7. Rundbrief - 20. Mai 2012 01.pdf - EMS
7. Rundbrief - 20. Mai 2012 01.pdf - EMS
7. Rundbrief - 20. Mai 2012 01.pdf - EMS
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2 Tage in Hebron<br />
<strong>7.</strong> . <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> aus aus Palästina Palästina / / Israel Israel von von Evi Evi Handke<br />
Handke<br />
<strong>20.</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2012</strong><br />
Nach ein paar vollen Wochen ist endlich mein siebter <strong>Rundbrief</strong> fertig. Inzwischen ist der reguläre<br />
Einsatz beendet und die Zeit des „Sommerteams“ angebrochen. Außerdem war ich eine Woche in<br />
Deutschland und habe mit meiner Familie die Hochzeit meines Bruders gefeiert.<br />
Ende April war ich 2 Tage in Hebron und habe das dortige EAPPI Team besucht und bei deren<br />
Aufgaben begleitet. In Hebron konzentriert sich vieles vom Nahost-Dilemma auf ein paar wenigen<br />
Kilometern. 2 Tage in Hebron reichen aus, um einen <strong>Rundbrief</strong> zu füllen.<br />
Vorab ein paar generelle Infos zu Hebron<br />
Hebron liegt südlich von Jerusalem und ist die größte Stadt der Westbank. Hebron ist<br />
geschichtsträchtig, sie zählt zu den ältesten ununterbrochen bewohnten Städten der Welt. Sie ist<br />
mehrmals in der Bibel erwähnt und für alle drei monotheistischen Religionen von Bedeutung. In ihr<br />
befindet sich das Grab von Abraham und Sara, Isaak und Rebekka, Jakob und Lea. Heute ist das Grab<br />
zum einen Teil eine Synagoge und zum anderen Teil eine Moschee.<br />
Einfluss auf die jüngere Geschichte, haben die fatalen Massaker. 1929 töteten Palästinenser bei<br />
Ausschreitungen 67 Juden und schlugen die jüdische Gemeinde in die Flucht. 1994 drang der<br />
fundamentalistische Siedler Baruch Golstein mit einem Gewehr zum Morgengebet in die Abraham-<br />
Moschee ein und tötete 29 Muslime.<br />
Heute ist Hebron unterteilt in zwei Bezirke: H1 ist unter palästinensischer Verwaltung und H2,<br />
vorwiegend die Altstadt und das Grab Abrahams, ist unter Verwaltung der Israelischen Regierung. In<br />
der Stadtmitte leben ca. 600 Siedler, die von ca. 1500 Soldaten bewacht werden.<br />
Stadtführung in Hebron<br />
Samstags ist Stadtführung für Israelis in Hebron. Das ist besonders, denn Israelis dürfen die Altstadt<br />
außerhalb dieser Führungen nicht betreten, laut israelischem Gesetz.<br />
Hebron ist für Juden eine wichtige religiöse Stätte. Nach Jerusalem der zweit wichtigste Platz.<br />
Soldaten, bis zu den Zähnen bewaffnet, sichern die Altstadt vorher ab. Die Altstadttour startet auf<br />
dem Kinderspielplatz. Die palästinensischen Mütter und Kinder sind weniger erschrocken über den<br />
Aufmarsch der Soldaten und Siedler als ich.
<strong>7.</strong> . <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> aus aus Palästina Palästina / / Israel Israel von von Evi Evi Handke<br />
Handke<br />
<strong>20.</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2012</strong><br />
Wir setzten<br />
unsere Weg fort<br />
und kommen zu<br />
„Kinderspiele“ in Hebron<br />
der Straße, in der<br />
Siedler in den<br />
oberen Stockwerken der Häuser leben. Die Straße ist mit Gittern und<br />
Netzen überdacht, die die Fußgänger vor Gegenständen (Steine,<br />
Müll) schützen, die die Siedler hinunterwerfen. Das bekommen die<br />
israelischen Touristen nicht zu sehen.<br />
Ich fühle mich im Stadtzentrum unwohl, überall sind bewaffnete<br />
Soldaten. Sie stehen auf Hausdächern und „bewachen“ die Stadt. Mir<br />
gibt das nicht das Gefühl der Sicherheit.<br />
Checkpoint - Taqumiya<br />
Die ca. 50 „Touristen“ und 15 Soldaten setzen die<br />
Tour dann durch den Suq (überdachter<br />
orientalischer Markt) fort. Der Stadtführer stoppt<br />
vor Häuser in denen Juden lebten. Was er dazu<br />
erklärt, verstehen wir nicht. Während dieser<br />
Stunde sind kaum Kunden im Suq. Palästinenser<br />
können die engen Gassen nicht passieren, wenn<br />
der Touristentrupp stehen bleibt. Nach ca. einer<br />
Stunde ist der Spuck vorbei und die Straßen<br />
füllen sich wieder mit Leben. Was wohl die<br />
israelischen Besucher über die Bewohner von<br />
Hebron denken?<br />
Es ist 3:50 Uhr am Morgen. Wir kommen am Checkpoint an, es ist dunkel und kalt. Viele Männer sind<br />
schon da und warten darauf, dass sich das Drehkreuz öffnet. Es gibt eine Wartehalle mit Gittern, die<br />
die Menschenmassen kanalisieren. Wir stehen außen und können das erste Drehkreuz beobachten.<br />
Kurz vor vier Uhr öffnet sich das Drehkreuz und der erste Schwung an Menschen kann durchgehen.<br />
Unsere Aufgabe ist es, die Männer zu zählen, die den Checkpoint passieren. Was Innen noch an<br />
weiteren Warteschlangen und Kontrollen kommt, können wir nur erahnen. Immer wieder sperrt das<br />
Drehkreuz. Es gibt Momente in denen es dadurch in der Wartehalle brechend voll und eng ist. Der<br />
Kollege aus Hebron erzählt mir, dass es hin und wieder zu Rippenbrüchen kommt, weil das Gedrängel<br />
so heftig ist. Alles in allem ist es ein guter Tag und die Männer können einigermaßen zügig passieren.<br />
Taqumiya ist ein „privater“ Checkpoint, d.h. dass er nicht vom israelischen Militär betrieben wird,<br />
sondern von einer privaten Sicherheitsfirma.<br />
Generell heißt es, dass die Privaten schlimmer sind. Das Personal ist rüde und es gibt niemanden, bei<br />
dem sich internationale Beobachter beschweren können.<br />
Es sind ca. 3500 Männer die sonntags durch den Checkpoint gehen. An Wochentagen sind es<br />
zwischen 2000 und 3000. Alle diese Männer haben eine Arbeitsgenehmigung für Israel. Nur wer über<br />
35 Jahre alt ist, auf keiner „blacklist“ steht und einen Arbeitsplatz hat, kann eine solche<br />
Genehmigung bekommen. Die Arbeiten, die sie in Israel verrichten, sind vorwiegend<br />
Handwerksarbeiten.<br />
Um 6:15 Uhr ist der Andrang vorbei, nur noch vereinzelt kommen Männer an. Unsere Aufgabe ist<br />
erledigt, wir fahren zurück und legen uns wieder ins Bett. Ich bin froh, dass ich das nicht, wie die<br />
Kollegen vom Hebron-Team, zweimal wöchentlich tun muss. Die palästinensischen Männer machen<br />
das täglich und sie gehen nach dem Checkpoint nicht wieder ins Bett, sondern zur Arbeit.
Shuhada Straße<br />
Die Shuhada Straße war vor der<br />
zweiten Intifada eine der<br />
Hauptdurchgangs- und<br />
Einkaufsstraße. Heute ist sie<br />
abgesperrt, im oberen Teil<br />
dürfen Palästinenser zu Fuß<br />
durchgehen, der untere Teil ist<br />
komplett gesperrt. Alle Läden<br />
sind geschlossen, die Türen sind<br />
von den Israelis zugeschweißt.<br />
Am Anfang und am Ende gibt ibt es<br />
je einen Checkpoint, den alle<br />
passieren müssen, die die Straße<br />
betreten wollen. Siedlern ist in<br />
der Shuhada Straße alles erlaubt.<br />
Morgens und mittags sind EA´s<br />
in der Shuhada Straße um den<br />
Kindern, deren Schulweg durch<br />
die Shuhada Straße führt, Schutz utz<br />
zu bieten. Immer wieder kommt<br />
es vor, dass Siedler, auch<br />
Siedlerkinder und –frauen den<br />
Kindern Schimpfworte zurufen,<br />
sie schubsen oder mit fauligem<br />
Obst oder Steinen bewerfen. An<br />
beiden Tagen, die ich in der<br />
Shuhade Straße zum „schoolrun“<br />
bin, verläuft alles friedlich.<br />
<strong>7.</strong> . . <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> aus aus Palästina Palästina / / Israel Israel von von Evi Evi Handke<br />
Handke<br />
<strong>20.</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2012</strong>
<strong>7.</strong> . . <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> <strong>Rundbrief</strong> aus aus Palästina Palästina / / Israel Israel von von Evi Evi Handke<br />
Handke<br />
Mühsam klettern wir über einen<br />
Trampelpfad einen Hügel hinauf.<br />
Über ein Loch in einer Mauer<br />
kommen wir in eine einem Garten an.<br />
Kinder laufen uns entgegen. Eine<br />
Familie lebt in dem Haus, das direkt<br />
unter den Siedlercontainern liegt.<br />
Der normale Zugang zum Haus kann<br />
nicht mehr genutzt werden, alle<br />
müssen den Trampelpfad benützen.<br />
Im Haus ist es trostlos, die Mutter<br />
zeigt uns Wasserschäden an den<br />
Wänden und berichtet uns, dass die<br />
Kinder sehr oft krank sind, weil es<br />
im Haus so kalt und nass ist. Es ist<br />
wichtig, dass die Familie im Haus<br />
bleibt und sich nicht von den<br />
Siedlern vertreiben lässt. Ihnen fehlt<br />
das Geld um das Haus s zu renovieren. Dann fügt die Mutter hinzu, dass ständig Ausländer da sind. Alle<br />
sind betroffen über den Zustand des Hauses, doch keiner hat je wirklich geholfen. Auch wir können<br />
nichts versprechen. Als wir uns verabschiedet haben haben, begleitet uns die Mutter r hinaus. Nebenbei zeigt<br />
sie uns die Handball-großen großen Steine, die die Siedler am Samstag zuvor auf ihr Dach und in den Garten<br />
geworfen haben.<br />
Auch mit 3 Wochen Abstand fällt es mir schwer einen zusammenfassenden Schlusssatz zu schreiben.<br />
Hebron ist schlimm, , Hebron ist faszinierend und hat eine schöne renovierte Altstadt, Hebron wird<br />
noch weiterhin in den Geschichtebüchern auftauchen.<br />
Wer eine Israelreise oder eine Israel Israel-Palästinareise plant, muss nach Hebron fahren.<br />
Die Entwicklungen rund um Yanoun sind nicht erfreulich. Doch dazu gibt´s einen nächsten<br />
<strong>Rundbrief</strong>…<br />
Herzliche Grüße aus der Hitze, deine Evi<br />
<strong>20.</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2012</strong><br />
Familienbesuch<br />
_________________________________________________________________________________<br />
Ich bin von der Evangelischen Mission in Solidarität (<strong>EMS</strong>) nach Paläs Palästina tina und Israel ausgesendet und nehme dort am<br />
Ökumenischen Begleitprogramm (EAPPI) des Weltkirchenrates teil. Ich arbeite in diesem Rahmen bis Ende Juni in Yanoun.<br />
Die in diesem <strong>Rundbrief</strong> vertretene Meinung ist persönlicher Natur und deckt sich nicht unbed unbedingt ingt mit derjenigen der<br />
Sendeorganisationen. Falls Sie Teile daraus verwenden oder den Text weiterverschicken möchten, kontaktieren Sie bitte<br />
zuerst die <strong>EMS</strong> unter: feist@ems-online.de online.de<br />
Weitere Informationen zum Begleitprogramm in Palästina/Israel finden Sie unter: www.eappi.org<br />
Direkter Kontakt zu mir: evihandke@googlemail.com