08.10.2013 Aufrufe

Glossen - Welcker-online.de

Glossen - Welcker-online.de

Glossen - Welcker-online.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Keine beson<strong>de</strong>rn Verwüstungen hat <strong>de</strong>r Setzer lei<strong>de</strong>r an Herrn Har<strong>de</strong>ns Humor<br />

angerichtet. Den Glauben an die Allmacht <strong>de</strong>s von ihm gewürdigten<br />

Herrn Stinnes stellt er feinkomisch wie folgt dar:<br />

»Den 'Fri<strong>de</strong>ricus Rex' hat er ja schon finanziert. Will bis 1999 das<br />

Burgtheater pachten, wenn kontraktlich ausgemacht wird, daß am<br />

ersten Abend Herr Devrient und Frau Paulsen Goethes Philemon<br />

und Baucis, am zweiten die Herren Wildgans und Reinhardt die<br />

prinzlichen Söhne Isabellens Niese von Messina spielen, und in<br />

<strong>de</strong>r Rotun<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Oedipus mit <strong>de</strong>m Ehepaar Pallenberg—Massary<br />

in <strong>de</strong>n Hauptrollen, Herrn Aslan als Teiresias, Ouvertüre von Richard<br />

<strong>de</strong>m Großen, Intermezzo von Lehar <strong>de</strong>m Größeren aufführen,<br />

wenn Sophoklerl Poquelinowitsch Hofmannsthal sich mit Je<strong>de</strong>rmanns<br />

Übersetzerprozenten begnügt ... «<br />

Das geht aber so weiter, wiewohl bereits die Hühner lachen und <strong>de</strong>r Sau<br />

graust. Oh er weiß, daß Frau Bleibtreu die Gattin <strong>de</strong>s Herrn Paulsen ist! Und<br />

wie er sich überhaupt in Wien auskennt:<br />

... Dagegen vermag selbst das Hugerl, Euer Gigant (aus Mühlheim,<br />

nicht aus Rodaun) nix .... «<br />

läßt er (soweit da überhaupt ein Zusammenhang erkennbar ist) zum Deutschen<br />

<strong>de</strong>n Wiener sprechen, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Allmacht eine Grenze zu setzen scheint.<br />

Das ist nämlich so: je<strong>de</strong>r Mensch in Wien weiß, daß es »das Hugerl« gibt, <strong>de</strong>n<br />

Hofmannsthal, von <strong>de</strong>m man aber das an<strong>de</strong>re Hugerl, das natürlich auch je<strong>de</strong>r<br />

Wiener kennt, <strong>de</strong>n Stinnes, unterschei<strong>de</strong>n muß, weil man sonst die bei<strong>de</strong>n<br />

Hugerl zu leicht verwechseln könnte. Also euer Hugerl und unser Hugerl.<br />

(Ists dick übertrieben? Geht nicht so ungefähr mit Zunge, Fe<strong>de</strong>r,<br />

Typefingern das Gespräch?)<br />

So ungefähr. Und man hat ja keine Ahnung, wie das an<strong>de</strong>re Hugerl in Wahrheit<br />

aussieht:<br />

Kaufmann Hugo Stinnes bleibt, wo er ist. Sein Arbeitsraum ist<br />

nicht viel größer als Michelangelos, <strong>de</strong>ssen Handwerksmeisterdämon<br />

manchmal hinter <strong>de</strong>r Stirn <strong>de</strong>s Mühlheimers zu gewittern<br />

scheint und ihm für eines Blitzes Dauer physische Ähnlichkeit mit<br />

<strong>de</strong>m Buonarotti aufprägt.<br />

Es existiert aber noch ein neuer Stinnes<br />

(<strong>de</strong>ssen Profil ich, wenn die 'Morgen'—Gemein<strong>de</strong> nicht mit abwärts<br />

gewen<strong>de</strong>tem Daumen Schluß gebietet, nächstens zu zeichnen<br />

versuchen will).<br />

Ach sie re<strong>de</strong>t zwar etwas mit <strong>de</strong>r Hand, aber sie meint etwas ganz an<strong>de</strong>res,<br />

und so wird die gefährliche Drohung ins Werk gesetzt. Auch folgen zwei Artikel<br />

über Sarah Bernhardt, voll <strong>de</strong>r Greuel, aber auch <strong>de</strong>r erquickendsten<br />

Druckfehler.<br />

Ists nicht zu spät, »über« Frau Sarah Bernhardt zu schreiben?<br />

Mancher, <strong>de</strong>n mo<strong>de</strong>rne Schwarzkunst erzog, nur <strong>de</strong>s Heute und<br />

versteht sich, Morgen, nie <strong>de</strong>s Gestern zu ge<strong>de</strong>nken.<br />

Punkt nach <strong>de</strong>r Schäkerei. Aber es geht natürlich weiter. Zuerst ein kleiner<br />

Abstecher:<br />

(»Das Wort 'gestern' gehört nicht in meine Blätter«: also sprach<br />

Scherl, <strong>de</strong>r Zeitung—Lacher Augustus, <strong>de</strong>ssen Profil, eines von<br />

gestern, doch in die Preßgeschichte gehört), mancher so Gewöhnte<br />

fragt, mit krauser Nase brummig: »Jetzt noch?« Antwort: »Jetzt<br />

schon«; nicht zu spät ists, son<strong>de</strong>rn vielleicht noch zu früh.<br />

93

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!