ohne Beratung<br />
hoch<br />
Abb. C-29: Markenstrategische Basisalternativen am Beispiel von Bankdienstleistungen<br />
Die Praxis zeigt auch, dass Dienstleister etwa einen originär geringen wahrnehmbaren<br />
Interaktionsgrad durch das Angebot interaktiver Ergänzungsleistungen<br />
erhöhen und hierdurch einen Zusatznutzen schaffen, um letztlich die<br />
Kundenbindung zu intensivieren und den Umsatz pro Kunde zu steigern. Als<br />
Beispiel kann etwa das Internetwarenhaus Amazon.com angeführt werden, bei
136 Kapitel C<br />
dem sich die vom Kunden wahrgenommene Interaktion im Rahmen eines gewöhnlichen<br />
Bestellvorgangs auf die Auswahl, die Bestellung und Bezahlung eines<br />
Produktes beschränkt. Der Online-Anbieter jedoch erhöht die Kontaktintensität,<br />
indem er aus den Bestellungen eines Käufers ein individuelles<br />
Interessenprofil generiert, das eine präferenzspezifische Ansprache ermöglicht.<br />
Der Kunde wird individuell auf für ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit interessante<br />
weitere Produkte oder Neuerscheinungen hingewiesen und so zum zielgerichteten<br />
<strong>St</strong>öbern eingeladen.<br />
3.4 Konzeptionelle Implikationen als Zwischenfazit<br />
Im Rahmen der bisherigen Arbeit wurde <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> aus integrierter Marketingperspektive<br />
betrachtet. Im Mittelpunkt des strategischen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
stehen aus Sicht des markenführenden Dienstleisters die Planung,<br />
Durchführung und Kontrolle sämtlicher Maßnahmen zur Gestaltung von<br />
Schlüsselsignalen für Dienstleistungen oder Dienstleistungsunternehmen, die<br />
dazu geeignet sind, ein positionierungsadäquates inneres Markenbild dauerhaft<br />
im Gedächtnis des Konsumenten zu generieren. In Ergänzung hierzu wurde der<br />
komplexe Manifestationsmechanismus innerer Markenbilder aus Sicht des<br />
Konsumenten analysiert. Auch hier fungiert, im Zentrum des entwickelten kognitionspsychologischen<br />
Wirkungsmodells, die <strong>Service</strong>-Brand-Power als zentrale<br />
Zielgröße, operationalisiert durch die innerpsychischen Variablen (Generatoren)<br />
visuelles und verbales Markenwissen. Dabei wurde, unter Bezugnahme<br />
auf verschiedene Konzepte und Theorien der Kognitionspsychologie, der zentrale<br />
Einfluss visuellen Markenwissens auf die <strong>Service</strong>-Brand-Power verdeutlicht.<br />
Gleichzeitig wurde aufgezeigt, dass gerade der Manifestationsprozess<br />
visuellen Markenwissens in Abhängigkeit von der Ausprägung dienstleistungstypischer<br />
Dimensionen besonderen Schwierigkeiten unterliegt. Als Zwischenfazit<br />
dieser konzeptionellen Ausführungen lassen sich aus kognitionspsychologischer<br />
Sicht somit folgende zentralen Implikationen für das <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
ableiten:<br />
Der Aufbau dauerhafter innerer Markenbilder für Dienstleistungen spielt im<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> eine zentrale Rolle.<br />
Die konkreten Herausforderungen im Aufbau innerer Markenbilder werden<br />
nachhaltig vom situativen Dienstleistungstypus bestimmt.<br />
3.4.1 Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Herausforderung<br />
Die Relevanz innerer Markenbilder für das Konsumentenverhalten wurde anhand<br />
der zentralen Rolle des visuellen Markenwissens bei der Manifestation<br />
positiv verhaltensbeeinflussender Markenrepräsentationen verdeutlicht. Folgt<br />
man diesen Ausführungen, so stellt der kognitive Zugang zur Dienstleistungsmarke<br />
den zentralen Prozess der Markenentstehung im Kopf des Konsumenten<br />
dar. „Ein lebendiges inneres Bild ist im Gedächtnis schnell und leicht
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 137<br />
verfügbar. Damit stellt sich auch die mit einem solchen Bild verbundene Einstellung<br />
zur Firma oder zum Produkt schnell im Gedächtnis ein.“ 225<br />
Leistungserwartung Leistungserlebnis Leistungserinnerung<br />
Aufbau eines inneren Markenbildes entlang aller Wahrnehmungsphasen<br />
durch Überwindung dienstleistungsspezifischer Visualisierungsproblematik<br />
Aufbau eines inneren<br />
Markenbilds (Wahrnehmungsbild)<br />
durch<br />
Visualisierung von<br />
Dienstleistung und<br />
Positionierung<br />
Visuelles und verbales<br />
Markenwissen aufbauen<br />
Ausbau des inneren<br />
Markenbildes (Wahrnehmungsbild)<br />
entlang der<br />
Line-of-Visibility<br />
oder<br />
Bestätigung des inneren<br />
Markenbildes (Gedächtnisbild)<br />
durch Gewährleistung<br />
positiver (bzw.<br />
nicht-negativer)<br />
Leistungserlebnisse<br />
Visuelles und verbales<br />
Markenwissen<br />
bestätigen<br />
<strong>St</strong>ärkung des inneren<br />
Markenbilds durch<br />
systematische Pflege des<br />
Konsumenten-Marken-<br />
Kontakts<br />
Reaktivierung des inneren<br />
Markenbilds ehemaliger<br />
Kunden<br />
Visuelles und verbales<br />
Markenwissen<br />
erneuern<br />
Abb. C-30: Aufbau innerer Markenbilder als zentrale Aufgabe des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Der Aufbau dauerhafter innerer Markenbilder durch Überwindung der<br />
dienstleistungstypischen Visualisierungsproblematik kann somit als zentrale<br />
konstitutive Aufgabe und als Schlüsselerfolgsfaktor des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
gewertet werden. Visuelles Markenwissen wird zu einer wesentlichen Meta-<br />
Zielgröße, auf welche die strategische Planung, Gestaltung und <strong>St</strong>euerung der<br />
Markenstimuli, oder kurz: der unternehmerische Gestaltungsprozess des <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong>, auszurichten ist. Abbildung C-30 zeigt diese Implikationen und<br />
Zusammenhänge im Rahmen des konsumentenseitigen Wahrnehmungsprozesses<br />
noch einmal im Überblick.<br />
3.4.2 Der Dienstleistungstyp bestimmt die Herausforderungen<br />
Als weitere Implikation lässt sich festhalten, dass die konkreten Herausforderungen<br />
im Aufbau innerer Markenbilder nachhaltig vom situativen Dienstleistungstypus<br />
bestimmt werden. In Ergänzung der Ausführungen zur<br />
problemspezifischen Typologisierung konsumtiver Dienstleistungen können<br />
dabei zwei zentrale Themenschwerpunkte identifiziert werden, die sich für das<br />
konkrete <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in Abhängigkeit der jeweiligen Dimensionsausprägung<br />
ergeben (Abb. C-31):<br />
225 Kroeber-Riel 1993, S. 86.
138 Kapitel C<br />
wahrgenommener<br />
Interaktionsgrad<br />
Interaktives<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Konsumgüterorientiertes<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Zentrale<br />
Herausforderungen<br />
niedrig wahrgenommener<br />
Immaterialitätsgrad<br />
Interaktives<br />
und virtuelles<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Virtuelles<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
hoch<br />
Abb. C-31: Situative Schwerpunktthemen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> aus kognitionspsychologischer Sicht<br />
Im <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> für interaktive Dienstleistungen bzw. im interaktiven <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> stellen sich wesentliche Herausforderungen im Zusammenhang<br />
mit dem Ausbau visuellen Markenwissens innerhalb des Leistungserstellungsprozesses<br />
(vgl. Abb. C-30). Aufgrund der kundenseitig hohen Wahrnehmbarkeit<br />
der Dienstleistungserstellung trägt hier die Gestaltung der Line-of-<br />
Visibility maßgeblich zur Manifestation des inneren Markenbildes bei. Eine<br />
weitere Schwierigkeit ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Konsistenz des<br />
erzeugten Markenbildes über die Phasen des kundenseitigen Wahrnehmungsprozesses<br />
zu gewährleisten. Dies stellt besondere Anforderungen an die koordinierte<br />
Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Maßnahmen zur<br />
Gestaltung der Markenstimuli Marke, Zeichen und Dienstleistung bzw. Dienstleistungsprozess.<br />
226<br />
Dagegen stellt sich <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> für unsichtbare Dienstleistungen bzw. Telekommunikationsdienstleistungen<br />
als virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> dar, weil<br />
bei Dienstleistungen dieses Typs in Ermangelung einer kognitiv wahrnehmbaren<br />
Markenleistung der Aufbau visuellen Markenwissens nur außerhalb<br />
des Leistungserstellungsprozesses (und somit nur virtuell) stattfinden kann.<br />
Anders als beim interaktiven <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> kann hier der Dienstleistungs-<br />
226 Vgl. hierzu die <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Triade (Kapitel C 2.2.3).
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 139<br />
prozess als eigentlicher „Markenartikel" keinen direkten Beitrag zum visuellen<br />
Markenwissen leisten und steht daher nicht als tatsächlicher Markenträger und<br />
Gestaltungsvariable des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> zur Verfügung. Aufgrund des hohen<br />
wahrgenommenen Immaterialitätsgrads sowie des geringen wahrgenommenen<br />
Interaktionsgrads des Leistungserlebnisses kann die Phase der Leistungserstellung<br />
primär auf die Bestätigung verbalen, d.h. nicht-visuellen Markenwissens<br />
ausgerichtet werden (vgl. Abb. C-30).<br />
Vor diesem sowie dem Hintergrund des Forschungsfelds der Arbeit konzentriert<br />
sich die weitere Untersuchung auf das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>,<br />
d.h. auf den Aufbau innerer Markenbilder für unsichtbare<br />
Dienstleistungen am Beispiel des Telekommunikationsmarktes.
140 Kapitel C<br />
4. Hypothesen zum virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Als wesentliche Implikation der konzeptionellen Ausführungen wurde der Aufbau<br />
innerer Markenbilder als zentrale Aufgabe und wichtiger Erfolgsfaktor des<br />
interaktiven und virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> abgeleitet. Hieraus lässt sich folgende<br />
Hypothese ableiten:<br />
H 0 [Basishypothese]:<br />
Dienstleistungsmarken sind um so erfolgreicher, je besser es ihnen<br />
gelingt, über den Aufbau visuellen Markenwissens dauerhaft relevante<br />
innere Vorstellungsbilder im Gedächtnis des Konsumenten zu<br />
generieren.<br />
Von dieser Basishypothese ausgehend und vor dem Hintergrund der Zielsetzung<br />
dieser Arbeit werden zum Abschluss des konzeptionell-analytischen<br />
Grundlagenteils Gestaltungshypothesen zum erfolgreichen Aufbau innerer<br />
Markenbilder für unsichtbare Dienstleistungen und respektive Telekommunikationsdienstleistungen<br />
227 formuliert, die sich aus den konzeptionellen<br />
Erkenntnissen sowie den Ergebnissen der Markenumfeldanalyse im Telekommunikationsmarkt<br />
deduzieren lassen. Das Kapitel dient somit der Zusammenfassung<br />
und Fokussierung wesentlicher Überlegungen wie auch als Grundlage<br />
der weiteren Untersuchung, in der die explizierten Hypothesen im Rahmen<br />
empirischer Fallstudienanalysen zu evaluieren 228 sind.<br />
4.1 Markenpositionierung als strategischer Ausgangspunkt<br />
Eine wesentliche Aufgabe des virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> besteht darin, ein<br />
Markenbild positionierungsadäquat zu vermitteln. Die Positionierung stellt somit<br />
den strategischen Ausgangspunkt für die Entwicklung und Einführung des<br />
Markenauftritts dar. Sie beschreibt die strategische Leitidee, unter deren Berücksichtigung<br />
die Gestaltung der Schlüsselsignale sowie weiterer Maßnahmen<br />
der Markenkommunikation vorzunehmen ist. Sie definiert damit gleichzeitig<br />
die Soll-Positionierung der Marke in der subjektiven Wahrnehmung des<br />
Konsumenten, d.h. die aus Sicht der markenführenden Unternehmung gewünschte<br />
Ausgestaltung des inneren Vorstellungsbildes im Gedächtnis des<br />
Konsumenten. Neben der Berücksichtigung von Bedürfnissen der Kunden und<br />
den Positionierungen der Konkurrenzmarken sind dabei insbesondere auch<br />
227 Im Folgenden wird der Terminus „unsichtbare Dienstleistung“ aus Vereinfachungsgründen als<br />
Oberbegriff benutzt, der den Ausführungen in Kapitel C 3.3. entsprechend damit immer auch Telekommunikationsdienstleistungen<br />
umfasst.<br />
228 Die hier aufgestellten Hypothesen können aufgrund der forschungsmethodischen Ausrichtung<br />
dieser Arbeit nicht in streng statistischem Sinne getestet werden, da hierzu ein quantitativer Forschungsaufbau<br />
und größere Fallzahlen erforderlich wären. Insofern kann im Rahmen dieser Arbeit<br />
anhand der qualitativ-empirischen Erkenntnisse lediglich eine qualitativ-interpretative<br />
Beurteilung der aufgestellten Hypothesen vorgenommen werden, die damit einer wissenschaftlich-logischen<br />
Bewertung entspricht.
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 141<br />
Entscheidungen über die Dienstleistungen zu treffen, die unter der Marke angeboten<br />
werden sollen. Entsprechend kann folgende Gestaltungshypothese<br />
formuliert werden:<br />
H 1 [Leitidee]:<br />
Erfolgreiche Marken für unsichtbare Dienstleistungen basieren auf<br />
einer strategischen Leitidee in Form einer relevanten Positionierung.<br />
4.2 Virtuelle Markenbildwelten als kognitive Verpackung<br />
Unsichtbare Dienstleistungen können, wie bereits ausgeführt, im Unterschied<br />
zu physischen Produkten vom Kunden weder mittelbar noch unmittelbar haptisch<br />
oder visuell wahrgenommen werden. Und im Unterschied zu interaktiven<br />
Dienstleistungen verfügen sie über keine visuellen und haptischen Ersatzkommunikatoren.<br />
Der eigentliche Markenträger bietet daher weder einen Ansatzpunkt<br />
zum Aufbau einer Markenbildwelt, noch eine Möglichkeit der - wie der<br />
Vergleich mit anderen Markenleistungen zeigt - wichtigen designtechnischen<br />
Differenzierung. Um dem Konsumenten unter diesen Umständen überhaupt einen<br />
Wahrnehmungszugang zu ermöglichen, muss die Marke selbst die Funktion<br />
einer „kognitiven Verpackung“ der Markenleistung übernehmen: Als<br />
alleiniger visueller Wahrnehmungsanker ist es die Aufgabe der Marke, ohne<br />
Unterstützung des Markenträgers eine virtuelle Markenbildwelt aufzuspannen,<br />
die dessen assoziative Verankerung in Form eines inneren Markenbildes im<br />
Gedächtnis des Konsumenten ermöglicht.<br />
Als zentrale Gestaltungs- und Visualisierungselemente einer solchen Markenbildwelt<br />
wurden im Rahmen der dargestellten <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Triade 229 zunächst<br />
- unabhängig von der der Markenbildung zugrunde liegenden Dienstleistung<br />
- Markenname, Markenzeichen und Dienstleistung beschrieben. Da<br />
allerdings aus den genannten Gründen die Möglichkeit entfällt, eine unsichtbare<br />
Dienstleistung für den Kunden wahrnehmbar zu gestalten, kann diese auch<br />
nicht als Schlüsselsignal der Marke fungieren. Wie ebenfalls gezeigt, können<br />
an dieser <strong>St</strong>elle strategisch geplante Schlüsselbilder eine zentrale Funktion<br />
zum Aufbau innerer Markenbilder übernehmen, die durch die Vermittlung emotionaler<br />
und informativer Assoziationen zur Dienstleistung Gedächtnisspuren<br />
über die Markenpositionierung hinterlassen. 230 Folgt man diesen Ausführungen,<br />
so sind Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild die zentralen Schlüsselsignale<br />
des virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>, die langfristig den Gesamteindruck<br />
des Konsumenten über die Dienstleistung und damit dessen Repräsentation in<br />
Form des inneren Markenbildes prägen (vgl. hierzu die zusammenfassende<br />
Abbildung C-32). Hieraus lässt sich folgende Gestaltungshypothese ableiten:<br />
229 Vgl. Abschnitt C 2.2.4.<br />
230 Vgl. Abschnitt C 3.3.3.
142 Kapitel C<br />
H 2 [Markenbildwelt]:<br />
Marken für unsichtbare Dienstleistungen sind um so erfolgreicher, je<br />
besser es ihnen gelingt, durch den Einsatz strategisch geplanter<br />
Schlüsselsignale (Markenname, Markenzeichen, Schlüsselbild) virtuelle<br />
Markenbildwelten zu erzeugen.<br />
4.3 Gestaltungskriterien für virtuelle Markenbildwelten<br />
Aus den bisherigen konzeptionellen Überlegungen, insbesondere aber auch<br />
aus der Markenumfeldanalyse im Telekommunikationsmarkt lassen sich verschiedene<br />
Anforderungskriterien für die Gestaltung virtueller Markenbildwelten<br />
ableiten. Da der komplexe Manifestationsmechanismus innerer Markenbilder<br />
sowie der Aufmerksamkeitswettbewerbs um kurze Kontaktzeiten eine kognitionspsychologisch<br />
hochwirksame Gestaltung der Schlüsselsignale erfordern,<br />
kann die Kommunikationseffizienz 231 als zentrales Gütekriterium virtueller<br />
Markenbildwelten angenommen werden. Und weil der unsichtbare Markenträger<br />
keinen Beitrag zum Aufbau visuellen Markenwissens leisten kann, ist es<br />
Aufgabe der virtuellen Markenbildwelt und deren Komponenten, die angestrebte<br />
Positionierung in kürzester Zeit in Form eines inneren Vorstellungsbildes im<br />
Gedächtnis des Konsumenten zu verankern. Für die Entwicklung der Markenbildwelt<br />
bzw. deren Schlüsselsignale kann die Notwendigkeit der Kommunikationseffizienz<br />
in Form der folgenden Gestaltungshypothesen präzisiert werden:<br />
H 3a [Integrationsgrad]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um<br />
so kommunikationseffizienter, je höher der inhaltliche und formale<br />
Integrationsgrad der Schlüsselsignale ist.<br />
H 3b [Positionierungsbeitrag]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um<br />
so kommunikationseffizienter, je höher der Beitrag der einzelnen<br />
Schlüsselsignale zur Vermittlung der Positionierung ist.<br />
H 3c [Selbsterklärungsgrad]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um<br />
so kommunikationseffizienter, je höher der Selbsterklärungsgrad der<br />
einzelnen Schlüsselsignale ist.<br />
Gleichzeitig implizieren die wettbewerbsbedingten Schwierigkeiten des Erreichens<br />
einer leistungsbezogenen Alleinstellungsposition sowie die raschen Innovations-<br />
und Veränderungsprozesse außerhalb und innerhalb des marken-<br />
231 Eine virtuelle Markenbildwelt ist dann kommunikationseffizient, wenn es ihr gelingt, a) in kürzerer<br />
Zeit als eine andere Markenbildwelt ein relevantes inneres Markenbild im Gedächtnis des Rezipienten<br />
zu generieren oder b) in gleicher Zeit ein nachhaltigeres inneres Markenbild als eine andere Markenbildwelt<br />
zu generieren. Vgl. hierzu Langner 2003, der (Kommunikations-)Effizienz als kognitiven<br />
Zeitaufwand eines Rezipienten zur Interpretation einer Positionierung bezeichnet (S. 14 sowie S. 146).
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 143<br />
führenden Dienstleistungsunternehmens die Notwendigkeit sowohl der kreativen<br />
Gestaltung wie auch der flexiblen Einsatzmöglichkeiten virtueller Markenbildwelten.<br />
232 Entsprechend lassen sich für die Entwicklung der Markenbildwelt<br />
bzw. der Schlüsselsignale folgende ergänzenden Gestaltungshypothesen formulieren:<br />
H 3d [kreative Profilierung]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um<br />
so kommunikationseffizienter, je höher der eigenständige Beitrag<br />
der Markenbildwelt zu einer kreativen Profilierung ist.<br />
H 3e [Flexibilität]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um<br />
so kommunikationseffizienter, je flexibler ihre Einsatzmöglichkeiten<br />
im Rahmen der Markenkommunikation sind.<br />
4.4 Markenbildwelt und Markenkommunikation<br />
Abschließend stellt sich die Frage nach der Rolle und Funktion (ergänzender)<br />
Maßnahmen der Markenkommunikation sowie nach den Anforderungskriterien<br />
für ihre Gestaltung. Zu den traditionellen Maßnahmen der Markenkommunikation<br />
gehören Slogans, Werbekampagnen, der Einsatz von Testimonials, Sponsoring-Aktivitäten<br />
und ähnliche Maßnahmen, die neben der Markenbildwelt zu<br />
einer Verstärkung des Markeneindrucks beitragen können. Auch in diesem Zusammenhang<br />
bewirkt die Unsichtbarkeit der Markenleistung eine wesentliche<br />
Problematik hinsichtlich der markenbildbezogenen Wirkungseffizienz dieser<br />
Maßnahmen, da etwa Testimonials in der Werbung nicht als An- oder Verwender<br />
eines physischen Produkts gezeigt werden können. 233 Um unter diesen<br />
Umständen eine nachhaltige Markenverankerung zu unterstützen, ist eine formale<br />
und inhaltliche Integration in die virtuelle Markenbildwelt erforderlich. Daher<br />
lässt sich für die Planung, Gestaltung und den Einsatz ergänzender<br />
Kommunikationsmaßnahmen folgende Gestaltungshypothese formulieren:<br />
H 4a [Integration der Markenkommunikation]:<br />
Maßnahmen der Markenkommunikation sind um so kommunikationseffizienter,<br />
je besser sie formal und inhaltlich in die virtuelle Markenbildwelt<br />
integriert sind.<br />
Eine weitere Konsequenz aus der Unsichtbarkeit von Dienstleistungen besteht<br />
darin, das "Design" der Leistung nicht kommunikationswirksam variieren zu<br />
können. Während etwa Umgestaltungen von traditionellen Markenprodukten<br />
232 Vgl. hierzu Kapitel B 4.2.<br />
233 Die Wirkungseffizienz des Einsatzes von Testimonials oder Slogans in der Werbung ist etwa<br />
dann zu hinterfragen, wenn der Konsument bei getrennter Wahrnehmung der Markenleistung<br />
und des Testimonials (oder Slogans) dem Testimonial (oder Slogan) nicht die beworbene Markenleistung<br />
zuordnen kann und vice versa.
144 Kapitel C<br />
oder deren Verpackungen häufig dem Zweck dienen, einen Kommunikationsanlass<br />
zu kreieren und bestimmte Facetten der Positionierung zu dramatisieren<br />
(beispielsweise den Selbstanspruch der Innovationsfähigkeit), bieten<br />
unsichtbare Dienstleistungen hierzu keine Gelegenheit. Es ist daher davon<br />
auszugehen, dass die notwendige Aktualisierung und Dramatisierung der Marken<br />
beziehungsweise der Markenbildwelt durch den thematisch zielgerichteten<br />
Einsatz ergänzender Kommunikationsmaßnahmen erfolgen muss. Hieraus<br />
lässt sich abschließend folgende Gestaltungshypothese ableiten:<br />
H 4b [Funktion der Markenkommunikation]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um<br />
so kommunikationseffizienter, je mehr die Maßnahmen der Markenkommunikation<br />
zur Aktualisierung und Dramatisierung konnotativer<br />
und denotativer Positionierungsattribute beitragen.<br />
<strong>St</strong>imulus Organism Response<br />
Marke für<br />
unsichtbare<br />
Dienstleistungen<br />
Virtuelle Markenbildwelt<br />
Markenzeichen<br />
Markenname<br />
Schlüsselbild<br />
Maßnahmen der<br />
Markenkommunikation<br />
<strong>Service</strong>-<br />
Brand-<br />
Power<br />
visuelles<br />
Markenwissen<br />
verbales<br />
Markenwissen<br />
Markenverhalten<br />
Preis<br />
Kommunikation<br />
Leistung<br />
Distribution<br />
Personal<br />
Prozess<br />
Zukunft<br />
Abb. C-32: Kognitionspsychologisches Wirkungsmodell des virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Zusammenfassend zeigt Abbildung C-32 die Gestaltungsvariablen des <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> im Rahmen des kognitionspsychologischen Wirkungsmodells für unsichtbare<br />
Dienstleistungen. Die Darstellung verdeutlicht nochmals die inner-
Konzeptionelle Grundlagen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 145<br />
halb des Hypothesengerüsts beschriebene Funktion der virtuellen Markenbildwelt<br />
sowie der ergänzenden Maßnahmen der Markenkommunikation als Inputfaktoren<br />
des Modells, die auf Basis einer entsprechenden Positionierungsstrategie<br />
sowie unter Berücksichtigung der Kriterien der Kommunikationseffizienz<br />
mit dem Ziel des Aufbaus innerer Markenbilder zu entwickeln sind. Im<br />
Vergleich zum allgemeinen Wirkungsmodell des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 234 entfällt<br />
hierbei die Darstellung der Wahrnehmungsphasen, da unsichtbare Dienstleistungen<br />
in der Phase der Leistungserstellung aus den genannten Gründen<br />
keinen Beitrag zum Aufbau visuellen Markenwissens leisten und die virtuelle<br />
Markenbildwelt daher als <strong>St</strong>imulus nur außerhalb der Leistungserstellung in<br />
den Phasen der Leistungserwartung und Leistungserinnerung wirkt.<br />
Die Überprüfung der Frage, inwieweit diese hypothetisch beschriebenen Elemente,<br />
Funktionen und Zusammenhänge in der Praxis eine Rolle spielen, wird<br />
Aufgabe der folgenden empirischen Fallstudienforschung sein.<br />
234 Vgl. Abb. C-23.
146 Kapitel C
D Fallstudien:<br />
Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis<br />
Am Beispiel des deutschen Telekommunikationsmarktes fokussiert das Kapitel<br />
als empirisch-prüfender Teil der Arbeit die Umsetzung des virtuellen <strong>Service</strong><br />
<strong>Branding</strong> in der Praxis. Im Mittelpunkt steht die qualitativ-empirische Untersuchung<br />
der Markenauftritte ausgewählter Telekommunikationsdienstleister sowie<br />
- als branchenübergreifende Beispiele für weitere Vertreter unsichtbarer<br />
Dienstleistungen - zweier Energiedienstleister, die vor dem Hintergrund der<br />
zuvor evaluierten Hypothesen strukturiert und analysiert werden. Neben der<br />
Gewinnung von ergänzenden, auch zur situativen Relativierung geeigneten Erkenntnissen<br />
besteht die Zielsetzung der Mehr-Fallforschung darin, die konzeptionell<br />
entwickelten Gestaltungshypothesen auf Basis einer abschließenden<br />
fallübergreifenden Cross-Case-Analyse zu beurteilen, um eine solide Grundlage<br />
für die Ableitung anwendungsorientierter Handlungsempfehlungen zu schaffen.<br />
1. Auswahl und Aufbau der Fallstudien<br />
Die Auswahl der acht Fallobjekte (Abb. D-1) erfolgte nach verschiedenen<br />
Kriterien. Zunächst wurden durch die Wahl der sechs neuen 1 Telekommunikationsdienstleister<br />
die drei Anbietergruppen des Telekommunikationsmarktes<br />
(Festnetzbetreiber, Mobilfunknetzbetreiber, <strong>Service</strong> Provider) 2 umfassend abgedeckt<br />
und in den jeweiligen Segmenten zugleich die marktführenden unter<br />
den alternativen Anbietern ausgewählt (Arcor, Vodafone, debitel). Ein weiteres<br />
Kriterium bestand in der Berücksichtigung der unterschiedlichen Historie der<br />
jeweiligen Marken: Während einige Anbieter bereits seit der Öffnung ihres jeweiligen<br />
Segments operativ tätig waren und zum Teil erst in der Entfaltung des<br />
späteren Massenmarktes als Marke aufgebaut wurden (debitel, E-Plus, mobilcom),<br />
stand der Eintritt anderer Anbieter in den deutschen Telekommunikationsmarkt<br />
bereits unter dem Vorzeichen des bewussten Markenaufbaus (Arcor,<br />
Vodafone, O2). Dabei stehen Vodafone und O2 zugleich als exemplarische<br />
Beispiele für Markenmigrationen 3 durch Firmenübernahmen, deren Analysen<br />
zugleich interessante Erkenntnisse bezüglich des Aspekts der Internationalisie-<br />
1 Unter neuen oder alternativen Anbietern sind auf liberalisierten Märkten die Herausforderer des<br />
Ex-Monopolisten zu verstehen. Aufgrund zahlreicher Besonderheiten, die den Ex-Monopolisten<br />
zwar als Einzelfall, nicht aber als Beispielfall zur Ableitung übergreifender Handlungsempfehlungen<br />
interessant erscheinen lassen, wird auf dessen Betrachtung verzichtet (vgl. Kapitel B 2.1.1).<br />
2 Vgl. Kapitel B 1.4.<br />
3 Vgl. Esch 2004, S. 211.
148 Kapitel D<br />
rung versprechen. Während die übrigen Anbieter auf den deutschen Markt<br />
ausgerichtet sind oder waren, wurden die Marken Vodafone und O2 im Rahmen<br />
eines globalen bzw. europaweiten <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> auf den deutschen<br />
Markt übertragen.<br />
Zur Analyse branchenübergreifender Fallbeispiele wurde der hart umkämpfte<br />
Markt für Energiedienstleistungen fokussiert. Vor dem Hintergrund der Problemstellung<br />
sowie der konzeptionellen Ergebnisse stellt sich dieser Markt<br />
ebenfalls als interessanter Kontext zur Untersuchung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> für<br />
unsichtbare Dienstleistungen dar. Mit den Unternehmen Yello <strong>St</strong>rom und E.ON<br />
wurden dabei zwei Anbieter mit unterschiedlicher Ausgangssituation gewählt,<br />
die in jüngster Zeit mit aggressiven <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-<strong>St</strong>rategien für Aufsehen<br />
sorgten.<br />
Die <strong>St</strong>ruktur der Fallstudien orientiert sich an den evaluierten Gestaltungshypothesen<br />
(Abb. D-1): Einem jeweiligen Kurzporträt des Unternehmens<br />
schließt sich die Analyse der strategischen Positionierung als Ausgangsbasis<br />
des virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> an, gefolgt von der Analyse der Markenbildwelt<br />
sowie exemplarischer Maßnahmen der Markenkommunikation. Die Fallstudien<br />
schließen mit einer Kurzbeurteilung, die im Rahmen der anschließenden fallübergreifenden<br />
Cross-Case-Analyse anhand einzelner Aspekte der Kommunikationseffizienz<br />
weiter vertieft wird.<br />
Unter-<br />
Fall Branche<br />
<strong>St</strong>ruktur der Fallstudien<br />
nehmen<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
Arcor<br />
debitel<br />
E-Plus<br />
mobilcom<br />
O2 O2<br />
Vodafone<br />
Yello <strong>St</strong>rom<br />
E.ON<br />
TK<br />
TK<br />
TK<br />
TK<br />
TK<br />
TK<br />
Energie<br />
Energie<br />
Abb. D-1: Auswahl und Aufbau der Fallstudien<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
Kurzporträt Unternehmen<br />
Analyse Markenpositionierung<br />
Analyse virtuelle Markenbildwelt<br />
Fallweise Darstellung der Entwicklung und des<br />
Einsatzes virtueller Markenbildwelten und deren<br />
Kernelemente<br />
Analyse Markenkommunikation<br />
Fallweise Darstellung exemplarischer Maßnahmen<br />
Kurzbewertung<br />
Fallübergreifende Cross-Case-Analyse
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 149<br />
2. Erhebung der Fallstudien<br />
2.1 Arcor: Markenpionier im Festnetzsegment<br />
2.1.1 Das Unternehmen im Kurzprofil<br />
Die heutige Arcor AG & Co, 1997 als Mannesmann Arcor von CNI Communications<br />
Network International und der Bahn-Tochter DBKom gegründet, startet<br />
nach der Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes am 1.<br />
Januar 1998 in das Privatkundengeschäft. Seitdem trägt Arcor seinen heutigen<br />
Namen.<br />
Kurzprofil<br />
Unternehmen<br />
Gesellschafter<br />
Marktstart<br />
Tochterunternehmen/<br />
Beteiligungen<br />
Geschäftszweck<br />
Zielgruppe<br />
Geschäftsfelder/<br />
Dienstleistungsangebot<br />
Kennzahlen 2003/2004<br />
Vertrieb<br />
Abb. D-2: Arcor: Kurzprofil<br />
Arcor AG & Co., Eschborn<br />
Vodafone Group Plc (74%)<br />
Deutsche Bahn AG (18%)<br />
Deutsche Bank AG (8%)<br />
Januar 1998 (als Mannesmann Arcor)<br />
ISIS Multimedia Net GmbH & Co. KG<br />
Netcom Kassel Gesellschaft für Telekommunikation mbH<br />
Festnetzbetreiber:<br />
Anbieter von Sprach-, Internet- und Datendienstleistungen über ein<br />
eigenes, bundesweit flächendeckendes Sprach- und Datennetz (ca. 22.000<br />
km Glasfaserkabel)<br />
Privat- und Geschäftskunden<br />
Privatkunden:<br />
Arcor-ISDN/ DSL<br />
Arcor-Preselect (feste Voreinstellung) und Arcor-Call by Call<br />
Arcor-Internet by Call<br />
Onlinedienste (arcor.de)<br />
Video on Demand<br />
Arcor JuniorNet (Internetzugang für Kinder)<br />
Telefonauskunft 11 888<br />
Geschäftskunden:<br />
ISDN<br />
Telefonkonferenzen und <strong>Service</strong>rufnummern<br />
flexible Bandbreiten für Internet-Zugänge<br />
komplexe Internet- und Intranet- Lösungen für Unternehmen.<br />
Umsatz: Umsatz: 1,4 Mrd. Mrd. EUR EUR<br />
Kunden: 7,2 Mio.<br />
Mitarbeiter: 3.930<br />
Arcor<br />
Direktvertrieb: Eigener Vertrieb über 9 Regionen (Berlin, Dresden,<br />
Hamburg, Hannover, Essen, Köln, Frankfurt am Main, <strong>St</strong>uttgart, München)<br />
Indirekter Vertrieb: Kooperationen mit Distributoren, Fachhändlern etc.<br />
Nach der Übernahme und späteren Integration des Festnetzbetreibers o.tel.o<br />
1999 bzw. 2001 wird Mannesmann seinerseits 2001 von Vodafone übernommen.<br />
Über ein eigenes bundesweit flächendeckendes Sprach- und Datennetz<br />
bietet das Unternehmen seinen 7,2 Millionen Privat- und Geschäftskunden ein
150 Kapitel D<br />
breites Spektrum an Telekommunikationsdienstleistungen im Festnetz- und Internetzugangsbereich<br />
(Abb. D-2). Mit einem Gesamtumsatz von ca. 1,4 Milliarden<br />
EUR (2003) und einem Marktanteil von 5,4 Prozent hat sich die Vodafone-<br />
Tochter mittlerweile als erfolgreichster Herausforderer der Deutschen Telekom<br />
im Festnetzbereich etabliert. 4<br />
2.1.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke Arcor<br />
Die Entwicklung und der Aufbau der Anfang 1997 entstandenen Marke Arcor<br />
erfolgt im Rahmen einer unternehmensstrategischen Gesamtplanung im Auftrag<br />
des Vorstands: „Wir brauchen schnellstens einen neuen Namen für das<br />
Joint-Venture von DBKom und CNI, der kundenorientiert ist, glaubwürdig und<br />
kompetent klingt und die neue Dienstleistung „greifbar“ macht. Darüber hinaus<br />
muss der Name international einsatzfähig und juristisch schutzfähig sein.“ 5 In<br />
der Gründungsphase verfügt Mannesmann mit D2 bereits seit 1991 über einen<br />
„hervorragend eingeführten Brand, der für hohe Qualität und Zuverlässigkeit im<br />
Mobilfunk steht.“ Das Festnetz solle mit einer neuen, eigenständigen und ergänzenden<br />
Marke angegangen werden, die sich damit eindeutig auf ein Segment<br />
konzentriert, zugleich aber durch eine formale Anlehnung an D2<br />
Synergieeffekte in Form eines positiven Imagetransfers nutzt. Die Zwei-<br />
Marken-<strong>St</strong>rategie diene dabei zur effizienteren Bearbeitung unterschiedlicher<br />
Zielgruppensegmente. In der Gründungsphase fokussiert D2 intensiv die Zielgruppe<br />
„Youngster“, die im Bereich Festnetz noch keine Rolle spielt. „Hier sind<br />
also unterschiedliche Marketingfokussierungen bzw. Geschäftsausrichtungen<br />
erforderlich, die durch separate Unternehmen bzw. Konzerneinheiten einfach<br />
besser zu leisten sind.“ 6 Auch nach der Übernahme des Mannesmann-<br />
Konzerns durch Vodafone wird diese Doppelstrategie mit den Marken Vodafone<br />
(D2) und Arcor beibehalten. Arcor ist positioniert als engagierter Anbieter<br />
von kunden- und zukunftsorientierten Telekommunikationsdienstleistungen und<br />
steht damit gleichermaßen für Kompetenz, Größe, Dynamik und Kundennähe<br />
im deutschen Festnetz. 7<br />
2.1.3 Entwicklung der virtuellen Arcor-Markenbildwelt 8<br />
Der Ausgangspunkt des Markenauftritts ist die Entwicklung eines geeigneten<br />
Markennamens gewesen. Mit dieser Aufgabe wurde eine Namensagentur 9 betraut,<br />
die mit Hilfe von Computerprogrammen und Datenbanken über 10.000<br />
Markennamen ableitete, von denen in einem mehrstufigen Auswahlverfahrens<br />
schließlich der Kunstname Arcor ausgewählt wurde. Mit der völlig neuen Namenskreation<br />
werde das Ziel verfolgt, eine Marke neu aufladen und mit Image<br />
4 Vgl. Arcor 2004; Fiutak 2003.<br />
5 Nomen International Deutschland 2004.<br />
6 Kögler 1999, Expertengespräch.<br />
7 Vgl. Mihatsch 1997, S. 1.<br />
8 Vgl. zu diesem Kapitel Arcor 1997; Kögler 1999, Expertengespräch.<br />
9 Die Entwicklung des Markennamens erfolgte durch die Düsseldorfer Namensagentur Nomen.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 151<br />
besetzen zu können, um die Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit der Marke<br />
zu sichern. Neben formalen Anforderungen wie internationale Einsatzfähigkeit,<br />
Internetfähigkeit (Domain-Name) oder markenrechtliche Schutzfähigkeit<br />
solle der Name aus nicht mehr als drei Silben bestehen und Assoziationen zu<br />
Partnerschaft, Leistung und Kommunikation wecken. Auf einen typischen „Telekommunikationsnamen“,<br />
etwa mit den Silben „tel“, „kom“ oder „com“, wird<br />
ebenso bewusst verzichtet wie auf die Benutzung des Buchstaben T (Telekom).<br />
Der harte, aber harmonische Wortklang soll die Markenattribute Dynamik,<br />
<strong>St</strong>ärke und Größe unterstützen. Inhaltlich ist der Name an das<br />
französische arc d’or angelehnt, symbolisiert und spannt somit auch „den goldenen<br />
Bogen zum Kunden“. Bei der Gestaltung des Markenzeichens (Abb. D-<br />
3) stand die damalige Markenschwester D2 Pate. Die gewünschte Anlehnung<br />
an die zum Zeitpunkt der Entwicklung Arcor’s bereits seit sieben Jahren bestehende<br />
Marke erfolgt formal über die gleiche Farbgebung im Rahmen der<br />
Wortmarke sowie der Werbung: Die Grundfarbe beider Markenschriften ist<br />
blau, die Wiedererkennung zur D2 Wortmarke wird durch die Verwendung des<br />
„roten Telefonhörers“ über dem Buchstaben „R“ der Wortmarke Arcor (bzw. der<br />
Ziffer „2“ der Wortmarke D2) gewährleistet. Das Arcor-Markenzeichen bleibt<br />
auch nach der Trennung von D2 und der Übernahme durch Vodafone bis heute<br />
unverändert.<br />
„the telephone<br />
people“<br />
Arcor<br />
Abb. D-3: Arcor: Schlüsselsignale der Marke (Name, Zeichen, Schlüsselbild („Rotschopf“), Claim)
152 Kapitel D<br />
2.1.4 Kommunikation der Marke<br />
Ein Schlüsselbild für Arcor ist erst in einem weiteren Schritt, nämlich im Rahmen<br />
der ersten Markenkommunikation und damit unabhängig von der Entstehung<br />
und Gestaltung des Namens und des Logos, entwickelt worden:<br />
Rothaarige telephone people werden seit der Einführungsphase prägnant als<br />
Erkennungszeichen der Marke eingesetzt (Abb. D-3, D-4). 10 Formal angelehnt<br />
an den roten Telefonhörer des Markenzeichens sollen sie für Kundennähe und<br />
Kompetenz des Anbieters stehen und damit einen assoziativen Gegenpol zum<br />
anonymen Ex-Monoplisten schaffen. Abgerundet wird die Markenbildwelt durch<br />
den langzeitigen Einsatz des Claims „Arcor the telephone people“, der nochmals<br />
die kundenorientierte Ausrichtung der Marke verbal unterstreicht.<br />
Abb. D-4: Arcor: Werbekampagnen1998 (oben: Markteinführung), 2001 (DSL), 2003 (DSL-Flatrate)<br />
Während die Markensignale in den Kampagnen der Markeneinführung primär<br />
zur Vermittlung differenzierender Imageeigenschaften eingesetzt worden sind,<br />
dienen die telephone people in weiteren Kampagnen vorrangig als Wiedererkennungsfaktor<br />
und Kommunikationsplattform zum Transport leistungs- beziehungsweise<br />
nutzenorientierter Werbeaussagen (Abb. D-4). Seit dem Jahr 2000<br />
wird zudem der Claim „enjoy communication“ eingesetzt, der ebenfalls auf leistungsnutzenbezogene<br />
Aspekte der Positionierung abhebt.<br />
10 Die Entwicklung der „Rotschopf-Kampagne“ erfolgte durch die Hamburger Werbeagentur Töpfer<br />
Grenville Crone.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 153<br />
Neben der klassischen Werbung (Print, TV, Hörfunk) sowie der Presse- und<br />
Öffentlichkeitsarbeit spielen Below-The-Line-Maßnahmen eine weitere Rolle in<br />
der Markenkommunikation. Seit seiner Gründung ist das Unternehmen vor allem<br />
im Sportsponsoring aktiv und fungiert, neben Engagements im Automobilsport<br />
und Eishockey, seit September 2001 als Hauptsponsor des Fußball-<br />
Bundesligisten Hertha BSC Berlin. Aufgrund der publikumsbreiten Wirkung<br />
sowie der Eigenschaften als dynamische und wettbewerbsorientierte Sportart<br />
genießt Fußball eine allgemein hohe Attraktivität als Werbeträger und Kommunikationsvermittler.<br />
11 In einer offiziellen Begründung hat Arcor-Vorstandsmitglied<br />
THIEMANN darauf hingewiesen, dass Arcor (blau-rot) und Hertha (blauweiß)<br />
von ihren Farben her sehr gut zusammenpassten und sich die „Teams“<br />
als größter Konkurrent der Telekom im Festnetz bzw. als Verfolger der Bundesliga-Spitze<br />
jeweils in der Rolle des Herausforderers befänden. 12<br />
2.1.5 Kritische Kurzbewertung<br />
Arcor gehört - neben dem in Arcor aufgegangenen Festnetzanbieter o.tel.o - zu<br />
den Markenpionieren der Telekommunikationsbranche. Eine Bewertung des<br />
Arcor-<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> aus heutiger Sicht sollte daher auch unter Berücksichtigung<br />
der Umfeldsituationen zum Zeitpunkt der Entwicklung erfolgen. Vor diesem<br />
Hintergrund baut die Marke Arcor auf einer weitgehend integrierten und<br />
innovativen Markenbildwelt auf: Vor allem das langzeitig eingesetzte Schlüsselmotiv<br />
„Rotschopf“ sowie der unterstützende Claim „telephone people“ verkörpern<br />
mit visueller Kraft zentrale emotionale Werte der Positionierung und<br />
leisten einen nachhaltigen Beitrag zum Aufbau eines inneren, differenzierenden<br />
Markenbilds. Allerdings ist aus Sicht der konzeptionellen Überlegungen dieser<br />
Arbeit zu kritisieren, dass sich dieses visuelle Kernelement der Markenbildwelt<br />
nicht aus der Marke bzw. einer Markenidee selbst heraus ergibt, sondern erst<br />
im Rahmen einer kreativen Kommunikationsidee entwickelt wurde: Insofern ist<br />
eine mangelnde inhaltliche Integration von Markennamen und -zeichen auf der<br />
einen und Schlüsselbild auf der anderen Seite festzustellen, wenngleich diese<br />
Elemente aufgrund der Farbgebung eine formale Beziehung zueinander aufweisen.<br />
Im Ergebnis aber verkörpert der Markenname Arcor originär weder eine<br />
Idee, noch unterstützt er den Aufbau eines inneren Markenbildes, sondern<br />
wird erst durch eine kreative, nicht zwingend vorhandene Kommunikationsidee<br />
aufgeladen. Mit anderen Worten: Nicht die Marke, sondern die Markenkommunikation<br />
bestimmt den visuellen Markenauftritt. Wenngleich dies im vorliegenden<br />
Fall erfolgreich gelungen scheint, bleibt festzuhalten, dass es sich hierbei<br />
nicht um das Resultat eines integrierten <strong>Branding</strong> Prozesses handelt, was unter<br />
dem in den Hypothesen postulierten Aspekt der Kommunikationseffizienz<br />
einer Marke mit gewissen Risiken behaftet sein kann (defizitäre Markenwirkung,<br />
Abhängigkeit von Werbeagentur etc.).<br />
11 Kicker Sportmagazin 2002, S. 18.<br />
12 Vgl. Thiemann 1999.
154 Kapitel D<br />
2.2 debitel: Vom Unternehmensnamen zum Markennamen<br />
2.2.1 Das Unternehmen im Kurzprofil<br />
debitel wird 1991 als Gemeinschaftsunternehmen der heutigen DaimlerChrysler-<strong>Service</strong>s<br />
(debis) sowie der Metro Holding AG gegründet, um als private und<br />
netzunabhängige Telefongesellschaft Mobilfunkdienste zu vermarkten. 13 Seit<br />
der Liberalisierung des deutschen Festnetzmarktes im Januar 1998 bietet debitel<br />
ergänzend innovative Dienste und Anwendungen im Festnetz- und Internet<br />
an. Mit rund 10 Millionen Kunden und eigenen Gesellschaften in<br />
Frankreich, Dänemark, Slowenien und den Niederlanden ist debitel der größte<br />
netzunabhängige <strong>Service</strong> Provider Europas und der drittgrößte Mobilfunkanbieter<br />
Deutschlands. 14<br />
Kurzprofil<br />
Unternehmen<br />
Gesellschafter<br />
Marktstart<br />
Tochterunternehmen/<br />
Beteiligungen<br />
Geschäftszweck<br />
Zielgruppe<br />
Geschäftsfelder/<br />
Dienstleistungsangebot<br />
Kennzahlen 2003/2004<br />
Vertrieb<br />
Abb. D-5: debitel: Kurzprofil<br />
debitel AG, <strong>St</strong>uttgart<br />
Permira (96%)<br />
free float (4%)<br />
Januar 1992<br />
debitel Nederland B.V.<br />
debitel France S.A.<br />
debitel Danmark A/S<br />
debitel Telekomunikacije, d.d. Ljubljana<br />
debitel Espana S.A<br />
debitel Austria Kommunikationstechnik GmbH<br />
debitel Vertriebs GmbH<br />
debitel Multimedia GmbH<br />
Dangaard Telecom Holding A/S<br />
Midray GmbH<br />
paybox.net AG<br />
jamba! AG<br />
<strong>Service</strong> Provider (ohne eigenes Netz)<br />
Privat- und Geschäftskunden<br />
Konvergenzprodukte aus<br />
Mobilfunk<br />
Festnetz<br />
Internet<br />
Umsatz: 3,0 Mrd. EUR<br />
Kunden: 10,3 Mio.<br />
Mitarbeiter: 3.100<br />
debitel<br />
Direktvertrieb über ca. 100 debitel-Center<br />
Ca. 6000 Verkaufsstellen über Vertriebspartner in Fachhandel und Großfläche<br />
(Media Markt, Saturn, METRO, Kaufhof etc.)<br />
Nach dem Börsengang 1999 wird debitel im gleichen Jahr von der Swisscom<br />
AG durch Erwerb der Aktienmehrheit übernommen. Im April 2004 wiederum<br />
13 Vgl. debitel 1999b, S. 17.<br />
14 Vgl. debitel 2003a, S. 5 f.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 155<br />
kauft die luxemburgische, von dem europäischen Private Equity-Unternehmen<br />
Permira gesteuerte Telco Holding S.à.r.l. die Swisscom-Anteile und ist seitdem<br />
mit 96 Prozent Mehrheitsaktionär.<br />
Als selbständig agierendes Unternehmen nutzt debitel die Kapazitäten der<br />
Netzbetreiber D1, D2 und E-Plus, um deren Produktpalette anzubieten und eigene<br />
Produkte und Dienste zu entwickeln. debitel investiert nicht in Netze,<br />
sondern konzentriert sich auf seine Kernkompetenzen: das Angebot mobiler<br />
und multimedialer Dienste über ein mit rund 6000 Verkaufsstellen außerordentlich<br />
dichtes Vertriebsnetz. Heute sieht sich das Unternehmen als Enhanced<br />
<strong>Service</strong> Provider (ESP), als „Anbieter ausgereifter Mehrwert-Dienstleistungen<br />
rund um die Telekommunikation“. 15 Ziel ist es, dieses bei der Mobilfunkgeneration<br />
GSM erfolgreiche Geschäftsmodell weiter auszubauen und auf UMTS zu<br />
übertragen. Damit sichere sich das Unternehmen seine Teilnahme an diesem<br />
Zukunftsmarkt, ohne die erheblichen finanziellen Belastungen für Lizenzgebühren<br />
und Netzinfrastruktur tragen zu müssen. Mit den wichtigsten deutschen<br />
UMTS-Netzbetreibern Vodafone D2, T-Mobile und E-Plus hat debitel Verträge<br />
abgeschlossen, die den Zugang zu UMTS langfristig gewährleisten. 16<br />
2.2.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke debitel<br />
Die Marke debitel gehört - ähnlich wie Arcor auf dem Festnetzmarkt - zu den<br />
Pionieren des Mobilfunksegments. Gegründet als strategisches Geschäftsmodell,<br />
vereint das Unternehmen in der Anfangsphase die exzellente Managementkompetenz<br />
des damaligen Daimler-Benz-Konzerns mit der umfassenden<br />
Vertriebskompetenz der Metro-Gruppe und profitiert von dieser entscheidenden<br />
Weichenstellung bis heute. In dieser frühen Marktphase, in der mobile<br />
Kommunikation noch keine Selbstverständlichkeit ist, fokussiert das Unternehmen<br />
primär das Business-Segment. Die Themen Marke und Positionierung<br />
spielen daher noch bis Ende der 90er Jahre eine gänzlich untergeordnete, von<br />
debitel möglicherweise unterschätzte Rolle.<br />
Vor dem Hintergrund einer bis dahin undifferenzierten und unklar positionierten<br />
Marke mit geringer Bekanntheit ändert debitel „im Hinblick auf zukünftige<br />
Marktveränderungen“ im Jahr 2000 seine Positionierungsstrategie. 17 Das Ziel<br />
bestehe darin, aufgrund der zunehmenden Sättigungstendenzen des Mobilfunkbereichs<br />
und des hieraus entstehenden Verdrängungswettbewerbs neben<br />
15 debitel 2003a, S. 5.<br />
16 Vgl. Swisscom 2003, S. 38 f.<br />
17 debitel 2001, S. 11. Nach eigenen Angaben verfügte debitel Ende 2000 noch immer über einen<br />
„sich stabilisierenden“ Bekanntheitsgrad von 50 Prozent in der Gesamtbevölkerung und von rund<br />
66 Prozent in der fokussierten Zielgruppe der 14 bis 49jährigen (vgl. a.a.O.). Nach einer Untersuchung<br />
von TNS emnid verfügen die Netzbetreiber bei deutschen Mobilfunknutzern ab 14 Jahren<br />
über eine signifikant höhere Bekanntheit (gestützte Erinnerung T-D1: 97%; Vodafone D2: 97<br />
%; E-Plus: 96%; Viag Interkom: 88%) als <strong>Service</strong> Provider (gestützte Erinnerung Talkline: 50%).<br />
Vgl. hierzu Zütphen 2002, S. 23.
156 Kapitel D<br />
der Akquisition lukrativer Kunden die emotionale Bindung bestehender Kunden<br />
zu erhöhen. Nach Angaben ihres Vorstandsvorsitzenden Peter Wagner investiere<br />
debitel folglich „massiv in den Aufbau einer differenzierenden und klar positionierten<br />
Marke“ 18 . Im Ergebnis solle debitel als Dienstleistungsmarke<br />
etabliert und im Wettbewerb, insbesondere unter den Netzbetreibern, differenziert<br />
wahrgenommen werden können. Diese Differenzierung solle über die Positionierung<br />
der debitel als „objektiver Kommunikationsexperte“ erreicht<br />
werden, welche die Marktstellung als netzunabhängiger Anbieter unterstreiche.<br />
Entsprechend wird die Soll-Positionierung debitels auf die leistungsbezogenen<br />
Attribute unabhängig, kompetent („best in class“), objektiv und international,<br />
aber auch auf die emotionalen Konnotationen kundenorientiert und sympathisch<br />
ausgerichtet. 19<br />
2.2.3 Entwicklung des Auftritts der Marke debitel<br />
Zur Umsetzung dieser Repositionierung wird im September 2000 eine neue<br />
Kommunikationsstrategie entwickelt. Der Ausgangspunkt des Markenauftritts<br />
bleibt der unveränderte Markenname sowie das bestehende Markenzeichen,<br />
dass nunmehr farblich konstant kommuniziert wird. Der Markenname resultiert<br />
aus der Gründungsphase und gibt mit den Silben „debi“ (debis) und „tel“ einen<br />
Hinweis auf Herkunft und Branche des Unternehmens. Zur werblichen Inszenierung<br />
und zur Vermarktung von debitel-Dienstleistungen kommt die schwarzgrüne<br />
Wortbildmarke mit dem Claim „Kommunikation ist alles“ zum Einsatz.<br />
Zur Präsentation des Unternehmens, beispielsweise auf Messen, in Halbjahresversammlungen<br />
oder auf Geschäftspapieren, kommt allein das Logo zum<br />
Einsatz. Das Markenzeichen ist seit Unternehmensgründung nahezu unverändert,<br />
wurde aber in der Vergangenheit formal flexibler kommuniziert, beispielsweise<br />
auf blauem Grund. 20<br />
Als Schlüsselbild der neuen Markenkommunikation fungiert eine Schlüsselsituation,<br />
in der sich jeweils in schwarzweiß zwei oder mehr Personen in einer<br />
stilisierten Bildwelt mit grünem Bildvordergrund unterhalten (Abb. D-6): Das<br />
Schlüsselbild wird somit zum zentralen visuellen Element des Markenauftritts<br />
und stellt aufgrund der Farbwahl eine formale Verbindung zur Wortmarke her.<br />
Die Positionierung der debitel soll so „mit kurzen, klaren, sympathischen und<br />
humorvollen Dialogen vermittelt werden. Denn, wenn es um Kommunikation<br />
geht, solle auch das Gespräch im Mittelpunkt der Werbung stehen.“ 21 Vorherige<br />
Visualisierungsversuche gehören damit der Vergangenheit an: Hier wurden<br />
die Wortbildmarke auf einer Telefonkarte abgebildet oder Menschen, insbesondere<br />
Mitarbeiter, mit einer debitel-Telefonkarte gezeigt<br />
18 debitel 2001, S. 6.<br />
19 Vgl. debitel 2001, S. 11.<br />
20 Vgl. hierzu exemplarisch debitel 1999b; 1999c.<br />
21 debitel 2003b.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 157<br />
„Kommunikation<br />
ist alles“<br />
Abb. D-6: debitel: Schlüsselsignale der Marke<br />
debitel<br />
Die durch die Schlüsselsignale Namen, Zeichen, Schlüsselbild entstehende<br />
Markenbildwelt ist somit gleichzeitig der Kern der Markenkommunikation<br />
(Abb. D-7). Werbeanzeigen und TV-Spots sind auf Dialoge innerhalb des dargestellten<br />
Schlüsselbilds reduziert, die in einfacher Form wechselnde leistungsbezogene<br />
oder emotionale Botschaften vermitteln sollen. Die formale<br />
Integration des Kommunikationsauftritts setzt sich darüber hinaus in der Gestaltung<br />
von Online-Werbeformen (Homepage, Banner, Trailer etc.) fort, die<br />
farblich konsequent auf die Grundfarben abgestimmt sind und somit den Wiedererkennungseffekt<br />
der Marke unterstützen.<br />
Außerhalb der klassischen Werbung erfolgt die Markenkommunikation im Rahmen<br />
von Sportsponsoring (Fußball, Inlineskating) und gesellschaftlich-sozialen<br />
Engagements (z. B. „PCs für Förderschulen”). Die Auswahl der Sponsoring-<br />
und Förderungsinitiativen soll dabei in engem Bezug zum Claim der Marke<br />
stehen und die Positionierung des Unternehmens stützen. Als Haupt- und<br />
Trikotsponsor des Bundesligisten VfB <strong>St</strong>uttgart sieht debitel diese Gemeinsamkeit<br />
auch bei Telekommunikation und Fußball: „Beide fördern die Kommunikation.<br />
Der Fußball bringt Menschen zusammen - im <strong>St</strong>adion, vor dem Fernseher,<br />
am <strong>St</strong>ammtisch, in den Familien. debitel bringt Menschen zusammen - über die<br />
mobile Kommunikation und über das Internet.“ 22<br />
22 debitel 2003c.
158 Kapitel D<br />
<br />
Abb. D-7: debitel: Werbekampagne (Print) 2002, 2004<br />
2.2.5 Kritische Kurzbewertung<br />
debitel ist ein exemplarisches Beispiel dafür, dass ein bestehender Unternehmensname<br />
zu einem Markennamen ausgebaut werden soll: Nicht der Marke<br />
als solcher, sondern vielmehr der Markenkommunikation kommt in dieser Situation<br />
eines nachgebesserten Markenauftritts die Funktion zu, Inhalt und Werte<br />
der Marke bzw. der Positionierung zu vermitteln. Im Ergebnis gelingt debitel<br />
jedoch nur eine hohe formale Integration der Schlüsselsignale. Das Schlüsselbild<br />
hat aufgrund der formalen Geschlossenheit hinsichtlich Farbgebung und<br />
Schriftwahl einen hohen Wiedererkennungseffekt, besitzt gleichzeitig einen<br />
hohen Variabilitätsgrad und einen gewissen Unterhaltungswert. Das Bindeglied<br />
zwischen den Schlüsselsignalen Markenzeichen und Schlüsselbild sowie den<br />
ergänzenden Kommunikationsmaßnahmen ist das konsequent standardisierte,<br />
farbliche Erscheinungsbild der debitel: grün-weiß. Für diese Leistung erhielt<br />
debitel 2002 eine Auszeichnung im Rahmen des Deutschen Preises für Wirtschaftskommunikation.<br />
23<br />
Die Schwächen der Markenkommunikation offenbaren sich aus kognitionspsychologischer<br />
Perspektive an anderer <strong>St</strong>elle, nämlich in Bezug auf die mangelnde<br />
inhaltliche Integration der Markenbildwelt: Weder der Markenname<br />
23 Vgl. Deutscher Preis für Wirtschaftskommunikation 2002.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 159<br />
noch das Markenzeichen sind aufgrund ihrer Abstraktheit und technischen Kälte<br />
geeignet, ein nachhaltiges inneres Vorstellungsbild über die Marke entstehen<br />
zu lassen. Name und Zeichen sind daher auch nicht in der Lage, einen<br />
originären Beitrag zur Vermittlung der angebotsbezogenen oder emotionalen<br />
Positionierung zu leisten.<br />
Diese Problematik findet sich regelmäßig bei Anbietern wieder, deren Name in<br />
einer frühen Marktphase aus der Notwendigkeit entstanden ist, ein Unternehmen<br />
benennen zu müssen. Sofern nicht im Rahmen einer strategischen Markenneuausrichtung<br />
der Name durch eine kreative Leitidee in einen neuen<br />
Kontext 24 gestellt oder ein neuer Markenname 25 etabliert wird, stellen sich<br />
nachträgliche Kommunikationsstrategien als reine Aufladungskampagnen dar,<br />
ohne eben - wie im vorliegenden Fall - eine inhaltliche Integration der Markenbildwelt<br />
bewirken zu können. So ist das debitel-Schlüsselbild „Kommunikation“<br />
- ähnlich wie bei Arcor, aber bei weitem nicht so kreativ und prägnant umgesetzt<br />
26 - nur formal an die Schlüsselsignale Name und Zeichen angehängt, ohne<br />
eine ein- oder wechselseitige inhaltliche Beziehung aufzubauen. So bleibt<br />
der Markennamen debitel als Markenhülle bestehen, ohne eine kreative Markenidee<br />
vermitteln zu können.<br />
Ein weiterer Kritikpunkt scheint bei der Positionierung angebracht: Positionierungstechnisch<br />
ist debitel sowohl in der Leistungsbreite wie auch in der Zielgruppenausrichtung<br />
auf den Gesamtmarkt Telekommunikation ausgerichtet<br />
und daher wenig fokussiert. Leistungs- und zielgruppenbezogen stellt sich die<br />
Positionierung daher als eine „Alles für jeden“-<strong>St</strong>rategie dar, die sich schließlich<br />
in dem beliebigen und daher austauschbaren Claim „Kommunikation ist alles“<br />
manifestiert. Als leistungsbezogenes Differenzierungsargument dramatisiert<br />
debitel als <strong>Service</strong> Provider vor allem seine Marktposition im Wettbewerb:<br />
Objektivität durch Netzunabhängigkeit. Hier darf bezweifelt werden, inwieweit<br />
eine Beratungsleistung im Vorfeld eines standardisierten Dienstleistungsvertrags<br />
ein tatsächliches und relevantes Nutzenversprechen - zumal auf dem zunehmend<br />
gesättigten Mobilfunkmarkt - darstellt, das sich zur Profilierung und<br />
Alleinstellung der Marke eignet.<br />
24 Vgl. hierzu die Fallstudie zu E-Plus im folgenden Kapitel.<br />
25 Vgl. hierzu Kapitel E 1.3.2.<br />
26 Zwar gelingt es debitel, mittels der beschriebenen formalen <strong>St</strong>renge eine Bildwelt aufzubauen,<br />
ihre Bedeutung erhält sie allerdings erst im konkreten Zusammenwirken mit textlich präsentierten<br />
Dialoginhalten. Als rein visuelle Komponente scheint das Schlüsselbild „Gespräch“ daher<br />
auch zu wenig konkret, um für den effizienten Aufbau visuellen Markenwissens geeignet zu sein.
160 Kapitel D<br />
2.3 E-Plus: Repositionierung und Relaunch der Markenbildwelt<br />
2.3.1 Das Unternehmen im Kurzprofil<br />
Als erster E-Netzbetreiber mit Markstart im Jahre 1994 ist E-Plus einer der Pioniere<br />
und „Traditionsunternehmen“ des deutschen Telekommunikationsmarktes.<br />
Der Mobilfunkanbieter gehört seit Februar 2000 zur niederländischen KPN-<br />
Gruppe, einem international aufgestellten Telekommunikations-Dienstleister,<br />
der in sämtlichen Segmenten des Marktes vertreten ist. 27 Die Marke E-Plus<br />
bleibt von dieser Übernahme unberührt. Mit mehr als 8 Millionen Kunden und<br />
einem Marktanteil von etwa 13 Prozent zählt E-Plus nach T-Mobile und Vodafone<br />
zu den Main Playern des deutschen Mobilfunkmarktes. Etwa Dreiviertel<br />
des Bundesgebietes werden über die mehr als 12.000 Sendestationen des<br />
engmaschigen GSM-1800-Mobilfunknetzes abgedeckt, womit 98,7 Prozent der<br />
Gesamtbevölkerung erreicht werden. 28<br />
Kurzprofil<br />
Unternehmen<br />
Gesellschafter<br />
Marktstart<br />
Geschäftszweck<br />
Zielgruppe<br />
Geschäftsfelder/<br />
Dienstleistungsangebot<br />
Kennzahlen 2003<br />
Vertrieb<br />
Abb. D-8: E-Plus: Kurzprofil 29<br />
E-Plus <strong>Service</strong> GmbH & Co.KG, Potsdam<br />
KPN Mobile N.V.<br />
1993 (als E-Plus Mobilfunk GmbH)<br />
Netzbetreiber Mobilfunk:<br />
Errichtung und Betrieb eines bundesweiten digitalen zellularen Mobilfunknetzes<br />
(E-Netz) auf der Basis von GSM 1800 (High Quality Netzstandard),<br />
GPRS und UMTS<br />
Privat- und Geschäftskunden<br />
Voice/ Non-Voice-<strong>Service</strong>s<br />
Business Solutions<br />
Wholesale<br />
Mobile Advertising<br />
Umsatz: 2,5 Mrd. EUR<br />
Betriebsergebnis: 620 Mio. EUR<br />
Kunden: 8,2 Mio.<br />
Mitarbeiter: 2.950<br />
E-Plus<br />
Direktvertrieb über ca. 140 E-Plus-Shops deutschlandweit sowie Internet<br />
Indirekter Vertrieb über <strong>Service</strong> Provider (Alphatel, debitel, mobilcom,<br />
Talkline, Telco, The Phone House, VictorVox)<br />
2.3.2 <strong>St</strong>rategische Repositionierung der Marke E-Plus<br />
Seit seiner Gründung zeichnet sich die Marke E-Plus stets durch hohe Sympathiewerte<br />
aus, übte aber in der Vergangenheit als „Hausfrauen- und <strong>St</strong>uden-<br />
27 Vgl. KPN 2003, S. 14.<br />
28 Vgl. KPN 2003, S. 22.<br />
29 Vgl. hierzu KPN 2003.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 161<br />
tennetz“ wenig Anziehungskraft auf profitable Mobilfunknutzer aus. 30 Vor diesem<br />
Hintergrund entscheidet sich E-Plus Anfang 2003 zu einer Neupositionierung<br />
der Marke, in deren Mittelpunkt vier Grundaussagen stehen: „(1) Wir<br />
bieten unseren Kunden Produkte an, die einfach zu verstehen sind. (2) Wir<br />
versuchen, immer ein wenig mehr für's Geld zu bieten und liefern, was wir versprechen.<br />
(3) Wir wollen menschlicher, sprich näher am Kunden sein und erfahren,<br />
was unsere Kunden wünschen. (4) Und wir suchen die Herausforderung,<br />
indem wir den Markt und unsere Kunden mit innovativen Produkten<br />
überraschen.“ 31 Durch diese Leitwerte solle sich die Marke emotional und<br />
dienstleistungsbezogen gegen die etablierten Wettbewerber (T-Mobile, Vodafone)<br />
wie auch gegen den ambitionierten „Nachzügler“ O2 abgrenzen. 32 Gleichzeitig<br />
sollen die Kunden E-Plus als noch sympathischer, ansprechender und<br />
„anfassbarer“ erleben. „Die Neupositionierung der Marke untermauert unsere<br />
<strong>St</strong>rategie, die starke Marktposition von E-Plus weiter auszubauen. Dabei geht<br />
es darum, bestehende Kunden zu binden und neue Kunden zu überzeugen.“ 33<br />
Entsprechend werden als Zielgruppe alle potentiellen E-Plus-Kunden (Kunden<br />
der Wettbewerber) sowie alle E-Plus-Bestandskunden angesprochen, wobei<br />
potentiell profitable Privatkunden (technikbegeisterte Medienpioniere, pragmatische<br />
Vieltelefonierer, „Handyjugendliche“) im Mittelpunkt des Interesses stehen.<br />
Die Umsetzung der Positionierung basiert auf der Markenidee „Ein Plus verbindet“,<br />
die den Urgedanken von Kommunikation formuliert. 34 Diese kreative<br />
Leitidee soll zum Ausdruck bringen, dass die „neue“ Marke - im Unterschied zu<br />
diversen Wettbewerbern - nicht primär für den „aufgeregten“ Umgang mit neuer<br />
Technik und Produkten um der Innovation willen steht, sondern stärker eine<br />
emotionale Seite der mobilen Kommunikation betont: „E-Plus will nicht nur<br />
Handys und Tarife verkaufen. E-Plus ermöglicht es den Menschen zusammenzukommen,<br />
Spaß zu haben, Probleme und Glück zu teilen.“ 35 Kundenbedürfnisse,<br />
an denen sich Technologien und Innovationen auszurichten haben,<br />
rücken ins Zentrum des eigenen Markenverständnisses.<br />
2.3.3 Relaunch der virtuellen E-Plus-Markenbildwelt<br />
Die Umsetzung der Markenidee erfolgt durch einen Relaunch der E-Plus-<br />
Markenbildwelt (Abb. D-9) mit der Zielsetzung, die neue Positionierung von E-<br />
Plus zu kommunizieren und das Image der Marke in genau definierten Facetten<br />
deutlich zu profilieren. 36 Im Mittelpunkt steht dabei ein Pluszeichen als<br />
30 Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2004, S. 383 f.<br />
31 E-Plus 2004a.<br />
32 GWA 2004, S. 384.<br />
33 Uwe Bergheim, Chief Executive Officer von E-Plus, zitiert nach E-Plus 2003a.<br />
34 Der neue Markenauftritt wurde von der Hamburger Werbeagentur KNSK entwickelt.<br />
35 GWA 2004, S. 385.<br />
36 GWA 2004, S. 384.
162 Kapitel D<br />
Schlüsselsymbol der Marke, das als verbindendes Element die Kommunikationsidee<br />
visualisiert und grundsätzlich ein „Mehr“ symbolisiert: mehr Kundennähe,<br />
mehr Leistung, mehr Neues oder kurz: 37 „Mehr als Andere“. Im Rahmen<br />
des Relaunch wird das Pluszeichen gleichzeitig in das Markenzeichen integriert<br />
und stellt so den bestehenden Markennamen, der historisch bedingt die<br />
Eigenschaft des Anbieters als Betreiber des so genannten E-Netzes beschreibt,<br />
in einen neuen Kontext.<br />
„Ein Plus verbindet“<br />
Abb. D-9: E-Plus: Schlüsselsignale der Marke<br />
2.3.4 Kommunikation der Marke<br />
E-Plus<br />
Die kommunikative Umsetzung der Markenidee erfolgt seit April 2003 in einem<br />
breit angelegten Kommunikationsmix aus Plakat-, Anzeigen-, TV- und sonstiger<br />
Werbung. Den Schwerpunkt der ersten Kampagne bilden Printmotive und<br />
ein TV-Spot, die bildstark und emotional die Qualität und Kompetenz der Marke<br />
E-Plus verdeutlichen sollen: Der TV-Spot zeigt, unterlegt mit dem Beatles-<br />
Song "Hello, Goodbye", Menschen, die in unterschiedlichen Situationen durch<br />
ein vignettenhaftes Pluszeichen verbunden werden. Auch die Printmotive, die<br />
in Publikumszeitschriften und überregionalen Tageszeitungen geschaltet werden,<br />
zeigen jeweils zwei Personen, die durch ein Plus verbunden sind (Abb. D-<br />
37 GWA 2004, S. 385.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 163<br />
10, oben links). Damit transportiert die Kampagne die Markenidee, dass der<br />
Mobilfunk inzwischen zu einem wichtigen sozialen Bindeglied geworden ist:<br />
„Es verbindet die Menschen nicht nur technisch, sondern auch sehr emotional.“<br />
38 Die Integration des Pluszeichens als Schlüsselsymbol sowie der Claim<br />
"Ein Plus verbindet" sollen dabei für die Rolle der Marke stehen, Menschen<br />
durch mobile Kommunikation miteinander zu vernetzen und ihr Leben damit zu<br />
bereichern.<br />
Abb. D-10: E-Plus: Werbekampagnen Print (oben links), Internet (unten links), TV (rechts)<br />
Das Schlüsselsymbol steht auch im Mittelpunkt weiterer Kampagnen, 39 in denen<br />
Menschen wiederum durch ein Pluszeichen verbunden oder im unmittelbaren<br />
Umfeld eines Pluszeichens gezeigt werden. Das Zeichen erscheint<br />
allerdings nicht mehr als Vignette im Rahmen eines collagierten Alltagsmotivs,<br />
sondern entsteht abstrahiert als dramatisierte Form unmittelbar aus dem konkreten<br />
Bildzusammenhang: So werden etwa Fensterkreuze, <strong>St</strong>raßenkreuzun-<br />
38 BBDO Germany 2004.<br />
39 Vgl. E-Plus 2003b, 2004b.
164 Kapitel D<br />
gen oder sonstige kreuzähnliche Formen als Pluszeichen interpretiert, die<br />
Menschen umgeben oder verbinden. Das originäre E-Plus-Pluszeichen erscheint<br />
lediglich innerhalb des Claims und der Wortbildmarke (Abb. D-10,<br />
rechts). Diese Kampagne betont noch einmal stärker die Motive Mensch, Emotion<br />
und Leidenschaft und präsentiert die Marke als Selbstverständlichkeit im<br />
Alltagskontext. Während im Rahmen der Kampagne „unter dem Jahr“ primär<br />
neue Tarife kommuniziert werden, wird der Werbeeinsatz in der vertriebsstarken<br />
Weihnachtszeit auf imagewirksame Botschaften konzentriert. 40 Durch die<br />
anlassbezogene Nutzung von zeitgemäß interpretierten und im kollektiven<br />
Wahrnehmungshaushalt verankerten Bildmotiven (etwa ein Paar vor einem<br />
Weihnachtsbaum) trägt die Kampagne so deutlich zur Emotionalisierung und<br />
Aktualisierung der Marke bei (Abb. D-10, unten links).<br />
2.3.5 Kritische Kurzbewertung<br />
Vor dem Hintergrund der konzeptionellen Ergebnisse dieser Arbeit zeigt die<br />
Repositionierung der Marke E-Plus und deren Umsetzung interessante Aspekte<br />
mit Blick auf den Aufbau innerer Markenbilder: Die Entwicklung der die Neu-<br />
Positionierung verbalisierenden Leitidee „Ein Plus verbindet“ kann dahingehend<br />
interpretiert werden, dass ausgehend von einem eher technisch besetzten<br />
Markennamen Anknüpfungspunkte zu dessen Visualisierung gesucht und<br />
gefunden wurden. Im Ergebnis entsteht eine Markenbildwelt, in deren Zentrum<br />
das Pluszeichen als das alles verbindende Schlüsselsymbol steht. Die Korrektur<br />
bzw. Ergänzung des Markenzeichens durch das Pluszeichen bewirkt eine<br />
integrierende, sich gegenseitig unterstützende Wirkung der drei Schlüsselsignale<br />
Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild. Die Qualität dieses <strong>Service</strong>-Re-<strong>Branding</strong><br />
ist dabei um so höher einzuschätzen, da es an einem<br />
bestehenden Markennamen ansetzt, der durch eine neue Interpretation in einen<br />
innovativen Gesamtkontext gestellt und zu einem integralen Bestandteil<br />
einer neuen, virtuellen Markenbildwelt wird.<br />
Diese Bewertung wird durch den empirisch nachgewiesenen Erfolg der Marken-Repositionierung<br />
und ihrer Umsetzung bestätigt: 41 Im Rahmen einer psychologischen<br />
Marktstudie des Instituts IFM im April 2004 ist eine deutliche<br />
<strong>St</strong>ärkung des Images von E-Plus in Richtung der gewünschten Dimensionen<br />
festgestellt und dem neuen Markenauftritt im Wettbewerbsvergleich die positivste<br />
Wirkung zugeschrieben worden. Auf quantitativer Ebene manifestiert<br />
sich der Erfolg in verschiedenen Bereichen: So stieg seit Beginn des neuen<br />
Markenauftritts die spontane Werbeerinnerung auf 27 Prozent und liegt damit<br />
deutlich vor den Wettbewerbern T-Mobile (17 Prozent) und Vodafone (21 Prozent).<br />
Die Effizienz des Markenauftritts bestätigt sich vor dem Hintergrund des<br />
Budgets: So musste etwa Vodafone für die gleiche durchschnittliche Werbeer-<br />
40 Vgl. GWA 2004, S. 385.<br />
41 Vgl. zum Folgenden GWA 2004, S. 385 ff.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 165<br />
innerung 2003 47 Prozent mehr investieren. Gleichzeitig gelang E-Plus als einzigem<br />
Mobilfunkanbieter in 2003 eine <strong>St</strong>eigerung der Kaufbereitschaft: Sowohl<br />
der „Relevant Set“ als auch die „Forced Choice“ konnten gegenüber den Konkurrenzmarken<br />
signifikant gesteigert werden.<br />
E-Plus stellt damit ein interessantes Beispiel für die Möglichkeit dar, von einem<br />
vorhandenen Markennamen ausgehend durch die Entwicklung einer herausragenden<br />
kreativen Leitidee und der entsprechenden Gestaltung und Korrektur<br />
der Schlüsselsignale eine erfolgreiche, virtuelle Markenbildwelt zu generieren,<br />
die konsumentenseitig die nachhaltige Verankerung eines inneren Markenbildes<br />
unterstützt .<br />
2.4 mobilcom: <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Krise<br />
2.4.1 Das Unternehmen im Kurzprofil 42<br />
Trotz einer noch nicht allzu langen Historie blickt die mobilcom AG auf eine bewegte<br />
Vergangenheit zurück. Im Jahre 1991 von Gerhard Schmid in Schleswig<br />
als mobilcom Communicationstechnik GmbH „aus dem Nichts“ 43 gegründet,<br />
tritt das Unternehmen am Markt zunächst als reiner Mobilfunk <strong>Service</strong> Provider<br />
auf. Nach der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1996 erfolgt im März<br />
1997 der Börsengang: mobilcom gehört damit zu den Pionieren und anfänglichen<br />
Outperformern des Neuen Marktes.<br />
Kurzprofil<br />
Unternehmen<br />
Marktstart<br />
Geschäftszweck<br />
Zielgruppe<br />
Geschäftsfelder/<br />
Dienstleistungsangebot<br />
Kennzahlen 2003<br />
Vertrieb<br />
Besonderheiten<br />
Abb. D-11: mobilcom: Kurzprofil<br />
mobilcom AG, Rendsburg-Büdelsdorf<br />
1991 (als mobilcom Communicationstechnik GmbH)<br />
<strong>Service</strong> Provider (ohne eigenes Netz):<br />
Konzentration auf die Vermarktung von Mobilfunkverträgen für die<br />
Netzbetreiber T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2.<br />
Privat- und Geschäftskunden<br />
Voice/ Non-Voice-<strong>Service</strong>s<br />
Business Solutions<br />
Wholesale<br />
Mobile Advertising<br />
Umsatz: 1,8 Mrd. EUR<br />
Betriebsergebnis: 160 Mio. EUR<br />
Kunden: 4,2 Mio.<br />
Mitarbeiter: 2.970<br />
mobilcom<br />
Direktvertrieb: Shopkette (Franchise-System)<br />
Indirekter Vertrieb: Vertriebspartnerschaften mit Fachhändlern<br />
Im Geschäftsbereich Festnetz/Internet ist die 76prozentige Tochtergesellschaft<br />
freenet.de AG aktiv.<br />
42 Vgl. zum Folgenden SES Research 2003; mobilcom 2003.<br />
43 Dreykluft 2002.
166 Kapitel D<br />
Der Einstieg in das Festnetz- und Internetgeschäft erfolgt 1998 und nur ein<br />
Jahr später wird das Tochterunternehmen freenet.de AG ebenfalls an den<br />
Neuen Markt gebracht. Als weiteres Tochterunternehmen wird der <strong>Service</strong> Provider<br />
Cellway, ursprünglich entstanden aus einer Fusion der Unternehmen Proficom,<br />
Martin Dawes und Axicon, von France Telecom übernommen und als<br />
eigenständige Fachhandelsmarke aufgebaut. Im Jahr 2000 beteiligt sich der<br />
französische <strong>St</strong>aatskonzern France Telecom zu 28,5% an der mobilcom AG<br />
mit der Absicht, gemeinsam gegen den Konkurrenten Deutsche Telekom in<br />
das UMTS-Geschäft einzusteigen. Entsprechend ersteigert die gemeinsam<br />
gegründete mobilcom Multimedia GmbH im August 2000 eine UMTS-Lizenz<br />
auf dem deutschen Markt zu einem Preis von 8,4 Mrd. EUR.<br />
Das Jahr 2002 wird zum Jahr der Krise und des Neubeginns: Aufgrund von<br />
Meinungsunterschieden über UMTS-Geschäftspläne kündigt die hochverschuldete<br />
France Telecom überraschend und einseitig den Vertrag mit mobilcom<br />
auf und es folgt die Abberufung von Gerhard Schmid als Vorstandsvorsitzendem.<br />
Kurz darauf stellt France Telecom die Zahlungen an mobilcom ein. Nur<br />
durch eine Soforthilfe der Kreditanstalt für Wiederaufbau wird die drohende Insolvenz<br />
abgewendet, die Unterstützung eines Bankenkonsortiums ermöglicht<br />
schließlich die Einleitung einer Konzernsanierung. Im Jahr 2003 gelingt die<br />
Rückkehr des angeschlagenen Providers in die schwarzen Zahlen: Anfang<br />
2003 befreien die France Telecom-Aktionäre die mobilcom AG von der Last<br />
der UMTS-Schulden. Ebenfalls wird durch die Platzierung von 3,75 Millionen<br />
freenet-Aktien weiterer Gestaltungsspielraum gewonnen, der die Tilgung der<br />
Rettungskredite sowie die Rückgabe von Bundes- und Landesbürgschaften<br />
ermöglicht. Mit einer ertragsorientierten Wachstumsstrategie und strenger Kostendisziplin<br />
belegt mobilcom 2004 - nach debitel - Platz zwei unter den <strong>Service</strong><br />
Providern.<br />
2.4.2 Entwicklung der strategischen Positionierung der Marke mobilcom<br />
Nach Höhenflug, Absturz und Sanierung steht die aktuelle Positionierung mobilcoms<br />
ganz im Zeichen der Konsolidierung: Es gilt vor allem, verlorenes Vertrauen<br />
der Anleger und Kunden zurückzugewinnen, um eine Basis für weitere<br />
Aktivitäten zu schaffen. Das Image der Marke wird dabei allerdings noch nachhaltig<br />
von der wechselhaften Unternehmensvergangenheit beeinflusst: In den<br />
90er Jahren verfolgte mobilcom eine klare, wenn auch nicht ganz unabhängige<br />
Markenstrategie: Bezugspunkt war die Deutsche Telekom, zu welcher der Unternehmensgründer<br />
einen Gegenpart schaffen wollte. Mit preisaggressiven<br />
Marktbearbeitungsstrategien und Aufsehen erregenden Werbescharmützeln<br />
mit dem Ex-Monopolisten 44 sollte mobilcom dem Bekunden Schmids zufolge<br />
44 Während etwa der Schauspieler Manfred Krug als Testimonial für die Deutsche Telekom aktiv<br />
war, präsentierte mobilcom in einer Kampagne Telefonrechnungen von Manfred Krug, die den<br />
Eindruck erwecken sollten, dieser telefoniere privat über mobilcom (vgl. Abb. D-13 links). Erst ge-<br />
(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite)
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 167<br />
zum „Mobilfunk-Aldi“ der Branche werden. 45 Unter dem Claim „Preise verändern<br />
die Welt“ galt die 01019-Vorwahlnummer bald darauf als Synonym für<br />
günstiges Telefonieren, selbst wenn mobilcom bald teurer war als mancher<br />
Konkurrent. 46 Gleichzeitig aber wurde das Unternehmensimage immer auch<br />
durch einen Touch der Unseriosität belastet, der sich schließlich in den Verwicklungen<br />
um die UMTS-Geschäfte und die Beinahe-Insolvenz bestätigte.<br />
Vor diesem Hintergrund steht mobilcom vor der Herausforderung der strategischen<br />
Neuausrichtung. Die Unternehmensführung hat dazu in einem ersten<br />
Schritt die Zwei-Marken-<strong>St</strong>rategie aufgegeben und nutzt seit Ende 2003 den<br />
ehemaligen Cellway Fachhandel zum Vertrieb der identischen Dienstleistungen<br />
von mobilcom. Diese Konzentration vermeidet die Notwendigkeit doppelter<br />
Kampagnen und ermöglicht, dass sämtliche Werbemaßnahmen auch dem<br />
Fachhandel zugute kommen. 47 Inhaltlich will sich mobilcom als seriöser Anbieter<br />
positionieren und auf Kundennähe durch Beratung und <strong>Service</strong> zurück besinnen.<br />
Eine von mobilcom in Auftrag gegebene, repräsentative <strong>St</strong>udie des<br />
Marktforschungsinstituts FORSA hatte ergeben, dass 93 Prozent der Mobilfunkkunden<br />
Wert auf kompetente Beratung legen und 86 Prozent auf einen Verkäufer,<br />
der sich Zeit nimmt. 78 Prozent erwarten, dass Produkte und Dienste vor<br />
Ort getestet werden können und der Verkäufer sie zu Tarifen berät. 48 „Die Ergebnisse<br />
der Befragung sind für uns eine Verpflichtung, im deutschen Markt<br />
einen neuen <strong>St</strong>andard zu etablieren, der verbesserte Beratung und <strong>Service</strong> mit<br />
Kundennähe und innovativen Produkten verknüpft.“ 49 Man setze nun nicht mehr<br />
auf hohe <strong>St</strong>ückzahlen, sondern auf Qualität. Die neue strategische Ausrichtung<br />
sei entsprechend auf Wert gerichtet, das heißt auf höhere Umsätze pro Kunde<br />
und mehr Gewinn. 50<br />
2.4.3 Der neue Auftritt der Marke mobilcom<br />
Als „ein Signal nach außen und innen sowie als <strong>St</strong>artschuss der neuen Positionierung“<br />
51 wird unter Beibehaltung des Markennamens Anfang 2003 zunächst<br />
ein neues Markenzeichen vorgestellt: Farblich formal an die vorherige Wortmarke<br />
angelehnt (rot-weiß), erscheint die typografische Gestaltung des neuen<br />
Logos einfacher und moderner. Gegenüber der alten Schreibweise wird der<br />
Firmenname nun klein geschrieben: mobilcom statt MobilCom. Im Unterschied<br />
zu früher tritt die Marke bislang ohne wirkliches Schlüsselbild und Claim auf.<br />
45<br />
gegen Ende der Kampagne wurde ein namensgleicher „Manfred Krug, Architekt“ vorgestellt. In<br />
einer Gegenkampagne des Ex-Monopolisten prägte der „richtige“ Manfred Krug dann den Begriff<br />
der „MogelCom“, der dem Unternehmen lange Zeit als Spitzname anhaftete.<br />
Vgl. Gajek 2004.<br />
46 Vgl. Nicolai 2002.<br />
47 Vgl. Gajek 2004.<br />
48 Vgl. mobilcom 2004.<br />
49 mobilcom 2004.<br />
50 Vgl. Winter 2004.<br />
51 Thorsten Grenz, CEO mobilcom AG, zitiert nach o.V. Heise 2003.
168 Kapitel D<br />
Schlüsselbild:<br />
nicht vorhanden<br />
Claim:<br />
nicht vorhanden<br />
Abb. D-12: mobilcom: Schlüsselsignale der Marke<br />
Mobilcom<br />
Die Kommunikation der Marke erfolgt bisher ohne starken Werbedruck. In der<br />
Print-Kampagne wird versucht, die Positionierung der Kundennähe mit Hilfe<br />
konstanter Bildmotive („Menschen unter blauem Himmel“) zu vermitteln und<br />
das Nutzenversprechen einer individuellen Beratung in den Vordergrund zu rücken<br />
(Abb. D-13). Außerhalb der werblichen Markenkommunikation bildet der<br />
Ende 2004 eröffnete Flagship-<strong>St</strong>ore am KaDeWe in Berlin das Kernstück des<br />
Markenauftritts: In diesem Mobilfunk-Shop der neuen Generation können Apparate<br />
an einer Test-Theke ausprobiert werden, die Produktinformationen werden<br />
automatisch auf moderne Plexiglasträger projiziert. Mit dem neuen<br />
Konzept will mobilcom seinen Kompetenzanspruch im Bereich <strong>Service</strong> und Beratungskompetenz<br />
unter Beweis stellen. 52<br />
52 Vgl. mobilcom 2004.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 169<br />
Abb. D-13: mobilcom: Werbekampagnen in der <strong>St</strong>artphase (links) und nach Sanierung des Unternehmens<br />
2.4.4 Kritische Kurzbewertung<br />
Dem Auftritt der Marke mobilcom, der im Vergleich zur „alten MobilCom“ tendenziell<br />
versachlicht ist, ist deutlich anzumerken, dass er (noch) unter starkem<br />
Kosten- und Veränderungsdruck stattfindet. Insofern erscheint es nicht sinnvoll,<br />
zum jetzigen Zeitpunkt eine abschließende Beurteilung vorzunehmen.<br />
Dennoch aber offenbart der bisherige Markenauftritt vor dem Hintergrund der<br />
Unsichtbarkeit der Marktleistungen zentrale Mängel und wirft - gerade im situativen<br />
Kontext - kritische Fragen auf: Ähnlich wie im Falle debitel stellt der technisch-konstruierte<br />
Markenname mobilcom lediglich eine Unternehmensbezeichnung<br />
dar, die keinerlei Ansatzpunkte zum Aufbau eines inneren<br />
Markenbildes bietet oder originär zur Vermittlung einer nachhaltigen Markenidee<br />
beiträgt. Vor dem Hintergrund der konzeptionellen Überlegungen zum virtuellen<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> ist der Markenname daher tendenziell als<br />
kommunikationsineffizient zu bewerten. Angesichts der völligen strategischen<br />
Umpositionierung der Marke und dem Bemühen um ein seriöseres Erscheinungsbild<br />
stellt sich die Frage, wieso der Name, zumal er durch die Vorgänge<br />
der Vergangenheit stark belastet ist, beibehalten wurde. Sicherlich hat man mit<br />
der Übernahme des Namens den erworbenen Bekanntheitsgrad retten können<br />
und Kosten eines Markenwechsels vermieden. Inwieweit dies allerdings vor<br />
dem Hintergrund der zur Vermittlung der neuen Positionierung erforderlichen<br />
Kommunikationsmaßnahmen bei gleichzeitiger Ineffizienz des Namens der<br />
vorteilhaftere Weg ist, bleibt fraglich. Aus dieser Sicht verspricht die Beobachtung<br />
der weiteren Entwicklung des mobilcom-Markenauftritts sowie des Gesamtunternehmens<br />
einige Spannung.
170 Kapitel D<br />
2.5 O2: Markenbildwelt als internationale Kommunikationsplattform<br />
2.5.1 Das Unternehmen im Kurzprofil<br />
O2 Germany ist im Mai 2002 aus dem Mobilfunkanbieter VIAG Interkom 53 hervorgegangen<br />
und damit - quasi als Nachzüglerin - die jüngste Marke des deutschen<br />
Mobilfunkmarktes. „O2“ steht für mehrere europäische Gesellschaften,<br />
die sich seit dem Jahr 2001 unter dem Dach der britischen Mobilfunk Holding<br />
mmO2 plc. zusammengeschlossen haben. 54<br />
Kurzprofil<br />
Unternehmen<br />
Gesellschafter<br />
Marktstart<br />
Geschäftszweck<br />
Zielgruppe<br />
Geschäftsfelder/<br />
Dienstleistungsangebot<br />
Kennzahlen 2003/2004<br />
Vertrieb<br />
Besonderheiten<br />
Abb. D-14: O2: Kurzprofil<br />
O2 O2 (Germany) GmbH & Co. oHG, München<br />
mmO2 mmO2 plc. (Holding)<br />
1996 (als Viag Interkom)<br />
Mai 2002 (als O2)<br />
Netzbetreiber Mobilfunk:<br />
Errichtung und Betrieb eines bundesweiten digitalen zellularen Mobilfunknetzes<br />
(E2-Netz) auf Basis von GSM 1800 (High Quality Netzstandard),<br />
GPRS und UMTS, Roaming mit T-Mobile.<br />
Privat- und Geschäftskunden<br />
Privatkunden:<br />
Mobile Telefonie<br />
Internet Dienste per Handy<br />
Location Based <strong>Service</strong>s (LBS)<br />
Infodienste über SMS, MMS, WAP und Sprache<br />
UMTS<br />
Geschäftskunden:<br />
Mobile Telefonie<br />
Business-Tarife<br />
O Multicard<br />
2 Mobile Business Solutions<br />
WLAN-<strong>Service</strong><br />
UMTS<br />
Umsatz: k.A.<br />
Betriebsergebnis: k.A.<br />
Kunden: 6,7 Mio.<br />
Mitarbeiter: 3600<br />
O 2<br />
Direktvertrieb: ca. 470 Shops deutschlandweit<br />
Indirekter Vertrieb: ca. 9.000 Fachhändler, Großmärkte u.a.<br />
Bis 2004 kein Vertrieb über <strong>Service</strong> Provider.<br />
53 VIAG Interkom wurde im Jahre 1995 durch ein Joint- Venture der VIAG, Telenor und British Telecommunications<br />
gegründet. Nach Erhalt der 4. Deutschen Mobilfunklizenz und als Spätstarter<br />
in den Markt entwickelte VIAG Interkom sein erstes Telekommunikationsprodukt Genion 1999.<br />
Im Januar 2001 erwarb das Unternehmen eine UMTS Lizenz. Kurz darauf wurde British Telecommunications<br />
Alleinaktionär der VIAG Interkom und spaltete das Festnetz vom Mobilfunknetz<br />
ab. Durch diese Trennung entstanden zwei unabhängige Unternehmen: VIAG Interkom übernahm<br />
das Mobilfunkgeschäft. Im November 2001 ging mm O2 an die Börse und wurde aus dem<br />
British Telecommunications Konzern ausgegliedert. Seit Mai 2002 firmiert VIAG Interkom als O2<br />
Germany.<br />
54 Vgl. O2 (Germany) 2004a, S. 2.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 171<br />
Die Holding selbst entstand im September 2001 durch Ausgründung der Mobilfunksparte<br />
des Konzerns British Telecom, deren strategische Zielsetzung im<br />
Aufbau einer neuen, europaweit agierenden Marke bestand. 55 Mit etwa 6,7 Millionen<br />
Kunden (2004), die bislang ohne Vertrieb über <strong>Service</strong> Provider gewonnen<br />
wurden, 56 hat sich O2 Germany in einer enormen Aufholjagd als feste<br />
Größe im Mobilfunkmarkt etabliert und ist im Wettbewerb um Platz drei der<br />
deutschen Anbieter stärkster Konkurrent von E-Plus.<br />
2.5.2 <strong>St</strong>rategische Positionierung der Marke O2<br />
Die Entwicklung der Marke O2 erfolgt im Auftrag der British Telecom mit der<br />
Zielsetzung, den europäischen Mobilfunkmarkt „Like no other Brand“ 57 zu bearbeiten.<br />
Vor dem Hintergrund eines weitgehend gesichtslosen und unübersichtlichen<br />
Marktauftritts europäischer Anbieter solle eine frische, emotionale<br />
Marke mit modernem Namen und neuer Identität entstehen, die das Leben der<br />
Kunden mit maßgeschneiderten und spannenden Telekommunikationsdienstleistungen<br />
bereichert und als Fundament einer dauerhafter Verbindung zum<br />
Kunden dient. 58 Mit den zentralen Werten Ehrgeiz („We are fresh, surprising<br />
and distinctive.“), Klarheit („We make highly complex technology simple to understand<br />
and easy to use.“), Offenheit („We are candid in communications - we<br />
tell it like it is.”) und Vertrauenswürdigkeit („We understand customers. We are<br />
accurate and truthful and never over-claim. We are helpful, supportive and responsive.<br />
We listen to customers.“) solle die Marke offensiv den Selbstanspruch<br />
des Unternehmens verkörpern, in der Rolle des spät gestarteten Top-<br />
Innovators „frischen Wind“ in die europäische Mobilfunklandschaft zu bringen. 59<br />
2.5.3 Entwicklung der virtuellen O2-Markenbildwelt<br />
Der kreative Aufbau der neuen Markenbildwelt (Abb. D-15) durch die Londoner<br />
Agentur LAMBIE-NAIRN beginnt mit der Entwicklung des Markennamens. Ausgehend<br />
von der Überlegung, worin der zentrale Wert von (mobiler) Kommunikation<br />
liegt, entsteht die kreative Leitidee „essential for living“ 60 . Die Weiterentwicklung<br />
dieser Idee führt die Agentur schließlich zu dem chemischen Element<br />
Sauerstoff und dessen Zeichen O2, das am Ende zum Markennamen und Markenzeichen<br />
wird: Denn Sauerstoff ist für den Menschen essentiell, universell,<br />
unverzichtbar und unsichtbar, ebenso wie Kommunikation. 61 Entsprechend der<br />
55 Vgl. mmO2 2001.<br />
56 Bislang hatte sich O2 als einziger deutscher Mobilfunknetz-Betreiber gegen einen Vertrieb seiner<br />
Angebote über so genannte Reseller zur Wehr gesetzt. O2 war mit den Konditionen von Anbietern<br />
wie mobilcom oder debitel nicht einverstanden. Nun aber kann mobilcom als erstes Unternehmen<br />
Produkte von O2 ins Programm nehmen (vgl. Ihlenfeld 2004).<br />
57 „O2 is like no other brand“ (vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2003, S.<br />
315).<br />
58 Vgl. Peter Erskine, Chief Executive Officer mm O2 plc. (mmO2 2001).<br />
59 Vgl. mmO2 2004.<br />
60 Vgl. Lambie-Nairn 2004.<br />
61 Vgl. O2 (Germany) 2004b.
172 Kapitel D<br />
strategischen Zielsetzung und der Vorgabe des internationalen Einsatzes wird<br />
der Name vorab in jedem Zielland erfolgreich auf seine Relevanz und Assoziationskraft<br />
getestet.<br />
„O2 can do“<br />
Abb. D-15: O2: Schlüsselsignale der Marke O2<br />
O2<br />
Der zweite Schritt gilt der Visualisierung des Markennamens bzw. des Sauerstoffs:<br />
„As an invisible element, we felt we had to capture it to see it. So we decided<br />
to use water as a vehicle to illustrate O2 in the form of bubbles. This<br />
became one of the most significant brand properties and once again researched<br />
extremely well in all territories.” 62 Das zum Markennamen komplementäre<br />
Schlüsselbild „Luftblasen“ bestimmt damit die Markenfarbe Blau.<br />
2.5.4 Kommunikation der Marke<br />
Die O2-Markenbildwelt dient als europaweite Kommunikationsplattform, deren<br />
Umsetzung dezentral in den jeweiligen Ländern Deutschland, Niederlande, Irland<br />
und Großbritannien unter der Vorgabe konkreter Gestaltungs- und Design-<br />
Richtlinien erfolgt. 63<br />
So zeichnet sich auch in Deutschland der breit angelegte Kommunikationsmix<br />
seit Einführung der Marke durch den konsequenten Einsatz der Markenbildwelt<br />
62 Vgl. Lambie-Nairn 2004.<br />
63 Vgl. Lambie-Nairn 2004.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 173<br />
aus: 64 Unterstützt durch den Claim „O2 can do“, der in seiner Einfachheit und<br />
Klarheit den Kompetenzanspruch der Marke als „The Enabler“ unterstreichen<br />
soll, werden sämtliche Leistungen, Produkte (Tarife, Handys) oder Handlungen<br />
(Testimonials) innerhalb der blauen Markenbildwelt präsentiert. Der lebendige,<br />
im TV-Format oftmals überraschende Einsatz des Schlüsselbilds „Bubble“ ist<br />
dabei - neben der Farbgebung - die wesentliche visuelle Konstante im Markenauftritt.<br />
Abb. D-16: O2: Werbekampagnen 2002 (Markenwechsel), 2003 (Genion, oben Mitte)<br />
Inhaltlich sind die einzelnen Kampagnen auf die Kommunikation spezifischer<br />
und aktueller Themen ausgerichtet, die jeweils das Markenversprechen dramatisieren<br />
oder unterstützen: So stand innerhalb der Einführungskampagne im<br />
Jahr 2002 die Umbenennung von VIAG Interkom in O2 im Mittelpunkt. Hier<br />
wird der Markenwechsel verbal („VIAG Interkom ist jetzt O2“) sowie unter Einsatz<br />
von Franz Beckenbauer beworben (Abb. D-16). Die Wahl des Prominen-<br />
64 Der deutsche Markenauftritt erfolgt durch die Düsseldorfer Werbeagentur Grey Worldwide.
174 Kapitel D<br />
ten, der zuvor für E-Plus Werbung machte, ist medienwirksam durch den Claim<br />
„Die Mobile Generation wechselt zu O2“ unterstützt worden. 65 Nach der Einführung<br />
wird die inhaltliche Ausrichtung der Kampagne nahtlos auf die Kommunikation<br />
leistungsbezogener Themen konzentriert: Im Mittelpunkt stehen nun<br />
Produkte und <strong>Service</strong>s, die verschiedene Facetten des Markenversprechens<br />
untermauern sollen: unkompliziert, einfach, besser oder günstiger als die<br />
Wettbewerber. Eine weitere Kampagne Ende 2003, die vornehmlich in der<br />
Wirtschaftspresse geschaltet wurde, gilt der Dramatisierung der wirtschaftlichen<br />
Erfolge sowie der innovativen <strong>St</strong>ärke der Marke: Neben verschiedenen<br />
Prominenten zeichnet ein Trainee sowie der CEO des Unternehmens mit einem<br />
leuchtenden Handydisplay den Schriftzug „can do“ in die Luft. 66 Mit dieser<br />
Kampagne wurde auch das Ziel verfolgt, die schnelle Identifikation der Marke<br />
auf Mitarbeiterebene zu gewährleisten. Bemerkenswert ist, das sich der O2-<br />
Markenauftritt - im Gegensatz zum Wettbewerb - durch die Konzentration auf<br />
wenige Kampagnen mit längerer Laufzeit auszeichnet. 67<br />
2.5.5 Kritische Kurzbewertung<br />
Es scheint auf den ersten Blick geradezu paradox, dass es einer Marke ausgerechnet<br />
mit Hilfe der Formel des chemischen Elements Sauerstoff gelingt, Telekommunikationsdienstleistungen<br />
effektiv zu visualisieren und eine nachhaltige,<br />
die Positionierung vermittelnde Markenbildwelt zu erzeugen: 68 Denn<br />
sowohl das Produkt als auch der ungewöhnliche Markenname können nicht direkt<br />
zum Aufbau eines inneren Markenbildes beitragen. Damit vermittelt die<br />
Namensgebung allerdings allein aufgrund ihrer Außergewöhnlichkeit (O2 =<br />
mobile Kommunikation) eine zentrale Positionierungsbotschaft, indem sie den<br />
Absender der Marke als ebenso außergewöhnlich und innovativ darstellt.<br />
Die eigentliche visuelle <strong>St</strong>ärke des O2-Markenauftritts ergibt sich somit zunächst<br />
nicht unmittelbar aus der Kommunikationsidee („Sauerstoff ist so essentiell<br />
wie Kommunikation“), sondern erst im Verbindung mit der Visualisierungsidee<br />
„Bubbles“. Die Luftblasen symbolisieren einerseits den Sauerstoff<br />
und verweisen damit eindeutig auf den Markennamen (Bubbles = O2), anderseits<br />
eröffnen sie eine Vielzahl möglicher Assoziationen (Frische, Aktivität,<br />
Transparenz, Klarheit etc.), die nachhaltig die angestrebte Positionierung unterstützen.<br />
Gleichzeitig erhalten Markenname bzw. Markenzeichen auch eine<br />
visuelle Bedeutung, indem sie mit dem ungewöhnlichen Schlüsselbild eine logische<br />
und daher eingängige Verbindung eingehen: O2 = Bubbles. Ebenso<br />
zwangsläufig, weil bildhaft-assoziativ naheliegend, ergibt sich hieraus die Markenfarbe:<br />
Blau = Bubbles = O2. Im Ergebnis entsteht so eine konsequente,<br />
65 Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2003, S. 317.<br />
66 Vgl. O2 (Germany) 2003.<br />
67 Vgl. GWA 2004, S. 392.<br />
68 Hierzu die Berliner Morgenpost: „Alberne Umbenennung – das wird ein Schlag ins H2O!“, zitiert<br />
nach GWA 2003, S. 315.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 175<br />
formal und inhaltlich integrierte virtuelle Markenbildwelt, in der die Schlüsselsignale<br />
jeweils selbsterklärend zur Vermittlung der Positionierung beitragen<br />
und sich gegenseitig in ihrer assoziativen Kraft unterstützen und verstärken.<br />
Vor dem Hintergrund der konzeptionellen Überlegungen dieser Arbeit ist daher<br />
davon auszugehen, dass diese kreierte Markenbildwelt höchst effizient den<br />
Aufbau innerer Markenbilder im Gedächtnis der Konsumenten ermöglicht.<br />
Diese Beurteilung spiegelt sich auch im qualitativen und quantitativen Erfolg<br />
der Marke wider: 69 Bereits fünf Monate nach der Einführung im Mai 2002 lag<br />
die gestützte Markenbekanntheit von O2 über der des Vorgängers VIAG Interkom<br />
und nur acht Monate nach Einführung erreichte O2 mit einer gestützten<br />
Bekanntheit von 85 Prozent nahezu das Niveau der etablierten Wettbewerber.<br />
70 Im Bereich Werbeerinnerung rangiert die Marke seit Ende 2002 auf Platz<br />
eins unter den Anbietern: Die ungestützte Werbeerinnerung liegt bei 38 Prozent<br />
(Nächstbester: 29 Prozent), die gestützte Werbeerinnerung liegt bei 78<br />
Prozent (Nächstbester: 70 Prozent). Ebenso liegt O2 mit einer Claim-Ratio von<br />
0,75 unangefochten an erster <strong>St</strong>elle (Nächstbester: 0,52). Auch in der qualitativen<br />
Beurteilung des Markenauftritts erzielt O2 überdurchschnittliche Werte: So<br />
empfinden 47 Prozent der Betrachter den Auftritt als einzigartig (Wettbewerbsdurchschnitt:<br />
32 Prozent), 43 Prozent der Betrachter halten O2 für den besseren<br />
Mobilfunkanbieter (Wettbewerbsdurchschnitt: 40 Prozent). Mit einer<br />
durchschnittlichen Likes-/Dislikes-Ratio von 2,05 liegen auch die Sympathiewerte<br />
deutlich über dem Branchendurchschnitt (1,49). Insgesamt erzielt O2 mit<br />
dieser Performance in 2003 - trotz einem gegenüber dem Vorjahr um 9 Prozent<br />
reduzierten Budget - unter den Netzbetreibern das stärkste Marktanteils-<br />
Wachstum (+12 Prozent), das stärkste Kundenwachstum (+22 Prozent), den<br />
höchsten Vertragskundenanteil (58 Prozent) sowie den höchsten Umsatz pro<br />
Kunde (31 EUR). Damit ist der Markenauftritt von O2 der „präsenteste im Markt<br />
und setzt Effizienzmaßstäbe“ 71 .<br />
2.6 Vodafone: Globalisierung einer nationalen Marke<br />
2.6.1 Das Unternehmen im Kurzprofil<br />
Die Vodafone D2 GmbH gehört zur britischen Vodafone-Gruppe und damit<br />
zum weltweit größten Mobilfunk-Unternehmen. Im Dezember 1989 erhält das<br />
Unternehmen als neu gegründeter Telekommunikationsbereich des diversifizierten<br />
Weltkonzerns Mannesmann die erste private Lizenz für den Aufbau und<br />
Betrieb eines digitalen Mobilfunknetzes, dessen kommerzieller <strong>St</strong>art im Juni<br />
1992 unter dem Namen D2 Mannesmann Mobilfunk erfolgt.<br />
69 Vgl. zum Folgenden: GWA 2003, S. 318 f.; GWA 2004, S. 393 f.<br />
70 Im Laufe des Jahres 2003 verbesserte sich die ungestützte Markenbekanntheit weiter auf 51<br />
Prozent, die gestützte auf 91 Prozent (vgl. GWA 2004, S. 393).<br />
71 ICONBrand-<strong>St</strong>atus zitiert nach GWA 2004, S. 393.
176 Kapitel D<br />
Kurzprofil<br />
Unternehmen<br />
Gesellschafter<br />
Marktstart<br />
Geschäftszweck<br />
Zielgruppe<br />
Geschäftsfelder/<br />
Dienstleistungsangebot<br />
Kennzahlen 2003/2004<br />
Vertrieb<br />
Besonderheiten<br />
Abb. D-17: Vodafone D2: Kurzprofil<br />
Vodafone D2 GmbH, Düsseldorf<br />
Vodafone Group plc (100%)<br />
Juni 1992 (als Mannesmann D2)<br />
Januar 2001 (als Vodafone D2)<br />
Netzbetreiber Mobilfunk:<br />
Errichtung und Betrieb eines bundesweiten digitalen zellularen Mobilfunknetzes<br />
(D2-Netz) auf Basis von GSM 1800 (High Quality Netzstandard),<br />
GPRS und UMTS.<br />
Privat- und Geschäftskunden<br />
Privatkunden:<br />
Vodafone live!<br />
Vodafone CallYa<br />
Vodafone Online<br />
u.a.<br />
Geschäftskunden:<br />
Vodafone Mobile Office<br />
Vodafone-CorporateFleetManagement<br />
Vodafone Telematik und Telemetrie<br />
u.a.<br />
Umsatz: 7,8 Mrd. EUR<br />
Kunden: 26,1 Mio.<br />
Mitarbeiter: 9.300<br />
Vodafone D2<br />
Dezentrale Vertriebsstruktur mit acht Niederlassungen und eigener Filialkette<br />
(206 Filialen) sowie Großkunden- und Mittelstandsvertrieb.<br />
Indirekter Vertrieb über ca. 4000 Geschäfte des Fachhandels und 6000<br />
Outlets von 9 <strong>Service</strong> Providern.<br />
Weltweit größter Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen.<br />
Der Düsseldorfer Netzbetreiber gehört somit zu den weltweit ersten Telekommunikationsdienstleistern,<br />
die der damals neuen GSM-Technologie zum<br />
Durchbruch verhalfen. Im Januar 2000 erfolgt die Übernahme der Aktienmehrheit<br />
am Mannesmann-Konzern durch Vodafone Group, der früheren Vodafone<br />
AirTouch, in deren Folge die gesamte Mannesmann AG in die Vodafone-<br />
Gruppe eingegliedert wird. 72 Für die Vodafone Gruppe bedeutet die Übernahme<br />
einen wesentlichen Schritt auf dem eingeschlagenen Weg zum Global<br />
Player im Mobilfunk. Weltweit ist Vodafone heute das größte international vernetzte<br />
Mobilfunk-Unternehmen. „Als weltweit aktive Gruppe verfügt Vodafone<br />
über Möglichkeiten, die andere Telekommunikationsanbieter nicht haben. Mit<br />
rund 100 Millionen Kunden in 28 Ländern hat Vodafone weltweit die beste Positionierung,<br />
den »largest Footprint«. Aus dieser Ausgangssituation heraus<br />
können wir den Markt gestalten, anstatt uns vom Wettbewerb treiben zu lassen.“<br />
73 Mit dem Erwerb von UMTS-Lizenzen in den wichtigsten Ländermärkten<br />
72 Parallel hierzu erfolgte der Verkauf von Atecs Mannesmann, in der die industriellen Aktivitäten<br />
von Mannesmann ausgegliedert waren, an die Siemens AG und die Übernahme des ehemaligen<br />
<strong>St</strong>ammgeschäfts, der Mannesmannröhren-Werke AG, durch die Salzgitter AG. Damit war der<br />
deutsche Traditionskonzern vollständig zerschlagen.<br />
73 Thomas Geitner, Chief Executive Products & <strong>Service</strong>s Vodafone Group, zitiert nach o.V. Messe-<br />
treff 2002.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 177<br />
hat Vodafone die Weichen gestellt, um im neuen Zeitalter der dritten Mobilfunkgeneration<br />
ein global einheitliches, innovatives Dienstleistungsspektrum<br />
auf den nationalen Märkten anbieten zu können.<br />
Vodafone ist als globale Gruppe mit national agierenden Unternehmen strukturiert.<br />
In Deutschland kämpft Vodafone D2 (26,1 Millionen Kunden) gegen T-<br />
Mobile (27,4 Millionen Kunden) hart um Platz eins des Mobilfunkmarktes. 74 Die<br />
Internationalisierung des Konzerns ermöglicht den Kunden über Deutschland<br />
hinaus bei 229 Netzbetreibern in 121 Ländern auf allen Kontinenten mobil zu<br />
telefonieren und dort unter ihrer Vodafone D2-Nummer erreichbar zu sein.<br />
2.6.2 <strong>St</strong>rategische Markenausrichtung<br />
Im Vordergrund der Vodafone Markenstrategie steht der Aufbau eines Global<br />
Brand, der die Vermarktung eines weltweiten Dienstleistungsangebots unter<br />
einem einheitlichen Markendach ermöglicht. Hierzu migriert das Unternehmen<br />
in einem Prozess der schrittweisen Vereinheitlichung starke nationale Marken<br />
wie D2 zu einer globalen Dachmarke. Aus einem Mix unterschiedlicher Namen<br />
und Kulturen im gesamten Konzernverbund entsteht somit im Rahmen eines<br />
Transformationsprozesses ein einziger Brand: die erste Weltmarke im Mobilfunk.<br />
Hintergrund der <strong>St</strong>rategie ist die Überzeugung, mit Hilfe einer globalen<br />
Einzelmarke Kundenpotentiale besser ausschöpfen und gleichzeitig von Synergien<br />
und Kostendegressionseffekten im internationalen Markenauftritt profitieren<br />
zu können: „The initial positive acceptance of the Vodafone brand has<br />
meant that we have been able to introduce the single brand ahead of schedule<br />
in Portugal and Spain. A seamless, consistent Vodafone brand across Europe<br />
initially, will help drive our customers usage of Vodafone products and services<br />
when roaming or while in their home country. This will enhance ARPU as well<br />
as creating cost and revenue synergies.“ 75<br />
Die Positionierung des Global Brand ist auf das Leistungsversprechen ausgerichtet,<br />
mit Vodafone als weltweitem Anbieter überall auf einfache Weise die<br />
gleichen <strong>Service</strong>s in Anspruch nehmen zu können - Tarife, Dienste, Hilfestellungen,<br />
Mailbox-Funktionen, Menüführungen im Handy sind überall gleich, unabhängig<br />
vom <strong>St</strong>andort des Kunden. In seinen Grundsätzen beschreibt<br />
Vodafone seine Vision wie folgt: „To be the world's mobile communications<br />
leader - enriching customers' lives, helping individuals, businesses and communities<br />
be more connected in a mobile world. Our customers use mobile<br />
communications to make their lives richer, more fulfilled, more connected.<br />
They will prefer Vodafone because the experience of using Vodafone will be<br />
74 <strong>St</strong>and der angegebenen Zahlen: 30. September 2004.<br />
75 David Haines, Global Brand Director Vodafone Group Plc., zitiert nach o.V. EMEA News 2001.<br />
Mit dem Ex-Coca-Cola-Manager engagiert Christopher C. Gent in 2001 einen Markenspezialisten<br />
der klassischen Konsumgüterindustrie, um die Marke Vodafone zu einer führenden Weltmarke<br />
zu entwickeln (vgl. Baker/ Capell 2001).
178 Kapitel D<br />
the best they can find. We will lead in making the mobile the primary means of<br />
personal communications for every individual around the world. Through out<br />
leadership, our scale, our scope and our partnerships, we will bring online mobile<br />
services to the world.” 76<br />
2.6.3 Entwicklung der virtuellen Vodafone-Markenbildwelt<br />
Der Markenname Vodafone geht auf die Bezeichnung eines Mobilfunknetzes<br />
zurück. Die britische Racal Electronics Group ersteigerte 1982 die Lizenz zum<br />
Aufbau des ersten privaten, analogen Mobilfunknetzes in Großbritannien, das<br />
1985 in Betrieb genommen wurde. In Anlehnung an seine Funktion, Sprach-<br />
und Datendienste über Mobiltelefone (voice and data services over mobile<br />
phone) anzubieten, wurde das Netz Vodafone genannt. 77<br />
„how are you?“<br />
Abb. D-18: Vodafone D2: Schlüsselsignale der Marke<br />
Vodafone<br />
In der Wortbildmarke erscheint der Markenname auf einer roten Telefonkarte<br />
(Abb. D-18). Der Buchstabe „o“ des Markennamens, der gleichzeitig ein stark<br />
umrandetes Anführungszeichen darstellt, dient in der Vergrößerung ebenfalls<br />
als Erkennungszeichen: Als Symbol für Kommunikation beziehungsweise wörtliche<br />
Rede unterstreicht es gemeinsam mit der Telefonkarte den Branchenbezug<br />
und Geschäftszweck der Marke.<br />
76 Vodafone 2003a.<br />
77 Vodafone 2003b.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 179<br />
Im internationalen Markenauftritt fungiert das „Anführungszeichen“ zudem als<br />
wiederkehrendes Schlüsselbild bzw. Schlüsselsymbol, das meist als Umrahmung<br />
für Menschen in unterschiedlichen Situationen eingesetzt wird. Das<br />
Symbol ist somit variabel verwendbar, schafft eine formale Verbindung zwischen<br />
beliebigen Bildmotiven und der Marke und unterstützt so den Wiedererkennungseffekt<br />
unterschiedlicher Werbemaßnahmen und -kampagnen.<br />
2.6.4 Kommunikation der Marke<br />
Die Schlüsselsignale werden international als konstanter Kommunikationshintergrund<br />
verwendet, auf dem die jeweiligen nationalen (z. B. Print-Werbung),<br />
aber auch internationale (z. B. Formel 1) Kommunikationsmaßnahmen<br />
der Marke aufbauen.<br />
In Deutschland wurde der Übergang von der Marke D2 zur Marke Vodafone in<br />
mehreren Schritten kommuniziert, die sich am deutlichsten über die Veränderung<br />
des Markenzeichens aufzeigen lassen: Die Marke D2, 1992 als Mannesmann<br />
D2 auf den Markt gekommen und zuletzt - vor der Übernahme durch<br />
Vodafone - als „D2 privat“ vermarktet, wurde in einem stufenweisen Prozess<br />
durch die Wortbildmarke Vodafone überdeckt, die ehemals blau-weiße in eine<br />
rote Markenbildwelt überführt. Aus der Sicht des deutschen Kunden stellte sich<br />
somit ein Anbieter innerhalb von zehn Jahren in mindestens fünf verschiedenen<br />
Varianten vor (Abb. D-19). Mit dieser Überführungstechnik sollte gewährleistet<br />
werden, dass ein Teil des Kapitals der nationalen Marke D2 in den<br />
Global Brand Vodafone einfließen: Neben dem Bekanntheitsgrad galt es insbesondere,<br />
die in der deutschen Zielgruppe verankerten leistungsbezogenen<br />
und emotionalen Bedeutungsinhalte zu D2 auf die neue Marke zu übertragen.<br />
Begleitet wurde dieser Markenveränderungsprozess durch den Einsatz unterschiedlicher<br />
Claims: Nach „D2 live ist dabei“ und „Vodafone verbindet mobile<br />
Menschen weltweit. In Deutschland ist D2 live dabei“ markiert „How are you?“<br />
nun den Abschluss des Markenübergangs.<br />
Abb. D-19: Von Mannesmann bis Vodafone: Entwicklung eines Markenzeichens (1992-2002)<br />
Unter den deutschen Telekommunikationsdienstleistern wendet Vodafone D2<br />
gegenwärtig den höchsten Werbeetat zur Profilierung seiner Marke auf. 78 Im<br />
leistungsbezogenen Mittelpunkt der Kampagnen steht die Einführung des - in<br />
78 Mit Werbeinvestitionen in Höhe von 87,2 Millionen EUR (1.-3. Quartal 2002) gehört Vodafone zu<br />
den deutschen Top-20 Unternehmen im Bereich Werbeausgaben (Quelle: Nielsen Media Research,<br />
zitiert nach Bauer Media 2003, S. 17).
180 Kapitel D<br />
sieben europäischen Ländern lancierten - <strong>Service</strong>s Vodafone live!, der den<br />
Kunden neben einem speziellen Handy mit integrierter Digitalkamera ein exklusives<br />
Leistungsbündel von Bildversand, Chat, eMail, Gaming und Content<br />
<strong>Service</strong>s bietet. Nach E-Plus (i-mode) steigt somit auch Vodafone in den europäischen<br />
Markt für mobile Internetnutzung in Europa ein. Nach seiner Selbsteinschätzung<br />
eröffnet Vodafone den Kunden damit eine neue Kategorie<br />
mobiler Mehrwertdienste, welche die Marke in den Kernattributen Einfachheit<br />
und Innovation unterstützt. 79<br />
Bei der Markenkommunikation außerhalb der klassischen Werbung ist für Vodafone<br />
in Deutschland vor allem das nationale Sportsponsoring von Bedeutung.<br />
Das Unternehmen engagiert sich als Haupt-Sponsor der Deutschen<br />
Tourenwagen Meisterschaft (DTM-Serie) und unterstützt zudem das Team<br />
AMG Mercedes. Als Titelsponsor der deutschen Beach-Volleyball Tour (Vodafone-Masters/<br />
Vodafone-Open) profiliert sich das Unternehmen mit Außenwerbung.<br />
Auf internationaler Ebene erfolgt die Markenkommunikation durch langfristiges<br />
Sportsponsoring europa- oder weltweit bekannter Werbeträger. Für<br />
die vierjährige Trikot-Sponsorschaft des Fußballclubs Manchester United investierte<br />
das Unternehmen rund 30 Millionen GBP. 80 Einen besonderen Schritt<br />
zum Ausbau der Weltmarke sieht Vodafone im Sponsoring des Formel 1<br />
Rennstalls der Scuderia Ferrari: „Through our Formula One sponsorship of<br />
Scuderia Ferrari, Vodafone has enjoyed tremendous benefits. In part the success<br />
is as a result of the way Vodafone has integrated the Ferrari sponsorship<br />
into the business, including local sales incentives and global advertising campaigns.<br />
By comprehensively exploiting this property, Vodafone has managed to<br />
maximise the benefits of brand awareness and brand preference. This sponsorship<br />
also provides an excellent platform to build a rapport with our customers<br />
and helps fulfil our philosophy of connecting people with their passions.“ 81<br />
2.6.5 Kritische Kurzbewertung<br />
Wenngleich Vodafone weltweit der erfolgreichste Telekommunikationsanbieter<br />
ist, offenbart der Markenauftritt vor dem Hintergrund der konzeptionellen Überlegungen<br />
dieser Arbeit zentrale Schwächen: Im Mittelpunkt der Kritik steht dabei<br />
der technisch konstruierte Markenname aus der Frühzeit des (britischen)<br />
Telekommunikationsmarktes, der - ähnlich wie im Falle debitel oder mobilcom<br />
- originär bedeutungslos ist und weder eine Markenidee, noch ein Vorstellungsbild<br />
über die Marke transportiert. Gleiches gilt für Wortbildmarke und<br />
Schlüsselzeichen, die zwar formal integriert sind, jedoch ebenfalls keine inhaltliche<br />
Verbindung herstellen oder Idee vermitteln. Das abstrakte Markenzeichen,<br />
das vor allem zur Kennzeichnung austauschbarer Bildmotive im Rahmen<br />
79 Vgl. hierzu Vodafone 2002.<br />
80 Im Vergleich hierzu zahlt Arcor für die Trikot-Sponsorschaft von Hertha BSC Berlin 6 Millionen<br />
EUR p.a., debitel (VfB <strong>St</strong>uttgart) 3,3 Millionen EUR (vgl. WGZ Bank 2002, S. 14; S. 57).<br />
81 Thomas Geitner, Chief Executive Products & <strong>Service</strong>s Vodafone Group (Vodafone 2003c).
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 181<br />
der Werbung sowie innerhalb von Below-the-Line-Maßnahmen ohne den Einsatz<br />
des Markennamens erfolgt, steht ohne inhaltlichen Bezug zu Markennamen<br />
und Positionierung. Seine Funktion und Bedeutung als Markenzeichen<br />
muss daher durch Markenkommunikation inhaltlich aufgeladen und vom Konsumenten<br />
- zumal außerhalb Großbritanniens - erlernt werden. Vodafone stellt<br />
sich somit als eine (ehemals) nationale Marke dar, die wie auch die oben genannten<br />
Beispiele, ohne Berücksichtigung von zentralen Anforderungen des<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> entstanden ist und trotzdem unverändert international multipliziert<br />
wurde. Vor diesem Hintergrund ist kritisch zu hinterfragen, warum nicht<br />
eine integrierte Neugestaltung der Marke vor ihrer weltweiten Expansion<br />
durchgeführt wurde - ähnlich im Falle von O2.<br />
2.7 Yello <strong>St</strong>rom: Farbe als Schlüsselbild<br />
2.7.1 <strong>St</strong>rommarkt: Vom Monopol zum Markenwettbewerb<br />
Die Entwicklung des deutschen <strong>St</strong>rommarktes zeigt zahlreiche Parallelen zur<br />
Telekommunikationsbranche. 82 Mit Inkrafttreten des neuen Energiewirtschaftsgesetzes<br />
1998 wurde auch dieser ehemalige Monopolmarkt 83 vollständig liberalisiert:<br />
Alle Verbraucher können seitdem frei entscheiden, von welchem<br />
Energiedienstleister sie ihren <strong>St</strong>rom beziehen. Auch europaweit schreitet die<br />
Öffnung der <strong>St</strong>rommärkte voran: Neben Deutschland haben Ende 2004 sechs<br />
weitere <strong>St</strong>aaten der EU ihre <strong>St</strong>rommärkte vollständig liberalisiert. Außerdem<br />
wurde in allen 15 traditionellen Mitgliedsstaaten ab Juli 2004 der Wettbewerb<br />
für die Gewerbekunden eröffnet. 84<br />
In 2004 sind auf dem deutschen <strong>St</strong>rommarkt rund 1200 Unternehmen aktiv.<br />
Neben einigen Konzernen gibt es eine Vielzahl von kleinen und mittleren<br />
<strong>St</strong>romversorgern. Zu den vertikal integrierten <strong>St</strong>romversorgern, welche die<br />
komplette Wertschöpfungskette von der <strong>St</strong>romerzeugung, über den <strong>St</strong>romnetzbetrieb<br />
bis hin zum <strong>St</strong>romvertrieb abdecken, kommen rund 200 neue, darunter<br />
viele ausländische Unternehmen dazu, die ausschließlich im <strong>St</strong>romhandel<br />
und -vertrieb tätig sind. 85 Obwohl sich damit die Zahl der im deutschen<br />
<strong>St</strong>rommarkt tätigen Unternehmen seit 1998 erhöht hat, 86 hat die Liberalisierung<br />
der Energiemärkte in Deutschland nach Ansicht von Verbraucherschützern zu<br />
82 Vgl. Kapitel B.<br />
83 Vor der Liberalisierung des Marktes hatten die Energieversorgungsunternehmen in ihren Versorgungsgebieten<br />
ein gesetzlich anerkanntes Monopol inne (vgl. vgl. Bundesministerium für Wirtschaft<br />
und Arbeit 2004). Bis 1998 bestand in Deutschland die so genannte dreistufige<br />
Versorgungsstruktur aus 8 überregionalen Verbundunternehmen, die 82 Prozent des <strong>St</strong>roms erzeugten,<br />
ca. 80 regionalen Versorgungsunternehmen (7 Prozent der <strong>St</strong>romerzeugung) und ca.<br />
900 kommunalen Versorgungsunternehmen (11 Prozent der <strong>St</strong>romerzeugung), die mehrheitlich<br />
im Eigentum von <strong>St</strong>ädten und Gemeinden waren und sind (vgl. Optel Media <strong>Service</strong>s 2004a).<br />
84 Vgl. Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) 2004a.<br />
85 Vgl. Optel Media <strong>Service</strong>s 2004b.<br />
86 Vgl. envia Mitteldeutsche Energie AG 2004, S. 2
182 Kapitel D<br />
einer wettbewerbsfeindlichen Konzentration geführt: Infolge des anfänglich<br />
starken Preiskampfes wurden Überkapazitäten abgebaut, Unternehmen umgebaut,<br />
<strong>St</strong>rukturen rationalisiert. In der weiteren Folge fusionierten rund 80 größere<br />
<strong>St</strong>romanbieter und rund 500 kleinere Unternehmen vereinbarten Kooperationen<br />
oder strategische Allianzen zur Sicherung von Marktanteilen. Die Zahl der<br />
großen Verbundunternehmen reduzierte sich von acht auf vier (E.ON, RWE,<br />
Vattenfall Europe und EnBW) 87 , die allerdings 90 Prozent des Marktes abdecken.<br />
88<br />
Neben regulierungspolitischen und -technischen Themen 89 beherrschen - mit<br />
Blick auf den Konsumenten - vor allem <strong>St</strong>rompreise und Energieträger 90 die<br />
Themenlandschaft der Branche. So ermöglicht die Liberalisierung Energiedienstleistungsunternehmen<br />
unter anderem, <strong>St</strong>rom energieträgerspezifisch anzubieten<br />
und abzurechnen. Wünscht ein Kunde beispielsweise Haushaltsstrom<br />
aus Wasserkraft, so wird in der Höhe des jeweiligen <strong>St</strong>romverbrauchs Wasserkraftstrom<br />
in das <strong>St</strong>romnetz eingespeist. Das im Haushalt ankommende<br />
homogene Produkt <strong>St</strong>rom kann daher sowohl auf der Ebene des Preises wie<br />
auch auf der Ebene der Erzeugungsform variiert werden, was nunmehr eine<br />
zweidimensionale Angebotsdifferenzierung ermöglicht. 91<br />
Als Vermarktungskonzept im Verdrängungswettbewerb spielen seit der Liberalisierung<br />
auch in der Energiewirtschaft Marken eine zunehmend wichtige Rolle.<br />
92 Wie auf dem Telekommunikationsmarkt versuchen hier zahlreiche<br />
Anbieter, ihr Unternehmen oder ihre Leistungen als Marke zu profilieren und<br />
stehen dabei hinsichtlich der kognitionspsychologischen Anforderungen<br />
(<strong>St</strong>ichwort: unsichtbare Marktleistung 93 ) in Sachen virtuellem <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
vor ähnlichen Herausforderungen. Ebenfalls ähnlich sind dabei auch die situativen<br />
Faktoren des Markenumfelds: 94 Die Konsumentenseite ist geprägt durch<br />
geringes Involvement und mangelnde Wechselbereitschaft. So haben in der<br />
87 E.ON entstand aus Preussen-Elektra und den Bayernwerken, RWE fusionierte mit VEW, aus<br />
Bewag, HEW, Laubag und VEAG wurde Vattenfall Europe.<br />
88 Vgl. Optel Media <strong>Service</strong>s 2004a.<br />
89 Trotz Liberalisierung befindet sich der <strong>St</strong>rommarkt noch immer in einem Spannungsfeld zwischen<br />
<strong>St</strong>aat und Markt. Während die staatliche Regulierungspolitik im energiepolitischen Zieldreieck<br />
von Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit stattfindet (vgl.<br />
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit 2004), zielen die Interessen der Branchenverbände<br />
auf die vollständige Deregulierung des Marktes unter Minimierung staatlicher Restriktionen (vgl.<br />
Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) 2004b, S. 6 f.).<br />
90 Ein Energieträger bezeichnet den Rohstoff, der für die Energiegewinnung nutzbar gemacht wird<br />
(wie z.B. Erdöl, Kernspaltung, <strong>St</strong>einkohle, Windkraft).<br />
91 Nach der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments zur <strong>St</strong>romkennzeichnung soll zukünftig<br />
jeder <strong>St</strong>romabnehmer im Rahmen seiner Verbrauchsabrechung über den jeweiligen<br />
Energieträgermix des bezogenen <strong>St</strong>roms und die jeweiligen Auswirkungen auf die Umwelt informiert<br />
werden (vgl. Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) 2004c).<br />
92 Vgl. Optel Media <strong>Service</strong>s 2004c.<br />
93 Vgl. Kapitel C 3.3.3.<br />
94 Vgl. Kapitel B 2.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 183<br />
Zeit von 1998 bis 2004 lediglich vier Prozent der Kunden ihren Anbieter gewechselt,<br />
95 obwohl auch im aktuellen Umfeld wieder steigender Preise noch<br />
immer erhebliches Einsparpotential durch Tarifvergleiche besteht. 96<br />
2.7.2 Yello <strong>St</strong>rom im Kurzprofil<br />
Die Yello <strong>St</strong>rom GmbH wird im August 1999 als 100prozentige Tochter des<br />
Energiedienstleisters EnBW Energie Baden-Württemberg AG und erste eigenständige<br />
Marke des Energiemarktes gegründet. Die EnBW selbst ist - in strategischer<br />
Vorbereitung auf die Liberalisierung des Marktes - genau zwei Jahre<br />
zuvor aus der Fusion der Badenwerk AG und Energie-Versorgung Schwaben<br />
entstanden. 97 Der Firmensitz der Yello <strong>St</strong>rom GmbH wird bewusst außerhalb<br />
des Schattens der schwäbischen Konzernmutter in das <strong>St</strong>ammland des Hauptkonkurrenten<br />
RWE gelegt. 98<br />
Kurzprofil<br />
Unternehmen<br />
Gesellschafter<br />
Marktstart<br />
Geschäftszweck<br />
Zielgruppe<br />
Geschäftsfelder/<br />
Dienstleistungsangebot<br />
Kennzahlen 2003<br />
Vertrieb<br />
Besonderheiten<br />
Yello <strong>St</strong>rom GmbH, Köln<br />
EnBW Energie Baden-Württemberg AG (100%)<br />
August 1999<br />
Bundesweiter Vertrieb von <strong>St</strong>rom und weiterer Dienstleistungen rund um<br />
Haushalt und Familie<br />
Privat- und kleine Gewerbekunden<br />
Yello <strong>St</strong>rom<br />
YelloTel<br />
YelloInternet<br />
Abb. D-20: Yello <strong>St</strong>rom: Kurzprofil<br />
Umsatz: k.A.<br />
Betriebsergebnis: k.A.<br />
Kunden: 1,0 Mio.<br />
Mitarbeiter: k.A.<br />
Hotline 0800-19 000 19<br />
E-Commerce (www.yellostrom.de)<br />
Vertriebskooperationen<br />
Yello Direktvertrieb („Kampfbienen“)<br />
Handelsvertreter<br />
Yello <strong>St</strong>rom<br />
Yello <strong>St</strong>rom war die erste eigenständige <strong>St</strong>rommarke in Deutschland.<br />
95 Rund 25 Prozent der privaten Verbraucher haben jedoch preiswertere Sonderverträge mit ihrem<br />
örtlichen <strong>St</strong>romversorger abgeschlossen. Bei Gewerbekunden haben rund 50 Prozent ihren<br />
<strong>St</strong>romanbieter bzw. den Tarif gewechselt, bei Industriekunden sogar 100 Prozent (vgl. Optel Media<br />
<strong>Service</strong>s 2004b).<br />
96 Eine empirische Untersuchung des Instituts für Unternehmensentwicklung und Organisation an<br />
der Ludwig-Maximilians-<strong>Universität</strong> München ermittelte jetzt das generelle Desinteresse an der<br />
Wechselthematik als bedeutendste Ursache für die Kundenbindung. Demzufolge wird die Bindung<br />
der <strong>St</strong>romkunden vor allem auf emotionaler Ebene durch die latente Wechselangst bestimmt,<br />
wenngleich ein Anbieterwechsel kinderleicht ist und keinerlei Risiken für den<br />
Verbraucher birgt. Faktoren wie Zufriedenheit oder Vertrauen zum jetzigen <strong>St</strong>romanbieter spielen<br />
demnach nur eine untergeordnete Rolle (vgl. Optel Media <strong>Service</strong>s 2004d).<br />
97 Vgl. EnBW Energie Baden-Württemberg AG 2004, S. 13.<br />
98 Vgl. Kreutz 2000, S. 228.
184 Kapitel D<br />
Das Kerngeschäftsfeld der Yello <strong>St</strong>rom GmbH ist der Vertrieb von EnBW-<br />
<strong>St</strong>rom an Privatkunden. Inzwischen ist die Zielgruppe auf kleinere Gewerbekunden<br />
und das Sortiment um die Dienstleistungen YelloTel (Festnetzanschluss)<br />
und YelloInternet (Internetzugang) erweitert worden („Dienstleistungen<br />
rund um Haushalt und Familie“). Mit über einer Million Kunden und einer Markenbekanntheit<br />
von 98 Prozent in der Gesamtbevölkerung gehört Yello zu den<br />
erfolgreichsten Marken des Energiemarktes. 99 Seit 2004 schreibt das Unternehmen<br />
schwarze Zahlen. 100<br />
2.7.3 <strong>St</strong>rategische Positionierung der Marke Yello <strong>St</strong>rom<br />
Die Entwicklung von Yello <strong>St</strong>rom im Jahre 1999 erfolgt im direkten Auftrag des<br />
Vorstands mit der Zielsetzung, mit einer neuen <strong>St</strong>rommarke des Energiedienstleisters<br />
EnBW in den neuen Wettbewerb um private Kunden einzusteigen.<br />
101 Die zentrale Positionierung der Marke besteht in der Kombination aus<br />
einem emotionalen Mehrwert und einem rationalen, vom Wettbewerb differenzierenden<br />
Produktvorteil: 102 So soll Yello <strong>St</strong>rom in der Wahrnehmung der Kunden<br />
als frischer, frecher, fröhlicher und zuverlässiger Anbieter für günstigen<br />
<strong>St</strong>rom wahrgenommen werden, der den einfachen Wechsel vom alten <strong>St</strong>romversorger<br />
ermöglicht. Interessanterweise erfolgt sowohl die eigentliche Positionierung<br />
auf Leistungsebene (günstiges Produkt, einfacher Wechsel) als auch<br />
die Entscheidung zur Gründung einer eigenständigen Firma erst am Ende der<br />
Entwicklung der Markenbildwelt und der Werbeidee. 103 Am Anfang der Marke<br />
Yello <strong>St</strong>rom steht somit eine kreative Leitidee: „Yello. <strong>St</strong>rom ist gelb.“ 104 Erst<br />
im Nachgang wird diese Idee durch die leistungsbezogene Positionierung ergänzt<br />
und den Slogan „Gelb. Gut. Günstig.“ abgerundet.<br />
2.7.4 Entwicklung der virtuellen Yello <strong>St</strong>rom-Markenbildwelt 105<br />
Die Leitidee bestimmt gleichzeitig das visuelle Schlüsselmotiv der Marke: die<br />
Farbe Gelb. Sie ist „eine der drei Primärfarben. Sie lässt sich nicht weiter zerlegen,<br />
ist selbst aber fast immer in anderen Farben enthalten. [...] Sie absorbiert<br />
erheblich weniger Licht als die beiden anderen Farben, und das macht<br />
ihre besondere Signalwirkung aus. [...] Mit Gelb verbinden sich unter anderem<br />
99 Vgl. Yello <strong>St</strong>rom 2004.<br />
100 Vgl. o.V. Wirtschaftswoche 2004.<br />
101 Vgl. EnBW Energie Baden-Württemberg AG 2004, S. 13; Kreutz 2000, S. 80 f.<br />
102 Vgl. Kreutz 2000, S. 215 f.<br />
103 Vgl. Kreutz 2000, S. 215 f., S. 228.<br />
104 Über die Entstehung dieser Idee sagt Bernd Kreutz, Inhaber der gleichnamigen Werbeagentur<br />
und Erfinder der Marke Yello <strong>St</strong>rom: In der Marke musste „eine zentrale Kommunikationsidee<br />
verankert sein. Eine Idee, in der Werbung und Marke sich gegenseitig verstärken und nicht einfach<br />
beziehungslos nebeneinanderher vegetieren. Eine Marke, die unser Produkt eindeutig<br />
kennzeichnet und die gleichzeitig mit einem emotionalen Mehrwert aufgeladen ist“ (Kreutz 2000,<br />
S. 94).<br />
105 Die Zitate dieses Abschnitts beziehen sich auf „Grundlagen des Markenauftritts von Yello <strong>St</strong>rom“<br />
in: Kreutz 2000, Anschauungsmaterial.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 185<br />
Eigenschaften wie aktiv, fröhlich, frisch, frech, laut und ähnliches.“ Als Markenname<br />
wurde „Yello“, die um das „w“ verkürzte Form des englischen Wortes<br />
für „gelb“, mit dem „Nachnamen“ <strong>St</strong>rom 106 gewählt. Der Name hat somit auch<br />
einen Aufforderungscharakter (engl. to yell), was den unkonventionellen Markenauftritt<br />
zusätzlich unterstützt. „Auch die Ähnlichkeit mit „Hello“ ist nicht unwillkommen.“<br />
Schlüsselbild:<br />
Farbe „Gelb“<br />
„Gelb.Gut.Günstig.“<br />
Abb. D-21: Yello <strong>St</strong>rom: Schlüsselsignale der Marke<br />
Yello<br />
Als Markenzeichen (Abb. D-21) dient eine runde Buttonform, die durch eine<br />
waagerechte Sinuswelle 107 in zwei Flächen geteilt wird. In der oberen Hälfte<br />
steht „Yello“ in gelb auf schwarzem Grund, in der unteren Hälfte „<strong>St</strong>rom“ in<br />
schwarz auf weißem Grund. Form und Farbe des Markenzeichens werden in<br />
den Grundlagen des Markenauftritts wie folgt begründet: „Der Kreis ist die vollkommenste,<br />
in sich geschlossene geometrische Form. Man kann, wenn man<br />
will, die Erdkugel damit assoziieren. Oder eine <strong>St</strong>eckdose. Man kann aber<br />
auch an die Sonne denken und an ihre Energie oder an das Gelbe vom Ei. Da-<br />
106 Hierzu Bernd Kreutz: „Wir kommen neu auf den Markt. Mit einem Produkt, dass nicht greifbar<br />
und nicht visualisierbar ist. [...] Wir müssen den Leuten sagen, um was es bei Yello geht. Es geht<br />
um <strong>St</strong>rom. Wir brauchen diese Eindeutigkeit. Zumindest am Anfang. Wenn wir diese Eindeutigkeit<br />
nicht in der Marke verankern, müssten wir es mit anderen Mitteln tun. Die Risiken, die damit<br />
verbunden sind, möchte ich jedenfalls nicht eingehen“ (Kreutz 2000, S. 98).<br />
107 Im Erscheinungsbild der EnBW stellt die Sinuswelle das Kernelement dar, somit die Sinuswelle<br />
als formales Indiz auf die Anbindung an den Mutterkonzern hinweist.
186 Kapitel D<br />
durch entsteht eine fast selbstverständliche Übereinstimmung von Form und<br />
Farbe.“ Zur Farbe heißt es: „Auf einem schwarzen Fond kommen alle Farben<br />
besser zum Leuchten. Und mit der Zweiteilung lässt sich zum Beispiel Tag und<br />
Nacht assoziieren. Hell und dunkel. Plus und Minus. Warm und kalt. Licht an,<br />
Licht aus. Oder, warum denn nicht, in der Sinuswelle, dem Sinnbild für elektrische<br />
Energie, ist es ja zumindest angedeutet: Yin und Yan.“<br />
2.7.5 Kommunikation der Marke<br />
Seit dem ersten Markenauftritt im August 1999 betreibt Yello <strong>St</strong>rom einen breit<br />
angelegten Kommunikationsmix aus Werbung (Tageszeitungen, Magazine,<br />
Radio, Fernsehen, Großplakate, Bannerwerbung im Internet etc.), Internetportal<br />
(seit 2001 mit der virtuellen Kundenberaterin „Eve“), Direct Mailings, Promotions<br />
und Sponsoring. 108 Die Gemeinsamkeit der Maßnahmen liegt darin,<br />
dass sämtliche Kommunikationsaktivitäten auf die Thematisierung und Aktualisierung<br />
der Marke ausgerichtet sind.<br />
Abb. D-22: Yello <strong>St</strong>rom: Print-Werbekampagnen 1999 (Markteinführung: Dramatisierung Markenidee),<br />
2000 (Fußball-WM: Dramatisierung „einfacher Wechsel“) und 2004 (Dramatisierung<br />
„Preis“)<br />
In der Einführungsphase wurde zunächst die virtuelle Markenwelt durch Slogans<br />
wie „Also ich glaube, <strong>St</strong>rom ist gelb“ oder „Mein <strong>St</strong>rom ist gelb.“ thematisiert<br />
und die Idee der Marke kommuniziert (Abb. D-22, links). Der<br />
außergewöhnliche Werbespruch, der zunächst in ganzseitigen gelben Zeitungsanzeigen<br />
mit Markenzeichen, aber ohne Absenderhinweis beworben<br />
wurde, war in der ersten Augustwoche 1999 bundesweit Gesprächsthema.<br />
Flankiert wurde die Maßnahme durch innovative Fernsehspots und Radiowerbung,<br />
in denen Passanten nach der Farbe des <strong>St</strong>roms gefragt wurden. Erst eine<br />
Woche später erschien mit Nennung einer Hotline-Nummer das Angebot<br />
„Ab heute gibt es gelben <strong>St</strong>rom. Yello <strong>St</strong>rom. Gelb. Gut. Günstig.“. Bereits fünf<br />
108 Vgl. hierzu Kreutz 2000, S. 229.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 187<br />
Monate nach Einführung der Marke erreichte Yello <strong>St</strong>rom als bekanntester<br />
<strong>St</strong>romanbieter eine ungestützte Markenbekanntheit von 53,6 Prozent, weit vor<br />
dem Hauptkonkurrenten RWE Energie (28,3 Prozent) 109 . In einer Untersuchung<br />
im Februar 2000 gaben mehr als 60 Prozent wechselwilliger <strong>St</strong>romkunden an,<br />
dass Yello <strong>St</strong>rom als Anbieter für sie in Frage käme (RWE: 12 Prozent). 110 Yello<br />
<strong>St</strong>rom wurde in kürzester Zeit zu der <strong>St</strong>rommarke mit den höchsten Sympathiewerten.<br />
111<br />
Bis heute stehen sämtliche Kommunikationsaktivitäten unter dem Vorzeichen,<br />
die leistungsbezogene Positionierung der Marke in der Yello-typischen Art in<br />
unterschiedlichsten Formen zu dramatisieren (Abb. D-22). Als Kommunikationsanlässe<br />
werden regelmäßig aktuelle Großereignisse (so etwa die Sonnenfinsternis<br />
1999, die Fußball-Weltmeisterschaft 2000) gewählt, die dann - als<br />
kollektiver Reizauslöser genutzt - thematischer Bezugspunkt der konkreten<br />
Werbebotschaft sind (Abb. D-22 Mitte) und so zur Aktualisierung der Marke<br />
beitragen.<br />
2.7.6 Kritische Kurzbewertung<br />
Wie nicht zuletzt der Erfolg Marke zeigt, initiiert die virtuelle Bildwelt der Marke<br />
Yello <strong>St</strong>rom ein nachhaltig verankertes, inneres Vorstellungsbild über das angestrebte<br />
Image sowie den Leistungsnutzen. Die erforderliche Visualisierung<br />
der unsichtbaren Leistung <strong>St</strong>rom erfolgt bereits in der Leitidee („Yello. <strong>St</strong>rom<br />
ist gelb.“) und setzt sich in der konsequenten, formalen und inhaltlichen Integration<br />
der virtuellen Markenbildwelt und ihrer Schlüsselsignale Markenname,<br />
Markenzeichen und Schlüsselbild fort. Jedes dieser Elemente ist selbsterklärend<br />
und transportiert die Kommunikationsidee. Durch die geschickte Forcierung<br />
der Markenidee („Welche Farbe hat <strong>St</strong>rom?“) sowie die Dramatisierung<br />
der Farbe Gelb im Rahmen der Einführungskampagne wird eine eineindeutige<br />
assoziative Verknüpfung (<strong>St</strong>rom ist Gelb und Gelb ist <strong>St</strong>rom = Yello <strong>St</strong>rom)<br />
verstärkt. In der Ergänzung mit dem ebenfalls einprägsamen alliterierten Markenslogan<br />
„Gelb. Gut. Günstig.“ verstärken sich alle Elemente gegenseitig in<br />
ihrer Assoziationswirkung. Im Ergebnis bildet die Triade gemeinsam mit dem<br />
Slogan eine in sich geschlossene Markenbildwelt, welche eigenständig zur<br />
Vermittlung der gewünschten Positionierung beiträgt, ohne auf eine Aufladung<br />
durch weitere Kommunikationsaktivitäten angewiesen zu sein. Letztere werden<br />
daher primär anlassbedingt zur Dramatisierung des Markennutzens sowie zur<br />
Aktualisierung der Marke eingesetzt, ohne zu einer Visualisierung der Marke<br />
beitragen zu müssen.<br />
109 Quelle: Horizont 2000, zitiert nach Kreutz 2000, S. 288.<br />
110 Quelle: Forsa 2000, zitiert nach Mediagruppe München 2000.<br />
111 Durch den Erfolg von Yello <strong>St</strong>rom sahen sich die Hauptwettbewerber RWE, VEW und Preussen-<br />
Elektra genötigt, innerhalb kürzester Zeit ihre Marketingstrategien komplett zu wechseln und mit<br />
eigenen Marken in den Wettbewerb zu Yello <strong>St</strong>rom zu treten. Weder Avanza, Evivo, noch Elektra<br />
direkt konnten jedoch den Erfolg von Yello <strong>St</strong>rom auch nur annähernd erreichen (vgl. Gesamtverband<br />
Kommunikationsagenturen 2000b, S. 329).
188 Kapitel D<br />
2.8 E.ON: Neuer Konzern, neue Marke<br />
2.8.1 Das Unternehmen im Kurzprofil<br />
E.ON, im Juni 2000 aus der Fusion der traditionsreichen Industrieunternehmen<br />
Veba und Viag entstanden, ist mit einem Umsatz von mehr als 46 Mrd. EUR<br />
und rund 66.000 Mitarbeitern (2003) der weltweit größte private Energiedienstleister.<br />
112 Noch zum Zeitpunkt der Fusion ist der Konzern durch ein umfangreiches<br />
Beteiligungsnetz auf den unterschiedlichsten Märkten (<strong>St</strong>rom,<br />
Glas, Spezialchemie, Telekommunikation etc.) tätig. Heute ist E.ON nach einer<br />
intensiven Phase des Konzernumbaus mit fünf Tochterunternehmen auf die<br />
Kerngeschäftsfelder <strong>St</strong>rom und Gas fokussiert. Die E.ON AG bildet dabei das<br />
Corporate Center der E.ON Gruppe, die Führungsgesellschaften der fünf Market<br />
Units (Central Europe, Pan European Gas, UK, Nordic, US Midwest) sind<br />
verantwortlich für das integrierte Management der Zielmärkte.<br />
Kurzprofil<br />
Unternehmen<br />
Tochtergesellschaften/<br />
Business Units<br />
Marktstart<br />
Geschäftszweck<br />
Zielgruppe<br />
Geschäftsfelder<br />
Kennzahlen 2003<br />
Vertrieb<br />
Besonderheiten<br />
Abb. D-23: E.ON: Kurzprofil<br />
E.ON AG, Düsseldorf<br />
E.ON Energie AG, München (100%)<br />
E.ON Ruhrgas AG, Essen (100%)<br />
E.ON UK, Coventry (100%)<br />
E.ON Nordic AB, Malmö (100%)<br />
LG&E Energy LLC Louisville/ US (100%)<br />
Juni 2000<br />
Weltweiter Anbieter von Energiedienstleistungen.<br />
Privat- und Gewerbekunden<br />
<strong>St</strong>rom<br />
Gas<br />
Umsatz: 46 Mrd. EUR<br />
Betriebsergebnis: 4,5 Mrd. EUR<br />
Mitarbeiter: 66.000<br />
E.ON<br />
Zielmarktorientierter Vertrieb über Business Units und deren dezentrale<br />
Vertriebsstrukturen (Vertriebsbüros, regionale Tochtergesellschaften etc.).<br />
E.ON ist der weltweit größte private Energiedienstleister.<br />
2.8.2 Hintergrund der markenstrategischen Entwicklung<br />
Bereits bei Ankündigung der Fusion von Veba und Viag im September 1999 ist<br />
die Entscheidung gefallen, dem neue Unternehmen auch einen neuen Namen<br />
zu geben. Durch den Zusammenschluss beider Konzerne entsteht zunächst<br />
der größte private Energiedienstleister Europas. Veba und Viag zählten mit ihren<br />
Tochtergesellschaften PreussenElektra und Bayernwerk schon vor der Fusion<br />
zu den "großen Drei" der deutschen Energiewirtschaft. Da beide Namen in<br />
112 Vgl. hierzu und zum Folgenden E.ON 2004a.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 189<br />
der breiten Bevölkerung kaum bekannt waren, wurde die Fusion als Chance<br />
genutzt, im Rahmen einer Ein-Marken-<strong>St</strong>rategie eine Marke zu entwickeln, die<br />
ebenso für das Unternehmen steht wie für seine Aktie und Produkte. 113<br />
2.8.3 Entwicklung der virtuellen E.ON-Markenbildwelt<br />
Am Anfang des Aufbaus der Markenbildwelt (Abb. D-24) steht die Suche nach<br />
einem geeigneten Markennamen.<br />
Schlüsselbild:<br />
Farbe „Rot“<br />
„Neue Energie“<br />
Abb. D-24: E.ON: Schlüsselsignale der Marke<br />
EON<br />
Unmittelbar nach der Ankündigung der Fusion werden hierzu externe Spezialisten<br />
beauftragt und Mitarbeiter aufgefordert, sich an diesem kreativen Prozess<br />
zu beteiligen. Die Kriterien für den neuen Namen: Er muss den Geist des Konzerns<br />
wiedergeben, für Anleger und Kunden im In- und Ausland leicht einprägsam<br />
sein, er darf keinen Anlass zu Verwechslungen geben. Außerdem müsse<br />
er sich grafisch in einer attraktiven Form darstellen lassen 114 und solle möglichst<br />
kein Kunstname sein. In der Verwendung eines solchen Namens sah<br />
man die Gefahr der Gesichtslosigkeit und Austauschbarkeit. 115 Nach Prüfung<br />
von Hunderten von Vorschlägen und Marktforschungen in Deutschland, Großbritannien<br />
und Frankreich kristallisiert sich der Name Eon als klarer Favorit un-<br />
113 Vgl. o.V. Die Welt 2001.<br />
114 Vgl. E.ON 2004b.<br />
115 Vgl. a.a.O.
190 Kapitel D<br />
ter allen Namensalternativen heraus. 116 E.ON ist nicht nur eine englische Variante<br />
des griechischen „Aeon" („Ewigkeit“, „Unendlichkeit“), sondern steht mit<br />
seiner modernen Schreibweise auch für Energie („E“) und Aufbruch („ON“) in<br />
die Welt von morgen. 117 Die Kürze des Namens soll sich als Vorteil bei der<br />
Gestaltung des Markenzeichens erwiesen haben. Eng an markentechnischen<br />
Anforderungen wie Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit orientiert, entsteht<br />
in einer spielerischen Mischung aus runden und eckigen Elementen das Design<br />
der Wortmarke E.ON: leuchtend rot, fast organisch, kraftvoll, stark und<br />
ungewöhnlich. 118 "Es wurde überall als Zeichen einer Firma empfunden, die<br />
sympathisch, frisch und unbürokratisch ist. Ein Logo für ein flexibles Unternehmen,<br />
das mit einer sich rasch verändernden Welt Schritt hält." 119 Damit ruft<br />
das Zeichen jene Assoziationen hervor, die dem zuvor definierten Markencharakter<br />
entsprachen. 120 Die Farbe Rot wird in der Folge zur Konzernfarbe und<br />
zum visuellen Schlüsselmotiv des Markenauftritts.<br />
2.8.4 Kommunikation der Marke<br />
Auch E.ON betreibt seit dem ersten Markenauftritt einen breit angelegten<br />
Kommunikationsmix aus Werbung (Tageszeitungen, Publikumsmagazine, Radio,<br />
Fernsehen, Großplakate, Bannerwerbung im Internet etc.), Internetauftritt<br />
und Sponsoring. Die erste Kampagne im Sommer 2000 thematisierte - ohne<br />
Absenderangabe - die Schlüsselfarbe Rot: Zwei Wochen lang ist es fast nicht<br />
möglich, den roten Zeitungsseiten, Plakaten und TV-Spots zu entgehen:<br />
„Deutschland sieht rot.“ 121 Die anonyme Kampagne sollte für Neugier und<br />
Spannung sorgen, wer wohl dahinter stehe. Erst als die neue Konzernfarbe<br />
"gelernt" war, wird das Geheimnis gelüftet: Auf den roten Flächen sind das Logo<br />
und der Claim "Neue Energie" zu sehen (Abb. D-25, links). 122<br />
In weiteren Phasen galt es, E.ON als innovative und kundenorientierte Markenpersönlichkeit<br />
aufzubauen und mit konkreten Produkten zu füllen. 123 Hier<br />
setzte E.ON auf den Aufmerksamkeitswert und die Beliebtheit von prominenter<br />
Persönlichkeiten: So spielte Götz George die Hauptrolle in einem TV-Spot und<br />
warb auf Großplakaten („Alles e.on zu Hause?“, Abb. D-25, Mitte), Veronica<br />
Ferres bewarb das Produkt E.ON AquaPower, Arnold Schwarzenegger stand<br />
für E.ON MixPower („Mix it, Baby!“). Die Motive, die der Verbraucher im Fern-<br />
116 An der Gestaltung des Markennamens waren zwei Agenturen beteiligt: Der Vorschlag des Namens<br />
Eon stammt von der Agentur Citigate Demuth, die Schreibweise E.ON von der Londoner<br />
Agentur Wolff Olins (vgl. E.ON 2004b).<br />
117 Vgl. E.ON 2004b.<br />
118 Vgl. o.V. Die Welt 2001.<br />
119 Keshen Teo, Creative Director der Londoner Agentur Wolff Olins und Gestalter des Logos, zitiert<br />
nach E.ON 2004b.<br />
120 Vgl. o.V. Die Welt 2001.<br />
121 Zitat einer großen deutschen Tageszeitung.<br />
122 Vgl. o.V. Die Welt 2001.<br />
123 Vgl. E.ON 2004c.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 191<br />
sehen sah, fand er auf Anzeigen in Zeitungen, Zeitschriften und auf Plakatwänden<br />
wieder. In Bezug auf den Bekanntheitsgrad war die Kampagne überaus erfolgreich:<br />
Zum Jahresende 2001 stieg die gestützte Markenbekanntheit auf 93<br />
Prozent, 124 nur knapp anderthalb Jahren nach Markteintritt war E.ON damit eine<br />
der bekanntesten Marken Deutschlands.<br />
Abb. D-25: E.ON: Print-Werbekampagnen 2000 (Markteinführung: Dramatisierung Markenname und<br />
Farbe), 2001 (Image und Produktwerbung) und 2003 (Schaffung einer „On-Community“)<br />
In einer weiteren multimedialen Kampagne (Plakate, Anzeigen, Funk- und<br />
Fernseh-Spots) stellte E.ON - erneut ohne Absenderangabe - Ende 2002 die<br />
Frage: „Sind Sie on?“. Unter der beworbenen Internetadresse www.ich-binon.de<br />
präsentierte E.ON ein Forum für jeden, „der sich in kreativen und interessanten<br />
Beiträgen selbst darstellen und seine persönliche On-<strong>St</strong>ory erzählen<br />
wollte.“ 125 Mit dem Ziel der Gründung einer Marken-Community wurde neben<br />
attraktiven Gewinnen auch die Möglichkeit zur Mitwirkung an einer On-<br />
Werbekampagne in Aussicht gestellt. Zwischen November 2002 und Januar<br />
2003 wurden ein paar Dutzend „On-People“ und ihre Projekte ausgewählt und<br />
standen im Mittelpunkt der nächsten Kampagnen-Phase. Vorgestellt wurden<br />
Frauen und Männer, die „entschlossen und zielstrebig ihren Weg gehen, dabei<br />
Hürden überwinden und nicht aufgeben. Menschen eben, die on sind“. 126 Die<br />
Motive, die ab Mitte Oktober 2003 erschienen, schlossen den Kreis zu E.ON<br />
und rückten ausgewählte Mitarbeiter - stellvertretend für viele ihrer Kollegen<br />
aus dem Konzern - ins Zentrum der Kampagne (Abb. D-25, rechts).<br />
2.8.5 Kritische Kurzbewertung<br />
Betrachtet man die Marke E.ON vor dem Hintergrund der Unsichtbarkeit der<br />
Marktleistungen, offenbart der Markenauftritt große Mängel. Versteht man<br />
124 Vgl. McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 11 f.<br />
125 E.ON 2004d.<br />
126 A.a.O.
192 Kapitel D<br />
Markenzeichen und Schlüsselbild als zentrale Elemente der Markenbildwelt, so<br />
stehen diese im Falle E.ON - trotz einer möglicherweise als ansprechend zu<br />
bewertenden formalen Gestaltung - isoliert nebeneinander, ohne sich gegenseitig<br />
zu unterstützen. Zum einen stellt sich der Markenname als ebenso abstrakt<br />
dar wie die unter ihm verkauften Produkte, zum anderen geben<br />
Markenname, Wortmarke, Farbe und Claim („Neue Energie“) keinerlei Hinweis<br />
auf eine leistungsbezogene Positionierung der Marke. Die Markenbildwelt<br />
spiegelt so in ihrer Wirkung den Prozess ihrer Entstehung wider und weist eine<br />
gewisse Beliebigkeit auf, ohne eine kreative Idee oder eine relevante Positionierung<br />
unmittelbar zu transportieren. Den Maßnahmen zur Kommunikation der<br />
Marke kommt daher keine unterstützende, sondern eine grundsätzliche Funktion<br />
zu: Sie sind erforderlich, um die Marke mit Bedeutung und Inhalt aufzuladen.<br />
Der Aufbau eines relevanten inneren Vorstellungsbildes über die Marke<br />
selbst kann sich dadurch nicht einstellen. Die Problematik der nachhaltigen Visualisierung<br />
und Verankerung, deren Lösung aus kognitionspsychologischer<br />
Sicht die zentrale Aufgabe des virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> darstellt, verlagert<br />
sich somit vom unsichtbaren Produkt auf die abstrakte Marke.<br />
Dieses Bewertungsergebnis auf Basis kognitionspsychologischer Implikationen<br />
deckt sich mit verschiedenen Beobachtungen, welche die mangelnde konsumentenseitige<br />
Verhaltenswirkung der Marke E.ON unterstreichen. So stehen<br />
die regionalen Tochtergesellschaften und Vertriebsgesellschaften - etwa E.ON<br />
Hanse oder E.ON Bayern - vor dem Problem, die Konzernmarke durch Korrektur<br />
der Positionierung dem Kunden näher bringen zu müssen. Für E.ON Bayern<br />
wurde eine Kampagne mit dem Aktionsclaim „Mit Sicherheit faire Preise“, 127 für<br />
E.ON Hanse ein Konzept für einen stärkeren Regionalbezug entwickelt. 128 Ein<br />
weiteres Beispiel für das Wirkungsdefizit der Marke E.ON stellt die „Mix it, Baby!“-Kampagne<br />
unter Einbindung des Testimonials Arnold Schwarzenegger<br />
dar: Bei geschätzten Werbeausgaben in Höhe von 22,5 Millionen EUR konnten<br />
laut Presseberichten 129 gerade mal 1.100 Neukunden geworben werden. Somit<br />
betrugen die Akquisitionskosten pro Kunde rund 20.500 EUR. „Angesichts eines<br />
durchschnittlichen Jahresumsatzes von geschätzten 600 EUR pro Kunde<br />
dürften sich diese Ausgaben selbst über die Kundenlebenszeit kaum amortisieren.“<br />
130 Als ebenfalls gescheitert ist der Versuch zu werten, über die breit<br />
angelegte „On“-Kampagne eine Brand Community - etwa im <strong>St</strong>ile von Coca<br />
Cola, eBay oder anderer Top-Marken - zu etablieren. Am 1. März 2004 wurde<br />
die Community-Plattform geschlossen. 131<br />
127 Vgl. Portamundi 2004.<br />
128 Vgl. Seemann 2003.<br />
129 Vgl. o.V. Spiegel-Online 2002.<br />
130 McKinsey & Company/ MCM Marketing Centrum Münster 2002, S. 11 f.<br />
131 Vgl. E.ON 2004d.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 193<br />
3. Cross-Case-Analyse:<br />
Fallübergreifende Auswertung und Interpretation<br />
3.1 Überblick<br />
Die acht Fallstudien zum virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis zeigen, dass<br />
branchenübergreifend sämtliche Unternehmen - mit Ausnahme von mobilcom -<br />
der Visualisierung von unsichtbaren Dienstleistungen und der damit verbundenen<br />
Möglichkeit, ein inneres Vorstellungsbild im Gedächtnis des Konsumenten<br />
zu verankern, einen hohen <strong>St</strong>ellenwert einräumen. Dieses Ergebnis stützt die<br />
konzeptionell abgeleitete Basishypothese H0, 132 nach der ein genereller Wirkungszusammenhang<br />
zwischen visuellem Markenwissen und Markenerfolg<br />
vermutet wurde.<br />
Ferner zeigen die Fallstudien, dass fast ausnahmslos alle Anbieter auf unterschiedlichen<br />
Wegen und mit unterschiedlichem Erfolg versuchen, unsichtbare<br />
Dienstleistungen mit Hilfe virtueller Markenbildwelten im Sinne der Gestaltungshypothese<br />
H2 133 zu visualisieren. Die Unterschiede bei der Entwicklung,<br />
Einführung und Durchführung der dargestellten Markenauftritte sind dabei auf<br />
unterschiedliche Ansätze und Vorgehensweisen zurückzuführen, die zum Teil<br />
auch durch die situative Ausgangsbedingung des jeweiligen Dienstleisters beeinflusst<br />
werden. So stellen sich - in Abhängigkeit von der situativen Variable<br />
Unternehmensalter bzw. Zeitpunkt des Markteintritts - einige aktuelle Markenauftritte<br />
als das Ergebnis einer neuen Markenkonzeption (Arcor, O2, E.ON, Yello<br />
<strong>St</strong>rom) dar, andere wiederum als das Ergebnis einer Repositionierung<br />
(debitel) oder völligen Neugestaltung (E-Plus) des bereits bestehenden Markenauftritts.<br />
Besonders gut lassen sich die verschiedenen Vorgehensweisen<br />
beim Aufbau virtueller Markenbildwelten im Zusammenhang mit der Entstehung<br />
und Funktion von Markennamen und -zeichen verdeutlichen: So entstanden<br />
einige Markennamen und -zeichen im Vorfeld des Markenauftritts und<br />
stellen formale oder auch inhaltliche Ausgangspunkte der Markenbildweltentwicklung<br />
dar (Arcor, debitel, Vodafone, E.ON beziehungsweise E-Plus), während<br />
andere das Ergebnis einer zentralen Positionierungs- oder<br />
Kommunikationsidee sind (O2, Yello <strong>St</strong>rom).<br />
Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Ansätze und Vorgehensweisen<br />
werden die Fallobjekte im folgenden Kapitel in ergebnisorientierte Cluster zusammengefasst<br />
und analysiert, um über die damit mögliche Abstraktion der<br />
Einzelfälle fallübergreifende Erkenntnisse zu gewinnen.<br />
132 Vgl. Kapitel C 4.<br />
133 Vgl. Kapitel C 4.2.
194 Kapitel D<br />
3.2 Fallübergreifende Auswertung<br />
Wie insbesondere die jeweiligen Kurzbewertungen der Fallstudien aufzeigen,<br />
resultieren aus den verschiedenen Ansätzen unterschiedlich stark integrierte<br />
Markenbildwelten. Das Kriterium Integrationsgrad, das entsprechend der Gestaltungshypothese<br />
H3a als zentrales Effizienzkriterium virtueller Markenbildwelten<br />
vermutet wird, dient nachfolgend zur Bildung der beiden Cluster hoch<br />
integrierte Markenbildwelten und gering integrierte Markenbildwelten. Sieben 134<br />
Einzelfallobjekte werden jeweils in Abhängigkeit des Kurzbewertungsergebnisses<br />
einem dieser Cluster zugeordnet und clusterspezifisch analysiert. Mit dieser<br />
übergreifenden Fallstudienauswertung wird das Ziel verfolgt, signifikante<br />
Gemeinsamkeiten innerhalb und signifikante Unterschiede zwischen den<br />
Clustern stärker herauszuarbeiten, um - entsprechend der realitätsorientierten<br />
Forschungsausrichtung dieser Arbeit - durch die Aggregation der einzelfallspezifischen<br />
Beobachtungsergebnisse übergeordnete und übertragbare Erkenntnisse<br />
im wissenschaftlichen Sinne gewinnen zu können.<br />
3.2.1 Virtuelle Markenbildwelten mit hohem Integrationsgrad<br />
Ein Vergleich der einzelfallspezifischen Kurzbewertungen zeigt, dass die Markenbildwelten<br />
von E-Plus, O2 und Yello <strong>St</strong>rom den höchsten Integrationsgrad<br />
aufweisen, da die Schlüsselsignale in allen drei Fällen in formalem und inhaltlichem<br />
Beziehungszusammenhang stehen.<br />
Die formale Verbindung ergibt sich aus der durchgängigen Verwendung von<br />
Formen oder Farben: So ist im Falle von E-Plus das Schlüsselsymbol Pluszeichen<br />
visueller oder verbaler Bestandteil aller Markenelemente, die Farbe Grün<br />
dominiert das Markenzeichen und Schlüsselsymbol. Im Falle von O2 und Yello<br />
<strong>St</strong>rom sind ebenfalls die Farben (Blau bzw. Gelb) das formale Bindeglied zwischen<br />
Markenzeichen und Schlüsselsymbol („Bubbles“ bzw. Gelb als Schlüsselfarbe).<br />
Die inhaltliche Verbindung ergibt sich jeweils aufgrund des Bedeutungszusammenhangs<br />
von visuellen oder verbalen Elemente, welche die zugrunde liegende<br />
kommunikative Leitidee und leistungsbezogene Positionierung<br />
widerspiegeln: So verkörpert im Falle von E-Plus (Abb. D-25) das Pluszeichen<br />
als visueller und verbaler Bestandteil aller Schlüsselsignale die Leitidee „Ein<br />
Plus verbindet“ und ermöglicht die Assoziation positionierungsrelevanter Konnotationen<br />
(sympathisch, kundenfreundlich, leistungsorientiert etc.). Gleiches<br />
gilt für die Marken O2 und Yello <strong>St</strong>rom: Im ersten Fall stehen Markenname,<br />
134 Wie die Fallstudie zum aktuellen Markenauftritt von mobilcom aufzeigt, hat der <strong>Service</strong> Provider<br />
- bedingt durch seine rudimentären <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Aktivitäten - als einziger unter den analysierten<br />
Anbietern (noch?) keine Markenbildwelt entwickelt. Infolgedessen kann die weitere Betrachtung<br />
dieses Falls keinen Erkenntnisbeitrag zum virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> leisten, weshalb<br />
die „Marke“ von der folgenden Analyse ausgeschlossen wird.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 195<br />
Markenzeichen und Schlüsselbild („Bubbles“) als Ausdruck für die Markenidee<br />
„essential for living“, sie verkörpern gleichzeitig positionierungsrelevante Attribute<br />
(Transparenz, Frische, Aktivität, Innovation etc.) und stellen in der komplementären<br />
verbalen und visuellen Verknüpfung (O2 Bubbles Blau) ein<br />
in sich geschlossenes Bedeutungssystem dar. Auch im Falle von Yello <strong>St</strong>rom<br />
stehen alle Schlüsselsignale für eine Markenidee („<strong>St</strong>rom ist gelb“) und ermöglichen<br />
die Assoziation positionierungsrelevanter Bedeutungsinhalte (frisch,<br />
frech, fröhlich). Den drei Fallobjekten ist ferner gemein, dass sie Markenclaims<br />
zur Verbalisierung der Markenidee einsetzen. Als einzige Ausnahme verbindet<br />
Yello <strong>St</strong>rom über den alliterativen Claim „Gelb. Gut. Günstig.“ Markenidee und<br />
Leistungsnutzen.<br />
„E-Plus“<br />
Kreative<br />
Leitidee:<br />
„Ein Plus<br />
verbindet“<br />
Claim: Ein + verbindet<br />
Abb. D-26: Integrierte Markenbildwelt am Beispiel von E-Plus:<br />
Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der Schlüsselsignale<br />
Bedeutungszusammenhang/<br />
Bedeutungswirkung<br />
Weitere Gemeinsamkeiten bestehen im Einsatz verschiedener Instrumente der<br />
Markenkommunikation: Die drei Fallobjekte nutzen klassische Werbung und<br />
sonstige Kommunikationsmedien als Instrument zur themenspezifischen Aktualisierung<br />
der Markenbildwelt beziehungsweise zur Dramatisierung positionierungsrelevanter<br />
Attribute. Die jeweiligen Markenbildwelten dienen dabei<br />
jeweils als integrierte Kommunikationsplattform, auf denen unterstützende nut-
196 Kapitel D<br />
zen- oder imagebezogene Botschaften präsentiert werden. Die hiermit vollzogene<br />
gedankliche Trennung von Markenbildwelt und Markenkommunikation<br />
und deren jeweiligen unterschiedlichen Funktionen werden besonders am Beispiel<br />
von O2 deutlich: Während die Markenbildwelt zentral im Auftrag der<br />
mmO2-Holding entwickelt und international vorgegeben wird, erfolgt die Ausführung<br />
der Markenkommunikation im Rahmen definierter Gestaltungsregeln in<br />
den einzelnen Zielländern. Hierdurch wird eine größere Nähe zum individuellen<br />
Konsumenten gewährleistet, da die Markenbildwelt jeweils landesspezifisch<br />
aktualisiert und thematisiert werden kann.<br />
Als zentrales Ergebnis der fallübergreifenden Auswertung dieses Clusters<br />
bleibt festzuhalten, dass integrierte virtuelle Markenbildwelten in der Praxis aus<br />
der Kombination selbsterklärender Schlüsselsignale bestehen, die - neben ihrer<br />
formalen Integration - durch einen unmittelbaren Bedeutungszusammenhang<br />
miteinander verbunden sind. Diese Gestaltungselemente sind das<br />
Resultat eines integrierten <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Prozesses, 135 in dessen Mittelpunkt<br />
eine alles vernetzende, kreative Leitidee zur Visualisierung überwiegend<br />
konnotativer Positionierungsattribute der Marke steht. Hoch integrierte virtuelle<br />
Markenbildwelten können daher auch als selbstreferentielles Bedeutungssystem<br />
beziehungsweise als selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelt 136 bezeichnet<br />
werden, die quasi „aus sich selbst“ heraus entsteht und sich selbst<br />
erklärt. Eine integrierte virtuelle Markenbildwelt stellt somit eine auf Kontinuität<br />
ausgerichtete Kommunikationsplattform dar, die durch ergänzende Maßnahmen<br />
der Markenkommunikation thematisch aktualisiert und dramatisiert wird.<br />
3.2.2 Virtuelle Markenbildwelten mit Integrationsdefiziten<br />
Wie der Vergleich der einzelfallspezifischen Kurzbewertungen ferner zeigt,<br />
weisen die Markenbildwelten der übrigen vier Anbieter (Arcor, debitel, Vodafone,<br />
E.ON) unterschiedlich starke Integrationsdefizite insbesondere bezüglich<br />
der Bedeutungszusammenhänge zwischen den einzelnen Markenelementen<br />
auf. Hinsichtlich des formalen Beziehungszusammenhangs ist dagegen in den<br />
letzten Jahren eine zunehmende Professionalisierung festzustellen, die sich<br />
vor allem durch die integrierte Gestaltung von Kommunikationsmaßnahmen<br />
und Layouts bemerkbar macht.<br />
135 Als situative Besonderheit der clusterspezifischen Auswertung kann festgehalten werden, dass<br />
der integrierte <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Prozess im Falle von E-Plus an dem bestehenden Markennamen<br />
ansetzt (Repositionierung der Marke und Relaunch der Markenbildwelt), während die Marken<br />
O2 und Yello <strong>St</strong>rom jeweils das Ergebnis eines integrierten <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Prozesses<br />
darstellen.<br />
136 Erläuterung: Selbstreferentielle Markenbildwelten sind immer dann auch virtuell, wenn sie sich<br />
visuell nicht - wie im Falle unsichtbarer Dienstleistungen - auf den der Markenbildwelt zu Grunde<br />
liegenden Markenträger beziehen oder beziehen können. Wenn im Folgenden vereinfachend<br />
von selbstreferentiellen Markenbildwelten gesprochen wird, sind daher immer selbstreferentielle<br />
virtuelle Markenbildwelten gemeint.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 197<br />
Auf der Bedeutungsebene dieser Markenauftritte besteht eine zentrale Gemeinsamkeit<br />
in Bezug auf den Markennamen: Sämtliche Namen sind abstrakt<br />
und damit nicht in der Lage, konkrete bildhafte Bedeutungsinhalte zu vermitteln.<br />
Zwei Ursachen sind für diesen Sachverhalt verantwortlich: Im Falle von<br />
debitel und Vodafone resultieren die Markennamen, wie gezeigt, aus der Phase<br />
des frühen Markteintritts der Unternehmen, in der Namen primär zur Bezeichnung<br />
von Unternehmen und Geschäftszweck entwickelt und eingesetzt<br />
wurden. Während die Entstehungsgründe hier situativ begründet sind, resultieren<br />
die Entwicklung der Markennamen Arcor und E.ON auf dem zielgerichteten<br />
Kalkül, einen jeweils differenzierenden, unbesetzten und „klangvollen“ Markennamen<br />
für ein Unternehmen zu finden. Die originäre inhaltliche und visuelle<br />
Bedeutungslosigkeit der Namen in Kauf nehmend, sollten diese mit Hilfe der<br />
Markenkommunikation „aufgeladen“ werden, um Assoziationen über positionierungsrelevante<br />
Denotationen und Konnotationen zu ermöglichen.<br />
„Arcor“<br />
Kreative<br />
Leitidee:<br />
„telephone<br />
people“<br />
Claim: „the telephone people“<br />
„Eon“<br />
Kreative<br />
Leitidee:<br />
„Neue Energie“<br />
Claim: „Neue Energie“<br />
Farbe<br />
„Rot“<br />
Bedeutungszusammenhang/<br />
Bedeutungswirkung<br />
Kein Bedeutungszusammenhang /<br />
keine Bedeutungswirkung<br />
„debitel“<br />
Kreative<br />
Leitidee:<br />
„Kommunikation<br />
„Kommunikation<br />
ist alles“<br />
Claim: „Kommunikation ist alles“<br />
„Vodafone“<br />
Kreative<br />
Leitidee:<br />
-<br />
Claim: „how „how are you?“<br />
Abb. D-27: Teilintegrierte Markenbildwelten im Vergleich:<br />
Bedeutungszusammenhänge und -wirkungen der Schlüsselsignale<br />
Wie sich an allen Beispielen aufzeigen lässt (Abb. D-27), stehen infolgedessen<br />
die beiden Gestaltungselemente Markenzeichen und Schlüsselbild allenfalls in<br />
einem formalen Beziehungszusammenhang zum Markennamen, während die
198 Kapitel D<br />
inhaltlichen Bedeutungszusammenhänge dieser Elemente jedoch mehr oder<br />
weniger starke Integrationsdefizite aufweisen. In der weiteren Folge müssen<br />
ergänzende Maßnahmen der Markenkommunikation, allen voran die klassische<br />
Werbung, die Aufgabe der Markenvisualisierung und Markenaufladung<br />
leisten. Dabei sind besonders Unterschiede in der Flexibilität und kreativen<br />
Umsetzung festzustellen: Während beispielsweise debitel mit der Rahmenszene<br />
„Kommunikation“ eine statische Kommunikationsplattform besitzt, verfügt<br />
Arcor mit den „Rotschöpfen“ über ein flexibel einsetzbares, kreatives Visualisierungselement.<br />
Im Kern also resultieren teilintegrierte Markenbildwelten aus einem fragmentarischen<br />
<strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Prozess, innerhalb dessen die Konzeption und Gestaltung<br />
der Schlüsselsignale getrennt erfolgt. Dies zeigt sich exemplarisch im<br />
direkten Vergleich der Marken E.ON und Yello <strong>St</strong>rom, die auf den ersten Blick<br />
einige Gemeinsamkeiten aufweisen: Beide Markennamen sind aus vorhandenen<br />
Begriffen („Äon“ vs. „Yellow“) abgeleitet, beide Marken besetzten als<br />
Schlüsselmotiv eine bestimmte Farbe („Rot“ vs. „Gelb“), beide Marken wollen<br />
ähnliche Attribute der emotionalen Positionierung vermitteln („sympathisch,<br />
frisch, unbürokratisch“ vs. „frisch, frech, fröhlich“). Während jedoch die Markenbildwelt<br />
von Yello <strong>St</strong>rom aufgrund ihrer virtuellen Selbstreferentialität eine<br />
Markenidee und eine eindeutige nutzenorientierte Botschaft vermittelt, stehen<br />
die Markenelemente E.ONs zwar formal integriert, aber inhaltlich isoliert und<br />
beliebig nebeneinander.<br />
Im Ergebnis zeigt die Auswertung dieses Clusters, dass gering integrierte Markenbildwelten<br />
in Ermangelung einer ganzheitlichen, kreativen Leitidee aus einer<br />
Kombination mehr oder weniger isolierter Schlüsselsignale besteht, die in<br />
der Regel keinen eigenständigen Beitrag zum Aufbau visuellen Markenwissens<br />
oder zur Vermittlung positionierungsrelevanter Attribute leisten können. Markenbildwelten<br />
mit hohen Integrationsdefiziten können daher auch als fragmentierte<br />
Markenbildwelten bezeichnet werden, da sie in der Regel keine<br />
eigenständige Markenidee verkörpern und daher auf die Aufladung durch Markenkommunikation<br />
angewiesen sind. Insbesondere der Werbung kommt hier,<br />
im Unterschied zur Situation selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten<br />
und neben ihren eigentlichen Funktionen, die kampagnenübergreifende Daueraufgabe<br />
zu, die Marke zu visualisieren und/oder inhaltlich aufzuladen. 137<br />
3.2.3 Zwischenfazit<br />
Als ein zentrales Ergebnis der clusterspezifischen Fallstudienauswertung ist<br />
festzuhalten, dass die erfolgreiche Entwicklung und Einführung selbstreferentieller<br />
virtueller Markenbildwelten einen integrierten <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Prozess<br />
137 In diesem Fall führt ein Wechsel der Werbeagentur dann oftmals zu einer Veränderung des Mar-<br />
kenauftritts.
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 199<br />
voraussetzt, in dessen Mittelpunkt eine alles vernetzende, kreative Leitidee zur<br />
Umsetzung der Soll-Positionierung der Marke steht. Dagegen spiegeln teilintegrierte<br />
beziehungsweise fragmentierte Markenbildwelten das Ergebnis eines<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> unter ungünstigen situativen Bedingungen oder unter Nichtberücksichtigung<br />
zentraler markentechnischer Anforderungen wider. Abbildung<br />
D-28 fasst diese Resultate der Betrachtung nochmals in einer vergleichenden<br />
Gesamtübersicht zusammen.<br />
hoch<br />
Formaler Beziehungszusammenhang<br />
der Schlüsselsignale<br />
E.ON<br />
Vodafone<br />
mobilcom<br />
Arcor<br />
debitel<br />
fragmentierte<br />
Markenbildwelten<br />
niedrig<br />
Inhaltlicher Bedeutungszusammenhang<br />
der Schlüsselsignale<br />
selbstreferentielle<br />
Markenbildwelten<br />
E-Plus Yello<br />
E-Plus<br />
o2<br />
Yello<br />
E-Plus<br />
o2<br />
Yello<br />
o2<br />
Abb. D-28: Übersicht: Vergleich der Markenbildwelten nach dem Grad ihrer Integration<br />
3.3 Bewertung und Interpretation<br />
hoch<br />
Insgesamt zeigt die vorgenommene Fallstudienforschung, dass sich in der<br />
Entwicklung und Einführung von virtuellen Markenbildwelten in der Praxis zentrale<br />
Aussagen der konzeptionell erarbeiteten Hypothesen widerspiegeln:<br />
Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten sind jeweils das Ergebnis<br />
einer ganzheitlichen, kreativen Leitidee zur Visualisierung überwiegend<br />
konnotativer Positionierungsattribute (vgl. hierzu Gestaltungshypothese<br />
H1 [Leitidee]).
200 Kapitel D<br />
Sämtliche Anbieter unsichtbarer Dienstleistungen versuchen, über eine<br />
Kombination von Markennamen, Markenzeichen und Schlüsselbild eine virtuelle<br />
Markenbildwelt zu entwickeln, die den Aufbau visuellen Markenwissens<br />
in Form innerer Markenbilder im Gedächtnis des Konsumenten<br />
ermöglicht (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H2 [Markenbildwelt] sowie<br />
Hypothese H0 [Basishypothese]).<br />
Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch<br />
starke Beziehungszusammenhänge (formaler Integrationsgrad) und Bedeutungszusammenhänge<br />
(inhaltlicher Integrationsgrad) der Schlüsselsignale<br />
aus (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3a [Integrationsgrad]).<br />
Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch<br />
einen hohen Beitrag zur Vermittlung insbesondere konnotativer Positionierungsattribute<br />
aus (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3b [Positionierungsbeitrag]).<br />
Denotative, nutzenorientierte Positionierungsattribute<br />
werden zum Teil durch Claims, in allen Fällen aber über die klassische Werbung<br />
kommuniziert.<br />
Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch<br />
einen hohen Selbsterklärungsgrad der Schlüsselsignale aus. Jedes Schlüsselsignal<br />
trägt einzeln zur teilweisen oder gesamten Vermittlung der Positionierungs-<br />
oder Markenidee bei (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3c<br />
[Selbsterklärungsgrad]).<br />
Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen sich durch<br />
eine hohe kreative Eigenständigkeit des Markenauftritts aus, die jeweils auf<br />
der Umsetzung einer kreativen Leitidee basiert (vgl. hierzu Gestaltungshypothese<br />
H3d [kreative Profilierung]).<br />
Insbesondere die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten zeichnen<br />
sich durch eine hohe Flexibilität ihrer Gestaltungselemente aus, die einen<br />
variablen Einsatz im Rahmen ergänzender Kommunikationsmaßnahmen<br />
ermöglicht (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H3e [Flexibilität]).<br />
Die untersuchten selbstreferentiellen Markenbildwelten dienen als Kommunikationsklammern,<br />
innerhalb derer die Konzeption und Durchführung jeweiliger<br />
Werbekampagnen und sonstiger Maßnahmen der Markenkommunikation<br />
stattfinden (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H4a [Integration der<br />
Markenkommunikation]).<br />
Die untersuchten Werbekampagnen zeichnen sich insbesondere bei<br />
selbstreferentiellen Markenbildwelten dadurch aus, dass sie über die Dramatisierung<br />
konnotativer und denotativer Positionierungsattribute zu einer<br />
Aktualisierung der Marke beitragen (vgl. hierzu Gestaltungshypothese H4b<br />
[Funktion der Markenkommunikation]).<br />
Als ein Ergebnis der übergreifenden Fallstudienauswertung ist damit zu konstatieren,<br />
dass die gestaltungsbezogenen Kernaussagen der konzeptionell ab-
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 201<br />
geleiteten Hypothesen insbesondere durch die beobachtete Entwicklung und<br />
Einführung selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten in der Praxis bestätigt<br />
werden.<br />
Um die Validität des in den Hypothesen postulierten Wirkungszusammenhangs<br />
zwischen Gestaltungsaussagen und Markenerfolg (Kommunikationseffizienz)<br />
zu bewerten, können insbesondere quantitative Messergebnisse über den spezifischen<br />
Markenerfolg herangezogen werden. Wie in den Kurzbewertungen<br />
der jeweiligen Fallstudien dargestellt, bestätigen zahlreiche psychologische<br />
und quantitative <strong>St</strong>udien den überdurchschnittlichen Erfolg der untersuchten<br />
Dienstleistungsmarken mit selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelten im<br />
Sinne der Auffassung dieser Arbeit: Diese erzielen jeweils nach Einführung der<br />
integrierten Markenbildwelt beispielsweise die höchste Werbeerinnerung aller<br />
Wettbewerber (E-Plus) 138 , das größte Wachstum trotz der geringsten Werbeaufwendungen<br />
im Markt (O2) 139 oder trotz eines fünfmal geringeren Werbebudgets<br />
als der Hauptwettbewerber (E.ON) eine gleich hohe Werbeerinnerung<br />
(Yello <strong>St</strong>rom) 140 .<br />
Zusammenfassend können damit als Ergebnis der Fallstudienforschung folgende<br />
zentralen Erkenntnisse formuliert werden:<br />
Die Gestaltungshypothesen zum erfolgreichen Aufbau innerer Markenbilder<br />
für unsichtbare Dienstleistungen, die aus den konzeptionell gewonnenen<br />
Erkenntnissen sowie den Ergebnissen der Markenumfeldanalyse im Telekommunikationsmarkt<br />
deduziert wurden, werden tendenziell beziehungsweise<br />
deutlich bestätigt (Abb. 29). Diese Beurteilung lässt sich vor dem<br />
Hintergrund der gewonnenen empirischen Forschungsergebnisse sowie aufgrund<br />
des offenbar deutlichen Wirkungszusammenhangs zwischen selbstreferentiellen<br />
virtuellen Markenbildwelten und dem Erfolg von Marken für<br />
unsichtbare Dienstleistungen vornehmen.<br />
Die Gestaltungshypothesen werden branchenübergreifend auf dem Telekommunikations-<br />
und dem Energiemarkt bestätigt. Der postulierte Zusammenhang<br />
zwischen der Unsichtbarkeit von Dienstleistungen und dem Aufbau<br />
innerer Markenbilder, der sich in der Formulierung der Hypothesen manifestierte,<br />
wird damit ebenfalls tendenziell bestätigt.<br />
Die Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild<br />
haben sich als zentrale Elemente virtueller Markenbildwelten bestätigt.<br />
138 Quelle: RSG Marketing Research, zitiert nach Gesamtverband Kommunikationsagenturen<br />
(GWA) 2004, S. 386.<br />
139 Vgl. Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2004, S. 391 f.<br />
140 Quelle: GFK Mindshare, zitiert nach Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) 2003, S.<br />
72.
202 Kapitel D<br />
Markenclaims spielen als ergänzendes Element virtueller Markenbildwelten<br />
und damit als ergänzendes Markensignal für unsichtbare Dienstleistungen<br />
eine wichtige Rolle.<br />
Virtuelle Markenbildwelten sind kommunikationseffizient, wenn sie selbstreferentiell<br />
sind, das heißt ein hochintegriertes, in sich geschlossenes Bedeutungssystem<br />
darstellen, das „aus sich selbst“ heraus entsteht und sich selbst<br />
erklärt. Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten sind somit auch dadurch<br />
charakterisiert, dass sie unabhängig von Maßnahmen der Markenkommunikation<br />
Bedeutung besitzen.<br />
Virtuelle Markenbildwelten sind kommunikationsineffizient, wenn sie nur<br />
teilintegriert beziehungsweise fragmentiert sind. 141<br />
Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten sind stets das Ergebnis eines<br />
integrierten <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Prozesses, dessen Ausgangspunkt eine<br />
kreative Leitidee darstellt. Die kreative Leitidee steht dabei in enger Wechselbeziehung<br />
zur strategischen Leitidee (Positionierung).<br />
Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten tragen primär zur Differenzierung<br />
der Marke auf der Ebene konnotativer Attribute der Markenidee beziehungsweise<br />
der Markenpositionierung bei.<br />
Selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten bilden die Kommunikationsplattform<br />
sämtlicher weiterer Maßnahmen der Markenkommunikation (Werbung,<br />
Internetauftritt etc).<br />
Werbekampagnen für selbstreferentielle Markenbildwelten zeichnen sich<br />
durch eine hohe inhaltliche Integration aus, indem sie maßgeblich zur Dramatisierung<br />
und Aktualisierung konnotativer Positionierungsattribute beitragen.<br />
Denotative nutzen- oder leistungsbezogene Attribute der Marke werden primär<br />
durch Claims oder Werbekampagnen kommuniziert.<br />
Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse steht der Aufbau selbstreferentieller<br />
Markenbildwelten als Kernaufgabe des virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
im Mittelpunkt anwendungsorientierter Gestaltungsempfehlungen, deren<br />
Formulierung im folgenden Kapitel vorgenommen wird.<br />
141 Vgl. hierzu und zum nächsten Punkt Langner, der auf Basis experimenteller Untersuchungen von<br />
Wort-Bild-Kombinationen zu dem Ergebnis gelangt, dass durch die mangelnde Integration von<br />
Markenname und Markenbild „enormes Kommunikationspotential verschenkt wird“ (2003, S.<br />
269).
Fallstudien: Virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis 203<br />
Marke Gesamt<br />
Leitidee Leitidee<br />
Markenbildwelt<br />
Markenbildwelt<br />
Integrationsgrad<br />
Integrationsgrad<br />
(formal) (formal)<br />
Integrationsgrad<br />
Integrationsgrad<br />
(inhaltlich)<br />
(inhaltlich)<br />
Positionierungsbeitrag<br />
Positionierungsbeitrag<br />
Selbsterklärungsgrad<br />
Selbsterklärungsgrad<br />
H 1 [Leitidee]:<br />
Erfolgreiche Marken für unsichtbare Dienstleistungen basieren auf einer strategischen Leitidee in Form<br />
einer relevanten Positionierung.<br />
H 2 [Markenbildwelt]:<br />
Marken für unsichtbare Dienstleistungen sind um so erfolgreicher, je besser es ihnen gelingt, durch den<br />
Einsatz strategisch geplanter Schlüsselsignale (Markenname, Markenzeichen, Schlüsselbild) virtuelle<br />
Markenbildwelten zu erzeugen.<br />
H 3a [Integrationsgrad]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter,<br />
je höher der inhaltliche und formale Integrationsgrad der Schlüsselsignale ist.<br />
H 3b [Positionierungsbeitrag]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter,<br />
je höher der Beitrag der einzelnen Schlüsselsignale zur Vermittlung der Positionierung ist.<br />
H 3c [Selbsterklärungsgrad]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter,<br />
je höher der Selbsterklärungsgrad der einzelnen Schlüsselsignale ist.<br />
H 3d [kreative Profilierung]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter,<br />
je höher der eigenständige Beitrag der Markenbildwelt zu einer kreativen Profilierung ist.<br />
H 3e [Flexibilität]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter,<br />
je flexibler ihre Einsatzmöglichkeiten im Rahmen der Markenkommunikation sind.<br />
H 4a [Integration der Markenkommunikation]:<br />
Maßnahmen der Markenkommunikation sind um so kommunikationseffizienter,<br />
je besser sie formal und inhaltlich in die virtuelle Markenbildwelt integriert sind.<br />
Kreative Kreative Profilierung<br />
Profilierung<br />
Flexibilität Flexibilität<br />
H 4b [Funktion der Markenkommunikation]:<br />
Virtuelle Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen sind um so kommunikationseffizienter,<br />
je mehr die Maßnahmen der Markenkommunikation zur Aktualisierung und Dramatisierung konnotativer<br />
und denotativer Positionierungsattribute beitragen.<br />
Integration<br />
Integration<br />
Markenkommunikation<br />
Markenkommunikation<br />
Funktion Funktion<br />
Markenkommunikation<br />
Markenkommunikation<br />
Arcor o - ++ - ++ - o - o - o - + - + - -+<br />
-+<br />
+ -<br />
+<br />
debitel o - ++ - ++ - o - o - - - o - o - -+<br />
-+<br />
+ -<br />
o<br />
E-Plus ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ + ++ +<br />
++<br />
Mobilcom -- o -- o o--<br />
o--<br />
o--<br />
o--<br />
-- o -- o -- o -- o o--<br />
o--<br />
+ -- + -- --<br />
O2 O2 ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ -<br />
++<br />
Vodafone -- - ++ - + - -- - - - - - - - + - -+<br />
-+<br />
+ -<br />
-<br />
Yello <strong>St</strong>rom ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ - ++ -<br />
++<br />
E.ON - - ++ - + - -- - - - - - - - + - -+<br />
-+<br />
+ -<br />
-<br />
Legende/Lesart: Erfüllt die Marke (++) sehr gut, (+) gut, (o) mittel, (-) schlecht, (--) überhaupt nicht<br />
Abb. D-29: Gesamtübersicht: Bewertung der Fallobjekte und Beurteilung der Hypothesen<br />
Grad der<br />
Unterstützung<br />
tendenziell<br />
deutlich<br />
deutlich<br />
deutlich<br />
deutlich<br />
deutlich<br />
deutlich<br />
deutlich<br />
tendenziell
204 Kapitel D
Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 205<br />
E Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Die Aufgabe dieses abschließenden Kapitels besteht in der Formulierung von<br />
Implikationen, die sich als Quintessenz der gewonnenen Erkenntnisse für die<br />
Entwicklung und Einführung von Marken für unsichtbare Dienstleistungen bzw.<br />
für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> ergeben. Entsprechend der Zielsetzung sowie<br />
der anwendungsorientierten Forschungsausrichtung liegt der Schwerpunkt<br />
dabei auf der Ableitung von Gestaltungsempfehlungen für die Praxis. Im<br />
Zentrum steht hier die Darstellung des grundsätzlichen Aufbaus und der Einführung<br />
selbstreferentieller Markenbildwelten, die, wie die Untersuchung gezeigt<br />
hat, aufgrund ihrer Kommunikationseffizienz am nachhaltigsten zur<br />
Erzeugung innerer Markenbilder im Gedächtnis des Konsumenten beitragen.<br />
Ferner werden in einem weiteren Schritt Maßnahmen zur Pflege vorhandener<br />
selbstreferentieller Markenbildwelten erörtert. Die anwendungsorientierten<br />
Empfehlungen werden abgeschlossen durch eine Diskussion über Handlungsoptionen<br />
für Dienstleister, die aus situativen Gründen über eine kommunikationsineffiziente<br />
beziehungsweise keine Markenbildwelt verfügen. Die Arbeit<br />
endet mit Implikationen für die Markenforschung, die auf dem Hintergrund<br />
der Ergebnisse und Forschungsmethodik dieser Arbeit formuliert werden.<br />
1. Gestaltungsempfehlungen für die Praxis<br />
1.1 Aufbau und Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten<br />
Wie die Fallstudien verdeutlicht haben, sind selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelten<br />
stets das Ergebnis eines integrierten <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Prozesses<br />
aus den Kernelementen Leitidee, Schlüsselsignale und Markenkommunikation.<br />
1 Dieses Kapitel konzentriert sich daher auf die Diskussion dieser drei, in<br />
einem iterativen Beziehungszusammenhang stehenden Kernelemente. Aus<br />
Gründen der Zweckmäßigkeit erfolgt ihre Darstellung sequentiell.<br />
1.1.1 Kreative Leitidee generieren<br />
Die Entwicklung einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt ist - wie die<br />
Fallstudien gezeigt haben - stets das Ergebnis einer ganzheitlichen kreativen<br />
1 Aus übergeordneter Sicht kann dieser Prozess auch als Bestandteil eines ganzheitlichen unternehmerischen<br />
Managementprozesses aufgefasst werden, dessen Ausgangspunkt in der Analyse<br />
interner und externer Anforderungsbedingungen (vgl. hierzu Kapitel C 2.2.1) sowie in der Ableitung<br />
derivativer Markenziele aus dem Globalziel der Dienstleistungsunternehmung (vgl. hierzu<br />
Kapitel C 2.2.2) besteht. Aus Gründen der problemorientierten Fokussierung wird auf eine derart<br />
erweiterte Darstellung jedoch verzichtet.
206 Kapitel E<br />
Leitidee, die zur Visualisierung konnotativer, aber auch denotativer Positionierungsattribute<br />
der Marke oder kurz: zur Visualisierung der strategischen Leitidee<br />
beiträgt. 2 <strong>St</strong>rategische Leitidee und kreative Leitidee kennzeichnen dabei<br />
in der Regel auch die Schnittstelle zwischen Dienstleistungsunternehmen und<br />
Werbeagentur, 3 was die enge Wechselbeziehung zwischen strategischer Positionierung<br />
und kreativer Umsetzung nochmals unterstreicht. Dabei gilt:<br />
Je präziser die strategische Leitidee zur Markenpositionierung formuliert ist,<br />
um so zielgerichteter kann die kreative Leitidee zur Markenbildwelt abgeleitet<br />
werden.<br />
Je unpräziser die strategische Leitidee zur Markenpositionierung formuliert<br />
ist, um so stärker muss die kreative Leitidee zu einer eigenständigen Profilierung<br />
der Dienstleistungsmarke beitragen.<br />
Wie die empirische Untersuchung gezeigt hat, bestehen auf den analysierten<br />
Dienstleistungsmärkten allerdings zentrale Schwierigkeiten in der Ableitung relevanter<br />
denotativer, d.h. leistungsbezogener Positionierungsdimensionen:<br />
Hier stehen zur dauerhaften Differenzierung lediglich Preis- oder Nischenstrategien<br />
zur Verfügung. Interessanterweise ist dieser für beide Branchen identische<br />
Sachverhalt auf völlig unterschiedliche situative Ursachen zurückzuführen:<br />
Auf dem Telekommunikationsmarkt haben konkrete leistungsbezogene<br />
Differenzierungsansätze aufgrund der hohen Veränderungsdynamik und Nachahmungsgeschwindigkeit<br />
des Marktes tendenziell nur kurzfristigen Bestand.<br />
Auf dem Energiemarkt hingegen unterliegt die Dienstleistung <strong>St</strong>romlieferung<br />
einem geringen Innovations- und Veränderungsdruck: Hier ist aufgrund der<br />
Homogenität des Produkts eine marktweite leistungsbezogene Differenzierung<br />
kaum möglich. In beiden Fällen bleibt den Anbietern neben der Preisstrategie<br />
(z. B. „Aldi-<strong>St</strong>rom“ oder „Aldi-Tel“ als fiktive Positionierungsoptionen) der Gang<br />
in die Nische, etwa durch eine zielgruppenorientierte Markenpositionierungen<br />
(z. B. „Öko-<strong>St</strong>rom“ 4 , „Mobilfunk für Senioren“). Für eine jeweils marktweite<br />
Markenpositionierung bleibt den Anbietern daher lediglich - neben der Preisstrategie<br />
- die Möglichkeit der Differenzierung auf konnotativer Ebene durch<br />
die Dramatisierung emotional-intuitiver Unique Selling Propositions.<br />
2 Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel C 2.2.3.<br />
3 Als „Gegenmodell“ zu einem zwischen Markeninhaber und Werbeagentur „geplanten“ <strong>Branding</strong><br />
lassen sich in der Vergangenheit vor allem herausragende Eigentümerunternehmer finden, welche<br />
ihre Marken selbst und intuitiv entwickelt haben: so etwa Henri Nestlé (Nestlé, Vogelnest),<br />
<strong>St</strong>eve Jobs (Apple, angebissener Apfel) oder Phil Knight (Nike). Auch diese nicht zu verallgemeinernden,<br />
erfolgreichen Markenentwicklungsprozesse können letztlich auf die kreative Umsetzung<br />
einer Vision („intuitive Positionierung“) zurückgeführt werden.<br />
4 Die Positionierung „Öko-<strong>St</strong>rom“ bildet aufgrund der aktuellen Marktsituation gleichzeitig den Gegenpol<br />
zur Preispositionierung, da „Billigstrom“ in der Regel in Atomkraftwerken gewonnen wird<br />
und <strong>St</strong>rom aus regenerativen Energieträgern überdurchschnittlich teuer ist. „Öko-<strong>St</strong>rom“ ist daher<br />
(noch) als Nischenpositionierung zu sehen.
Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 207<br />
Unter diesen schwierigen Kommunikationsbedingungen muss die kreative<br />
Leitidee also notwendigerweise die Hauptarbeit zur eigenständigen<br />
Profilierung der Dienstleistungsmarke leisten: Die hierzu erforderliche<br />
selbstreferentielle Markenbildwelt muss daher primär auf konnotativer Ebene<br />
eine differenzierende Wirkungskraft entfalten. Fasst man die konzeptionell<br />
entwickelten Erkenntnisse vor dem Hintergrund der Bewertung der qualitativempirisch<br />
ermittelten Ergebnisse zusammen, so lässt sich als ein zentrales Ergebnis<br />
der Arbeit die Aufgabe der kreativen Leitidee in folgender Maxime<br />
beschreiben:<br />
Maxime 1.1:<br />
Finde zum Aufbau einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt einen<br />
einfach - in Form eines Schlüsselbildes - zu visualisierenden Markennamen<br />
oder ein einfach - in Form eines Markennamens - zu<br />
verbalisierendes Schlüsselbild, dessen Wahrnehmung beim Betrachter<br />
die für die Marke erwünschten konnotativen Assoziationen erzeugt.<br />
Um diese konnotativen Assoziationen zu gewährleisten, muss die gefundene<br />
komplementäre Wort-Bild-Kombination notwendigerweise auf einem bestehenden,<br />
sekundären semiotischen System aufbauen: Der Name beziehungsweise<br />
das Bild müssen eine über ihre eigentliche, denotative Bedeutung<br />
hinausgehende zweite Bedeutungsebene besitzen (Beispiel O2 /Sauerstoff:<br />
denotative Bedeutung: chemisches Element; mögliche konnotative Bedeutung:<br />
Frische). Um eine gleichförmige konnotative, also eigentlich subjektive Assoziation<br />
bei einer Zielgruppe zu gewährleisten, muss die Wort-Bild-Kombination<br />
zudem auf einem kollektiv geteilten Bedeutungssystem aufbauen. Mit anderen<br />
Worten: Der visualisierbare Markenname beziehungsweise das verbalisierbare<br />
Schlüsselbild lösen in einer Zielgruppe nur dann gleichförmige konnotative Assoziationen<br />
aus, wenn sie im kollektiv geteilten Wertesystem der Betrachtungsgemeinschaft<br />
verankert sind. 5 Ist dies, wie etwa bei O2, länderübergreifend<br />
der Fall, ist die gefundene Wort-Bild-Kombination auch international als<br />
Schlüsselsignal einer virtuellen Markenbildwelt einsetzbar.<br />
Wie die Maxime ebenfalls verdeutlicht, ist es beim Aufbau einer neuen<br />
virtuellen Markenbildwelt egal, ob die Entwicklung beim Markennamen<br />
oder beim Schlüsselbild beginnt, da beide Schlüsselsignale im Rahmen<br />
der beschriebenen Technik simultan entstehen. 6 Werden jedoch Marken-<br />
5 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel C 1.1.3 (Semiotische Markendefinition).<br />
6 Im Unterschied hierzu sieht Langner die Namensentwicklung als Engpassfaktor des <strong>Branding</strong>-<br />
Prozesses und empfiehlt daher, den Namen vor der Ableitung eines Markenbildes zu entwickeln:<br />
Grund sei „die juristische Eintragung des Markennamens, ohne deren erfolgreichen Abschluss<br />
der Name nicht genutzt werden sollte“ (2003, S. 296).<br />
Im vorliegenden Fall kann diese Argumentation aufgrund der simultanen Entstehung von Name<br />
und Schlüsselbild jedoch nicht zutreffen. Unabhängig davon ist ergänzend anzumerken, dass die<br />
(Fortsetzung der Fußnote auf der nächsten Seite)
208 Kapitel E<br />
name und Schlüsselbild sequentiell entwickelt, mündet dies, wie im Rahmen<br />
der Cross-Case-Analyse mehrfach gezeigt, in einer teilintegrierten und damit<br />
kommunikationsineffizienten Markenbildwelt. 7 In diesem Fall besteht dann die<br />
Notwendigkeit zur sequentiellen Überprüfung von Optimierungsmöglichkeiten. 8<br />
Wie durch die Fallforschung ebenfalls bestätigt, sollte das Schlüsselbild aus<br />
der gefundenen Wort-Bild-Kombination dem Kriterium der flexiblen Darstellbarkeit<br />
genügen. Eine Überprüfung dieses Kriteriums sollte nicht nur in Bezug<br />
auf die bildhafte Darstellbarkeit (etwa im Rahmen von Print-Kampagnen) vorgenommen<br />
werden, sondern sollte ebenso die Möglichkeiten alternativer medialer<br />
Darstellungsformen berücksichtigen (z. B. Video, Audio, taktil, olfaktorisch):<br />
Je variabler und flexibler die Einsatzmöglichkeiten des Schlüsselbildes<br />
sind, um so mehr Ansatzpunkte bestehen für eine kreative Kommunikation der<br />
Marke. 9<br />
Als ein weiteres zentrales Ergebnis der Arbeit lässt sich das eigentliche Erfolgskriterium<br />
der kreativen Leitidee in folgender Maxime beschreiben:<br />
Maxime 1.2:<br />
Formuliere einen kreativen Bedeutungszusammenhang zwischen dem gefundenen<br />
visualisierbaren Markennamen (oder dem verbalisierbaren<br />
Schlüsselbild) und dem unsichtbaren Dienstleistungsangebot.<br />
Dieser Zusammenhang kann logischer Natur (wie die Leitidee „essential for living“<br />
als Bedeutungszusammenhang zwischen Sauerstoff und Kommunikation),<br />
aber auch bewusst unlogischer Natur sein (wie die Leitidee „<strong>St</strong>rom ist<br />
Gelb“ als Bedeutungszusammenhang zwischen <strong>St</strong>rom und der Farbe Gelb): er<br />
sollte einprägsam und in wenigen Worten zu formulieren sein und sollte zum<br />
Reden und Denken 10 anregen.<br />
Wesentlich ist, dass erst durch diesen Bedeutungszusammenhang gewährleistet<br />
wird, dass die Betrachter die durch den Markennamen bzw. das Schlüsselbild<br />
erzeugten kollektiven Assoziationen auf die unsichtbare Dienstleistung<br />
übertragen. Denn aufgrund der Unsichtbarkeit der Dienstleistung können die<br />
von Langner empfohlene Abfolge den Prozess des <strong>Branding</strong> in dieser zentralen Phase der Markenentstehung<br />
unnötig zu Lasten kreativer Ideen und Vorschläge einschränken würde, da sie<br />
keine visuell-orientierte Namensentwicklung „vom Bild her“ erlaubt.<br />
7 Vgl. hierzu unter anderem die gruppenspezifische Cross-Case-Analyse zum Cluster Virtuelle<br />
Markenbildwelten mit Integrationsdefiziten (Kapitel D 3.2.2) sowie Langner 2003, S. 269.<br />
8 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.3.<br />
9 So wurde etwa im Rahmen der Entwicklung der Marke O2 das Schlüsselbild „Bubbles“ erfolgreich<br />
fotografiert, verfilmt und vertont und so dessen Einsatzmöglichkeiten getestet (vgl. Lambie-<br />
Nairn 2004).<br />
10 Ähnlich Kreutz: „Markennamen sollten [...] zum Reden, möglicherweise auch zum Denken anre-<br />
gen“ (2000, S. 92).
Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 209<br />
Schlüsselsignale als semiotische Bildzeichen nicht auf ein visuelles Objekt<br />
hinweisen. Markenname und Schlüsselbild sind daher zugleich semiotische<br />
Zeichen und bedeutetes Objekt (Signifikat), da sie in ihrer Funktion als Zeichen<br />
nur wechselseitig auf sich selbst verweisen können. Erst durch den in der kreativen<br />
Leitidee formulierten Bedeutungszusammenhang wird somit der unsichtbare<br />
Markenträger in ein sekundäres semiotisches Bedeutungssystem<br />
eingewoben und erhält dadurch eine über seine eigentliche, primär denotative<br />
Bedeutung hinausgehende konnotative Bedeutung. 11<br />
1.1.2 Schlüsselsignale integrieren<br />
Wie die Fallstudienforschung bestätigt hat, bestehen selbstreferentielle Markenbildwelten<br />
aus den Schlüsselsignalen Markenname, Markenzeichen und<br />
Schlüsselbild. Ferner wurde durch die empirische Untersuchung deutlich, dass<br />
Markenclaims eine wichtige Rolle als ergänzendes Element virtueller Markenbildwelten<br />
spielen. Folgt man der hier vorgenommenen sequentiellen Darstellung<br />
des Aufbaus selbstreferentieller Markenbildwelten, so besteht der nächste<br />
Schritt in der Integration dieser drei Schüsselsignale und des Claims.<br />
Wie die Ausführungen des vorigen Kapitels gezeigt haben, begründet bereits<br />
die kreative Leitidee eine Wort-Bild-Kombination, die den konzeptionell erarbeiteten<br />
und empirisch bestätigten Effizienzkriterien hoher Integrationsgrad,<br />
hoher Positionierungsbeitrag, hoher Selbsterklärungsgrad, kreative Profilierung<br />
sowie Flexibilität genügt. 12 Die Aufgabe „Integration der Schlüsselsignale“ verkürzt<br />
sich somit auf die Entwicklung eines für die gefundene Wort-Bild-<br />
Kombination geeigneten Markenzeichens, das ebenfalls den genannten Kriterien<br />
entsprechen muss. Hierzu kann folgende Maxime formuliert werden:<br />
Maxime 1.3:<br />
Entwickle eine kreative Wort- oder Wort-Bild-Marke, die formal an das<br />
gewählte Schlüsselbild angelehnt ist.<br />
Wie die Fallstudien zu Marken mit selbstreferentiellen Markenbildwelten zeigen,<br />
verfügen sämtliche Markenzeichen über formale Anknüpfungspunkte zum<br />
Schlüsselbild: so ist die Wortmarke O2 entsprechend dem Schlüsselbild<br />
„Bubbles“ blau, die Wort-Bild-Marke Yello <strong>St</strong>rom wiederholt die Schlüsselfarbe<br />
„Gelb“ und die Wort-Bild-Marke E-Plus integriert sogar das gesamte Schlüsselbild<br />
„Pluszeichen“.<br />
Mit diesem Schritt sind sämtliche Schlüsselsignale - ausgehend von der<br />
kreativen Leitidee - in der Form entwickelt, dass sie jeweils alle evaluierten<br />
Kriterien der Kommunikationseffizienz erfüllen und somit in ihrer Ge-<br />
11 Vgl. hierzu Kehrer 2001, S. 207 f.<br />
12 Vgl. hierzu u.a. die unterstützten Gestaltungshypothesen H3a bis H3e in Abbildung D-29.
210 Kapitel E<br />
samtheit eine selbstreferentielle virtuelle Markenbildwelt darstellen. Abbildung<br />
E-1 stellt diesen Gesamtzusammenhang in einer Übersicht dar und<br />
zeigt vereinfachend, dass innerhalb einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt<br />
im Ergebnis<br />
jedes Schlüsselsignal zur Visualisierung der kreativen Leitidee beiträgt (Visualität),<br />
jedes Schlüsselsignal aufgrund einer eigenständigen Bedeutung selbsterklärend<br />
ist (Reflexivität),<br />
jedes Schlüsselsignal in seiner Bedeutung auf das jeweils andere verweist<br />
(inhaltliche Redundanz) 13, wobei die Schlüsselsignale Markenzeichen und<br />
Schlüsselbild dabei auch in formaler Wechselbeziehung stehen (formale<br />
Redundanz).<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Visualität<br />
Reflexivität<br />
Inhaltliche (und formale)<br />
Redundanz<br />
2<br />
Markenzeichen<br />
3<br />
1<br />
2<br />
Markenname<br />
1<br />
kreative<br />
Leitidee<br />
3<br />
Schlüsselbild<br />
Claim<br />
Thematisierung der kreativen Leitidee und/oder konnotativer und/oder denotativer Attribute<br />
Abb. E-1: Vereinfachte Darstellung der Wirkungszusammenhänge zwischen den Kernelementen<br />
der selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt<br />
13 Vgl. hierzu Langner, der zur Erzielung einer optimalen Kommunikationswirkung bei Low-<br />
Involvement-Marken ebenfalls eine Kombination von Markenbild und Markenname empfiehlt, die<br />
„semantisch redundant“ ist (2003, S. 280).<br />
1<br />
3<br />
2
Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 211<br />
Versteht man die Funktionen Visualität, Reflexivität und Redundanz als Anforderungskriterien<br />
an die Gestaltung von Schlüsselsignalen, so kann Abbildung<br />
E-1 auch als vereinfachtes Tool zur Ex-Post-Analyse der Kommunikationseffizienz<br />
bestehender Markenbildwelten genutzt werden. 14<br />
Wie in der Abbildung ebenfalls gezeigt, sollte der Markenclaim eine die Markenbildwelt<br />
unterstützende Aussage beinhalten. Für dessen Formulierung kann<br />
als Ergebnis der empirischen Untersuchung folgende allgemeine Maxime abgeleitet<br />
werden:<br />
Maxime 1.4:<br />
Formuliere den Markenclaim derart, dass er thematisch zur Vermittlung<br />
der kreativen Leitidee und/oder konnotativer Attribute und/oder denotativer<br />
Attribute der Markenbildwelt beiträgt.<br />
Grundsätzlich sollte der Claim auf die langfristig ausgerichtete Dramatisierung<br />
einer Thematik ausgerichtet sein. Um auf eine bessere Erinnerungs- und Zuordnungswirkung<br />
abzuzielen, sollten dabei sinnvolle Möglichkeiten zu Alliterationen<br />
oder Reimformen geprüft werden.<br />
1.1.3 Assoziationen kontrollieren<br />
Aus operativer Sicht ist es nach Abschluss der Entwicklung der Schlüsselsignale<br />
erforderlich, die tatsächliche Wirkung der Markenbildwelt im Rahmen von<br />
Pre-Tests auf kognitiver Ebene zu überprüfen. Hierzu kann unter Bezug zu<br />
dem im konzeptionellen Grundlagenteil vorgestellten Konzept zur Messung des<br />
verbalen und visuellen Markenwissens folgende Maxime formuliert werden: 15<br />
Maxime 1.5:<br />
Kontrolliere und vergleiche gegenüber anderen, inwieweit die kreierte<br />
Markenbildwelt in der Zielgruppe tatsächlich die erwünschten konnotativen<br />
Assoziationen auslöst und überprüfe das „im Kopf des Konsumenten“<br />
generierte innere Markenbild auf Zugriffsfähigkeit, Einzigartigkeit, Intensität<br />
und Qualität.<br />
Ein Vergleich kann dabei etwa zu alternativen Entwürfen oder Konkurrenzmarken<br />
vorgenommen werden. Das eigentliche Controlling der Markenwirkung erfolgt<br />
erst im Rahmen der Markenpflege. 16<br />
14 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.3.<br />
15 Vgl. Bekmeier-Feuerhahn 2001, S. 168 f. sowie die Ausführungen in Kapitel C 3.1.1.<br />
16 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.2.4.
212 Kapitel E<br />
1.1.4 Markenbildwelt präsentieren<br />
Um die neue Markenbildwelt den Konsumenten erstmals zu präsentieren, ist<br />
eine strategisch geplante, multimediale und stufenweise Einführungskampagne<br />
erforderlich. Dies bestätigen die Untersuchungen der Dienstleistungsunternehmen<br />
mit selbstreferentieller Markenbildwelt. Für dessen Ausgestaltung<br />
kann als Ergebnis der empirischen Untersuchung folgende allgemeine Maxime<br />
abgeleitet werden:<br />
Maxime 1.6:<br />
Richte die Kampagne zur Einführung der selbstreferentiellen Markenbildwelt<br />
derart aus, dass sie thematisch zur Dramatisierung der kreativen Leitidee<br />
und/oder konnotativer Attribute und/oder denotativer Attribute der<br />
Markenbildwelt beiträgt.<br />
Empfehlungen zur spezifischen Ausrichtung der Einführungskampagne können<br />
ebenfalls aufgrund sehr unterschiedlicher Einflussfaktoren nur Tendenzcharakter<br />
haben. Hierzu folgende Beispiele:<br />
Wenn etwa der im Rahmen der kreativen Leitidee entwickelte Bedeutungszusammenhang<br />
zwischen Schlüsselbild und unsichtbarem Dienstleistungsangebot<br />
nicht unmittelbar verständlich, sprich: eigentlich unlogisch oder<br />
absurd ist, sollte im Rahmen der Einführungskampagne tendenziell die kreative<br />
Leitidee dramatisiert werden (Beispiel Yello <strong>St</strong>rom: „<strong>St</strong>rom ist gelb“).<br />
Die kreative Leitidee sollte ebenfalls dramatisiert werden, wenn ein neuer<br />
Bedeutungszusammenhang zwischen einem bestehenden Schlüsselelement<br />
und dem unsichtbaren Dienstleistungsangebot hergestellt werden soll (Beispiel<br />
E-Plus: „Ein Plus verbindet“).<br />
Wenn der Bedeutungszusammenhang mehr oder weniger evident ist, sollte<br />
dieser in der Einführungskampagne nicht unmittelbar „verraten“ werden, um<br />
dennoch eine gewisse Neugier und Spannung aufrecht zu erhalten (Beispiel<br />
O2).<br />
In Abhängigkeit von der strategischen Markenpositionierung sollte in der<br />
Einführungskampagne stets ein denotatives Attribut kommuniziert werden,<br />
um den Nutzenvorteil der Marke zu dramatisieren (Beispiel Yello <strong>St</strong>rom:<br />
„Gelb.Gut.Günstig.“).<br />
1.1.5 Zusammenfassende Übersicht<br />
Wie dieses Kapitel nochmals verdeutlicht hat, steht die Entwicklung einer kreativen<br />
Leitidee im Zentrum des Aufbaus einer selbstreferentiellen Markenbildwelt.<br />
Gemeinsam mit der strategischen Leitidee bildet sie den Ausgangspunkt<br />
eines integrierten <strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Prozesses, der in die Entwicklung einer<br />
kommunikationseffizienten Markenbildwelt mündet. Die durch die wis-
Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 213<br />
senschaftliche Untersuchung fundierten und in Form von Maximen vorgetragenen<br />
Handlungsempfehlungen, die Abbildung E-2 nochmals in einer Übersicht<br />
zusammenfasst, sollen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es gerade<br />
in der Natur kreativer Ideen und Prozesse liegt, nicht „konstruierbar“ zu sein.<br />
Erfolgreiche Prozesse dieser Art können und sollten zudem nicht sequentiell<br />
ablaufen. Fast immer sind sie das Ergebnis aus kreativem Chaos, schöpferischer<br />
Zerstörung sowie aus sprunghaftem Assoziieren.<br />
Maxime 1.1:<br />
Finde zum Aufbau einer selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt einen einfach - in Form eines<br />
Schlüsselbildes - zu visualisierenden Markennamen oder ein einfach - in Form eines Markennamens -<br />
zu verbalisierendes Schlüsselbild, dessen Wahrnehmung beim Betrachter die für die Marke erwünschten<br />
konnotativen Assoziationen erzeugt.<br />
Maxime 1.2:<br />
Formuliere einen kreativen Bedeutungszusammenhang zwischen dem gefundenen visualisierbaren<br />
Markennamen (oder dem verbalisierbaren Schlüsselbild) und dem unsichtbaren Dienstleistungsangebot.<br />
Maxime 1.3:<br />
Entwickle eine kreative Wort- oder Wort-Bild-Marke, die formal an das gewählte Schlüsselbild angelehnt ist.<br />
Maxime 1.4:<br />
Formuliere den Markenclaim derart, dass er thematisch zur Vermittlung der kreativen Leitidee und/oder<br />
konnotativer Attribute und/oder denotativer Attribute der Markenbildwelt beiträgt.<br />
Maxime 1.5:<br />
Kontrolliere und vergleiche gegenüber anderen, inwieweit die kreierte Markenbildwelt in der Zielgruppe<br />
tatsächlich die erwünschten konnotativen Assoziationen auslöst und überprüfe das „im Kopf des<br />
Konsumenten“ generierte innere Markenbild auf Zugriffsfähigkeit, Einzigartigkeit, Intensität und Qualität.<br />
Maxime 1.6:<br />
Richte die Kampagne zur Einführung der selbstreferentiellen Markenbildwelt derart aus, dass sie thematisch<br />
zur Dramatisierung der kreativen Leitidee und/oder konnotativer Attribute und/oder denotativer<br />
Attribute der Markenbildwelt beiträgt.<br />
Abb. E-2: Maximen zu Aufbau und Einführung selbstreferentieller Markenbildwelten<br />
Insofern soll der hier suggerierte Prozessablauf primär als „gedankliche<br />
Leitplanke“ für ein erfolgreiches virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> verstanden werden<br />
und einen Beitrag zum besseren Markenverständnis in der Dienstleistungspraxis<br />
leisten, insbesondere auf den Märkten für Telekommunikation und Energie.<br />
Auch wenn die Entwicklung einer Markenbildwelt in aller Regel in enger Zusammenarbeit<br />
zwischen Management und Agentur erfolgen wird, ist dieses<br />
bessere Verständnis nicht zuletzt deshalb von Vorteil, um mangelhafte Briefings<br />
zu vermeiden und eine bessere Sicht auf die „gekaufte“ Kreativleistung zu<br />
haben. Dies ist zudem, wie die überwiegende Anzahl der Fallstudien gezeigt<br />
hat, dringend erforderlich.
214 Kapitel E<br />
1.2 Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten<br />
1.2.1 Markenbildwelt manifestieren<br />
Die Pflege der Markenbildwelt ist auf die langfristige Sicherung ihrer Kommunikationseffizienz<br />
ausgerichtet. Diese kann dauerhaft nur dann gewährleistet<br />
werden, wenn sich die kreative Leitidee über die Schlüsselsignale hinaus auch<br />
auf diejenigen Maßnahmen erstreckt, die eine direkte Kommunikationswirkung<br />
erzielen (Werbekampagnen, TV-Spots, Point of Sales, Sponsoring-Maßnahmen,<br />
Messestände, Internetauftritt, Geschäftspapiere, Werbegeschenke etc.).<br />
Dies kann als ein weiteres Ergebnis der empirischen Untersuchung abgeleitet<br />
werden, da die Hypothese zur Integration von Maßnahmen der Markenkommunikation<br />
unterstützt wurde. Hierzu kann folgende Maxime formuliert werden:<br />
Maxime 2.1:<br />
Manifestiere die kreative und strategische Leitidee in einem Marken-Code<br />
und stelle durch interne Kontrollsysteme sicher, dass sämtliche Maßnahmen,<br />
die zu einer Kommunikation der Marke beitragen, diesem Code entsprechen.<br />
Sämtliche untersuchten Anbieter mit selbstreferentiellen Markenbildwelten verfügen<br />
in unterschiedlicher Form über einen derartigen Code sowie entsprechende<br />
Kontrollsysteme, die vor allem in der Phase nach der Einführung von<br />
hoher Bedeutung sind: „Implementation is about controlling execution, not interpretation.<br />
The first year of O2’s existence is vital to its future growth. In order<br />
for O2 to realise its full potential it was vital to set up and manage control systems<br />
to ensure that the behaviour and the various manifestations of O2 are in<br />
line with its strategic goals.” 17<br />
Als Beispiel einer einfachen und effektiven Umsetzung dieser Maxime kann auf<br />
das „Marken-Ei“ von Yello <strong>St</strong>rom verwiesen werden (Abb. E-3): Hier wird, entsprechend<br />
der kreativen Leitidee sowie der Positionierung, über attributive Beschreibungen<br />
der den nutzenorientierten Markenkern „günstig“ ergänzenden,<br />
konnotativen Kerneigenschaften „pfiffig“, „einfach“, und „angriffslustig“ der strategische<br />
Code der Marke definiert, der als Planungs- und Abstimmungsgrundlage<br />
für sämtliche Kommunikationsmaßnahmen, aber auch für Leistungsveränderungen<br />
oder Vertriebsstrategien dient. 18 Im Ergebnis erfolgt dann die<br />
Planung beziehungsweise das Briefing für eine Werbekampagne oder einen<br />
konkreten TV-Spot unter der Festlegung, in welchem konnotativen Kontext<br />
(„pfiffig“ oder „einfach“ oder „angriffslustig“) der Markenkern „günstig“ zu dramatisieren<br />
ist. Der „Rest“ ist dann kreative Ausführungsarbeit einer Agentur.<br />
17 Vgl. Lambie-Nairn 2004.<br />
18 Vgl. Vest 2004.
Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 215<br />
schnell<br />
wendig<br />
selbstironisch<br />
einfallsreich<br />
antizipierend<br />
clever<br />
pfiffig<br />
intelligent<br />
günstig<br />
angriffslustig<br />
frech<br />
herausfordernd<br />
unerwartet<br />
mutig kühn<br />
unkompliziert<br />
einleuchtend<br />
einfach<br />
fair<br />
rebellisch<br />
transparent<br />
übersichtlich<br />
kein Chi-Chi<br />
auf den Punkt<br />
zugänglich<br />
Abb. E-3: Manifestation der kreativen und strategischen Leitidee in Form eines Marken-Codes am<br />
Beispiel Yello <strong>St</strong>rom 19<br />
1.2.2 Kommunikationsanlässe generieren<br />
Ein weiteres Ergebnis der Arbeit besteht in der Erkenntnis, dass Anlässe zur<br />
Kommunikation virtueller Markenbildwelten aufgrund der Unsichtbarkeit der<br />
Dienstleistung vergleichsweise schwieriger zu finden sind als im Falle interaktiver<br />
Dienstleistungen oder traditioneller Konsumgüter. Die Ursache ist unter<br />
anderem darin begründet, dass unsichtbare Dienstleistungen nicht in einem<br />
Verwendungszusammenhang gezeigt oder anlässlich einer designtechnischen<br />
Erneuerung präsentiert werden können.<br />
Um eine kontinuierliche Kommunikation der Markenbildwelt zu gewährleisten,<br />
müssen daher kreative Formen der „Anlassgestaltung“ genutzt werden, was<br />
sich in folgender Maxime beschreiben lässt:<br />
Maxime 2.2:<br />
Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen die markengerechte<br />
Modifikation oder Innovation von Dienstleistungen, um durch<br />
deren Präsentation im Rahmen der Werbung zu einer Aktualisierung oder<br />
Dramatisierung bestimmter Attribute der Markenidee beizutragen.<br />
Die Umsetzung dieser Maxime ist damit an die situative Variable Innovationsgeschwindigkeit<br />
des Unternehmens beziehungsweise der Branche gekoppelt.<br />
Wie die empirische Untersuchung gezeigt hat, unterscheiden sich Telekommunikations-<br />
und Energiemarkt in diesem Punkt besonders: Modifikationen oder<br />
Innovationen der Dienstleistung <strong>St</strong>romlieferung sind kaum möglich. Insofern<br />
19 Quelle: in Anlehnung an Vest 2004.
216 Kapitel E<br />
entsteht insbesondere auf Märkten mit geringer Innovationsgeschwindigkeit die<br />
Notwendigkeit, kreative Kommunikationsanlässe außerhalb der Leistungspräsentation<br />
zu generieren. Hieraus lässt sich die folgende Maxime ableiten:<br />
Maxime 2.3:<br />
Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen Ereignisse,<br />
die im kollektiven Bedeutungshaushalt der Zielgruppe gleichförmige,<br />
markengerechte Assoziationen auslösen und stelle einen kreativen Bedeutungszusammenhang<br />
zwischen diesem Ereignis und der selbstreferentiellen<br />
virtuellen Markenbildwelt her.<br />
Ähnlich den Maximen zum Aufbau der Markenbildwelt wird durch den kreativen<br />
Bedeutungszusammenhang die selbstreferentielle Markenbildwelt in ein weiteres<br />
sekundäres Bedeutungssystem eingewoben. Erst hierdurch kann gewährleistet<br />
werden, dass sich die durch das Ereignis (z. B. Olympiade, Opernpremiere,<br />
Sonnenfinsternis, Weihnachten etc.) ausgelösten kollektiven<br />
Assoziationen auf die Markenbildwelt übertragen können. 20 Wie die Fallstudien<br />
ferner zeigen, kombinieren Telekommunikationsdienstleister häufig beide<br />
Techniken und präsentieren spezifische Dienstleistungen zum Zeitpunkt eines<br />
bestimmten Ereignisses. 21<br />
1.2.3 Leistungen modifizieren/ innovieren<br />
Ein wesentlicher Beitrag zur Pflege der Markenbildwelt muss durch die<br />
markengerechte Gestaltung und Pflege der angebotenen Dienstleistungen erbracht<br />
werden, was durch folgende Maxime zum Ausdruck gebracht wird:<br />
Maxime 2.4:<br />
Gewährleiste im Rahmen der Leistungspflege und Leistungsinnovation,<br />
dass sämtliche unter der Marke angebotenen Dienstleistungen mit der im<br />
Marken-Code manifestierten kreativen Leitidee kompatibel sind („service<br />
follows brand“).<br />
Auch hier kommt die branchenspezifische Veränderungs- und Innovationsgeschwindigkeit<br />
als situativer Einflussfaktor zum Tragen, da mit der zunehmenden<br />
Ausprägung dieses Faktors die Relevanz dieser Maßnahmen steigt.<br />
Hieraus ergeben sich insbesondere für Telekommunikationsdienstleister nachhaltige<br />
Konsequenzen für die inhaltlich-qualitative Ausgestaltung der Aufgabenstellungen<br />
Leistungsinnovation und Leistungspflege.<br />
20 Vgl. hierzu exemplarisch Kapitel D 2.7.5 (Fallstudie Yello <strong>St</strong>rom).<br />
21 Vgl. hierzu exemplarisch Kapitel D 2.3.4 (Fallstudie E-Plus).
Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 217<br />
So ist im Rahmen der Leistungspflege konsequent zu gewährleisten, dass<br />
sämtliche Dienstleistungen den Marken-Code widerspiegeln;<br />
sämtliche Dienstleistungen, die den Marken-Code nicht widerspiegeln können,<br />
nicht in Verbindung mit der Marke kommuniziert oder aus dem Sortiment<br />
eliminiert werden;<br />
Verbesserungen bestehender Dienstleistungen (z. B. erhöhte Datengeschwindigkeit<br />
im Internet) unter dem Postulat des Marken-Codes zu generieren<br />
sind. Der Kundennutzen dieser Verbesserung (Schnelligkeit) ist im<br />
Rahmen einer entsprechenden Werbekampagne derart zu dramatisieren,<br />
dass relevante Positionierungsattribute der Marke (z. B. „innovativ“) nachhaltig<br />
unterstützt werden.<br />
Entsprechend ist im Rahmen der Leistungsinnovation zu gewährleisten, dass<br />
jede Dienstleistungsinnovation (z. B. Integration von Internet- und Mobilfunkdiensten)<br />
unter dem Postulat des Marken-Codes generiert wird. Der Kundennutzen<br />
der Innovation (höherer Nutzen durch Mobilität) ist im Rahmen<br />
einer entsprechenden Werbekampagne ebenfalls derart zu dramatisieren,<br />
dass auch hier relevante Positionierungsattribute der Marke (z. B. „Modernität“)<br />
nachhaltig unterstützt werden;<br />
jede Dienstleistungsinnovation, die nicht den Marken-Code unterstützen<br />
kann oder soll (wie etwa Innovationen in technischen Bereichen, die zu Kosteneinsparungen<br />
führen), nicht - oder zumindest nicht vordergründig - kommuniziert<br />
wird, sofern der mögliche Kundennutzen (Preissenkung)<br />
bestimmten Positionierungsattributen der Marke (z. B. „Hochwertigkeit“) entgegensteht.<br />
1.2.4 Markenwirkung kontrollieren<br />
Zur Überprüfung der Qualität und Erfolgsbeiträge der selbstreferentiellen Markenbildwelt<br />
bedarf es einer systematischen und kontinuierlichen Wirkungskontrolle.<br />
Hierzu kann vor dem Hintergrund konzeptioneller Erkenntnisse folgende<br />
Hypothese abgeleitet werden:<br />
Maxime 2.5:<br />
Überprüfe im Rahmen eines kontinuierlichen Markencontrolling die Qualität<br />
und Erfolgsbeiträge der Markenbildwelt sowie der Maßnahmen der<br />
Markenkommunikation auf kognitiver und verhaltensbezogener Ebene.<br />
Die spezifische Zielsetzung des integrierten virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> besteht<br />
in der Optimierung der <strong>Service</strong>-Brand-Power, welche die <strong>St</strong>ärke des visuellen<br />
und verbalen Markenwissens der Konsumenten bezeichnet. Sie manifestiert<br />
sich durch die Zugriffsfähigkeit, Einzigartigkeit, Intensität und Qualität des
218 Kapitel E<br />
durch die selbstreferentielle Markenbildwelt ausgelösten inneren Vorstellungsbildes.<br />
22 Als Grundlage für ein Controlling der Marke für unsichtbare Dienstleistungen<br />
eignet sich daher das im Rahmen des analytisch-konzeptionellen Teils<br />
der Arbeit entwickelte kognitionspsychologische Wirkungsmodell. Durch die Integration<br />
von innerpsychischen, hypothetischen Konstrukten sowie beobachtbarer<br />
Wirkungsvariablen bietet das Modell einen <strong>St</strong>rukturierungsansatz, die<br />
<strong>St</strong>ärke der durch die Schlüsselsignale ausgelösten Wirkungen auf kognitiver<br />
und verhaltensbezogener Ebene - beispielsweise mittels Kausalanalysen -<br />
empirisch zu überprüfen und entsprechende Rückschlüsse auf die Qualität des<br />
<strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> zu ziehen (Abb. E-4).<br />
<strong>St</strong>imulus Organism Response<br />
Marke für<br />
unsichtbare<br />
Dienstleistungen<br />
Virtuelle Markenbildwelt<br />
Markenzeichen<br />
Markenname<br />
Schlüsselbild<br />
Maßnahmen der<br />
Markenkommunikation<br />
<strong>Service</strong>-<br />
Brand-<br />
Power<br />
visuelles<br />
Markenwissen<br />
Zugriffsfähigkeit<br />
Einzigartigkeit<br />
Intensität<br />
Qualität<br />
verbales<br />
Markenwissen<br />
Zugriffsfähigkeit<br />
Einzigartigkeit<br />
Intensität<br />
Qualität<br />
Abb. E-4: Wirkungsmodell des virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> als Controlling-Tool<br />
1.2.5 Zusammenfassende Übersicht<br />
Markenverhalten<br />
Preis<br />
Kommunikation<br />
Leistung<br />
Distribution<br />
Personal<br />
Prozess<br />
Zukunft<br />
Abbildung E-5 fasst die formulierten Maximen zur Pflege selbstreferentieller<br />
Markenbildwelten nochmals in einer Übersicht zusammen. An dieser <strong>St</strong>elle sei<br />
angemerkt, dass die abgeleiteten und dargestellten Empfehlungen primär als<br />
22 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel C 3.1.1.
Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 219<br />
wichtige exemplarische Beispiele dafür dienen sollen, spezifische Aspekte in<br />
der Pflege von Marken für unsichtbare Dienstleistungen zu verdeutlichen.<br />
Maxime 2.1:<br />
Manifestiere die kreative und strategische Leitidee in einem Marken-Code und stelle durch interne Kontrollsysteme<br />
sicher, dass sämtliche Maßnahmen, die zu einer Kommunikation der Marke beitragen, diesem<br />
Code entsprechen.<br />
Maxime 2.2:<br />
Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen die markengerechte Modifikation oder Innovation<br />
von Dienstleistungen, um durch deren Präsentation im Rahmen der Werbung zu einer Aktualisierung<br />
oder Dramatisierung bestimmter Attribute der Markenidee beizutragen.<br />
Maxime 2.3:<br />
Nutze zur kreativen Gestaltung von Kommunikationsanlässen Ereignisse, die im kollektiven Bedeutungshaushalt<br />
der Zielgruppe gleichförmige, markengerechte Assoziationen auslösen und stelle einen kreativen<br />
Bedeutungszusammenhang zwischen diesem Ereignis und der selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelt<br />
her.<br />
Maxime 2.4:<br />
Gewährleiste im Rahmen der Leistungspflege und Leistungsinnovation, dass sämtliche unter der Marke<br />
angebotenen Dienstleistungen mit der im Marken-Code manifestierten kreativen Leitidee kompatibel sind<br />
(„service follows brand“).<br />
Maxime 2.5:<br />
Überprüfe im Rahmen eines kontinuierlichen Markencontrolling die Qualität und Erfolgsbeiträge der<br />
Markenbildwelt sowie der Maßnahmen der Markenkommunikation auf kognitiver und verhaltensbezogener<br />
Ebene.<br />
Abb. E-5: Maximen zur Pflege selbstreferentieller Markenbildwelten<br />
1.3 Optionen für Marken mit fragmentierten Markenbildwelten<br />
Die bisherigen Implikationen haben sich auf den Aufbau neuer und die Pflege<br />
bestehender selbstreferentieller Markenbildwelten für unsichtbare Dienstleistungen<br />
bezogen. Wie die Praxis zeigt, verfügen zahlreiche Marken über<br />
kommunikationsineffiziente Markenbildwelten. Zur vereinfachten Überprüfung<br />
der Frage, inwieweit eine bestehende Markenbildwelt kommunikationsineffizient<br />
ist, kann folgende Maxime formuliert werden:<br />
Maxime 3.1:<br />
Prüfe, ob die Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild<br />
der bestehenden Markenbildwelt dadurch integriert sind, dass jedes<br />
einzelne Schlüsselsignal dem Anspruch der Visualität und Reflexivität<br />
und jede wechselseitige Beziehung zwischen den Schlüsselsignalen dem<br />
Anspruch der inhaltlichen und formalen Redundanz genügt. 23<br />
Wie die vergleichende Fallstudienauswertung ergeben hat, liegt die zentrale<br />
Ursache für kommunikationsineffiziente Markenbildwelten regelmäßig in Mar-<br />
23 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.1.2.
220 Kapitel E<br />
kennamen, die diesen Anforderungen des integrierten virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
nicht gerecht werden (Arcor, E.ON, E-Plus, debitel, mobilcom, Vodafone).<br />
Die Entwicklung dieser Markennamen stellt stets das Ergebnis eines nicht integrierten<br />
<strong>Service</strong>-<strong>Branding</strong>-Prozesses dar, der in einigen Fällen auf unzureichende<br />
Briefings, in anderen Fällen auf die situative Variable Unternehmensalter<br />
zurückzuführen ist: 24 Wie am Beispiel des Telekommunikationsmarktes<br />
gezeigt, müssen Unternehmen gerade in der Anfangsphase wachstumsstarker<br />
und dynamischer Märkte versuchen, durch den Aufbau operativer Kompetenz<br />
möglichst schnell Fuß zu fassen. Da Marken in diesen Marktphasen noch eine<br />
untergeordnete Rolle spielen, entstehen Unternehmens- bzw. Markennamen<br />
meist ohne Berücksichtigung markentechnischer Anforderungen. So erfreuten<br />
sich bei der Namensvergabe für Telekommunikationsdienstleister stereotype<br />
branchenbezogene („com“, „tel“) oder technische Kürzel („D1“, „D2“, „E-Plus“)<br />
ebenso großer Beliebtheit wie deren Kombination mit Herkunftskomponenten<br />
ohne Aussagekraft (VIAG Interkom, debitel). 25 Im Ergebnis stehen diese Unternehmen<br />
- sofern sie in der späteren Marktphase des intensiven Wettbewerbs<br />
mit neuen Marken noch existieren - vor dem Dilemma, einerseits über einen<br />
gewachsenen Bekanntheitsgrad, andererseits aber über teilintegrierte beziehungsweise<br />
fragmentierte Markenbildwelten zu verfügen, die unter dem Aspekt<br />
der Effizienz zukünftiger Kommunikationsinvestitionen einer Veränderung bedürfen.<br />
Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden verschiedene Optionen<br />
vereinfachend und kursorisch diskutiert, welche durch die empirischen Forschungserkenntnisse<br />
dieser Arbeit fundiert sind.<br />
1.3.1 Markennamen visualisieren<br />
Sind Marken für unsichtbare Dienstleistungen kommunikationsineffizient, so<br />
liegt das an der mangelnden inhaltlichen und oder formalen Integration der<br />
Schlüsselsignale. Sofern der Markenname die Anforderungskriterien für das erfolgreiche<br />
virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> erfüllt, 26 sind wesentliche Voraussetzungen<br />
gegeben, um auf dem Namen aufbauend eine selbstreferentielle Markenbildwelt<br />
durch entsprechende Gestaltung des Markenzeichens und eines<br />
Schlüsselbildes zu kreieren. Die Konstellation eines solchen Markennamens in<br />
einer ineffizienten Markenbildwelt stellt jedoch eher eine theoretische denn eine<br />
in der Praxis anzutreffende Variante dar, da effiziente Markennamen wie<br />
Yello <strong>St</strong>rom oder O2 das Ergebnis der erfolgreichen Umsetzung einer kreativen<br />
Leitidee sind.<br />
Inneffiziente Markennamen wie E.ON oder debitel sind daher regelmäßig Bestandteile<br />
ineffizienter Markenbildwelten, in denen der Markenname weder eine<br />
Positionierung oder Markenidee transportiert, noch die Visualisierungs-<br />
24 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel D 3.1.<br />
25 So ermittelten Schmitt/ Simonson, dass beispielsweise der Namensbestandteil „tel“ von 7909<br />
Unternehmen genutzt wird (vgl. 1998, S. 52).<br />
26 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E 1.
Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 221<br />
komponenten Markenzeichen und Schlüsselbild einen inhaltlichen und/oder<br />
formalen Bezug zum Markennamen aufweisen und vice versa. Der erste<br />
Schritt, um aus dieser Situation heraus eine selbstreferentielle Markenbildwelt<br />
aufzubauen, kann in folgender Maxime formuliert werden:<br />
Maxime 3.2:<br />
Prüfe - unter Befolgung der Maximen 1.1 und 1.2, inwieweit erfolgversprechende<br />
Möglichkeiten zur kreativen Visualisierung des bestehenden Markennamens<br />
existieren.<br />
Wie E-Plus - als Beispiel einer auf einem bestehenden Namen entwickelten integrierten<br />
Markenbildwelt 27 - gezeigt hat, ist durch die Entwicklung einer kreativen,<br />
positionierungsadäquaten Markenidee die Transformation eines ehemals<br />
ineffizienten Markennamens gelungen: Der originär techniklastige und positionierungsirrelevante<br />
Name E-Plus wird durch die Umsetzung der visualisierbaren<br />
Markenidee „Ein Plus verbindet“ zum Mittelpunkt einer neu entwickelten,<br />
selbstreferentiellen Markenbildwelt. In diesem neuen Kontext wird der unveränderte<br />
Markenname zu einem Wahrnehmungsanker, der den Aufbau eines<br />
positionierungsadäquaten inneren Markenbildes nachhaltig unterstützt - im<br />
Gegensatz zu vorher.<br />
1.3.2 Re-<strong>Branding</strong>-<strong>St</strong>rategien evaluieren<br />
Ist eine kreative Visualisierung nicht möglich, muss vor dem Hintergrund der<br />
Kommunikationsineffizienz des aktuellen Markenauftritts der Aufbau einer neuen<br />
selbstreferentiellen Markenbildwelt mit Änderung des Markennamens erwogen<br />
werden. Die Einführung eines neuen Markennamens stellt dabei eine<br />
komplexe Trade-Off-Situation mit Gewinnen auf der einen und Verlusten auf<br />
der anderen Seite dar (z.B. Verbesserung der Kommunikationseffizienz versus<br />
Verlust des bestehenden Bekanntheitsgrades), in der eine Entscheidung nur<br />
unter Berücksichtigung zahlreicher situativer Determinanten erfolgen kann.<br />
Grundsätzlich gilt: Je schwächer die aktuelle Marke ist (Kundenbindungswirkung,<br />
Bekanntheitsgrad, Image etc.), um so eher sollte ein Wechsel erfolgen.<br />
Aufbau einer neuen Markenbildwelt unter Variation der Positionierung<br />
Im Falle der erwogenen Änderung des Markennamens sollte folgende Maxime<br />
befolgt werden:<br />
Maxime 3.3:<br />
Prüfe, inwieweit bei einer erwogenen Änderung des Markennamens Ansatzpunkte<br />
für eine erfolgreiche Repositionierungsstrategie bestehen.<br />
27 Vgl. insbesondere die Ausführungen in Kapitel D 3.2.1.
222 Kapitel E<br />
Diese Überprüfung sollte insbesondere im Hinblick auf situative Variablen wie<br />
Unternehmensherkunft oder Unternehmenstradition erfolgen. So hätte beispielsweise<br />
im Falle der bis zum Jahr 2000 sehr schwach positionierten Marke<br />
debitel 28 die Möglichkeit bestanden, über das Aufgreifen und Dramatisieren der<br />
(damaligen) Herkunft (Daimler-Benz) einen eigenständigen und glaubhaften<br />
Positionierungsansatz (z. B. „Wir sind der Mercedes unter den Providern“) abzuleiten,<br />
an dem dann die Entwicklung einer kreativen Leitidee (z. B. „Wir sind<br />
der <strong>St</strong>ern/ <strong>St</strong>ar unter den Providern“) zum Aufbau einer selbstreferentiellen<br />
Markenbildwelt - entsprechend den Maximen 1.1 bis 1.6 - hätte ansetzen können.<br />
Aufbau einer neuen Markenbildwelt mit neuer Positionierung<br />
Sofern keine Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Repositionierungsstrategie bestehen,<br />
resultiert aus dem Wechsel des Markennamens die Notwendigkeit des<br />
Aufbaus und der Einführung einer neuen selbstreferentiellen Markenbildwelt<br />
(Kapitel E 1.1). Als Beispiel hierfür kann die durch den Telekommunikationskonzern<br />
British Telecom veranlasste Entwicklung der Marke O2 angeführt werden.<br />
1.3.3 Markenbildwelt modifizieren<br />
Extrem hohe Wechselkosten sprechen dagegen für die Beibehaltung des Markennamens:<br />
Ein Beispiel hierfür ist Vodafone, nachdem sich das Management<br />
entschieden hatte, die kommunikationsineffiziente Markenbildwelt international<br />
zu expandieren. Wird also trotz unzureichendem, kreativ nicht zu visualisierenden<br />
Markennamen - und einer damit implizit unzureichenden Markenbildwelt<br />
- der Name beibehalten, erfolgt dies zwangsläufig unter Inkaufnahme von<br />
Ineffizienzen. Auch modifizierte, durch nachträgliche Visualisierungsstrategien<br />
„verbesserte“ Markenbildwelten zeichnen sich gegenüber selbstreferentiellen<br />
Markenbildwelten durch ein geringeres Maß an inhaltlicher Geschlossenheit<br />
aus. Im Ergebnis handelt es sich dann oftmals um rein formale Markenbildwelten,<br />
die jedoch nicht in der Lage sind, ein nachhaltiges und starkes Markenbild<br />
im Kopf des Konsumenten zu generieren (Beispiel: debitel). Sollten Marken<br />
dieser Art dem Konsumenten dennoch vom Namen her vertraut sein, ist dies<br />
das Resultat aufwendigster Kommunikationskampagnen, was vor dem Hintergrund<br />
einer schwach visualisierten Marke ein Höchstmaß an Ineffizienz bedeutet<br />
(Beispiel: Vodafone).<br />
1.3.4 Zusammenfassende Übersicht<br />
Wie das Kapitel verdeutlicht hat, stellt die Wahlmöglichkeit der Beibehaltung<br />
oder Veränderung eines Markenauftritts einen schwierigen Entscheidungsprozeß<br />
unter Unsicherheit dar. Weil im Rahmen dieses Prozesses eine simultane<br />
28 Vgl. die Ausführungen in Kapitel D 2.2 (Fallstudie debitel).
Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 223<br />
Überprüfung zahlreicher situativer Einzelfaktoren erforderlich ist, können die in<br />
Form von Maximen (Abb. E-6) dargestellten Empfehlungen lediglich in stark<br />
vereinfachender Weise dazu beitragen, grundsätzliche Handlungsoptionen<br />
aufzuzeigen und zu bewerten.<br />
Maxime 3.1:<br />
Prüfe, ob die Schlüsselsignale Markenname, Markenzeichen und Schlüsselbild der bestehenden Markenbildwelt<br />
dadurch integriert sind, dass jedes einzelne Schlüsselsignal dem Anspruch der Visualität und<br />
Reflexivität und jede wechselseitige Beziehung zwischen den Schlüsselsignalen dem Anspruch der inhaltlichen<br />
und formalen Redundanz genügt.<br />
Maxime 3.2:<br />
Prüfe unter Befolgung der Maximen 1.1 und 1.2, inwieweit erfolgversprechende Möglichkeiten zur kreativen<br />
Visualisierung des bestehenden Markennamens existieren.<br />
Maxime 3.3:<br />
Prüfe, inwieweit bei einer erwogenen Änderung des Markennamens Ansatzpunkte für eine erfolgreiche<br />
Repositionierungsstrategie bestehen.<br />
Abb. E-6: Maximen zur Evaluierung von Optionen für Marken mit fragmentierten Markenbildwelten<br />
1.4 Abschließende Gesamtübersicht<br />
Die Zielsetzung dieses Kapitels bestand in der Formulierung von Gestaltungsempfehlungen<br />
für die Praxis, die sich als Implikationen aus den erarbeiteten,<br />
empirisch evaluierten Forschungserkenntnissen dieser Arbeit ergeben haben.<br />
Die Empfehlungen richteten sich dabei auf den Aufbau neuer, die Pflege bestehender<br />
und die Optimierung ineffizienter Markenbildwelten. Abbildung E-7<br />
fasst diese unterschiedlichen Fokussierungen nochmals in Form einer Gesamtübersicht<br />
zusammen, in welcher die Maximen als Entscheidungen im<br />
Rahmen eines vereinfachenden sequentiellen Ablaufschema dargestellt sind.<br />
Hieran kann ferner veranschaulicht werden, dass die entwickelten Empfehlungen<br />
auf drei <strong>St</strong>ufen situationsspezifische Einflussfaktoren berücksichtigen:<br />
Auf <strong>St</strong>ufe eins erfolgt zunächst eine situative Differenzierung in Bezug auf<br />
konzeptionell evaluierte Dienstleistungscharakteristika. Ausgehend von dem<br />
Forschungsobjekt Telekommunikationsdienstleistung sowie insbesondere<br />
kognitionspsychologischer Markenaspekte wurde hierzu der Typus der unsichtbaren<br />
Dienstleistung als übergeordnetes Forschungsobjekt abgeleitet.<br />
Auf dieser Ebene wurde eine aus markentechnischer Sicht enge Verbindung<br />
zur vergleichend untersuchten Energiebranche hergestellt, die sich durch die<br />
Ergebnisse der Fallstudienforschung bestätigt hat. Mit anderen Worten: Aus<br />
konzeptioneller Sicht beziehen sich die abgeleiteten Implikationen auf Telekommunikations-<br />
und Energiedienstleister in ihrer Funktion als idealtypische<br />
Repräsentanten des evaluierten Dienstleistungstypus „unsichtbare<br />
Dienstleistungen“.<br />
Auf <strong>St</strong>ufe zwei erfolgt eine Berücksichtigung unternehmensspezifischer Determinanten,<br />
die im Rahmen der Maximen M 3.1 bis M 3.3 stark vereinfa-
224 Kapitel E<br />
chend in Form eines kursorischen Prozesses diskutiert wurden mit dem Ziel,<br />
spezifische Situationsmuster für bestehende Marken für unsichtbare Dienstleistungen<br />
zu erkennen und entsprechend zu empfehlende Basisoptionen (z.<br />
B. Aufbau neuer selbstreferentieller Markenbildwelt unter Beibehaltung des<br />
Markennamens) aufzuzeigen.<br />
Auf <strong>St</strong>ufe drei werden schließlich unternehmens- und wettbewerbsspezifische<br />
Determinanten im Rahmen der Maximen zum Aufbau (M 1.1. bis M.1.6)<br />
und zur Pflege (M 2.1. bis M 2.5) selbstreferentieller Markenbildwelten diskutiert,<br />
um situationsgerechte Entscheidungsoptionen und -restriktionen im<br />
konkreten Anwendungsfall aufzuzeigen.<br />
neue Marke für<br />
unsichtbare Dienstleistungen<br />
Beispiel:<br />
EnBW (Yello)<br />
Integriertes virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> für eine ...<br />
mit<br />
selbstreferentieller<br />
Markenbildwelt<br />
Beispiel:<br />
Yello <strong>St</strong>rom<br />
mit<br />
Ansatzpunkten<br />
zur kreativen<br />
Visualisierung des<br />
Markennamens<br />
Beispiel:<br />
E-Plus<br />
bestehende Marke<br />
für unsichtbare Dienstleistungen...<br />
fiktives Beispiel:<br />
debitel<br />
M 3.1<br />
ohne<br />
selbstreferentielle<br />
Markenbildwelt...<br />
M 3.2<br />
mit<br />
Ansatzpunkten für eine<br />
erfolgreiche<br />
Positionierungsstrategie<br />
ohne<br />
Ansatzpunkte<br />
zur kreativen<br />
Visualisierung des<br />
Markennamens...<br />
M 3.3<br />
Beispiel:<br />
debitel<br />
ohne<br />
Ansatzpunkte für eine<br />
erfolgreiche<br />
Positionierungsstrategie<br />
Aufbau und<br />
Pflege Aufbau neuer Aufbau neuer Beibehaltung/ Aufbau neuer<br />
Einführung bestehender selbstreferentieller selbstreferentieller Modifikation selbstreferentieller<br />
selbstreferentieller selbstreferentieller Markenbildwelt Markenbildwelt bestehender Markenbildwelt<br />
Markenbildwelt Markenbildwelt mit bestehendem mit Variation der Markenbildwelt<br />
M 1.1- M 1.6 M 2.1- M 2.5<br />
Markennamen Positionierung<br />
(Markenname neu)<br />
unter Inkaufnahme<br />
von Ineffizienzen (Markenname neu)<br />
Beispiel:<br />
Brit.Telecom (O2)<br />
Abb. E-7: Zusammenfassung: Integriertes virtuelles <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> als situativer Entscheidungsprozess
Implikationen für das virtuelle <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> 225<br />
2. Implikationen für die Markenforschung<br />
Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag zur Entwicklung und Einführung,<br />
aber auch zur Pflege von Marken für unsichtbare Dienstleistungen, insbesondere<br />
für Anbieter von Telekommunikations- und Energiedienstleistungen. Vor<br />
dem Hintergrund der bisherigen geringen theoretischen sowie praxisbezogenen<br />
Durchdringung des Themas <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> musste die Arbeit zunächst<br />
einen konzeptionellen Rahmen entwickeln und bediente sich dazu unter anderem<br />
der Fallstudienforschung.<br />
Mit den auf konzeptionell-analytischer und qualitativ-empirischer Basis abgeleiteten<br />
anwendungsorientierten Handlungsempfehlungen leistet die Arbeit einen<br />
Beitrag zur theoretischen Fundierung wie auch zur praxisbezogenen Professionalisierung<br />
des Themas und trägt damit gleichzeitig zu einer Integration von<br />
Markentheorie und -praxis bei.<br />
Eine Einschränkung dieser Arbeit besteht notwendigerweise darin, dass die<br />
konzeptionell abgeleiteten Hypothesen nicht in einem streng statistischen Sinne<br />
getestet wurden, da hierzu ein quantitativer Forschungsaufbau sowie größere<br />
Fallzahlen erforderlich sind. Insofern basieren die entwickelten<br />
Handlungsempfehlungen auf einer plausibilitätsorientierten Hypothesenevaluierung.<br />
Hieraus ergibt sich die Implikation, die Absicherung der gewonnenen<br />
Erkenntnisse und Empfehlungen im Rahmen weiterführender empirischer Untersuchungen<br />
vorzunehmen.<br />
Interessanterweise kommt LANGNER mit anderer Methodik und anderer inhaltlicher<br />
Vorgehensweise sowie bei einem anderen Anwendungsfall zu mit den Ergebnissen<br />
dieser Arbeit vergleichbaren Aussagen: So empfiehlt der Autor, wie<br />
gezeigt wurde, zur Erzielung einer optimalen Kommunikationswirkung bei Low-<br />
Involvement-Marken ebenfalls eine redundante Kombination von Markenbild<br />
und Markenname und kommt damit zu dem Resultat, das die isolierte Entwicklung<br />
von Markenname und Markenbild eine unterlegene Kommunikationswirkung<br />
impliziert. 29 Die Übereinstimmung mit der Argumentationslinie der<br />
vorliegenden Arbeit ist als Konvergenzvalidierung der beiden Arbeiten anzusehen.<br />
Sie verleiht damit den in der vorliegenden Arbeit qualitativ hergeleiteten<br />
Rückschlüssen zusätzliche Glaubwürdigkeit, unterstreicht jedoch noch einmal<br />
die Relevanz der Forderung, sich in der weiteren Forschung auch quantitativ<br />
stärker um das Verständnis selbstreferentieller virtueller Markenbildwelten zu<br />
bemühen.<br />
Beispielhaft könnten folgende postulierte Wirkungszusammenhänge einer<br />
quantitativen Untersuchung unterzogen werden: So könnte das kognitionspsy-<br />
29 Vgl. Langner 2003, Sn. 280, 295.
226 Kapitel E<br />
chologische Wirkungsmodells des virtuellen <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> (Abb. C-32) bevorzugt<br />
im Rahmen kausalanalytischer Untersuchungen getestet werden. Zur<br />
Überprüfung von implizierten Einzelhypothesen eignen sich verhaltenswissenschaftliche<br />
Laborexperimente, in denen beispielsweise die Zusammenhänge<br />
zwischen selbstreferentiellen virtuellen Markenbildwelten und Zahlungsbereitschaft<br />
für die betreffende Dienstleistung realitätsnah quantifiziert werden können.<br />
Auf praxisorientierter Ebene wäre es aufschlussreich und ergiebig, die theoretisch-konzeptionell<br />
begründeten Zusammenhänge zwischen selbstreferentieller<br />
virtueller Markenbildwelt und innerpsychischen Variablen, d.h. visuellem und<br />
verbalem Markenwissen, aber auch zwischen selbstreferentiellen virtuellen<br />
Markenbildwelten und Verhaltens- bzw. Wirkungsvariablen des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
quantitativ-empirisch zu bestätigen. Interessant wären ebenso vergleichende<br />
Untersuchungen zwischen selbstreferentiellen und fragmentierten<br />
Markenbildwelten und deren jeweiligen Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten.<br />
Auch hier bieten sich experimentelle Designs zur Überprüfung der<br />
Wirkungszusammenhänge an.
1. Interviewleitfaden<br />
Anhang<br />
Die Expertengespräche wurden persönlich vor Ort oder telefonisch im<br />
deutschsprachigen Raum durchgeführt. Die Interviews wurden in vier Problemkreise<br />
gegliedert. Die Experten erhielten vorab einen Gesprächsleitfaden (Abb.<br />
An-1), der jeweils an die spezifische Unternehmenssituation angepasst wurde.<br />
Expertenbefragung zum Thema<br />
„Markenmanagement für Dienstleistungen“<br />
Interviewleitfaden<br />
Der Begriff Marke wird in Theorie und Praxis oftmals sehr unterschiedlich verwendet. Bitte skizzieren Sie<br />
zu Beginn des Gesprächs kurz, was Sie unter Marke verstehen. Und welche <strong>St</strong>ellung Ihrer Meinung nach<br />
Markenmanagement im Dienstleistungsmarketing einnimmt.<br />
A <strong>St</strong>ellenwert der Marke bei Dienstleistern<br />
1. Wie wichtig sind Dienstleistungsmarken im Telekommunikationsmarkt?<br />
2. Welche Entwicklungen und Faktoren bestimmen diesen <strong>St</strong>ellenwert?<br />
3. Für welche Dienstleistungen/ Märkte ist Markenmanagement nicht angebracht (besonders angebracht)?<br />
B Typische Probleme des Markenmanagement für Dienstleistungen<br />
1. Was macht das Management von Dienstleistungsmarken so schwierig?<br />
2. Wo liegen die Unterschiede zu „klassischen“ Markenartikeln?<br />
3. Sehen Sie Fehler, die im Management von Dienstleistungsmarken häufig gemacht werden?<br />
C Erfolgsfaktoren des Markenmanagement für Dienstleistungen<br />
1. Bitte nennen Sie die 3 besten (3 weniger gute) Dienstleistungsmarken aus Ihrer Sicht!<br />
2. Was macht diese Dienstleistungsmarken so erfolgreich (erfolglos)?<br />
3. Welche Grundvoraussetzungen müssen erfolgreiche Dienstleistungsmarken im allgemeinen (und speziell im<br />
Telekommunikationsmarkt) erfüllen?<br />
D Markenführung bei XY-Unternehmen<br />
1. Welche Markenziele und -strategien verfolgt XY-Unternehmen? Worin besteht der/die Markenkern(e)?<br />
2. Welche Instrumente setzen Sie zur Markensteuerung ein?<br />
3. Wie organisieren Sie Markenmanagement? Welchen Anteil übernehmen Werbeagenturen?<br />
4. Welche Informationen und Instrumente sollten zur Markenüberwachung vorhanden sein? Wie messen Sie<br />
Markenerfolg?<br />
Haben Sie Fragen an die Marketingforschung? Welche wissenschaftlichen Beiträge zum Thema<br />
Markenmanagement für Dienstleistungen würden Sie sich wünschen? Wo besteht aus Sicht der Praxis<br />
besonderer Problemlösungsbedarf bzw. wo liegen interessante Forschungsfelder?<br />
Abb. An-1: Interviewleitfaden<br />
Gemeinsam mit dem Interviewleitfaden erhielten die Interviewpartner vorab<br />
begleitende Informationen zum Projekt (Abb. An-2).
228 Anhang<br />
Expertenbefragung zum Thema<br />
„Markenmanagement für Dienstleistungen“<br />
Allgemeine Informationen<br />
Projekt Die Expertengespräche finden im Rahmen des Dissertationsprojektes Markenmanagement<br />
für Dienstleistungen statt. Das Forschungsprojekt wird von Dipl.-Kfm. Rico Kehrer<br />
durchgeführt und von Prof. Dr. Torsten Tomczak, Forschungsinstitut für Absatz und Handel<br />
(FAH-HSG) der <strong>Universität</strong> <strong>St</strong>. <strong>Gallen</strong>, betreut.<br />
Inhalte Die Befragung richtet sich an Manager führender Dienstleistungsunternehmen unterschiedlicher<br />
Branchen, die sich aktiv mit Markenmanagement beschäftigen. Der empirische<br />
Untersuchungsteil des Projekts befindet sich in der <strong>St</strong>artphase. Es ist das Ziel, praxisnah<br />
Probleme und Herausforderungen des Managements von Dienstleistungsmarken zu<br />
erfassen und zu strukturieren.<br />
Der Interviewleitfaden dient der Vorabinformation und der groben <strong>St</strong>rukturierung des<br />
Gesprächs. Die Fragen haben explorativen Charakter und sind bewusst offen gehalten, um<br />
eine möglichst breite Abdeckung des Untersuchungsfeldes zu gewährleisten.<br />
Durchführung Das Einzelgespräch soll nach vorheriger Terminvereinbarung telefonisch oder persönlich<br />
durchgeführt werden. Die Gesprächsdauer sollte mindestens 30 Minuten betragen.<br />
Veröffentlichung Selbstverständlich und grundsätzlich werden alle Angaben und Informationen vertraulich<br />
behandelt! Die Untersuchungsergebnisse dienen ausschließlich wissenschaftlichen<br />
Forschungszwecken.<br />
Eine Veröffentlichung von (Teil-)Ergebnissen im Rahmen des Dissertationsprojekts erfolgt<br />
nur nach Absprache und mit Ihrer Zustimmung. Zu diesem Zweck erhalten Sie im Nachgang<br />
ein Gesprächsprotokoll.<br />
Managementorientierte Marketingforschung ist auf die aktive Unterstützung von Experten der Praxis<br />
angewiesen. Wir bitten Sie daher um eine möglichst offene Beantwortung der Fragen. Ebenso wären wir<br />
für die Bereitstellung ergänzenden Informationsmaterials dankbar. Vielen Dank für Ihre Bemühungen!<br />
Abb. An-2: Begleitende Informationen zum Interviewleitfaden<br />
2. Ausgewählte Gesprächsprotokolle<br />
2.1 Expertengespräch Thomas Brasch, debitel AG<br />
THOMAS BRASCH ist Leiter Marketing-<strong>Service</strong>s debitel AG, <strong>St</strong>uttgart. Das Gespräch<br />
fand am Mittwoch, den 19. Mai 1999, in der Zeit von 18:00 bis 22:00h in<br />
der debitel-Zentrale (<strong>St</strong>uttgart, Schelmenwasenstr. 37-39) statt.<br />
Zum Begriff Marke<br />
Marke heißt in aller erster Linie, Vertrauen aufzubauen. Marken vermitteln<br />
Kunden das Gefühl, nicht über den Tisch gezogen zu werden. Dieser Vertrauensaufbau<br />
ist die Grundvoraussetzung jeder Marke. Ist diese erfüllt, folgt der<br />
zweite entscheidende Schritt: die Schaffung von Emotionen. Marke ist ein <strong>St</strong>atement.<br />
Marke muss dem Zielkunden ein gutes Gefühl vermitteln, der Kunde
Anhang 229<br />
muss sich mit der Marke identifizieren. <strong>St</strong>arke Marken zeichnen sich dadurch<br />
aus, dass der Kunde stolz ist, diese und keine andere Marke zu benutzen.<br />
Ich möchte irgendwann dahin kommen, dass das Logo „debitel“ auf Handys<br />
steht, nicht, um damit debitel ins Bewusstsein des Kunden zu rufen, sondern<br />
weil der debitel-Kunde dies zur Dokumentation seines Konsums wünscht. Hierzu<br />
bedarf es einer starken und konsequenten Positionierung im Markt und in<br />
den Köpfen der Kunden.<br />
Bedeutung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis<br />
Für Diensteanbieter im Telekommunikationsmarkt spielt die Marke noch eine<br />
untergeordnete Rolle. Dies hat zur Folge, dass hier der Leidensdruck für Managements<br />
hinsichtlich einer konsequenten Markenentwicklung noch gering ist.<br />
Dennoch kann aus meiner Sicht eine Differenzierung im Wettbewerb langfristig<br />
nur über Marke geschehen. Marke ist das Alles Entscheidende, da „rationale“<br />
USPs in Märkten mit austauschbaren Produkten und Leistungen für den Käufer<br />
nicht entscheidungsrelevant sind. Denn „rational“ gesehen ist es völlig unerheblich,<br />
ob ein Girokonto bei einer Volksbank, einer Sparkasse oder einer<br />
Großbank geführt wird. Aber Kunden, die eine „richtige“ Bank wollen, gehen zu<br />
„der“ Bank: die Deutsche Bank. Hier entscheidet primär das Image, nicht die<br />
operative Kompetenz und <strong>St</strong>ärke.<br />
Im Telekommunikationsmarkt ist dies ähnlich, wenngleich dieser Markt und<br />
seine Teilmärkte (Festnetz, Mobilfunk, Internet) durch einige Besonderheiten<br />
auffällt. Der Mobilfunkmarkt hat eine Eigendynamik und ist Hardwaredominiert.<br />
Kunden kaufen kein Netz und keine Telefonkarten, sie kaufen Handys.<br />
Diese Handys, das hat eine aktuelle debitel-<strong>St</strong>udie ergeben, werden nach<br />
wie vor ohne Netzpräferenz erworben. Der Handymarkt wird von Nokia dominiert<br />
und Anbieter, die diese Handys nicht anbieten, haben keine Chance. Mobilfunknetze<br />
bzw. die Netznutzung stellen für den Kunden Selbstverständlichkeiten<br />
dar. debitel verkauft Selbstverständlichkeiten, was Markenmanagement<br />
nicht gerade vereinfacht.<br />
Anders im Festnetzbereich: Die Hardware, das Telefon, spielt hier überhaupt<br />
keine Rolle. Der Verbundcharakter der Produktkombination „Telefon-Telefonnetz“<br />
ist hier wesentlich schwächer bzw. gar nicht vorhanden. Die Kunden haben<br />
sehr schnell verstanden, dass die Wahl der Telefongesellschaft im<br />
Festnetzmarkt nur über den Preis geht. Allerdings, und deshalb halte ich die<br />
Liberalisierung des Marktes für gescheitert, waren die Erwartungen über die<br />
Wechselbereitschaft der Kunden völlig überzogen. Der Leidensdruck der Telefonkunden<br />
war lange nicht so hoch wie angenommen.
230 Anhang<br />
Probleme des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis<br />
Zunächst einmal sind zahlreiche Dienstleistungsbranchen junge Märkte mit jungen<br />
Unternehmen. Im Gegensatz zu den traditionellen Marken der gewachsenen<br />
Märkten für Konsumgüter geht es hier darum, von Grund auf ein<br />
Markenimage aufzubauen. Dies ist grundsätzlich schwierig.<br />
Zum anderen handelt es sich bei Dienstleistungen um nicht-haptische Produkte.<br />
Man kann sie weder schmecken, noch riechen, noch fühlen. Dienstleistungen<br />
können nur emotional erlebt werden. Und an diesem Punkt muss eine<br />
Dienstleistungsmarke ansetzen. Die Dienstleistungsmarke muss glaubhaft einen<br />
Mehrwert für den Kunden vermitteln. Und da viele Dienstleistungen in den<br />
Augen der Kunden jene angesprochene Selbstverständlichkeit darstellen,<br />
muss dieser Mehrwert nicht rationaler, sondern emotionaler Natur sein. Kurz<br />
gesagt: <strong>St</strong>arke Dienstleistungsmarken müssen einen emotionalen USP vermitteln.<br />
Nehmen wir an, Sie wollen ein wichtiges Paket von A nach B verschicken.<br />
Theoretisch könnte man irgendeinen Menschen auf der <strong>St</strong>raße ansprechen und<br />
fragen, ob er dies nicht erledigen könnte. Wen würde man also ansprechen?<br />
Doch wohl denjenigen, bei dem man das beste Gefühl hat, dessen Auftreten<br />
sympathisch, freundlich, korrekt und gepflegt ist. Und nach denselben Mustern<br />
wähle ich einen Paketdienst aus. Die Marke UPS vermittelt diese Eigenschaften.<br />
Natürlich muss UPS das Paket pünktlich und zuverlässig liefern. Aber<br />
ebenso wichtig - wenn nicht gar wichtiger - ist das Gefühl des Kunden, dass<br />
UPS pünktlich und zuverlässig liefert. Es geht also um die Frage, ob ich 10<br />
<strong>St</strong>unden lang bange, bis ich die Meldung bekomme, dass das Paket gut angekommen<br />
ist, oder ob ich mich nach der Paketübergabe in der Gewissheit zurücklehnen<br />
kann, das bestmögliche getan zu haben, damit das Paket gut<br />
ankommt. Dieses Gefühl, diesen emotionalen USP kann nur Marke vermitteln.<br />
Dienstleistung ist aus Unternehmenssicht ein Leistungsversprechen. Aus Markensicht<br />
ist der <strong>St</strong>andpunkt des Kunden einzunehmen. Hier stellt sich Dienstleistung<br />
als Leistungserwartung dar. Die Marke hat diese Leistungserwartung<br />
zu stützen.<br />
Bekanntheit ist hierfür die Basisvoraussetzung. Dies lässt sich auch an den<br />
Werbeetats der Dienstleister ablesen. Allerdings, und dies ist das Problem der<br />
meisten Dienstleistungsmarken, bedeutet Bekanntheit alleine noch gar nichts.<br />
Zahlreiche Dienstleistungsmärkte, hierzu zähle ich auch den Telekommunikationsmarkt,<br />
haben mehrheitlich schwache Marken. Dies liegt zum einen daran,<br />
dass die Leute zwar die Marken kennen, aber mit ihnen nichts verbinden können.<br />
Diese Dienstleistungsmarken sind „leere“ Marken. Oder es liegt daran,<br />
dass den Leuten das Produkt hinter der Marke einfach egal ist. Die Marke Ar-
Anhang 231<br />
cor ist bekannt und sympathisch, gut gemacht, aber sie ist den Menschen egal.<br />
Unter dem <strong>St</strong>rich bedeutet dies für die Marke also zweierlei: Die Dienstleistungsmarke<br />
muss einen USP visuell vermitteln können.<br />
Erfolgsfaktoren des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
<strong>St</strong>arke Dienstleistungsmarken sind Sixt, American Express, UPS, McDonalds.<br />
Bei letzterem ist allerdings zweifelhaft, ob wir es mit einer Dienstleistung zu tun<br />
haben. Denn zu McDonalds gehe ich nicht wegen des <strong>Service</strong>s, sondern wegen<br />
des harten Produkts „Hamburger“.<br />
Im Mobilfunkbereich hatte Mobilcom anfangs ein starkes Image. Mobilcom war<br />
der „David“, der antrat, um einen aussichtslosen Kampf gegen den „Goliath“<br />
Deutsche Telekom zu führen. Dies brachte Mobilcom zahlreiche Sympathien<br />
ein. Jeder, der dem Tanker Telekom „eins auswischen“ wollte, ging zu Mobilcom.<br />
Allerdings ist diese <strong>St</strong>rategie, die nur darauf angelegt ist, eine Gegenposition<br />
zu beziehen, langfristig kaum durchzuhalten. Denn mittlerweile hat sich<br />
der Telekom-Tanker bewegt und baut systematisch Antipathien ab und Sympathien<br />
auf. Der anfangs angenommene Leidens- bzw. Wechseldruck der Telekommunikationskunden<br />
wurde und wird Schritt für Schritt abgebaut. Dies<br />
bedeutet für das Call-by-Call-Verfahren den sicheren Tod und letztlich auch - in<br />
diesem Bereich - das Scheitern der Liberalisierung. Der durchschnittliche deutsche<br />
Telefonkunde hat eine Gesamtrechnung von ca. DM 50 pro Monat und ist<br />
bequem. Und für eine Preisersparnis von vielleicht 5-10 Prozent macht er sich<br />
irgendwann nicht mehr die Mühe, bei jedem Gespräch über Tarifstrukturen,<br />
Gesprächszeiten, Gebührentaktungen usw. nachzudenken und die 01019 vorzuwählen.<br />
Abgesehen davon ist das Mobilcom-Image zwar witzig, aber nicht<br />
vertrauensvoll. Denn die Vermutung liegt nahe, dass derjenige - wie Mobilcom,<br />
der so mit seiner Konkurrenz umgeht, vielleicht auch irgendwann so mit seinem<br />
Kunden umgeht. Und wer würde mit einem solchen Unternehmen schon<br />
langfristige Verträge abschließen?<br />
Die Grundlage der erfolgreichen Markenführung ist eine eindeutige strategische<br />
Zielrichtung. Was soll die Marke aussagen, wofür steht sie? Marke bedarf<br />
einer eindeutigen Soll-Positionierung. Eine klare Positionierung für debitel wäre<br />
der „<strong>St</strong>ern“, der „Aldi“ oder der „Media-Markt“. Ich bin nicht sicher, ob eine<br />
Marke auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtet werden muss. Was ist die<br />
Zielgruppe von Nutella? Dies sind alle!<br />
Operative Umsetzung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong>: Markenführung bei debitel<br />
Die erfolgreiche Markenumsetzung erfordert zwingend das Zusammenspiel<br />
zweier Kräfte: des markensensitiven Managements und der kreativen Werbeagentur.<br />
Dabei gilt: auch die beste Agentur kann keine Marke etablieren, wenn<br />
dem Kunden „inhouse“ das Verständnis und die Sensibilität für Marke fehlt.<br />
Und umgekehrt ist auch die beste Markenstrategie eines Kunden erfolglos,
232 Anhang<br />
wenn die Agentur keine hervorragende Kreativleistung erbringt. Das Unternehmen<br />
hat hier ganz klar die Bringschuld einer klaren Markenvision und -strategie,<br />
an denen die Kreativleistung der Agentur andocken muss.<br />
Die Markenführung von debitel steht noch am Anfang. Dies hat vielfältige<br />
Gründe. Zum einen besteht noch kein spürbarer, wirklicher Leidensdruck, eine<br />
Marke zu entwickeln. Denn die Kernkompetenz von debitel besteht aus Vertriebsstärke<br />
(Metro etc.) und Operationsstärke (Managementorganisation etc.).<br />
Und als Marke spielt debitel dabei (noch) keine Rolle. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen,<br />
dass Marken (von <strong>Service</strong>-Providern und Netzbetreibern) im Mobilfunkmarkt<br />
bislang nur eine untergeordnete Rolle im Kaufentscheidungsverhalten<br />
der Nachfrager spielen. Der mangelnde Leidensdruck bewirkt, dass<br />
im aktuellen Geschäft nicht in „Marke“ gedacht wird. Noch bestimmen Vertrieb<br />
und Handelsmarketing die Werbeinhalte und führen zu entsprechenden Ergebnissen.<br />
debitel will allerdings aus dieser Situation herauskommen, da der Rolle<br />
der Marke in der Zukunft eine wesentlich höherer Bedeutung beigemessen<br />
wird.<br />
2.2 Expertengespräch Ralph Ohnemus, VIAG Interkom<br />
RALPH OHNEMUS ist Bereichsleiter Brand Management der VIAG Interkom<br />
GmbH & Co. KG, München. Das Telefoninterview fand am Donnerstag, den<br />
14. Oktober 1999, in der Zeit von 13:00 bis 13:40h statt.<br />
Zum Begriff Marke<br />
Marke ist ein Vorurteil im Kopf des Verbrauchers. Marke existiert nur beim<br />
Verbraucher: Sie hat weniger was mit der Objektivität des Angebots, als vielmehr<br />
mit dem subjektiven Empfinden zu tun. Sie umfasst damit den Gesamteindruck,<br />
den der Verbraucher hinsichtlich des Gesamtangebots (Leistung und<br />
Markenzeichen) hat. Marke ist nicht nur Logo, sondern letztendlich das Gefühl,<br />
die Emotion, die der Verbraucher abruft, wenn man ihm ein <strong>St</strong>ichwort gibt. Was<br />
er damit beschreibt, ist Marke: ob er damit die „Fabrik VIAG“ abruft, eine bestimmtes<br />
Gefühl von Innovation etc. Unsere Aufgabe ist dabei, viele gleichlautende<br />
Vorurteile zu erhalten. Faktisch liegt damit eine Marke erst dann vor,<br />
wenn ein Großteil der Zielgruppe die Marke gleichförmig erlebt.<br />
Bedeutung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis<br />
Die zentrale Hebelwirkung der Marke besteht darin, eine Grundpräferenz aufzubauen.<br />
<strong>St</strong>arke Marken erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Angebote am<br />
PoS genutzt werden. Gerade Telekommunikationsdienstleistungen brauchen<br />
einen regulären PoS, da die Dienstleistung Mobilfunk nur in Kombination mit<br />
einem physischen Produkt, dem Handy, genutzt werden kann. Marke muss den<br />
Verbraucher dazu bewegen, überhaupt erst mal in einen VIAG Interkom Shop<br />
zu kommen.
Anhang 233<br />
Probleme des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis<br />
Grundsätzliche Problematik: Dienstleistungsmarken sind grundsätzlich schwieriger<br />
als Konsumgütermarken zu managen, da die Leistung als solche für den<br />
Kunden schwieriger nachvollziehbar, anfassbar, wahrnehmbar etc. ist.<br />
Problem der Kommunikation differenzierter Dienstleistungen: Bei einem breiten<br />
Dienstleistungsspektrum stellt sich für die Markenbildung die Frage nach den<br />
Gemeinsamkeiten: Was verknüpft diese verschiedenen Leistungen? Weisen<br />
die Dienstleistungen nur Unterschiede und keine Gemeinsamkeiten auf, zerstört<br />
dies die Markenbildung beim Verbraucher, da dieser nicht in der Lage ist,<br />
ein Markenimage aus 30 Komponenten zu begreifen. Zentrale Aufgabe der<br />
Markenbildung wird somit das Finden einer gemeinsamen Dimension. Denn<br />
wir reden schließlich mit denselben Menschen, mit gleichen Hirnen und gleichen<br />
Verhaltensweisen, die alle nur eine bestimmte Anzahl von Daten computen<br />
können. Ohne die Schaffung einer gemeinsamen Dimension sind diese<br />
Menschen für uns verloren. Alternativ kann man über andere Verkaufsprozesse<br />
mit anderen Funktionalitäten gehen, die nicht auf Wiederholungskauf aus sind<br />
und nicht über die Dimension Marke oder Bekanntheit verkaufen. Ein Beispiel<br />
hier wären Drückerkolonnen, die auch Dienstleistungen verkaufen können. Hier<br />
brauche ich keine Marke.<br />
Technischer Fortschritt schafft Probleme der Markenabgrenzung: Leistungsbezogene<br />
dauerhafte Markenabgrenzungen sind in vielen Dienstleistungsbereichen<br />
kaum möglich, da die Zeitfenster des Wettbewerbsvorteils durch<br />
(technische) Leistungsinnovationen sehr klein sind.<br />
Versagen bestehender Konzepte bei Dienstleistungen: Die Abgrenzung anhand<br />
traditioneller Markenkonzepte (Dach-, Unter-, Nebenmarken etc.) ist eher<br />
eine akademische Diskussion. Diese Konzepte helfen lediglich, Markenführung<br />
intern zu strukturieren und zu ordnen. Für den Verbraucher ist es aber meines<br />
Erachtens bei einer Dienstleistung nicht relevant und nicht nachvollziehbar, ob<br />
er es mit einer Dach- oder einer Produktmarke zu tun hat. Zwar taucht - bspw.<br />
wenn man sich mit Marketingberatern unterhält - dieses Thema („Dampfer“,<br />
„Schnellboot“) immer wieder auf, aber ich glaube, dass dieses Konzept im Gehirn<br />
des Verbrauchers nicht funktioniert.<br />
Schnelles Kundenwachstum: Schnelles Wachstum (im Telekommunikationsmarkt)<br />
führt zu Kapazitätsproblemen und damit zu Problemen der Markenwahrnehmung<br />
im direkten Kontakt des Kunden.<br />
Fehlendes Markenverständnis: Oftmals fehlt es unternehmensintern an dem<br />
erforderlichen Verständnis für die Funktion einer Marke und die sich hieraus<br />
ergebenden Konsequenzen. Die Hauptursache liegt darin, dass in der <strong>St</strong>art-up-<br />
Phase eines Unternehmens (wie VIAG Interkom im Telekommunikationsmarkt)
234 Anhang<br />
sicherlich Technik die überdimensionale Rolle spielt. In dieser Phase wird das<br />
Thema Vermarktung als zweitrangig angesehen: Es dominiert die Sichtweise<br />
der Ingenieure. Und dabei wird schlicht vernachlässigt, dass sich auf der Kundenseite<br />
eben keine Ingenieure befinden.<br />
Liberalisierung: Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes impliziert<br />
spezifische Rahmenbedingungen für unsere Markenführung: Man kämpft mehr<br />
gegen die Deutsche Telekom als gegen andere Wettbewerber. Diese Situation<br />
hat Vor- und Nachteile. Vorteilhaft ist, dass die „große Mutter“ Deutsche Telekom<br />
den Bezugspunkt aller Positionierungsmaßnahmen darstellt. Hierdurch<br />
wird die Sicht vereinfacht, da weniger Faktoren zu berücksichtigen sind. Vorteilhaft<br />
ist ebenfalls, dass die nach wie vor bestehenden negativen Vorurteile,<br />
die mit der Marke Telekom verknüpft sind, sehr beständig sind: Trotz eines objektiven<br />
Quantensprungs in Qualität und Innovation lassen sich in der breiten<br />
Masse noch immer starke Vorurteile in Richtung Langsamkeit, Behäbigkeit,<br />
mangelnde Innovationsfähigkeit deutlich messbar nachweisen. Hier besteht für<br />
die Telekom das große Problem der Überprägung bestehender Assoziationen,<br />
was auch zu unserem Vorteil noch einige Zeit so bleiben dürfte.<br />
Nachteilig ist, dass Menschen mit dem Kopf flinker sind als mit Taten. Es besteht<br />
ein enormes Beharrungspotential im Markt im Sinne von „Schimpfen aber<br />
bleiben“ bzw. „Meckern aber nichts tun“. Für uns stellt sich die Herausforderung,<br />
sich überproportional anstrengen zu müssen, um diese Menschen zu bewegen,<br />
was allerdings allein durch Marke nicht zu lösen ist. Hier muss man die<br />
gesamte Klaviatur des Marketing-Vertriebs-Mix spielen. Eine Analogie besteht<br />
zum <strong>St</strong>rommarkt: Hier gibt’s schöne Preise und gute Angebote, aber nach meiner<br />
Schätzung werden in naher Zukunft höchstens zwischen 9-14 Prozent der<br />
Kunden wirklich wechseln. Nach meiner Hypothese liegt dies auch daran, dass<br />
der Deutsche - anders als in anderen Ländern - eine Entscheidung nicht stufenweise,<br />
sondern „optimal“ treffen möchte: Wenn er sich entscheidet, muss er<br />
das Gefühl haben, sich nicht nur „gut“ im Sinne eines kurzfristigen Vorteils entschieden<br />
zu haben, sondern sich „richtig“ entschieden zu haben. Und da es<br />
schwierig ist, die optimale Entscheidung zu treffen, wenn man sich nicht intensiv<br />
mit dem Thema auseinandersetzt und da es sicherlich sinnvolleres für den<br />
Kunden gibt, als am Wochenende Mondtarife zu vergleichen, besteht die<br />
Hauptaufgabe in der Aktivierung der Menschen für die Sache.<br />
Erfolgsfaktoren des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong><br />
Kontinuität: Generell muss eine erfolgreiche Marke Kontinuität aufweisen. Im<br />
Dienstleistungsbereich kann diese Kontinuität nicht im einzelnen Produkt liegen,<br />
sondern in den Kommunikationsinhalten. Im Telekommunikationsbereich<br />
gibt es einige Kontinuitäten, die wichtig sind: Wenn jemand, wie für uns wichtig,<br />
Innovation haben will, muss man kontinuierlich Innovation bringen, auch<br />
wenn es der Wettbewerb nachher auch macht. Der Kunde muss wahrnehmen,
Anhang 235<br />
dass man innovativ ist, erster ist etc. Kontinuierliche Innovation kann nur über<br />
Produkte kommuniziert werden. Wir tun dies, indem wir dem Verbraucher neue<br />
„Kategorien“ anstelle von „Wir sind 10 Prozent besser“ kommunizieren: Wir<br />
stellen beispielsweise dar, dass es eine alte Generation Mobilfunk gibt und<br />
GENION.<br />
Zukunftssicherheit: Gerade im Telekommunikationsbereich ist die Assoziation<br />
„Zukunftssicherheit“ wichtig. Zukunftssicherheit ist ein Attribut, dass sich wiederum<br />
auch nur über die Kontinuität bestimmter Faktoren vermitteln lässt: hierzu<br />
gehören Seriosität, Größe und Potenz. Wir kommunizieren dies bspw.<br />
dadurch, dass wir versuchen, immer wieder in der Presse zu stehen („VIAG Interkom<br />
eröffnet neuen Call-Center“). Zentraler Faktor ist ebenfalls, dass der<br />
Kunde im direkten Kontakt mit unserer Firma Kompetenz und Seriosität erlebt.<br />
Hier haben wir derzeit ein Problem, da das Kundenwachstum sehr viel schneller<br />
ist (500.000 Kunden in weniger als einem Jahr) als erwartet und der Aufbau<br />
entsprechender Kapazitäten Zeit braucht (s.o.). Die Verantwortung der Qualitätssicherung<br />
liegt bei einem multifunktionalen Qualitätsmanagement-Team,<br />
an dem bereichsübergreifend verschiedene Bereichsleiter beteiligt sind.<br />
Grundvertrauen: Telekommunikation ist derart komplex, dass selbst technisch<br />
versierte Leute nur schwer übersehen können, wie das eigentlich funktioniert.<br />
Ich muss deshalb gerade hier vor Vertragsabschluß das Gefühl vermitteln, als<br />
Verbraucher nicht „übers Ohr gehauen“ zu werden, bspw. indem er nicht mehr<br />
aus einem Vertrag rauskommt. Andererseits braucht es das Vertrauen, dass<br />
eine Firma mit Zukunftssicherheit auch morgen noch da ist.<br />
Operative Umsetzung: Markenführung bei VIAG Interkom<br />
Organisation: VIAG Interkom ist in verschiedene Business Units aufgeteilt. Die<br />
im Sinne der Marktwirkung prägnantesten Units sind die Business Customer<br />
Unit und die Private Customer Unit. Der Bereich Brand Management ist organisatorisch<br />
der Private Customer Unit zugeordnet. Das Marketing bei VIAG Interkom<br />
ist aufgeteilt in die Funktionen Brand Management und Product<br />
Management.<br />
Der Aufgabenbereich des Product Management umfasst die Entwicklung von<br />
Produktkonzepten (technische Umsetzung, Preisspannen etc.). Aufgabe des<br />
Brand Management ist, diese Produkte in Kommunikation - im Rahmen der<br />
Brand - umzusetzen und sie am Markt entsprechend anzubieten und zu verkaufen.<br />
Beide Bereiche arbeiten eng zusammen und stimmen sich ab hinsichtlich<br />
der technischen Möglichkeiten („Was können wir?“) und der marktlichen Erfordernisse<br />
(„Was brauchen wir?“). Der Bereichsleiter Brand Management ist<br />
a) bereichsübergreifend verantwortlich für Gestaltung und Inhalt des Firmenauftritts,<br />
also für den Auftritt der Gesamtmarke VIAG Interkom, auch im Bereich<br />
Business Customer Unit;
236 Anhang<br />
b) bereichsintern verantwortlich für die konkrete werbliche Unterstützung von<br />
Produkten bzw. Dienstleistungen im Bereich Private Customer Unit (Belowthe-Line/<br />
Above-the-Line, Sponsoring, Ausstattung des Handels mit Material<br />
etc.).<br />
Markenentwicklung bei VIAG Interkom: Bis vor kurzem wurden unter dem Markenzeichen<br />
VIAG Interkom (Schrifttyp, gelb-weiß) verschiedene Produkte angeboten,<br />
die irgendwas mit Telekommunikation (Festnetz, Mobilfunk, Internet)<br />
zu tun hatten, aber weiter keine Gemeinsamkeiten aufgewiesen haben. Heute<br />
beschäftigen wir uns intensiv mit Marke. Unsere Aufgabe konzentriert sich darauf,<br />
nach den Gemeinsamkeiten unserer Leistungen zu suchen bzw. Gemeinsamkeiten<br />
zu definieren: Wofür soll die Marke stehen? Auf der inhaltlichen<br />
Seiten soll VIAG Interkom für Innovation und Telekommunikation stehen. Auf<br />
der emotionalen Seite wollen wir „Herz und Motor“ der Telekommunikation<br />
sein, da wir - verglichen mit dem Riesen Deutsche Telekom - ein relativ kleines<br />
Unternehmen sind. Hier wollen wir die Konnotation frech und pfiffig mitbringen.<br />
Allerdings müssen wir hierbei beachten, nicht unseriös zu wirken, nicht pfiffig in<br />
dem Sinne zu sein, den Markt abzuschöpfen, wie dies bei bestimmten Konkurrenten<br />
zu beobachten ist. Im Umkehrschluss heißt das, alle Maßnahmen und<br />
Leistungen, die diese Dimensionen nicht unterstützen, konsequent aus der<br />
Markenkommunikation zurückzunehmen. Beispiel Call-by-Call (01090): Unsere<br />
Kommunikation früher war: VIAG Interkom bietet Euch mit 01090 eine günstige<br />
Gelegenheit zu telefonieren. Heute kommunizieren wir, dass - wer billig telefonieren<br />
will - die Nummer 01090 wählen soll. Nur nebenbei kommunizieren wir,<br />
das dieses Produkt von VIAG Interkom hergestellt wird. Hier haben sich also<br />
die Gewichtung der Kommunikationsinhalte deutlich zu Gunsten der Marke verlagert.<br />
Gleichzeitig grenzen wir uns damit von Konkurrenten ab, die in ihrem<br />
Werbeauftritt primär die Preisdimension dramatisieren. Hier bestehen Parallelen<br />
zur Markenführung im Konsumgüterbereich: Beispielsweise baut „Wrigleys“<br />
eigene Marken und Erlebniswelten auf, die nicht mehr unter dem eigentlichen<br />
Markennamen „Wrigleys“ am Markt auftreten, sondern als „Airwave“, „Extra“<br />
etc.<br />
Wenn wir heute als VIAG Interkom mit dem Verbraucher sprechen, tun wir dies<br />
über Produkte mit wirklich innovativen Komponenten, die damit unsere Markeninhalte<br />
unterstützen (Bsp. GENION). Hier setzen wir das Produkt GENION<br />
quasi mit der Marke VIAG Interkom gleich.<br />
Instrumente der Markensteuerung: Momentan fällt es uns leichter, den Wettbewerb<br />
zu messen als uns. Aber wir sind dabei und nehmen es ernst, Marke<br />
zu monitoren. Hierfür werden moderne Techniken wie GAP-Analysen, regelmäßige<br />
Imageanalysen, Werbetrekking etc. eingesetzt bzw. sind vorgesehen.
Anhang 237<br />
Anteil der Werbeagentur an der Marke: Rein theoretisch sollte die Werbeagentur<br />
einen hohen Anteil an einer guten Marke haben. Meine Erfahrung ist allerdings,<br />
dass jedes Unternehmen, das die Frage, was Marke ist und wie man<br />
Marke führt, nicht kompetent beantworten kann, keine Chance hat. Denn eine<br />
Werbeagentur hat einen Geschäftszweck, nämlich Werbung zu verkaufen.<br />
Hieraus generiert die Agentur Umsatz und Ansehen. Und daher ist es für Agenturen<br />
und ihre Mitarbeiter oftmals das wichtigste Ziel, auffallende und ungewöhnliche<br />
Werbung zu machen. Dies hilft nicht zwingend der Positionierung<br />
einer relevanten, starken Marke. Insofern sind Agenturen sicher wichtig, aber<br />
Firmen, die nicht über eine interne starke <strong>St</strong>euerung verfügen, sind verloren.<br />
Und gerade das oftmals fehlende Markenverständnis von Dienstleistern macht<br />
diese Firmen zu einem Eldorado für Agenturen und Berater, die sich ja dieser<br />
Situation bewusst sind: Und was man dann zum Teil angeboten bekommt, ist<br />
wirklich eine Frechheit.<br />
Markenführung ist zuallererst eine Unternehmensaufgabe, die nicht delegierbar<br />
ist. Man kann sich Hilfestellungen, Anregungen etc. holen, muss aber am Ende<br />
selbst entscheiden, welche Markengrundsatzstrategie aus der Vielzahl möglicher<br />
Alternativen gewählt wird und muss diese - auch in Zusammenarbeit mit<br />
Agenturen - konsequent verfolgen.<br />
2.3 Expertengespräch Barbara Kögler, Mannesmann Arcor<br />
BARBARA KÖGLER ist Leiterin der Abteilung Kommunikation der Mannesmann<br />
Arcor AG & Co., Eschborn. Das Telefoninterview fand am Freitag, den 19. November<br />
1999, in der Zeit von 11:00 bis 11:40h statt.<br />
Bedeutung des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis<br />
Marke spielt im Telekommunikationsgeschäft eine ungeheuer wichtige Rolle.<br />
Weil Telekommunikation nicht anfassbar ist, muss und wird die Dienstleistung<br />
Telekommunikation zu einem großen Teil über Image verkauft (werden). Zwar<br />
ist der Preis - gerade im Telekommunikationsmarkt - ein wichtiges Verkaufsargument;<br />
in unserem Haus herrscht aber die Überzeugung, dass die vordergründige<br />
Kommunikation von und über Preise mittel- und langfristig kein<br />
Überleben sichern kann. Erst eine gute Marke bestimmt und vermittelt die Seriosität<br />
eines Unternehmens und die gute Erfahrung. Und nur über die Marke<br />
kann eine echte Kundenbindung hergestellt werden. Dies gilt insbesondere für<br />
den Massenmarkt „Privatkunden“, während im Geschäftskundenbereich neben<br />
dem Markenimage zahlreiche weitere Faktoren den Erfolg bestimmen. Umgekehrt<br />
ist Markenmanagement entbehrlich, sofern man nicht die Zielsetzung der<br />
Kundenbindung verfolgt.<br />
Probleme des <strong>Service</strong> <strong>Branding</strong> in der Praxis<br />
Ob Dienstleistungsmarken im Telekommunikationsbereich relativ schwächer<br />
sind als traditionelle Marken des klassischen Konsumgüterbereichs, sollte
238 Anhang<br />
stets auch vor dem Hintergrund der jeweiligen Marktsituation beurteilt werden.<br />
Telekommunikation ist durch die Liberalisierung des Marktes als Konsumgut<br />
und schickes Trendprodukt überhaupt erst möglich geworden. Wir alle sind mit<br />
Marken wie Persil oder Mars aufgewachsen, infolgedessen ist hier eine starke<br />
erlernte Markenbildung bzw. ein Markenverständnis von Grund auf vorhanden<br />
und es wird nach Marken gekauft. Anders als auf traditionellen Konsumgütermärkten<br />
muss sich auf jungen Dienstleistungsmärkten dieses „Denken in Marken“<br />
auf der Konsumentenseite erst entwickeln. Im heute zehnten Jahr des<br />
Mobilfunkmarktes haben die Kunden bereits ein großes Verständnis für Marken<br />
aufgebaut. Im jüngeren Festnetzbereich, der ja erst seit 2 Jahren liberalisiert<br />
ist, muss dies noch gelernt werden. Ich bin der Überzeugung, dass Kunden<br />
auch hier in Zukunft nach Marke kaufen werden. Letztlich ist also Markenverständnis<br />
und Markenstärke immer auch eine Frage des Entwicklungsstadiums<br />
eines Marktes.<br />
Im übrigen verfügt jeder Markt über eigene markentechnische Gesetzmäßigkeiten.<br />
Insofern glaube ich nicht daran, dass Markenstrategien 1 zu 1 adaptierbar<br />
sind. Wer markentechnisch im Telekommunikationsbereich erfolgreich ist,<br />
muss nicht notwendigerweise auch auf liberalisierten <strong>St</strong>rommärkten erfolgreich<br />
sein. Insofern sehe ich auch nicht die zwingende Notwendigkeit behaupten zu<br />
müssen, dass Experten für klassische Konsumgütermarken die besseren Markenmanager<br />
sind. Erforderlich sind Markenverständnis und Marktkenntnis. In<br />
unserem Haus ist beides vorhanden. Ich sehe es daher nicht als Manko, dass<br />
keiner unserer Mitarbeiter aus Marketing, Kommunikation und auch auf Vorstandsebene<br />
aus dem Bereich „klassischer“ Konsumgütermarken kommt. Herr<br />
<strong>St</strong>öber, der Vorstandsvorsitzende, hat Mobilfunk mit aufgebaut und kennt den<br />
Mobilfunkmarkt exzellent.<br />
Operative Umsetzung: Markenführung bei Mannesmann Arcor<br />
Organisation des Markenmanagements bei Mannesmann Arcor: Die Bereiche<br />
Marketing und Kommunikation sind bei Arcor organisatorisch getrennt: Der Bereich<br />
Kommunikation befasst sich mit Presse und Öffentlichkeitsarbeit, organisiert<br />
Pressekonferenzen und TV-Auftritte/-Interviews, fungiert als interner<br />
Informationsdienst (Mitarbeiterzeitung). Ferner wird ein Business-to-Business-<br />
Kundenmagazin herausgegeben. Die Leiterin Kommunikation berichtet direkt<br />
an den Vorsitzenden des Vorstandes. Der Bereich Marketing ist verantwortlich<br />
für die gesamte Werbung (Kampagnen, TV, Print etc.), Sponsoring, Messen<br />
und Events. Der Bereichsleiter Marketing berichtet an den Vorstand Marketing<br />
und Vertrieb.<br />
Die eigentliche Entwicklung der Marke Arcor war und ist primär Aufgabe des<br />
Vorstandes. Darüber hinaus erfordert die Vielzahl der Instrumente, mit denen<br />
die Marke Arcor kommuniziert wird (Anzeigenmotive, TV-Auftritte, Sponsoring<br />
etc.), eine übergreifende Koordination all dieser Maßnahmen, um einen konsi-
Anhang 239<br />
stenten Auftritt nach außen zu gewährleisten. Auch der Einsatz dieser Instrumente,<br />
die in den einzelnen Bereichen geplant und operativ umgesetzt werden,<br />
wird in unserem Haus direkt vom Vorstand koordiniert und (mit-)entschieden.<br />
Entwicklung der Marke Arcor: Historisch bedingt baut die Anfang 1997 entwickelte<br />
Unternehmensmarke Arcor auf der bereits seit 1990 existierenden Unternehmensmarke<br />
D2 auf. Die Marke Arcor wurde dabei bewusst an den<br />
Superbrand D2 angelehnt, um einen positiven Imagetransfer zu ermöglichen.<br />
Formal geschieht dies über die gleiche Farbgebung im Rahmen der Wortmarke<br />
sowie der Werbung: die Grundfarben sind blau und rot, beide Logos haben<br />
einen roten „Telefonhörer“ (Buchstabe „R“ der Wortmarke Arcor bzw. Ziffer „2“<br />
der Wortmarke D2). Der rote Telefonhörer wurde in der Werbung für Arcor und<br />
D2 prägnant durch rothaarige Köpfe der „telephone people“ fortgeführt. Diese<br />
Werbung ist auf das Segment der Privatkunden ausgerichtet.<br />
Der Name Arcor ist ein Kunstname, der mit Hilfe einer Namensagentur entwickelt<br />
und aus über 10.000 Vorschlägen ausgewählt wurde. Wir haben uns u.a.<br />
deshalb für den Namen Arcor entschieden, da dieser weder die bekannten Silben<br />
tel oder kom (com) enthält und damit zu 100 Prozent neu aufladbar und mit<br />
Image zu besetzen ist. Hierdurch sollte die Uniqueness und Unverwechselbarkeit<br />
des Markennamens gesichert werden. Der Name selbst lehnt sich an das<br />
französische arc d’or an.<br />
<strong>St</strong>rategische Ausrichtung der Marke Arcor: Der Aufbau einer Mannesmann-<br />
Gesamtmarke zur Bearbeitung der TK-Sektoren Festnetz, Mobilfunk und Internet<br />
(wie etwa bei VIAG-Interkom) war nie ein Thema. Die bewusste Trennung<br />
zwischen der Festnetzmarke Arcor und der Mobilfunkmarke D2 hat marketingtechnische<br />
Ursachen, die wiederum maßgeblich durch Zeiteffekte bestimmt<br />
wurden: Die unterschiedlichen Zeitschienen beider Telekommunikationsbereiche<br />
bedingen unterschiedliche Notwendigkeiten im Angang zum jeweiligen<br />
Markt. Marketingtechnisch wurde der Mobilfunkmarkt in der Anfangszeit über<br />
Geschäftskunden aufgerollt, die in dieser Phase trotz der relativen Hochpreisigkeit<br />
der Produkte den größten Nutzen hatten. Erst im 5./6. Jahr des Bestehens<br />
wurde die Schwelle zum Massenmarkt, der Voraussetzung nachhaltiger<br />
Markenbildung, überschritten. Ein ähnliches Szenario gilt - zeitversetzt - auch<br />
für Arcor: Man kann nie sofort den Markt in der Breite erreichen, sondern es<br />
benötigt Bekanntheit, eine gewisse Durchdringung im Markt sowie ein bestimmtes<br />
Preisgefüge. Vor diesem Hintergrund unterschiedlicher marketingtechnischer<br />
Positionierungsbedingungen sowie vor dem Hintergrund der<br />
unterschiedlichen Produkte Mobilfunk und Festnetz hätte es für uns keinen<br />
Sinn gemacht, Arcor unter dem Brand D2 laufen zu lassen. D2 war bereits zum<br />
Zeitpunkt des Arcor-<strong>St</strong>arts ein hervorragend eingeführter Brand, der für hohe<br />
Qualität und Zuverlässigkeit im Mobilfunk steht. Eine Zusammenführung beider<br />
Marken bzw. die Einführung der Marke Arcor unter dem Brand D2 hätte zu ei-
240 Anhang<br />
ner völligen Verwässerung geführt, welche die notwendige klare Dokumentation<br />
nach außen, welches Unternehmen was macht und für was steht, sehr erschwert<br />
hätte. Festnetz und Mobilfunk sind zwei unterschiedliche Produkte, die<br />
auch nach außen unterschiedlich kommuniziert werden müssen.<br />
Darüber hinaus kann man mit unterschiedlichen, separaten Unternehmen bzw.<br />
Marken wesentlich effizienter unterschiedliche Zielgruppensegmente bearbeiten.<br />
Mannesmann Mobilfunk fokussiert gegenwärtig sehr intensiv die Zielgruppe<br />
Teenie/Youngster, während diese Zielgruppe im Bereich Festnetz noch<br />
keine Rolle spielt. Hier sind also unterschiedliche Marketingfokussierungen<br />
bzw. Geschäftsausrichtungen erforderlich, die durch separate Unternehmen<br />
bzw. Konzerneinheiten einfach besser zu leisten sind.<br />
Hinsichtlich der viel diskutierten Konvergenz der drei Sektoren des Telekommunikationsmarktes<br />
sowie der Produkte halten wir es nicht für erforderlich,<br />
dies notwendigerweise nur über eine Marke bzw. ein Unternehmen abwickeln<br />
zu müssen. Unsere Konzernzugehörigkeit bietet den Vorteil, die Produkte der<br />
beiden Marken D2 und Arcor bündeln zu können. Der Kunde erhält also ISDN,<br />
Mobilfunk und Internetzugang aus einer Hand, er bekommt bei Arcor auch einen<br />
Mobilfunkvertrag, bei D2 auch einen Festnetzanschluss. Und der Kunde<br />
hat nach unserer Erfahrung keine Schwierigkeiten, dies zu verstehen.<br />
Konzeption und Kommunikation des Markenkerns von Arcor: Innovation, Zuverlässigkeit,<br />
hohe Qualität und attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis sind die<br />
wesentliche Attribute des Arcor-Markenkerns. Wir unterscheiden uns dabei<br />
sehr deutlich von anderen Marken, da wir diesen Führungsanspruch durch unser<br />
Handeln untermauern. Dies wird auch in der Öffentlichkeit reflektiert und<br />
wird uns in Kundenbefragungen bestätigt. Wir waren beispielsweise die ersten,<br />
die Internet-by-Call angeboten und damit Innovation dokumentiert haben. Innovation<br />
muss ständig bewiesen werden, ebenso wie Qualität und Zuverlässigkeit:<br />
Der Kunde bekommt sehr schnell mit, welcher Carrier ständig besetzt ist<br />
und welcher nicht. Reine Preisprodukte wie Call-by-Call-Angebote sind allerdings<br />
aus markentechnischer Sicht sehr kritische Produkte. Wir überlegen, inwieweit<br />
im nächsten Jahr für Call-by-Call aktiv Werbung betrieben wird.<br />
Markenbildung ist dann eben wirklich wichtig, wenn man eine echte Kundenbindung<br />
schaffen will, was bei Call-by-Call nun mal nicht der Fall ist. In diesem<br />
Zusammenhang stimme ich der Aussage zu, dass die Produkte unter einer<br />
Dienstleistungsmarke (Dach- bzw. Unternehmensmarke) eine wesentliche<br />
Funktion bei der Kommunikation des Markenkerns/Markeninhalts besitzen: Unterschiedliche<br />
Produkte können dabei gezielt zur akzentuierten Kommunikation<br />
einzelner Attribute des Markenkerns beitragen und eingesetzt werden. Hier besteht<br />
ein Unterschied zu zahlreichen Marken des klassischen Konsumgüterbereichs,<br />
wo Marke und Produkt oftmals identisch sind. Im Bereich der<br />
Vorkontaktphase, der Phase des nicht direkten Erlebens der Marke Arcor,
Anhang 241<br />
kommunizieren wir die Marke über Werbung, Print, TV, Hörfunk, Presse und<br />
Öffentlichkeitsarbeit. Im Vertrieb setzen wir Fachhändler ein, die Kunden ansprechen<br />
und werben. Eine große Rolle spielt Sponsoring, das die Marke erlebbar<br />
macht.<br />
Arcor und o.tel.o: Koordination und Perspektive der Zweimarkenstrategie: Seit<br />
der Übernahme von o.tel.o durch Mannesmann Arcor wird im Festnetzbereich<br />
sehr bewusst eine Zweimarkenstrategie verfolgt. Die Marke o.tel.o ist eine sehr<br />
starke Marke im Privatkundengeschäft, was sich in zahlreichen Analysen herausgestellt<br />
hat. Diese Analysen zeigen auch, dass wir mit beiden Marken tatsächlich<br />
unterschiedliche Zielkunden ansprechen: o.tel.o ist auf den echten,<br />
durchschnittlich telefonierenden Privatkunden ausgerichtet, während Arcor bereits<br />
das obere Segment des Vieltelefonierers anspricht. Arcor gilt in dieser<br />
Zielgruppe als hochwertiger, technisch perfekter und ausgereifter Anbieter,<br />
während o.tel.o in den Augen der Kunden als freundlicher, menschlicher, netter<br />
Anbieter „von nebenan“ wahrgenommen wird. o.tel.o-Kunden legen starken<br />
Wert auf preisgünstiges Telefonieren, während technische Aspekte eine sehr<br />
geringe Rolle spielen. Wir werden diese <strong>St</strong>rategie der differenzierten Zielgruppenbearbeitung<br />
durch eigenständige Marken beibehalten und diese Marken<br />
konsequent penetrieren, was bislang einmalig im Festnetzbereich ist.<br />
Anteil der Werbeagentur an der Marke: Werbeagenturen haben einen großen<br />
Anteil am Markenerfolg, da sie für den kreativen Part der Markenkommunikation<br />
verantwortlich sind. Hier ist insbesondere die „Rotschopf-Kampagne“ hervorzuheben,<br />
die mit der Öffnung des Marktes zum 01.01.1998 zur Ansprache<br />
der Privatkunden eingeführt wurde. Vor diesem Zeitpunkt hat Arcor eine reine<br />
Geschäftskundenstrategie verfolgt. Die Kampagne wurde von Töpfer Grenville<br />
Crone Werbeagentur GmbH aus Hamburg - unabhängig von der Entwicklung<br />
des Arcor-Logos - entwickelt. Allerdings müssen die strategischen Aufgaben<br />
der Markenbildung und -steuerung intern gelöst werden. Wir entscheiden<br />
grundsätzlich inhouse, welche Produkte wir mit welcher Intensität pushen und<br />
welche Marke wie auf welche Märkte und Zielgruppen ausgerichtet wird. Die<br />
Werbeagentur kümmert sich dann um die kreative Umsetzung dieser <strong>St</strong>rategie.
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