Reisebericht als PDF
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REISE Polen<br />
Näher <strong>als</strong> man denkt<br />
Drei Tage im polnischen Westpommern beweisen, dass das Land problemlos zu bereisen ist.<br />
Unser Kurzbesuch startet in Berlin.<br />
Das Ziel ist Zachodniopomorskie<br />
(Westpommern), jene<br />
Ecke Polens an der Ostsee, die direkt<br />
an Deutschland angrenzt. Über gut<br />
ausgebaute Autobahnen geht es an<br />
die polnische Grenze. Strenge Kontrollen<br />
gehören der Vergangenheit an,<br />
die Grenzstation ist bereits abgebaut,<br />
Schengen macht’s möglich, dass man<br />
völlig unbehelligt über die Grenze<br />
rollt. Auf der nagelneuen Autobahn A<br />
11 geht es nach Szczecin (Stettin) zum<br />
Campingplatz Marina. Die gepflegte<br />
Anlage liegt am Stadtrand am Badesee<br />
Dabie, dem viertgrößten polnischen<br />
See. Den Traumstrand gibt es hier<br />
nicht. Für ein Bad oder Wassersport<br />
ist der See dennoch bestens geeignet.<br />
Oder man beobachtet nur die an den<br />
Stegen schaukelnden oder draußen am<br />
Wasser vorbei ziehenden Yachten.<br />
Jugendliches Szczecin. Die Altstadt<br />
von Szczecin liegt auf der anderen<br />
Seite der Oder, man erreicht sie am<br />
besten mit dem Bus. Die Hauptstadt<br />
Westpommerns hat knapp mehr <strong>als</strong><br />
400.000 Einwohner und ist eine sehr<br />
grüne Stadt mit Parks und Wäldern.<br />
Mindestens ebenso wichtig ist das<br />
Wasser. Bis zur Odermündung in die<br />
Ostsee sind es nur 65 Kilometer Luftlinie.<br />
Etwa ein Viertel der Stadtfläche<br />
ist Wasser. Dank zahlreicher Studenten<br />
und einer Seemannsakademie ist Szczecin<br />
eine sehr junge Stadt, beherbergt<br />
aber gleichzeitig nach Hamburg<br />
und Wien den drittgrößten Friedhof<br />
Europas. Bei einer Rundfahrt haben<br />
wir „Westend“ gesehen, einen Stadtteil,<br />
der seinen Namen vom gleichnamigen<br />
Londoner Bezirk ableitet und<br />
in dem es – ganz anders <strong>als</strong> am Stadtrand<br />
– keine Plattenbauten, sondern<br />
noble Villen gibt. Vorbei an riesigen<br />
Parks geht es auf die Wojska Polskiego<br />
– mit acht Kilometern die längste<br />
Straße der Stadt. Sie ist gesäumt<br />
von interessanten Bauten. Begeistern<br />
34 | CampingRevue März/April 2010<br />
konnten die Jugendstilhäuser in der<br />
Pocztowa Straße, die Fontänenallee<br />
mit Springbrunnen und zahlreichen<br />
Lokalen, das Palais des Kanzlers<br />
Philipp Otto von Grumbkow am<br />
Rossmarkt, die Jakobi-Kirche, die<br />
größte gotische Kirche der Region,<br />
und natürlich das Schloss der Pommernherzöge.<br />
Den Abend lassen wir<br />
im Christopher Columbus ausklingen,<br />
einem Restaurant und Pub auf einer<br />
Terrasse über dem Hafen mit gemütlicher<br />
Atmosphäre und exzellentem<br />
Essen (www.columbuspub.pl).<br />
Weiter nördlich liegt im Stettiner<br />
Haff der kleine Badeort Stepnica. Die<br />
Vermischung sozialistischer Spuren<br />
und des aufblühenden Kapitalismus<br />
sind hier und entlang der Strecke<br />
deutlich erkennbar. Am Weg durch<br />
Wälder, vorbei an Seen und unter<br />
zahlreichen Alleebäumen hindurch<br />
bieten Kinder und Alte Heidelbeeren<br />
und Pilze zum Verkauf an.<br />
An der Bernsteinstraße. Wollin, ehem<strong>als</strong><br />
Jamsborg oder Vineta, war eine<br />
Wegkreuzung an der Bernsteinstraße.<br />
Ein Museumsdorf (www.jomsborg-<br />
vineta.com) gegenüber den Ausgrabungen<br />
einer Siedlung der Wikinger<br />
gewährt interessante Einblicke in deren<br />
Leben. In bestem Deutsch erklärt uns ein<br />
Hobbywikinger (in seinem Brotberuf<br />
ist er bei der Feuerwehr) einen Wegweiser<br />
mit Tagesangaben für Reisen zu<br />
Pferd oder mit dem Schiff. Wir sehen,<br />
mit welch einfachen Mitteln gebaut<br />
wurde und bekommen vorgeführt, wie<br />
etwa der Schmied gearbeitet oder wie<br />
man sich ernährt hat. Ein Runenstein<br />
gibt Zeugnis über die geschichtliche<br />
Bedeutung des Ortes, immerhin für<br />
drei Jahre Sitz von Olaf Tryggvarson,<br />
eines norwegischen Königs.<br />
Die Mündung der Swina nahe der<br />
Stadt Świnoujście (Swinemünde) wurde<br />
wegen ihrer strategischen Bedeutung<br />
vor über 150 Jahren von den Preußen<br />
mit insgesamt vier Festungsanlagen<br />
Schon der Eingang ins Museumsdorf in Wollin verheißt<br />
interessante Einblicke in das Leben der Wikinger.<br />
Der Badeort Stepnica<br />
zeigt recht einfache<br />
Ausstattung.
Świnoujście (Swinemünde):<br />
Von den Geschützen im<br />
Gerhards-Fort sind nur noch<br />
wenige erhalten.<br />
geschützt. Die immer noch gut erhaltenen<br />
Festungsanlagen können besichtigt werden.<br />
Wir waren in der Gerhards-Festung, einem<br />
Teil der Ostbatterie. Vom Leuchtturm erkennt<br />
man die Festungsanlagen an der<br />
Mündung und sieht die Stadt, das offene<br />
Meer und einen nicht enden wollenden<br />
Sandstrand.<br />
Im und rund um das Rathaus<br />
von Kołobrzeg (Kolberg) finden<br />
sich zahlreiche gemütliche<br />
Lokale.<br />
Die Westpommersche Seenplatte ist ein<br />
attraktives Paradies für Wassersportler.<br />
In den Ruinen von Schloss Drahim, einer<br />
ehemaligen Templerburg – das Leben im<br />
Mittelalter war offenbar nicht immer schön.<br />
Entlang der Küste reihen sich zahlreiche<br />
aus der Fischerei und dem Handel. Industrie<br />
gibt es hier keine. Nach einem exzellenten<br />
Abendessen im Rathauskeller übernachten<br />
wir auf Camping Baltic, einem der<br />
besten Plätze Polens.<br />
Badeorte aneinander. Einige Camping- Mit Połczyn-Zdrój (Bad Polzin) erreiplätze<br />
stehen <strong>als</strong> Quartier zur Verfügung. chen wir am nächsten Tag einen weiteren<br />
Wir aber rollen weiter nach Kołobrzeg Kurort, in der Pommerschen Schweiz gele-<br />
(Kolberg). Der mondäne Badeort ist die gen. Ein Schmied hatte 1688 einem Freund<br />
Von einer Terrasse unterhalb des Schlosses der<br />
größte Kurstadt (Asthma, Orthopädie, geraten, seine Augenentzündung mit dem<br />
Pommernherzöge hat man einen schönen Blick<br />
Zuckerkrankheit, Allergien) Polens. Zu- milchig-trüben Wasser einer Quelle zu<br />
über die Oder bei Szczecin (Stettin). sätzliche Einnahmen erwirtschaftet man behandeln, dies geschah mit Erfolg. Ein<br />
➤<br />
CampingRevue März/April 2010 | 35
Sardinien<br />
TM & © Warner Bros. Entertainment Inc.<br />
(s10)<br />
REISE Polen<br />
Schloss und die Marienkirche erzählen von<br />
der bewegten Vergangenheit.<br />
Wunderbare Eindrücke von der Natur<br />
begleiten uns am Weg über die Westpommersche<br />
Seenplatte. Wie der Name<br />
schon verrät, gibt es zahlreiche Seen in einer<br />
sanften Hügellandschaft. Die typische<br />
Landschaft der Seenplatte sind mit Wald<br />
bewachsene Moränenhügel, zwischen<br />
denen die mit Flüssen verbundenen Seen<br />
liegen – ein Paradies für Wassersportler und<br />
Angler. In dieser Umgebung liegt Caplinek<br />
(die Tempelburg) nahe Stare Drawsko. Der<br />
Name zeigt, dass dieser Ort den Templern<br />
gehört haben muss. Herzog Przemysl hatte<br />
ihnen das Gebiet 1291 übergeben, sie blieben<br />
bis 1345.<br />
Kulturell nahe. So kurz unsere Polenreise<br />
nach Westpommern war, so sehr hat sie<br />
uns gezeigt, dass Polen zwar geografisch<br />
gesehen doch einige Kilometer von Österreich<br />
entfernt ist (noch mehr natürlich die<br />
Küste), dass das Land uns kulturell näher<br />
ist <strong>als</strong> erwartet und daher völlig problemlos<br />
zu bereisen ist. ReinhaRt RosneR<br />
Sardinien Korsika Elba<br />
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36 | CampingRevue März/April 2010<br />
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Mit einfachsten Mitteln zeigt ein Schmied,<br />
wie die Wikinger Metalle bearbeitet haben.<br />
In preußischen Uniformen<br />
zeigen die polnischen<br />
Führer die Gerhards-<br />
Festung den Gästen aus<br />
aller Herren Länder.<br />
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WIEN<br />
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Möglichst nahe an historischen Vorbildern wurde<br />
das Wikingerdorf in Wollin nachgebaut.<br />
Nützliche iNfos<br />
PolNiSchEr VErBANd für<br />
cAmPiNg uNd cArAVAN<br />
Polska Federacja Campingu i Caravaningu<br />
ul. Grochowska 331, PL-03-838 Warszawa<br />
Tel./Fax: 0048/22/8106050, Internet: www.pfcc.info<br />
iNfos für camper<br />
cAmPiNgPlätzE iN PolEN<br />
In Polen gibt es etwa 200 Campingplätze, die in vier<br />
Kategorien eingeteilt sind und guten Komfort bieten.<br />
Campingplätze, die noch nicht nach dem Sternesystem<br />
qualifiziert wurden, benutzen vorübergehend noch die alte<br />
Ziffernkategorie (1 bzw. 2).<br />
Saison ist auf den meisten Plätzen von Anfang Mai bis Ende<br />
September. Das Übernachten außerhalb von Campingplätzen<br />
ist verboten.<br />
BESuchtE cAmPiNgPlätzE<br />
Marina Camping, PL-70-800 Szczecin, ul. Przestrzenna 23,<br />
Tel. 0048/91/4601165, www.campingmarina.pl<br />
Camping Baltic, PL-78-100 Kołobrzeg, ul. 4 Dywizji Wojska<br />
Polskiego 1, Tel. 0048/94/3524569,<br />
www.campingkolobrzeg.pl<br />
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Fotos: rosner, Grafik: JAKL