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Originalarbeit lesen - Österreichische Ärztezeitung

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48<br />

<strong>Originalarbeit</strong><br />

Brachytherapie<br />

des Prostatakarzinoms<br />

Eine attraktive Alternative zu den klassischen Therapien des Frühkarzinoms des Prostatakarzinoms<br />

stellt die LDR-Brachytherapie mit radioaktiven „Mini-Implantaten“ dar. Die Vorteile:<br />

geringes chirurgisches Risiko, ein verringertes Risiko für Harninkontinenz sowie ein deutlich<br />

reduziertes Risiko für Impotenz. Am SMZ Ost Wien gibt es zehn Jahre Erfahrung mit dieser<br />

Methode. Von Renee Oismüller*<br />

Langzeitergebnisse der LDR-Brachytherapie als Monotherapie - bNED<br />

Die Inzidenz des Prostatakarzinoms<br />

hat auch in Österreich in<br />

den letzten 15 Jahren deutlich<br />

zugenommen, was hauptsächlich auf<br />

die Einführung des PSA-Tests als Vorsorgeuntersuchung<br />

zurückzuführen ist.<br />

Etwa 60 Prozent der neu diagnostizierten<br />

Karzinome werden in einem lokalisierten<br />

Stadium (Frühkarzinom) entdeckt (Abb.<br />

2a+2b). Parallel dazu wird die Diagnose<br />

durchschnittlich in einem wesentlich<br />

jüngeren Alter gestellt; der Anteil der<br />

lokal begrenzten Tumore ist deutlich<br />

angestiegen. Eine starke Zunahme der<br />

Erkrankungshäufigkeit ist ab dem 55.<br />

Lebensjahr festzustellen. Bei der männlichen<br />

Bevölkerung ist im Hinblick auf<br />

die Vorsorge ein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein<br />

zu erkennen. Da zunehmend<br />

jüngere Patienten mit dieser Diagnose<br />

konfrontiert sind, ist die Nachfrage nach<br />

alternativen Behandlungsformen, die ei-<br />

Autor Patientenzahl med. Follow-up Risiko bNED (%)<br />

Monate<br />

Zelefsky(2007) 367 63 niedrig 96%<br />

intermediär 89%<br />

Blasko (2000) 403 58 niedrig 94%<br />

intermediär 84%<br />

Merrick(2005) 178 58,6 niedrig 97%<br />

intermediär 96%<br />

Potters(2005) 869 82 niedrig 91%<br />

intermediär 80%<br />

Stone(2005) 634 44 niedrig 98%<br />

Tab. 1<br />

› österreichische ärztezeitung ‹ 12 › 25. Juni 2009


nen geringeren Eingriff in die Lebensqualität<br />

bedeuteten, gestiegen. Bei der permanenten<br />

interstitiellen Brachytherapie<br />

handelt es sich um eine Langzeitbestrahlung<br />

des Tumorgewebes, durch winzige<br />

radioaktive Strahlenquellen (125Jod oder<br />

103Palladium), die in Form von Seeds<br />

(4,5mm x 0,84mm) über Hohlnadeln<br />

permanent in das Prostata-Gewebe hochpräzise<br />

implantiert werden. Als minimal<br />

invasives, organerhaltendes und doch<br />

hochkuratives Verfahren hat die permanente<br />

interstitielle Brachytherapie eine<br />

rasch zunehmende praktische Bedeutung<br />

bei der Behandlung des lokal begrenzten<br />

Prostatakarzinoms erlangt.<br />

In den USA kam es in den letzten<br />

Jahren zu einem dramatischen Anstieg<br />

der Anzahl der Patienten, die eine interstitielle<br />

Brachytherapie mit Permanentimplantaten<br />

erhielten. Besonders<br />

ihre geringe Invasivität ohne jegliche Rekonvaleszenz<br />

macht sie dort besonders<br />

attraktiv. Bis dato galt die Radikaloperation<br />

vor allem bei jüngeren Patienten<br />

als Mittel der Wahl, da diese Patienten<br />

häufig aggressivere Krankheitsverläufe<br />

zeigen. In kürzlich veröffentlichten retrospektiven<br />

Langzeitstudien an rund<br />

3.000 Patienten, die eine Brachytherapie<br />

erhalten haben, konnte jedoch bei<br />

einem medianen Follow-up zwischen<br />

44 und 82 Monaten das hohe kurative<br />

Potential dieser Methode bei niedrigem<br />

bis intermediärem Risikoprofil bestätigt<br />

werden. Das biochemisch rezidivfreie<br />

Überleben im Niedrig-Risiko Bereich<br />

betrug zwischen 91 und 97 Prozent und<br />

im intermediären Risikobereich zwischen<br />

80 und 96 Prozent (Tab.1).<br />

Im Vergleich zu deutlich belastenderen<br />

Therapieformen sprechen die langen<br />

rezidivfreien Verläufe für dieselben<br />

Heilungschancen bei Patienten jedes<br />

Alters mit lokal begrenztem Prostatakarzinom.<br />

Außerdem ermöglicht die LDR-<br />

Brachytherapie aufgrund der minimalen<br />

Invasivität eine weitgehend gleichbleibende<br />

postinterventionelle Lebensqualität,<br />

da der Organerhalt möglich ist und<br />

therapiebedingte Harninkontinez kaum<br />

und Impotenz deutlich geringer ausgeprägt<br />

sind. Somit stellt sie u.a. auch für<br />

jüngere Patienten ( 10ng/ml und<br />

Gleason-Score = 7<br />

medizin<br />

Der Patient wird - meist - in Allgemeinnarkose<br />

in Steinschnittlage durchgeführt.<br />

Jedoch sind nur minimale Dosen<br />

an Opiaten und Narkotika nötig,<br />

sodass diese Methode auch in Hinblick<br />

auf die minimale Belastung des Gesamt-<br />

organismus für Patienten mit erhöhtem<br />

Narkoserisiko wie zum Beispiel bei internistischen<br />

Begleiterkrankungen bestens<br />

geeignet ist. Es werden kleinste radioaktive<br />

Metallstifte (0,45 Zentimeter) - sogenannte<br />

Seeds - über eine Hohlnadel<br />

unter Ultraschallsicht direkt über den<br />

Beckenboden in die Prostata eingebracht.<br />

Die Seeds verbleiben in der Prostata und<br />

geben ihre Strahlung mit der gewünsch-<br />

:<br />

49


:<br />

medizin<br />

50<br />

ten Dosis permanent ab. Bei Jod 125<br />

wird die Gesamtdosis in etwa neun Monaten<br />

abgegeben (Halbwertszeit etwa 60<br />

Tage). Durch die streng lokale Strahlen-<br />

einwirkung wird das Karzinom gezielt<br />

bestrahlt, während die angrenzenden<br />

Organe wie Harnblase und Rektum<br />

weitgehend geschont werden.<br />

Seit Mai 2008 wird als technische<br />

Weiterentwicklung und Verfeinerung des<br />

Verfahrens ein neues Beladungssystem<br />

(Fa. BARD) mit neuer Software (Variseed)<br />

und B&K Profokus Ultraschallgerät<br />

im Donauspital verwendet. Dieses<br />

ermöglicht eine noch gezieltere Planung<br />

und Anpassung an Größe, Form und<br />

Lage der Prostata in Echtzeit, sogenanntes<br />

realtime planning. Die Implantation<br />

und Ablage der Seeds geschieht nun unter<br />

alleiniger Ultraschallkontrolle. Die<br />

Strahlenbelastung wird dadurch auf ein<br />

Minimum gesenkt .<br />

Ergebnisse<br />

Der mediane Nachbeobachtungszeitraum<br />

beträgt bei Pd-Pat. 66, bei<br />

Bösartige Neubildungen der Prostata<br />

im Zeitverlauf<br />

1983<br />

altersstandardisierte Raten<br />

auf 100.000 Personen<br />

(WHO-Weltbevölkerung, 2001)<br />

1986<br />

1988<br />

Inzidenz<br />

1992<br />

männlich<br />

1995<br />

1998<br />

2001<br />

2004<br />

2006<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Q: STATISTIK AUSTRIA, Österreichissches<br />

Krebsregister (Stand 24.02.2009) und Todes-<br />

ursachensatistik. Erstellt am: 09.03.2009.<br />

Jod-Patienten 29 Monate. Der mittlere<br />

PSA-Wert bei Pd 103 Patienten lag<br />

nach 30 Monaten bei 0,39 ng/ml und<br />

bei Jod 125 bei 0,38 ng/ml. Die Lokalkontrollrate<br />

betrug im gesamten Nachbeobachtungszeitraum<br />

98 Prozent. Die<br />

PSA-Kontrollrate (biochemische Rezidivfreiheit)<br />

lag für Pd und Jod Patienten<br />

bei 88 Prozent, das tumorspezifische<br />

Überleben bei 97,8 Prozent, das Gesamt-<br />

überleben bei 90,1 Prozent (Abb. 8). Im<br />

seltenen Falle eines Rezidivs (Lokal oder<br />

Lymphknoten) stehen auch nach LDR-<br />

Brachytherapie noch Therapieoptionen<br />

mit speziellen Außenbestrahlungtechniken<br />

zur Verfügung. Der additive Effekt<br />

einer adjuvanten Hormontherapie<br />

wird hierbei oft ausgenützt.<br />

Toxizität<br />

Abb.2a Abb.2b<br />

Als häufigste Nebenwirkungen sind<br />

meist milde bis moderate, temporäre<br />

dysurische und irritative Miktionsbeschwerden<br />

zu nennen; höhergradige Nebenwirkungen<br />

sind ein seltenes Ereignis.<br />

Die Erhaltung der Potenz (beziehungsweise<br />

Erhaltung des Niveaus der Erektionsfähigkeit<br />

vor Therapie) war bei 50<br />

Prozent der Pd 103-Patienten möglich.<br />

Angaben in der Literatur zufolge liegt<br />

dieser Wert in einem Nachbeobachtungszeitraum<br />

zwischen drei und sechs<br />

Jahren zwischen 60 und 85 Prozent.<br />

Zusammenfassung<br />

Bei der Brachytherapie mit Permanentimplantaten<br />

handelt es sich um<br />

einen einmaligen minimal invasiven<br />

Eingriff. Der Patient kann in der Regel<br />

am ersten postoperativen Tag entlassen<br />

werden. Das geringe chirurgische Risiko<br />

und die sehr seltenen chronischen<br />

Langzeitfolgen führen postinterventionell<br />

zu einer guten Lebensqualität. Der<br />

hohen Lokalkontrolle und der damit<br />

verbundenen hohen Heilungschance<br />

stehen minimierte Nebenwirkungen<br />

gegenüber. Während eine Harninkontinenz<br />

nach einer Radikaloperation<br />

noch bei rund zehn Prozent der Patienten<br />

auftritt und das Risiko einer<br />

„erektilen Dysfunktion“ bis hin zur<br />

Impotenz nach einer Radikal-OP bei<br />

bis zu 70 Prozent liegen kann, beträgt<br />

das Impotenz-Risiko nach einer Seed-<br />

Implantation nur noch rund 30 bis 50<br />

Prozent. Das Risiko einer Belastungsinkontinenz<br />

ist bei dieser kurativen Tumortherapie<br />

sogar auf weniger als ein<br />

Prozent reduziert. Die deutlich niedrigeren<br />

Impotenz- und Inkontinenzrisken<br />

als auch die minimale Invasivität<br />

sind somit die Hauptargumente für Patienten,<br />

die sich für die LDR-Brachytherapie<br />

entscheiden.<br />

Die Permanentimplantation der<br />

Prostata ist als Monotherapie nur bei<br />

lokal begrenztem Karzinom einzusetzen.<br />

Doch kann sie auch bei aggressiveren<br />

Karzinomen kombiniert<br />

mit anderen Therapieformen wie<br />

zum Beispiel in Verbindung mit einer<br />

Hormontherapie (LHRH) und einer<br />

externen Bestrahlung bei bereits örtlich<br />

fortgeschrittenen und aggressiven<br />

Tumoren angewendet werden. Diese<br />

Kombination scheint vielversprechende<br />

Ergebnisse liefern zu können. 9<br />

Literatur bei der Verfasserin<br />

*) Dr. Renee Oismüller, SMZ Ost Wien Donau-<br />

spital, Institut für Radioonkologie, Langobarden-<br />

straße 122, 1220 Wien; Tel: 01/ 28 802/ 27 00;<br />

E-Mail: renee.oismueller@wienkav.at<br />

› österreichische ärztezeitung ‹ 12 › 25. Juni 2009<br />

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