08.10.2013 Aufrufe

Wehr und Wucher - Welcker-online.de

Wehr und Wucher - Welcker-online.de

Wehr und Wucher - Welcker-online.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Wehr</strong> <strong>und</strong> <strong>Wucher</strong><br />

Ich habe nichts davon verstan<strong>de</strong>n, aber alles gehört.<br />

*<br />

Der I<strong>de</strong>alist ist nie ein Fachmann:<br />

» ... Der Kriegsminister äußerte <strong>de</strong>n Wunsch, wie wichtig es wäre,<br />

eisgekühltes, frisches Bier bis in die Schützengräben zu schaffen.<br />

An ein Geschäft dachte ich nicht, <strong>de</strong>nn ich verstand nichts von<br />

Bier, so wie ich heute davon noch nichts verstehe ... Ich begab<br />

mich daher, um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, zum Han<strong>de</strong>lsminister,<br />

<strong>de</strong>m gegenwärtigen Finanzminister, <strong>und</strong> bat ihn,<br />

mich in <strong>de</strong>r Versorgung <strong>de</strong>r Feldtruppen mit Bier — <strong>de</strong>nn nur das<br />

hatte ich in Aussicht — zu unterstützen ... Ich habe von vornherein<br />

erklärt: Ich lehne je<strong>de</strong>n weiteren Gewinn ab, ich will kein Kriegslieferant<br />

sein. Das war mein stereotypes Wort. Man hat im Kriegsministerium<br />

schon über mich gelacht. Der »Nicht—Kriegslieferant«<br />

war dort mein Spitzname ... Der Han<strong>de</strong>lsminister zeigte sich<br />

sehr entgegenkommend <strong>und</strong> erklärte, er wolle, was ihn betreffe,<br />

das Bestreben unterstützen, daß unsere armen Soldaten draußen<br />

kaltes Bier bekommen ... Es handle sich hier nicht um ein Geschäft<br />

<strong>de</strong>r Depositenbank, aber nach<strong>de</strong>m ich das Anbot bereits gemacht<br />

habe, könne ich aus <strong>de</strong>r Sache nicht mehr verschwin<strong>de</strong>n ...<br />

Da mir nun bekannt gewor<strong>de</strong>n war, daß von seiten <strong>de</strong>r Feldtruppen<br />

dringen<strong>de</strong> Anfor<strong>de</strong>rungen nach Bier kommen … hat mich das<br />

veranlaßt, am 11. Juni 1916 eine Immediateingabe an <strong>de</strong>n Kriegsminister<br />

zu richten. Dr. Josef Kranz hat von <strong>de</strong>n Geschäften nicht<br />

das Geringste gehabt, nicht ein Heller ist an seinen zehn Fingern<br />

hängen geblieben ... Ich habe mich niemals um die Details <strong>de</strong>s Geschäftes<br />

gekümmert, son<strong>de</strong>rn immer nur für die fertige Sache. Es<br />

konnte auch niemand darüber im Zweifel sein, daß es sich nicht<br />

um Geschäfte <strong>de</strong>s Doktor Kranz, son<strong>de</strong>rn um ein Geschäft <strong>de</strong>r<br />

Bank han<strong>de</strong>lt. (Mit erhobener Stimme.) Eine meiner wenigen guten<br />

Eigenschaften ist es, daß ich mich nicht um die Abwicklung<br />

von Geschäften bekümmere, von <strong>de</strong>nen ich nichts verstehe ... Es<br />

drängt sich mir angesichts einer solchen Anschauung <strong>de</strong>r dumme<br />

Vergleich auf, daß ich etwa ebensogut, wenn ich meiner Wirtschafterin<br />

sage, daß ich heute abend zehn Gäste erwarte, selbst in<br />

die Küche hinausgehe <strong>und</strong> kontrolliere, was gekocht wird ... Im<br />

Sommer 1916 habe ich mich aber auch einer Aufgabe gewidmet,<br />

<strong>de</strong>ren Störung durch die gegenwärtige Strafsache, ohne unbeschei<strong>de</strong>n<br />

zu sein, lei<strong>de</strong>r zum Nachteile unseres Vaterlan<strong>de</strong>s wirksam<br />

wer<strong>de</strong>n wird ... Staatsanwalt: »Es wäre doch möglich gewesen,<br />

Sie in dieser Sache zu ersetzen?« Angeklagter (entschie<strong>de</strong>n):<br />

3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!