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„…und ich dachte, die Demokratie sei ausgebrochen“ – Hans Corbat

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<strong>„…und</strong> <strong>ich</strong> <strong>dachte</strong>, <strong>die</strong> <strong>Demokratie</strong> <strong>sei</strong><br />

<strong>ausgebrochen“</strong> <strong>–</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong>


Das Thema<br />

• <strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong> äußert öffentl<strong>ich</strong> Kritik an der<br />

Zwangsvereinigung und tritt aus der SPD aus.<br />

• Danach wird er der Spionage angeklagt und zu<br />

20 Jahren Haft verurteilt.<br />

• Er muss 10 Jahre im Speziallager Bautzen<br />

verbüßen, obwohl er unschuldig ist.


Die Fragestellung<br />

Ist er ein „Held“, weil er öffentl<strong>ich</strong> <strong>sei</strong>ne<br />

Meinung vertrat?


Gliederung<br />

• Biographie <strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong><br />

• politische Hintergründe: Parteiengründung<br />

und Zwangsvereinigung<br />

• Der Parteiaustritt und <strong>die</strong> Verhaftung<br />

• 10 Jahre Bautzen<br />

• Hintergründe und Auswertung


Biographie


Biographie - <strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong>


Politische Hintergründe<br />

Parteiengründung und Zwangsvereinigung von<br />

SPD und KPD in der SBZ


1.Der politische Neubeginn in der SBZ<br />

• 10.6.1945 Erlass des „Befehls Nr.2“ der russ.<br />

Militäradministration (SMAD):<br />

• Es wird <strong>die</strong> Gründung antifaschistischdemokratischer<br />

Parteien in der SBZ<br />

zugelassen


11.6.45: KPD tritt mit<br />

Gründungsaufruf an <strong>die</strong><br />

Öffentl<strong>ich</strong>keit<br />

• Bereits im russischen Exil<br />

Bildung einer festen,<br />

zentralen Organisation ,<br />

enge Kontakte der<br />

Gründungsmitglieder<br />

• Organisatorische Hilfen<br />

durch SMAD<br />

15.6.1945: Gründungsaufruf<br />

der SPD<br />

• keine zentrale<br />

Organisation, keine<br />

überregionalen Kontakte zu<br />

Mitgliedern der SPD<br />

• Keine Hilfen der SMAD


2.Die SPD und der Wunsch nach der<br />

„Einheitspartei“<br />

• Nach den Erfahrungen der Weimarer Republik<br />

Wunsch nach Zusammenarbeit mit der KPD<br />

• Aber: Initiative zur antifaschistischen Einheit<br />

von der KPD gestoppt


3.Weitere Entwicklung der SPD<br />

• rasanter Anstieg der Mitgliederzahlen:<br />

von Juli bis Dezember 1945<br />

29.000 → 60.000<br />

• Deshalb zunehmend Ableitung eines<br />

Führungsanspruchs durch <strong>die</strong> SPD


4.Einleitung der Zwangsvereinigung


Zwangsvereinigung<br />

Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl beim<br />

Vereinigungsparteitag am 22.April 1946 in<br />

der Berliner Staatsoper<br />

Stimmzettel für <strong>die</strong> Urwahl der Berliner<br />

SPD am 31. März 1946


1.4.1946: <strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong> erklärt <strong>sei</strong>nen<br />

Austritt aus der SPD<br />

weil er:<br />

• gegen <strong>die</strong> Vereinigung von SPD und KPD zum<br />

jetzigen Zeitpunkt war<br />

• <strong>die</strong> KPD nur als Handlanger der<br />

Sowjetregierung sah, <strong>die</strong> <strong>die</strong> SPD schlucken<br />

wollte<br />

• <strong>die</strong> zukünftige Teilung Deutschlands<br />

befürchtete


Warum führt ein Parteiaustritt zur<br />

Verhaftung?<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong>s Zelle im Kupfergraben Nr. 7


Zwangsmaßnahmen gegen SPD-<br />

Mitglieder<br />

„Nach ganz vors<strong>ich</strong>tigen Schätzungen wurden<br />

in der Zeit vom Dezember 1945 bis April 1946<br />

mindestens 20 000 Sozialdemokraten<br />

gemaßregelt, für kürzere oder auch sehr lange<br />

Zeit inhaftiert, ja sogar getötet.“<br />

(Zitat Er<strong>ich</strong> Ollenhauer)


… und zu <strong>die</strong>sen 20 000<br />

Sozialdemokraten gehörte auch<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong>


Parteiaustritt als heldenhafte Tat ?<br />

• Er macht <strong>sei</strong>nen Austritt mit einem Plakataushang<br />

im Jugendzentrum öffentl<strong>ich</strong><br />

• Er weiß, dass SPD-Mitglieder und N<strong>ich</strong>t-Linientreue<br />

von der SMAD verfolgt werden und <strong>sei</strong>ne Tat<br />

Konsequenzen haben kann<br />

• Er handelt als Individuum, aus <strong>sei</strong>ner persönl<strong>ich</strong>en,<br />

moralischen Vorstellung heraus<br />

Damit erfüllt er <strong>die</strong> Kriterien oppositionellen<br />

Handelns


Beweggründe<br />

• Wunsch nach <strong>Demokratie</strong> und<br />

Meinungsfreiheit<br />

• Aber: keine langfristige Strategie, keine<br />

Umsturzpläne<br />

→ gibt s<strong>ich</strong> als unbequemer Oppositioneller zu<br />

erkennen, aber vollbringt keine Heldentat, <strong>die</strong><br />

zu Systemänderung beitragen kann


Am Kupfergraben Nr. 7<br />

3.4.1946: Verhaftung <strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong>s und Beginn der<br />

drei Monate dauernden Verhöre im Kupfergraben<br />

August 1946: Verurteilung wegen Spionage und<br />

Verlegung nach Torgau


Bautzen


• Unter schreckl<strong>ich</strong>en Bedingungen musste<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong> zehn Jahre <strong>sei</strong>nes Lebens<br />

verbringen<br />

• Er wurde mitten aus dem Leben gerissen<br />

• Ein Lebensabschnitt in Ungewissheit und<br />

Uns<strong>ich</strong>erheit


Was hat <strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong> in <strong>die</strong>ser Situation<br />

vor der völligen Verzweiflung bewahrt?


… <strong>die</strong> Begabung Kontakte und<br />

Freundschaften zu knüpfen<br />

• Er bemüht s<strong>ich</strong> das Beste aus <strong>sei</strong>ner Situation<br />

zu machen<br />

z.B. : Lernzirkel<br />

Gesch<strong>ich</strong>tenerzähler<br />

• Seine genauen Beschreibungen und<br />

Beobachtungen verleihen <strong>sei</strong>nem Leben in<br />

Haft etwas Menschl<strong>ich</strong>es


… verschworene Gemeinschaften<br />

• sie selbst nannten s<strong>ich</strong> „Knastrologen“<br />

• <strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong> schuf s<strong>ich</strong> eine eigene Welt<br />

• „Knastjargon“: man gab den Aufsehern Namen


…der christl<strong>ich</strong>e Glaube<br />

• Vertrauen auf Gottes Hilfe bot in <strong>sei</strong>ner<br />

Situation Ausweg und Hoffnung<br />

• christl<strong>ich</strong>e Nächstenliebe, u.a. bei der Pflege<br />

von S.Mingramm


„ Wohl dem, der hier<br />

<strong>sei</strong>nen Glauben behielt oder<br />

fand.<br />

Wohl dem ebenfalls, der hier<br />

n<strong>ich</strong>t den Humor verlor.<br />

Wer gar beides besaß, war<br />

besser dran als einer, dem<br />

<strong>die</strong>s fehlte.“<br />

(<strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong>)


Nach der Entlassung<br />

• Engagement als Zeitzeuge<br />

• Einsatz für demokratische Rechte<br />

• Einsatz für <strong>die</strong> Opfer des Stalinismus als<br />

Gründungsmitglied und Vorsitzender des<br />

Bautzen-Kommittees<br />

• Engagement für <strong>die</strong> Rechte ehemaliger<br />

Bautzen-Häftlinge


Für uns ist <strong>Hans</strong> <strong>Corbat</strong> ein Held, weil…<br />

• … er ungebrochen und konsequent <strong>sei</strong>nen<br />

christl<strong>ich</strong>en und demokratischen<br />

Überzeugungen folgt<br />

• … er s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t beirren ließ<br />

• … er <strong>die</strong> Erinnerung an ehemalige Mithäftlinge<br />

aufrecht hält


Am 10.2.2009 erhielt er<br />

das<br />

Bundesver<strong>die</strong>nstkreuz am<br />

Bande


Bautzen


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