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Der Jugoslawienkonflikt - Deutsche-Aussenpolitik.de

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Position hinsichtlich <strong>de</strong>r Entsendung einer europäischen Frie<strong>de</strong>nsstreitmacht, für die sich<br />

Bun<strong>de</strong>skanzler Kohl und <strong>de</strong>r französische Staatspräsi<strong>de</strong>nt Mitterand zuvor ausgesprochen<br />

hatten. 97 Portugal, Dänemark und vor allem Großbritannien stimmten gegen eine<br />

europäische Frie<strong>de</strong>nstruppe.<br />

• Am 25. September sprach sich Genscher vor <strong>de</strong>r UNO-Vollversammlung für ein<br />

Waffenembargo gegen Jugoslawien aus, das am folgen<strong>de</strong>n Tag einstimmig vom<br />

Sicherheitsrat verhängt wur<strong>de</strong>. 98<br />

• Neben <strong>de</strong>m Druck auf die europäischen Partner, einer Anerkennung <strong>de</strong>r Teilrepubliken<br />

Slowenien und Kroatien zuzustimmen, versuchte die <strong>de</strong>utsche Politik insbeson<strong>de</strong>re<br />

wirtschaftliche Sanktionen gegen Restjugoslawien durchzusetzen. En<strong>de</strong> Oktober wur<strong>de</strong>n<br />

Genscher und einige seiner Kollegen mit ihrer For<strong>de</strong>rung, sofortige Boykottmaßnahmen<br />

gegen Serbien zu verhängen – die Re<strong>de</strong> war von einem Ölembargo, <strong>de</strong>r Aufkündigung <strong>de</strong>s<br />

EG-Kooperationsabkommens, <strong>de</strong>r Aussetzung von Zollpräferenzen sowie einem<br />

umfassen<strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>lsembargo – vom EG-Ministerrat überstimmt. Statt sofortiger<br />

Sanktionen drohte die EG lediglich mit Boykottmaßnahmen, sollten die Serben nicht an <strong>de</strong>n<br />

Verhandlungstisch <strong>de</strong>r Haager Frie<strong>de</strong>nskonferenz zurückkehren. 99 Die von <strong>de</strong>r EG am 8.<br />

November gegen Jugoslawien verhängten Sanktionen blieben hinter <strong>de</strong>n For<strong>de</strong>rungen Bonns<br />

zurück, 100 die erst am 30. Mai 1993 vom UNO-Sicherheitsrat verabschie<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n.<br />

• In Bonn wur<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>m Scheitern diplomatischer und wirtschaftlicher<br />

Vermittlungsversuche in <strong>de</strong>r diplomatischen Anerkennung <strong>de</strong>r Teilrepubliken die letzte<br />

vielversprechen<strong>de</strong> Konfliktlösungsstrategie gesehen. Genscher betonte zunächst immer<br />

wie<strong>de</strong>r, es dürfe in dieser Frage keinen <strong>de</strong>utschen Alleingang geben, stieß aber mit seiner<br />

For<strong>de</strong>rung nach Anerkennung im Kreise europäischer Kollegen auf kühle Ablehnung.<br />

Anfang Dezember versprach Bun<strong>de</strong>skanzler Kohl <strong>de</strong>m kroatischen Präsi<strong>de</strong>nten Tudjman,<br />

die Kroatische Teilrepublik noch vor Weihnachten völkerrechtlich anzuerkennen. 101 EG-<br />

Chefunterhändler Lord Carrington und UNO-Generalsekretär Perez <strong>de</strong> Cuellar warnten die<br />

Bun<strong>de</strong>sregierung, eine <strong>de</strong>utsche Anerkennung wür<strong>de</strong> sowohl die EG-Frie<strong>de</strong>nsbemühungen<br />

als auch eine gemeinsam europäische Außenpolitik unterminieren. 102 Genscher drängte die<br />

EG-Außenminister am 16. Dezember erfolgreich, einen Zeitplan für die Anerkennung<br />

Sloweniens und Kroatiens auszuarbeiten, 103 nach<strong>de</strong>m die Außenminister bereits am 8.<br />

November eine Erklärung abgegeben hatten, die sich für eine an Bedingungen geknüpfte<br />

Anerkennung ausgesprochen hatte. Diese sollte allerdings erst zum 15. Januar 1992 nach<br />

<strong>de</strong>r Vorlage <strong>de</strong>r Ergebnisse <strong>de</strong>r Badinter-Kommission erfolgen, die im August 1991 von <strong>de</strong>r<br />

EG eingesetzt wur<strong>de</strong>, um die Voraussetzungen <strong>de</strong>r einzelnen Teilrepubliken, eine<br />

völkerrechtliche Anerkennung zu erhalten, prüfen sollte. 104 Das ‘ob’ einer Anerkennung war<br />

97 Vgl. FAZ, 21. September 1991.<br />

98 Vgl. FAZ, 27. September 1991.<br />

99 Vgl. FAZ, 29. Oktober 1991.<br />

100 Genscher bezeichnete die EG-Sanktionen als „nach <strong>de</strong>utscher Auffassung nicht ausreichend“, vgl. Fernseh-<br />

und Höhrfunkspiegel, 6.November 1991.<br />

101 Vgl. Maull, 1995, S. 104<br />

102 Vgl. David Bin<strong>de</strong>r, U.N. Fights Bonn’s Embrace of Croatia, NYT, December 14, 1991. Für <strong>de</strong>n<br />

Briefwechsel zwischen Perez <strong>de</strong> Cuellar und Genscher vgl. Genscher wi<strong>de</strong>rspricht Perez <strong>de</strong> Cuellar,<br />

FAZ, 16. Dezember 1991.<br />

103 Vgl. International Commission on the Balkans, 1996, S. 59.<br />

104 Die Badinter-Kommission stellte fest, „daß die Republik Slowenien, die Bedingungen erfüllt, die von <strong>de</strong>n<br />

Richtlinien zur Anerkennung neuer Staaten in Osteuropa und <strong>de</strong>r Sowjetunion sowie <strong>de</strong>r vom

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