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Band I/ 2013 (6,7mb) - critica – zeitschrift für philosophie ...

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Verrat oder Versagen?<br />

‚Sein und Zeit’ und die Technik<br />

1. Sogar die strengsten Kritiker<br />

Heideggers <strong>–</strong> diejenigen, laut denen<br />

sein Denken nach der Kehre<br />

in eine Art theoretischen Mystizismus<br />

(vgl. Hühnerfeld 1961,<br />

126f. , Löwith 1964, 8) und methodologischer<br />

Esoterik geraten<br />

sei <strong>–</strong> geben bekanntlich zu, dass<br />

Sein und Zeit aufgrund seiner radikalen<br />

Originalität den Status eines<br />

unbestrittenen Meisterwerks zuzuschreiben<br />

ist. Auch deshalb ist<br />

das fruchtbare „Versagen“ von Sein<br />

und Zeit zu einem topos des heideggerschen<br />

Denkens geworden,<br />

es ist angesichts der Grenzen der<br />

metaphysischen-vorstellenden<br />

Sprache, die das Buch charakterisiert,<br />

sogar als notwendig anzusehen.<br />

Es gibt aber auch einen weiteren<br />

topos des heideggerschen<br />

Denkens vor und nach der Kehre:<br />

den topos des „Verrats“. Wir wissen,<br />

dass die Kehre alles umgekehrt<br />

hat: es ist der berühmte Hinweis<br />

des Briefs. Aber diese Umkehrung<br />

hat zugleich einige Analysen unterbrochen,<br />

die fortgesetzt werden<br />

können und müssen, obwohl<br />

sie auffällig »ohne Rücksicht auf<br />

die Beziehung des Seins zum Seienden<br />

[…], ohne Rücksicht auf die<br />

Metaphysik« (Heidegger 2000, 25)<br />

durchgeführt wurden. Eine Fortsetzung<br />

solcher Analysen wäre<br />

deshalb ein Verrat <strong>–</strong> ein Verrat<br />

Heideggers mithilfe von Sein und<br />

von Simona Venezia<br />

Zeit, d.h. von Heidegger selbst <strong>–</strong>,<br />

und dennoch ein Verrat, der weder<br />

das Wesentliche verpassen noch es<br />

zurückweisen, sondern eigentlich<br />

daran streben würde. In der Tat<br />

besteht vielleicht das eigentliche<br />

Versagen von Sein und Zeit in dem<br />

von Heidegger selbst begangenen<br />

Verrat, einem Verrat, der sich <strong>für</strong><br />

ihn im Hinblick auf die Seinsfrage<br />

als absolut notwendig und unabwendbar<br />

durchsetzte.<br />

Das Ziel des vorliegenden Beitrags<br />

ist deshalb ein Verrat Heideggers,<br />

der ihm eigentlich getreu zu bleiben<br />

versucht. Dieser Verrat wird<br />

auf der Ebene der Frage nach der<br />

Technik getrieben werden <strong>–</strong> einer<br />

Frage, die bekanntlich insbesondere<br />

nach der Kehre in den Vordergrund<br />

rückt, die sich aber auf<br />

interessante und eigentümliche<br />

Weise bereits in den Analysen von<br />

Sein und Zeit abzeichnet. In der fast<br />

unüberschaubar gewordenen Sekundärliteratur<br />

über Heidegger<br />

ist aber dieser Aspekt insgesamt<br />

vernachlässigt worden, insbesondere<br />

im Vergleich zum riesigen,<br />

z. T. auch übertriebenen Interesse<br />

<strong>für</strong> die spätere Entwicklung der<br />

Frage nach der Technik, die in allen<br />

Einzelheiten erörtert worden<br />

ist. Dagegen verdient auch diese<br />

frühere, eher verdeckte Thematisierung<br />

der Frage nach der Technik<br />

I | 13 CRITICA<strong>–</strong>ZPK<br />

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