11.10.2013 Aufrufe

Von der westeuropäischen Erinnerung an Auschwitz zur ...

Von der westeuropäischen Erinnerung an Auschwitz zur ...

Von der westeuropäischen Erinnerung an Auschwitz zur ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

© 2013 Egbert Jahn – Zitieren bitte nur unter Angabe <strong>der</strong> Quelle<br />

7<br />

Deutschl<strong>an</strong>ds gegeben hätte.“ Die sowjetische Rolle beim Beginn des Weltkrieges wird hier<br />

nicht erwähnt, obwohl es zuvor hieß: “Der Überfall auf Polen durch Deutschl<strong>an</strong>d und die Sowjetunion<br />

im September 1939 war <strong>der</strong> Auftakt zu einem beispiellosen Eroberungs- und Vernichtungskrieg.<br />

Mit diesem Krieg brachte Deutschl<strong>an</strong>d unermeßliches Leid über seine Nachbarn<br />

in g<strong>an</strong>z Europa, namentlich in Polen und schließlich auch in <strong>der</strong> Sowjetunion.“ Bei dieser<br />

Formulierung hat die Sowjetunion zwar <strong>an</strong> dem Überfall auf Polen teilgenommen, aber<br />

<strong>der</strong> „Eroberungs- und Vernichtungskrieg“ und das damit verbundene „unermeßliche Leid“<br />

werden allein Deutschl<strong>an</strong>d zugemessen.<br />

Ferner spielen in <strong>der</strong> totalitarismustheoretischen Argumentation große Ähnlichkeiten in den<br />

Herrschafts- und Terrormethoden <strong>der</strong> beiden Einparteienregime, in ihrem Führerkult und in<br />

ihren ideologisch-propag<strong>an</strong>distischen Strategien eine Rolle. Diese Position wird vorzugsweise<br />

von nichtrussischen Mittel- und Osteuropäern und auch von vielen westlichen Konservativen,<br />

seltener auch von Liberalen und Sozialisten im Westen vertreten.<br />

Die Gegner eines gemeinsamen Gedenkens <strong>der</strong> Opfer des Nationalsozialismus und Kommunismus<br />

verweisen auf die Einzigartigkeit des Mordes <strong>an</strong> den Juden als eines systematisch,<br />

bürokratisch, industriell und effizient betriebenen Versuches, sämtliche Juden (einige erwähnen<br />

auch die Sinti und Roma) zu ermorden. Kein <strong>an</strong><strong>der</strong>es Regime, auch nicht das kommunistische,<br />

habe einem g<strong>an</strong>zen Volk die Existenzberechtigung schlechthin abgesprochen. Die<br />

Zahl <strong>der</strong> Opfer <strong>der</strong> beiden Regime spielt in diesem Argument keine ausschlaggebende Rolle.<br />

Außerdem verweisen die Gegner des gemeinsamen Gedenktages auf die Allein- o<strong>der</strong> Hauptschuld<br />

Deutschl<strong>an</strong>ds am Zweiten Weltkrieg, häufig auch darauf, daß die Völker <strong>der</strong> Sowjetunion<br />

seit dem 22. Juni zum Opfer <strong>der</strong> Eroberungs- und Vernichtungspolitik des nationalsozialistischen<br />

Deutschl<strong>an</strong>ds wurden. Betont wird dabei, daß sie die Hauptlast in <strong>der</strong> Anti-<br />

Hitler-Koalition trugen und entscheidend <strong>zur</strong> Befreiung g<strong>an</strong>z Europas von <strong>der</strong> nationalsozialistischen<br />

Herrschaft beitrugen, und daß sowjetische Truppen die überlebenden Häftlinge des<br />

KZs <strong>Auschwitz</strong> am 27. J<strong>an</strong>uar 1945 befreiten. Diese Argumente werden nicht nur von Kommunisten<br />

und ihren Sympathis<strong>an</strong>ten und von vielen ehemaligen Sowjetbürgern vertreten, son<strong>der</strong>n<br />

auch von vielen Israelis, Juden in aller Welt und von zahlreichen Liberalen und Sozialisten,<br />

seltener auch von <strong>westeuropäischen</strong> Konservativen.<br />

Die drei Dimensionen des Vergleichs – <strong>der</strong> Charakter <strong>der</strong> Massenmordpolitik, die Weltkriegsschuldfrage<br />

und die Herrschaftssysteme <strong>an</strong> sich – werden in <strong>der</strong> Kontroverse um die Geschichtsbil<strong>der</strong><br />

und die Gedenkpolitik meist mitein<strong>an</strong><strong>der</strong> verknüpft, aber es ist auch zu beobachten,<br />

daß oft nur eine o<strong>der</strong> zwei Dimensionen hervorgehoben werden. Lediglich Anhän-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!