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Existenz“. als was sich der Mensch offenbart, lehrt<br />

die geschichtliche er fahrung, die der Mensch mit<br />

sich macht. Führt der geschichtliche Prozess zu<br />

einer Perversion des gesellschaftlichen Zustandes,<br />

hat der Mensch das „Recht auf Revolution“. Kultur<br />

(bzw. Geschichte) kann somit, wie auch die Mimik<br />

des Menschen (das „Lächeln“, das „Lachen und<br />

Weinen“), als resultat eines originären ausdrucksbedürfnisses<br />

des exzentrischen Seins des Menschen<br />

verstanden werden. als nach „Expressivität“ strebendes<br />

Wesen bleibt dem Menschen aber erfüllung<br />

verwehrt, da jede expression gerade dem Wesens-<br />

gesetz des Strebens wider spricht, immer weiter<br />

streben zu müssen. die Geschichte des Menschen<br />

versteht Plessner so mit als Folge von immer neuen<br />

Selbst-Verwirklichungen und Selbst-Offenbarungen<br />

des streben den, sich selbst fordernden Menschen, die<br />

in keiner utopie enden kann, gerade weil der Mensch<br />

ein utopisches Wesen ist. individuelle Selbstverwirklichung<br />

(in historischen For men), die anlass sein mag<br />

zu Stolz, steht aber konträr zu einer urevidenz, die<br />

das „reine Ich“ als bloßen Vertreter eines „Wir“ sieht,<br />

als austauschbar, ohne den anspruch erheben zu können,<br />

etwas Besonderes zu sein. Folge dieser urevidenz<br />

ist das Gefühl der „Nichtigkeit“, ja der „Scham“, das<br />

dazu treibt, das Ganze der Welt auf einen letzten Sinn<br />

und Grund zu befragen. einer metaphysischen Stellungnahme<br />

enthält sich aber die philosophische anthropologie<br />

Plessners (Helmuth Plessner: Die Stufen<br />

des Organischen und der Mensch).<br />

4. Freiheit ohne Gott<br />

Friedrich nietzsche, Jean-Paul Sartre, erich Fromm<br />

– diese drei denker stehen exempla risch für anthropologische<br />

Positionen, die die Freiheit des Menschen<br />

ohne Gott denken. Wäh rend etwa in der christlichtheologischen<br />

anthropologie die Freiheit des Menschen<br />

gerade in seinem Verhältnis zu Gott gedeutet<br />

wird, auch in Kants Philosophie die existenz Gottes<br />

als ein Postulat der praktischen Vernunft erscheint,<br />

realisiert sich die Freiheit des Menschen im Sinne dieser<br />

drei Philosophen gerade in der emanzipation von<br />

religiösen und transzendenten Sinn zusammenhängen.<br />

Sinnstiftend ist der Mensch, der sich selbst als „Übermensch“<br />

erschafft (nietzsche), „zur Freiheit verurteilt“<br />

Verantwortung übernimmt (Sartre), Gott als das<br />

eigene, zu verwirklichende „Selbst“ versteht (Fromm).<br />

„Ich lehre euch den Übermenschen. Der Mensch ist<br />

etwas, das überwunden werden soll“ (Friedrich nietzsche:<br />

Also sprach Zarathustra). nietzsches anthropologie<br />

deutet den Men schen als Übergang von tier zu<br />

Übermensch, als etwas, dessen sich der Übermensch<br />

schmerz lich schämen wird, so wie wir uns schämen,<br />

wenn wir sehen, dass wir vom affen ab stammen. der<br />

Mensch ist das „nicht festgestellteTier“ (nietzsche:<br />

Jenseits von Gut und Böse), hat im Ge gensatz <strong>zum</strong><br />

tier die instinktive Sicherheit seines lebensvollzuges<br />

verloren. deshalb wird der Mensch von nietzsche<br />

sogar „unter dieTiere zurückgestellt“. er ist auch nicht<br />

mehr die „Krone der Schöpfung“, wird von nietzsche<br />

auch nicht mehr „vom Geist, von der Gottheit“ abgeleitet.<br />

trotzdem gilt nietzsche der Mensch als das<br />

„interessanteste“ tier (nietzsche: Der Antichrist).<br />

der Übermensch, der den „Sinn“ des menschlichen<br />

Seins ver körpert, versteht sich als sich be jahender<br />

„Wille zur Macht“, deutet sich als dessen Vollzug<br />

und schöpferische Steigerung (nietzsche: Also<br />

sprach Zarathustra). im Gegensatz zur logo zentrischen<br />

Metaphysik und vor allem <strong>zum</strong> lebensfernen<br />

und lebensfeindlichen christen tum, in dem der „Wille<br />

<strong>zum</strong> Nichts heilig gesprochen wird“, überwindet der<br />

Übermensch die vom christentum vollzogene „Umkehrung<br />

aller Werte“ (nietzsche: Der Antichrist),<br />

werden diese wieder vom leben her gedeutet. der<br />

Übermensch erschafft sich – dies ist seine auf gabe,<br />

seine Zukunft – aus dem Geiste des diony sos neu.<br />

er folgt dabei dem „Imperativ“ des „werdet hart“<br />

(nietzsche: Ecce homo), weil Kreati vität destruktion<br />

voraussetzt. die sich an „freie Geister“ richtende<br />

Philosophie ist eine Philoso phie der Freiheit, weil der<br />

Mensch sich von jeder kulturell bedingten einengung<br />

emanzipiert. Selbst im tod ist der Übermensch „frei“,<br />

weil er diesen aus dem Geiste dionysischer lebenstrunkenheit<br />

heraus als ein „Fest“ (nietzsche: Also<br />

sprach Zarathustra) erlebt, also als letzten Höhepunkt<br />

von sich bejahendem leben, dem in einer solchen<br />

Geisteshaltung wieder das „Schwergewicht“ (nietzsche:<br />

Der Antichrist) zukommt, das ihm von der auf<br />

das Jenseits fixier ten, christlich geprägten Kultur<br />

genommen wurde.<br />

Wie für nicolai Hartmann (Hartmann: Ethik) ist für<br />

Jean-Paul Sartre die Freiheit des Menschen nur dann<br />

denkbar, wenn es Gott nicht gibt. realisiert sich für<br />

Hartmann die Freiheit des Men schen aber gerade<br />

darin, der Person vorausgesetzte, geschaute ideelle<br />

anthropologie 41

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