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III. Die Antike und ihre Nachtseite

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197<br />

Literatur wollte er Gemeinsamkeiten mit dieser angeblichen indischen Urweisheit<br />

entdecken: <strong>Die</strong>ser späteren Quellen bediente er sich, um die Anfänge der griechi-<br />

schen Religion zu rekonstruieren <strong>und</strong> in Verbindung mit der vermutlich ,uralten‘<br />

Götterlehre der Inder zu bringen.<br />

<strong>Die</strong>ser Bemühung entspringt sein vierbändiges Lebenswerk Symbolik <strong>und</strong><br />

Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen (1810-1812), das sich die<br />

Entdeckungen der neubegründeten Altertumswissenschaft zu Nütze macht, um die<br />

gesamte mythologische Symbolik des Abendlands darzulegen: „La Symbolique se<br />

présentait donc délibérément au public comme un ouvrage d’érudition enga-<br />

gée.“ 581 Ausgangspunkt für Creuzers kühne Spekulationen über die Ursprünge der<br />

griechischen Religion ist der Bericht Herodots über die erste Bevölkerung Grie-<br />

chenlands, die Pelasger, die ursprünglich keine Götternamen gekannt <strong>und</strong> sie erst<br />

später von den Barbaren gelernt haben sollen. <strong>Die</strong>se Erzählung steht in schroffem<br />

Gegensatz zu dem Reichtum <strong>und</strong> der plastischen Anschaulichkeit der griechischen<br />

Mythologie, so wie man sie aus den antiken Quellen kennt. <strong>Die</strong>se Unstimmigkeit<br />

wird von Creuzer dadurch aufgehoben, daß er eine Zwischenperiode des Priester-<br />

tums annimmt, in deren Verlauf Priester aus dem Orient nach Griechenland ge-<br />

kommen seien, um <strong>ihre</strong> Götterlehre zu verbreiten. Der Inhalt dieser hoch entwik-<br />

kelten Theologie sei aber den rohen Pelasgern schwer zugänglich gewesen: <strong>Die</strong><br />

Priester hätten ihn deshalb durch unmittelbar anschauliche Symbole vermitteln<br />

müssen. Creuzer definiert das Symbol wie folgt:<br />

Was unverhofft aus den verborgenen Tiefen der Natur durch das Auge,<br />

als Vorzeichen oder Warnung, den Menschen ansprach, <strong>und</strong> als<br />

etwas Ungemeines in Anspruch nahm, das war ein . […]<br />

Ein jedes Zeichen oder Wort, das, die Wahrheit einer Aussage oder<br />

Lehre bestätigend, mit Einemmale volle Ueberzeugung giebt, heisst<br />

nun auch . 582<br />

Im Symbol sei die Verbindung zwischen Zeichen <strong>und</strong> Bezeichnetem, im Un-<br />

terschied zur Allegorie, notwendig: Das Bildliche deute auf das Unendliche hin,<br />

<strong>und</strong> das Unendliche komme durch das Bildliche zum Ausdruck. Das Symbol<br />

zeichne sich deshalb durch seine Bedeutsamkeit aus; es sei die unmittelbare <strong>und</strong><br />

581 M. Münch, a. a. O., S. 73.<br />

582 F. Creuzer, Symbolik <strong>und</strong> Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen, 4

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