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Hand und Auge

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die Grammatik kennzeichnet. 25<br />

Der metasprachliche Selbstbezug <strong>und</strong> der semantisch globale Selbstbezug<br />

führen zwar zu interessanten logischen Problemen, stellen aber keine<br />

echte Schwierigkeit für den Beobachter oder Sprecher dar. Das erkenntnistheoretisch<br />

f<strong>und</strong>amentale Problem ist der Übergang vom momentanen,<br />

nicht sprachlich erfaßten Eindruck zum stabilen Urteil. Dieser Prozeß<br />

wird vom sprachkompetenten Erwachsenen in Sek<strong>und</strong>enbruchteilen<br />

durchlaufen <strong>und</strong> bleibt weitgehend unbewußt. Der Säugling muß ihn in<br />

der kategorialen Wahrnehmung, der Objektkonstruktion <strong>und</strong> im Spracherwerb<br />

mühsam durchlaufen <strong>und</strong> sich stabil aneignen, <strong>und</strong> die Evolution<br />

hat viele Jahrmillionen benötigt, um ihn als sprachliches Erkennen beim<br />

Menschen hervorzubringen.<br />

Die Verankerung im Selbst als "eigenem Körper" (in Raum <strong>und</strong> Zeit)<br />

wird nicht unwesentlich durch die Konzepte HAND <strong>und</strong> AUGE geleistet.<br />

Für die Integrität des Selbst, d.h. für das Selbstbild, leistet die Konzeptualisierung<br />

von HAND <strong>und</strong> AUGE nur Vorarbeit; die innere Instanz des<br />

Selbst (manchmal verzweifelt in der Beobachtung oder Porträtierung des<br />

eigenen Gesichtes gesucht) bleibt als Objekt unfaßbar. Sie ist quasi der<br />

Prototyp des im Spiegel nicht wiederfindbaren, des prinzipiell (hinter der<br />

Stirn) verdeckten Objektes. Gleichzeitig zeigt dieses Quasi-Objekt den<br />

Weg in imaginäre, weder propositional noch piktorial ausschöpfbare Welten,<br />

als deren oberste Instanzierung viele Religionen Gott einsetzen.<br />

Dieser Bezug auf abwesende/verdeckte oder gar prinzipiell unzugängliche<br />

Objekte ist allerdings in den Konzepten HAND <strong>und</strong> AUGE angelegt.<br />

Die "Unsichtbare <strong>Hand</strong>" („invisible hand“) steht in der Ökonomie von<br />

Adam Smith für jenen Prototyp von „Kontrolle“, die keinen zeigbaren,<br />

konkretisierbaren Akteur hat. In diese Richtung verweisen auch viele<br />

Redensarten mit HAND. Das AUGE verweist auf introspektiv nicht mehr<br />

(oder begrenzt) zugängliche Prozesse des Kategorisierens, Erkennens,<br />

Erinnerns, Wissens. Insofern ist auch die Sphäre der unzugänglichen Objekte<br />

in den Konzepten HAND <strong>und</strong> AUGE angelegt. 26<br />

25 In ähnlicher Weise ist die Physik selbstbezüglich, da ihr Objekt ein physikalisch<br />

gemessenes Objekt ist, <strong>und</strong> die Wahrnehmungspsychologie ist selbstbezüglich,<br />

insofern sie feststellt, was ein Psychologe an der Wahrnehmung einer<br />

Testperson wahrnimmt.<br />

26 Die Ausführungen dieses Abschnittes sind durch die Diskussion beim 6.<br />

Bremer Wissenschaftsphilosophischen Symposium „Strukturen von Selbstrepräsentation<br />

in Natur <strong>und</strong> Kultur“ (2.-5. Juni 1999) angeregt worden.

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