Literarische und psychoanalytische ... - christophe+solioz
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Christophe Solioz<br />
<strong>Literarische</strong> <strong>und</strong> <strong>psychoanalytische</strong><br />
Seelenforschung bei<br />
Lou Andreas-Salomé
Université de Genève<br />
Faculté de lettres<br />
Département d’allemand<br />
Mémoire de licence<br />
© Christophe Solioz (1988 für den Originaltext ; 2008 für das neue Layout<br />
<strong>und</strong> die Bibliographie)
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Ausgangslage 4<br />
2. Schriftstellerin oder Psychoanalytikerin?<br />
2.1. Was die heutige Rezeptionsgeschichte lehrt 11<br />
2.2. Wider eine lückenhafte Interpretation des Stils 12<br />
2.3. „Sie wissen doch nicht was Sie sagen!“ 16<br />
2.4. Und – vom Schicksal einer Konjunktion 20<br />
3. <strong>Literarische</strong> <strong>und</strong> wissenschaftliche Arbeit: ein Werk<br />
zwischen Konstruktion <strong>und</strong> Rekonstruktion<br />
3.1. Versuch, ein Interpretationsschema herauszuarbeiten 25<br />
3.2. Kennzeichen des Werkes von Lou Andreas-Salomé 28<br />
3.3. <strong>Literarische</strong> <strong>und</strong> theoretische Verarbeitung 33<br />
3.3.1. Ruth – zwischen Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Liebe 34<br />
3.3.2. Eine Ausschweifung – Beispiel einer Durcharbeitung 41<br />
3.3.3. Ma – Mütterlichkeit im Werk von Andreas-Salomé 44<br />
3.3.4. Die Tarnkappe – Zwischen Dichtung <strong>und</strong> Wahrheit 51<br />
3.4. Zwischen Konstruktion <strong>und</strong> Rekonstruktion 53<br />
3.5. Empirische Realität, psychische Realität <strong>und</strong> Dichtung 55<br />
4. Abseits der Wertfrage? 59<br />
Anhang<br />
A. Versuch einer Einteilung der Werke nach Gattungen 63<br />
B. Klassifikation nach Hauptmotiven <strong>und</strong> nach Hauptthemen 64<br />
C. Versuch einer Periodisierung 65<br />
D. Beispiel einer theoretischen <strong>und</strong> literarischen Verarbeitung 66<br />
Bibliographie<br />
A. Schriften von Lou Andreas-Salomé 67<br />
B. Sek<strong>und</strong>ärliteratur zur Person <strong>und</strong> zum Werk 78<br />
C. Allgemeine Literatur 83<br />
3
1. Ausgangslage<br />
Indem der traumgewaltigste Durchbruch zusammengeht<br />
mit der gewaltigsten Realforderung an den andern<br />
Menschen, ist doch der Geliebte kaum mehr als<br />
das Stück Realität, das einen Dichter zu einer Dichtung<br />
treibt, die nicht den mindesten Bezug zu sonstigen<br />
Verwendungen ihres Gegenstandes in der Welt der<br />
Praxis nehmen kann. Wir alle sind Dichter mehr noch,<br />
als wir verständige Menschen sind; das, was wir, im<br />
tiefsten Sinne, dichtend sind, ist mehr noch, als was<br />
wir wurden, – abseits der Wertfrage, tief, tief unter<br />
ihr, einfach in der Unumstößlichkeit, wodurch das bewusste<br />
Menschentum sich auseinanderzusetzen hat mit<br />
dem, wovon es selbst nur getragen wird <strong>und</strong> woran es<br />
sich untereinander auszukennen versuchen muß.<br />
Lou Andreas-Salomé, Lebensrückblick, Insel, 1974, S.<br />
34.<br />
Mit diesen Worten von Lou Andreas-Salomé möchte ich meine Ehrfurcht 1<br />
vor ihrem Schreiben <strong>und</strong> vor ihrem Werk ausdrücken. Eine Haltung die ich<br />
mit folgender Passage aus Rilkes Briefe an einen jungen Dichter verdeutlichen<br />
möchte:<br />
Kunst-Werke sind von einer unendlichen Einsamkeit <strong>und</strong> mit nichts so wenig erreichbar<br />
als mit Kritik. Nur Liebe kann sie erfassen <strong>und</strong> halten <strong>und</strong> kann gerecht sein<br />
gegen sie. 2<br />
Doch ein „mystischer Kunstliebhaber“ bin ich nicht, <strong>und</strong> mein Urteil über das<br />
Werk von Lou Andreas-Salomé soll auch kein „potztausend“ sein 3 . In seiner<br />
Arbeit über den Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik erinnert<br />
Walter Benjamin daran, dass Friedrich Schlegel von der Aufgabe der Kritik<br />
1 Ein bedeutendes Wort für Lou Andreas-Salomé, siehe im Lebensrückblick, S. 24-5.<br />
2 Brief an Franz Xaver Kappus vom 23. April 1903. Zitiert nach Insel Ausgabe der Briefe in<br />
drei Bänden, 1987, Bd. 1, S. 50. Ebenso deutlich steht es im Brief vom 17. Februar 1903:<br />
„Mit nichts kann man ein Kunst-Werk so wenig berühren als mit kritischen Worten (...).“<br />
(op. cit., S. 45)<br />
3 Das berühmte Schlegel-Fragment lautet: „Wenn manche mystische Kunstliebhaber, welche<br />
jede Kritik für Zergliederung, <strong>und</strong> jede Zergliederung für Zerstörung des Genusses<br />
halten, konsequent dächten: so wäre potztausend das beste Kunsturteil über das würdigste<br />
Werk. Auch gibt’s Kritiken, die nichts mehr sagen, nur viel weitläufiger.“ Friedrich<br />
Schlegel, 1971, S. 13.<br />
5
sagte, diese solle „die geheimen Anlagen des Werkes selbst aufdecken (...)“ 4 .<br />
Dies wird hier mein Anliegen sein. Doch dem frühromantischen Kunstkritikbegriff,<br />
„Poesie kann nur durch Poesie kritisiert werden“ 5 , werde ich<br />
hier nicht gerecht werden können 6 . In dieser Hinsicht, das hier besprochene<br />
Werk anzugehen, bleibt eine Aufgabe die ich auf später verschiebe.<br />
Da „die Deutschen ... ein rezensierendes Volk“ sind 7 , ergibt es sich von<br />
selbst, dass ich hier oft Rezensionen <strong>und</strong> wissenschaftliche Veröffentlichungen<br />
heranziehe <strong>und</strong> zitiere. Doch tue ich dies nur insofern es einen<br />
Zugang zu Lou Andreas-Salomés Schriften erleichtert. Bei der Lektüre dieser<br />
Sek<strong>und</strong>ärliteratur ist mir besonders aufgefallen, wie man mit Lou Andreas-<br />
Salomés Namen umgeht. Man sprach sie an als „die Frau Salomé“ 8 , als „Frau<br />
Professor Andreas“ 9 <strong>und</strong> als „Frau Andreas“ 10 , ferner als „Lou Andreas“ 11 ,<br />
als „Lou Salomé“ 12 , vor allem aber als „Frau Lou“ 13 wenn nicht gerade einfach<br />
als „Lou“ 14 . Was einem vor allem auffällt, ist die Benennung Lou. Man<br />
könnte sagen, dies sei eigentlich keine Ausnahme <strong>und</strong> nur ein weiteres Beispiel<br />
einer Anbiederung an die Frau. Erinnert seien hier bekannte Benennungen<br />
wie ‚Bettina’ (von Arnim), ‚Rahel’ (Varnhagen), ‚Annette’ (v. Droste<br />
Hülshoff, auch ‚Die Droste’ genannt). Doch heute spricht man von ‚Annette<br />
Droste’, von ‚Christa Wolf’ (nicht von ‚Christa’, oder ‚die Wolf’) ... aber<br />
immer noch von ‚Lou’. Wenn ich nun annehme, dass „affektive Momente die<br />
willkürlich, bzw. unwillkürlich gewählte Form der Namensbezeichnung in<br />
der Anrede oder beim Sprechen über eine Person bestimmen“ 15 , so bleibt mir<br />
nur nach jenem Moment zu suchen.<br />
Was einem als erstes einfällt, ist die Faszination, die Lou Andreas-Salomé –<br />
ins besondere ihr Lebenslauf – auslöste. Wenn es zu ihren Lebzeiten schon so<br />
war, so hat sich diesbezüglich heute praktisch nichts geändert – vor allem<br />
dank der romanhaften Biographie von H. F. Peters, leider ein Bestseller. Dies<br />
lässt sich schön an der üblichen Rezeption von Lou Andreas-Salomé nachweisen,<br />
sogar in gewissen feministischen Kreisen bekommt man zu hören:<br />
4 Walter Benjamin, 1980, Bd. 1, S. 69.<br />
5 Friedrich Schlegel, op. cit., S. 22.<br />
6 Wobei man unbedingt unterscheiden muss, zwischen einem Adornoschen-, einem Benjaminschen-<br />
<strong>und</strong> einem frühromantischen Kritik-Begriff. Hierzu Manfred Jablinski, 1976<br />
(siehe Kap. II).<br />
7 Friedrich Schlegel, op. cit., S. 335.<br />
8 Siehe Anselma Heine, 1918 <strong>und</strong> 1928.<br />
9 Siehe Eduard Platzhoff-Lejeune, 1903.<br />
10 Siehe Eduard Platzhoff-Lejeune, 1901.<br />
11 Siehe Theodor Heuss, 1908, Agnes Wurmb, 1925 <strong>und</strong> Heinrich Meyer-Benfey, 1931.<br />
12 Siehe Eduard Platzhoff-Lejeune, 1903 <strong>und</strong> Plesser, 1983.<br />
13 Siehe Anselma Heine, 1918, Heinrich Rom<strong>und</strong>t, 1895, Ernst Heilbron, 1898, Helene<br />
Stöcker, 1899 <strong>und</strong> Hedwig Dohm, 1899.<br />
14 Siehe Heinrich Meyer-Benfey, 1931, Jacques Nobécourt, 1977, Marie Moscovici, 1980,<br />
Jacques Le Rider, 1983 <strong>und</strong> Ursula Welsch <strong>und</strong> Michaela Wiesner 1988.<br />
15 Franz Stein, 1927-1928, S. 92.<br />
6
„Ach ja, das war doch die Fre<strong>und</strong>in von Nietzsche, von Rilke“. Wer über<br />
mehr Kenntnisse verfügt, setzt dem noch andere Männernamen hinzu, die<br />
Wahl ist groß: Paul Rée (1849-1901), Georg Ledebour (1850-1947), Viktor<br />
Tausk (1879-1919)... Die Legende der femme fatale 16 wird hier extrem aufgebauscht,<br />
<strong>und</strong> sicher hat sie noch schöne Tage vor sich.<br />
Diese Faszination wirkt aber in wissenschaftlichen Kreisen weiter, also auch<br />
bei Leuten, die mit diesem Klischee – das schon in der Jahrh<strong>und</strong>ertwende<br />
bekämpft wurde – nichts zu tun haben sollten. Ich glaube, die Sache klärt<br />
sich allmählich, wenn man sich erinnert, wer den Vornamen Lou eingeführt<br />
hat. Es war Pastor Hendrik Gillot (1836-1916), der für Lou Andreas-Salomé<br />
zusammen „Erzieher <strong>und</strong> Lehrer“, „Führer <strong>und</strong> Verführer“, „Gottmensch“ 17<br />
war. Hier der bedeutungsvolle Vorfall, der diese Vorgeschichte zusammenfasst:<br />
Lou Andreas-Salomé brauchte (1880) einen Einsegnungsausweis,<br />
um zu einem Pass zu gelangen, damit sie Russland verlassen <strong>und</strong> in Zürich<br />
ihr Studium beginnen konnte. Da sie in Sankt Petersburg aus der Kirche<br />
ausgetreten war, schlug Hendrik Gillot vor, sie in Holland zu konfirmieren.<br />
Dies geschah, <strong>und</strong> die Einsegnungsworte lauteten: „Fürchte dich nicht, denn<br />
ich habe dich erlöset: ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein“<br />
(Lebensrückblick, S. 30-31; Jesaja 43, Vers 1).<br />
Im Lebensrückblick fügt Lou Andreas-Salomé anschließend bei: „Meinen<br />
Namen gab in der Tat er mir, wegen Unaussprechbarkeit des russischen –<br />
Ljola (auch ‚Lolja’) – für ihn“ (S. 31). Diesem (Gr<strong>und</strong>)Erlebnis kommt eine<br />
besondere Bedeutung zu, zumal es die Trennung zwischen Lou Andreas-<br />
Salomé <strong>und</strong> Gillot besiegelte, wobei zu bemerken ist, dass diese Konfirmation<br />
eher einer Trauung ähnelte – was Lou Andreas-Salomés Fehlleistung bei<br />
der Erwähnung des Bibelsatzes bestätigt, im Lebensrückblick (S. 31) schreibt<br />
sie: „ich habe dich erwählt“ statt „ich habe dich erlöset“. Im Rückblick<br />
(1892) erinnerte sich Lou Andreas-Salomé dieser sicher zerreißenden Erfahrung,<br />
als sei es „fast ein Traum, ein Märchen“ 18 . Das Erinnerungsbild, das ihr<br />
dabei geblieben ist, ist das eines w<strong>und</strong>ersamen Frühlings. Ein Bild, dass sie<br />
später (1933) in Jutta sehr suggestiv dargestellt hat 19 . Ein schönes Beispiel<br />
für eine literarisch eingekleidete sek<strong>und</strong>äre Bearbeitung 20 .<br />
16 Fritz Paul, 1985, widerlegt endgültig dieses Vorurteil, aber Jean d’Ormesson, 1988, bleibt<br />
dem noch verhaftet.<br />
17 Lebensrückblick, S. 28. Das zweite Kapitel “Liebeserlebnis” befasst sich mit der Beziehung,<br />
die Lou Andreas-Salomé zu diesem Pastor hatte, die im Zusammenhang mit ihrem<br />
Gott-Erlebnis (Kap. I) zu verstehen ist.<br />
18 In “Gottesschöpfung”, S. 178.<br />
19 In Jutta wird die Hauptfigur von ihren Bewerben mit Pfingstblüten getauft (S. 33, vgl. S.<br />
68-9). Nebenbei hebe ich die besondere Bedeutung, die der Natur zukommt, hervor.<br />
20 Dieser Begriff stammt wie bekannt von Freud, <strong>und</strong> meint die Umarbeitung des Traumes<br />
Zweck einer kohärenten Darstellung – die aber nicht ohne den Einfluss der ‚Zensur’ geschieht.<br />
In “Der Dichter <strong>und</strong> das Phantasieren” – das ich hier noch besprechen werde –<br />
7
Somit ist in diesem Fall der Vorname Lou, eigentlich eine geläufige Abkürzung<br />
von Louise, affektiv besonders besetzt. Und so frage ich mich, ob die<br />
Benennung ‚Lou’ beim Kritiker nicht Symptom für eine wohl unbewusste<br />
Gleichsetzung mit jenem ‚Gottmenschen’ ist. Gibt es denn nicht beim Kritiker<br />
einem Autor gegenüber diesen Wunsch, dieses ‚Du bist mein’? Um zu<br />
versuchen, dieser Haltung zu entkommen, habe ich eingangs Lou Andreas-<br />
Salomé das Wort gegeben. Ihre Worte sind mir besonders Wertvoll, denn<br />
zum einen geben sie zu verstehen, aus welcher Erfahrung, aus welcher Notwendigkeit<br />
21 ihr Schreiben <strong>und</strong> ihr Werk entstand, zum anderen, was ihr das<br />
Schreiben, das Dichten bedeutete. Ihr ging es nämlich um die psychische<br />
Realität, nicht um die empirische Realität; <strong>und</strong> dementsprechend ist ihr<br />
Schreiben der Versuch, in der empirischen- die psychische Realität 22 zum<br />
Durchbruch kommen zu lassen.<br />
Diese Interpretation erfordert, so glaube ich, dass ich hier einen <strong>psychoanalytische</strong>n<br />
Gesichtspunkt berücksichtige. Ich möchte dabei daran erinnern,<br />
dass die Psychoanalyse eine andere Auffassung vom Text als die Hermeneutik<br />
hat. Wenn das Ziel der Hermeneutik 23 ist, den ganzen Text zu ‚retten’,<br />
so beschränkt sich die Psychoanalyse – die, wie Lacan es gezeigt hat,<br />
keine Hermeneutik ist – damit, die (An)Zeichen des Subjekts im Text aufzuspüren<br />
<strong>und</strong> ihnen nachzugehen. Aus dieser Perspektive kann man Lou Andreas-Salomés<br />
Schreiben angehen. Ich füge hier noch hinzu, dass ich hier<br />
nicht den Gesichtspunkt einer Anwendung der Psychoanalyse auf den Gebiet<br />
der Kunstwerke berücksichtige, da ich meine, es handle sich wie wir noch<br />
sehen werden eher um eine Anwendung der Kunstwerke auf die Psychoanalyse<br />
24 .<br />
Ferner schließen Lou Andreas-Salomés Worte „das, was wir, im tiefsten<br />
Sinne, dichtend sind, ist mehr noch, als was wir wurden“ an Schlegels emphatischer<br />
Poesie-Begriff an, dass alle Menschen Poeten seien können. Dass<br />
Lou Andreas-Salomé diesem nah stand, beweist wiederum das Motto vom<br />
Lebensrückblick, dass sie ihrem Mein Dank an Freud entnahm:<br />
Menschenleben – ach! Leben überhaupt – ist Dichtung. Uns selber unbewusst leben<br />
wir es, Tag um Tag wie Stück um Stück, – in seiner unantastbaren Ganzheit aber lebt<br />
es, dichtet es uns. Weit, weitab von der alten Phrase vom „Sich-das-Leben-zum-<br />
Kunstwerk-machen“; wir sind nicht unser Kunstwerk.<br />
spricht Freud vom Verfassen von Literatur als der kulturell wertvollsten Form von sek<strong>und</strong>ärer<br />
Bearbeitung der eigenen Phantasmata.<br />
21 „Ein Kunstwerk ist gut, wenn es aus Notwendigkeit entstand“, Rilke in einem Brief an F.<br />
X. Kappus vom 17. Februar 1903, op. cit., S. 47. Die Erfahrung ist also bei Lou Andreas-<br />
Salomé die des Gott- <strong>und</strong> Gottmenschverlustes.<br />
22 Hier als das Reale des Subjekts verstanden (Lacan).<br />
23 Ich denke hier etwa an Ludwig Binswanger, 1926 <strong>und</strong> an Paul Ricoeur, 1965.<br />
24 Siehe F. Regnault, “Ces calembredaines dont fourmillent les textes analytiques”, Lacan,<br />
von Gérard Miller herausgegeben, Paris, Bordas, 1987, S. 167-82.<br />
8
Indem es die Lebensphilosophie von Lou Andreas-Salomé klar zum Ausdruck<br />
bringt, verdeutlicht dieses Motto die letzten Zeilen, der hier am Anfang<br />
zitierten Passage. Leben, Erleben, Erlebnisse, Gr<strong>und</strong>erlebnisse, alles Schlüsselwörter<br />
für Lou Andreas-Salomé, die ohne Zweifel in Beziehung zur damaligen<br />
Neuromantik stehen 25 , die aber ihren Ursprung schon bei Nietzsche<br />
haben 26 . Es ist auch hier angebracht, von Heinrich von Kleist zu sprechen,<br />
von diesem sagte Lou Andreas-Salomé, dass er sie so ergriff, dass er ihr „zur<br />
Erinnerung eigener Philosophie wurde“ 27 .<br />
Von Kleist als ‚Relief’ sagt sie ferner in ihren Eintragungen, er sehe „nämlich<br />
nach Leben, nicht nach Kunst (...)“ aus (S. 55). Lou Andreas-Salomés<br />
‚abseits der Wertfrage’ versteht sich in diesem Zusammenhang:<br />
Sehnsuchtsvoll erwartete er (also H. von Kleist, C. S.), daß er das Leben statt bloßer<br />
Kunstgestaltung erfasse, dadurch daß es Göttliches sei, wovon erfaßt würde. 28<br />
25 Siehe W. Rasch, “Aspekte der deutschen Literatur um 1900”, Zur deutschen Literatur seit<br />
der Jahrh<strong>und</strong>ertwende, Stuttgart, 1967.<br />
26 Siehe z.B. Friedrich Nietzsche, Werke, Schlechta Ausgabe, Bd. III, S. 692.<br />
27 Eintragungen, S. 57. Lou Andreas-Salomé bezieht sich hier insbesondere auf Kleists<br />
Marionettentheater.<br />
28 Op. cit., S. 58. Zur Kleist-Deutung der späten Lou Andreas-Salomé siehe Rüdiger Görner,“Über<br />
die Kraft der reinen Bedeutung”, Lou Andreas-Salomé, herausgegeben von der<br />
Rilke Gesellschaft, Karlsruhe, Von Loeper Verlag, 1986, S. 80-90.<br />
9
2. Schriftstellerin oder Psychoanalytikerin?<br />
2.1. Was die heutige Rezeptionsgeschichte lehrt<br />
Bis ende der achtzigen Jahren wurde Lou Andreas-Salomé vor allem als<br />
Psychoanalytikerin wahrgenommen <strong>und</strong> anerkannt. Dies lässt sich besonders<br />
am Beispiel Frankreichs zeigen. Die französische Veröffentlichung ihrer<br />
<strong>psychoanalytische</strong>n Aufsätze, ursprünglich in Imago <strong>und</strong> im Almanach der<br />
Psychoanalyse publiziert, insbesondere ihrer Schrift Mein Dank an Freud,<br />
sind in dieser Hinsicht zu erwähnen. 29 Ende 1980 waren in Deutschland diese<br />
bedeutenden Aufsätze noch immer nicht wieder neu aufgelegt worden 30 .<br />
Ferner befasst sich die Sek<strong>und</strong>ärliteratur die, sei es in Deutschland, sei es in<br />
Frankreich, seit der Nachkriegszeit erschienen ist, fast ausschließlich mit den<br />
<strong>psychoanalytische</strong>n Beiträgen <strong>und</strong> den autobiographischen Werken.<br />
Erst 1981, mit der Veröffentlichung von drei Dichtungen aus dem Nachlass,<br />
Amor, Jutta, Die Tarnkappe, fing in der B<strong>und</strong>esrepublik die Herausgabe ihre<br />
literarischen Werke an. Es ging dann weiter im Ullstein Verlag in der Reihe<br />
‚Die Frau in der Literatur’ (1982, 1985, 1987). Lou Andreas-Salomé scheint<br />
also vor allem in feministischen Kreisen Interesse zu erwecken; dies ist auch<br />
in Frankreich der Fall, wo im Abstand von zwei Jahren die Werke, die bei<br />
Ullstein veröffentlicht wurden, auch im Des Femmes Verlag erschienen sind.<br />
Alle diese Bemühungen haben aber noch nicht bewirkt, dass man dem Werk<br />
von Lou Andreas-Salomé das Interesse schenkt, das es verdient. Wenn wir<br />
heute über gute Studien zu ihrem Lebenslauf verfügen 31 , so ist dies längst<br />
nicht der Fall, was ihre literarischen Schriften anbelangt. Hier müssen wir<br />
uns lediglich mit zwei Universitätsarbeiten zufrieden geben 32 .<br />
Dass es nicht dabei bleiben muss, zeigt uns die neueste Rezeption von Lou<br />
Andreas-Salomé in Italien <strong>und</strong> in der B<strong>und</strong>esrepublik. Lobenswert ist die<br />
italienische Übersetzung von Mein Dank an Freud zusammen mit Drei Briefe<br />
an einen Knaben (Bonringhieri, 1984). Eine solche Veröffentlichung lenkt<br />
die Aufmerksamkeit des Lesers auf eine Autorin, die Schriftstellerin <strong>und</strong><br />
Psychoanalytikerin ist (<strong>und</strong> die nicht zuerst eine Schriftstellerin <strong>und</strong> dann<br />
29 Man musste auf die Jahrh<strong>und</strong>ertwende warten, bevor mehr oder weniger systematisch das<br />
literarische Werk übersetzt wurde: 1997 wird Das Haus übersetzt; 2000, Jutta; 2005, Die<br />
St<strong>und</strong>e ohne Gott <strong>und</strong>, 2007, Die Tarnkappe.<br />
30 Die änderte sich 1990 dank Inge Weber <strong>und</strong> Brigitte Rempp mit der Veröffentlichung von<br />
den <strong>psychoanalytische</strong>n Texten von Lou Andreas-Salomé, Das ‚zweideutige’ Lächeln der<br />
Erotik, Freiburg, Kore.<br />
31 Cordula Koepcke, 1982, 1986, Angela Livingstone, 1984, Ursula Welsch <strong>und</strong> Michaela<br />
Wiesner, 1988.<br />
32 Hans Jürgen Bab, 1955 <strong>und</strong> Leonie Müller-Loreck, 1976.<br />
11
eine Psychoanalytikerin war – vgl. hier 2.4.). Es wird also Zeit, dass man<br />
auch diese Seite der Arbeit von Lou Andreas-Salomé würdigt. Ebenfalls in<br />
Italien sehen wir Anstalten hierzu. Ihr Werk Fenitschka. Eine Ausschweifung<br />
wurde 1987 übersetzt, auf der vierten Seite kann man lesen: „Lou Andreas-<br />
Salomé (1861, Pietroburgo – 1937), scrittrice tedesca ...“<br />
Dass in dieser Hinsicht auch in der B<strong>und</strong>esrepublik sich etwas tut, erscheint<br />
mir als erfreulich. Als erstes Anzeichen einer neuen Rezeption betrachte ich,<br />
neben Ursula Welsch <strong>und</strong> Michaela Wiesners sehr gut gelungene Biographie<br />
(1988), eine Fernsehsendung von Bayern 3: Lou Andreas-Salomé: ein Leben<br />
für die Literatur (am 19. Februar 1988 ausgestrahlt).<br />
2.2. Wider eine lückenhafte Interpretation des Stils von Lou Andreas-Salomé<br />
Wie schon erwähnt, ist der Gedanke, Lou Andreas-Salomé sei als Psychoanalytikerin<br />
von Bedeutung, jedoch nicht als Schriftstellerin, weit verbreitet<br />
33 . Ein entscheidendes Argument für eine solche Ansicht lautet: Lou<br />
Andreas-Salomé eigenwillige <strong>und</strong> schwerfällige Sprache. Man mag sich aber<br />
fragen, ob diejenigen, die einen solchen Standpunkt einnehmen, bei ihrer<br />
Stellungnahme das ganze Werk von Lou Andreas-Salomé berücksichtigen;<br />
<strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzlicher, ob sie es überhaupt wirklich gelesen haben. Nach der<br />
Art <strong>und</strong> Weise, wie hier manchmal argumentiert wird, scheint mir dies nicht<br />
immer der Fall zu sein.<br />
Besonders in Frankreich wurde der komplizierte Reflexions- aber vor allem<br />
Schreibstil von Lou Andreas-Salomé hervorgehoben. So Marie Moscovici:<br />
Que les écrits de Lou ne soient pas un modèle de style, ce n’est pas un secret pour<br />
aucun de leurs lecteurs. Quelque chose, là, est lourd, contourné, et pourtant, dès que<br />
l’on y pénètre, impossible de ne pas s’y impliquer. Ce qui était laborieux devient<br />
trajet du travail de la pensée. 34<br />
Jacques Nobécourt, der Marie Moscovicis Lektüre gefördert <strong>und</strong> sicher auch<br />
beeinflusst hat, widmet diesem Aspekt eine genauere Analyse, er stellt mit<br />
Recht fest:<br />
33 Dies ist die Ansicht, die J. Le Rider in seinem Vortrag vertrat (am 9. Oktober 1984 im<br />
Département de psychiatrie in Genf); zur selben Feststellung gelangte man in der Diskussion<br />
nach der Vorstellung von Lou Andreas-Salomé vom Théâtre-Poème de Bruxelles (Paris,<br />
15. Februar 1985). An der Diskussion nahmen Teil: F. Colin, M. Moscovici, J. Jaccard,<br />
J. Lacoste, M. Monterlay.<br />
34 Marie Moscovici, 1980, S. 32, siehe auch S. 20-1.<br />
12
Elle forge un terme à partir d’un participe passé, elle substantifie un verbe, procède à<br />
des juxtapositions de mots, à des interpénétrations tout à fait insolites, usant et abusant<br />
de la richesse générative du vocabulaire allemand. Et sa syntaxe, jouant de tous<br />
les registres, s’efforce d’échapper à la métaphore dans une spirale où l’attention du<br />
lecteur fonctionne comme au jeu de l’oie. Il faut souvent recommencer. 35<br />
Lou Andreas-Salomés Stil – eigentlich Spätstil, wie ich es noch zeigen werde<br />
– ist in der Tat sehr umständlich, <strong>und</strong> soweit – was ihre <strong>psychoanalytische</strong>n<br />
<strong>und</strong> autobiographischen Schriften anbelangt – bin ich mit Jacques Nobécourt<br />
einverstanden. Ich kritisiere lediglich, wie dies gesagt wird, nämlich so, dass<br />
man denken könnte, diese Stilanalyse sei für Lou Andreas-Salomés Gesamtwerk<br />
bezeichnend 36 . Dagegen ist Jacques Nobécourts Meinung falsch, Metaphern<br />
wären von Lou Andreas-Salomés theoretischen Schriften nicht anzutreffen.<br />
Sie sind ganz im Gegenteil reichlich vorhanden; <strong>und</strong> dies besonders<br />
in ihren <strong>psychoanalytische</strong>n Essays, was ihnen gerade eine eigentümliche<br />
Prägung verleiht, da sie nicht auf die übliche <strong>psychoanalytische</strong> Terminologie<br />
zurückgreifen 37 .<br />
Ich bin der Ansicht, man muss in dieser Sache differenzierter vorgehen. Was<br />
die <strong>psychoanalytische</strong>n Beiträge anbelangt, so könnte fast jeder Leser Freuds<br />
Tadel, an Lou Andreas-Salomé direkt adressiert, wiederholen: „Nicht alles,<br />
was Sie behandeln, ist mir gleich verständlich geworden (...)“ 38 . Nebenbei sei<br />
bemerkt, dass am Anfang vom Brief Folgendes steht : „Es [Mein Dank an<br />
Freud, C.S.] ist das Schönste, was ich von Ihnen gelesen habe (...)“. Kann<br />
man aber diesen Vorwurf für das ganze Werk von Lou Andreas-Salomé gelten<br />
lassen? Jeder, der einige Erzählungen oder Novellen dieser Autorin schon<br />
gelesen hat, wird hier ‚Nein’ antworten. Ernst Pfeiffer, die letzte aber dafür<br />
‚prachtvolle Errungenschaft’ 39 von Lou Andreas-Salomé, weist hier in die<br />
zutreffende Richtung. Er spricht vom ‚Sprachstil’, von der ‚Alterssprache<br />
von Lou Andreas-Salomé’, in den späten autobiographischen Aufzeichnungen<br />
40 , <strong>und</strong> von einem Weg der bis hierhin führt:<br />
35 Jacques Nobécourt, 1977, S. IX-X.<br />
36 Dass es so herauskommt, zeigten mir einzelne öffentliche Äußerungen.<br />
37 Siehe hierzu Inge Weber <strong>und</strong> Brigitte Rempps Kommentar, 1990, S. 18-9.<br />
38 Brief vom Juli 1931, Briefwechsel, S. 213. Ähnliches steht im Brief von Freud an Karl<br />
Abraham vom 11. November 1931. Schon 1916 schreibt Freud seiner später dann „lieben<br />
unverwüstlichen Fre<strong>und</strong>in“ S. 181: „Nicht immer kann ich Ihnen folgen (...)“ S. 50;<br />
<strong>und</strong>, am 17. November 1924: „Ich möchte gerne alles verstehen, was Sie schreiben; dass<br />
ich es schätze, wissen Sie“, S. 158.<br />
39 Lou Andreas-Salomé an Sigm<strong>und</strong> Freud, Brief vom 3. Mai 1934. Diese Worte zeigen eine<br />
wenig hervorgehobene Seite von Lou Andreas-Salomé, ihr Humor. Er ist insbesondere in<br />
ihrem Buch Der Teufel <strong>und</strong> seine Großmutter anzutreffen.<br />
40 Also der Lebensrückblick <strong>und</strong> die Eintragungen.<br />
13
Der Weg, der von der eigentümlich klaren, gleichsam einlinigen Sprache der jungen<br />
Lou zu der so locker erscheinenden <strong>und</strong> doch in sich so merkwürdig unverschiebbaren<br />
Fügung der die verschiedensten Elemente in sich verflechtenden späten Sprache<br />
führt (...) 41 .<br />
Demzufolge liegt es auf der Hand, wie Stanley Leavy es vorschlägt, zwischen<br />
Lou Andreas-Salomés literarischen Werken, die in der Mehrzahl vor ihrer<br />
Begegnung mit der Psychoanalyse geschrieben worden sind, <strong>und</strong> ihren <strong>psychoanalytische</strong>n<br />
Beiträgen klar zu unterscheiden. Hierzu Stanley Leavy:<br />
Der dichterische Gedanke erstickt manchmal im Walde abstrakter Assoziationen oder<br />
verflüchtigt sich in der Flut von Nebengedanken. In ihren literarischen Werken <strong>und</strong><br />
ihren Essays über Religion <strong>und</strong> Liebe z.B. konnte Lou Andreas-Salomé ihre Gedanken<br />
relativ einfach ausdrücken; dagegen sind die theoretischen Vorstellungen, die sie aus<br />
der Psychoanalyse ableitet, oft gew<strong>und</strong>en <strong>und</strong> überladen im Stil. Die Meisterschaft<br />
der klaren Sprache war etwas, was sie von Freud nicht zu übernehmen vermochte. 42<br />
In Bezug auf den Stil stimme ich dieser Gegenüberstellung von literarischen<br />
<strong>und</strong> <strong>psychoanalytische</strong>n Schriften bei. Ich würde aber zu diesen letzten die<br />
autobiographischen Aufzeichnungen hinzufügen. Und was die literarischen<br />
Schriften anbelangt, so meine ich, dass auch manche spät geschriebenen<br />
Seiten das ‚eigentümliche Klare’ des Frühwerks beibehalten haben. Mit den<br />
Essays verhält es sich wiederum anders, als es Stanley Leavy gern haben<br />
möchte.<br />
Als einschlägiges Beispiel denke ich an den Aufsatz “Gottesschöpfung”<br />
(1892). Ihn könnte man in der Reihe der Essays über Religion unterbringen,<br />
oder – wie ich es hier vorgezogen habe – als autobiographische Aufzeichnung<br />
betrachten, oder aber als <strong>psychoanalytische</strong> Arbeit 43 . Worum ich ihn<br />
aber hier erwähne, ist gerade, weil er das beste Beispiel für dieses Ersticken<br />
der „dichterischen Gedanken ... im Walde abstrakter Assoziationen“ gibt,<br />
wovon eben Stanley Leavy spricht. In diesem Aufsatz handelt es sich um<br />
eine theoretische Abhandlung auf Gr<strong>und</strong> von persönlichen Erlebnissen, die<br />
jeweils eingeblendet werden. Diese dienen aber mehr als Folie zur Auslegung<br />
von Lou Andreas-Salomés Gedanken, als dass man sie als autobiographische<br />
Aufzeichnungen betrachten könnte. Es lassen sich Perioden unterscheiden,<br />
41 Im Nachwort (vom 1951) zum Lebensrückblick, S. 305 (vgl. S. 305-7).<br />
42 Stanley Leavy, 1965, S. 228.<br />
43 Der Aufsatz, “Von frühem Gottesdienst” (Imago, Wien, 1913) ist als Palimpsest zu<br />
“Gottesschöpfung” zu betrachten. Ich werde auf diese Tatsache noch zurückkommen. Um<br />
ein Wort von Lou Andreas-Salomé aufzugreifen, hier besteht ein Netzwerk; gehören dazu:<br />
die zwei erwähnten Arbeiten, “Im Spiegel” (1911) <strong>und</strong> das erste Kapitel vom Lebensrückblick.<br />
14
drei Zeitabschnitte, die mit drei Gr<strong>und</strong>erlebnissen übereinstimmen 44 . Und<br />
nun komme ich zum springenden Punkt: jeder Abschnitt endet mit einem<br />
Naturerinnerungsbild 45 , das in der Tat poetisch wirkt, dass aber in mitten der<br />
ganzen Abhandlung wie verloren erscheint. Doch ahnt man hier nicht nur<br />
eine andere – eben nicht theoretische, sondern poetische – Sprache, aber auch<br />
die Möglichkeit das Ganze anders auszudrücken, <strong>und</strong> zwar in einer poetischen<br />
Sprache <strong>und</strong> Form, zu der sich auch Lou Andreas-Salomé in ihren<br />
Spätschriften versucht, etwa in Der Teufel <strong>und</strong> seine Großmutter <strong>und</strong> in Die<br />
Tarnkappe.<br />
Es ist also wichtig, auch bei den Essays differenziert vorzugehen. Man kann<br />
einfach nicht pauschal von einem Stil der Essays von Lou Andreas-Salomé<br />
sprechen. Gerade hier sieht man eine Entwicklung, die jenem eben von Ernst<br />
Pfeiffer beschriebenen Weg folgt. Vollkommen richtig scheinen mir in dieser<br />
Hinsicht Heinrich Meyer-Benfeys Worte:<br />
Es ist natürlich, dass eine solche Meisterin der Einfühlung eine unvergleichliche<br />
Interpretin von Dichtungen ist. Gleich das erste Buch, das sie mit ihrem Namen herausgab,<br />
zeigt diese Kunst <strong>und</strong> ist zugleich das erste vollgültige Zeugnis ihres Dichtertums:<br />
Henrik Ibsen’s Frauengestalten, nach seinen sechs Familiendramen (1892).<br />
Es ist wohl das w<strong>und</strong>ervollste Buch, das je über Ibsen geschrieben ist. (...) Seitdem<br />
hat sie in zahllosen Essays ähnlich durchleuchtende Deutungen von Dichtungen<br />
gegeben (...). In dieser Klasse gehört, wie ihr erstes, so auch ihr letztes Buch, das<br />
über Rainer Maria Rilke (...). Dies Bild eines Dichters, in der Tiefe seines Wesens <strong>und</strong><br />
der Notwendigkeit seines Werdens geschaut <strong>und</strong> dargestellt, zeigt den stilistischen<br />
Weg der Verfasserin. Während ihr Ibsen-Buch sich leicht zugänglich <strong>und</strong> volkstümlich<br />
gibt, ist dies schwer, schwer an edelsten Vollgehalt, an tiefster Einsicht in die Wesensart<br />
des Künstlers, aber auch schwer sich erschließend <strong>und</strong> ein wenig esoterisch<br />
(...). 46<br />
Ich glaube somit gezeigt zu haben, in Anlehnung an Heinrich Meyer-Benfey<br />
<strong>und</strong> an Ernst Pfeiffer, dass man, was die Sprache <strong>und</strong> den Stil von Lou Andreas-Salomé<br />
anbelangt, zwischen verschiedenen Konfigurationen unterscheiden<br />
muss. Einerseits ist ihr ‚theoretischer Stil’ 47 nicht kennzeichnend<br />
für das ganze Werk, <strong>und</strong> demzufolge kann man vermuten, dass Leute die dies<br />
behaupten, wenig von ihr gelesen haben. Diese Diskussion fordert also dazu<br />
auf, dass man das Ganze differenziert ins Auge fasse. Was hier soviel heißt<br />
44 Was der Bedeutung des Wortes Erlebnis anbelangt, siehe Ernst Pfeiffers Nachwort im<br />
Lebensrückblick.<br />
45 Als erstes, das Bild des russischen Frühsommers für die Zeit der religiösen Kämpfe<br />
(S.174), dann das echte Winterbild für die Zeit der Geisteskämpfe (S. 175), <strong>und</strong> zuletzt,<br />
das w<strong>und</strong>ersame Frühlingsbild als Erinnerung an das neue Leben (S.178). Proportionsmassig<br />
sind es 5 Abschnitte (N = 29; in der Reihenfolge: 15-1 / 3-1 / 6-3).<br />
46 Heinrich Meyer-Benfey,1931, S. 306.<br />
47 Ursula Welsch <strong>und</strong> Michaela Wiesner, 1988, S. 289; vgl. S. 296.<br />
15
wie: das literarische Werk von Lou Andreas-Salomé nicht zu unterschlagen.<br />
Andererseits wäre es aber auch falsch, nur zwischen ihrem literarischen <strong>und</strong><br />
ihrem theoretisch-essayistischen Werk zu unterscheiden. Gerade innerhalb<br />
ihrer Essays lässt sich eine Wandlung feststellen. Ernst Pfeiffer spricht in<br />
dieser Hinsicht von der Alterssprache von Lou Andreas-Salomé. Und in<br />
seinem Vergleich zwischen dem Ibsen- <strong>und</strong> Rilkebuch bestätigt Heinrich<br />
Meyer-Benfey diese Auffassung. Man könnte daraus schließen, dass kennzeichnend<br />
für Lou Andreas-Salomés Sprache die Tendenz zu einer umständlichen,<br />
manchmal esoterischen Sprache sei. Diese würde ihrerseits ihren<br />
Hang zum Theoretischen verdeutlichen, eine Entwicklungsrichtung, die für<br />
das Werk von Lou Andreas-Salomé maßgebend ist <strong>und</strong> die nicht ohne Einfluss<br />
auf ihre literarische Schriften sein wird (siehe unter 3.3.).<br />
Lou Andreas-Salomés <strong>psychoanalytische</strong> Arbeiten sind von Bedeutung, ihre<br />
autobiographischen Aufzeichnungen sowie ihre Briefwechsel von Interesse,<br />
wie steht es aber mit ihren literarischen Schriften <strong>und</strong> Essays? Was kann<br />
einen dazu führen, Romane, Erzählungen, Novellen, Spiele von Lou Andreas-Salomé<br />
zu lesen? Ich möchte diese Frage im Rahmen eines Exkurses behandeln,<br />
der mich dann wieder zur Fragestellung der Kapitelüberschrift zurückführen<br />
wird.<br />
2.3. „Sie wissen doch nicht was Sie sagen!“<br />
Ich möchte hier kurz versuchen, Freuds Unbehagen in Sachen Literatur auf<br />
die Spur zu kommen. Die Überschrift gibt Worte wieder, die Lacan an Marguerite<br />
Duras richtete – in einem persönlichen Gespräch im Café Port Royal,<br />
als ihr Werk Le ravissement de Lol V. Stein (1964) damals erschienen war 48 .<br />
Anschließend an dieses Gespräch schrieb Lacan Hommage fait à Marguerite<br />
Duras, du Ravissement de Lol. V. Stein 49 , dort lesen wir:<br />
C’est précisément ce que je reconnais dans le ravissement de Lol V. Stein, où Marguerite<br />
Duras s’avère savoir sans moi ce que j'enseigne.<br />
Ich bin der Meinung, dass auch Sigm<strong>und</strong> Freud manchmal dies feststellen<br />
musste: der Dichter wisse, was die <strong>psychoanalytische</strong> Lehre besagt, doch er<br />
wisse es unabhängig von (manchmal sogar vor) ihm, Freud.<br />
48 In Jean Allouch, 1988, S. 166.<br />
49 Zugänglich in Ornicar?, Nr. 34, Juli 1985, S. 7-13. Der folgende zitierte Satz steht auf<br />
Seite 9.<br />
16
Bevor ich diese Frage angehe, möchte ich erwähnen, dass ich einen Verdienst<br />
der <strong>psychoanalytische</strong>n Forschung darin sehe, dass sie nicht nur die renommierten<br />
Werke würdigt, sondern auch den sogenannten mittelmäßigen Werken<br />
Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Zeit schenkt. Zum Beispiel, wer würde heute noch<br />
von Wilhelm Jensen sprechen, wenn ihm nicht Freud (1907) eine bedeutende<br />
Arbeit gewidmet hätte 50 ? In meinen Augen besteht ein Zusammenhang zwischen<br />
Sigm<strong>und</strong> Freud <strong>und</strong> Heinrich von Kleists “Satz aus der höheren<br />
Kritik” 51 :<br />
Es gehört mehr Genie dazu, ein mittelmäßiges Kunstwerk zu würdigen, als ein vortreffliches.<br />
Schönheit <strong>und</strong> Wahrheit leuchten der menschlichen Natur in der allerersten<br />
Instanz ein; <strong>und</strong> so wie die erhabensten Sätze am leichtesten zu verstehen sind<br />
(nur das Minutiöse ist schwer zu begreifen), so gefällt das Schöne leicht; nur das<br />
Mangelhafte <strong>und</strong> Manierierte genießt sich mit Mühe. In einem trefflichen Kunstwerk<br />
ist das Schöne so rein enthalten, dass es jedem ges<strong>und</strong>en Auffassungsvermögen, als<br />
solchem, in die Sinne springt; im Mittelmäßigen hingegen ist es mit soviel Zufälligem<br />
oder wohl gar Widersprechenden vermischt, daß ein weit schärferes Urteil, eine<br />
zartere Empfindung, <strong>und</strong> eine geübtere <strong>und</strong> lebhaftere Imagination, kurz mehr Genie<br />
dazu gehört, um es davon zu säubern. (...) Wer also Schiller <strong>und</strong> Goethe lobt, der gibt<br />
mir dadurch noch gar nicht, wie er glaubt, den Beweis eines vorzüglichen <strong>und</strong> außerordentlichen<br />
Schönheitssinnes; wer aber mit Gellert <strong>und</strong> Cronegk hie <strong>und</strong> da zufrieden<br />
ist, der lässt mich, wenn er nur sonst in einer Rede recht hat, vermuten, daß er<br />
Verstand <strong>und</strong> Empfindungen, <strong>und</strong> zwar beide in einem seltenen Grade besitzt.<br />
Folgender Satz von Freud rechtfertigt diese Verknüpfung:<br />
Dürfen wir wirklich den Versuch machen, den Dichter mit dem ,Träumer am helllichten<br />
Tag’, seine Schöpfungen mit Tagträumen zu vergleichen? Da drängt sich wohl<br />
eine erste Unterscheidung auf; wir müssen die Dichter, die fertige Stoffe übernehmen<br />
wie die alten Epiker <strong>und</strong> Tragiker, sondern von jenen, die ihre Stoffe frei zu schaffen<br />
scheinen. Halten wir uns an die letzteren <strong>und</strong> suchen wir für unsere Vergleichung<br />
nicht gerade jene Dichter aus, die von der Kritik am höchsten geschätzt werden,<br />
sondern die anspruchsloseren Erzähler von Romanen, Novellen <strong>und</strong> Geschichten, die<br />
dafür die zahlreichsten <strong>und</strong> eifrigsten Leser <strong>und</strong> Leserinnen finden. 52<br />
Wen mag wohl hier Sigm<strong>und</strong> Freud gemeint haben? Sicher den damals bekannten<br />
„großen Schweizer Dichter <strong>und</strong> unwissentlichen Paten“ 53 der Zeitschrift<br />
Imago, Carl Spitteler. Ferner den damals als Romanschriftsteller <strong>und</strong><br />
Publizist geschätzten Wilhelm Jensen. Sicher aber auch die von ihm ge-<br />
50 Siehe hierzu Urban <strong>und</strong> Cremerius’ Einleitung zu S. Freud, Der Wahn <strong>und</strong> die Träume in<br />
W. Jensens Gradiva, Frankfurt am Main, Fischer, 1973, S. 17.<br />
51 Heinrich von Kleist, Sämtliche Werke <strong>und</strong> Briefe, München, Hanser, 1983, Band 2, S.<br />
346-7.<br />
52 Sigm<strong>und</strong> Freud, “Der Dichter <strong>und</strong> das Phantasieren”, GW, Bd. VII, S. 219.<br />
53 Hans Sachs, “Carl Spitteler”, Imago, Wien, 1913, S. 73 (vgl. mit Hans Sachs, Imago,<br />
1914, S. 80 ff. <strong>und</strong> im Almanach der Psychoanalyse, 1926, S.54 ff.). Siehe ferner Ornicar?,<br />
Nr. 28, S. 28 ff.<br />
17
schätzte <strong>und</strong> auch als Schriftstellerin 54 angesprochene Lou Andreas-Salomé,<br />
die aus „den Höhen ... herab“ 55 zur Psychoanalyse gekommen war. Lou Andreas-Salomé<br />
war um die Jahrh<strong>und</strong>ertwende in der Tat eine wohlbekannte<br />
Persönlichkeit, eine „gern gelesene <strong>und</strong> angesehene Schriftstellerin“ 56 , eine<br />
anerkannte „philosophische Dichterin“ 57 . Als solche wurde sie dann auch von<br />
Sigm<strong>und</strong> Freud empfangen, unzweideutig <strong>und</strong> gewichtig sind seine Gedenkworte:<br />
Ich sage nicht zu viel, wenn ich bekenne, daß wir es alle als eine Ehre empfanden, als<br />
sie in die Reihen unserer Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitkämpfer eintrat, <strong>und</strong> gleichzeitig als eine<br />
neue Gewähr für den Wahrheitsgehalt der analytischen Lehren. 58<br />
Ich komme kurz auf Wilhelm Jensen zurück. Was stand denn damals für<br />
Sigm<strong>und</strong> Freud auf den Spiel? Wilhelm Jensens Werk erwies eine gewisse<br />
Nähe zur Psychoanalyse, es konnte auf eine Art <strong>psychoanalytische</strong> Einsichten<br />
veranschaulichen <strong>und</strong> ‚beweisen’. Es konnte also der Psychoanalyse einen<br />
Dienst leisten, indem es diese unterstützte. Doch schon in seiner Arbeit über<br />
Wilhelm Jensen bemüht sich Sigm<strong>und</strong> Freud hervorzuheben, dass beide Arbeitsmethoden,<br />
also die des Dichters <strong>und</strong> die des Psychoanalytikers, verschieden<br />
sind 59 . Diese Stellungnahme hat aber nicht nur einen strategischen<br />
Gr<strong>und</strong>, der etwa besagen würde: nun sei die Psychoanalyse genug entwickelt,<br />
um selbständig arbeiten zu können. Ich sehe eine weitere Begründung in der<br />
Tatsache, dass Sigm<strong>und</strong> Freuds Beziehung zu den Dichtern von einem Gefühl<br />
des Unbehagens geprägt ist 60 . Dieses Unbehagen wird von der „Bestimmung<br />
der Dichter (...) in der Phantasie die Wahrheit zu sehen, bevor sie mit<br />
dem Verstand klar erfasst wird“ ausgelöst 61 . Was sich hier im Hintergr<strong>und</strong><br />
versteckt, ist eindeutig die Frage der Priorität, <strong>und</strong> jeder weiß, wie empfindlich<br />
diesbezüglich Sigm<strong>und</strong> Freud war.<br />
Seine Beziehung zu Arthur Schnitzler könnte man hier erwähnen 62 . Ich ziehe<br />
es aber vor, auf Josef Popper-Lynkeus’ Phantasien eines Realisten (1899,<br />
Freud besaß die zweite Ausgabe von 1900) hinzuweisen. Josef Popper-<br />
54 Sigm<strong>und</strong> Freuds Brief an Lou Andreas-Salomé vom 9. Mai 1920, im Briefwechsel, S. 111.<br />
55 Sigm<strong>und</strong> Freuds Brief an Lou Andreas-Salomé vom Juli 1931, im Briefwechsel, S. 213.<br />
56 Ursula Welsch <strong>und</strong> Michaela Wiesner, 1988, S. X<br />
57 Anselma Heine, 1928.<br />
58 Sigm<strong>und</strong> Freud, “Lou Andreas-Salomé”, GW, Bd. XVI, S. 270. Vgl. Anm. Nr. 42.<br />
59 Siehe Sigm<strong>und</strong> Freud, GW, Bd. VII, S. 120-121. Freud verdeutlicht seine Position in einer<br />
Diskussion der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung (siehe hier unter 4).<br />
60 Über die besondere klinische Bedeutung dieses Wortes, siehe Jean-Bertrand Pontalis,<br />
“Freud”, Dictionnaire des oeuvres politiques, hrsg von François Châtelet, Olivier Duhamel<br />
<strong>und</strong> Evelyne Pisier, Paris, Puf, 1986, S. 253-64.<br />
61 F.C. Prescott, “Dichtung <strong>und</strong> Traum”, Journal of abnormal psychology, 1912, April-Juni,<br />
Vol. VII, Nr. 1 <strong>und</strong> 2. Hervorhebung von C. S. (weiter in dieser Arbeit als H. v. C. S.).<br />
62 Besonders praktisch ist das italienische Buch Arthur Schnitzler, Sulla psicoanalisi, Mailand,<br />
L’Altra Biblioteca, 1987; <strong>und</strong> dort die im Anhang aufgestellte -<strong>und</strong> sehr ausführliche-<br />
Bibliographie.<br />
18
Lynkeus (1838-1921) war ein Wissenschaftler, ein begabter Erfinder – dem<br />
Prioritätsprobleme ebenfalls bekannt waren, ein geschätzter Gesellschaftsreformer<br />
63 der ein einziges literarisches Werk hinterließ: Phantasien eines<br />
Realisten (geschrieben zwischen 1865 <strong>und</strong> 1898, 1898 veröffentlicht). Dieses<br />
Werk hatte einen großen Erfolg, es wurde mehrmals neu aufgelegt (zuletzt<br />
1980 im Erb Verlag in Düsseldorf), nachgewiesen ist z. B., dass es den jungen<br />
Kafka beeinflusste 64 . Aber welche Bedeutung hatte dieses Werk für Sigm<strong>und</strong><br />
Freud? Auf der einen Seite nahm es Sigm<strong>und</strong> Freuds Auffassung des<br />
Traumes vorweg:<br />
Ich weiß, wie überrascht ich seinerzeits war, als ich bei Ihnen als dem einzigen die<br />
Erkenntnis fand, dass die Traumentstellung die Folge einer Zensur sei. 65<br />
Auf der anderen Seite gibt Josef Popper-Lynkeus auch zu verstehen: Moses<br />
sei ein Ägypter (Sohn einer wilden Ehe des Pharaos mit einer Jüdin), ferner<br />
ist laut Josef Popper-Lynkeus’ Inszenierung Moses’ Sieg über den Pharao<br />
ein Vatermord 66 . Die Vorwegnahme von Sigm<strong>und</strong> Freuds Traumtheorie <strong>und</strong><br />
seiner Mosesauffassung verstehe ich als Motive, die jenes Unbehagen begründen<br />
<strong>und</strong> die auch erklären, warum Sigm<strong>und</strong> Freud Josef Popper-Lynkeus<br />
überhaupt nie begegnet ist. Ich bin der Meinung, dass die ‚Doppelgängerscheu’<br />
auf diese Erfahrung gründet, <strong>und</strong> dass sie sich in Sigm<strong>und</strong> Freuds<br />
Beziehung zu Arthur Schnitzler wiederholt, <strong>und</strong> sicher auch verarbeitet<br />
wird 67 .<br />
Was hier entscheidend ist: Josef Popper-Lynkeus war kein Dichter. Was<br />
Freud ferner „rettete“ 68 war, dass Josef Popper-Lynkeus diese Vorwegnahmen<br />
in seinem einzigen literarischen Werk zum Ausdruck gebracht hat. Sig-<br />
63 Siehe Josef Poppers-Lynkeurs Schriften Das Recht zu leben <strong>und</strong> die Pflicht zu sterben<br />
(1878) <strong>und</strong> besonders Die allgemeine Nährpflicht (1912). Hierzu Ingrid Belke, 1978 <strong>und</strong><br />
Sigm<strong>und</strong> Freuds Einführung zu Y. Doryon, Lynkeus’ New State (1940), GW, Nachtragsband,<br />
S. 784.<br />
64 Klaus Wagenbach, F. Kafka, eine Biographie seiner Jugend, 1883-1912, Bern, Francke,<br />
1958, S. 123-4.<br />
65 Sigm<strong>und</strong> Freud an Josef Popper-Lynkeus, Brief vom 4. August 1916, Briefe 1873-1939,<br />
Frankfurt am Main, Fischer, S. 330 – H. v. C.S..<br />
66 Sigm<strong>und</strong> Freud schildert im Brief an Lou Andreas-Salomé von 6. Januar 1935 seine<br />
Auffassung des “Mannes Moses” (S. 222-4). Vgl. mit dem Briefwechsel mit Arnold<br />
Zweig, der sich hier als unumgänglich erweist.<br />
67 In seinem Briefwechsel mit Arthur Schnitzler erklärt Freud, warum er Josef Popper-<br />
Lynkeus nie begegnet ist, <strong>und</strong> in diesem Zusammenhang fällt das Wort ‚Doppelgängerscheu’,<br />
das sich im Brief vom 14. Mai 1922 auf Arthur Schnitzler bezieht.<br />
68 Da sich Freud als ‚Forscher’ verstand, der ‚nichts anderes’ als die Analyse kann (Freud an<br />
Schnitzler, Brief vom 14. Mai 1922). Zu diesem Ergebnis kommt man, sobald man<br />
‚Freuds Akten’ in Sachen Jensen, Schnitzler <strong>und</strong> Popper-Lynkeus vergleicht. Weiteres<br />
über diesen letzten siehe Cornélius Heims Vorstellung <strong>und</strong> Jean Starobinskis Vorwort zu<br />
Josef Popper-Lynkeus, Fantaisies d’un réaliste, Paris, Gallimard, 1987.<br />
19
m<strong>und</strong> Freuds Beziehungen zu Dichtern waren aber nicht ausschließlich von<br />
diesem Doppelgängermotiv <strong>und</strong> von jenem Unbehagen bestimmt. Ich erinnere<br />
hier an Freuds schöne fre<strong>und</strong>schaftliche, väterliche Altersbeziehung mit<br />
Arnold Zweig, <strong>und</strong> an die Tatsache, dass mehrere Psychoanalytiker auch<br />
Dichter waren. Darunter: Tausk, Wittels <strong>und</strong> Winterstein. Zu diesen Figuren<br />
– also in der Reihe der Dichter, die Freud nahe standen <strong>und</strong> mit denen er<br />
täglich verkehrte – zählt selbstverständlich auch die „außerordentliche<br />
Frau“ 69 : Lou Andreas-Salomé. Dass in mancher Hinsicht all diese Leute ‚in<br />
der Schule bei Freud’ waren, also Freud gegenüber eine Schüler-Position<br />
einnahmen, dürfte vielleicht die Beziehung erleichtert <strong>und</strong> gefördert haben.<br />
Besonders erwähnenswert scheint mir die wenig beachtete Tatsache, dass –<br />
außer Arnold Zweig – alle auch als PsychoanalytikerInnen tätig waren.<br />
Könnte man daraus nicht neue Erkenntnisse gewinnen, was das Thema Psychoanalyse<br />
<strong>und</strong> Literatur betrifft?<br />
2.4. Und – vom Schicksal einer Konjunktion<br />
Lässt sich bei Lou Andreas-Salomé eine Entwicklung, die sie von der Schriftstellerin<br />
zur Psychoanalytikerin führen würde, nachweisen? Folgende Gedenkworte<br />
Freuds wurden herangezogen, um diese These zu unterstützen:<br />
Sie war von ungewöhnlicher Bescheidenheit <strong>und</strong> Diskretion. Von ihren eigenen poetischen<br />
<strong>und</strong> literarischen Produktionen sprach sie nie. Sie wusste offenbar, wo die<br />
wirklichen Lebenswerte zu suchen sind. 70<br />
Die meisten Kommentatoren <strong>und</strong> Herausgeber teilen diese Einstellung, sie<br />
beziehen sich dabei auf eine Aussage von Lou Andreas-Salomé, die in diese<br />
Richtung hinzuweisen scheint, die sich aber nicht so eindeutig interpretieren<br />
lässt. Ursula Welsch <strong>und</strong> Michaela Wiesner sehen dies ein, aber trotzdem<br />
behaupten sie, Lou Andreas-Salomé hätte „sich für die Psychoanalyse entschieden<br />
<strong>und</strong> aufgehört zu schreiben“, sie gehen sogar soweit, dass sie von<br />
einer „Abstinenz von der Schriftstellerei“ sprechen 71 . Ihr Versuch, diesen<br />
Weg zu rekonstruieren 72 , scheitert aber an einer falschen Auslegung der herangezogenen<br />
Zitate 73 . Im letzten Kapitel ihres Buches vertreten sie dann<br />
69 Sigm<strong>und</strong> Freud, GW, Bd. XVI, S. 270.<br />
70 Ibidem.<br />
71 Ursula Welsch <strong>und</strong> Michaela Wiesner, 1988, S. 288-9. Lou Andreas-Salomé erwähnt<br />
wohl in ihren Eintragungen ein ihr „verbotenen Schreibens wegen der <strong>psychoanalytische</strong>n<br />
Tätigkeit“ (S. 12) – siehe hier unten.<br />
72 Ursula Welsch <strong>und</strong> Michaela Wiesner, 1988, S. 287.<br />
73 Dies lässt sich bestens an ihrer Interpretation der autobiographischen Skizze “Im Spiegel”<br />
nachweisen: „Ihr Schreiben sei Notbehelf“ (op.cit., S. 288), dieses Wort gibt es aber überhaupt<br />
nicht, Lou Andreas-Salomé spricht stattdessen von einem „halb Schriftwerk, halb<br />
Netzwerk“. Diese Worte, die tel quel in “Von frühem Gottesdienst” erscheinen (S. 464)<br />
20
aber einen anderen Standpunkt 74 . Als erstes wird richtig an dem Ursprung<br />
von Lou Andreas-Salomés erzählerischem Werk erinnert, nämlich an jene<br />
frühe Fabulierlust. Folgerichtig wird dann behauptet: trotz des Abnehmens<br />
ihrer schriftstellerischen Arbeit – wegen ihrer <strong>psychoanalytische</strong>n Tätigkeit –<br />
hätte sich „das Bedürfnis zu erzählen nicht gänzlich unterdrücken“ lassen 75 .<br />
Lou Andreas-Salomés Worte drücken das folgendermaßen aus:<br />
Selten hab ich so oft geschrieben wie in diesem Jahr – nach etwa 20 Jahren mir verbotenen<br />
Schreibens wegen der <strong>psychoanalytische</strong>n Tätigkeit, deren Konzentration das<br />
stört. Freilich mit ein paar Inkonsequenzen zwischendurch; aber im vorigen Frühling<br />
gleich zwei Sachen <strong>und</strong>, noch soeben, um Sylvester, kleinere. Alte Stoffe alles, als<br />
hätten sie wegen meine Schweigegelübdes geduldig geruht <strong>und</strong> in sich gesammelt,<br />
was damals noch erst unterwegs zu mir war. Ich kann’s nicht anders ausdrücken – es<br />
war ein heißer Spaß, dies Sich-wiedersehn. 76<br />
Welche Texte sind hier gemeint? Neben den autobiographischen Aufzeichnungen<br />
handelt es sich – wenn man sich nach dem Entstehungsjahr richtet –<br />
um:<br />
Box 1:<br />
1917 Drei Briefe an einen Knaben<br />
1922 Der Teufel <strong>und</strong> seine Großmutter<br />
Die St<strong>und</strong>e ohne Gott<br />
1933 Jutta<br />
1934 Die Tarnkappe<br />
Ob das viel ist oder nicht, bleibe dahingestellt. Auf jeden Fall kann man nicht<br />
behaupten, Lou Andreas-Salomé hätte, seitdem sie Psychoanalytikerin ist,<br />
nichts <strong>Literarische</strong>s mehr geschrieben. Einen Punkt noch, so meine ich, haben<br />
Ursula Welsch <strong>und</strong> Michaela Wiesner nicht genügend hervorgehoben. Es<br />
hat den Anschein, als hätten sie mit diesem ‚Spätwerk’, eine „Umwälzung<br />
der literarischen Praxis“ bei Lou Andreas-Salomé erwartet. Demzufolge<br />
betonen sie nicht genug, wie es dagegen Cordula Koepcke tut, dass bei Lou<br />
<strong>und</strong> im gleichen Zusammenhang (Vgl. hier S. 12 <strong>und</strong> unter 3.1.), greifen auf das Schreiben<br />
des kleinen Mädchens von Salomé zurück. Dass sie trotzdem eine Chiffre für ihr<br />
Schreiben sind, habe ich schon erwähnt <strong>und</strong> werde darauf noch später zurückkommen.<br />
74 Vielleicht liegt der Gr<strong>und</strong> darin, dass Michaela Wiesner die vier ersten Kapitel <strong>und</strong> Ursula<br />
Welsch die drei letzten verfasste (vgl. op. cit., S. XIII).<br />
75 Op. cit., S. 362.<br />
76 Eintragungen, S. 12 (vgl. mit Lebensrückblick, S. 215).<br />
21
Andreas-Salomé eine Kontinuität waltet, <strong>und</strong> zwar nicht nur im Rahmen ihrer<br />
literarischen Schriften, sondern innerhalb ihres ganzen Werkes. In der Tat<br />
war <strong>und</strong> blieb – wie ich noch zeigen werde – bei ihr das <strong>Literarische</strong> mit dem<br />
Theoretischen <strong>und</strong> Wissenschaftlichen stets verb<strong>und</strong>en.<br />
In einem sehr schönen Text, der auch 1933 separat im Almanach veröffentlicht<br />
wurde unter dem Titel “Der Kranke hat immer recht”, kommt Lou Andreas-Salomé<br />
auf die Frage zurück 77 , was Psychoanalytiker <strong>und</strong> Dichter vereint<br />
<strong>und</strong> trennt. Er folgt direkt ihrem so oft zitierten Gedanken „Menschenleben<br />
– ach! Leben überhaupt – ist Dichtung”. Ich zitiere den betreffenden<br />
Auszug in seiner Ganzheit, denn er endet mit einem Bilde, das Lou Andreas-Salomés<br />
Tätigkeit als Psychoanalytikerin <strong>und</strong> als Schriftstellerin evoziert:<br />
Aber mir wurde daran vollends klar, was sich mir schon oft aufgedrängt hatte: warum<br />
in der erwähnten Gegenübertragung des Analytikers auf den Analysanden, in der Art<br />
seines Interesses für ihn, etwas überraschend Analoges sich findet vom Verhältnis des<br />
Dichters zu seinen Gestaltungen. Es ist jener Grad an Objektivität, Neutralität, bei<br />
restloser Drangabe, die, unterirdisch, unwissentlich, ganz <strong>und</strong> gar auf letzter menschlicher<br />
Gleichheit beruht. Deshalb unberührt bleibt vom Umstand, ob sich da etwas<br />
gestaltet, was, bei individueller Wahlfrage, abgelehnt würde, ob nicht geradezu abstoßende<br />
Züge, eifrig aufgedeckt <strong>und</strong> eingezeichnet, sich daran k<strong>und</strong>tun, – von uns<br />
selber, ganz rücksichtslos in bezug darauf, bleibt jene affektlose Verb<strong>und</strong>enheit, die<br />
z.B. macht, daß man empört Jemandem an die Gurgel springen möchte, der von einer<br />
so geschaffenen, beschaffenen Gestalt angewidert, äußern wollte, sie sei ihm lediglich<br />
verächtlich. Man könnte die zwei Arten der Bezogenheit zum Objekt – bei Analytiker<br />
<strong>und</strong> Dichte – als unvergleichbar ansehen, trotz diesem gleichen Absehen vom<br />
‚bitte recht fre<strong>und</strong>lich’ des Photographen, trotz diesem zuversichtlichen Sichhineinversetzen<br />
in die innere Lage eines Menschen, gleichviel wie sie sei, als läge sie in<br />
jedem Fall richtig zu einem selber; man könnte an der Gegensätzlichkeit der beiden<br />
Methoden Anstoß nehmen, als einer möglichst analytisch <strong>und</strong> einer möglichst synthetisch<br />
gerichteten. Und dennoch besagt deren Gegensätzlichkeit im wesentlichen nur,<br />
daß das eine Mal ein Gewebe nach seiner Linksseite betrachtet wird, auf den Verlauf<br />
der einzelnen Fäden, deren Verschlingungen <strong>und</strong> Knotenpunkte – <strong>und</strong> das andere Mal<br />
auf das Totalmuster der Rechtsseite <strong>und</strong> dessen übersichtlichen Eindruck. 78<br />
Hier spricht Lou Andreas-Salomé unmittelbar aus ihrer eigenen Erfahrung –<br />
als Dichterin <strong>und</strong> als Psychoanalytikerin – heraus. Anhanden des Gegenübertragungsbegriffs<br />
<strong>und</strong> der Bezogenheit zum Objekt stellt sie eine Gemeinsamkeit<br />
der dichterischen <strong>und</strong> der <strong>psychoanalytische</strong>n Verarbeitung dar. Diese<br />
Interpretation sehe ich als einen neuen Beitrag zur Diskussion ‚Literatur <strong>und</strong><br />
(bzw. versus) Psychoanalyse’. Dasselbe gilt von ihrem Gewebe-Bild, das<br />
eigentlich als Emblem ihres eigenen Werkes gelten könnte, es fasst Sigm<strong>und</strong><br />
77 Vgl. mit Sigm<strong>und</strong> Freuds (1907) Abhandlung über Wilhelm Jensen, GW, Bd. VII, S. 120.<br />
78 Mein Dank an Freud, S. 14-5 oder im Almanach, 1933, S. 42-3.<br />
22
Freuds Ansicht über den Unterschied zwischen Dichtung <strong>und</strong> Literatur 79<br />
plastisch zusammen.<br />
Dieses Bild scheint mir auf einen bestimmten Punkt hinzudeuten, der etwa<br />
der Aufhebung eines ‚<strong>und</strong>’ gleichkommen würde. Assoziationsartig 80 möchte<br />
ich folgende Worte, die an Louis Beirnaert erinnern, erwähnen:<br />
Jésuite et psychanalyste? Si, à l’instar d’Ignace, Louis Beirnaert racontait le récit de<br />
sa vie, “ce serait”, disait-il, “le récit de ce qui s'est passé dans mon âme, jusqu’au<br />
moment où, dans la désolation, je me suis rendu compte qu’à me nommer jésuite et<br />
psychanalyste, le et était de trop”. 81<br />
Ich möchte betonen, dass es sich hier nicht so sehr um die Verknotung von<br />
Psychoanalyse <strong>und</strong> Religion handelt, als vielmehr um den persönlichen Lebenslauf,<br />
also um die existentielle Erfahrung des Menschen, der im Fall von<br />
Louis Beirnaert (weitere Beispiel wären hier Michel de Certeau <strong>und</strong> Marie<br />
Balmary) Psychoanalytiker <strong>und</strong> Christ ist – wobei das <strong>und</strong> auf eine Art aufgehoben<br />
wird 82 . Diese Erfahrung findet natürlich ihren Niederschlag in den<br />
wissenschaftlichen Arbeiten der erwähnten Personen. Im Falle Beirnaerts in<br />
einer <strong>psychoanalytische</strong>n Interpretation von religiösen Erfahrungen (siehe<br />
z.B. seine Deutung von Loyola), wobei sich diese nicht als Illusionen erweisen<br />
aber als „Erfahrung von Gott als das Andere“ 83 .<br />
79 Siehe oben <strong>und</strong> im letzten Kapitel (Protokoll vom 13. März 1909).<br />
80 Ich gebe zu, dass mir diese Antwort als Assoziation in den Sinne kam. Assoziation vom<br />
Schicksal von zwei Figuren ...<br />
81 Aus Daman <strong>und</strong> Lehmanns Vorwort zu Louis Beirnaert, 1987.<br />
82 Im Sinne von Gaston Bachelard, La philosophie du non, Paris, Puf, 1940.<br />
83 Siehe Louis Beirnaert, 1987 <strong>und</strong> André Godin, 1981.<br />
23
3. <strong>Literarische</strong> <strong>und</strong> wissenschaftliche Arbeit. Das Werk<br />
von Lou Andreas-Salomés zwischen Konstruktion <strong>und</strong><br />
Rekonstruktion<br />
3.1. Versuch, ein Interpretationsschema herauszuarbeiten<br />
In einem Vortrag vom 6. Dezember 1907 behandelte Sigm<strong>und</strong> Freud das<br />
Thema “Der Dichter <strong>und</strong> das Phantasieren” 83 . Zwei Probleme werden hier<br />
behandelt: einerseits den Ursprung der dichterischen Stoffwahl, andererseits<br />
die Erklärung der im Leser hervorgebrachten Affektwirkungen. Zum ersten:<br />
Sigm<strong>und</strong> Freud schlägt einen Umweg vor: beim spielenden Kinde sieht er<br />
„die ersten Spuren dichterischer Betätigung“ 84 . Beim Heranwachsenden werden<br />
dann Dichtung <strong>und</strong> Tagtraum 85 als Ersatz jenes einstigen kindlichen<br />
Spielens gelten. Sigm<strong>und</strong> Freuds These könnte man also wie folgt zusammenfassen:<br />
die Phantasien seien der Urstoff (Rohstoff) einer Dichtung. Zum<br />
zweiten: Die besondere Wirkung eines Kunstwerks, im Gegensatz zur Reaktion<br />
auf bloße Phantasien eines Tagträumers, erklärt sich aus der Ars poetica.<br />
Diese besteht – laut Sigm<strong>und</strong> Freud – aus einer Abänderung <strong>und</strong> Verhüllung<br />
des Inhalts der Phantasie, <strong>und</strong> aus einer Durchformung, die Vorlust erweckt<br />
86 . Demzufolge möchte ich folgendes Schema des dichterischen Schreibens<br />
vorschlagen: Spiel ⇒ Phantasie ⇒ Kunstwerk. Beim Lesen würde man<br />
den selben Weg – nur eben rückwärts – folgen.<br />
Dieses Interpretationsschema lässt sich durch eine Aufzeichnung von Lou<br />
Andreas-Salomé ergänzen. Im Rahmen einer Diskussion der Infantilneurosen<br />
befasst sich Lou Andreas-Salomé mit der Frage der Urszene; diese versteht<br />
sie als ein Urerlebnis des Kindes (in einem gewissen Sinn umdeutet sie hier<br />
die übliche Bedeutung, in dem sie dem Urerlebnis keinen unbedingten sexuellen<br />
Wert gibt). Diese Aufzeichnung, die Ernst Pfeiffer in seinen Erläuterungen<br />
zum Briefwechsel mit Sigm<strong>und</strong> Freud veröffentlichte, ist nicht datiert.<br />
Sie stammt aber mit Sicherheit aus der Zeit vor 1919, sie fällt also in die<br />
Anfangszeit von Lou Andreas-Salomés Praxis als Psychoanalytikerin. Mit<br />
diesem Thema (Urszene) beschäftigte sie sich später noch öfters. Nicht nur<br />
ihre Lebensphilosophie, ihre besondere Auffassung des Narzissmus erklären<br />
83 Sigm<strong>und</strong> Freud, GW, Bd. VII, S. 213-223.<br />
84 Ibidem., S. 214.<br />
85 Hier vollzieht Sigm<strong>und</strong> Freud eine „Gleichsetzung des Dichters mit dem Tagträumer, der<br />
poetischen Schöpfung mit dem Tagtraum“, ibidem, S. 221.<br />
86 Sigm<strong>und</strong> Freud entwickelte diese Theorie der Vorlust in seiner Arbeit über den Witz (GW,<br />
Bd. VI, siehe den letzten Teil des IV. Kapitels) <strong>und</strong> in seinen Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie,<br />
(GW, Bd. V).<br />
25
dies, man muss auch daran erinnern, dass sie Sandor Ferenczi sehr nahe<br />
stand 87 , der ungarische Psychoanalyst der gegen Ende seines Lebens gerade<br />
Sigm<strong>und</strong> Freuds Verführungstheorie ‚auffrischte’ 88 . So kommt es auch dazu,<br />
dass in mehreren Briefen an Sigm<strong>und</strong> Freud Lou Andreas-Salomé diesen<br />
Punkt berührt (mit unmittelbarem Bezug auf ihre Praxis). Ihre Aufzeichnung,<br />
wie es bei ihr oft der Fall ist, arbeitete sie in einem Brief an Sigm<strong>und</strong> Freud<br />
(vom 30. Januar 1919) ein, auf den Sigm<strong>und</strong> Freud schlicht antwortete: „An<br />
Ihren Bemerkungen zur Infantilneurose habe ich wieder Ihre Kunst, fortzusetzen<br />
<strong>und</strong> zusammenzusetzen, bew<strong>und</strong>ern dürfen“ 89 . Da ihre Aufzeichnung<br />
um einiges klarer, verständlicher <strong>und</strong> deutlicher ist, ziehe ich es vor, diese<br />
Fassung wiederzugeben:<br />
Mir stellt sich die Frage ‚phantastisch’ oder ‚real’ sogar noch anders, <strong>und</strong> noch<br />
Freudischer, nämlich gar nicht als ein Entweder-Oder überhaupt, sondern so, als<br />
nähme beides miteinander zu <strong>und</strong> ab. Ich denke mir, daß die Ausganglibido, die narzißtische,<br />
wo sie lange beharrt, anstatt großenteils in die Objektlibido hinein zu verschwinden,<br />
der Phantasie bedarf als des ihr gebliebenen Mittels um Objektlibido zu<br />
ersetzen <strong>und</strong> auf ihrer Linie sich Entwicklung zu leisten: so in den Fällen der Künstlerentwicklungen,<br />
aber auch in denen der neurotischen Verwicklungen. Mir scheint<br />
die phantasiegenährte Künstlerlibido deshalb auch kein eigentliches Sublimationsprodukt,<br />
sondern eben nur die Art normal d.h. ins Geistige weiterentfalteten Narzißmus<br />
(...). Er geht immer ganz vom Libidoboden aus, den er nie verließ. Und so wichtig<br />
die Phantasie hier wird, so wichtig aber auch das Urerlebnis ein einziger objektiver<br />
Untergr<strong>und</strong> (...). Für den Narzißmus ist es ja so bezeichnend, daß Phantasie <strong>und</strong><br />
Realität hier zu identischer Bedeutsamkeit kommen, indem sich ihm Welt <strong>und</strong> Ich noch<br />
nicht als Zweierlei unterscheidet <strong>und</strong> etwas hiervon dem schöpferischen Narzißmus in<br />
allen Geist hinein als Kennzeichen verbleiben muß. Hat Freud betont (von jeher), das<br />
Künstlerische erschließe uns lustgebend das Verdrängte, so läßt sich hinzufügen:<br />
nicht nur um des Verdrängten willen lustgebend – noch mehr vielleicht um des darin<br />
wiedergewonnenen Objektiven der Urerlebnisse: eben derer, die nicht an Objektlibido<br />
wenigstens indirekt auflebten, sondern erst unter der Machtberührung der Phantasie,<br />
<strong>und</strong> sodann bis in allen bewußten Geist hinauf, wiedererschlossen sind – <strong>und</strong> nun<br />
damit unsere objektlibidinös verengte Persönlichkeit weiten, ausweiten, um Bezirke,<br />
die einst ihr zugesprochen waren <strong>und</strong> jetzt erst ihr wieder zufallen. 90<br />
An dieser Passage lässt sich sehr schön zeigen, wie Lou Andreas-Salomé ihre<br />
Auffassung des Künstlerischen in ihrer Interpretation des Narzissmus verankert<br />
ohne den Boden der Libido zu verlassen. Ihr Beitrag zum freudischen<br />
Interpretationsschema besteht darin, dass die Phantasietätigkeit des Künstlers,<br />
im Anschluss an die narzisstische Künstlerlibido, einen Zugang zu ei-<br />
87 Diesbezüglich siehe Ernst Pfeiffers Anmerkungen im Briefwechsel sowie Ursula Welsch<br />
<strong>und</strong> Michaela Wiesner.<br />
88 Siehe Jeffrey M. Masson, 1984 <strong>und</strong> Jean Laplanche, 1988.<br />
89 S. 100. Diese Antwort ist für Sigm<strong>und</strong> Freud typisch; vgl. mit den Seiten 29,31, 35-36, 38,<br />
40, 50, 68, 75, 90, 105, 125, 158, 188, 202, 213.<br />
90 Im Briefwechsel, S. 263-4.<br />
26
nem ‚Urerlebnis’ ermöglicht, <strong>und</strong> diesem einen ‚Realkern’ 91 gibt. Ich versuche<br />
nun das eben Ausgeführte schematisch darzustellen:<br />
Box 2: Auffassung des Künstlerischen bei Freud <strong>und</strong> Andreas-Salomé<br />
Sigm<strong>und</strong> Freud<br />
Lou Andreas-Salomé<br />
Reales Urerlebnis<br />
Spiel<br />
Phantasie Phantasie<br />
Dichtung Kunst<br />
Dieses vergleichende Schema zeigt wodurch – also dem ‚Ursprung’ näher<br />
kommend – Lou Andreas-Salomé Sigm<strong>und</strong> Freuds Ansatz weiterführt.<br />
In einem anderen Zusammenhang 92 <strong>und</strong> ohne auf Lou Andreas-Salomés<br />
Ansatz zurückzugreifen, versucht von Peter von Matt 93 dieses Schema genauer<br />
zu formulieren <strong>und</strong> auszuarbeiten. Sein Beitrag besteht darin, einen<br />
Faktor zu suchen, „der jener homogenen Achse Traum / Tagtraum / Spielen /<br />
literarische Erfindung nicht integriert, aber doch beigeordnet ist ...“ (S. 199).<br />
Er bezeichnet diesen als „das im kreativen Prozess vorphantasierte Werk“ (S.<br />
200), eine Art ‚Metaphantasie’, die man, soweit sie nichts anderes zum Inhalt<br />
hat als das fertige Werk, eine ‚Opus-Phantasie’ nennen könnte. Besonders<br />
interessant ist von Peter von Matts Auffassung der Opus-Phantasie als einer<br />
„Schaltstelle zwischen Ich-Phantasien einerseits, literarisch-formalen Traditionen<br />
<strong>und</strong> sozialen Zwängen andererseits“ (S. 205).<br />
Vorwegnehmend möchte ich hier erwähnen, dass im Fall von Lou Andreas-<br />
Salomé, die Ich-Phantasie in ihrem Werk vorzuherrschen scheint <strong>und</strong> dass ihr<br />
Werk durch klassisch literarische Traditionen oder soziale Zwänge nicht<br />
besonders beeinflusst ist. Wenn man ferner bedenkt, dass von Peter von<br />
Matts Ansatz der Bemühung entspricht, die Phantasie mit dem spezifisch<br />
<strong>Literarische</strong>n, also mit den besonderen Bedingungen der Produktion von<br />
Kunst in Einklang zu bringen, so scheint diese Bemühung, sei es bei Sigm<strong>und</strong><br />
Freud, sei es bei Lou Andreas-Salomé, nicht so sehr anwesend zu sein.<br />
91 Aus ihrem Brief an Sigm<strong>und</strong> Freud vom 30. Januar 1919, S. 98.<br />
92 Ob eine geschlechtsspezifische Phantasie in der Literatur anzutreffen sei.<br />
93 Peter von Matt, “Die Opus-Phantasie”, Psyche, Stuttgart, Klett-Cotta, März, 1979, S. 193-<br />
212.<br />
27
Dies ist besonders bei Lou Andreas-Salomé auffällig, <strong>und</strong> lässt sich aus ihrer<br />
Auffassung einer engen Verknotung zwischen Leben <strong>und</strong> Dichtung ableiten.<br />
Hier noch einmal das von mir zusammengestellte Interpretationsschema,<br />
ergänzt von Peter von Matts Ansatz <strong>und</strong> durch Jacques Lacans Umschreibung:<br />
Box 3: Auffassung des Künstlerischen bei Freud, Andreas-Salomé, Lacan <strong>und</strong> von<br />
Matt<br />
28<br />
Sigm<strong>und</strong> Freud<br />
Lou Andreas-Salomé<br />
Jacques Lacan<br />
Peter von Matt<br />
reales Urerlebnis S ---------- A<br />
Spiel<br />
Phantasie Phantasie S ◊ a Metaphantasie<br />
Dichtung Kunst Dichtung<br />
3.2. Kennzeichen des Werkes von Lou Andreas-Salomé<br />
Wenn jemand mit dem Werk von Lou Andreas-Salomé vertraut ist, so fällt<br />
ihm, bei der Lektüre von Sigm<strong>und</strong> Freuds Vortrag “Der Dichter <strong>und</strong> das<br />
Phantasieren”, sofort ihre kleine autobiographische Skizze “Im Spiegel”<br />
(1911) ein. Man könnte sich sogar fragen, ob Sigm<strong>und</strong> Freuds Worte nicht<br />
ein Kommentar zu dieser Skizze seien. In ihrem Lebensrückblick greift Lou<br />
Andreas-Salomé auf diese Skizze zurück <strong>und</strong> arbeitet sie aus. Sie spricht dort<br />
sehr ausführlich von ihrem ‚Phantasieverhältnis’ (zu ihrem Kinder-Gott) <strong>und</strong><br />
von ihrem ‚Phantasietreiben’ als Kind, das sie mit folgenden Worten zusammenfasste:<br />
Dem Lieben Gott berichtete ich übrigens, nachts im Dunklen, nicht nur von mir: ihm<br />
erzählte ich (...) ganze Geschichten. Mit diesen Geschichten hatte es eine eigene<br />
Bewandtnis. Sie erscheinen mir herausgeboren aus der Notwendigkeit, zum Gott auch<br />
noch die ganze Welt hinzuzufügen, die in aller Breite ja vorhanden war neben unserer<br />
insgeheimen, <strong>und</strong> von deren Wirklichkeit mich dieses Extraverhältnis sonst eher<br />
ablenkte, als daß es mich in ihr voll beheimatet hätte. Nicht zufällig also entnahm ich<br />
den Stoff der Geschichten wirklichen Begebenheiten oder Begegnungen mit Menschen,<br />
Tieren oder Gegenständen; fürs Märchenartige war ja durch den Gott-Zuhörer<br />
schon genügend gesorgt, es brauchte nicht betont zu werden; im Gegenteil handelte<br />
es sich einzig darum, sich von der Wirklichkeit, sozusagen exakt, zu überzeugen. 94<br />
94 Lebensrückblick, S. 14.
Diese Passage zeigt sehr schön die frühe Verknotung 95 von Spiel – Phantasie<br />
– Erzählen – Schreiben, <strong>und</strong> wie Lou Andreas-Salomé jenes reale Urelebnis<br />
auffasste. Es ist auch hier in Erwägung zu ziehen, dass dieser Gott der Kindheit<br />
die Funktion einer poetischen Inspirationsinstanz hat. Statt der Musen,<br />
die üblicherweise an dieser Stelle herangerufen werden, tritt hier Gott in den<br />
Vordergr<strong>und</strong>. Man könnte hier von einem Musengott sprechen, nur müsste<br />
man darunter nicht – wie in Jean Pauls Kardinalroman Titan – den Musen-<br />
<strong>und</strong> Sonnengott Apollon verstehen, sondern den Gott der christlichen Tradition,<br />
der hier als Muse fungieren würde. Dementsprechend könnte man Lou<br />
Andreas-Salomés bedeutungsvolle Erfahrung des Gottverlustes 96 mit jener<br />
Erfahrung, die Goethe schildert vergleichen:<br />
alle neun, sie winken mir oft, ich meine die musen;<br />
doch ich achtet es nicht, hatte das mädchen im schoss;<br />
nun verliesz ich mein liebchen; mich haben die musen verlassen,<br />
<strong>und</strong> ich schielte verwirrt, suchte nach messer <strong>und</strong> strick.<br />
doch von göttern ist voll der olymp; du kamst mich zu retten<br />
langeweile ! du bist mutter der musen gegrüszt. 97<br />
Wie die Musen einem winken, so können sie auch einen verlassen, gerade<br />
dies erlebte Lou Andreas-Salomé als Kind in ihrer Beziehung zu Gott. Entscheiden<br />
aber für ihre spätere schriftstellerische Tätigkeit war, dass sie nach<br />
diesem Gottesverlust ihre Gewohnheit ‚Geschichten zu erzählen’ trotzdem<br />
weitergeführt hat. Eine Tätigkeit, die sich zu jenem „halb Schriftwerk, halb<br />
Netzwerk“ entwickelte 98 . In diesem Infantilen 99 <strong>und</strong> Märchenhaften finden<br />
sich also die ersten Spuren von Lou Andreas-Salomés Schreiben. Spuren, die<br />
bis zu den letzten Dichtungen reichen, etwa Die Tarnkappe <strong>und</strong> Der Teufel<br />
<strong>und</strong> seine Großmutter. Hier findet sich nämlich dieses Märchenhafte wieder,<br />
für das sich Lou Andreas-Salomé stets interessierte, <strong>und</strong> das praktisch ihr<br />
ganzes Schreiben kennzeichnet 100 . Märchen <strong>und</strong> Phantasie waren ihr also von<br />
Kindheit an von Bedeutung, <strong>und</strong> die früh eingetretene Vernichtung ihrer<br />
Fiktion durch Lebenserfahrung gleichte sich damit aus, dass ihre Lebenserfahrungen<br />
ihr den fiktiven Charakter ihrer Erzählungen <strong>und</strong> Romane schenkten.<br />
95 Ein bildhaftes Wort, das an Jacques Lacan mahnt, das aber Lou Andreas-Salomé öfters<br />
gebraucht.<br />
96 Siehe hierzu ihre Eintragungen, S. 16, <strong>und</strong> dort vor allem was sie über die Rolle der<br />
Phantasie schreibt.<br />
97 In Deutsches Wörterbuch von J. <strong>und</strong> W. Grimm hrsg, München, DTV-reprint 1984, Bd.<br />
12, S. 27-36.<br />
98 “Im Spiegel”, (S. 88, unten) <strong>und</strong> “Von frühem Gottesdienst”, (S. 464, vorletzte Zeile).<br />
Vgl. hier unter 2.4.<br />
99 Für Lou Andreas-Salomé ein positiver Begriff.<br />
100 So kommt es auch sehr klar zum Ausdruck in ihrem Briefwechsel mit Sigm<strong>und</strong> Freud –<br />
siehe ferner auch ihr Buch, Briefe an einen Knaben.<br />
29
Man kann sich aber mit Recht fragen, ob – nachdem ihr Gott nicht mehr da<br />
war – dieses „Im Zwiegespräch sein mit ...“ je aufgehört hat. Dass bereits bei<br />
der kleinen Lou von Salomé das Erzählen ein „sich richten an ...“ ist, <strong>und</strong><br />
dass es von da an stets einen Adressaten hat, dass dieser im Erzählen selber<br />
anwesend ist, entspricht einer besonderen Eigenschaft von Lou Andreas-<br />
Salomé, einer solchen nämlich, die ihren Niederschlag in ihren Werken findet.<br />
Hier nur zwei Beispiele. Dieses Merkmal kennzeichnet die Hauptfigur<br />
der Erzählung Jutta, die ihren Bruder vermisst, jedoch stets mit ihm im<br />
Zwiegespräch ist. Ferner ist es auch im Briefwechsel mit Sigm<strong>und</strong> Freud,<br />
„das Vatergesicht über meinem Leben“ sagte Lou Andreas-Salomé 101 , allgegenwärtig.<br />
Es wurde mit Recht behauptet, charakteristisch für das ganze Werk von Lou<br />
Andreas-Salomé sei ihr Bestreben, stets „in die letzte Tiefe der Sache <strong>und</strong><br />
ihre unauflösliche Problematik hineinzuleuchten“ 102 . Keine fertige Lösungen<br />
bietet ihr Werk, denn „was Lou Andreas gibt, ist nicht das Porträt einer Seele,<br />
sondern deren Spannung zur Welt, zu einer anderen Seele“ 103 . Diese Gr<strong>und</strong>tendenz<br />
zeigt sich ins besondere an den literarischen Darstellungen der Begegnungen;<br />
eigentlich bilden diese das Merkmal Lou Andreas-Salomés<br />
Schriften. Begegnungen, ein Wort, das Lou Andreas-Salomés ganze Biographie<br />
zusammenfasst, das ihr ganzes Werk bestimmt <strong>und</strong> dessen Ursprung in<br />
jener Begegnung mit Gott zu suchen ist. Ich habe ja erwähnt, wie die ersten<br />
Schritte im Reich des Erzählens <strong>und</strong> des Schreibens auf dem Boden ihrer<br />
Begegnung (sie spricht auch von ihrem ‚Umgang’) mit – ihrem – Gott fußen.<br />
Eine für sie stets maßgebende <strong>und</strong> wiederkehrende Erfahrung 104 , die ihr Bedürfnis<br />
ausdrückt, sich der verlorenen Einheit wieder zu nähern. An dieses<br />
Erlebnis knüpfen ihre Lebensphilosophie <strong>und</strong> ihre Auffassung vom Narzissmus<br />
an. Die ersten Zeilen ihres Lebensrückblicks, mit der Kapitelüberschrift<br />
“Das Erlebnis Gott”, versuchen dafür Worte zu finden:<br />
Unser erstes Erlebnis ist, bemerkenswerter Weise, ein Entschw<strong>und</strong>. Eben noch waren<br />
wir alles, unabgeteilt, war unabteilbar von uns irgendwelches Sein – da wurden wir<br />
ins Geborenwerden gedrängt, wurden zu einem Restteilchen davon, das fortan bestrebt<br />
sein muß, nicht in immer weitergehende Verkürzungen zu geraten, sich zu<br />
behaupten an der sich immer breiter vor ihm aufrichtenden Gegenwelt, in die es aus<br />
seiner Allfülle fiel wie in – zunächst beraubende – Leere.<br />
Dieses ursprüngliche Gotteserlebnis, der darauf folgender Gottesverlust – ein<br />
Riss, der „mit Hilfe der Phantasie“ überbrückbar ist 105 – werden sich in Lou<br />
101 Im Brief an Freud vom 4. Mai 1935, im Briefwechsel, S. 227.<br />
102 Heinrich Meyer-Benfey,1931, S. 306.<br />
103 Theodor Heuss,1908, S. 12.<br />
104 Der persönliche Gott (siehe André Godin, 1981) wird vom Gottmensch (L.A.-S.) auf eine<br />
Art abgelöst.<br />
105 Im Lebensrückblick, S. 9.<br />
30
Andreas-Salomés eindrucksvollen Erfahrungen der ‚Fre<strong>und</strong>schaften’ wiederfinden,<br />
als Nachwirken, Wiederholen <strong>und</strong> Aufarbeiten 106 des Schicksals jener<br />
‚Urkindheit’ 107 . Etwa folgende Reihenfolge könnte man sich ausdenken: Gott<br />
als ‚Vater’, Hendrik Gillot (der Gottmensch) als Erzieher, Paul Rée als<br />
Fre<strong>und</strong>, Friedrich Carl Andreas als Gatte, (...). Denkt man ans Nietzsche- <strong>und</strong><br />
Rilkebuch, an Mein Dank an Freud, an Essays, die das Kennzeichen solcher<br />
Erfahrungen deutlich verraten, <strong>und</strong> an etliche ihre literarischen Schriften – ja,<br />
man könnte hier praktisch jedes Werk heranziehen 108 –, so bleibt man davon<br />
beeindruckt, wie alle Begegnungen von Lou Andreas-Salomé in ihren Büchern<br />
ihren Ausdruck finden. Über diesen ihren, <strong>und</strong> wenn nicht einmaligen<br />
jedoch besonderen, Hang gibt Lou Andreas-Salomé folgende Erklärung, die<br />
auf ihrer Auffassung vom Leben als Dichtung fußt:<br />
Denn was bedeutet Menschennähe überhaupt? Eine Zusammenkunft, die anderswohin<br />
reicht, als wir gewusst haben (...). Was wirklich davon berichtbar bleibt, wird dies<br />
schon teilweise nur mittels jener indirekten Äußerungsweise, in der poetische Elemente<br />
mittätig werden: es wäre im Gr<strong>und</strong>e des Wesens bereits, weil erlebt, auch schon<br />
gedichtet. 109<br />
Um das Werk von Lou Andreas-Salomé zu charakterisieren, ist mir das Wort<br />
‚Begegnungen’ zu allgemein, deshalb möchte ich hier versuchen, es als Erfahrung<br />
der Liebe, Liebe einerseits als Mutterschaft <strong>und</strong> andererseits als<br />
Fre<strong>und</strong>schaft, zu deuten.<br />
Da ich nicht alle literarischen Schriften von Lou Andreas-Salomé heranziehen<br />
kann, stellt sich die Frage nach einer Auswahl. Man könnte hier formal<br />
vorgehen, <strong>und</strong> Werke behandeln, die einer gleichen Gattung 110 angehören.<br />
Man könnte sich auch auf Schriften beschränken, denen ein Motiv gemeinsam<br />
ist 111 . Ich möchte hier einen dritten Weg gehen <strong>und</strong> den Versuch wagen,<br />
mich an eine Periodisierung der fiktionalen Werke von Lou Andreas-Salomé<br />
zu halten 112 <strong>und</strong> in diesem Rahmen eine Auswahl treffen.<br />
Die ersten Schriften von Lou Andreas-Salomé, ihre autobiographischen Aufzeichnungen<br />
– die einen Rückblick auf diese erste Arbeitsperiode geben –<br />
sprechen alle von einer „Erschütterung“ 113 , von einer „Tragödie des Erwachens<br />
aus der Illusionsbeglückung durch die Erkenntnis der Lebenswahr-<br />
106 Siehe Sigm<strong>und</strong> Freud, “Erinnern, Wiederholen <strong>und</strong> Durcharbeiten”, GW, Bd. X.<br />
107 Ibidem.<br />
108 Im Kampf um Gott (Nietzsche <strong>und</strong> Rée), Ruth (Gillot), Fenitschka (Wedekind), Jutta<br />
(Beer-Hofmann), Die Tarnkappe (Rilke).<br />
109 Im Lebensrückblick, S. 95 (Hervor. von Lou Andreas-Salomé – ich unterstreiche).<br />
110 Siehe Anhang A.<br />
111 Siehe Anhang B.<br />
112 Siehe Anhang C.<br />
113 Ernst Pfeiffer im Nachwort zu Fenitschka. Eine Ausschweifung, 1983, S. 125.<br />
31
heit“ 114 . Der Begriff einer literarischen Konstruktion des Mangels 115 könnte<br />
diesen Werken gerecht werden. Den späteren Schriften aber fehlt dieses<br />
Merkmal, sie bringen eher eine – manchmal hart erkämpfte – Harmonie zum<br />
Ausdruck. Zuletzt lassen sich noch einzelne Werke sondern, die eindeutig<br />
versuchen, <strong>psychoanalytische</strong> Erkenntnisse literarisch zu verarbeiten.<br />
Eine solche Auffassung von drei Zeitabschnitten in Lou Andreas-Salomés<br />
literarischen Schriften versucht Angela Livingstone 116 aufzustellen. Im Rahmen<br />
der vorliegenden Arbeit werde ich vor allem folgende Werke heranziehen<br />
<strong>und</strong> öfter besprechen: Ruth, Fenitschka, Eine Ausschweifung, Ma <strong>und</strong><br />
Die Tarnkappe. Also Werke, die für die verschiedenen Schaffensperioden<br />
charakteristisch sind, wie es aus der folgenden Zusammenstellung 117 ersichtlich<br />
ist:<br />
Box 4: Verschiedene Schaffensperioden im Werke von Lou Andreas-Salomé<br />
I. Bis um 1900: Fiction of desire<br />
1885 Im Kampf um Gott “The first novels present a torrid dream-world<br />
of dire sexuality, full of an inescapable desire<br />
for things that scarcely exist.”<br />
1895 Ruth “It is a hothouse of thick-stemmed, fast blooming<br />
plants, but this time the plants are all emotions.”<br />
1896 Aus fremder Seele “An atmosphere of humourless, yearning passion,<br />
the winding up and up of emotional encounters<br />
to their climax of union or more often<br />
of just – avoided union and shock.”<br />
1898 Fenitschka.<br />
“Instead of the breath-held effort of transform-<br />
Eine Ausschweifung ing the admired person into a godhead, the<br />
1902 Im Zwischenland theme becomes the recognitions of the misguided<br />
of such efforts (…).”<br />
114 E. Brausewetter, 1898, S. 4.<br />
115 G. Schmidt, <strong>Literarische</strong> Konstruktionen des Mangels, Frankfurt am Main, Lang,1987.<br />
116 Angela Livingstone, 1984, S. 204-220, siehe Anhang C. Da ich hier nicht jedes Mal<br />
einzelne Werke von Lou Andreas-Salomé zusammenfassen kann, weise ich auf Livingstones<br />
Resümees.<br />
117 Ich stütze mich hier auf Angela Livingstone, 1984, S. 204-20.<br />
32
II. Ab 1901: Fiction of fulfilment<br />
1901 Ma “A novel infuriating to read slowly... The<br />
theme is widowhood and motherhood. (…)<br />
The book is all about love.”<br />
1919 Das Haus “Lou Andreas-Salomé’s only book about a<br />
happily married couple.”<br />
1923 Ródinka “A gathering of places, atmospheres, characters,<br />
conflicts, fates and ideas … like a discursive<br />
and very full diary (…) an invoker of<br />
good dreams.”<br />
III. Post-psychoanalytisch: Depth-control writings<br />
1922 Der Teufel <strong>und</strong> seine “They offer applicable generalisations of her<br />
Großmutter<br />
experience (…)<br />
1922 Die St<strong>und</strong>e ohne Gott are concerned with probing psychical depths<br />
and establishing a final control over them.”<br />
3.3. <strong>Literarische</strong> <strong>und</strong> theoretische Verarbeitung<br />
Lou Andreas-Salomés Werk ist umfangreich. So behandeln ihre Aufsätze<br />
religionspsychologische Themen, ferner sind sie Autoren- <strong>und</strong> Theaterkritiken,<br />
psychologische Essays <strong>und</strong> zuletzt <strong>psychoanalytische</strong> Untersuchungen.<br />
Diesen von künstlerischen <strong>und</strong> theoretischen Gesichtspunkten bestimmten<br />
Schriften setzen sich Romane, Novellen <strong>und</strong> andere literarische Tagesarbeiten<br />
hinzu. Ich möchte versuchen nachzuweisen, wie diese beiden Seiten des<br />
Werkes von Lou Andreas-Salomé verb<strong>und</strong>en sind. Denn ihr Interesse für die<br />
Religionspsychologie – sicher durch ihr „Erlebnis mit Gott“ 118 bestimmt –<br />
drückt sich nicht nur in Essays aus, es gestaltet sich ebenfalls auf eigener Art<br />
in literarischen Schriften wie Im Kampf um Gott <strong>und</strong> Aus fremder Seele.<br />
Wenn ich am anderen Ende ihr Spätwerk ins Auge fasse, so sehe ich, einerseits<br />
das Ineinander von theoretischen Überlegungen <strong>und</strong> literarischen Gestaltungen.<br />
Gestaltungen die versuchen, die gewonnenen Einsichten in literarischen<br />
Schriften wie Der Teufel <strong>und</strong> seine Großmutter auszudrücken. Und<br />
andererseits, dass ihre <strong>psychoanalytische</strong>n Beiträge von ihrer künstlerischen<br />
118 Siehe Kap. 1 im Lebensrückblick, S. 9-25.<br />
33
Sonderart mitgeprägt sind. Sigm<strong>und</strong> Freud erkannte <strong>und</strong> schätzte diesen besonderen<br />
Zug in seiner Antwort auf Lou Andreas-Salomés Mein Dank an<br />
Freud, es sei ihr eine ‚echte Synthese’ gelungen. Ich habe eben zwei Beispiele<br />
angedeutet, im folgenden möchte ich mich an meiner Auswahl festhalten<br />
<strong>und</strong> vier weitere Beispiele heranziehen. Zuvor sei noch wiederholt, dass diese<br />
Verb<strong>und</strong>enheit, diese Verknotung, für das ganze Werk ihre Gültigkeit hat,<br />
denn wie Cordula Koepcke zutreffend sagt:<br />
Das gesamte literarische Werk von Lou Andreas-Salomé wird durch eine seltene<br />
Durchdringung der Lebenswirklichkeit gekennzeichnet, sei sie materieller oder ideeller,<br />
physischer oder seelischer Art, <strong>und</strong> zwar mittels intellektueller Analyse <strong>und</strong> seelischer<br />
Feinfühligkeit. Es konnte geschehen, daß derselbe Gegenstand belletristisch<br />
<strong>und</strong> theoretisch-wissenschaftlich bearbeitet wurde, <strong>und</strong> zwar zeigte sich diese Neigung<br />
bereits früh. Das Nietzsche-Buch ist allein schon Beleg für ihre Beziehung zum<br />
abstrakten Denken, verb<strong>und</strong>en mit einer deutlichen Befähigung zu weitgehender<br />
Versenkung in seelische Vorgänge. Auch das von ihr selbst als banal abgelehnte<br />
Buch „Im Kampf um Gott“ gibt, bei allem Vorbehalt, der sich gegen diese Arbeit<br />
anmelden läßt, ähnliches preis, nur daß hier das Schwergewicht mehr auf der künstlerisch-bildenden<br />
Seite ihres Wesens liegt. 119<br />
3.3.1. Ruth – zwischen Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Liebe<br />
Verschiedene Gründe bringen mich dazu, Lou Andreas-Salomés zweiten<br />
Roman Ruth (1895) als ersten zu behandeln. Zum einen steht er in einer besonders<br />
engen Beziehung zu Lou Andreas-Salomés Lebenserfahrung, ihre<br />
Beziehung zu Hendrik Gillot <strong>und</strong> Paul Rée bildet sicher den Boden, auf dem<br />
dieses Werk emporwächst (siehe 3.5.). Zum anderen lassen sich in Lou Andreas-Salomés<br />
Schriften kaum theoretische Auseinandersetzungen zu diesem<br />
Thema finden. Im Gegensatz zu anderen Werken, die in enger Verbindung<br />
mit der theoretischen Seite ihres Werkes stehen (3.3.2. bis 4.), setzt dieses<br />
Buch eine Theorie voraus, die von Lou Andreas-Salomé nicht ausgearbeitet<br />
wird. Dieses Werk ist auch ein Beispiel dafür, dass die drei Dimensionen, die<br />
– so Cordula Koepcke – Lou Andreas-Salomés Werk bestimmen – also:<br />
Lebenswirklichkeit, theoretische <strong>und</strong> literarische Verarbeitung –, stets in<br />
einem anderen Verhältnis zueinander stehen.<br />
Ruth kann als eine Erziehungsgeschichte aufgefasst werden. Die Handlung<br />
der Geschichte zeigt ein halbwüchsiges, elternloses Mädchen, das aus Einsamkeit<br />
in eine Phantasiewelt flieht. Erik, ein Lehrer, der neben Privatst<strong>und</strong>en<br />
an einer Petersburger Mädchenschule lehrt, nimmt sie zu sich ins Haus<br />
auf. Erik tut sein ‚Meisterstück’ an Ruth, indem er sie allmählich in das wirkliche<br />
Leben hineinführt. Die Lehrer-Schüler Beziehung lässt sich jedoch bald<br />
119 Cordula Koepcke, 1982, S. 77-8.<br />
34
als Liebe erkennen, nur dass diese jeweils andersartig erlebt <strong>und</strong> aufgefasst<br />
wird. Sie ist es auch, die einen dramatischen Konflikt auslöst, an dem dann<br />
die drei Lebensverhältnisse zerschellen. Bei Erik verwandelt sich die Liebe<br />
zum Kinde in Liebe zur Frau, die Konsequenz davon ist, dass er alle drei ihm<br />
nahestehenden Personen verliert: seine Frau Klare-Bel, seinen Sohn Jonas<br />
<strong>und</strong> Ruth. Diese letzte verliert er, weil in ihr noch die Liebe des Kindes waltet,<br />
<strong>und</strong> vor allem weil er unfähig ist zu erkennen dass in der Übertragung,<br />
die eine pädagogische Situation inszeniert <strong>und</strong> die eine solche Lehrer - Schüler<br />
Beziehung ausmacht, die Liebe nur ein Spiel ist, nicht Wirklichkeit 120 .<br />
Der Lehrer ist hier nicht nur der berufsmäßig Unterrichtende, auch begnügt er<br />
sich nicht damit, irgendwie durch Mahnung, Wort, Beispiel eine Lehre zu<br />
geben. Zwei weitere Wesenszüge des Lehrers mussten aber ebenfalls für Lou<br />
Andreas-Salomé von Bedeutung sein. Das Grimm-Wörterbuch erinnert daran,<br />
das Lehrer sein auch bedeutet: Unterweiser im göttlichen Wort zu sein.<br />
Wir treffen hier also eine weitere Figur jenes ‚Gottmenschen’ an. Ferner ist<br />
es ein Topos, dass der Lehrer auch als Fre<strong>und</strong> angesprochen wird:<br />
Dich erwähl ich zum Lehrer, zum Fre<strong>und</strong>, Dein lebendiges Bilden lehrt mich, dein<br />
Lehrendes Wort rühret lebendig mein Herz.<br />
Schiller 121<br />
Explizierter noch lesen wir bei Goethe:<br />
Sie, die Scheidende zieht durch Wald <strong>und</strong> grauses Gebirge, sucht den wandernden<br />
Mann, ach! in der Ferne noch auf; sucht den Lehrer, den Fre<strong>und</strong>, den Vater.<br />
Goethe 122<br />
Für die elternlose Ruth liegt diese symbolische Bedeutung des Vaters auf der<br />
Hand. Dass Ruth versucht, ein Elternbild zu rekonstruieren, sieht man an der<br />
Tatsache, dass Ruth im Ferienfamilienhaus lebt <strong>und</strong> dass, als Eriks Frau im<br />
Begriff ist, das Haus <strong>und</strong> ihren Mann zu verlassen, Ruth zu verstehen gibt, sie<br />
möchte Klare-Bel nicht ausschließen. Dieses angebliche Verhältnis zu Dritt<br />
ist aber nur die Wiederherstellung der Familienstruktur, die eine ödipale ist,<br />
da man den anderen (der Vater bzw. die Mutter) symbolisch, also nicht in<br />
Wirklichkeit beseitigen will. Ferner erklärt auch die Ambivalenz, dass man<br />
diesen anderen nicht ‚töten’ will, dass man auch ihn lieb hat. Interessanter als<br />
die Vatersymbolik scheint mir jedoch der Übergang vom Lehrer als Fre<strong>und</strong><br />
zum Lehrer als Geliebter. Hier findet sich nämlich eine Problematik wieder,<br />
die für Lou Andreas-Salomés Werk <strong>und</strong> Leben von Bedeutung ist. Dieses<br />
120 Siehe Mireille Cifalis Arbeiten über <strong>psychoanalytische</strong> Pädagogik, wobei sie sich, was<br />
diese Frage des Spiels angelangt, auf Maud Mannoni stützt.<br />
121 Nach dem Grimm-Wörterbuch, DTV – Reprint, Band 12, S. 571.<br />
122 Ibidem.<br />
35
Moment des Übergangs der Fre<strong>und</strong>schaft in Liebe kommt in Lou Andreas-<br />
Salomés literarischen Schriften öfter vor. Mit Tomasow in Ma (siehe 3.3.3.),<br />
mit Florian in Jutta, mit Max in Fenitschka, doch am Ende auch mit Fenitschka<br />
selber, als diese entdeckt, dass diese einmalige Hingebung, das weit<br />
Vornehmere <strong>und</strong> Seltenere ist, als alle geistigen Fre<strong>und</strong>schaften, die man zu<br />
mehreren haben kann. Die Fre<strong>und</strong>schaft mit Paul Rée steht sicher im Hintergr<strong>und</strong><br />
dieser Schicksale. Auch Paul Rée musste, wie Erik in Ruth, an dieser<br />
Front, an der Grenze zwischen Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Liebe hart kämpfen. Seine<br />
‚Fre<strong>und</strong>schaft’ – doch wohl Liebe – drückt er mit folgenden Wörtern aus 123 :<br />
Liebstes, heute Nachmittag habe ich Dein Kleid von Tütz geholt (...). Ich packte es<br />
allein aus <strong>und</strong> war ganz erschüttert <strong>und</strong> gerührt. Wenn ich mich nicht vor mir selbst<br />
genirt hätte, so hätte ich die zierliche Taille in meine Arme geschlossen – schöne<br />
Geschichte –<br />
In einer Aufzeichnung von 1883 finden wir dafür bei Lou Andreas-Salomé<br />
einen ganz anderen Ton. Hier greift die Autorin auf ihre charakteristische<br />
Vorliebe für Naturmetaphern zurück 124 , hier eine Metapher, die das Tragische<br />
übersieht:<br />
Unsere Fre<strong>und</strong>schaft, wie eine sorglich behütete <strong>und</strong> gepflegte edle Kunstpflanze, hat<br />
unseren Gärtnertalenten Ehre gemacht, <strong>und</strong> heute steht sie mit tausend alten Blüten<br />
<strong>und</strong> tausend neue Knospen. 125<br />
Dieser Übergang von Fre<strong>und</strong>schaft in Liebe 126 , den sie aus dieser Erfahrung<br />
literarisch in Werke wie Ruth <strong>und</strong> Ma verarbeitet, vollzieht sich aber nicht 127 .<br />
Ma <strong>und</strong> Ruth können diesen Sprung, diese Kehre nicht vollziehen. Ma hat ihr<br />
Ideal in der Mütterlichkeit gef<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> sie will es um nichts auf der Welt<br />
aufgeben (siehe hier unter III.3.3). Dagegen ist Ruth der lebendige Ausdruck<br />
jenes ‚Kind bleiben Wollens’. Dem angebeteten Lehrer gelten Ruths Worte:<br />
„Ich gehe nicht. Ich gehe <strong>und</strong> bleibe Ihr Kind“ 128 . In Ruth stellt Lou Andreas-<br />
Salomé somit dar, welche Einstellung es ermöglicht, die Kluft zwischen<br />
Phantasie <strong>und</strong> Wirklichkeit zu überwinden, nämlich diese Allverb<strong>und</strong>enheit<br />
123 Paul Rée in seinem Brief an Lou Andreas-Salomé vom 10. August 1882, in Die Dokumente<br />
ihrer Begegnung, S. 178.<br />
124 Siehe das Erinnerungsbild ihrer Konfirmation – hier handelt es sich um ihre Beziehung zu<br />
Hendrik Gillot: „Gottesschöpfung“, 1892, S. 178 f.<br />
125 Von Ernst Pfeiffer im Lebensrückblick veröffentlicht, S. 244.<br />
126 Eine existentielle Erfahrung, siehe hierzu Siegfried Kracauer, 1971.<br />
127 Daher sind diese Stellen von solchen zu unterscheiden, in denen die Fre<strong>und</strong>schaft, bzw.<br />
die Kameradschaft dargestellt wird, z.B. in Die St<strong>und</strong>e ohne Gott <strong>und</strong> in Die Tarnkappe.<br />
Zur Unterscheidung von Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Kameradschaft siehe Siegfried Kracauer, 1971.<br />
128 Ruth, S. 301.<br />
36
(des Kindes), diese Fähigkeit noch der Ganzheit erfahren zu können (vgl.<br />
3.3.4.). 129<br />
Doch ist nicht zu vergessen, dass Ruth eine Erziehungsgeschichte darstellt.<br />
Sie zeigt Ruth von einem stürmischen Lerneifer erfüllt (vgl. 3.3.2.), doch ist<br />
– wie gesagt – dieses ‚intellektuelle Leben’ eng an ihrer Auslieferung an Erik<br />
geb<strong>und</strong>en, dem sie sich ganz übergibt. Ein Backfisch ‚verliebt’ sich in seinen<br />
Lehrer <strong>und</strong> umgekehrt, könnte man zusammenfassend sagen. Sicher, wie<br />
Hamann (1901) sagt, ein Thema das „alt wie die Welt bis zur Ur-Uhrahnes<br />
Zeiten“ ist. So z.B. bei den Griechen in ihrer päderastischen Auffassung der<br />
Erziehung 130 . Diese Auffassung hatte den Vorteil, aus den ‚erotischen’<br />
Aspekten 131 , die einer pädagogischen Beziehung inhärent sind, keinen Hehl<br />
zu machen. Dieses Argument war aber auch zu Zeiten Lou Andreas-Salomés<br />
ein gängiges Thema 132 , vor allem aber musste es in den zwanziger Jahren<br />
einen großen Erfolg gehabt haben.<br />
Hier ist der Einfluss von Lou Andreas-Salomés Roman Ruth <strong>und</strong> ihrer Novellensammlung<br />
Im Zwischenland eindeutig nachweisbar. Es handelt sich um<br />
ein Buch, das bei seiner Veröffentlichung großes Aufsehen erregte: das Tagebuch<br />
eines halbwüchsigen Mädchens erschien erstmals 1919 als erster Band<br />
der Reihe ‚Quellenschriften zur seelischen Entwicklung’ im Internationalen<br />
Psychoanalytischen Verlag. Weder der Verfasser noch der Herausgeber wurden<br />
bei der ersten Auflage (10’000 Exemplare!) bekannt gegeben. Dieses<br />
Buch wurde von Dr. Hermine Hug-Hellmuth herausgegeben, <strong>und</strong> vermutlich<br />
musste es schon vier Jahre vorher bereits abgeschlossen vorliegen 133 . Auf<br />
jeden Fall entstand sehr schnell eine heftige Kontroverse, um die Frage, ob es<br />
sich tatsächlich um authentische Aufzeichnungen handle. Endgültig ist diese<br />
Frage nicht zu beantworten, da Hermine Hug-Hellmuths tragische Ermordung<br />
(1924) durch ihren achtzehnjährigen Neffen 134 ihrem Leben ein vorzeitiges<br />
Ende setzte. Doch Angela Graf-Nolds Argumentation, dass „das<br />
Tagebuch der 11- bis 14 1/2 jährigen Rita alle wesentlichen Personen <strong>und</strong><br />
alle typischen Handlungselemente enthält, die man aus den autobiographi-<br />
129 In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass Lou Andreas-Salomés Lebensphilosophie<br />
sich an folgende Strömungen anschließt: am Monismus von E. Haeckel (1892), am<br />
kosmogonischen Eros von L. Klages (1922), am damaligen Wiederaufleben F. Schlegels<br />
Versuch von der Ganzheit aus zu denken. In dieser Hinsicht ist es mehr als gerechtfertigt,<br />
die Figur von G. Bataille heranzuziehen. (Nicht nur das Interesse am Erotischen verbindet<br />
beide!)<br />
130 Siehe Bernard Sergent, 1984 <strong>und</strong> 1987.<br />
131 Wie würden heute ‚libidinös’ oder ‚triebhaft’ sagen.<br />
132 Maria Janitscheks Buch Gott hat es gewollt (Leipzig 1895), behandelt ebenfalls das<br />
Thema des unberührten Weibes vor dem Mann als Erzieher.<br />
133 Sigm<strong>und</strong> Freuds Brief, als Geleitwort dem Tagebuch zugelegt, trägt das Datum vom 27.<br />
April 1915.<br />
134 Für den sie seit seinem neunten Lebensjahr verantwortlich war <strong>und</strong> der ihr seit frühester<br />
Kindheit als Fallbeispiel in ihren kinder<strong>psychoanalytische</strong>n Arbeiten gedient hatte.<br />
37
schen Angaben in Hermine Hugs übrigen Arbeiten, insbesondere in ‚Über<br />
Farbenhören’ kennt (...)“ 135 , lässt vermuten, dass bei so vielen Parallelen ein<br />
Zufall auszuschließen, <strong>und</strong> dass die Herausgeberin auch die Verfasserin sei.<br />
Die innere Kohärenz <strong>und</strong> dramatische Einheit besteht darin, dass das Tagebuch<br />
mit dem Entschluss der beiden Fre<strong>und</strong>innen beginnt, mit ihrem Eintritt<br />
ins Lyzeum ein Tagebuch zu schreiben, das seinen Höhepunkt in der Krankheit<br />
<strong>und</strong> dem Tod der Mutter findet <strong>und</strong> folgerichtig mit der Heirat der Lehrerin<br />
<strong>und</strong> dem Tod des Vaters endet. Gerade dieser geschlossene Aufbau, bei<br />
einem normalen Tagebuch kaum möglich, erweckte erste Anzweiflungen,<br />
was die Authentizität des Buches anbelangt. Was im Zusammenhang mit<br />
meiner Arbeit von Bedeutung ist, ist die Tatsache, dass die schwärmerische<br />
Liebe zu der Lehrerin Frau Dr. M., dieses ‚süße Engel’, das ganze Tagebuch<br />
durchzieht. Wiederum ist hier eine Parallele zu Hermine Hug-Hellmuths<br />
Biographie belegbar. In Aufsätzen von 1912 136 spricht sie von den heißen<br />
Verliebtheiten in Mitschülerinnen <strong>und</strong> Lehrerinnern ihrer Schulzeit. Auf<br />
jeden Fall ist hier die Ruth-Thematik, also diese besondere leidenschaftliche<br />
Lehrer-Schüler Beziehung, anwesend <strong>und</strong> sehr glaubhaft dargestellt.<br />
Dass hier eine Beziehung besteht, scheint mir heute ohne Zweifel zu sein.<br />
Diese dünkt mir um so mehr glaubhaft, da sie sich ebenfalls an Hand der<br />
Novellensammlung Im Zwischenland (1902) nachweisen lässt. Diese fünf<br />
Geschichten aus dem Seelenleben halbwüchsiger Mädchen wurden von Hermine<br />
Hug-Hellmuth 1914 in Imago vorgestellt. Die erotische Beziehung<br />
zwischen Vater <strong>und</strong> Tochter (in “Vaters Kind”), die schwärmerischhomosexuell<br />
akzentuierten Mädchenfre<strong>und</strong>schaften, die tragische Schwester-<br />
Beziehung (in “Die Schwestern”), die Vorstellung des Mannes (<strong>und</strong> der Sexualität)<br />
als etwas Gewaltsames, ... alle diese von Lou Andreas-Salomé literarisch<br />
gestaltenden Motive, werden von Hermine Hug-Hellmuth (in Imago)<br />
referiert <strong>und</strong> sind im Tagebuch ebenfalls anwesend. Sogar bis in die Wortwahl<br />
scheint sich Hermine Hug-Hellmuth an Lou Andreas-Salomé angelehnt<br />
zu haben; so finden sich die für Lou Andreas-Salomé typischen mehrfachen<br />
Gedankenstriche bei ihr wieder: „Aus der sorgenden, liebwarmen Atmosphäre<br />
der Familie herausgerissen rang (...) das entsetzte Seelchen (...) um seinen<br />
Frieden ---.“ 137 Mit Angela Graf-Nolds Schluss kann ich nur einverstanden<br />
sein, wenn sie sagt: „offensichtlich machte sich Hermine Hug daraufhin an<br />
die Arbeit, auf ihre Weise die nüchterne Seelentiefenforschung mit dichterischem<br />
Gefühl zu verbinden“ 138 .<br />
135 Angela Graf-Nold, 1988, S. 239.<br />
136 Im Zentralblatt für Psychoanalyse,1912, 2, S. 277-80 <strong>und</strong> in Imago, 1912, S. 228-98.<br />
137 Im Tagebuch, erste Auflage, S. 248. Dieses Argument findet sich auch bei Angela Graf-<br />
Nold 1988, ich kam jedoch auf diesen Zusammenhang bevor ich ihr Buch lesen konnte.<br />
138 Angela Graf-Nold, 1988, S. 246.<br />
38
Das Tagebuch – wie übrigens manche Bücher von Lou Andreas-Salomé –<br />
bestätigte Sigm<strong>und</strong> Freuds Einsichten (sieh 2.3.), weswegen es auch angegriffen<br />
wurde. In der Tat wurden auch solche literarische Versuche von der<br />
damaligen jugendpsychologischen Forschung (Bühler <strong>und</strong> Spranger) als<br />
Dokumente gewertet <strong>und</strong> benützt. So erwähnt Charlotte Bühler 139 in ihrem<br />
Buch Das Seelenleben des Jugendlichen. Versuch einer Analyse <strong>und</strong> Theorie<br />
der psychischen Pubertät (1922) Lou Andreas-Salomés Roman Ruth in der<br />
Reihe der ausgezeichneten einfühlenden Darstellungen pubertierender Mädchen.<br />
Als Letztes möchte ich noch erwähnen, dass nicht nur in Ruth diese Thematik<br />
dargestellt wird. In Eine Ausschweifung (1898 – ich behandle die Erzählung<br />
unter 3.3.2.) wird sie wieder inszeniert. An einer Stelle, bei der die Hauptfigur<br />
Adine einer ehemaligen Patientin von Benno – Daniela – begegnet, die<br />
nun seine Schülerin geworden ist. Eindeutig wird hier das Übertragungsverhältnis<br />
von einer therapeutischen- in eine pädagogische Situation übersetzt.<br />
Diese Passage hat somit die Funktion einer Verdeutlichung jener pädagogischen<br />
Beziehung. Denn Adines Worte lassen sich nicht nur als eine Interpretation<br />
von Danielas Verhältnis zu Benno auffassen, sie bilden auch einen<br />
Kommentar zu Ruth, das hier palimpsesthaft anwesend ist. Diese Worte, <strong>und</strong><br />
es ist wesentlich dies zu begreifen, stehen nicht in einer unmittelbaren Beziehung<br />
zu Lou Andreas-Salomé Lebenswirklichkeit (siehe 3.5.), denn die Autorin<br />
wiederholt hier nicht eine Erfahrung sondern eine Problematik – Lacan<br />
würde hier von einem ‚Knoten’ 140 sprechen. Hier Adines Worte: „Ob sie<br />
wohl davon eine Ahnung hat, dass sie ihn liebt?“ 141 . Dass sich hinter der<br />
pädagogischen Situation etwas anderes abspielt, gibt hier Lou Andreas-<br />
Salomé – als auktoriale Erzählerin – klar zu verstehen. In Ruth verwendete<br />
sie ein zutreffendes Bild, das eines ‚Deckmantels des Pädagogen’:<br />
Neben diesen pädagogischen Erwägungen erfüllte ihn eine ungeduldige Freude.<br />
Freude über den Kampf, der ihm mit Ruth bevorstand. Erik, der andre weit besser zu<br />
erforschen verstand, als sich selbst, ahnte gar nicht, wie stark sich unter dem Deckmantel<br />
des Pädagogen ein jugendliches, herrschsüchtiges Verlangen in ihm regte. (S.<br />
75)<br />
Auf Ruth zurückblickend möchte ich hervorheben, dass das was dieses Werk<br />
von anderen abhebt, dessen immanente Kohärenz ist, denn alles fügt sich der<br />
Darstellung des Eros Pädagogikos. So der Stadt-Land Gegensatz, der der<br />
Veranschaulichung der Beziehung von Ruth zu Erik dient. In der Stadt be-<br />
139 Die Frau vom Sprach- <strong>und</strong> Entwicklungspsychologen Karl Bühler. Charlotte Bühler<br />
beschäftigte sich damals mit Tagebuchforschung, ein Gebiet, das zu der Zeit Interesse<br />
hervorrufte. Vgl. mit Siegfried Bernfelds Arbeiten (1922 <strong>und</strong> 1924 im Internationalen<br />
Psychoanalytischen Verlag erschienen).<br />
140 “Ce n'est pas l'événement, mais un nœud qui se refait là”, Jacques Lacan, 1985, S. 8.<br />
141 In Eine Ausschweifung, S. 101.<br />
39
gegnet Erik den anderen Mädchen der Hauptschule, auf dem Land dagegen<br />
ist er ‚allein’ mit Ruth. An diesen Mädchen wird auch gezeigt, dass Ruths<br />
Gefühle keine Ausnahme sind, <strong>und</strong> die, an ihnen dargestellten Gespräche<br />
stellen dar, in welchem Masse diese Geschöpfe vom Walten der Triebe ergriffen<br />
sind 142 . Die Beziehung von Ruth zu Erik wird auch innerhalb der<br />
Schule wiederholt, so gelingt es der Schülerin Wjera, dem Lehrer einen Kuss<br />
zu geben. Diese Szene (S. 243-4) zeigt, wie wenig Erik zu begreifen (verarbeiten)<br />
vermag, was in diesem Moment vor sich geht. Die auktoriale Erzählerin<br />
gibt dem Vorfall einen Schluss, in dem sie Eriks Verhalten folgendermaßen<br />
deutet:<br />
(...) denn seine Vorzüge wie seine Schwächen als Lehrer bestanden darin, dass er<br />
seine Persönlichkeit <strong>und</strong> seinen Unterricht nicht zu trennen wusste; gelang es ihm<br />
nicht, sich selbst zu geben, so misslang ihm alles. (S. 245)<br />
Bedeutungsvoller <strong>und</strong> noch charakteristischer für Lou Andreas-Salomés<br />
Dichtung ist der durchgehende Einbezug der Natur. Nicht nur, dass Naturmetaphern<br />
anwesend sind, so z.B. die zur Veranschaulichung von pädagogischen<br />
Situationen oft herangezogene Gärtner (Lehrer) – Pflanze (Schüler)<br />
Metapher. Dass diese auf das Liebesverhältnis vorausdeutet, kann aus folgenden<br />
Wörtern Eriks verstanden werden:<br />
„Möchtest du ein solches Bäumchen für den Gärtner werden, Ruth?“ fragte er mit<br />
gesenkter Stimme. (S. 115)<br />
Lou Andreas-Salomés „besonderes Verhältnis zur umgebenden Natur“ 143<br />
zeigt sich vor allem in den Landschaftsbeschreibungen 144 <strong>und</strong> Jahreszeitschilderungen<br />
145 . Ruth beginnt mit einem Landschaftsbild, das zugleich den<br />
Stadt-Land Gegensatz erwähnt:<br />
In der Morgenstille war nichts vernehmbar als das helle, langgezogene Trillern der<br />
kleinen Buchfinken im jungen Birkenlaub. Die breite, ungepflasterte Strasse, die sich,<br />
nicht weit von der russischen Hauptstadt, in der Richtung der finnländischen Bahnlinie<br />
ins flache Land erstreckte, lag einsam im Frühnebel da. (S. 7)<br />
In einer Unterhaltung zwischen Erik <strong>und</strong> einem Kollegen wird dann der russische<br />
Frühling erwähnt:<br />
Ich muss gestehen, ich habe eine Schwäche für diesen russischen Frühling. Er mag<br />
unartig sein, vielleicht launischer <strong>und</strong> gefährlicher wie jeder andre, aber dafür ist er<br />
ein W<strong>und</strong>er. Er zögert so lange <strong>und</strong> kommt dann so unerwartet <strong>und</strong> so unwahrscheinlich<br />
schön, dass man seinen Augen nicht traut. (S. 18)<br />
142 Siehe insbesondere S.126-141 (Ruths Besuch in dieser Schule) <strong>und</strong> 240 ff.<br />
143 Lou Andreas-Salomé an Sigm<strong>und</strong> Freud, Briefwechsel, S. 183.<br />
144 Besonders auffällig in Aus fremder Seele.<br />
145 Siehe was ich zum Aufsatz “Gottesschöpfung” (1892) bereits gesagt habe.<br />
40
Noch kennt Erik Ruth nicht, aber diese Wörter (unartig, gefährlich, W<strong>und</strong>er,<br />
so unwahrscheinlich schön) bekommen im Nachhinein einen vorausdeutenden<br />
Wert. Nach einem idyllischen Zusammensein (Frühling-Sommer),<br />
führt der Jahreszeitwechsel (Sommer-Herbst) Änderungen ein. Ruth wird<br />
nach Heidelberg reisen, der Abschied 146 <strong>und</strong> die momentane Trennung sind<br />
für Erik eine harte Prüfung. Während Ruths Abwesenheit (Herbst-Winter)<br />
werden Briefe gewechselt, geschieht auch der bereits erwähnte Vorfall in der<br />
Mädchenschule, <strong>und</strong> vor allem bekennt Erik in einem Gespräch mit seiner<br />
Frau, seine Liebe zu Ruth. Im Winter vollziehen sich also alle – für Erik –<br />
bedeutenden <strong>und</strong> tragischen 147 Wandlungen. Ruth ist die einzige, die in ihrer<br />
Unschuld das Ende der Geschichte ‚positiv’ erlebt: dem Jonas (Eriks Sohn,<br />
der gerade ihr gegenüber seine Liebesgefühle anvertraute – S. 286-8) erklärt<br />
sie sich zur Schwester, dem Erik erklärt sie sich zum Kind (S. 301), <strong>und</strong> dann<br />
ab! Wie die Geschichte angefangen hat, so endet sie auch mit der Erwähnung<br />
eines Naturbildes, das gerade kontrastiv zum Anfang steht. Wieder ist es<br />
Frühling, doch diesmal handelt es sich um einen grauen Frühling:<br />
Nur ein Rotkehlchen saß auf dem Birkenzweig über der Bank <strong>und</strong> sang. Es ließ sich<br />
nicht einmal durch die Menschenschritte schrecken; ganz regungslos saß es da, mit<br />
erhobenem Köpfchen, ganz selbstvergessen, – <strong>und</strong> sang <strong>und</strong> sang in den grauen Frühling<br />
hinein. (S. 304)<br />
Auch wenn es manchem Leser etwas Gefühlsüberladen vorkommen könnte,<br />
so wirkt doch das Ganze suggestiv. Im Gegensatz zu anderen Dichtungen<br />
bekommt man hier nicht den Eindruck, hier gäbe es etwas demonstrativ<br />
Zwingendes, etwa eine theoretische Absicht, die das ganze ‚rekonstruktiv’<br />
gestalten würde. Die Darstellungsart bleibt – wie stets bei ihr – sachlich <strong>und</strong><br />
die Form konventionell. Ich erinnere daran, dass Lou Andreas-Salomé keiner<br />
bestimmten literarischen Richtung angehörte, <strong>und</strong> dies trotz ihrer reichen<br />
Beziehungen zu literarischen Kreisen in Berlin, München <strong>und</strong> Wien. Ihr<br />
literarisches Werk ist von einer konventionellen Sprache <strong>und</strong> Form geprägt.<br />
3.3.2. Eine Ausschweifung – Beispiel einer Durcharbeitung<br />
Eines der einschlägigsten Beispiele einer Vermittlung zwischen literarischer<br />
Behandlung von Themen <strong>und</strong> ihren theoretischen Verarbeitungen lässt sich<br />
an den Frauengestalten in Lou Andreas-Salomés Werken zeigen. Diese stehen<br />
in enger Verbindung zu ihren theoretischen Abhandlungen <strong>und</strong> zu dama-<br />
146 Bei diesem kommt die Gottmensch-Auffassung zum Ausdruck, siehe S. 227.<br />
147 Niemand stirbt, was in anderen Romanen der Fall ist, doch werden die Beziehungen<br />
innerhalb der Familie auf den Kopf gestellt.<br />
41
ligen Kontroversen innerhalb der Frauenbewegung 148 . In der Diskussion der<br />
Werke, die hier in Frage kommen, an erster Stelle Fenitschka <strong>und</strong> Eine Ausschweifung,<br />
wurden diese zwei Aspekte reichlich behandelt 149 , dafür wurde<br />
aber meistens ein anderer Ursprung übersehen. Es handelt sich um die literarischen<br />
Essays, die Lou Andreas-Salomé publizierte, angefangen bei ihrem<br />
Ibsenbuch. Theodor Heuss war einer der ersten, der die Aufmerksamkeit auf<br />
diese Beziehung lenkte:<br />
So ist es kein Schritt in fremdes Land, wenn man sich von dieser literarischen Arbeit<br />
(ihr Ibsenbuch – C.S.) zu den eigentlichen Werken der Dichterin wendet. Das Ibsenbuch<br />
ist dazu eine Vorbereitung, eine Einleitung. Und zwar in einem doppelten Sinn,<br />
dass wir wohl in dem Ibsenbuch die neugestaltende Kraft der Dichterin spüren, dass<br />
wir aber auch in den Dichtungen das Gefühl vom gebildeten Verstand der kritischen<br />
Denkerin behalten. 150<br />
Neuerdings berücksichtigte Alberto Scarponi diesen Hinweis <strong>und</strong> analysierte<br />
in dieser Hinsicht Fenitschka <strong>und</strong> Eine Ausschweifung 151 . In Fenitschka finden<br />
wir diesen tragischen Moment wieder: da die Frau nur einen absolut<br />
übergeordneten Mann, einen ‚Gottmensch’ verehren kann, da sich aber dieser<br />
liebliche Traum, dieses selige W<strong>und</strong>er nicht dauernd festhalten lässt, kommt<br />
unvermeidlich der Augenblick der Götzendämmerung (wie in Ruth), der<br />
Zerreißung des Illusionsschleiers (wie in Aus fremder Seele). Das heißt, jener<br />
Moment, in dem der Mann, der der Frau „wie Gott war“, sich als schwacher,<br />
irdischer Mensch erweist. In Eine Ausschweifung kommt dies ebenfalls deutlich<br />
zum Vorschein. Im Gespräch – über ihre Trennung – zwischen Benno<br />
<strong>und</strong> Adine: Benno klagt „(...) Hättest du mich nur nicht über dich gestellt,<br />
sondern neben dich, – ach, lieber noch unter dich, als so hoch hinauf“; Adine<br />
erwidert dem: „Dann hätt ich dich nicht geliebt“ (S. 103). Ihre Liebe zu Benn<br />
deutete Adine als einen „erotischen <strong>und</strong> ästhetischen Rausch“ (S. 74), dessen<br />
tragische Wirkung mit folgendem Bild ausgedrückt wird: „Du hast mich<br />
vielleicht auf lange Zeit für mancherlei untauglich gemacht durch den allzu<br />
stark gewürzten Wein, den ich bei dir getrunken habe. Dagegen fällt jeder<br />
andre Rausch ab“ (S. 87) 152 .<br />
148 Siehe Luise F. Puschs Unterscheidung zwischen Feminismus <strong>und</strong> Frauenbewegung, 1983,<br />
S. 9 ff.<br />
149 Siehe vor allem Leonie Müller-Loreck <strong>und</strong> Ursula Welsch & Michaela Wiesner. Da hier<br />
genügend Material vorliegt, werde ich mich kürzer fassen um Aspekten, die weniger behandelt<br />
wurden, mehr Raum zu bieten (3.3.3.)<br />
150 Theodor Heuss, 1908, S. 11; über das Ibsenbuch siehe Fritz Paul, 1983.<br />
151 „E dentro una simile esperienza personale e critico-letteraria (gemeint ist hier Lou Andreas-Salomés<br />
Ibsenbuch – C. S.) che nascono i due raconti (...)“, Alberto Scarponi, 1987, S.<br />
10.<br />
152 Dieses begleitet den ganzen Text, vgl. S. 107 <strong>und</strong> S. 114-5.<br />
42
Ähnlich wie in Ruth wird auch hier das Götzenbild gestürzt <strong>und</strong> die Hauptfigur<br />
(dort Ruth, hier Fenitschka) gerettet. Nur aus dieser Erfahrung heraus<br />
lässt der darauffolgende ‚Unabhängigkeitsdrang’ <strong>und</strong> ‚Erkenntnistrieb’ von<br />
Fenitschka verstehen, als einzige Möglichkeit um dem Tod – von Märchen in<br />
Im Kampf um Gott <strong>und</strong> von Kurt in Aus fremder Seele – <strong>und</strong> dem Wahnsinn<br />
– vom “Himmelpastor” in Aus fremder Seele – zu entkommen. Zum ‚Erkenntnistrieb’<br />
sei bemerkt, dass in Lou Andreas-Salomés Augen „das gesamte<br />
Geistesleben schließlich selbst auch nur eine verwandelte, ins Feinste umgeformte<br />
Blüte aus der großen geschlechtlich bedingten Wurzel alles Dasein<br />
ist, – sublimierte Geschlechtlichkeit sozusagen.“ 153<br />
Allgemein kann man sagen, dass Fenitschkas Dilemma ziemlich einfach ist:<br />
sich entweder in Liebe oder in Unabhängigkeit zu verwirklichen. Der Konflikt<br />
zwischen Liebe – die eine durchaus idealistische, fast unsinnliche Prägung<br />
hat 154 – <strong>und</strong> Selbständigkeits- <strong>und</strong> Schaffensdrang. Die Hauptfigur in<br />
Eine Ausschweifung, Adine, hat es um einiges schwerer. Sie ist mit demselben<br />
Dilemma konfrontiert, doch dazu kommt noch, dass sie in kontrastiver<br />
Beziehung zu den anderen Frauen der Erzählung (der leidenschaftslosen <strong>und</strong><br />
überzeugenden Gabriele, der lebenslustigen Mutchen <strong>und</strong> der Schwärmerseele<br />
Daniela) steht:<br />
Es ist, wie wenn ich mich festgenagelt fühlte zwischen der Oberflächlichkeit Mutchens<br />
<strong>und</strong> der hysterischen Romantik der kleinen Verwachsenen, dazu bestimmt, zwischen<br />
diesen beiden Polen des Gefühls hin <strong>und</strong> her zu pendeln wie zwischen Leichtsinn <strong>und</strong><br />
Wahnsinn. 155<br />
Diese Problematik scheint aus dem Ibsenbuch, aus den Ibsen-Frauengestalten<br />
(Nora, Alving, Hedwig, Rebekka, Ellida, Gabler) abgeleitet zu sein. Lou<br />
Andreas-Salomés Ibsenbuch können wir also als eine Art Vorbereitung zu<br />
ihren eigenen Gestalten verstehen. Ihre Methode – im Ibsenbuch – ist weder<br />
historisch, noch philologisch, noch kritisch im üblichen Sinn, es ist vielmehr<br />
eine Methode der psychologischen Zergliederung. So taucht auch nicht der<br />
Namen Ibsen auf, <strong>und</strong> die sechs Frauen, deren Schicksal sich Lou Andreas-<br />
Salomé bemächtigt, sind nicht mehr die literarischen Figuren des Dichters<br />
Ibsen, sondern verselbständigen sich zu sechs Möglichkeiten zeitgenössischer<br />
weiblicher Existenz. In dieser Bearbeitung also findet sich die Quelle etlicher<br />
153 In “Der Mensch als Weib” (1899), Erotik, (S. 16 – H. von C. S.), dies ist mit Sigm<strong>und</strong><br />
Freuds Abhandlung über L. da Vinci (1910) zu vergleichen.<br />
154 Dies wurde oft missdeutet, es versteht sich aber im Zusammenhang mit Lou Andreas-<br />
Salomés Auffassung des ‚Eros der Ferne’, die an Lugwig Klages anknüpft. Lou Andreas-<br />
Salomé fasste Distanz als Bedingung für eine nicht unglückliche Liebe auf, siehe "Gedanken<br />
über das Liebesproblem" im Buch: Erotik. Vgl. mit Marguerite Duras’ Auffassung der<br />
Frigidität: “La frigidité c'est l'imaginaire du désir”, 1987, S. 40.<br />
155 Eine Ausschweifung, S. 118.<br />
43
Frauengestalten von Lou Andreas-Salomés literarischen Schriften. Hierzu ein<br />
Beispiel aus dem Kapitel “Ellida”:<br />
“In Freiheit <strong>und</strong> – – – unter Verantwortung! Auch unter Verantwortung ? – Hierin<br />
liegt eine Kraft der Umwandlung!“<br />
Diese Hinwendung ihres ganzen Wesens zur Wirklichkeit, an die es sich binden, von<br />
der es sich erfüllen lassen will, – diese Umsetzung ihres Freiheitsraumes in positive<br />
Schaffensfreude, das ist das Merkzeichen der wahrhaften Genesung Ellidas. Sie findet<br />
sich selbst <strong>und</strong> ihre Ges<strong>und</strong>heit erst dann, als die tiefe Innerlichkeit ihrer Natur die<br />
Richtung nach außen gewinnt, um in tätiger Kraft auszuströmen. Und hierin vollendet<br />
sich der Gr<strong>und</strong>gedanke, der sich durch alle fünf Dichtungen hindurchzieht, – der<br />
Gedanke, daß alle Geb<strong>und</strong>enheit, alle Schranke <strong>und</strong> Verpflichtung die Kraft entnervt<br />
<strong>und</strong> schwächt, wenn sie die freie Entwicklung hindert, – daß aber auch alles Freiheitsstreben<br />
zu Siechtum <strong>und</strong> Verkümmerung führt, wenn es bei der bloßen Verneinung<br />
stehen bleibt <strong>und</strong> keinen neuen Pflichtenkreis <strong>und</strong> keine freiwillige Verantwortlichkeit<br />
aus sich gewinnt. „Freiwillig – <strong>und</strong> unter eigner Verantwortung !“ 156<br />
3.3.3. Ma – Mütterlichkeit im Werk von Lou Andreas-Salomé<br />
Diese eben zitierte Passage deutet auf eine bestimmte (positive – d.h. die<br />
Konflikte überwindende) Frauengestalt hin. Diese – es handelt sich um die<br />
Mutter – wirkt in Eine Ausschweifung noch im Hintergr<strong>und</strong>, doch in Ma (Ma<br />
als Abkürzung von Marianne <strong>und</strong> Mama) wird sie zur Hauptfigur. Das Mütterliche<br />
scheint in Lou Andreas-Salomés Werk ein wichtiges Thema zu sein.<br />
Zum einen ist es eine wichtige Figur in verschiedenen literarischen Schriften,<br />
<strong>und</strong> zum anderen ist es ein bemerkenswerter Gegenstand von verschiedenen<br />
theoretischen Abhandlungen 157 .<br />
Ihre Auffassung der Mütterlichkeit lässt sich am besten im Zusammenhang<br />
mit ihrer Auffassung des Weiblichen verstehen. Im Aufsatz “Der Mensch als<br />
Weib” schreibt Lou Andreas-Salomé, das Mütterliche sei ihr „ein Sinnbild<br />
der weiblichen Psyche“ 158 , <strong>und</strong> in ihrem berühmten Essay “Die Erotik” feiert<br />
sie die Mutterschaft als Idealtypus der menschlichen Beziehung überhaupt:<br />
Unter allen menschlichen Verhältnissen ist es darum nur die Mutterschaft, der es<br />
gestattet ist, eine Beziehung vom tiefsten Ursprungsquell bis zum letzten Höhepunkt<br />
voll zu verwirklichen (...). 159<br />
156 Henrik Ibsen’s Frauengestalten, S. 139.<br />
157 Es sei bemerkt, dass die Bedeutung der Mutter für Lou Andreas-Salomé in den Biographien,<br />
die über sie geschrieben worden sind, sehr unterschätzt wurde, hierzu Jacques<br />
Nobécourt,1977, S. XII.<br />
158 In Erotik, S. 16.<br />
159 In Erotik, S. 122.<br />
44
Diese Passage weist eine Verknüpfung zwischen ihrer Auffassung der Mutterfigur<br />
<strong>und</strong> ihrer Lebensphilosophie, insbesondere ihren Narzissmus Begriff<br />
nach. Folgende Stelle bestätigt diese Annahme:<br />
(...) als sei sie mit dem allerhaltenden unendlichen Ganzen noch unmittelbarer verb<strong>und</strong>en,<br />
daher an ihren Ur- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>boden noch träger geb<strong>und</strong>en. 160<br />
In Eine Ausschweifung wird dieser Begriff zum Bild ausgearbeitet:<br />
Mutterboden (...) über dem, alles segnend, eine große Sonne der Liebe schien. (S. 88)<br />
Wenn ich hier von einer mütterlichen Auffassung des Narzissmus, von einem<br />
Mutterhaften Narzissmus spreche, so verstehe ich darunter folgendes. Es<br />
besteht ein Zusammenhang, den Freud nicht explizit ausführt 161 , zwischen<br />
der Allmacht der Gedanken 162 <strong>und</strong> dem Schuldgefühl 163 . Vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
der Mutter-Kind Beziehung zeichnet sich dies ab:<br />
L’enfant qui s’est détaché du corps de sa mère n’est déjà plus conforme à ses désirs.<br />
Freud note que le sentiment de culpabilité naît de l’accomplissement du mal, il entend<br />
le mal comme étant “originellement ce pour quoi on est menacé de la perte de<br />
l'amour”. Mais il n’y a pas de mal plus radical que la séparation, qui s’identifie alors<br />
avec la perte de l’amour. Ce dont on est menacé, la séparation, c’est précisément cela<br />
même qu’il faut accomplir pour naître d’abord et pour poursuivre ensuite le travail<br />
d’autonomisation. La culpabilité est donc intrinsèquement liée à la perte d’amour : on<br />
est coupable de s’être détaché, d’avoir fait cesser un amour originel. 164<br />
Allmächtig sein heißt also ‚alles in sich tragen Wollen’, es ist die Nostalgie<br />
der Allverb<strong>und</strong>heit so wie sie die Mutter vor der Trennung (Geburt) erlebt.<br />
Dies ermöglicht ein neues Verständnis des Schuldgefühls, denn demzufolge<br />
ist das Schuldgefühl nicht mehr (nicht nur) das Resultat einer Trennung, es<br />
erlaubt gerade diese Trennung zu überwinden:<br />
On entretient la culpabilité de la séparation, parce qu’elle est ce qui reste de l’union<br />
perdue. (...) Plus radicalement, la culpabilité serait à comprendre comme la perduration<br />
d’une relation en deçà de la première perte, d’un rapport sans individuation<br />
préalable, (...). Etre coupable serait une manière ... de demeurer tout-puissant. 165<br />
160 Op. cit , S. 9.<br />
161 Den aber François Roustang vollzieht. Siehe sein Aufsatz: “Rien ne sera plus jamais tout”,<br />
Etudes freudiennes, Paris, 1985, Nr. 26, S. 9-16.<br />
162 Sigm<strong>und</strong> Freud, “Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose”, GW, 1909, Bd. VII,<br />
S. 379 ff.<br />
163 Sigm<strong>und</strong> Freud, “Das Unbehagen in der Kultur”, GW, 1930, Bd. XII, S. 29 ff.<br />
164 François Roustang, 1985, S. 11 – H. von C. S.<br />
165 Op. cit., S. 13 – H. von C. S.<br />
45
Diese Argumentation, die sich bei François Roustang auf klinische Beispiele<br />
(von Müttern in Analysen) stützt, kommt dem Narzissmus-Begriff von Lou<br />
Andreas-Salomé sehr nah. Von einer Analyse sagte sie, bis wohin diese gelangen<br />
sollte, um Erneuerung zu veranlassen: „nämlich bis zu jenem Urgr<strong>und</strong><br />
in uns selber, den Sie (Sigm<strong>und</strong> Freud – C.S.) den ‚narzisstischen’ getauft<br />
haben“ 166 . Narzissmus, diesen Urgr<strong>und</strong> – „eine nie genügend ausgebeutete<br />
Einsicht“ – bezeichnete sie als einen „Punkt wo ‚Selbst’ sich in seinen Gegensatz<br />
herumgedreht sieht (...). Das heißt, wo die Liebe zu sich noch unabgehoben<br />
mitenthält – selbstlos – den urtümlichen Zusammenhang mit allem.“<br />
167<br />
Das Bild, das Lou Andreas-Salomé hier heranzieht, führt uns zu François<br />
Roustangs Überlegungen zurück. Von diesem Punkt sagte sie, er sei ein „Nabelstrang,<br />
der unvernichtbar im Hintergr<strong>und</strong>e unserer bewussten Trieberregungen<br />
wirksam bleibt – am unverkennbarsten eingewurzelt unserer Körperlichkeit,<br />
unserm eigenen unabtrennlichten ‚Außen’, das wir doch selber sind,<br />
(...)“ – ein Nabelstrang, der „den neuen Terminus erst notwendig“ machte 168 .<br />
Dieses Bild spricht von selbst, denn es ist ja das Kind, das „noch aus seiner<br />
Einheit mit allem, dem es entstieg, <strong>und</strong> dessen Einheit mit ihm selbst“ lebt 169 .<br />
Folgerichtig sprach sie anschließend vom Muttertum, dessen Ungeheures in<br />
der fraglosen „Einheit von Subjekt <strong>und</strong> Objekt, sei es wie es sei, als Wiederaufleben<br />
dessen, worin Selbst <strong>und</strong> Welt noch nicht schieden“ besteht 170 .<br />
Was beide Auffassungen unterscheidet, ist der jeweilige Gesichtspunkt. Bei<br />
Lou Andreas-Salomé fehlt die Verknüpfung mit dem Schuldgefühl, <strong>und</strong> der<br />
Narzissmus ist bei ihr ein konstruktiver Begriff. Roustang dagegen betont<br />
die Trennung, die die Geburt mit sich bringt, <strong>und</strong> das „jenseits dieser Trennung<br />
bleiben Wollen“ der Mutter 171 . Seine Argumentation vermag ebenfalls<br />
zu erklären, wie es dazu kommt, dass man Trennungen, <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Schuldgefühle, wiederholt – als narzisstische Commemoratio.<br />
Bei Lou Andreas-Salomé ist aber von einem mutterhaften Narzissmus nicht<br />
explizit die Rede. Fest steht aber, dass ihre Auffassung von der Mütterlichkeit<br />
mit ihrem Narzissmus-Begriff eng verb<strong>und</strong>en ist. Ich möchte noch eine<br />
andere Auffassung der Mütterlichkeit, die Lou Andreas-Salomé gibt, hier<br />
anführen. In verschiedenen Arbeiten deutet sie die Mütterlichkeit im Rahmen<br />
der Bisexualität: „dem Weibe wird im Muttertum das geschenkt, was zu-<br />
166 In Mein Dank an Freud, S. 18 – H. von C. S.<br />
167 Op. cit., S. 18 – H. von Lou Andreas-Salomé, ich unterstreiche.<br />
168 Op. cit., S. 19 – H. von C. S.<br />
169 Eintragungen, S. 122.<br />
170 Op. cit., S. 127.<br />
171 Das sie verwirklichen, ausagieren kann durch den Tod des Kindes. Diese Interpretation<br />
liefert endlich einen Rahmen um zu erklären, aus welchen Gründen Lou Andreas-Salomé<br />
ihr Kind verloren hat.<br />
46
gleich auch männliches Geschlecht miteinbegreift“ 172 . In ihren Eintragungen<br />
kommt sie darauf zurück: „was am Weibe das Mannhafteste ist, das Aktivwerden<br />
im Gebären, Ernähren, Schützen, Erziehen“ 173 . Lou Andreas-Salomé<br />
führte diesen Gedanken auf ihre Art aus:<br />
Wo jedes Geschlecht sich voll auswirkt, (gelangt) es an die Grenzen des anderen: es<br />
schafft sich zurande, indem es über sich hinausschafft in das menschlich Wesentliche,<br />
das in treibender Sonderung, doch allem einheitlich zugr<strong>und</strong>e liegt.<br />
Lou Andreas-Salomés Worte über das Mütterliche wurden mit Erstaunen<br />
aufgenommen, sie wurden meistens in Zusammenhang mit ihrer Biographie<br />
gebracht, anstatt sie im Zusammenhang mit ihrer Lebensphilosophie <strong>und</strong> dem<br />
damaligen Zeitgeist 174 zu verstehen.<br />
Aus diesem Hintergr<strong>und</strong> wird einiges deutlicher in Adines Gestalt (Eine<br />
Ausschweifung). Zum Beispiel, warum sie in der Mutterschaft eine Lösung<br />
für sich gesehen hätte, wenn sie Benno nur rasch geheiratet hätte. Doch dies<br />
durfte nicht – in dieser Erzählung – das Schicksal dieser Gestalt sein. In ihrer<br />
Beziehung zu Benno verarbeitet sie ihre traumatische Urszene – die an die<br />
Vergewaltigung der Amme erinnert <strong>und</strong> dargestellt wird. Im Gespräch mit<br />
Gabriele (S. 77-9) wird ihr unbewusst deutlich, was sich in ihrer Verlobung<br />
wiederholt, doch sie kann es nur mittels Symptomen ausdrücken, die die<br />
Auflösung der Verlobung herbeiführen werden (S. 79). Als sie später als<br />
Künstlerin in Paris selbstständig geworden ist, wird sie – nachdem sie einen<br />
Brief von Benno erhält – mittels einer Radierung von Klinger an die – nur<br />
psychische? – Realität der/ihrer Urszene erinnert (S. 81-2). Ihre darauffolgende<br />
Heimreise bedeutet ihr soviel wie eine Heimkehr, nur dass sie nun ihre<br />
Erfahrung bewusst erleben kann, da sie ihre leidenschaftliche Bereitschaft,<br />
dem Manne zu unterliegen, erkannt hat. Diese Wahrnehmung vollzieht sich<br />
am deutlichsten in einer Projektion auf Daniela :<br />
Sie setzte den Becher an die Lippen <strong>und</strong> nippte von derselben Sklavenseligkeit, woran<br />
ich mich einst Benno gegenüber so bis zur bewusstlosen Selbstvernichtung berauscht<br />
hatte, – <strong>und</strong> die es für mich ihm gegenüber nun nicht mehr gab. (S. 107)<br />
172 In Mein Dank an Freud, S. 31. In der Schule bei Freud: „Dasjenige, was den festen Zusammenschluss<br />
von Männlichem <strong>und</strong> Weiblichem enthält, ist Mütterlichkeit“, S. 218.<br />
173 In Eintragungen, S. 14; vgl. mit “Was daraus folgt, dass es nicht die Frau gewesen ist, die<br />
den Vater totgeschlagen hat”, Almanach, 1928, 28-9.<br />
174 Ich denke an den Roman von H. Boelhau, Das Recht der Mutter, 1897, an die positiven<br />
Auffassung des Begriffes bei Otto Weiniger. Lou Andreas-Salomé setzte sich auch kritisch<br />
mit Strindbergs Auffassung auseinander (vgl. “Zum Bilde Strindberg”, 1915). Heranzuziehen<br />
ist auch ihr Beitrag über “E. Marriot” (1892). Lou Andreas-Salomé befasste<br />
sich also mit einem Thema, das damals breiten Anklang hatte.<br />
47
Um sich davon – von diesem Rausch, von diesem Unterordnungsdrang –<br />
endgültig zu befreien, inszeniert sie diesen Beziehungstypus noch einmal 175 :<br />
Staub zu seinen Füssen, – jetzt bin ich ihm das wirklich! dachte ich nur noch dumpf,<br />
<strong>und</strong> irgendeine unklare Vorstellung dämmerte dunkel in mir auf, dass sich da soeben<br />
etwas Sonderbares begäbe: irgendeine wahnsinnige Selbsterniedrigung <strong>und</strong> Selbstunterwerfung,<br />
– irgendein sich zu Boden treten lassen wollen–. (...) Und dennoch war<br />
diese ganze Situation kein wirkliches, kein wahrhaftes Erleben, sondern sie war von<br />
mir nur geschaffen, von Benno nur geglaubt, – sie war nur ein Schein, ein Bild, ein<br />
Traumerleben, – ein Nichts. (S. 118)<br />
Diese Verarbeitung der Hauptfigur – die den ursprünglichen Titel erklärt: Ein<br />
überlebter Traum 176 – nimmt sozusagen den ganzen Platz ein, die Mutter tritt<br />
somit in den Hintergr<strong>und</strong>. Doch bezeichnet das Mütterliche durchaus einen<br />
gangbaren Weg. Als Adine sich schon von Benno gelöst hat, dieser aber sie<br />
stürmisch liebkost, regt sich in ihr „etwas W<strong>und</strong>erliches, ganz Zartes <strong>und</strong><br />
beinahe Mütterliches, – Die Hingebung einer Mutter, die einem weinenden<br />
Kinde lächelnd ihre nahrungsschwellende Brust öffnet.“ (S. 115) Was hier in<br />
Eine Ausschweifung (1897-1898) nur angedeutet wird, wird später (1901) in<br />
Ma voll ausgearbeitet. Der Gesichtspunkt aber ändert sich dann völlig, die<br />
Töchter werden zu Nebenfiguren, <strong>und</strong> die Mutter erscheint in ihrer Ganzheit.<br />
Das enge Ineinander von Freiheit <strong>und</strong> Verantwortung, das in Werken wie ihr<br />
Ibsenbuch, wie Fenitschka <strong>und</strong> Eine Ausschweifung dargestellt wird, ferner<br />
diese ‚Krönung der Mutterschaft’, die „sich erst in dieser bewussten Hinausstellung<br />
des Eigensten von sich, als eines Fremden für sich ...“ vollzieht<br />
177 , all dies charakterisiert Lou Andreas-Salomés Roman Ma. Die Handlung<br />
ist hier nicht so tief psychologisch verankert, hier wird auch nicht der<br />
Anspruch erhoben, bis ins Unbewusste hineinzugreifen, wie es in Eine Ausschweifung<br />
der Fall war 178 . Einfühlsam wirkt diese Seelenschilderung 179 ,<br />
unter anderem dann, wenn – wieder einmal – der Fre<strong>und</strong> (wieder ein Arzt,<br />
hier Tomasow) sich als Liebender zu erkennen gibt. Tomasow war für Ma<br />
der einzige Fre<strong>und</strong>, den sie während zwanzig Jahren hatte, er war es auch,<br />
175 Im Hintergr<strong>und</strong>e meiner Deutung steht FreudsVerführungstheorie, an der er in jenen<br />
Jahren arbeitete. Verschiedene Stellen aus Eine Ausschweifung ließen sich heranziehen,<br />
um meine Interpretation zu stützen (vgl. S. 72, 78-9, 81-2, 95-6, 103, 117-8, 120). Es sei<br />
hier daran erinnert, das Lou Andreas-Salomé Freud sehr wahrscheinlich schon 1895 kannte.<br />
176 In Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte im April-September 1897 veröffentlicht.<br />
Wobei zu bemerken ist, dass es sich in diesem Falle um eine andere Fassung handelt,<br />
nicht die tagebuchartige Ichform die wir kennen, hier wird die Geschichte von ‚außen’<br />
erzählt, von einem auktorialen Erzähler.<br />
177 In Erotik, S. 121.<br />
178 Siehe z.B. in Eine Ausschweifung, S. 71-2.<br />
179 Keine ‚Seelenschau’ wie es bei Ursula Welsch <strong>und</strong> Michaela Wiesner steht; 1988, S. 139.<br />
48
der, nach dem Tode ihres Mannes in ihr wieder Lebenslust erweckte. Seine<br />
Werbung um Ma (S. 185) lässt in ihr, aber nur einen Augenblick lang, ein<br />
Glücksverlangen aufkommen, doch diese ‚Gemütswallung’ dauert nicht:<br />
Irgend etwas in Marianne, irgend ein eben erst entfachtes Sehnen des Weibes in ihr<br />
verschüttete sich wieder <strong>und</strong> wollte zagend erlöschen. (S. 193-4)<br />
Das Mütterliche, das wie als Erinnerung an eine Allverb<strong>und</strong>enheit auffassen<br />
können, gewinnt in Ma wieder die Oberhand, was zu Folge hat, dass Ma den<br />
Fre<strong>und</strong> verliert. Gr<strong>und</strong> der Unfähigkeit zu lieben, ist also hier nicht eine „lange<br />
Ausschweifung“ 180 , es ist das Mütterliche, das sie sagen lässt: „Ja, das<br />
Leben: das heißt meine Kinder“ (S. 40). Demgegenüber kann Tomasow nur<br />
machtlos – impotent – sein. Ohne auch eine Antwort auf seinen Antrag zu<br />
erwarten, verabschiedet er sich, als ob er auf Flucht sei. Vielleicht erschreckte<br />
ihn an der Mütterlichkeit 181 etwas, das dem Haupt der Medusa 182 gleichkommen<br />
würde. Es ist auch möglich, dass er in dieser Erfahrung mit seinen<br />
homosexuellen Tendenzen 183 konfrontiert wird.<br />
Es wäre jedoch falsch, den Roman Ma auf diese „so alte, uralte gefestete<br />
Fre<strong>und</strong>schaft“ zu reduzieren. Neben der Beschreibung Moskaus im russischen<br />
Winter, neben unzeitmäßigen Betrachtungen über Russland, über den<br />
Unterschied zwischen Volk <strong>und</strong> Proletariat (S. 7), zwischen Moskau <strong>und</strong><br />
Sankt Petersburg (S. 25), steht im Zentrum des Romans das Schicksal von<br />
zwei heranwachsenden Mädchen, die gerade dabei sind, sich von ihrer Mutter<br />
zu lösen (S. 11). Diese Aspekte wurden von Eduard Platzhoff-Lejeune (1901)<br />
negativ bewertet: „Und das Drum <strong>und</strong> Dran ist so wenig interessant: ein bisschen<br />
russisch, ein bisschen berlinerisch, nicht gut erzählt, farbenlos, manchmal<br />
trocken, meist traditionell“. Traditionell ist sicher die Romanform von<br />
Ma, wie überhaupt ihr ganzes literarisches Schreiben, doch diese Elemente,<br />
die Eduard Platzhoff-Lejeune kritisiert, scheinen mir im Gegenteil sehr gelungen,<br />
sie geben dem Roman Farbe <strong>und</strong> stehen stets in Verbindung zur Lebenswelt<br />
der verschiedenen Figuren.<br />
Ich erwähne zwei Stellen, die charakteristisch für Lou Andreas-Salomés<br />
Horizont sind. Der auktiorale Erzähler, der sich auf der letzten Seite zu er-<br />
180 Eine Ausschweifung, S. 71.<br />
181 Das Mannhafste an ihr.<br />
182 Siehe von Sigm<strong>und</strong> Freud, “Das Medusenhaupt”, GW, Bd. XVII, <strong>und</strong> von Jan-Paul Vernant,<br />
La mort dans les yeux, Paris, Hachette, 1985.<br />
183 Jacques Nobécourt behandelt dieses Thema im Rahmen der Biographie von Lou Andreas-<br />
Salomé: “elle contraint ceux qui deviennent siens à affronter, même à leur insu, ce qu'il en<br />
est de l'homosexualité”, 1977, S. XIII.<br />
49
kennen gibt – in der Figur von Hugo Lanz 184 , gibt Ma(rianne)s Auffassung<br />
der Familie mit folgenden Worten wieder:<br />
(...) diese Zeit der innigsten Zueinandergehörigkeit konnte nicht vorbei sein. Wusste<br />
doch sie am allerbesten, wie viel, wie unendlich viel sie ihren Kindern noch gar nicht<br />
gegeben, noch gar nicht mit ihnen geteilt hatte, weil sie auch jetzt zu jung <strong>und</strong> unerfahren<br />
waren, um alles zu empfangen. Voll Freude <strong>und</strong> Ungeduld ersehnte sie die<br />
Zukunft, wo ihnen einmal alles, ihr ganzer tiefster Lebensgewinn, zu eigen werden<br />
durfte. Wo sie einander ganz verstanden <strong>und</strong> durchdrangen, wie drei Fre<strong>und</strong>e, – um<br />
miteinander eine unzertrennliche seelische Einheit zu bilden. Dann erst würden alle<br />
ihre Schmerzen <strong>und</strong> Erfahrungen, alle ihre Kämpfe <strong>und</strong> Siege kostbare Ernte tragen,<br />
– eine Ernte auf den Feldern ihrer Kinder. 185<br />
Diese Passage zeigt sehr schön, wie die Zukunft aus der Perspektive der<br />
Vergangenheit – d.h. des Ursprungs – verstanden wird, <strong>und</strong> wie dieses ‚sich<br />
Festhalten an die Mutter-Funktion’ sich mittels meiner Ausführung über<br />
einen mutterhaften Narzissmus erklären lässt.<br />
Typisch ist auch folgende Stelle, in der Ma den „Fachmensch“ 186 kritisiert im<br />
Namen einer globalen Bildung:<br />
(...) dass kannst du doch selber nicht wollen: so ein Fachstudium, <strong>und</strong> nichts mehr<br />
dahinter <strong>und</strong> darüber–. Etwas so Spezielles, etwas so Hartes –. Du musst nicht vergessen,<br />
wie sehr Sophie, – <strong>und</strong> früher auch du, – euch in einem allseitigen, harmonischen<br />
Ganzen geistig angeregt habt. Es schloss ein Studium nicht aus, aber das beseelte<br />
Leben ging doch noch drüber. (S. 171)<br />
Lou Andreas-Salomés Gedankenwelt kommt in solchen Stellen zum Ausdruck,<br />
doch nicht von oben herab, oder von außen hinein, denn diese Argumente<br />
gehören zum Innenleben der verschiedenen Figuren des Romans. Und<br />
nie wird ein Thema angegangen, ohne dass es nicht auf den Widerstand der<br />
halbwüchsigen Mädchen stoßen würde. Doch selbst in solchen Auseinandersetzungen<br />
steht die Beziehung <strong>und</strong> Liebe zur Mutter stets im Vordergr<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> besiegt die Spannungssituationen (die als Prüfungsstein dienen). Wenn<br />
das Ende der Fre<strong>und</strong>schaft mit Tomasow für ihn tragisch ist, so bleibt es für<br />
Ma nur eine Probe ihrer Identität 187 . Das Mütterliche in Ma siegt an Ende.<br />
184 Solche Stellen, in denen über das Schreiben reflektiert wird, sind charakteristisch für Lou<br />
Andreas-Salomés Dichtung, sie stehen jedoch meistens am Anfang einer Erzählung (vgl.<br />
Jutta, Fenitschka, dort jeweils die ersten Seiten). In Ma handelt es sich um die letzte Seite.<br />
185 Ma, S. 98 - H. von C. S.<br />
186 Zu vergleichen mit Bennos Entwicklung in dieser Hinsicht, in Eine Ausschweifung, S.<br />
103-104.<br />
187 Dieses gleiche Verhältnis habe ich in Ruth zwischen Erik <strong>und</strong> Ruth feststellen können<br />
(siehe 3.3.1.).<br />
50
Und der überwältigende Oster-Glockenklang im Abendrot Moskaus gibt<br />
diesem letzten Kampf seine Größe <strong>und</strong> einen unzweifelbaren suggestiven<br />
Wert.<br />
Ich würde also Ma als ein sehr gelungenes Werk von Lou Andreas-Salomé<br />
betrachten. Hier ist ihr geglückt, was sie an Ossip Schubin lobte: „vor allem<br />
der tiefe Griff ins Leben macht die Dichtung“ 188 , <strong>und</strong> an Hauptmann rühmte :<br />
„(...) jedes Kunstwerk wird durch die Schöpferkraft bedingt, mit der ein Lebensinhalt<br />
sich in Kunstform umzusetzen vermochte (...)“ 189 . Ich meine also,<br />
dass ihre theoretische Ansichten <strong>und</strong> Überlegungen über die Mutterschaft –<br />
die ich hier eingangs zusammengefasst habe – ihren Roman Ma nicht belasten.<br />
Doch dies ist ihr nicht immer wirklich gelungen. Mehrmals bekommt man<br />
den Eindruck, die künstlerische Form stehe eigentlich im Dienst ernster Erkenntnis.<br />
Als Beispiel möchte ich, bevor ich in dieser Hinsicht auf Die Tarnkappe<br />
eingehe, eine Stelle aus Eine Ausschweifung erwähnen, die dies besonders<br />
verdeutlicht. Um dem Unterordnungsdrang der Frau eine Erklärung zu<br />
geben, stellt Lou Andreas-Salomé die Ontogenese im Zusammenhang mit der<br />
Phylogenese. Dieses Argument, das Freud zumindest seit Totem <strong>und</strong> Tabu<br />
anwendet, findet sich in Lou Andreas-Salomés Aufsätzen – seit ihrem Aufsatz<br />
“Gottesschöpfung” (1892). Seine Verwendung in Eine Ausschweifung 190<br />
wirkt aber unpoetisch, als eine bloße Zugabe. Es bringt dem Werk nichts, im<br />
Gegenteil, es dringt wie ein Fremdling ein – dabei mag das Argument an <strong>und</strong><br />
für sich noch so gültig oder interessant sein.<br />
3.3.4. Die Tarnkappe – Zwischen Dichtung <strong>und</strong> Wahrheit<br />
In dem spät geschriebenen Märchendrama Die Tarnkappe (1934) kommen<br />
drei Anliegen von Lou Andreas-Salomé zum Ausdruck. Erstens, ihr Interesse<br />
für Märchen 191 ; zweitens, ihr Versuch, ein enthüllendes Werk zu schreiben –<br />
in dieser Hinsicht ist es mit dem Buch Der Teufel <strong>und</strong> seine Grossmutter<br />
(1922) zu vergleichen –; <strong>und</strong> drittens, ihre – in jenen Jahren 192 – unablässige<br />
Beschäftigung mit Rilke.<br />
188 In “Ossip Schubin”, 1892.<br />
189 In “Ein Dank an einen Dichter”, 1901, S. 72.<br />
190 Dort S. 119. Vgl. im Lebensrückblick, (S. 9) der Übergang von der Kindheit zu Urkindheit,<br />
<strong>und</strong> von dieser zur Urmenschheit.<br />
191 Wir sehen hier, wie in Drei Briefe an einen Knaben, den Einsatz des Märchens als Mittel<br />
zur Aufklärung.<br />
192 Siehe ihren Brief an Freud vom 20. 7. 1927, im Briefwechsel, S. 182 f.<br />
51
Hier der Aufbau der Geschichte. Im ersten Teil “Mondlicht” findet um Mitternacht<br />
die Begegnung zwischen dem Zwerg – der Rilke verkörpert 193 – <strong>und</strong><br />
dem kleinen Mädchen statt. Dieses, das eigentlich eine Fee erwartete, bittet<br />
ihn, er solle seine Puppe lebendig machen. Dies vermag er aber nicht, da<br />
seine Spezialität das Kneten ist. Im zweiten Teil “Tageslicht” treten die übrigen<br />
Mitglieder der Familie auf, welche, mit Ausnahme des Enkels, alle die<br />
Tarnkappe – das traditionelle Requisit des Zwerges 194 – aufsetzen <strong>und</strong> feststellen,<br />
dass sie, statt zu verhüllen enthüllt. Ferner kommt der Zwerg auch<br />
zum Kneten. Im dritten Teil “Zwielicht” wird die unmögliche Liebe zwischen<br />
dem Zwerg <strong>und</strong> dem kleinen Mädchen geschildert, <strong>und</strong> um Mitternacht verlässt<br />
der Zwerg das Haus, nicht ohne ein Abbild von sich zu hinterlassen.<br />
Lou Andreas-Salomé Position findet sich in zwei Figuren wieder. Zum einen<br />
im kleinen Mädchen (die Tochter), das als Objekt geliebt wird. Hier die entsprechende<br />
Passage:<br />
ZWERG: – Ist denn nicht Schönheit eben dies: daß etwas sich<br />
formen ließ von Liebe –?<br />
TOCHTER: – Wo deine Arbeit, deine Form-Arbeit beginnt,<br />
da – höre ich auf für dich. (S. 138)<br />
Die Problematik des schöpferischen Prozesses <strong>und</strong> vor allem des schöpferischen<br />
Menschen wird hier dargestellt. Sicher hat hier Frowen recht, wenn sie<br />
diese Stelle als eine Tarnung Lou Andreas-Salomés Kritik an Rilke interpretiert.<br />
Zum anderem steht ihr die Figur des Enkels nah. Am Ende des ersten<br />
Teils schließt er mit dem Zwerg Fre<strong>und</strong>schaft, <strong>und</strong> am Ende des letzten Teils<br />
kommt er ihm zu Hilfe. Doch diese Verb<strong>und</strong>enheit 195 kann das Schicksal des<br />
Zwerges nicht abändern. Dass der Enkel der Einzige ist, der die Tarnkappe<br />
nie aufzusetzen braucht, macht ihn zum Typ des Verdrängungslosen, <strong>und</strong><br />
Lou Andreas-Salomé verstand sich gerade als diesem Typus zugehörig.<br />
In diesem Spiel verarbeitet also Lou Andreas-Salomé zwei Erfahrungen der<br />
Beziehung. Die Eine, die einer unfreien Liebe, <strong>und</strong> die Andere, die einer<br />
begrenzten Fre<strong>und</strong>schaft. Wenn das Märchenhafte recht suggestiv wirkt, so<br />
missfallen mir dafür Stellen, in denen zu unmittelbar mit gewissen abstrakten<br />
Konzepten hantiert wird. Wie etwa, wenn Nietzsches Ansicht über Kunst als<br />
Lüge hervortritt, in der Kritik am Zwerg, der nicht vermag zu beleben. Und<br />
193 Hier einige der übereinstimmenden Merkmale: ein Unbehauster, aus uraltem adeligen<br />
Ursprung, ...<br />
194 In der griechischen Mythologie als cucullus des Telesphores bekannt, in der germanischen<br />
Mythologie findet es sich in der Nibelungensage / Alberich.<br />
195 „Nein-Nein: nicht zwei Welten, -nein: nicht gegenseitig ausgeschlossen, -nein: nicht du -<br />
<strong>und</strong> ich“ spricht der Zwerg „selig hinterübergelehnt in des Enkels Armen“, S. 156.<br />
52
so werden auch die letzten Bilder – der Dichter als Narziss (der Zwerg hinterlässt<br />
eine Holzfigur, die ihn selber darstellt) <strong>und</strong> die Spiegelmetapher (S.<br />
159) – nicht genügend vom Gang der Geschichte her vorbereitet. Am Zwerg<br />
wird manches nur verständlich – so scheint es mir auf jeden Fall, wenn man<br />
ihn in Beziehung zu Rilke setzt, <strong>und</strong> das wertet dieses Märchendrama ab.<br />
Schön dagegen die subscriptio auf der letzten Seite, wie in Thomas Manns<br />
Tristan, wo das Lachen des ges<strong>und</strong>en Kindes dem Spuk entgegenzuwirken<br />
vermag. Ein typischer Moment für Lou Andreas-Salomé, kennzeichnend für<br />
ihre hohe Einschätzung des Kindes – weil es dem Ursprung nahe steht 196 .<br />
3.4. Zwischen Konstruktion <strong>und</strong> Rekonstruktion<br />
Ich möchte mich hier an eine Überlegung Paul Parins 197 anlehnen. Es geht<br />
um die Frage, was die Psychoanalyse <strong>und</strong> das Schreiben von Geschichten<br />
miteinander zu tun haben. Beiden gemeinsam ist, führt Paul Parin aus, „dass<br />
sie trachten, Stücke der Erinnerung neu zu beleben, sie zu verbinden <strong>und</strong><br />
Gefühle hervorzurufen, die Ereignisse von damals durch Emotionen zu verknüpfen“.<br />
Was nun beide unterscheidet – immer laut Paul Parin –, ist, dass<br />
der Psychoanalytiker gelernt hat, „darauf zu verzichten, seine magische<br />
Macht <strong>und</strong> seine Vernunft einzusetzen, um einem anderen Menschen die<br />
eigene Geschichte wiederzugeben“. Derjenige, der aber eine Geschichte<br />
schreibt, der muss verdichten, was auseinanderstrebt, muss eine Form finden:<br />
„da darf ich meine magische Kraft anwenden, meine Figuren tanzen lassen“.<br />
Diese Argumentation erinnert an Lou Andreas-Salomés Unterscheidung<br />
zwischen der analytischen Arbeit des Psychoanalytikers <strong>und</strong> der kreativen<br />
Synthese des Dichters. Paul Parin dehnt dieses Modell aus, in dem er in den<br />
letzten Zeilen seines kleinen Aufsatzes das Begriffspaar Konstruktion / Rekonstruktion<br />
einführt 198 :<br />
Doch wie verhält es sich mit der Erinnerung selbst? In der Analyse gräbt man die<br />
Trümmer eines längst verfallenen Gebäudes aus, stellt sie zusammen, wie sie früher<br />
waren. Eine Rekonstruktion. Dann kann man sich erneut darin umsehen, einen Augenblick<br />
verweilen <strong>und</strong> weitergehen. Beim Niederschreiben einer Geschichte versucht<br />
man aus den ausgegrabenen Bausteinen ein neues Haus zu bauen. Eine Konstruktion.<br />
199<br />
196 Siehe z.B. im Lebensrückblick, S. 9.<br />
197 Paul Parin, 1986, S. 1049-50.<br />
198 Siehe bei Sigm<strong>und</strong> Freud, “Konstruktion in der Analyse”, GW, Bd. XVI, S. 41/57.<br />
199 Op. cit., S. 1050 – H. von C. S.<br />
53
Als ich diese Zeilen las, da beschäftigte ich mich schon mit Lou Andreas-<br />
Salomés literarischen <strong>und</strong> <strong>psychoanalytische</strong>n Schriften. Ich muss sagen, dass<br />
ich sofort den Eindruck hatte, Paul Parins Gedanken würden ein interessantes<br />
Interpretationsschema – für Lou Andreas-Salomés – liefern.<br />
Es ist ja doch so, <strong>und</strong> die Kritik ist sich hierin einig 200 , dass Lou Andreas-<br />
Salomés literarische Werke oft den Eindruck erwecken: „die Erzählung sei<br />
nur der Rahmen für das Bild, das uns mit scharfen Strichen den seelischen<br />
Konflikt bis ins einzelnste vorführt“, so Salzer 1901 über Menschenkinder.<br />
So würden ihre Bücher nur psychologisches Material liefern, die Erzählerin<br />
in eine Psychologinposition gedrängt, ... <strong>und</strong> schlussendlich würde das<br />
Kunstwerk an Rang <strong>und</strong> Wert verlieren, da es bloß als intellektuelle Leistung<br />
erscheint. Lou Andreas-Salomé wird demzufolge als „philosophische Dichterin“<br />
201 , <strong>und</strong> ihr abstraktes Denken gemäss als „gedankliche Künstlerin“ 202<br />
empfangen. Diese Kritik, die nicht nur zeitgeb<strong>und</strong>en ist, zielt auf den theoretischen<br />
Hintergr<strong>und</strong>, der auf manchen Schriften von Lou Andreas-Salomé<br />
eine negative Auswirkung hat. Vielleicht erklärt auch diese zum Teil gerechtfertigte<br />
Kritik, warum heute vor allem das Theoretische in ihrem Werke rezepiert<br />
wird.<br />
Diese Kritik hat vor allem ihre Gültigkeit im Hinblick auf die Novellensammlungen<br />
Im Zwischenland <strong>und</strong> Menschenkinder 203 , <strong>und</strong> verschiedene Erzählungen,<br />
die wie in Die St<strong>und</strong>e ohne Gott psychologische Beobachtungen an<br />
Kindern bringen oder wie Fenitschka <strong>und</strong> Eine Ausschweifung psychologische<br />
Feinmalereien von Frauenschicksalen sind. Theodor Heuss meinte<br />
hierzu: „durch den M<strong>und</strong> der Dichterin spricht die denkende <strong>und</strong> beobachtende<br />
Frau“ 204 . Im vorigen Teil habe ich versucht zu zeigen, wie dies der Fall<br />
ist, wodurch dies wohl zustande gekommen sein mag. Wir könnten aber auch<br />
mit Ernst Pfeiffer vermuten, dieser besondere Charakter von Lou Andreas-<br />
Salomés Novellen komme<br />
... wohl daher, daß sie, wie LAS selbst gesagt hat, keine Kunstwerke schaffen wollte:<br />
ihre Werke hätten „bei stärkere Formhaftigkeit an Lebenscharakter verloren“. Ein<br />
mehr davon gleicht hier also ein weniger an Kunst aus. 205<br />
200 Platzhoff-Lejeune, Salzer, Meyer-Benfey, Heine, Brausewetter, Heilborn, Heuss, Klinkenberg,<br />
Leavy, Koepcke, Welsch <strong>und</strong> Wiesner ...<br />
201 Anselma Heine, 1928.<br />
202 So Ernst Heilborn, 1898, S. 27.<br />
203 Lou Andreas-Salomés Fre<strong>und</strong>in Helene Klinkenberg spricht sogar von "kleinen feinen<br />
Psycho-Analysen", über Menschenkinder, Helene Klinkenberg, 1912, S. 249.<br />
204 Theodor Heuss, 1908, S. 11.<br />
205 Ernst Pfeiffer im Lebensrückblick, S. 284, Anm. Nr 171.<br />
54
In Ernst Pfeiffers Augen bleibt Lou Andreas-Salomés Erzählen einer Lebensverhaftung<br />
verfangen, die es ihm verweigern würde, in einer ablösenden<br />
Lebensformung zu enden. Als Gr<strong>und</strong> hierfür erwähnt Pfeiffer, dass ihr Scheiben<br />
im Geheimen noch immer ein Erzählen für den lieben Gott sei. Ich bin<br />
der Meinung, hier verdichte Ernst Pfeiffer zwei Argumente: einerseits Lou<br />
Andreas-Salomés Auffassung einer Verknotung von Dichtung <strong>und</strong> Leben,<br />
<strong>und</strong> andererseits, der Ursprung ihres Schreiben in jener phantasmatischen<br />
Beziehung zu Gott, zum All. Ich frage mich aber, ob überhaupt dieses Argument<br />
von Ernst Pfeiffer das Abstrakte an Lou Andreas-Salomés Werke erklärt.<br />
Ich möchte hier auch betonen, dass ihre Romane Im Kampf um Gott,<br />
Ruth <strong>und</strong> Ma, sowie die Erzählung Aus fremder Seele nicht in solchem Masse<br />
ans Theoretische geb<strong>und</strong>en sind, wie es bei anderen ihrer Werke der Fall ist,<br />
<strong>und</strong> dass demzufolge die eben erwähnte Kritik 206 nicht für das ganze Werk<br />
von Lou Andreas-Salomé gültig ist.<br />
3.5. Empirische Realität, psychische Realität <strong>und</strong> Dichtung<br />
Wie muss man mit autobiographischen Aufzeichnungen umgehen? Ich möchte<br />
diese Frage soweit wie möglich pragmatisch angehen, d.h. ich verzichte<br />
hier, die Ergebnisse der Autobiographie-Forschung heranzuziehen 207 . Vielleicht<br />
ist es ein guter Einstieg, wenn ich mit einigen Bemerkungen von Lou<br />
Andreas-Salomé beginne:<br />
Wenn man von Tagebüchern oder Memoiren so leicht die Aufrichtigkeit anzweifelt, so<br />
ist das nicht nur wegen ihrer bewussten oder halbbewussten Fortlassungen, sondern<br />
vor allem darum, weil das ganze Memoirenwerk, genau wie ein erzählter Traum,<br />
schon einer Rationalisierung des Gelebten gleichkommt <strong>und</strong> damit eo ipso einer<br />
Verfälschung seiner latenten Wesenhaftigkeit. (...) Dichtung ist etwas zwischen dem<br />
Traum <strong>und</strong> seiner Deutung. 208<br />
In einer Buchbesprechung zu “Kranke Liebe. Von H. Jäger” spricht Lou<br />
Andreas-Salomé wiederum von der „Schranke der Aufrichtigkeit gerade am<br />
Auto-biographischen, nämlich an dem, was man sich selbst gegenüber uneingestanden<br />
lässt“ 209 . Somit erklärt sich von selbst, dass man Lou Andreas-<br />
Salomés autobiographische Aufzeichnungen mit Vorsicht lesen muss. Erin-<br />
206 Eine ähnliche Kritik gilt – laut Jackson 1988 – dem Werke von P.J. Jouve.<br />
207 Jean Starobinski, 1970; Philippe Lejeune, 1975; Maurizio Catani <strong>und</strong> Claudette Delhey-<br />
Sarlet, (sous la dir.), 1983; Poétique, Paris, 1983, No 56.<br />
208 In der Schule bei Freud, S. 33 – H. von C. S.; vgl mit 4.2.<br />
209 1921, S. 121 – H. von C. S.<br />
55
nert sei hier daran, dass sie keine Autobiographie im eigentlichen Sinne<br />
schrieb. Auch sind ihre Aufzeichnungen sehr eklektisch: gr<strong>und</strong>legende Betrachtungen<br />
stehen neben persönlichen Bekenntnissen, <strong>und</strong> dem Traktat folgt<br />
der einfache biographischen Bericht. Dass sich aus diesen Aufzeichnungen<br />
unmittelbar keine Biographie rekonstruieren lässt, ist eine Selbstverständlichkeit<br />
– die aber nicht jeder Biograph von Lou Andreas-Salomé eingesehen<br />
hat. Ernst Pfeiffers Hinweise sind in dieser Hinsicht besonders wertvoll.<br />
Folgendes als Beispiel:<br />
Indessen liegt es für Lou v. S. wie für Rée anders, – durchaus anders, als Lou A.-S. in<br />
ihrem Lebensrückblick das Rätsel ihrer Ehe darzulegen versucht. Richtig ist allein der<br />
Satz: “... der Zwang, unter dem ich den nie mehr zurückzunehmenden Schritt tat,<br />
trennte mich nicht von ihm (Rée), sondern von mir selbst“. 210<br />
Dieses Beispiel zeigt eindeutig, dass Lou Andreas-Salomé in ihren autobiographischen<br />
Aufzeichnungen obschon, immer die Wahrheit sagt, nicht die<br />
ganze Wahrheit sagen kann 211 . Dies verleiht diesen Aufzeichnungen einen<br />
fiktiven Aspekt, der diese Textart in enge Beziehung zu den literarischen<br />
Schriften von Lou Andreas-Salomé bringt. So kann ich mit Jacques Nobécourt<br />
nur einverstanden sein, wenn er in seinem Vorwort zur französischen<br />
Ausgabe vom Lebensrückblick meint:<br />
Ce texte rejoint les œuvres de fiction où Lou a raconté sous une forme plus littéraire<br />
des rencontres qui ne sont pas toutes reprises ici: (...) Il y a fiction aussi dans le présent<br />
texte, comme dans toute parole, dans tout rêve. La querelle historique qui lui est<br />
faite d’avoir transformé ou travesti tel ou tel épisode se trompe d’objet, puisqu’il ne<br />
s’agit pas de chronique, ni même de biographie, mais de la réalité de sa marche à la<br />
mort telle qu’elle l’a éprouvée, de son histoire telle qu’elle la raconte. Qu’importe<br />
qu’elle ‘mente’ ici ou là, puisqu’elle ne dit que sa vérité, qui nous touche. 212<br />
Auf manchen Seiten ihres Lebensrückblicks kommt Lou Andreas-Salomé<br />
selber dazu, von der Beziehung, die zwischen ihrer Autobiographie <strong>und</strong> ihren<br />
literarischen Schriften besteht, zu sprechen. So gibt es Stellen zu ihrem Erstling<br />
Im Kampf um Gott, zu Ruth, zu Fenitschka (...). Man muss aber solche<br />
Stellen berücksichtigen, die eigen Vergleich ermöglichen ohne ihn ausdrücklich<br />
anzugeben 213 . Als Beispiel nehme ich die Stelle, die Ruth erwähnt. Be-<br />
210 Ernst Pfeiffer im Vorwort zu Friedrich Nietzsche in seinen Werken, S. 12.<br />
211 “Je dis toujours la vérité: pas toute, parce que toute la dire, on n'y arrive pas. La dire toute<br />
c'est impossible matériellement: les mots y manquent. C'est même par cet impossible que<br />
la vérité tient au réel”, Jacques Lacan, 1974, S. 9. Ferner Stéphane Michaud, Dichtung<br />
<strong>und</strong> Authentitizät, 2000.<br />
212 In Ma Vie, Paris, Puf, 1977, S. X (N. B. in der Neuauflage Puf-Quadrige von 1986 wurde<br />
dieses Vorwort leider nicht wieder veröffentlicht).<br />
213 Siehe z.B. Ernst Pfeiffer im Lebensrückblick, S. 287-90, <strong>und</strong> was ich hier mit der autobiographischen<br />
Skizze “Im Spiegel” unternommen habe.<br />
56
kanntlich wird Ruth als Roman dargestellt, in dem Lou Andreas-Salomé ihre<br />
Beziehung zu Hendrik Gillot verarbeitet 214 . Diesbezüglich lesen wir im Lebensrückblick:<br />
Die überraschende Wendung, die meine jugendliche Liebesgeschichte damals genommen<br />
hat <strong>und</strong> die ich selber ja nur halb begriff, habe ich ein Jahrzehnt später zu<br />
einer Erzählung (Ruth) geformt, die sich aber gewissermaßen dadurch verzeichnen,<br />
daß eine Voraussetzung fehlte: die fromme Vorgeschichte, die geheimen Reste der<br />
Identität von Gott Verhältnis <strong>und</strong> Liebesverhalten. Entschwand doch der geliebte<br />
Mensch genauso jählings der Anbetung, wie der Liebe Gott mir spurlos entschw<strong>und</strong>en<br />
war. Dadurch, daß der Vergleich damit fehlte <strong>und</strong> mit ihm der tiefere Hintergr<strong>und</strong>,<br />
musste der Ruth – Umriss sich ins ‚Romantische’ färben, anstatt sich zu gründen in<br />
dem, was im Wesen des Mädchens aus Unnormalem, aus gehemmter Entwicklung<br />
stammte. (S. 31)<br />
Dieser Auszug gibt deutlich zu verstehen, dass dieser Roman nicht auf eine<br />
literarisch eingekleidete Darstellung von persönlichen Erfahrungen zu reduzieren<br />
ist. Alberto Scarponi, Leonie Müller-Loreck <strong>und</strong> Jacques Le Rider<br />
kritisieren ebenfalls eine Reduzierung aufs Biographische. Als neuer Ansatzpunkt<br />
ziehen sie – unter anderem – die Kultur der Jahrh<strong>und</strong>ertwende in Betracht.<br />
Ich gehe in dieser Arbeit aber einen anderen Weg.<br />
Dass Lou Andreas-Salomés Werke einen Bekenntnischarakter haben, steht<br />
ohne Zweifel. Sie lässt es z.B. der Erzählerin <strong>und</strong> Ich-Figur in Jutta sagen:<br />
– „Jutta“ schreib ich erstmal groß über dies Pfingsttagebuch. Denn nicht nur heiße<br />
ich so, sondern ich will mich ja mit dem, was hier steht, durchaus zu mir selbst bekennen<br />
– das, was hier hinein soll, das ist eben die Jutta. 215<br />
Dies ist eine interessante Stelle. Zum einen wird hier über das Schreiben<br />
selbst reflektiert, eine Wendung, die für Lou Andreas-Salomé nicht ungewöhnlich<br />
ist <strong>und</strong> für die Literatur der Jahrh<strong>und</strong>ertwende typisch ist. Zum<br />
anderen verschmelzen hier Heldin <strong>und</strong> Kommentatorin. Da ihr Erzählstil stets<br />
eine auktoriale Erzählerin inszeniert, hat man es hier also mit einer Ausnahme<br />
zu tun. Die Geschichte wird in der Ich-Form geschrieben, doch ohne dass<br />
die auktoriale Erzählerin je verschwindet, was hier deutlich zum Vorschein<br />
kommt (wie auch auf S. 53). Es bleibt nun die Frage, wie man diesen Bekenntnischarakter<br />
auffassen soll.<br />
Diesbezüglich Angela Livingstone bemerkt “her fiction (...) which stands in<br />
an interesting if indefinite relation to her personality and life” 216 . Ich glaube<br />
214 Siehe im Angela Livingstone, 1984, S. 206.<br />
215 Es handelt sich hier um die ersten Zeilen von Jutta, S. 29.<br />
57
aber, dass dieses ‚indefinite’ sich wohl aufheben lässt. Ich möchte betonen,<br />
dass für Lou Andreas-Salomé das Schreiben nicht nur ein „sich Merkzeichen<br />
zu machen, an denen das Leben sich seiner selbst erinnert“, bedeutete 217 . Ich<br />
erinnere nochmals (siehe hier 3.1 <strong>und</strong> 2.) daran, dass bei ihr das Schreiben<br />
einen anderen Ursprung hat:<br />
In Wirklichkeit ist es nämlich so, daß ich nicht zu schreiben, aufzuschreiben verstehe<br />
(außer wo ich vor mich hinfabuliere, rein zu meinem eigenen heißen Spaß). 218<br />
Ernst Pfeiffer kommt meiner Auffassung nah, wenn er bemerkt:<br />
Die Erzählungen der Berliner Jahre (Ruth ...) sind doch nicht nur erzählende Darstellung<br />
von Erlebten <strong>und</strong> Geahntem, sondern sind auch Neu- oder Wiedergewinn in<br />
solchem Erzählen. 219<br />
Diese Interpretation bietet den Vorteil, mit Lou Andreas-Salomés Kunstauffassung<br />
– Kunst als das in eine konkrete Form gebrachte Urleben – zu übereinstimmen.<br />
Dass die Wirklichkeit, um die es sich in ihren Schriften handelt,<br />
eine andere als die alltägliche ist, gibt Lou Andreas-Salomé in einem kurzen<br />
Kommentar über Heinrich von Kleist 220 zu verstehen. In ihren Eintragungen<br />
schreibt sie, an Heinrich von Kleist sei Kunst „in der Tat das geworden, was<br />
Kunst ihrem Wesen nach ist, wo man sie unerbittlich ernst nimmt: der andere<br />
Weg in eine andere Wirklichkeit.“ 221 Ihr Werk versucht dies, auf seine eigene<br />
Art, auszudrücken.<br />
216 Angela Livingstone, 1984, S. 6.<br />
217 Lou Andreas-Salomé, in Das <strong>Literarische</strong> Echo, 15. Oktober 1911.<br />
218 Lou Andreas-Salomé an Freud, Brief vom 3. April 1931; im Briefwechsel, S. 209 – H.<br />
von C. S.<br />
219 Ernst Pfeiffer, 1969, S. 66 - H. von C. S.<br />
220 Mit dem sie sich am Ende ihres Lebens viel beschäftigte; hierzu ihre Eintragungen, darin<br />
Ernst Pfeiffers Kommentar, <strong>und</strong> der Aufsatz von Görner in Rilke Gesellschaft (Hrsg.),<br />
1986, S. 80-90.<br />
221 Dort S. 54 – H. von C. S.<br />
58
4. Abseits der Wertfrage?<br />
Das Höchste der menschlichen Schöpfungskraft ist<br />
das, dass sie, emporschauend, über sich selbst<br />
hinauszuschaffen mag.<br />
Lou Andreas-Salomé, Im Kampf um Gott.<br />
Romane wie etwa Ruth <strong>und</strong> Ma sind Beispiele dafür, dass es bei Lou Andreas-Salomé<br />
Werke gibt, die nicht einfach Abbild der Wirklichkeit <strong>und</strong> die<br />
auch nicht ausschließlich auf theoretische Einsichten zurückzuführen sind. Es<br />
sind eher Versuche dem Anderen gerecht zu werden <strong>und</strong> Ausdruck zu geben.<br />
Dies bedeutet jedoch nicht eine Verwerfung des eigenen Lebenslaufes oder<br />
der gewonnenen Einsichten. Einleuchtend ist hier Kurt Eisslers Aussage:<br />
(...) l’on peut évaluer la qualité des œuvres littéraires à l’aide d’une grille attribuant<br />
la note la plus élevée à l’œuvre qui s’écarte le plus de la réalité ‘réelle’ mais qui en<br />
affirme le plus de choses. 222<br />
In diesem Verfahren, das ich als eine ‚Konstruktion’ (3.4.) verstehe, besteht<br />
für die Autorin die Möglichkeit, eine Begegnung mit dem Anderen zu erleben<br />
<strong>und</strong> sich als Subjekt zu erfahren. Von diesem inneren Prozess, versucht<br />
das Schreiben von Lou Andreas-Salomé Zeugnis abzulegen.<br />
Entrer dans l’écriture, c’est donc y advenir comme sujet,<br />
être entraîné par elle au-delà de son être de sujet,<br />
dans une relation à l’Autre symbolique.<br />
Maud Mannoni, 1988, S. 113.<br />
Ein solcher Interpretationsansatz setzt aber voraus, dass man eine bloß faktisch<br />
autobiographische Ebene verlässt (3.5.), um jenen Punkt mittels der<br />
Phantasie zu erreichen, in dem der Mensch anfängt, sich als Subjekt zu erkennen.<br />
Dass diese Durcharbeitung an der Sprache haftet 223 , hat uns nicht<br />
zuletzt die Psychoanalyse gelehrt. In dieser Hinsicht gelten fiktive Werke als<br />
Zeugnis einer Arbeit <strong>und</strong> eines kreativen Spiels. Dies habe ich hier – am<br />
Beispiel des Werkes von Lou Andreas-Salomé – versucht zu verdeutlichen.<br />
222 Kurt. R. Eissler, 1988, S. 214.<br />
223 Ob dies im Mündlichen oder im Schriftlichen vor sich geht, ergibt sicher einen Unterschied,<br />
auf den ich hier nicht eingehe.<br />
59
60<br />
Man kann auch nicht immer nur Dante <strong>und</strong> Homer<br />
<strong>und</strong> Shakespeare <strong>und</strong> Goethe <strong>und</strong> ähnliche Herren lesen.<br />
Nicht war, Ma? 224<br />
Zu allen Zeiten gab es Menschen, die die Aufmerksamkeit auf sogenannte<br />
mittelmäßige Werke <strong>und</strong> Gattungen lenkten. Ich habe schon Kleist erwähnt<br />
<strong>und</strong> im Anschluss an ihn Freud <strong>und</strong> die <strong>psychoanalytische</strong> Forschung (2.3.).<br />
Sei hier noch das rege Interesse während der siebziger Jahre an Reisebeschreibungen,<br />
Robinsonaden <strong>und</strong> Utopien sowie an Autobiographien erwähnt.<br />
Neuerdings widmete man der Exilliteratur <strong>und</strong> dem Antikriegsroman<br />
ebenfalls Interesse, besonders in der Germanistik. Die Frage die man sich<br />
jeweils stellt, ist die der literarisch-ästhetischen Qualität dieser Werke. Hier<br />
möchte ich gerade einen Gedanken von Lou Andreas-Salomé aufgreifen. In<br />
ihrer Buchbesprechung des Tagebuch eines halbwüchsigen Mädchens kommt<br />
sie gerade auf diese Frage zu sprechen 225 . Wenn Stefan Zweig in seiner Diskussion<br />
des Tagebuches ihm jeglichen Kunstcharakter abspricht 226 , so bemüht<br />
sich im Gegenteil Lou Andreas-Salomé, diesem Tagebuch eine ästhetische<br />
Qualität zu anerkennen. Die Worte, die sie hierzu benützt, lassen sich<br />
meiner Meinung nach auch auf ihr eigenes Werk anwenden 227 :<br />
Neben dem Wert, den es für den Erzieher, Lehrer, Seelenforscher hat, wovon hier<br />
ganz abgesehen sein mag, rückt dies kleine Mädchen sein Tagebuch aber auch noch<br />
in die Reihe der literarisch zu bewertenden Bücher. Und das geschieht, trotzdem es<br />
sich keinesfalls um ein Ausnahmegeschöpf seinem inneren Erleben nach handelt,<br />
wenn auch um ein gut begabtes Kind; sogar gelingt es gerade infolge des Typischen,<br />
nicht allzu Individuellen des Falles, über das Private hinaus dem Erleben fast künstlerisch<br />
gültige Gestaltung zu verleihen. Ein Wort von Tolstoi nennt einmal die tiefe<br />
Aufrichtigkeit dasjenige, was nicht nur über das Leben, sondern auch über das<br />
Kunstwerk entscheide.<br />
Kann aber Aufrichtigkeit 228 ein hinreichendes Kriterium sein? Sigm<strong>und</strong><br />
Freud gibt uns hier eine Antwort. In einer Diskussion der Mittwoch-<br />
Gesellschaft, anschließend an einem Vortrag von Wilhelm Stekel “Zur Psychopathologie<br />
von Hauptmanns Griselda”, kommt Sigm<strong>und</strong> Freud auf die<br />
Ansichten, die er in seinem Vortrag über “Der Dichter <strong>und</strong> das Phantasieren”<br />
224 Die Tochter Cita an Ma (ihre Mutter), in Ma, 1901, S. 172.<br />
225 Auf dieses Buch bin ich unter 3.3.1. eingegangen. Zu dessen Rezeptionsgeschichte siehe<br />
Angela Graf-Nold, 1988, S. 237-6.<br />
226 1926 im Almanach der Psychoanalyse wiederveröffentlicht.<br />
227 Lou Andreas-Salomé, 1920 – H. von C.S.<br />
228 Ein Wort voll von Bedeutung für Lou Andreas-Salomé, zu dessen literarischen Darstellung<br />
siehe z.B. in Ruth, S. 59-60 (im Pakt zwischen Erik <strong>und</strong> Ruth dargestellt).
(6. Dezember 1907) darlegte (siehe hier 3.1.) zurück 229 . Sigm<strong>und</strong> Freud<br />
warnt den Dichter, psychologische Probleme zu finden (siehe diesbezüglich<br />
meine Ausführungen über Josef Popper-Lynkeus) <strong>und</strong> überhaupt zu behandeln,<br />
denn:<br />
(...) seine Kunst besteht darin, dichterische Wirkungen aus solchen Problemen zu<br />
gewinnen, <strong>und</strong> die Erfahrung zeigt, dass diese Probleme, wenn sie solche Wirkungen<br />
hervorbringen sollen, verkleidet sein müssen (...). Die Kunst des Dichters besteht also<br />
wesentlich in der Verhüllung. Das Unbewusste darf aber nicht ohne weiteres bewusstgemacht<br />
werden; es muss allerdings bis zu einem gewissen Grade bewusst sein,<br />
zwar so, dass es noch auf uns wirkt, ohne dass wir uns in bewussten Gedanken damit<br />
beschäftigen können. Wir haben wohl das Recht, ein Dichterwerk zu analysieren, aber<br />
es ist vom Dichter nicht recht, unsere Analysen zu poetisieren. 230<br />
Ich habe versucht zu zeigen, dass Lou Andreas-Salomés – nicht nur <strong>psychoanalytische</strong><br />
– Kenntnisse in Verbindung zu einer poetischen Bearbeitung<br />
stehen, <strong>und</strong> dass diese Verknotung unterschiedlich gelungen ist. Wenn Otto<br />
Gross 231 bedauerte, wissenschaftliche Aufsätze geschrieben zu haben, wenn<br />
Viktor Tausk meinte, die Kunst sei geeignet – mehr als die Wissenschaft –<br />
um eine Person zu verstehen, so ist dies nicht der Fall bei Lou Andreas-<br />
Salomé. Wenn sie kein Genie war, so doch nicht ohne Talent 232 . Ihr Werk<br />
besteht aus einer gelungenen Mischung von intellektuellen Einsichten <strong>und</strong><br />
literarischen Gestaltungen, die sich jeweils gegenseitig beeinflussen. Wenn<br />
die Psychoanalyse ihr Erkenntnisse aufschloss, für die sie schon vorbereitet<br />
war, so führten diese keine Hemmung ihrer schriftlichen Tätigkeiten herbei.<br />
Lou Andreas-Salomé ist aber nicht das einzige Beispiel eines Dichters, dem<br />
die Beschäftigung mit der Psychoanalyse glückt. Um ein weiteres Beispiel<br />
aus jener Anfangszeit der Psychoanalyse zu geben, erwähne ich hier Erich<br />
Mühsam 233 . In einem Brief an Freud vom 28. Mai 1907 berichtet Mühsam<br />
vom Erfolg seiner <strong>psychoanalytische</strong>n Behandlung bei Otto Gross. Mehrmals<br />
betont Mühsam, dass gerade seine‚ dichterische Begabung’ ihm ermögliche<br />
„die Methode der Behandlung (...) klar zu übersehen ...“. Die Unterschrift<br />
dieses Briefes wiederspiegelt diese Einstellung: „Erich Mühsam Schriftsteller“<br />
234 . Sigm<strong>und</strong> Freuds erwähnte Auffassung spricht vor allem gegen Wil-<br />
229 Protokoll Nr 74 vom 31. März 1909; Herman Nunberg <strong>und</strong> Ernst Federn (Hrsg), 1976,<br />
Band 2, S. 166 ff.<br />
230 Op. cit., S. 169-70 – H. von C.S.<br />
231 Zu Otto Gross siehe Emanuel Hurwitz, 1988.<br />
232 Kurt R. Eissler (1971 <strong>und</strong> 1988) vollzieht einen Unterschied zwischen Genie <strong>und</strong> Talent<br />
auf Gr<strong>und</strong> einer psychopathologischen Interpretation von Freud / Wedekind / Rilke / Kafka<br />
versus Gross / Tausk.<br />
233 Zu Erich Mühsam siehe R. Kauffeldt, Erich Mühsam, München, Fink-UTB, 1983.<br />
234 Dieser Brief wird von Kurt Eissler 1988, S. 260-2 veröffentlicht.<br />
61
helm Stekel <strong>und</strong> gegen eine Ausbeutung der Psychoanalyse. Doch der Dichter<br />
bleibt sein ‚Doppelgänger’, auch wenn dieser nicht immer Goethe, Schiller<br />
oder Heine heißt.<br />
62
Anhang<br />
A. Versuch einer Einteilung der Werke nach Gattungen<br />
Romane<br />
Im Kampf um Gott<br />
Ruth<br />
Ma<br />
Ródinka<br />
Das Haus<br />
Erzählungen Fenitschka<br />
Eine Ausschweifung<br />
Aus fremder Seele<br />
Seelchen<br />
Geschwister<br />
Die St<strong>und</strong>e ohne Gott<br />
Novellen Im Zwischenland<br />
Menschenkinder<br />
Spiele Tarnkappe<br />
Der Teufel <strong>und</strong> seine Großmutter<br />
Autobiographie Lebensrückblick<br />
Eintragungen<br />
Gedichte Todesbitte, Lebensgebet, Märzglück, Winterlaub,<br />
Wolga, Kampfruf, Altrussland, Abschied,<br />
Wiedersehen, Rote Rosen,<br />
Du heller Himmel über mir, Russische Romantik<br />
Essays<br />
Theoretisches<br />
Briefe<br />
Ibsens Frauengestalten<br />
R. M. Rilke<br />
Verschiedene Aufsätze<br />
Nietzsche in seinen Werken<br />
Die Erotik<br />
Mein Dank an Freud<br />
In der Schule bei Freud<br />
Verschiedene Aufsätze<br />
Sigm<strong>und</strong> Freud | Lou Andreas-Salomé, Briefwechsel<br />
R. M. Rilke | Lou Andreas-Salomé, Briefwechsel<br />
F. Nietzsche | P. Rée | L. von Salomé, Die Dokumente ihrer<br />
Begegnung<br />
Lou Andreas-Salomé | Anna Freud, Briefwechsel<br />
63
B. Klassifikation nach Hauptthemen<br />
Russland<br />
Jungfräuligkeit<br />
Kindergeschichten<br />
Adoleszenz<br />
Frauen Schicksale<br />
Persönliche Religion<br />
64<br />
Fenitschka,<br />
Ma,<br />
Ródinka,<br />
Im Zwischenland<br />
Ruth<br />
Eine Ausschweifung<br />
Jutta<br />
Die St<strong>und</strong>e ohne Gott,<br />
Drei Briefe an einen Knaben<br />
Ruth<br />
Ma<br />
Im Zwischenland<br />
Ma<br />
Fenitschka<br />
Menschenkinder<br />
Im Kampf um Gott<br />
Aus fremder Seele<br />
Der Teufel <strong>und</strong> seine Großmutter
C. Versuch einer Periodisierung<br />
Bis etwa 1900 : literarische Konstruktion des Mangels<br />
1885 Im Kampf um Gott<br />
1895 Ruth<br />
1896 Aus fremder Seele<br />
1898 Amor<br />
Jutta<br />
Fenitschka<br />
Eine Ausschweifung<br />
1899 Menschenkinder<br />
1902 Im Zwischenland<br />
Ab ca. 1901 : <strong>Literarische</strong> Konstruktion des erfüllten Wunsches<br />
1901 Ma<br />
1919 Das Haus<br />
1923 Ródinka<br />
Ab ca. 1908 : <strong>Literarische</strong> Rekonstruktion<br />
1917 Drei Briefe an einem Knaben<br />
1922 Der Teufel <strong>und</strong> seine Großmutter<br />
1922 Die St<strong>und</strong>e ohne Gott<br />
1981 Tarnkappe<br />
65
D. Beispiel einer theoretischen <strong>und</strong> literarischen Verarbeitung<br />
Voranalytische<br />
Periode<br />
Analytische<br />
Periode<br />
66<br />
<strong>Literarische</strong> Verarbeitung<br />
1885 Im Kampf um Gott<br />
1896 Aus fremder Seele<br />
Theoretische Verarbeitung<br />
1892 “Gottesschöpfung”<br />
1894 “Von der Bestie bis zum Gott”<br />
1895 “Vom Ursprung des Christentums”<br />
1896 “Jesus der Jude”<br />
1897 “Aus der Geschichte Gottes”<br />
1898 “Vom religiösen Affekt”<br />
1922 Die St<strong>und</strong>e ohne Gott 1913 “Vom frühem Gottesdienst”<br />
1920 “Gott gegen Gott”<br />
1928 “Was daraus folgt, dass es nicht ... ”
Bibliographie<br />
A. Veröffentlichte Schriften von Lou Andreas-Salomé<br />
Dem Versuch eines Werkverzeichnis folgt hier eine thematische chronologische Bibliographie.<br />
Die Texte sind nach der Erstveröffentlichung geordnet.<br />
1. Werkverzeichnis<br />
1881 “Todesbitte”, Im Kampf um Gott, S. 225 <strong>und</strong> umgearbeitet im Lebensrückblick, S. 32.<br />
1882 “Lebensgebet”, Im Kampf um Gott, S. 160 <strong>und</strong> umgearbeitet im Lebensrückblick, S.<br />
40.<br />
1885 Im Kampf um Gott, Leipzig, Friedrich, 1885 (München, DTV, 2007)<br />
1886 “Freiheit”, Sphinx, Leipzig, Oktober, 1886, S. 259.<br />
“Glaubensbekenntnis”, Sphinx, Leipzig, Dezember, 1886, S. 412.<br />
1887 “Gott”, Sphinx, Leipzig, Januar 1887, S. 57.<br />
“Eros <strong>und</strong> Psyche, von Kuhlenbeck”, Sphinx, Leipzig, Dezember 1887, S. 438.<br />
1890 “Die Wildente I <strong>und</strong> II”, Die Freie Bühne, 10 <strong>und</strong> 17 September Berlin, S. 849-52, S.<br />
873-5.<br />
“Märzglück”, Lebensrückblick, 1890, S. 291.<br />
1891 “Ein holländisches Urteil über moderne deutsche Literatur”, Die Freie Bühne, Berlin,<br />
Jg. 2, 27. Mai <strong>und</strong> 3. Juli 1891, S. 521-4, 541-6, 571-4, 592-5, 670-3, 696-701.<br />
“Friedrich Nietzsche”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilagen vom 11., 18. <strong>und</strong><br />
25. Januar 1891.<br />
“Der Realismus in der Religion”, Die Freie Bühne, Berlin, 1891, Oktober-November, S.<br />
994-1009, 1025-30, 1057-9, 1079-83.<br />
“Zum Bilde Friedrich Nietzsches”, Die Freie Bühne, Berlin, 1891, 2, S. 64-8, 81-91,<br />
109-12.<br />
“Friedrich Nietzsche”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilagen vom 11. Januar <strong>und</strong><br />
25 Januar 1891.<br />
“Ein Dank an einen Dichter. Zur Würdigung des „M. Kramer“”, Der Lotse, Hamburg,<br />
20. April 1901, S. 71-9.<br />
1892 H. Ibsen’s Frauen-Gestalten, Berlin, Hugo Bloch 1892 (Jena, Eugen Diederichs,<br />
1910).<br />
“Ossip Schubin”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilagen vom 10. Januar <strong>und</strong> 17.<br />
Januar 1892.<br />
“Gottesschöpfung”, Freie Bühne, Berlin, Jg. 3, Februar 1892, S. 169-79.<br />
“Emil Marriot”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilagen vom 7., 14. <strong>und</strong> 21. August<br />
1892.<br />
“Harnack <strong>und</strong> das Apostolikum”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 3, November 1892, S.<br />
1214-22.<br />
“Zum Bilde Friedrich Nietzsches”, Die Freie Bühne, Berlin,, Jg. 3, S. 249-51, 285-96.<br />
1
2<br />
“Ein Apokalyptiker”, Das Magazin für Literatur, Berlin, 19. November 1892, S. 753-5<br />
<strong>und</strong> 26. November 1982, S. 777-9.<br />
1893 “Die Duse”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, 1893, S. 76-81.<br />
“Ibsen, Strindberg, Sudermann”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, Februar 1893, S. 149-<br />
72.<br />
“Der Talisman”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, März 1893, S. 323-5.<br />
“Hanna Jagert”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, April 1893, S. 467-71.<br />
“Ein Frühlingsdrama”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, Mai 1893, S. 572-7.<br />
“Ein Nachwort zu ‚Hanna Jagert’”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, Mai 1893, S. 607-8.<br />
“Ideal <strong>und</strong> Askese. Ein Beitrag zur Philosophie Fr. Nietzsches”, Berliner Tageblatt,<br />
Berlin,15. Mai 1893.<br />
“Hartlebens, Erziehung zur Ehe”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, November 1893, S.<br />
1165-7.<br />
“Hannele”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, Dezember 1893, S. 1343-9.<br />
1894 “Von der Bestie bis zum Gott. Über Totemismus bei den Ursemiten”, Neue Deutsche<br />
R<strong>und</strong>schau , Berlin, 1894, Jg. 5, S. 398-402.<br />
“Das Problem des Islams”, Vossische Zeitung, Berlin, 22. <strong>und</strong> 29. Juli 1894.<br />
Friedrich Nietzsche in seinen Werken, Wien, Carl Konegen, 1894 (Frankfurt/M., Insel<br />
1983).<br />
1895 Ruth, Stuttgart, Cotta, 1895 (Medien Edition Welsch, 2006)<br />
“Durch Dich”, Die Frau, 1895, Februar, S. 268.<br />
“Winterlaub”, Die Frau, 1895, April, S. 401.<br />
“Rote Rosen”, Die Frau, 1895, Juli, S. 590.<br />
“Ricarda Huch, Erinnerungen von Ludolf Ursleu den Jüngeren”, Die Frau, Berlin, 1.<br />
Oktober 1895 , S. 32-6.<br />
“Vom Ursprung des Christentums”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilage vom 22.<br />
Dezember 1895.<br />
1896 Aus fremder Seele, Stuttgart, Cotta, 1896 (3. Auflage 1912; Neuauflage: München,<br />
DTV, 2007).<br />
“Jesus der Jude”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, Jg. 7, April 1896, S. 342-51.<br />
“Scandinavische Dichter”, Cosmopolis, Berlin, November 1896, S. 552-69.<br />
“Kampfruf”, Die Frau, 1896, Februar, S. 297.<br />
1897 “Abteilung innere Männer”, Cosmopolis, Berlin, 1897, 5, S. 513-36.<br />
“Aus der Geschichte Gottes”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, Dezember 1897, S.<br />
1211-20.<br />
“Russische Dichtung <strong>und</strong> Kultur”, Cosmopolis, Berlin, August <strong>und</strong> September 1897, 5,<br />
S. 571-80 <strong>und</strong> 872-85.<br />
“Sovremennye pisatel’nitsy”, Severny Vestnik, 1897, S. 28-40.<br />
“Ein überlebter Traum”, Westermanns Illustrierte Deutsche Monatshefte, 1897, Bd. 82,<br />
S. 644-59, S. 761-78.<br />
1898 Fenitschka. Eine Ausschweifung, Stuttgart, Cotta, 1898 (Frankfurt/M., Ullstein, 1982).<br />
Menschenkinder, Stuttgart, Cotta, 1898 (1902).<br />
“Das russische Heiligenbild <strong>und</strong> sein Dichter”, Vossische Zeitung, Berlin, 1. Januar<br />
1898.<br />
“Russische Philosophie <strong>und</strong> semitischer Geist”, Die Zeit, Wien, 15. Januar 1898, Nr.<br />
172, S. 40.<br />
“Drama, Molodoi Germanii”, Severny Vestnik, 1897, Bd. 2, S. 53-69.<br />
“Sovremennye pisatel’nitsy”, Severny Vestnik, 1898, Bd. 3, S. 157-69<br />
“Leo Tolstoi, unser Zeitgenosse”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, November 1898,<br />
S. 1145-55.
“Religion <strong>und</strong> Cultur”, Die Zeit, Wien, 2. April 1898, S. 5-7.<br />
“Vom religiösen Affekt”, Die Zukunft, Berlin, 23. April 1898, S. 149-54.<br />
“Physische Liebe”, Die Zukunft, Berlin, 29. Oktober 1898, S. 218-22.<br />
“Gr<strong>und</strong>formen der Kunst”, Pan, Berlin, 1898, Bd. 4, S. 177-82.<br />
“Ein Todesfall”, Cosmopolis, Berlin, 1898, Bd. 10, April, S. 197-225.<br />
“Mädchenreigen”, Cosmopolis, Berlin, 1898, Bd. 11, September, S. 803-28.<br />
“Sant’ Illario, von Paul Mongré”, Die Zeit, Wien, 3. September 1989, S. 157.<br />
“Missbrauchte Frauenkraft”, Die Frau, Berlin, 1898, Juni, S. 513-6.<br />
“Der dritter Bruder. Novelle, von Adine Gemberg”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1.<br />
November 1898, S. 189.<br />
“Aphorismen, von Paul Nikolaus Cossmann”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1.<br />
November 1898, S. 194-5.<br />
“Sehnsucht, Schönheit, Dämmerung. Roman, von Sophie Hoechstetter”, Das literarische<br />
Echo, Berlin,15. November 1898, S. 248.<br />
“Stillleben, von Adalbert Meinhardt”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. November<br />
1898, S. 248.<br />
“Bilder aus der Geschichte <strong>und</strong> Literatur Russlands”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15.<br />
November 1898, S. 255.<br />
“Vor dem Erwachen”. In: E. Brausewetter (Hg.), Meisternovellen deutscher Frauen,<br />
Berlin, 1898, Bd. 1.<br />
“Ein Wiedersehen”, Die Frau, Berlin, 1898, 6, S. 257-64.<br />
“Das Paradies”, Deutsche Dichtung, Berlin, 1898, Jg. 25, S. 1-6, 39-44, 63-8.<br />
“Inkognito”, Vom Fels zum Meer, Berlin, 1898, Jg. 18, Bd. 1, S. 545-58.<br />
1899 “Die eherne Schlange. Roman in drei Büchern, von Thomas P. Krag”, Das <strong>Literarische</strong><br />
Echo, Berlin, 1. Januar 1899, S. 461.<br />
“Ketzereien gegen die moderne Frau”, Die Zukunft, Berlin, 11. Februar 1899, S. 237-40.<br />
“Vom Kunstaffekt”, Die Zukunft, Berlin, 27. Mai 1899, S. 366-72.<br />
“Erleben”, Die Zeit, Wien, 19. August 1899, S. 120-2.<br />
“Der Mensch als Weib”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, März 1899, S. 225-43<br />
“Essais, von Ellen Key”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. Oktober 1899, S. 66-7.<br />
“Friedrich Nietzsche i Hans Vaerker”, Samtiden, November-Dezember 1899, S. 427-53.<br />
“Russische Geschichten”, Die Zeit, Wien, 9. Dezember 1899, Nr. 271, S. 153.<br />
“Zurück ans All”, Die Romanwelt, Berlin, 1899, 6(1).<br />
“Der Egoismus in der Religion”. In: Arthur Dix (Hg.), Der Egoismus, Leipzig, Verlag<br />
Fre<strong>und</strong> & Wittig, S. 383-402.<br />
1900 “Vom Bazillus zum Affenmenschen. Naturwissenschaftliche Plaudereien, von Willhelm<br />
Bölsche”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Januar 1900, S. 584.<br />
“Altrussland”, Lebensrückblick, 1900, Nachtrag zum Tagebuch der Russlandreise, S.<br />
73.<br />
“Gedanken über das Liebesproblem”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, 1900, 11, S. 1009-17.<br />
“Du heller Himmel über mir”, Lebensrückblick, 1900, S. 19.<br />
“Die Schwester”, Die Romanwelt, Berlin, 1900, 7(2).<br />
“Wiedersehen”, Vom Fels zum Meer, Berlin, 1900-1901, Jg. 20, Bd. 2, S. 952.<br />
1901 Ma, Stuttgart, Cotta, 1901 (Frankfurt/M., Ullstein, 1996).<br />
Der heimliche Weg: Drei Scenen aus einem Ehedrama, In: Über Land <strong>und</strong> Meer. Deutsche<br />
Illustrierte Zeitung, Band 85, Nr. 1-26, Stuttgart <strong>und</strong> Leipzig, 1901, S. 146-9, S.<br />
160-3, S. 176-9, S. 196-8, S. 208-11, S. 225-3.<br />
“Vaters Kind”, Vom Fels zum Meer, Berlin, 1901, 40, S. 770-6, 807-12, 842-7, 878-84,<br />
914-9.<br />
“Ein Dank an einem Dichter”, Die Lotse, Hamburg, 20. April 1901, S. 71-9.<br />
“Abschied”, Vom Fels zum Meer, Berlin, 1901, Jg. 20, Bd. 2, S. 862.<br />
“Wolga”, Vom Fels zum Meer, Berlin, 1901, Jg. 20, Bd. 2, S. 954.<br />
“An den Kaiser”, Die Gesellschaft, 1901, Heft 5, S. 261-70.<br />
3
4<br />
“Alter <strong>und</strong> Ewigkeit”, Die Zukunft, Berlin, 26. Oktober 1901, S. 146-50.<br />
“Ma”, Velhagen & Klasings Monatshefte, Jg. 15, 1900-1901, Bd. 1, S. 64-84, S. 198-<br />
217, S. 322-47.<br />
“Wolga”, Deutsche Roman-Bibliothek, 1901, S. 657-88.<br />
1902 Im Zwischenland, Stuttgart, Cotta, 1902.<br />
“Im Zwischenland”, Velhagen & Klasings Monatshefte, JG. 16, 1901-1902, Bd. 1, S.<br />
365-400.<br />
1905 “Der Graf von Charolais”, Die Zukunft, Berlin, 18. Februar 1905, S. 286-93.<br />
1906 “Das Glashüttenmärchen”, Die Zukunft, Berlin, 17. März 1906, S. 399-404.<br />
1907 “Frühlings Erwachen”, Die Zukunft, Berlin, 19. Januar 1907, S. 97-100.<br />
1908 “Lebende Dichtung”, Die Zukunft, Berlin, 22. Februar 1908, S. 262-7.<br />
“Vier Kammerspiele”, Die Schaubühne, Berlin, 20. <strong>und</strong> 27. Februar, 5. März 1908, S.<br />
199-203, S. 225-7, S. 250-4.<br />
1909 “Die Russen”, Die Schaubühne, Berlin, 23. September 1909, S. 305-308.<br />
“Die Nacht”, Novellenbuch, Hamburg, 1909.<br />
1910 “Der Lebensb<strong>und</strong>”, Die Neue Generation, Berlin, 6, 1910, S. 120-6, S. 152-60.<br />
Die Erotik, Frankfurt, Rütten & Loening, 1910 (München, Matthes & Seitz, 1979).<br />
1911 “Im Spiegel”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Oktober 1911, S. 86-8.<br />
“Das Kindlein, von Erika Rheinsch”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Oktober<br />
1911, S. 143-5.<br />
1912 “Realität <strong>und</strong> Gesetzlichkeit, von Marie Luise Enkendorff”, Das <strong>Literarische</strong> Echo,<br />
Berlin, 1. September 1912, S. 1672-6<br />
“Elisabeth Siewert”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. September 1912, S. 1690-5.<br />
“Von Paul zu Pedro”, Die Neue Generation, Berlin, 14. Oktober 1912, S. 529-33.<br />
“Eine Nacht”, Geistiges Leben, Berlin, 1912, S. 120-6, S. 152-60.<br />
1913 “Von frühem Gottesdienst”, Imago, Leipzig, 1913, 2, S. 457-67.<br />
“Aus dem Briefwechsel Leo Tolstois”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. Oktober 1913,<br />
S. 1-8.<br />
“Vom frühen Gottesdienst”, Imago, Leipzig-Wien, IPV, 1913, Bd. II/5, S. 457-67.<br />
“Das Bündnis zwischen Ur <strong>und</strong> Tor”, Velhagen <strong>und</strong> Klasings Monatshefte, Berlin, Jg.<br />
28, S. 529-40.<br />
1914 “Seelchen”, Velhagen <strong>und</strong> Klasings Monatshefte, Berlin, Jg. 28, 1914, S. 529-36.<br />
“Zum Typus Weib”, Imago, Leipzig, Jg. 3, 1914, S. 123-37.<br />
1915 “Zum Bilde Strindbergs”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. März 1915, S. 645-53.<br />
“Kind <strong>und</strong> Kunst”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. Oktober 1915, S. 1-4.<br />
“Bericht über einen Weihnachtsmann”, Velhagen <strong>und</strong> Klasings Monatshefte, Berlin,<br />
1915, Jg. 30, S. 509.<br />
1916 “,Anal’ <strong>und</strong> ‚Sexual’”, Imago, Leipzig, Jg. 4, 1916, S. 249-73.<br />
“Angela Langer. Zur Erinnerung”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Dezember 1916,<br />
S. 329-33.<br />
1917 Drei Briefe an einen Knaben, Leipzig, Kurt Wolff, 1917.<br />
“Expression”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. April 1917, S. 783-90.
“Psychosexualität”, Zeitschrift für Sexualwissenschaft, 1-12, 1917, S. 49-57.<br />
“Luzifer. Eine Phantasie über Ricarda Huchs Buch „Luthers Glaube“”, Die Neue Generation,<br />
Berlin, Jg. 13, Mai 1917, S. 210-5.<br />
“Nadja Strasser, Die Russin”, Die Neue Generation, Berlin, Jg. 28, August 1917, S.<br />
314-8.<br />
“Insekt <strong>und</strong> Krieg”, Die Tat, Jg. 10, 1917, S. 48-53.<br />
1918 “Karl Nötzels Tolstoi”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. August 1918, S. 1269-76.<br />
“Dichterischer Ausdruck”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Dezember 1918, S. 325-<br />
31.<br />
1919 Das Haus, Berlin, Ullstein, 1919 (Ullstein 1921, 1987).<br />
“Hymnus an das Leben”, Das Inselschiff, 1919, Nr. 1, Bd. 5, S. 216.<br />
“Der goldene Vogel”, Die Flöte, 1919, Heft 2, S. 10.<br />
“Des Dichters Erleben”, Die Neue R<strong>und</strong>schau, Berlin, März 1919, S. 358-67.<br />
“Strindberg. Ein Beitrag zur Soziologie der Geschlechter, ein Buch von Leopold von<br />
Wiese”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. März 1919, S. 692-3.<br />
“Tagebuch der Jugend, von Leo N. Tolstoi”, Der Neue Merkur, Mai 1989, S. 137-9.<br />
1920 “Der Ruf des Philosophen”, Der Neue Merkur, München, 1920, Heft 4, S. 185-87.<br />
“Agnes Henningsen”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Januar 1920, S. 456-64.<br />
“Der russische Intelligent”, Die Neue R<strong>und</strong>schau, Berlin, 1919, Januar, S. 127-8.<br />
“Der geistliche Russe”, Der Neue Merkur, Berlin, 1919-1920, November, S. 380-6.<br />
“Unser Anteil an Dostojewski <strong>und</strong> Tolstoi”, Vossische Zeitung, Berlin, 24. Juli 1920.<br />
“Tendenz <strong>und</strong> Form russischer Dichtung”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. I.1920, S.<br />
398-401.<br />
“Gott gegen Gott”, Der Neue Merkur, Berlin, Jg. 4, 1920, S. 173-81.<br />
“Die Kleriserei, von Nikolaus Lestow”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. April<br />
1920, S. 879-80.<br />
“Im Traumland, von Isolde Kurz”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Mai 1920, S.<br />
1011-2.<br />
“Spiegelzauber, von Géza Roheim”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Mai 1920, S.<br />
1012-3.<br />
“Diekmanns Denkwürdigkeiten <strong>und</strong> Erinnerungen Bücherei, Band 1”, Das <strong>Literarische</strong><br />
Echo, Berlin, 1. August 1920, S. 1332.<br />
“Tagebuch eines halbwüchsigen Mädchens, von Hermine Hug-Hellmuth”, Das <strong>Literarische</strong><br />
Echo, Berlin, 1. September 1920, S. 1463-64.<br />
“Satyren, von M. Saltykow-Stschedrin”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. November<br />
1920, S. 181.<br />
“Eros <strong>und</strong> die Evangelien, von Waldemar Bonsels”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1.<br />
Oktober 1920, S. 8-17.<br />
1921 “Geschwister”, Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, 1921, Oktober, S. 24-63.<br />
“Russische Romantik”, Romantik, 1921, Heft 5-6, S. 67.<br />
“Narzissmus als Doppelrichtung”, Imago, Leipzig, Jg. 4, 1921, S. 361-86.<br />
“Eros <strong>und</strong> die Evangelien”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. März 1921, S. 684-5.<br />
“Kranke Liebe, von Hans Jäger”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Oktober 1921, S.<br />
121.<br />
“Die Diktatur der Liebe, von Theodor Zell”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. November<br />
1921, S. 178.<br />
“Der werdende Mensch, von Landauer”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. Dezember<br />
1921, S. 307.<br />
1922 Der Teufel <strong>und</strong> seine Großmutter, Jena, Eugen Diederichs, 1922.<br />
Die St<strong>und</strong>e ohne Gott, Jena, Eugen Diederichs, 1922.<br />
5
6<br />
“Tendenz <strong>und</strong> Form russischer Dichtung”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. Januar<br />
1922, S. 398-401.<br />
1923 Ródinka. Russische Erinnerung, Jena, Eugen Diederichs, 1923 (Frankfurt/M., Ullstein<br />
1985).<br />
“Eros”, Faust. Eine Monatsschrift für Kunst <strong>und</strong> Musik, Berlin, 1, 1922-1923, S. 1-6.<br />
1927 “Zum 6. Mai 1926”, Almanach der Psychoanalyse, Wien, 1927, S. 9-14.<br />
1928 “Was daraus folgt, daß es nicht die Frau gewesen ist die den Vater totgeschlagen hat”,<br />
Almanach der Psychoanalyse, Wien, 1928, S. 25-30.<br />
“Rilke in Russland”, Russische Blätter, Jg. 1, Oktober 1928, S. 14-7.<br />
Rainer Maria Rilke, Leipzig, Insel, 1928 (1929).<br />
“An Rosa Mayreder”, Der Aufstieg der Frau, Jena, Diederichs, 1928, S. 29.<br />
1931 Mein Dank an Freud, Wien, Internationaler Psychoanalytischer Verlag, 1931.<br />
1933 “Der Kranke hat immer recht”, Almanach der Psychoanalyse, Wien, Internationaler<br />
Psychoanalytischer Verlag 1933, S. 36-45.<br />
1951 Lebensrückblick, Zürich, 1951 (Frankfurt/M., Insel 1974).<br />
1952 “Paris, Wien <strong>und</strong> München”, Insel-Almanach, 1952, S. 26-36.<br />
Briefwechsel, Wiesbaden, Insel, 1952 (Frankfurt/M., Insel 1989).<br />
1958 In der Schule bei Freud, Zürich, Max Niehans, 1958 (Frankfurt/M., Ullstein 1983).<br />
1965 “Zu Besuch bei Freud. November 1921”, Almanach, Frankfurt/M., Fischer Verlag,<br />
1965.<br />
1966 Briefwechsel, Frankfurt/M., Fischer, Sigm<strong>und</strong> Freud <strong>und</strong> Lou Andreas-Salomé, 1966<br />
(1980).<br />
1970 Die Dokumente ihrer Begegnung, Friedrich Nietzsche, Paul Rée, Lou von Salomé,<br />
Frankfurt/M., Insel, 1970.<br />
1972 “Mitleben: Tier <strong>und</strong> Pflanze”, Alles Lebendige meinet dem Menschen. Gedenkbuch für<br />
M. Niehans, Hrsg. v. J. Buck <strong>und</strong> G.K. Schauer, Bern, Francke, 1972, S. 129-35.<br />
1981 Amor, Jutta, Die Tarnkappe, Frankfurt/M., Insel, 1981.<br />
1982 Eintragungen, Frankfurt/M., Insel, 1982.<br />
1990 Das ‚zweideutige’ Lächeln der Erotik. Texte zur Psychoanalyse, Freiburg i. Br., Kore,<br />
1990.<br />
1999 Rußland mit Rainer. Tagebuch der Reise mit Rainer Maria Rilke im Jahre 1900, Marbach,<br />
Deutsche Schillergesellschaft, 1990 (2000).<br />
2001 „... als käm ich heim zu Vater <strong>und</strong> Schwester“. Briefwechsel 1919-1937, Göttingen,<br />
Wallstein Verlag, Lou Andreas-Salome <strong>und</strong> Anna Freud, 2001, (München, DTV, 2004).
2. <strong>Literarische</strong> Schriften<br />
“Todesbitte”, 1881.<br />
“Lebensgebet”, 1882.<br />
Im Kampf um Gott, Leipzig, Friedrich, 1885 (München, DTV, 2007).<br />
“Freiheit”, Sphinx, Leipzig, Oktober, 1886, S. 259.<br />
“Glaubensbekenntnis”, Sphinx, Leipzig, Dezember, 1886, S. 412.<br />
“Gott”, Sphinx, Leipzig, Januar 1887, S. 57.<br />
“Märzglück”, Lebensrückblick, 1890, S. 291.<br />
“Ein Frühlingsdrama”, Freie Bühne, 1893, S. 572-7.<br />
“Durch Dich”, Die Frau, 1895, Februar, S. 297.<br />
“Winterlaub”, Die Frau, 1895, April, S. 401.<br />
“Rote Rosen”, Die Frau, 1895, Juli, S. 590.<br />
Ruth, Stuttgart, Cotta, 1895 (1897).<br />
Aus fremder Seele, Stuttgart, Cotta, 1896 (3. Auflage 1912; Neuauflage: München, DTV, 2007).<br />
“Kampfruf”, Die Frau, 1896, Februar, S. 297.<br />
“Abteilung innere Männer”, Cosmopolis, Berlin, 1897, 5, S. 513-36.<br />
Fenitschka. Eine Ausschweifung, Stuttgart, Cotta, 1898 (Frankfurt/M., Ullstein, 1982).<br />
Menschenkinder, Stuttgart, Cotta, 1898 (1902).<br />
“Ein überlebter Traum”, Westermanns Illustrierte Deutsche Monatshefte, 1897, Bd. 82, S. 644<br />
59, S. 761-78.<br />
“Vor dem Erwachen”. In: E. Brausewetter (Hg.), Meisternovellen deutscher Frauen, Berlin,<br />
1898, Bd. 1.<br />
“Ein Todesfall”, Cosmopolis, Berlin, 1898, Bd. 10, April, S. 197-225.<br />
“Mädchenreigen”, Cosmopolis, Berlin, 1898, Bd. 11, September, S. 803-28.<br />
“Das Paradies”, Deutsche Dichtung, Berlin, 1898, Jg. 25, S. 1-6, 39-44, 63-8.<br />
“Inkognito”, Vom Fels zum Meer, Berlin, 1898, Jg. 18, Bd. 1, S. 545-58.<br />
“Zurück ans All”, Die Romanwelt, Berlin, 1898, 6(1).<br />
“Altrussland”, Lebensrückblick, 1900, Nachtrag zu dem Tagebuch der Russlandreise, S. 73.<br />
“Du heller Himmel über mir”, Lebensrückblick, 1900, S. 19.<br />
“Die Schwester”, Die Romanwelt, Berlin, 1900, 7(2).<br />
“Wiedersehen”, Vom Fels zum Meer, Berlin, 1900-1901, Jg. 20, Bd. 2, S. 952.<br />
“Vaters Kind”, Vom Fels zum Meer, Berlin, 1901, 40, S. 770-6, 807-12, 842-7, 878-84, 914-9.<br />
“Ma”, Velhagen & Klasings Monatshefte, Jg. 15, 1900-1901, Bd. 1, S. 64-84, 198-217, 322-47.<br />
Ma, Stuttgart, Cotta, 1901 (Frankfurt/M., Ullstein 1996).<br />
“Abschied”, Vom Fels zum Meer, Berlin, 1901, Jg. 20, Bd. 2, S. 862.<br />
“Wolga”, Deutsche Roman-Bibliothek, 1901, S. 657-88.<br />
Der heimliche Weg: Drei Scenen aus einem Ehedrama, In: Über Land <strong>und</strong> Meer, Band 85, 1901.<br />
“Im Zwischenland”, Velhagen & Klasings Monatshefte, JG. 16, 1901-1902, Bd. 1, S. 365-400.<br />
Im Zwischenland, Stuttgart, Cotta, 1902.<br />
“Die Nacht”, Novellenbuch, Hamburg, 1909.<br />
“Seelchen”, Velhagen <strong>und</strong> Klasings Monatshefte, Berlin, 1914, S. 529-36.<br />
“Bericht über einen Weihnachtsmann”, Velhagen <strong>und</strong> Klasings Monatshefte, Berlin, 1915, Jg.<br />
30, S. 509.<br />
“Luzifer. Eine Phantasie über Ricarda Huchs Buch „Luthers Glaube“”, Die Neue Generation,<br />
Berlin, Jg. 13, Mai 1917, S. 210-5.<br />
Drei Briefe an einen Knaben, Leipzig, Kurt Wolff, 1917.<br />
Das Haus, Berlin, Ullstein, 1919 (Ullstein, 1921, 1987).<br />
“Hymnus an das Leben”, Das Inselschiff, 1919, Nr. 1, Bd. 5, S. 216.<br />
“Der goldene Vogel”, Die Flöte, 1919, Heft 2, S. 10.<br />
“Geschwister”, Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, 1921, Oktober, S. 24-63.<br />
Der Teufel <strong>und</strong> seine Großmutter, Jena, Eugen Diederichs, 1922.<br />
Die St<strong>und</strong>e ohne Gott, Jena, Eugen Diederichs, 1922.<br />
Ródinka. Russische Erinnerung, Jena, Eugen Diederichs, 1923 (Frankfurt/M., Ullstein 1985).<br />
Amor, Jutta, Die Tarnkappe, Frankfurt/M., Insel, 1981.<br />
7
3. Autobiographische Schriften<br />
“Gottesschöpfung”, Freie Bühne, Berlin, 1892, Februar, S. 169-79.<br />
“An den Kaiser”, Die Gesellschaft, 1901, Heft 5, S. 261-70.<br />
“Im Spiegel”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Oktober 1911, S. 86-8.<br />
Mein Lebensrückblick, Zürich, 1951 (Frankfurt/M., Insel 1974).<br />
Eintragungen, Frankfurt/M., Insel, 1982.<br />
Rußland mit Rainer. Tagebuch der Reise mit Rainer Maria Rilke im Jahre 1900, Marbach, 1999<br />
(2000).<br />
4. Psychologische <strong>und</strong> Psychoanalytische Schriften<br />
““Eros <strong>und</strong> Psyche“, von Kuhlenbeck”, Sphinx, Leipzig, Dezember 1887, S. 438.<br />
“Physische Liebe”, Die Zukunft, Berlin, 29. Oktober 1898, S. 218-22.<br />
“Alter <strong>und</strong> Ewigkeit”, Die Zukunft, Berlin, 26. Oktober 1901, S. 146-50.<br />
Die Erotik, Frankfurt, Rütten & Loening, 1910 (München, Matthes & Seitz 1979).<br />
“Von frühem Gottesdienst”, Imago, Leipzig, 1913, S. 457-467.<br />
“Zum Typus Weib”, Imago, Leipzig, 1914, 3, S. 123-37.<br />
“,Anal’ <strong>und</strong> ,Sexual’”, Imago, Leipzig, Jg. 4, Heft 5, 1916, S. 249-73.<br />
“Psychosexualität”, Zeitschrift für Sexualwissenschaft, 1-12, 1917, S. 49-57.<br />
“Narzissmus als Doppelrichtung”, Imago, Leipzig, Jg. 7, Heft 4, 1921, S. 361-86.<br />
“Zum 6. Mai 1926”, Almanach der Psychoanalyse, Wien, IPV, 1927, S. 9-14.<br />
“Was daraus folgt, daß es nicht die Frau gewesen ist die den Vater totgeschlagen hat”, Almanach<br />
der Psychoanalyse, Wien, 1928, S. 25-30<br />
Mein Dank an Freud, Wien, IPV, 1931.<br />
“Der Kranke hat immer recht”, Almanach der Psychoanalyse, Wien, IPV, 1933, S. 36-45.<br />
In der Schule bei Freud, Zürich, Niehans, 1958 (Frankfurt/M., Ullstein 1983).<br />
Briefwechsel, Frankfurt/M., Fischer, S. Freud <strong>und</strong> L. Andreas-Salomé, 1966 (1980).<br />
Das ‚zweideutige’ Lächeln der Erotik, Freiburg in Breisgau, Kore, 1990.<br />
„... als käm ich heim zu Vater <strong>und</strong> Schwester“. Briefwechsel 1919-1937, München, DTV, Lou<br />
Andreas-Salome <strong>und</strong> Anna Freud, 2004.<br />
5. Literatur- theoretische <strong>und</strong> ästhetische Aufsätze<br />
“Ein holländisches Urteil über moderne deutsche Literatur”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 2, 27.<br />
Mai <strong>und</strong> 3. Juli 1891, S. 521-4, 541-6, 571-4, 592-5, 670-3, 696-701.<br />
“Gr<strong>und</strong>formen der Kunst”, Pan, Berlin, 1898, S. 177-82.<br />
“Vom Kunstaffekt”, Die Zukunft, Berlin, 27. Mai 1899, S. 366-72.<br />
“Erleben”, Die Zeit, Wien, 19. August 1899, S. 120-121.<br />
“Lebende Dichtung”, Die Zukunft, Berlin, 22. Februar 1908, S. 262-267.<br />
“Kind <strong>und</strong> Kunst”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. Oktober 1915, S. 1-4.<br />
“Expression”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. April 1917, S. 783-90.<br />
“Insekt <strong>und</strong> Krieg”, Die Tat, Jg. 10, 1917, S. 48-53.<br />
“Dichterischer Ausdruck”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Dezember 1918, S. 325-31.<br />
“Des Dichters Erleben”, Die Neue R<strong>und</strong>schau, Berlin, März 1919, S. 358-67.<br />
“Der Ruf des Philosophen”, Der Neue Merkur, München, 1920, Heft 4, S. 185-7.<br />
“Eros”, Faust. Eine Monatsschrift für Kunst <strong>und</strong> Musik, Berlin, 1923, S. 1-6.<br />
8
6. Zu Rainer Maria Rilke<br />
“Rilke in Russland”, Russische Blätter, Jg. 1, Oktober 1928, S. 14-17.<br />
Rainer Maria Rilke, Leipzig, Insel, 1928.<br />
Briefwechsel, Wiesbaden, Insel, 1952 (Frankfurt/M., Insel 1989).<br />
Rußland mit Rainer. Tagebuch der Reise mit Rainer Maria Rilke im Jahre 1900, Marbach, 1999<br />
(2000).<br />
7. Zu Friedrich Nietzsche<br />
“Zum Bilde Friedrich Nietzsches”, Die Freie Bühne, Berlin, 1891, Jg. 2, S. 64-8, 81-1, 109-12.<br />
“Friedrich Nietzsche”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilagen vom 11., 18. <strong>und</strong> 25. Januar<br />
1891.<br />
“Zum Bilde Friedrich Nietzsches”, Die Freie Bühne, Berlin, 1892, Jg. 3, S. 249-51, 285-96.<br />
“Ein Apokalyptiker”, Das Magazin für Literatur, Berlin, 19. November 1892, S. 753-5, <strong>und</strong> 26.<br />
November 1982, S. 777-9.<br />
“Ideal <strong>und</strong> Askese. Ein Beitrag zur Philosophie Fr. Nietzsches”, Berliner Tageblatt, Berlin,15.<br />
Mai 1893.<br />
Friedrich Nietzsche in seinen Werken, Wien, Konegen, 1894 (Frankfurt/M., Insel 1983).<br />
Die Dokumente ihrer Begegnung, Friedrich Nietzsche, Paul Rée, Lou von Salomé, Frankfurt/M.,<br />
Insel, 1971.<br />
8. Deutsche Literatur <strong>und</strong> Theaterkritik<br />
“Ossip Schubin”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilagen vom 10. Januar <strong>und</strong> 17. Januar<br />
1892.<br />
“Emil Marriot”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilagen vom 7., 14. <strong>und</strong> 21. August 1892.<br />
“Die Duse”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, 1893, S. 76-81.<br />
“Der Talisman”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, März 1893, S. 323-5.<br />
“Hanna Jagert”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, April 1893, S. 467-71.<br />
“Ein Frühlingsdrama”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, Mai 1893, S. 572-7.<br />
“Ein Nachwort zu ‚Hanna Jagert’”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, Mai 1893, S. 607-8.<br />
“Hartlebens „Erziehung zur Ehe“”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, November 1893, S. 1165-7.<br />
“Hannele”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, Dezember 1893, S. 1343-9.<br />
“Ein Dank an einen Dichter. Zur Würdigung des „M. Kramer“”, Der Lotse, Hamburg, 20. April<br />
1901, S.71-79.<br />
“Der Graf von Charolais”, Die Zukunft, Berlin, 18. Februar 1905, S. 286-93.<br />
“Das Glashüttenmärchen”, Die Zukunft, Berlin, 17. März 1906, S. 399-404.<br />
“Frühlings Erwachen”, Die Zukunft, Berlin, 19. Januar 1907, S. 97-100.<br />
“Vier Kammerspiele”, Die Schaubühne, Berlin, 20. <strong>und</strong> 27. Februar, 5. März 1908, S. 199-203,<br />
S. 225-7, S. 250-4.<br />
“Elisabeth Siewert”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. September 1912, S. 1690-5.<br />
“Von Paul zu Pedro”, Die Neue Generation, Berlin, 14. Oktober 1912, S. 529-33.<br />
“Angela Langer. Zur Erinnerung”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Dezember 1916, S. 329-<br />
33.<br />
“Eros <strong>und</strong> die Evangelien, von Waldemar Bonsels”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. Oktober<br />
1920, S. 8-17.<br />
9
9. Skandinavische Literatur<br />
“Die Wildente I <strong>und</strong> II”, Die Freie Bühne, 10 <strong>und</strong> 17 September Berlin, S. 849-52, S. 873-5.<br />
H. Ibsen’s Frauen-Gestalten, Berlin, Hugo Bloch 1892 (Jena, Eugen Diederichs 1910).<br />
“Ibsen, Strindberg, Studermann”, Die Freie Bühne, Berlin, Jg. 4, Februar 1893, S. 149-72.<br />
“Scandinavische Dichter”, Cosmopolis, Berlin, November 1896, S. 552-69.<br />
“Zum Bilde Strindbergs”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. März 1915, S. 645-53.<br />
“Strindberg. Ein Beitrag zur Soziologie der Geschlechter. Ein Buch von L. von Wiese”, Das<br />
<strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. März 1919, S. 692-3.<br />
“Agnes Henningsen”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. April 1920, S. 456-64.<br />
10. Russland, russische Dichtung <strong>und</strong> Kultur<br />
“Russische Dichtung <strong>und</strong> Kultur”, Cosmopolis, Berlin, August <strong>und</strong> September 1897, S. 571-80<br />
<strong>und</strong> 872-85.<br />
“Das russische Heiligenbild <strong>und</strong> sein Dichter”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilage vom<br />
1. Januar 1898<br />
“Russische Philosophie <strong>und</strong> semitischer Geist”, Die Zeit, Wien, 15. Januar 1898, Nr. 172, S. 40.<br />
“Leo Tolstoi, unser Zeitgenosse”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, 1898, November, S. 1145-<br />
55.<br />
“Russische Geschichten”, Die Zeit, Wien, 9. Dezember 1899, Nr. 271, S. 153.<br />
“Die Russen”, Die Schaubühne, Berlin, 1909, Nr. 39, 23. September, S. 305-308.<br />
“Aus dem Briefwechsel Leo Tolstois”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. Oktober 1913, S. 1-8.<br />
“Karl Nötzels Tolstoi”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. August 1918, S. 1269-76.<br />
“Der russische Intelligent”, Die Neue R<strong>und</strong>schau, Berlin, 1919, Januar, S. 127-8.<br />
“Der geistliche Russe”, Der Neue Merkur, Berlin, 1919, November, S. 380-6.<br />
“Tagebuch der Jugend, von Leo N. Tolstoi”, Der Neue Merkur, Mai 1989, S. 137-9.<br />
“Unser Anteil an Dostojewski <strong>und</strong> Tolstoi”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilage vom 24.<br />
Juli 1920.<br />
“Russische Romantik”, Romantik, 1921, Heft 5-6, S. 67.<br />
“Tendenz <strong>und</strong> Form russischer Dichtung”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. Januar 1922, S.<br />
398-401.<br />
11. Religion<br />
“Der Realismus in der Religion”, Die Freie Bühne, Berlin, 1891, Oktober-November, S. 994-<br />
1009, 1025-30, 1057-9, 1079-83.<br />
“Harnack <strong>und</strong> das Apostolikum”, Die Freie Bühne, Berlin, 1892, November, S. 1214-22.<br />
“Von der Bestie bis zum Gott. Über Totemismus bei den Ursemiten”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>-<br />
schau, Berlin, 1894, Jg. 5, S. 398-402.<br />
“Das Problem des Islams”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilagen vom 22. <strong>und</strong> 29. Juli<br />
1894.<br />
“Vom Ursprung des Christentums”, Vossische Zeitung, Berlin, Sonntagsbeilage vom 22. Dezem-<br />
ber 1895.<br />
“Jesus der Jude”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, Jg. 7, April 1896, S. 342-51.<br />
“Aus der Geschichte Gottes”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, Dezember 1897, S. 1211-20.<br />
“Religion <strong>und</strong> Cultur”, Die Zeit, Wien, 2. April 1898, S. 5-7.<br />
“Vom religiösen Affekt”, Die Zukunft, Berlin, 23. April 1898, S. 149-54.<br />
“Der Egoismus in der Religion”, in Arthur Dix (Hg.), Der Egoismus, Leipzig, Verlag Fre<strong>und</strong> &<br />
Wittig, S. 383-402.<br />
“Vom frühen Gottesdienst”, Imago, Leipzig-Wien, IPV, 1913, Bd. II/5, S. 457-67<br />
10
“Luzifer. Eine Phantasie über Ricarda Huchs Buch „Luthers Glaube“”, Die Neue Generation,<br />
Berlin, 1917, Mai, S. 210-5.<br />
“Gott gegen Gott”, Der Neue Merkur, Berlin, 1920, Bd. 4, S. 173-81.<br />
“Mitleben: Tier <strong>und</strong> Pflanze”, Alles Lebendige meinet dem Menschen. Gedenkbuch für M. Nie-<br />
hans, Hrsg. v. J. Buck <strong>und</strong> G.K. Schauer, Bern, Francke, 1972, S. 129-35.<br />
12. Frauenfragen<br />
“Missbrauchte Frauenkraft”, Die Frau, Berlin, 1898, Juni, S. 513-6.<br />
“Ketzereien gegen die moderne Frau”, Die Zukunft, Berlin, 11. Februar 1899, S. 237-40.<br />
“Der Mensch als Weib”, Neue R<strong>und</strong>schau, Berlin, Jg. 10, März1899, S. 225-43<br />
“An Rosa Mayreder”, Der Aufstieg der Frau, Jena, Diederichs, 1928, S. 29.<br />
13. Kurze Buchbesprechungen<br />
“Ricarda Huch: Erinnerungen, von Ludolf Ursleu den Jüngeren”, Die Frau, Berlin, 1. Oktober<br />
1895 , S. 32-6.<br />
“Der dritter Bruder, Novelle, von Adine Gemberg”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. November<br />
1898, S. 189.<br />
“Sant’ Illario, von Paul Mongré”, Die Zeit, Wien, 3. September 1989, S. 157.<br />
“Aphorismen, von Paul Nikolaus N. Cossmann”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. November<br />
1898, S. 194-5.<br />
“Sehnsucht, Schönheit, Dämmerung. Roman, von Sophie Hoechstetter”, Das <strong>Literarische</strong><br />
Echo, Berlin, 15. November 1898, S. 248.<br />
“Stillleben“, von Adalbert Meinhardt, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. November 1898, S.<br />
248.<br />
“Bilder aus der Geschichte <strong>und</strong> Literatur Russlands”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Novem-<br />
ber 1898, S. 255.<br />
“Die eherne Schlange. Roman in drei Büchern, von Thomas P. Krag”, Das <strong>Literarische</strong> Echo,<br />
Berlin, 1. Januar 1899, S. 461.<br />
“Essais“, von Ellen Key, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. Oktober 1899, S. 66-7.<br />
“Vom Bazillus zum Affenmenschen. Naturwissenschaftliche Plaudereien, von Wilhelm Bölsche”,<br />
Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Januar 1900, S. 584.<br />
“Das Kindlein“, von Erika Rheinsch, Das literarische Echo, Berlin, 15. Oktober 1911, S. 143-<br />
5.<br />
“Realität <strong>und</strong> Gesetzlichkeit”, Das literarische Echo, Berlin, 1. September 1912, S. 1672-6.<br />
“Nadja Strasser „Die Russin”, Die Neue Generation, Berlin, 13, 1917, S. 314-8.<br />
“Insekt <strong>und</strong> Krieg”, Die Tat, 1917, Nr. 9, S. 48-53.<br />
“Die Kleriserei, von Nikolaus Lestow”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. April 1920, S. 879-<br />
80.<br />
“Im Traumland, von Isolde Kurz”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Mai 1920, S. 1011-2.<br />
“Spiegelzauber, von Géza Roheim”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Mai 1920, S. 1012-3.<br />
“Diekmanns Denkwürdigkeiten <strong>und</strong> Erinnerungen Bücherei, Bd.1”, Das <strong>Literarische</strong> Echo,<br />
Berlin, 1. August 1920, S. 1332.<br />
“Tagebuch eines halbwüchsigen Mädchens, von Hermine Hug-Hellmuth”, Das <strong>Literarische</strong><br />
Echo, Berlin, 1.September 1920, S. 1463-64.<br />
“Satyren, von M. Saltykow-Stschedrin”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. November 1920, S.<br />
181.<br />
“Eros <strong>und</strong> die Evangelien”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. März 1921, S. 684-5.<br />
“Kranke Liebe, von Hans Jäger”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Oktober 1921, S. 121.<br />
11
“Die Diktatur der Liebe, von Theodor Zell”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. November<br />
1921, S. 178.<br />
“Der werdende Mensch, von Landauer ”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, 1. Dezember 1921, S. 307<br />
14. Briefe<br />
Rilke, Rainer Maria <strong>und</strong> Lou Andreas Salomé,<br />
Briefwechsel, Wiesbaden, Insel, 1952 (Frankfurt/M., Insel 1989).<br />
Freud, Sigm<strong>und</strong> <strong>und</strong> Lou Andreas-Salomé,<br />
Briefwechsel, Frankfurt/M., Fischer, 1966 (1980).<br />
Friedrich Nietzsche, Paul Rée <strong>und</strong> Lou von Salomé,<br />
Die Dokumente ihrer Begegnung, Frankfurt/M., Insel, 1970.<br />
Lou Andreas-Salome <strong>und</strong> Anna Freud,<br />
„... als käm ich heim zu Vater <strong>und</strong> Schwester“. Briefwechsel 1919-1937, Göttingen, Wallstein<br />
Verlag, 2001, (München, DTV, 2004).<br />
15. Übersetzungen ins Französische<br />
Ma vie, Paris, Puf, 1977, (Quadrige 1986).<br />
L’amour du narcissisme. Textes psychanalytiques, Paris, Gallimard, 1980.<br />
Carnets intimes des dernières années, Paris, Hachette, 1983.<br />
Lettre ouverte à Freud, Paris, Lieu commun, 1983 (Seuil, points essais, 1987).<br />
Eros, Paris, Minuit, 1984.<br />
Mon expérience de l’amitié avec Nietzsche et Rée, Paris, Société française d’études nietzschéennes,<br />
1984.<br />
Fénitchka. Une longue dissipation, Paris, Des Femmes, 1985.<br />
Rodinka. Souvenirs russes, Paris, Des Femmes, 1987.<br />
Création de Dieu. Essais sur la religion, Paris, Maren Sell, 1991.<br />
Friedrich Nietzsche à travers ses œuvres, Paris, Grasset & Fasquelle, 1992 (Cahiers rouges,<br />
2004).<br />
La maison, Paris, Des Femmes, 1997.<br />
Rainer Maria Rilke, Paris, Maren Sell, 1989.<br />
En Russie avec Rilke, 1900, Paris, Seuil, 1999.<br />
Jutta, Paris, Seuil, 2000.<br />
L’heure sans Dieu et autres histoires pour enfants, Paris, Rue d’Ulm, 2005.<br />
La cape magique, Paris, Des Femmes – Antoinette Fouque, 2007.<br />
Figures de femmes dans Ibsen, Paris, Michel de Maule, 2007.<br />
Lou Andreas-Salomé, Sigm<strong>und</strong> Freud, Correspondance avec Sigm<strong>und</strong> Freud (suivi du Journal<br />
d’une année 1912-1913), Paris, Gallimard, 1970.<br />
Friedrich Nietzsche, Paul Rée, Lou von Salomé, Correspondance, Paris, PUF, 1979 (Quadrige,<br />
2001).<br />
Lou Andreas-Salomé, Rainer Maria Rilke, Correspondance, Paris, Gallimard, 1985.<br />
Lou Andreas-Salomé, Anna Freud, A l’ombre du père: Correspondance 1919-1937, Paris,<br />
Hachette, 2006.<br />
B. Sek<strong>und</strong>ärliteratur zur Person <strong>und</strong> zum Werk<br />
12
1. Biographien <strong>und</strong> wissenschaftliche Veröffentlichungen<br />
Astor, Dorian, Lou Andreas-Salomé, Paris, Gallimard (folio biographies), 2008.<br />
Bab, Hans Jürgen, Lou Andreas-Salomé. Dichtung <strong>und</strong> Persönlichkeit, Berlin, Freie Universität<br />
Berlin, Dissertation, 1955.<br />
Binion, Rudolph, Frau Lou, Nietzsche’s Wayward Disciple, Princeton, Princeton University<br />
Press, 1968.<br />
Faye, Jean-Pierre, Nietzsche et Salomé. La philosophie dangereuse, Paris, Grasset, 2000.<br />
Frowen, Iréna, Betrachtungen zur Deutung des Narziß-Mythos bei Freud, Lou Andreas-Salomé<br />
<strong>und</strong> Rilke, Linz, 1983.<br />
Gahlinger, Chantal, Der Weg zur weiblichen Autonomie: Zur Psychologie der Selbstwerdung im<br />
literarischen Werk von Lou Andreas-Salomé, Bern, Lang, 2001.<br />
Giroud, Françoise, Lou. Histoire d’une femme libre, Paris, Fayard, 2002.<br />
Guéry, François, Lou Andreas-Salomé: génie de la vie, Paris, Calman-Lévy, 1978.<br />
Hülsemann, Irmgard, ‘Mit dem Mut der Löwin’. Lou Andreas-Salomé, München, Claassen<br />
Verlag (List Ullstein 2000).<br />
Jaccard, Roland, Lou, Paris, Grasset, 1982.<br />
Koepcke, Cordula, Lou Andreas-Salomé. Ein eigenwilliger Lebensweg, Freiburg in Breisgau,<br />
Herder, 1982.<br />
—, Lou Andreas-Salomé, Frankfurt/M., Insel, 1986.<br />
Le Rider, Jacques <strong>und</strong> Michaud, Stéphane, Rilke et son amie Lou Andreas-Salomé, Paris, BNF /<br />
Presses de la Sorbonne nouvelle 2001.<br />
Livingston, Angela, Lou Andreas-Salomé, London, Gordon Fraser, 1984.<br />
Michaud, Stéphane, Lou Andreas-Salomé. L’alliée de la vie, Paris, Seuil, 2000.<br />
—, Dichtung <strong>und</strong> Authentizität. Ansätze zu einer heutigen Komparatistik, Jena / Weimar, Colle<br />
gium Europaeum Jenense, 2000.<br />
Mons, Isabelle, Lou Andreas-Salomé et l’anthropologie de son temps, Paris, Université Paris III,<br />
2003.<br />
Müller-Loreck, Leonie, Die erzählende Dichtung Lou Andreas-Salomés. Ihr Zusammenhang mit<br />
der Literatur um 1900, Stuttgart, Akademischer Verlag Hans-Dieterwe, 1976.<br />
Peters, Heinz Frederick, Das Leben der Lou Andreas-Salomé, München, Kindler,1964 (Heyne,<br />
1983).<br />
Rilke Gesellschaft (Hrsg.), Lou Andreas-Salomé, Karlsruhe, Von Loeper Verlag, 1986.<br />
Ross, Werner, Lou Andreas-Salomé. Weggefährtin von Nietzsche, Rilke, Freud, Berlin, Corso bei<br />
Siedler, 1992.<br />
Salber, Linde, Lou Andreas-Salomé, Reinbeck bei Hamburg, Rowohlt, 1990.<br />
Schmidt-Macrey, Ilona, Lou Salomé. Inspiratrice et interprète de Nietzsche, Rilke et Freud,<br />
Paris, 1956.<br />
Schütz, Katrin, Geschlechterentwürfe: im literarischen Werk von Lou Andreas-Salomé unter<br />
Berücksichtigung ihrer Geschlechtertheorie, Würzburg, Königshausen & Neumann, 2008.<br />
Simon, Yves, Portrait de femme, Lou Andreas-Salomé, Paris, Livre de poche, 1995.<br />
—, Lou Andreas-Salomé, Paris, Société des Editions Mengès, 2004.<br />
Verougstraete, Anne, Lou Andreas-Salomé et Sigm<strong>und</strong> Freud: Une histoire d’amour, Paris,<br />
L’Harmattan, 2005.<br />
Welsch, Ursula <strong>und</strong> Dorothee Pfeifer, Lou Andreas-Salomé: eine Bildbiographie, Leipzig,<br />
Reclam, 2006.<br />
Welsch, Ursula <strong>und</strong> Michaela Wiesner, Lou Andreas-Salomé. Vom ‚Lebensgr<strong>und</strong>’ zur Psychoanalyse,<br />
München, Verlag internationale Psychoanalyse, 1988.<br />
Wiesner-Bangard, Michaela <strong>und</strong> Ursula Welsch, Lou Andreas-Salomé. „…Wie ich Dich liebe,<br />
Rätselleben“, Leipzig, Reclam, 2002.<br />
2. Aufzeichnungen <strong>und</strong> Aufsätze zur Rezeption bis 1939<br />
Anonym, “Tod in der Stille”, Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, 1937, Januar, S. 27-8.<br />
Bäumer, Gertrud, “Lou Andreas-Salomé”, Die Frau, 1937, Heft 6, März, S. 305-11.<br />
13
Bernouilli, C. A., “Nietzsches Lou-Erlebnis”, Raschers Jahrbuch für Schweizer Art <strong>und</strong> Kunst,<br />
Zürich <strong>und</strong> Leipzig, 1915, Heft 1, S. 225-60.<br />
Bölsche, Wilhelm, “Sechs Kapitel Psychologie nach Ibsen”, Die Freie Bühne, Berlin, 1891, S.<br />
1272-4.<br />
—, “Das Geheimnis Friedrich Nietzsches”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, 1894, S. 1026-33.<br />
Brausewetter, Ernst, “Lou Andreas-Salomé”, Meisternovellen deutscher Frauen, Berlin <strong>und</strong><br />
Leipzig, Schuster <strong>und</strong> Loessler, 1898, S. 3-14.<br />
Dohm, Hedwig, “Reaktion in der Frauenbewegung”, Die Zukunft, Berlin, 18. November 1899,<br />
S. 279-91.<br />
Eloesser, Arthur, “Neue Bücher”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, 1899, Mai, S. 495-6<br />
—, “Neue Bücher”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, 1899, Oktober, S. 117.<br />
—, “Neue Bücher”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, Berlin, 1903, Vol XIV/1, S. 268<br />
Engel, Eduard, “Fenitschka. Eine Ausschweifung”, Das literarische Echo, 15. Dezember 1898,<br />
S. 390-1.<br />
Förster-Nietzsche, Elisabeth, “Der Hymnus an das Leben”, Das Inselschiff, 1920, S. 209-16.<br />
Gallwitz, S. D., “Die Fre<strong>und</strong>in von Nietzsche <strong>und</strong> Rilke”, Die Frau, Berlin, 1928, Oktober, S.<br />
12-6.<br />
Hamann, E. M., “Andreas-Salomé, Lou: Ruth”, Allgemeines Literaturblatt, Wien, 1. Juli 1901,<br />
S. 413.<br />
Heilborn, Ernst, “Frauen in ihrem Schaffen”, Die Frau, Berlin, 1897, April, S. 385-91,<br />
—, “Lou Andreas-Salomé”, Die Frau, Berlin, 1898, Oktober, S. 25-9.<br />
Heine, Anselma, “Menschenkinder”, Die Zeit, Wien, 5. August 1899, S. 90-1.<br />
—, “Lou Andreas-Salomé”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 10. Oktober 1911, S. 80-6.<br />
—, “Drei Briefe an einen Knaben”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 1. Mai 1918, S. 940-1.<br />
—, “Die St<strong>und</strong>e ohne Gott”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. Juni 1922, S. 1131.<br />
Hessel, Frantz, “Lou Andreas-Salomé: Rainer Maria Rilke”, Die literarische Welt, Berlin, 3<br />
August 1928, S. 5.<br />
Heuss, Theodor, “Lou Andreas-Salomé”, Der Kunstwart, München, 1908, Januar, H. 7, S. 9-13.<br />
Hug-Hellmuth, Hermine Von, “Lou Andreas-Salomé: Im Zwischenland”, Imago, Leipzig, IPV,<br />
1914, Bd. III, S. 85-90.<br />
Klinkenberg, Helene, “Lou Andreas-Salomé”, Deutsche Monatschrift für Russen, 1912, Nr. 2, S.<br />
237-52.<br />
Koegel, Fritz, “Friedrich Nietzsche <strong>und</strong> Frau Lou Andreas-Salomé”, Das Magazin für Literatur,<br />
Berlin, 23. Februar 1895, Nr. 8, S. 225-35.<br />
Mauthner, Fritz, “Lou Andreas-Salomé: Henrik Ibsen’s Frauen Gestalten”, Das Magazin für<br />
Literatur, Berlin, 20. Februar 1892, S. 135.<br />
Meyer-Benfey, Heinrich, “L. Andreas-Salomé: Die Erotik”, Die Neue Generation, Berlin, 1910,<br />
Nr. 6, S. 465-6.<br />
—, “Lou Andreas-Salomé”, Die Frau, Berlin, 1931, Februar, S. 304-7.<br />
Pauli, Hans, “Frauen-Literatur”, Neue Deutsche R<strong>und</strong>schau, 1896, Nr. 7, S. 276-81.<br />
Platzhoff-Lejeune, Eduard, “Ma. Ein Portrait, von Lou Andreas-Salomé”, Das <strong>Literarische</strong><br />
Echo, Berlin, 1901, August, S. 1573-4.<br />
—, “Im Zwischenland”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Berlin, 15. August 1903, S. 1583-4.<br />
Rom<strong>und</strong>t, Heinrich, “Noch einmal Friedrich Nietzsche <strong>und</strong> Frau Lou Andreas-Salomé”, Das<br />
Magazin für Literatur, Berlin, 27. April 1895, Nr. 17, S. 523-6.<br />
Rostosky, F., “Andreas-Salomé, Lou: Rainer Maria Rilke”, Die schöne Literatur, 1929, Februar,<br />
Heft 2, S. 62.<br />
Salzer, P. A, “Andreas-Salomé, Lou: Menschenkinde”, Allgemeines Literaturblatt, Wien, 1. Juli<br />
1901, S. 414.<br />
Stöcker, Helene, “Neue Frauentypen”, Das Magazin für Literatur, Berlin, 8. Juli 1899, S. 630-8.<br />
—, “Echo der Zeitschriften”, Das <strong>Literarische</strong> Echo, Heft 14, 1902-1903, S. 983-4.<br />
—, “Lou Andreas-Salomé, der Dichterin <strong>und</strong> Denkerin. Zum 70. Geburtstag”, Die Neue Gene-<br />
ration, Berlin, 1931, Nr. 1-3, S. 50-3.<br />
Weizsäcker, Viktor von, “Mein Dank an Freud ... Von L. Andreas-Salomé”, Der Nervenarzt,<br />
Berlin, Springer, 1933, S. 30-1.<br />
Wurmb, Agnes, “L. Andreas-Salomé: Rodinka”, Die Frau, Berlin, 1925, März, Heft 6, S. 164-6.<br />
14
Zepler, Wally, “Die neue Frau in der neuen Frauendichtung”, Sozialistisches Monatsheft, Berlin,<br />
1914, Bd. 1, S. 53-65.<br />
3. Aufsätze zur Rezeption in deutscher Sprache ab 1940<br />
Appel, Rainer, “Femme fatale wider Willen”, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt/M., 29.<br />
Februar 1988.<br />
Bäumer, Getrud, “Lou Andreas-Salomé”, Bildnis der Liebenden, Tübingen, W<strong>und</strong>erlich Verlag,<br />
1958, p. 267-308.<br />
Bassermann, Dieter, “Ungedeutetes Geheimnis”, Neue Schweizer R<strong>und</strong>schau, Mai, 1952, Heft<br />
1, S. 50-56.<br />
Bernecker, Senta, “Lou Andreas-Salomé”, Frauen im Hintergr<strong>und</strong>, Berlin, Limpert, 1943.<br />
Brinker-Gabler, G., Zur Psychologie der Frau, Frankfurt/M., Fischer 1978.<br />
—, “Selbstständigkeit oder/<strong>und</strong> Liebe: über die Entwicklung eines Frauenproblems in drei<br />
Romanen aus dem Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts”, Frauen sehen ihre Zeit, Mainz, 1984, S.<br />
41-53.<br />
Gebsattel, Victor Emil Von, “Geleitwort”. In: Paul Bjerre, Psychosynthese, Stuttgart, Hippokratos<br />
Verlag, 1971, S. 7-18.<br />
Gidion, Heidi, “Lou Andreas-Salomé. Eine noch zu entdeckende Schriftstellerin der Psychoana-<br />
lyse”, Psychoanalyse im Widerspruch, Heidelberg <strong>und</strong> Manheim, 1992, 2, S. 25-38.<br />
—, “Nachwort. Die Person hinter den Bildern”. In: Lou Andreas-Salomé, Ma, Frankfurt/M.,<br />
Ullstein 1996, S. 175-92.<br />
Günther, Joachim, “Die Lou Affäre in Dokumenten”, Neue Deutsche Hefte, Berlin, 1971, Heft<br />
2, S. 124-9.<br />
Hamburger, Kate, “Lou Andreas-Salomé”, Frauen. Porträts aus zwei Jahrh<strong>und</strong>erten, Hrsg. v. H.<br />
J. Schultz, Stuttgart, Kreuz, 1981, p. 186-97.<br />
Heimpel, Elisabeth, “Lou Andreas-Salomé”, Neue Deutsche Bibliographie, Berlin, Duncker-<br />
Humbolt,1953, Bd. 1, S. 284-5.<br />
Heissenbüttel, Helmut, “Das Vatergesicht”, Der Monat, Frankfurt/M., 1967, März, S. 67-70.<br />
Leavy, Stanley A., “Lou Andreas-Salomés Freud-Tagebuch”, Psyche, Stuttgart, Klett-Cotta,<br />
1965, Heft 3, S. 119-240.<br />
Mühlleitner, Elke, “Lou Andreas-Salomé”, Biographische Lexikon der Psychoanalyse, Tübingen,<br />
Diskord, 1992, S. 24-6.<br />
Paul, Fritz, “Sechs Antworten <strong>und</strong> sechs Geschichten, Lou Andreas – Salomé interpretiert Ibsen”,<br />
Ibsen Yearbook, hrsg v. D. Haakonsen, Oslo, 1983, Vol. 5, Contemporary Approaches<br />
to Ibsen, Reports from the 5.International Ibsen Seminar; München, 1983, S. 99-112.<br />
—, “Die Legende von der femme fatale”, Der nahe Norden, Hrsg. v. Wolfgang Butt <strong>und</strong> Bernhard<br />
Glienke, Frankfurt/M., Lang, 1985, S. 215-34.<br />
Pfeiffer, Ernst, “Die Historie von der Lou”, Neue Deutsche Hefte, Berlin, 1965, Mai, S. 111-9.<br />
—, “Andreas-Salomé, Lou”, Handbuch der deutschen Gegenwartsliteratur, München,<br />
Nymphenburger Verlagshandlung, 1969, Bd. 1, S. 65-7.<br />
Schwab, Hans-Rüdiger, “Nachwort”. In: Lou Andreas-Salomé, Aus fremder Seele, München,<br />
DTV, 2007, S. 131-44.<br />
—, “Die Geburt von Religion aus dem Geiste verlorenen Glaubens”. In: Lou Andreas-Salomé,<br />
Im Kampf um Gott, München, DTV, 2007, S. 267-98.<br />
Weber, Inge, “Narzissmus: Ursprung <strong>und</strong> Ziel des Ichs. Gedankengänge von L. Andreas-<br />
Salomé”, Psyche, Stuttgart, Klett-Cotta, 1989, No 3, S. 256-85.<br />
Weber, Inge <strong>und</strong> Brigitte Rempp, “Zur Einführung”. In: Lou Andreas-Salomé, Das<br />
,zweideutige’ Lächeln der Erotik, Freibug, Kore, 1990, S. 17-35.<br />
Weber, Inge <strong>und</strong> Daria A. Rothe, “Zum Briefwechsel”. In: Lou Andreas-Salomé <strong>und</strong> Anna<br />
Freud, „... als käm ich heim zu Vater <strong>und</strong> Schwester“. Briefwechsel 1919-1937, München,<br />
DTV, 2004, S. 857-86.<br />
15
4. Rezeption im Französisch spracheigen Raum<br />
Assoun, Paul-Laurent, “Lou Salomé, lien naturel entre Nietzsche et Freud”, Freud et Nietzsche,<br />
Paris, Puf 1980, (1982), p. 42-8.<br />
Baudart, Anne, “Postface”. In : Lou Andreas-Salomé, Création de Dieu, Paris, Maren Sell, 1991,<br />
p. 143-57.<br />
Beauvoir, Simone de, La vieillesse, Paris, Gallimard, 1970, Vol. 2, S. 361 ff.<br />
Bertin, Célia, “Lou von Salomé”, La femme à Vienne au temps de Freud, Paris, Stock, 1989, p.<br />
214-35.<br />
Bianquis, Geneviève, “L. Andreas-Salomé ou l'amitié des grands hommes”, La revue de Paris,<br />
Paris, 1954, décembre, S. 101-14.<br />
—, “Lou Andreas-Salomé et son récent biographe”, Etudes Germaniques, Paris, 1966, Nr. 21,<br />
S. 261-4.<br />
Blain, Jean, “Fascinante Lou”, Lire, Paris, 2000, mai.<br />
Cifali, Mario, “Lou et Freud”, Ecriture, Lausanne, 1984, Nr. 23, S. 30-8.<br />
Chambron, Jean, “Lecture d’Anal et sexuel de Lou Andreas-Salomé”, Revue française de psychanalyse,<br />
Paris, 1973, 1-2, S. 179-90.<br />
Clément, Catherine, “Lou, la dame de mes pensées”, Magazine littéraire, Paris, avril, S. 50-2.<br />
Cosnier, Jacqueline, “Lou Andreas-Salomé et la sexualité féminine”, Revue française de psychanalyse,<br />
Paris, 1973, 1-2, S. 165-78.<br />
David, Catherine, “Lou, mets le feu à mon cerveau”, Le Nouvel Observateur, Paris, 29 juin<br />
1989, p. 119-20.<br />
Duvignaud, Jean, “Nietzsche, Freud, Rilke”, La Quinzaine Littéraire, Paris, 1967, Nr. 26.<br />
Fabre-Luce, Anne, “Lou Andreas-Salomé et le refus des impératifs sociaux”, La Quinzaine<br />
Littéraire, Paris, 1977, Nr. 270.<br />
Grappin, Pierre, “Lou Andreas-Salomé et les psychanalystes”, Etudes Germaniques, Paris, 1962,<br />
Vol. 17, S. 54-8.<br />
Gras, Gabrielle, “Psyché et l'amour”, Europe, Paris, 1967, septembre-octobre, S. 280-5.<br />
Hummel, Pascale, “Le sens endormi”. In: Lou Andreas-Salomé, Le Diable et sa grand-mère,<br />
Paris, Editions Rue d’Ulm, 2005.<br />
—, “Le partage du sens”. In: Lou Andreas-Salomé, L’heure sans Dieu et autres histoires pour<br />
enfants, Paris, Editions Rue d’Ulm, 2006, p. 139-82.<br />
—, “(Auto)Portrait(s) en prose”. In: Lou Andreas-Salomé, Figures de femmes dans Ibsen, Paris,<br />
Michel de Maule, 2007, S. 181-211.<br />
Lacoste, Jean, “Lou, Rainer l'ultime dialogue”, La Quinzaine Littéraire, Paris, 16 juin 1989, p.<br />
14-5.<br />
Le Rider, Jacques, “Lou Andreas-Salomé ou la fidélité à soi-même”. In: Lou Andreas-Salomé,<br />
Carnets intimes des dernières années, Paris, Hachette, 1983, S. 7-64.<br />
Major, René, “Lettre ouverte à Freud”, Psychoanalytic Quartely, 1984, 53, S. 609-11.<br />
Martinho, J. “Camera lucida”, Ornicar?, Paris, Navarin, 1985, Nr. 33, avril-juin, p. 83-90.<br />
Martinoir, Francine de, “Lou Andreas-Salomé”, La Quinzaine Littéraire, Paris, 16 janvier 1986.<br />
Matarasso, Michel, “Anthropoanalyse et approche biographique: Lou Andreas-Salomé”, Diogène,<br />
Juli-September 1987, S. 127-60.<br />
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