Sind wir noch zu Retten? Zwischen ... - FDP Sachsen
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tagungsband<br />
<strong>Sind</strong> <strong>wir</strong> <strong>noch</strong> <strong>zu</strong> retten?<br />
<strong>Zwischen</strong> KlimaKatastrophe und ÖKohysterie<br />
dokumentation <strong>zu</strong>r Alternativen Klimakonferenz<br />
aus der Veranstaltungsreihe FortSchrittSoFFenSiVe<br />
der FdP-Fraktion im Sächsischen Landtag<br />
am 30. Juni 2012 in Dresden
InHALt<br />
Vorwort<br />
Holger Zastrow über die Alternative Klimakonferenz 03<br />
Einleitung<br />
Zu viel Zeitgeist, <strong>zu</strong> wenig Vernunft 05<br />
Vorträge<br />
Holger Krahmer MdEP<br />
Unbequeme Wahrheiten <strong>zu</strong>r Klimapolitik – Wege aus der Sackgasse 08<br />
Prof. Dr. Knut Löschke<br />
Klima und Gesellschaft – Gesellschaftliches Klima 18<br />
Prof. Dr. Josef H. Reichholf<br />
Klimatische Veränderungen – Reaktionen von Pflanzen, Tieren und Menschen 35<br />
Prof. Dr. Bodo Sturm<br />
Rationale Klimapolitik – eine ökonomische Betrachtung 52<br />
Dr. Benny Peiser<br />
Abstieg in die Zweite Liga? Die Krise der europäischen Klima- und Energiepolitik 64<br />
Impressionen<br />
Alternative Klimakonferenz 2012 71<br />
Interview<br />
„Es gibt so eine Art freiwilliger Selbstgleichschaltung“<br />
Henning Krumrey sprach mit dem Publizisten Michael Miersch<br />
über die journalistische Sehnsucht nach Konsens 72<br />
Impressum 77
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012 03<br />
Vorwort<br />
Holger Zastrow über die alternatiVe KlimaKonferenZ<br />
um ehrlich <strong>zu</strong> sein: der erfolg der „alternativen Klimakonferenz“<br />
im dresdner congress center hat uns selbst ein wenig überrascht.<br />
Fast 300 teilnehmer aus ganz deutschland, aus den niederlanden<br />
und großbritannien, hoch spannende und wissenschaftlich fundierte<br />
Vorträge, engagierte gespräche, zahllose briefe, e-mails<br />
und anrufe und schließlich immer wieder die bitte „macht weiter,<br />
<strong>wir</strong> brauchen mehr solcher Veranstaltungen“ sind eine großartige<br />
bilanz und starke ermutigung.<br />
das wollen <strong>wir</strong> gern aufnehmen. unter dem titel „Fortschrittsoffensive“<br />
wollen <strong>wir</strong> uns als Fdp-Fraktion im sächsischen landtag<br />
künftig regelmäßig mit themen auseinandersetzen, die unsere<br />
gesellschaft bewegen, die interessieren aber auch aufregen. das<br />
besondere an unserer „Fortschrittsoffensive“ ist dabei, dass <strong>wir</strong><br />
nicht nach bestätigung all dessen suchen, was <strong>wir</strong> jeden tag als<br />
vermeintlichen mainstream und politisch korrekt vermittelt bekommen.<br />
<strong>wir</strong> wollen einen Kontrapunkt setzen und all diejenigen<br />
<strong>zu</strong> wort kommen lassen, die alternative sicht- und denkweisen haben<br />
und <strong>wir</strong> wollen uns für unsere arbeit im sächsischen landtag<br />
neue denkanstöße für die tagespolitische debatte holen. <strong>wir</strong> tun<br />
das, weil <strong>wir</strong> neugierig sind und weil <strong>wir</strong> Zweifel haben an dem,<br />
was <strong>wir</strong> <strong>zu</strong>weilen von selbst ernannten experten gesagt bekommen<br />
oder in den medien hören, sehen und lesen. und <strong>wir</strong> machen<br />
es, weil <strong>wir</strong> so manche jüngst in berlin oder brüssel getroffene politische<br />
entscheidung für falsch halten und denken, dass sich die<br />
Verantwortungsträger eher von stimmungen, einem angeblichen<br />
Zeitgeist oder aus parteipolitischem Kalkül leiten ließen als von<br />
tatsachen, wissenschaftlichen erkenntnissen und politischer Vernunft.<br />
das wollen <strong>wir</strong> ändern. deshalb geben <strong>wir</strong> unter dem titel<br />
„Fortschrittsoffensive“ den Fakten und der politischen Vernunft<br />
eine bühne.<br />
die auftaktveranstaltung „sind <strong>wir</strong> <strong>noch</strong> <strong>zu</strong> retten – zwischen Klimakatastrophe<br />
und Ökohysterie“ befasste sich mit dem Klimawandel<br />
selbst, aber auch mit der begleitmusik in presse und politik.<br />
hier hören und lesen <strong>wir</strong> seit Jahren von szenarien, die unserer<br />
welt eine ganz düstere Zukunft prophezeien, wenn <strong>wir</strong> nicht so-<br />
Holger Zastrow<br />
MdL<br />
Vorsitzender der<br />
fDP-fraktion<br />
im Sächsischen<br />
Landtag und der<br />
fDP <strong>Sachsen</strong>
04<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Vorwort<br />
Holger Zastrow über die alternatiVe KlimaKonferenZ<br />
fort, jetzt und heute, umsteuern. ob die maßnahmen, die getroffen werden, überhaupt<br />
sinnvoll und notwendig sind, <strong>wir</strong>d kaum hinterfragt. da<strong>zu</strong> gehören die Konsequenzen<br />
solch schwerwiegender entscheidungen, wie die des aus unserer sicht übereilten atomausstiegs<br />
und die der so wunderbar klingenden, aber wenig durchdachten "energiewende".<br />
aber genauso muss man sich fragen, ob der anbau von immer mehr energiepflanzen für<br />
biosprit und biomasseanlagen und das entstehen von monokulturen auf unseren Feldern<br />
oder die Verspargelung unserer Kulturlandschaft mit windkraftanlagen mit allen Folgen<br />
für mensch und natur tatsächlich gut und alternativlos sind!<br />
Viele einzelne maßnahmen „gegen den Klimawandel“ entpuppen sich bei näherer betrachtung<br />
als eher kurios, symbolisch oder plakativ, meist alarmistisch und leider mehr<br />
und mehr als sinnlose Ökoschikane für die bürger. denken <strong>wir</strong> nur an den „earth hour<br />
day“, das glühbirnenverbot, <strong>wir</strong>kungslose umweltzonen oder das thema biosprit e10.<br />
doch während eine schweigende mehrheit resigniert den Kopf schüttelt, hat eine laute<br />
minderheit stück für stück die vermeintliche meinungsführerschaft in der öffentlichen<br />
wahrnehmung übernommen. und diese protagonisten meinen es ernst.<br />
inzwischen werden Kinder in der schule dafür getadelt und ermahnt, weil ihre eltern, die<br />
täglich beide <strong>zu</strong>r arbeit pendeln, zwei autos besitzen. das ZdF rühmt sich dafür, die erste<br />
„klimaneutrale Vorabendserie“ <strong>zu</strong> produzieren und wer eine differenzierte position <strong>zu</strong>m<br />
thema Klimawandel einnimmt, <strong>wir</strong>d sofort als „Klimaleugner“ diffamiert. was und wer<br />
aber stecken dahinter? wer bedroht wen und warum? wem nützt die angst? wer verdient<br />
beispielsweise an der „energiewende“? Viele Fragen wurden auf unserer alternativen Klimakonferenz<br />
gestellt und beantwortet. <strong>wir</strong> haben sie in dieser broschüre <strong>zu</strong>sammengefasst.<br />
ich wünsche ihnen viel spaß beim lesen und eine erkenntnisreiche lektüre.<br />
mein dank gilt an dieser stelle vor allem den rednern und referenten der Veranstaltung,<br />
die ihre texte und Vorträge für diese broschüre <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt haben.<br />
holger Zastrow<br />
Vorsitzender der Fdp-Fraktion im sächsischen landtag
einleitung<br />
Zu Viel Zeitgeist, Zu wenig Vernunft<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012 05<br />
rund 240 teilnehmer diskutierten auf der alternativen Klimakonferenz in dresden. eingeladen<br />
hatte die Fdp-Fraktion im sächsischen landtag, unterstützt von der allianz der liberalen<br />
und demokraten für europa (alde). Zu wort kamen erstmals wissenschaftler, Ökonomen<br />
und Journalisten, die die „Ökohysterie“ beim thema Klimawandel kritisch sehen.<br />
Vorbei sind die Zeiten, als das essen zwischen zwei Vorlesungen einfach nur lecker, gesund<br />
und günstig sein sollte. so manchen studenten soll beim mittagessen bald das schlechte<br />
gewissen plagen. denn jetzt zählt die co 2 -bilanz. sieben studenten der tu dresden<br />
haben ein system entwickelt, um<br />
dauerhaft die co 2 -bilanz des mensa-essens<br />
<strong>zu</strong> analysieren. ermittelt<br />
<strong>wir</strong>d mit blick auf die angebotenen<br />
speisen die menge der co 2 -emission<br />
pro person. „prozesse wie der<br />
anbau, die weiterverarbeitung und<br />
Die EU-Kommission schreibt uns<br />
Energiesparlampen vor. Und <strong>wir</strong> reden uns<br />
ein, damit die Welt <strong>zu</strong> retten. (Holger Krahmer)<br />
Kühlketten werden bei der berechnung mit einbezogen“, erklärt mariya popova stolz, sie<br />
ist mitglied der projektgruppe „carbon Foodprint in der mensa“. Ziel sei es, den studenten<br />
<strong>zu</strong> ermöglichen, sich gezielt mit wenig co 2 -emission <strong>zu</strong> ernähren.<br />
„Kaum jemand fragt nach Sinn oder Unsinn“<br />
unzählige solcher projekte und initiativen schießen in deutschland seit Jahren aus dem<br />
boden – und alle werden sie kräftig in der Öffentlichkeit mit lob und aufmerksamkeit<br />
gewürdigt. egal ob die einführung von e10-benzin, das Verbot der glühbirne oder die milliardenschweren<br />
subventionen für erneuerbare energien – kaum jemand fragt nach sinn<br />
oder unsinn, nach Kosten oder Folgen der genannten Klimaschutz-maßnahmen. der Fdpeuropaabgeordnete<br />
holger Krahmer tut das. er spricht von „Ökohysterie“. deshalb hatte<br />
er gemeinsam mit der Fdp-landtagsfraktion ende Juni <strong>zu</strong> einer „alternativen Klimakonferenz“<br />
nach dresden eingeladen. und rund 240 teilnehmer kamen ins Kongresszentrum<br />
am elbufer. wissenschaftler, Ökonomen und Journalisten analysierten in Fachvorträgen<br />
die wissenschaftlichen Fakten und die öffentliche hysterie bei der vermeintlichen Klimakatastrophe.<br />
„selbst wenn <strong>wir</strong> ganz deutschland von heute auf morgen komplett „abschalten“, würde<br />
man das global kaum merken“, betonte Krahmer <strong>zu</strong> beginn der Veranstaltung. und<br />
professor bodo sturm von der htwK leipzig bestätigte in seinem Vortrag: „der gesamte<br />
anteil deutschlands an der weltweiten emission von treibhausgasen beträgt weniger als<br />
drei prozent.“ und das wiederum zeige, wie unsinnig viele mini-aktionen <strong>zu</strong>r einsparung
06 ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
EinlEitung<br />
Zu viEl ZEitgEist, Zu wEnig vErnunft<br />
von co 2 hier<strong>zu</strong>lande seien, wie beispielsweise das symbolische abschalten städtischer<br />
beleuchtung für eine stunde oder co 2 -armes mensa-essen, betonte Krahmer.<br />
Wechsel von Warm- und Kaltzeiten in der Naturgeschichte<br />
der evolutionsbiologe und Ökologe professor Josef reichholf von der tu münchen analysierte<br />
die allseits verbreitete behauptung, es gebe eine ungewöhnliche erwärmung des<br />
Klimas. in seinen diagrammen verwies er darauf, dass es schon immer einen wechsel zwischen<br />
warm- und Kaltzeiten im Verlaufe der naturgeschichte gegeben habe. es stimme,<br />
dass die sogenannte mitteltemperatur seit 1880 um 0,8 grad celsius angestiegen sei – <strong>zu</strong>vor<br />
habe es aber zwischen 1781 und 1880 einen entsprechenden rückgang gegeben. unterm<br />
strich sei eine temperaturerhöhung also ausgeblieben. der temperaturunterschied<br />
zwischen stadt und land in der region münchen sei beispielsweise erheblich größer als<br />
die Veränderungen der globalen mitteltemperatur. und da forsche niemand, was das jetzt<br />
für die menschen, die tiere oder die Vegetation bedeutet – „weil da nämlich nichts gescheites<br />
bei raus käme“, erklärte reichholf.
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
„Selbstgleichschaltung von Journalisten: Jeder möchte bei den Guten sein“<br />
warum die irrationale Ökohysterie aber dann in den medien so wenig kritisch untersucht<br />
<strong>wir</strong>d, erklärte michael miersch, Focus-ressortleiter und buchautor: „es gibt eine freiwillige<br />
„selbstgleichschaltung“ unter Journalisten, weil die Kollegen dieses warme Konsensgefühl<br />
haben wollen. das sind keine bösewichte, das ist die große mehrheit der deutschen<br />
Journalisten. das ganze thema hat eben eine moralische Konnotation: und da möchte<br />
jeder bei den guten sein.“<br />
diesem gesellschaftlichen mainstream will die Fdp-landtagsfraktion mit ihrer Veranstaltungsreihe<br />
„Fortschrittsoffensive“ bewusst etwas entgegensetzen. „Zu viele politische<br />
entscheidungen lassen sich von stimmungen und diesem Zeitgeist leiten statt von Vernunft“<br />
sagte Fdp-Fraktionschef holger Zastrow. „aber viele antworten auf probleme unserer<br />
Zeit überzeugen uns nicht. deshalb rücken <strong>wir</strong> mit unserer „Fortschrittsoffensive“<br />
auch künftig alternative sichtweisen in den mittelpunkt“, betonte Zastrow.<br />
Es muss eine Kraft geben, die Zweifel repräsentiert<br />
unterstüt<strong>zu</strong>ng bekamen die liberalen dabei auch von dr. benny peiser, direktor der global<br />
warming Foundation in london. in seiner rede machte der brite deutlich, wie wichtig<br />
eine solche Konferenz sei: „es muss eine Kraft geben, die solche Zweifel repräsentiert.<br />
denn es fehlt eine offene diskussion. aber das <strong>wir</strong>d langsam populärer werden.“ und er<br />
machte seinen deutschen Kollegen mut: „die erste partei, die das macht, <strong>wir</strong>d erfolgreich<br />
sein. ich hoffe, dass es nicht bei dieser einen Veranstaltung bleibt.“ und in der tat sollen<br />
weitere Konferenzen der „Fortschrittsoffensive“ folgen. im dezember <strong>wir</strong>d es dabei um<br />
eine ideologiefreie energiepolitik gehen.<br />
im Folgenden finden sie die wichtigsten reden und Fachvorträge der alternativen<br />
Klimakonferenz dokumentiert.<br />
07
08<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Holger KraHmer mdeP<br />
unbequeme waHrHeiten Zur KlimaPolitiK –<br />
wege aus der sacKgasse<br />
20 Jahre internationale Klimapolitik ist das stichwort. ich glaube, dass es ein guter Zeitpunkt<br />
ist, ein resümee <strong>zu</strong> ziehen über die Frage: was hat es eigentlich gebracht? 1992 gab<br />
es den ersten gipfel in rio de Janeiro, bei dem sich die welt darüber einig war, dass <strong>wir</strong><br />
ein internationales abkommen <strong>zu</strong>r Verminderung von co 2 -emissionen brauchen. es lohnt<br />
sich daher <strong>zu</strong> schauen, was bis <strong>zu</strong>r Klimakonferenz in Kopenhagen 2009, die ja eigentlich<br />
startschuss für ein Folgeabkommen sein sollte, passiert ist.<br />
nehmen <strong>wir</strong> beispielsweise die Verpflichtungen <strong>zu</strong>r co ² -emissionsreduzierung. die großproduzenten<br />
indien und china wurden im Kyoto-protokoll <strong>noch</strong> überhaupt nicht berücksichtigt.<br />
andere wichtige emittentenländer wie die usa, Kanada und Japan verpflichteten<br />
sich, ihren ausstoß um sechs (Kanada, Japan) und sieben prozent (usa) <strong>zu</strong> reduzieren. die<br />
damals <strong>noch</strong> 15 staaten der eu wollten um acht prozent verringern. deutschland wiederum<br />
verpflichtete sich, seinen co ² -ausstoß sogar um 21 prozent <strong>zu</strong> reduzieren.<br />
das Fazit nach 19 Jahren fällt allerdings ernüchternd aus. die weltweiten co 2 -emissionen<br />
sind trotz des bestehenden internationalen abkommens nicht gesunken, sondern weltweit<br />
weiter gestiegen. deutschland ist bei der reduktion in europa zwar musterschüler, aber<br />
<strong>wir</strong> sind das nicht etwa, weil <strong>wir</strong> uns besonders angestrengt haben, sondern weil das basisjahr<br />
der emissionen, von denen man in Kyoto ausgegangen, ist 1990 gesetzt wurde, und da<br />
fällt natürlich in die emissionsbilanz deutschlands der Zusammenbruch der ostdeutschen<br />
China<br />
Indien<br />
Australien<br />
Alle Länder<br />
Kanada<br />
USA<br />
Japan<br />
EU (EU-15)<br />
Deutschland<br />
Veränderung des CO 2 -Ausstoßes bedeutender<br />
Emittenten von 1990–2009<br />
-22,5 %<br />
-3,2 %<br />
9 %<br />
3,9 %<br />
27,1 %<br />
24,9 %<br />
38 %<br />
144,2 %<br />
202,9 %<br />
-50 % 0 % 50 % 100 %<br />
150 %<br />
200 %<br />
250 %
industrie in erheblichem ausmaß rein. hier kann man sehen, was<br />
man klimapolitisch erreichen kann, wenn man ein land in den<br />
Folgejahren industriepolitisch abbaut, gehen zwangsläufig die<br />
emissionen runter. das ist im wesentlichen der grund, weshalb<br />
die deutsche bilanz so positiv aussieht.<br />
bei der analyse ist auch wichtig, darauf hin<strong>zu</strong>weisen, dass viele<br />
relevante staaten das Kyoto-protokoll entweder nicht unterzeichnet<br />
oder gar nicht ratifiziert haben. ich erinnere an eine bemerkung<br />
eines amerikanischen Vizepräsidenten, der im Jahr 2000<br />
gesagt hat, es gibt für die usa keinen grund, das Kyoto-protokoll<br />
<strong>zu</strong> ratifizieren. dieser Vizepräsident hieß damals al gore. es ist<br />
interessant, wie sich gore’s perspektive nach seiner amtszeit gewandelt<br />
hat.<br />
ein nicht unwesentlicher Faktor für das scheitern des Kyoto-protokolls<br />
ist die rasante <strong>wir</strong>tschaftliche Veränderung der welt. der ursprüngliche<br />
Kyoto-gedanke war der, dass die vermeintlich reiche<br />
westliche welt den ärmeren ländern bei der bewältigung eines<br />
problems hilft. heute, 14 Jahre nach der unterzeichnung des Kyoto-protokolls<br />
sind entwicklungsländer von damals teilweise keine<br />
entwicklungsländer mehr. sie sind <strong>wir</strong>tschaftlich wettbewerber<br />
auf augenhöhe. dies gilt insbesondere für china.<br />
betrachtet man nun die liste der größten emittentenländer, sieht<br />
man eindeutig, in welchen regionen der co ² -ausstoß inzwischen<br />
besonders hoch ist. mit den größten anteil an den weltweiten<br />
emissionen haben in der reihenfolge china, die usa und die<br />
europäische union. dahinter folgt indien, genau wie china eine<br />
stark wachsende Volks<strong>wir</strong>tschaft. dementsprechend <strong>wir</strong>d der co ² -<br />
ausstoß in den nächsten Jahren dort <strong>noch</strong> stark <strong>zu</strong>nehmen. die<br />
emissionen der europäischen union dagegen werden kaum <strong>noch</strong><br />
ansteigen. die asiatischen emissionen hingegen sind dynamisch<br />
wachsend. deutschland macht im Vergleich gerade drei prozent<br />
der globalen co 2 -emissionen aus. man könnte die bundesrepublik<br />
deutschland morgen ausschalten, man würde es in den globalen<br />
co 2 -emissionen kaum messen können. aus der co ² -reduktion ist<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Holger Krahmer<br />
MdEP<br />
Umweltpolitischer<br />
Sprecher der fDP<br />
im Europäischen<br />
Parlament<br />
„Unter dem Deckmantel<br />
des Klimaschutzes <strong>wir</strong>d der<br />
Verbraucher nur <strong>noch</strong> bevormundet.<br />
Mit der neuen<br />
„Öko-Design-Richtlinie“<br />
sagen uns EU-Beamte,<br />
welche Produkte <strong>wir</strong> aus<br />
ökologischen Gründen in<br />
unserem Haushalt haben<br />
dürfen. Aber das sollten<br />
<strong>wir</strong> Bürger doch bitte<br />
selbst entscheiden. Die<br />
EU-Kommission schreibt uns<br />
vor, dass <strong>wir</strong> die gute alte<br />
Glühbirne durch Energiesparlampen<br />
mit Quecksilber<br />
ersetzen müssen. Und <strong>wir</strong><br />
reden uns ein, damit die<br />
Welt <strong>zu</strong> retten.“<br />
09
10<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Holger KraHmer mdeP<br />
20 JaHre internationale KlimaPolitiK –<br />
teure VersucHung oHne messbares ergebnis<br />
in deutschland eine neue art religion geworden. co 2 -neutrale essen in der uni-mensa,<br />
die co 2 -neutrale Fernsehsendung, die liste mit beispielen ist gerade<strong>zu</strong> endlos lang. mir<br />
begegnete kürzlich im urlaub in der steiermark das phänomen, dass sich dörfer in den<br />
alpen <strong>zu</strong> Klimabündnissen <strong>zu</strong>sammentun. wenn man nur einfach die relevanten co 2 -<br />
emissionen weltweit betrachtet, sieht man, wie <strong>wir</strong>kungslos das ist. es bringt nichts, wenn<br />
sie auf detailliertester, kleinster ebene den Versuch machen, co 2 -emission <strong>zu</strong> reduzieren.<br />
all diese Versuche werden in kürzester Zeit durch dynamisches wachstum in asien überkompensiert.<br />
CO 2 -Emissionen bedeutendster<br />
Emittentenländer im Jahr 2009 (in 1.000 Tonnen)<br />
Indien<br />
Deutschland<br />
1.529<br />
797<br />
7.426<br />
China<br />
31.098<br />
Alle Länder<br />
Kopenhagen 2009 war das Fanal, der entscheidende wendepunkt der globalen Klimapolitik.<br />
europa hat damals dem termin entgegengefiebert. endlich wollten <strong>wir</strong> dem rest<br />
der welt zeigen, wie co ² -reduktion richtig geht. insbesondere der emissionshandel sollte<br />
Vorbild für regulierungsstandards weltweit sein. in Kopenhagen hat europa ein diplomatisches<br />
Fiasko erlebt. <strong>wir</strong> haben dort plötzlich festgestellt, wie die welt sich verändert hat,<br />
dass sich politische und ökonomische gewichte rasant und radikal nach asien verändert<br />
haben. dass die Kyoto entwicklungsländer aus den neunzigern eben keine entwicklungsländer<br />
mehr sind und dass es unüberwindbare ökonomische interessensunterschiede gibt.<br />
das heißt, es ist aus heutiger sicht nicht nur unwahrscheinlich, sondern völlig unmöglich,<br />
mit der althergebrachten Klimapolitik der globalen emissionsminderung ein internationales<br />
abkommen an<strong>zu</strong>streben.
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
warum? weil die lebensbedingungen der menschen in asien mit den unsrigen nicht<br />
vergleichbar sind. der indische ministerpräsident <strong>wir</strong>d am rande dieser Konferenz zitiert<br />
mit dem satz: es ist zynisch, von einem land emissionsminderungen <strong>zu</strong> verlangen,<br />
in dem über 60 prozent der bevölkerung keinen Zugang <strong>zu</strong> elektrischem strom hat. ich<br />
denke, dass das nachvollziehbar ist. an dieser stelle ist auch ganz klar, dass es bei den<br />
Klimagipfeln, die ja immer <strong>noch</strong> stattfinden, nicht um taktische Verhandlungspositionen<br />
geht. das nein der entwicklungsländer ist endgültig und unverhandelbar in be<strong>zu</strong>g auf die<br />
minderung der emissionen. eine chinesische regierung könnte es sich überhaupt nicht<br />
erlauben, 1,4 milliarden menschen auf ein emissionsminderungsgesetz ein<strong>zu</strong>schwören.<br />
das würde bedeuten, dass dort über der hälfte der bevölkerung sämtliche entwicklungschancen<br />
entzogen werden. dann könnten keine straßen mehr gebaut, keine wohngebiete<br />
erschlossen, keine weiteren Kraftwerke mehr errichtet werden. deswegen muss man sich<br />
ganz klar vor augen halten: die globale minderung von co 2 -emission im althergebrachten<br />
sinn ist schlicht nicht mehr möglich. und zwar aufgrund unüberwindbarer ökonomischer<br />
interessensunterschiede.<br />
europa hat sich in den letzten 15 Jahren – ich hab es erwähnt – vorgenommen, der Vorreiter<br />
in dieser politik <strong>zu</strong> sein. die co 2 -minderung war fast so etwas wie ein sinnstiftendes<br />
projekt der europäischen union. <strong>wir</strong> merken gerade wieder im Zusammenhang mit der<br />
schuldenkrise und der Krise der währungsunion, wie schwer es ist, dass sich europäer<br />
einigen. in brüssel geht es knallhart um nationale, teilweise auch <strong>wir</strong>tschaftliche interessen.<br />
bei der co 2 -minderungspolitik und bei der Klimapolitik hat man in den 90er Jahren<br />
geglaubt, man könnte ein momentum schaffen, da hinter dem Klimaschutz scheinbar alle<br />
nationen gleichermaßen standen. heute stellen <strong>wir</strong> fest, dass dies nicht mehr stimmt. im<br />
gegenteil müssen <strong>wir</strong> sogar erkennen, dass diese einheit nie <strong>wir</strong>klich existierte. <strong>wir</strong> sind<br />
nicht diejenigen, die der welt sagen können, wie es richtig geht. der rest der welt ist an<br />
den europäischen regulierungsideen <strong>zu</strong> dem thema schlicht nicht interessiert. auch wenn<br />
man mit uns darüber redet. <strong>wir</strong> sollten auch dringend anerkennen, dass unilaterale, einseitige<br />
emissionsminderungsziele dem Klima überhaupt nichts nutzen und uns nur schaden.<br />
denn es ist schlicht und ergreifend irrelevant, ob nur europa allein seine emissionen<br />
um 20 oder 30 prozent reduziert.<br />
doch das sind diskussionen, die <strong>wir</strong> in brüssel auf eine sehr ideologische art und weise<br />
führen. die europäische union hat sich vorgenommen, bis 2020 20 prozent co 2 <strong>zu</strong> reduzieren<br />
und im Falle eines internationalen abkommens 30 prozent <strong>zu</strong> reduzieren, also 10<br />
prozent weiter<strong>zu</strong>gehen. Jetzt haben <strong>wir</strong> das abkommen nicht und anstatt realitätssinn<br />
regiert in brüssel offensichtlich der stursinn. denn <strong>wir</strong> haben jetzt in brüssel interessan-<br />
11
12<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Holger KraHmer mdeP<br />
20 JaHre internationale KlimaPolitiK –<br />
teure VersucHung oHne messbares ergebnis<br />
terweise die diskussion, dass <strong>wir</strong> <strong>noch</strong> weiter vorangehen wollen, gerade weil die restliche<br />
welt nicht mitgemacht hat. die Klimakommissarin auf eu-ebene, Frau hedegard,<br />
<strong>wir</strong>bt stark dafür, jetzt <strong>noch</strong> extra das 30-prozent-Ziel aus<strong>zu</strong>rufen, damit <strong>wir</strong> so<strong>zu</strong>sagen<br />
als grünes Vorbild für den rest der welt agieren. das um<strong>zu</strong>setzen wäre ökonomischer<br />
selbstmord. denn <strong>wir</strong> brauchen in europa auch <strong>noch</strong> industrieproduktion und natürlich<br />
im Vorfeld auch strom- und energieproduktion. <strong>wir</strong> sollten nicht unterschätzen, dass sich<br />
unsere Volks<strong>wir</strong>tschaften in einem knallharten internationalen wettbewerb befinden und<br />
es bringt nichts, wenn <strong>wir</strong> als alleiniger Vorreiter, als insel-europa dort maßnahmen ergreifen,<br />
die der rest der welt überhaupt nicht aufgreift.<br />
ich denke, es ist allerhöchste Zeit an<strong>zu</strong>erkennen, dass diese europäische Klimastrategie<br />
gescheitert ist. <strong>wir</strong> kommen mit dieser strategie so nicht weiter. hinter den Kulissen in<br />
brüssel nehme ich sehr deutlich wahr, dass dort das roll back längst eingesetzt hat. natürlich<br />
sagt niemand öffentlich: sorry, das war alles falsch, <strong>wir</strong> sind gescheitert. aber man<br />
kann schon sehr deutlich erkennen, dass sowohl bei den klimapolitischen papieren als<br />
auch bei den energiepolitischen aussagen <strong>zu</strong>nehmend wenns und abers in die papiere<br />
einfließen. es gibt aber eben trotzdem <strong>noch</strong> die starke lobby, die ein ernstes <strong>wir</strong>tschaftliches<br />
und teilweise auch ein politisches interesse daran hat, dass diese agenda weiter<br />
befahren <strong>wir</strong>d.<br />
ets – das edition trading system –, der emissionshandel ist das herzstück der europäischen<br />
Klimapolitik. das heißt: <strong>wir</strong> definieren, wie viel co 2 innerhalb der europäischen<br />
union, in dem Fall bis 2020, emittiert werden darf. anschließend dürfen die marktakteure,<br />
Kraftwerke, industriebetriebe diese emissionskontingente untereinander handeln.<br />
wer in die beste technik investiert, hat möglicherweise freie Kontingente und wer das<br />
nicht tut, muss eben emissionsrechte <strong>zu</strong>kaufen. in den letzten 20 Jahren wurde von uns<br />
die schaffung eines globalen co 2 -handelsmarktes stark vorangetrieben. meine politische<br />
erfahrung und meine einschät<strong>zu</strong>ng zeigt ganz klar, dass dieses Ziel nicht erreichbar ist.<br />
der rest der welt macht schlicht und einfach nicht mit. in den usa, als obama gewählt<br />
wurde, hat man <strong>noch</strong> geglaubt, dieser würde ein green president, der auch dieses thema<br />
vorantreibt. in den usa ist präsident obama eigentlich nichts anderes möglich geblieben,<br />
als die alte bush-linie faktisch <strong>zu</strong> adaptieren. nur die rhetorik war etwas anders, ein<br />
wenig grüner. aber die usa haben <strong>zu</strong> keinem einzigen Zeitpunkt auch nur annähernd<br />
signalisiert, sich den europäischen ideen an<strong>zu</strong>schließen. das gegenteil ist der Fall.<br />
nach den letzten midturn elections, also den <strong>Zwischen</strong>wahlen <strong>zu</strong>m us Kongress, gab es<br />
eine mehrheit der republikanischen partei. in der woche danach ist die chicago climat
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
exchange, also die börse, an der emissionsrechte gehandelt werden sollten, geschlossen<br />
worden. al gore hatte <strong>noch</strong>, offensichtlich rechtzeitig, eine woche vorher seine anteile an<br />
dieser börse verkauft. die amerikaner haben längst begriffen, dass eine einseitige co 2 -<br />
minderungspolitik <strong>zu</strong>r deindustrialisierung der usa beiträgt. deswegen muss man an der<br />
stelle sehr klar sagen, dass das modell international nicht funktionieren <strong>wir</strong>d, auch nicht<br />
in richtung asien. natürlich gibt es in china emissionshandelsideen und -modelle. das<br />
land ist riesig groß, es gibt regionen, die auch in eigener politischer Verantwortung sind.<br />
es gibt auch viele umweltverbände, die mir ständig vorhalten die chinesen interessieren<br />
würden sich für emissionshandel. auf regierungsebene tun sie das nicht. die regierung<br />
der Volksrepublik republik china ist keineswegs daran interessiert, emissionshandelsmodelle<br />
für co 2 auf den weg <strong>zu</strong> bringen, aus den beschriebenen gründen.<br />
ein weiteres problem, mit dem <strong>wir</strong> uns momentan konfrontiert sehen, ist das thema luftverkehr.<br />
hier haben <strong>wir</strong> beschlossen, dass die airlines in den emissionshandel einbezogen<br />
werden. das heißt, dass am ende des tages die tickets verteuert werden. es gibt eine<br />
co 2 -abgabe auf Flugtickets. <strong>wir</strong> haben vor fünf Jahren begonnen, eine eu-richtlinie <strong>zu</strong><br />
schaffen, in der <strong>wir</strong> drittstaaten ungefragt einfach mit einbeziehen. Jede airline, die ab<br />
april 2013 bei uns landet, muss auf dem europäischen Flughafen emissionsrechte für die<br />
gesamte strecke vorweisen. es gab schon damals bei der diskussion protestnoten von vielen<br />
ländern, die <strong>zu</strong>m ausdruck gebracht haben, dass dies ein eingriff in die nationalen<br />
lufthoheitsrechte ist. dies wurde völlig ignoriert. <strong>wir</strong> haben jetzt in der tat das problem,<br />
das es nicht mehr nur opposition von drittstaaten gegen die einbeziehung der Fluggesellschaften<br />
gibt, sondern einen handfest organisierten widerstand mit androhung von<br />
gegenmaßnahmen. es gibt eine Koalition von fast 30 ländern wie russland, china oder<br />
indien, die der eu mit gegenmaßnahmen drohen und die sehr deutlich sagen: wenn die<br />
eu dies umsetzt, dann erheben <strong>wir</strong> Zwangsgebühren für europäische Flugzeuge auf unseren<br />
Flughäfen.<br />
china, und an der stelle ist es meines erachtens <strong>wir</strong>klich allerhöchste Zeit auf<strong>zu</strong>wachen,<br />
hat mit der begründung des ungelösten emissionshandelssystems airbusbestellungen storniert.<br />
und das war der moment, wo der französische präsident nervös wurde, weil es<br />
dabei um 2000 arbeitsplätze in Frankreich geht. <strong>wir</strong> provozieren mit einseitiger starrer,<br />
sturer eu-Klimapolitik einen handelskrieg. es ist allerhöchste Zeit, dass dieses thema<br />
deeskaliert <strong>wir</strong>d und eben auch eine eu-Klimakommissarin, die bisher ganz stur daran<br />
festhält, jetzt aufwacht und dieses thema auf die tagesordnung setzt. Zumindest diese<br />
richtlinie muss geändert werden, damit <strong>wir</strong> aus dieser internationalen Konfliktsituation<br />
herauskommen.<br />
13
14<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Holger KraHmer mdeP<br />
20 JaHre internationale KlimaPolitiK –<br />
teure VersucHung oHne messbares ergebnis<br />
ein weiterer punkt <strong>zu</strong> den instrumenten: <strong>wir</strong> belassen es ja nicht bei dem emissionshandel.<br />
theoretisch ist es sinnvoll <strong>zu</strong> sagen, lasst uns emissionen begrenzen und den emissionshandel<br />
des co 2 bepreisen. aber <strong>wir</strong> erlassen am laufenden band politische entscheidungen<br />
und maßnahmen, die das system konterkarieren. <strong>wir</strong> haben erst letzte woche<br />
auf eu-ebene wieder eine energieeffizienz-richtlinieverabschiedet,<br />
in der übrigens<br />
von energieeffizienz kaum<br />
die rede ist. dort geht es<br />
hauptsächlich um energieeinsparung,<br />
also um ein blankes<br />
Verbrauchsminderungsziel.<br />
energielieferanten werden<br />
da<strong>zu</strong> verpflichtet, bei ihren<br />
Kunden jedes Jahr 1,5 prozent<br />
lieferkür<strong>zu</strong>ngen durch<strong>zu</strong>setzen.<br />
das ist plan<strong>wir</strong>tschaft,<br />
das erinnert mich an die<br />
staatliche plankommission<br />
der ddr. diese blanke Verpflichtung,<br />
den energieverbrauch<br />
ab<strong>zu</strong>senken, hat mit<br />
effizienz eigentlich nichts <strong>zu</strong><br />
tun. sie konterkariert den emissionshandel, denn die absenkung <strong>wir</strong>kt sich natürlich auf<br />
die preise im co 2 -handel aus.<br />
dann haben <strong>wir</strong> die erneuerbare-energien-politik. auch <strong>wir</strong> nehmen uns vor, bis <strong>zu</strong>m<br />
Jahr 2020 in europa 20 prozent des stromes aus erneuerbaren energien <strong>zu</strong> erzeugen. das<br />
<strong>wir</strong>d gefördert mit staatlichen maßnahmen und konterkariert erneut den emissionshandel.<br />
normalerweise ist der emissionshandel für sich genommen, wenn er funktioniert, das<br />
instrument, bei dem es sich lohnt <strong>zu</strong>m beispiel vom Kohlekraftwerk oder vom gaskraftwerk<br />
auch mal erneuerbaren strom <strong>zu</strong> kaufen. diese ganze erneuerbare-energien-politik<br />
in deutschland, das eeg, ist faktisch ein angriff auf den emissionshandel.<br />
als nächstes kommt die Öko-design-richtlinie, und das ist etwas, was uns bürger glaube<br />
ich, auf die barrikaden treiben sollte. da schreibt uns die eu-Kommission vor, dass <strong>wir</strong> unsere<br />
klassischen glühbirnen aus den Fassungen schrauben und durch energiesparlampen
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
ersetzen und <strong>wir</strong> reden uns dabei ein, die welt <strong>zu</strong> retten. dabei bleibt es natürlich nicht.<br />
die eu-Kommission hat unter dieser Öko-design-gesetzgebung 800 weitere produkte und<br />
produktgruppen identifiziert, die nach effizienzkriterien bewertet werden. am ende drohen<br />
uns dann produktverbote. letzte woche habe ich eine pressemitteilung von siemens,<br />
bosch, electrolux und philips gesehen, die in Koalition mit umweltverbänden die eu Kommission<br />
auffordern, die Öko-design-richtlinie <strong>zu</strong> verschärfen und stärker durch<strong>zu</strong>setzen.<br />
da sehen sie, wo <strong>wir</strong> angekommen sind. es nutzen mittlerweile auch unternehmen und<br />
ihre lobbynetzwerke diesen regulierungsrahmen aus, um für sich ein business case <strong>zu</strong><br />
schaffen. das ist doch hochgradig bedenklich. <strong>wir</strong> sind weit entfernt von markt<strong>wir</strong>tschaftlicher<br />
ordnungspolitik auf europäischer ebene. ich halte es für wichtig, dass <strong>wir</strong> gerade<br />
in einem rahmen wie heute die sensibilität dafür wecken und dort auch mit mehr Zivilcourage<br />
die diskussion über die Frage führen: Kann das gewollt sein? Kann es sein, dass<br />
sich hier politik <strong>zu</strong>m handlanger von unternehmensinteressen macht? ich kaufe gerne<br />
siemens-produkte, aber das sollen doch bitte sie selbst im laden entscheiden, welchen<br />
Kühlschrank sie kaufen, welche glühbirne sie kaufen, welchen toaster sie kaufen. da<br />
brauchen <strong>wir</strong> keine eurokraten aus brüssel, die uns das vorschreiben. das ist etwas sehr<br />
wichtiges.<br />
letzter punkt: was können <strong>wir</strong> nun eigentlich machen? ich habe beschrieben, wie schwierig<br />
es ist, international unseren klimapolitischen ansatz der letzten 20 Jahre durch<strong>zu</strong>setzen.<br />
es gibt kaum eine möglichkeit in der co 2 -minderung. ich persönlich bin auch<br />
überzeugt davon, dass ab 2020 der emissionshandel <strong>zu</strong>mindest für co 2 ein auslaufmodell<br />
sein <strong>wir</strong>d, <strong>wir</strong> sind bis 2020 per gesetz daran gebunden. aber wenn die globalen Vorausset<strong>zu</strong>ngen,<br />
die ökonomischen, und ich sage auch gleich <strong>noch</strong> einen satz <strong>zu</strong> den wissenschaftlichen,<br />
so weitergehen wie jetzt, dann ist eigentlich ganz klar, dass das <strong>zu</strong>mindest<br />
für co 2 nicht funktioniert.<br />
was müssen <strong>wir</strong> machen? eigentlich ist die antwort ganz einfach. wenn sie abkommen<br />
anstreben wollen, partnerschaften, Kooperationen mit menschen und institutionen und in<br />
dem Falle anderen staaten, die konträrer andere interessen haben als sie, dann sucht man<br />
sich doch die Felder, wo es gemeinsamkeiten gibt, um voran<strong>zu</strong>kommen. und da gibt es<br />
im wesentlichen zwei. das eine ist die energieumwandlungsforschung: wo kommt unser<br />
strom, unsere wärme in den nächsten 50 Jahren her? ich habe manchmal das gefühl, dass<br />
<strong>wir</strong> in unserem glauben, dass <strong>wir</strong> alles wissen, heute schon davon ausgehen, vorhersagen<br />
<strong>zu</strong> können, wie in 2050 der energiemix der welt aussehen <strong>wir</strong>d. <strong>wir</strong> überlegen uns, dass in<br />
deutschland 80 prozent des stroms aus erneuerbaren energien kommen muss. Vergleichbare<br />
Ziele soll es auf europäischer ebene geben. das ist anmaßung von wissen. die welt<br />
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16<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Holger KraHmer mdeP<br />
20 JaHre internationale KlimaPolitiK –<br />
teure VersucHung oHne messbares ergebnis<br />
ist nicht statisch, der technische Fortschritt geht weiter. aber <strong>wir</strong> scheinen aus unseren<br />
erfahrungen nichts <strong>zu</strong> lernen. wie sie vielleicht wissen, gab es 1950 schon einmal in<br />
deutschland einen Konsens darüber, dass im Jahr 2000 80 prozent des deutschen stroms<br />
aus der atomkraft kommen <strong>wir</strong>d. das war ein schulterschluss zwischen Konrad adenauer<br />
und willy brandt seinerzeit. sie sehen, was daraus geworden ist. irgendwann kam der ausstieg,<br />
erneuerbare energien hat damals niemand auf dem radar gehabt. derzeit spielt sich<br />
auf den energiemärkten eine fossile revolution ab. es hat <strong>noch</strong> vor drei, vier Jahren niemand<br />
für möglich gehalten, dass plötzlich gas- und Öl-Vorkommen in unkonventionellen<br />
gesteinsvorkommen rentabel werden. die usa werden <strong>zu</strong>m netto-exporteur von gas und<br />
in 25 Jahren wahrscheinlich unabhängig von fossilen brennstofflieferungen aus dem nahen<br />
osten sein. <strong>wir</strong> haben dort heute schon die skurrile situation, dass gas in den usa<br />
1/10 dessen kostet, was man in Katar dafür bezahlen müsste. die welt <strong>wir</strong>d derzeit vom<br />
Kopf auf die Füße gestellt und zwar während <strong>wir</strong> in europa darüber reden, dass <strong>wir</strong> in 50<br />
Jahren bloß <strong>noch</strong> windräder und photovoltaik haben. es ist wichtig, dass <strong>wir</strong> diese diskussion<br />
auch in europa <strong>zu</strong>lassen. <strong>wir</strong> können davon profitieren, wenn fossile brennstoffpreise<br />
sinken. und <strong>wir</strong> sollten es entsprechend auch nutzen. dies <strong>wir</strong>d natürlich alles einfluss<br />
haben auf die Klimapolitik und letztendlich auch auf die energiepolitik der Zukunft.<br />
eine weitere maßnahme, die auf jeden Fall sinnvoll ist, ist das <strong>zu</strong> tun, was die menschheit<br />
seit einer million Jahren macht, nämlich sich an<strong>zu</strong>passen an klimatische Veränderungen.<br />
diese laufen ohnehin und sind möglicherweise gar nicht in dem umfang von uns<br />
beeinflussbar, wie <strong>wir</strong> uns das vorstellen. das wäre in jedem Fall sinnvoll ausgegebenes<br />
geld, denn es betrifft diejenigen, die es ausgeben, auch direkt. die Klimapolitik ins Jahr<br />
2100 gerichtet, ist insofern ein bisschen eigenartig, als dass die menschen, die heute in<br />
bangladesch in not sind, darauf vertröstet werden, dass <strong>wir</strong> im Jahr 2100 ein 2-grad-Ziel<br />
erreichen. das ist meiner ansicht nach nicht besonders ethisch, anpassungsmaßnahmen<br />
sind also ein wichtiger grund.<br />
und nun komme ich <strong>zu</strong>m schluss. ich bin als ossi, als Kind der ddr in einer gesellschaft<br />
groß geworden, in der ich in der schule gelernt hab, was ich denken muss und was<br />
das langfristige Ziel aller gesellschaftlichen entwicklungen ist. ich bin ein bisschen überrascht,<br />
aber ich freue mich eigentlich, dass ich das ausgerechnet in sachsen sagen darf:<br />
in westdeutschland versteht das mancher nicht so richtig, wie <strong>wir</strong> 20 Jahre, nachdem <strong>wir</strong><br />
plan<strong>wir</strong>tschaft, sozialismus und diktatur hinter uns gelassen haben, heute wieder in einer<br />
uniformität, gleichförmigkeit des denkens angekommen sind, in dem ein dogma nach<br />
dem anderen gepflegt <strong>wir</strong>d. das ist erstaunlich.
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
ich sage nicht, um das ganz klar <strong>zu</strong> sagen, dass co 2 in der atmosphäre keine rolle spielt.<br />
ich bin kein wissenschaftler, ich bin Volksvertreter, ich treffe in ihrem namen in brüssel<br />
entscheidungen. es muss doch bitteschön erlaubt sein <strong>zu</strong> fragen, wie sicher <strong>wir</strong> eigentlich<br />
sind, was den Klimawandel antreibt. man muss kein akademiker sein, man braucht heut<strong>zu</strong>tage<br />
nur nach<strong>zu</strong>lesen, dass <strong>wir</strong> überhaupt gar keine abgeschlossenen erkenntnisse über<br />
die Frage haben, was Klimawandel <strong>wir</strong>klich antreibt. es kann sein, dass es co 2 ist, es kann<br />
sein, dass es die sonne ist, es kann sein, das es ein mix aus beidem ist, aber hier wurde in<br />
den letzten Jahren ein denkmonopol von einer institution in die welt gesetzt, bei der ich<br />
erstaunt bin, wie unkritisch und wie unreflektiert das gerade in westlichen gesellschaften,<br />
insbesondere in europa, angenommen worden ist.<br />
es ist Zeit, einen gegenweltklimarat <strong>zu</strong> gründen. der weltklimarat ist die institution,<br />
aus der <strong>wir</strong> die diskussionsgrundlage ziehen, aufgrund dessen <strong>wir</strong> entscheiden, dass <strong>wir</strong><br />
emissionshandel machen, erneuerbare energienpolitik machen usw. genau wie in der<br />
<strong>wir</strong>tschaft braucht auch wissenschaft wettbewerb. es darf keine denkmonopole geben.<br />
wissenschaft muss nur sich selber verpflichtet sein, niemals einer obrigkeit, ansonsten<br />
setzt eine Korruption der intellektuellen ein und das scheint uns passiert <strong>zu</strong> sein. deswegen<br />
ist es mir sehr wichtig, die Frage <strong>zu</strong> stellen, war das ipcc, war der weltklimarat<br />
<strong>wir</strong>klich objektive wissenschaft oder ist diese institution <strong>zu</strong> stark okkupiert worden von<br />
politischen, ökonomischen interessen und ist es möglicherweise nötig, die große gilde der<br />
wissenschaftler, die andere antworten gibt, auch mal <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>führen und <strong>zu</strong> organisieren<br />
und dort auch wissenschaftlich dar<strong>zu</strong>legen, wo <strong>wir</strong> da eigentlich stehen?<br />
17
18<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. dr. Knut löscHKe<br />
Klima und gesellscHaft – gesellscHaftlicHes Klima<br />
Vielen dank an die organisatoren dieser wichtigen Veranstaltung, danke für die einladung<br />
und damit für die möglichkeit, über meine gedanken <strong>zu</strong>m thema sprechen <strong>zu</strong> können.<br />
mein Vortrag <strong>wir</strong>d sich in zwei teile gliedern:<br />
im ersten teil fasse ich die mir bekannten, durch literaturstudium und durch gespräche<br />
mit Kollegen erlangten hypothesen und Fakten <strong>zu</strong>m Klimawandel <strong>zu</strong>sammen und kommentiere<br />
sie. ich möchte mich dabei nur auf zwei wesentliche punkte konzentrieren und<br />
zeigen, warum ich sehr skeptisch bin. im zweiten teil diskutiere ich die aus<strong>wir</strong>kungen auf<br />
die gesellschaftliche situation und erkläre, warum ich sehr beunruhigt bin.<br />
Das sind meine Thesen:<br />
Zum teil 1<br />
1. das Klima unterliegt seit bestehen der erde beständig kleinen und großen Veränderungen.<br />
die Veränderungen der lokalen Klimate in den letzten 100 Jahren sind nicht<br />
außergewöhnlich.<br />
2. der sogenannte atmosphärische wärmeeffekt ist <strong>noch</strong> nicht verstanden. die vielen darüber<br />
aufgestellten und sich teils völlig widersprechenden hypothesen sind nicht streng<br />
naturwissenschaftlich, z. b. experimentell, verifiziert.<br />
3. der einfluss des menschen auf das Klima, insbesondere wenn man ihn auf die <strong>zu</strong>sätzliche<br />
emission von „technischem“ co 2 reduziert, ist sehr wahrscheinlich marginal. es<br />
gibt dahingegen starke hinweise auf natürliche ursachen der Klima-Veränderungen,<br />
insbesondere auf einen wesentlichen einfluss kosmischer (sonnenaktivität) und erdbedingter<br />
Faktoren (lokale albedo-unterschiede, erdbahnparameter-Veränderungen,<br />
wolkenbildung usw.)<br />
4. es muss unbedingt seriös und unabhängig von ideologischen annahmen weiter geforscht<br />
werden, bevor gravierende <strong>wir</strong>tschaftliche und politische entscheidungen getroffen<br />
werden könnten.<br />
Zum teil 2:<br />
1. politische Kräfte aller parteien versuchen, die angst der menschen vor einem weltuntergangszenario<br />
namens „Klimakatastrophe“ <strong>zu</strong> benutzen, um sich machtpositionen <strong>zu</strong><br />
schaffen und um eine plan<strong>wir</strong>tschaftliche, diktatorische ordnung <strong>zu</strong> errichten.<br />
2. bildungspolitische Vorgaben manipulieren unsere Kinder mit dem Ziel uns eltern <strong>zu</strong><br />
beeinflussen. das ist eine, insbesondere aus der deutschen Vergangenheit (Faschismus,<br />
Kommunismus) gut bekannte, manipulationsstrategie totalitärer regimes.
3. wenn man als deutscher von unseren historischen erfahrungen<br />
ausgeht, dann muss man vor entwicklungen, die diktatorische<br />
elemente enthalten und die demokratische Freiheiten beschneiden,<br />
warnen und sich konsequent gegen sie wenden.<br />
Zum teil 1:<br />
eine geschichte durchzieht seit den achtzigern des vorigen Jahrhunderts<br />
ungebrochen, in immer größer werdenden Kreisen und<br />
mit immer stärkerer werdenden politischen, sozialen und <strong>wir</strong>tschaftlichen<br />
aus<strong>wir</strong>kungen unsere welt:<br />
Die Klimakatastrophe<br />
wenn <strong>wir</strong> der allgegenwärtigen, der „offiziellen“ meinung folgen,<br />
dann scheint alles klar <strong>zu</strong> sein: nämlich, der mensch ist der<br />
Verursacher der immer weiter steigenden co 2 -Konzentration und<br />
damit der steigenden welt-temperaturen und er <strong>wir</strong>d die welt vernichten,<br />
wenn dem nicht mit drastischen mitteln sofort einhalt<br />
geboten <strong>wir</strong>d.<br />
so konnte man am ersten Juni dieses Jahres in „spiegel-online“<br />
lesen: co 2 -messungen übersteigen kritischen grenzwert (was<br />
auch immer damit gemeint ist). und eine weitere, sich darauf beziehende<br />
Veröffentlichung fragte: „müssen <strong>wir</strong> nun alle sterben?“<br />
ich hingegen stelle <strong>zu</strong>nächst nur diese einfachen Fragen: was wissen<br />
<strong>wir</strong> tatsächlich? was hat das ganze für Folgen?<br />
Kommen <strong>wir</strong> im ersten teil unserer betrachtung <strong>zu</strong>m<br />
Klimawandel<br />
nachdem die angstmacherei vor einer neuen eiszeit in den 70er<br />
Jahren kurz ihr erblühen feierte und danach fast vollständig vergessen<br />
wurde, nahm die panik vor einer Klimakatastrophe – nur<br />
eben mit anderem Vorzeichen – in den 80ern ihren neuen, unheilvollen<br />
lauf. und wenn von „Klimawandel“ geredet <strong>wir</strong>d,<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr.<br />
Knut Löschke<br />
Physiker, Leipzig<br />
„Die Veränderungen der<br />
lokalen Klimate in den letzten<br />
100 Jahren sind nicht<br />
außergewöhnlich. Und der<br />
Einfluss des Menschen auf<br />
das Klima ist sehr wahrscheinlich<br />
marginal. Es gibt<br />
dagegen starke Hinweise<br />
auf natürliche Ursachen der<br />
Klima-Veränderungen wie<br />
Sonnenaktivität und erdbedingte<br />
faktoren. Deshalb<br />
muss unbedingt seriös und<br />
unabhängig von ideologischen<br />
Annahmen weiter<br />
geforscht werden, bevor<br />
gravierende <strong>wir</strong>tschaftliche<br />
und politische Entscheidungen<br />
getroffen werden.“<br />
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20<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Knut LöschKe<br />
KLima unD GeseLLschaft – GeseLLschaftLiches KLima<br />
dann ist nicht die völlig natürliche Variation des wettergeschehens gemeint, sondern die<br />
von uns menschen vorgeblich verursachte „Katastrophe“. worauf gründet sich das? auf<br />
drei simple sachen:<br />
1. auf die darstellung einer globalen co 2 -Konzentration über der Zeit<br />
2. auf die darstellung einer mittleren welt-temperatur über der Zeit<br />
3. auf der Korrelationsannahme zwischen beiden Kurven<br />
wenden <strong>wir</strong> uns also nun einem teilaspekt <strong>zu</strong>, dem<br />
CO 2<br />
die erdatmosphäre besteht <strong>zu</strong> rund 78 prozent aus stickstoff und <strong>zu</strong> rund 21 prozent<br />
aus sauerstoff. co 2 ist derzeit mit rund 0,039 prozent an der atmosphäre beteiligt und<br />
ist dem<strong>zu</strong>folge ein sogenanntes spurengas. aber es ist selbst in dieser äußerst geringen<br />
Konzentration ein für uns lebenswichtiges gas. die existenz der gesamten pflanzen- und<br />
damit der tierwelt – auch die existenz des menschen – hängt von ihm ab. es ist in den vorkommenden<br />
spuren weder gefährlich <strong>noch</strong> giftig. im gegenteil: eine „co 2 -freie Zukunft“,<br />
die wortwörtlich viele politiker, mediale, grüne aktivisten und sogar beamte von staatlichen<br />
umweltinstitutionen fordern (Flasbarth, chef des umweltbundesamtes: „ein co 2 -<br />
freies deutschland bis 2050 ist ein projekt, das ich mit der wissenschaftlichen expertise<br />
des umweltbundesamtes vorantreiben will“.), müssten <strong>wir</strong> unbedingt verhindern! land<strong>wir</strong>tschafts-experten<br />
wissen von einer signifikanten ertragssteigerung bei erhöhung der<br />
spuren-Konzentration. der gültige arbeitsplatzgrenzwert liegt bei 5.000 ppm. in normalen<br />
wohnräumen und schlafzimmern werden nicht selten 1.000 ppm und mehr erreicht.<br />
allgemein <strong>wir</strong>d behauptet, dass die atmosphärische Konzentration von co 2 über sehr lange<br />
Zeiten konstant bei 280 ppm lag und erst seit der industriellen entwicklung ansteigt.<br />
gehen <strong>wir</strong> dem nach, so sehen <strong>wir</strong> jedoch, dass verlässliche, direkte (chemische und spektroskopische)<br />
co 2 -messungen ganz unterschiedliche Konzentrationen in den letzten runden<br />
200 Jahren (seit dem <strong>wir</strong> es überhaupt messen können) belegen. auch abschät<strong>zu</strong>ngen<br />
über eine co 2 -Konzentration in der ferneren Vergangenheit, die aus sogenannten proxydaten<br />
(stellvertreterdaten) ermittelt wurden, liegen vor (gasblasen im eis, sedimente,<br />
Vegetationsspuren usw.) und all dies lässt erkennen, dass Konzentrationen von 180 bis<br />
über 1800 ppm bereits vorkamen.<br />
die grundlegende Frage ist also: wie groß muss und wie groß darf der anteil dieses gases in<br />
der atmosphäre sein? was ist „normal“, woran messen <strong>wir</strong> ein „<strong>zu</strong> viel“ und ein „<strong>zu</strong> wenig“?
CO 2 ppmv<br />
470<br />
450<br />
430<br />
410<br />
390<br />
370<br />
350<br />
330<br />
310<br />
290<br />
270<br />
Direkte CO 2 -Messungen und CO 2 -Proxy-Daten<br />
Pflanzenanalyse<br />
Quelle: Kouwenberg 2<br />
Chemische Analysedaten<br />
Quelle: E.-G. Beck<br />
Pflanzenanalyse<br />
Quelle: Kouwenberg<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Eisbohrkerne<br />
Quelle: IPCC<br />
Mauna Loa<br />
Quelle: IPCC<br />
250<br />
1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 2020<br />
Abb. 1 Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre<br />
In der Folie <strong>wir</strong>d gezeigt, dass es sowohl durch Proxy-Daten, als auch durch chemische und spektroskopische Daten belegt<br />
werden kann, dass es eine in weiten Bereichen schwankende CO 2 -Konzentration in historischen Zeiten gab.<br />
Die Antwort ist: Wir wissen es nicht!<br />
<strong>wir</strong> können jedoch durchaus feststellen, dass die heutigen co 2 -Konzentrationen in der atmosphäre<br />
nicht ungewöhnlich sind und in der Vergangenheit mehrfach überschritten wurden,<br />
dies in Zeiten, in denen ein technischer einfluss des menschen sicher aus<strong>zu</strong>schließen<br />
ist. der anthropogene anteil an der gesamtmenge an co 2 beträgt <strong>zu</strong>rzeit maximal 5 prozent.<br />
die von mir gefundenen angaben schwanken zwischen 1,2 prozent bis 5 prozent,<br />
je nach berechnungs- oder abschät<strong>zu</strong>ngsverfahren. die nächste und wie mir scheint, die<br />
entscheidende Frage ist, beeinflusst diese im ppm (part per million) bereich liegende co 2 -<br />
Konzentration die Temperatur der erdoberfläche und der erdatmosphäre wesentlich?<br />
auch hier können <strong>wir</strong> leider erst in der jüngeren geschichte auf direkt gemessene werte<br />
<strong>zu</strong>rückgreifen, denn obwohl thermometer etwa <strong>zu</strong>r Zeit galileis aufkamen, gibt es erst seit<br />
1715 eine verlässliche skala (Fahrenheit). es wurde in deutschland gemessen: berlin seit 1701,<br />
hohenpeißenberg seit 1751, Frankfurt seit 1757, münchen seit 1781, stuttgart seit 1792, leipzig<br />
seit 1851, hannover seit 1856, Friedrichshafen seit 1866. die direkten messdaten der oben<br />
genannten, lange und mit wenigen ausnahmen kontinuierlich messenden deutschen stationen<br />
zeigen, dass es <strong>zu</strong> beginn der aufzeichnung, also am beginn des 18 Jahrhunderts <strong>zu</strong> minde-<br />
21
22<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Knut LöschKe<br />
KLima unD GeseLLschaft – GeseLLschaftLiches KLima<br />
stens an diesen messpunkten wärmer war als heute oder ähnlich warm. das gleiche zeigen<br />
auch lang messende stationen in prag, wien, paris und anderen europäischen sowie nordamerikanischen<br />
orten. präindustrielle und prähistorische temperaturwerte, gewonnen wiederum<br />
aus proxy-daten (baumringe, stalagmiten, sedimente, Vegetationsspuren) liefern hinweise<br />
auf ständige temperaturschwankungen in bereichen von plus/minus mehreren grad.<br />
temperatur in °C<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
Lufttemperatur historischer deutscher Stationen<br />
1700 1750 1800 1850<br />
1900<br />
1950<br />
2000<br />
Abb. 2 Temperaturverlauf langfristig messender Stationen<br />
Das Beispiel Berlin-Dahlem zeigt hier, dass es mehrere Abkühlungs- und Erwärmungsphasen zwischen 1701 und 2010 gab<br />
und <strong>wir</strong> heute auf ca. dem gleichen Niveau, wie um 1800 liegen. (Quelle: DWD)<br />
die ihnen sicher bekannten, ansteigenden temperatur-Kurven ab ca. 1890, die in allen möglichen<br />
medien veröffentlicht wurden, verschweigen schamvoll die abnehmenden temperaturen<br />
zwischen 1701 und 1890.<br />
statische und dynamische Fehlerquellen der ermittlung von mitteltemperatur-reihen werden<br />
natürlich in seriösen Veröffentlichungen behandelt, aber nur in wenigen Fällen hinsichtlich<br />
ihrer einflüsse auf den errechneten temperaturgang diskutiert. solche einflüsse sind z. b. Veränderungen<br />
der messgeräte selbst über die Zeit, Veränderungen der umgebungsbedingungen<br />
(einfluss der Vegetation, der Verstädterung mit seinem wohlbekannten wärmeinseleffekt), Änderungen<br />
der „amtlichen“ mittelungsvorschriften örtlicher tagesdaten, Veränderung der in<br />
die mittelung einbezogenen anzahl und standorte von messstationen und so weiter.
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
erschwerend kommt hin<strong>zu</strong>, dass in vielen gegenden der erde nicht oder nur spärlich gemessen<br />
<strong>wir</strong>d und vor allem die riesigen Flächen der weltmeere ein sehr großes, immer<br />
<strong>noch</strong> relativ unbekanntes einflusspotential auf die statistiken der messkurven haben. als<br />
simpler experimentalphysiker würde ich anmerken, dass es ein sehr gewagtes unterfangen<br />
ist, eine „globale erdmitteltemperatur“ auf diese weise <strong>zu</strong> berechnen. aber irgendwie<br />
hat sich der Klimawandel-mainstream nun auf einen globalen temperaturanstieg seit „der<br />
vorindustriellen Zeit“ (also seit rund 100 Jahren) von 0,7 bis 0,8 grad geeinigt. dies öffentlich<br />
in Frage <strong>zu</strong> stellen, käme einem sakrileg gleich. obwohl: sehr merkwürdig ist es<br />
schon, wenn <strong>wir</strong> in einer Veröffentlichung, bei der prof. schellnhuber (piK) mitautor ist<br />
(!), lesen: „in the vast majority of stations we did not see indications for a global warming<br />
of the atmosphere“ Überset<strong>zu</strong>ng: in der übergroßen mehrheit der stationen haben <strong>wir</strong> keine<br />
indikation für eine globale erwärmung sehen können. (physical review e 68, 046133<br />
(2003)) doch wenn <strong>wir</strong> die Frage beantworten wollen, was denn nun die normale, die<br />
„gute“ welt-temperatur sei und woran <strong>wir</strong> auch hier ein „<strong>zu</strong> warm“ oder „<strong>zu</strong> kalt“ messen<br />
wollen, so müssen <strong>wir</strong> ehrlicherweise antworten: Wir wissen es nicht.<br />
<strong>wir</strong> kennen offensichtlich nicht mal die aktuelle globale mitteltemperatur genau. unsere<br />
Klimapäpste – die professoren rahmsdorf und schellnhuber – sprechen von 15 grad, das<br />
ipcc (2007) von 14 grad.<br />
temperatur in °C<br />
17<br />
15<br />
13<br />
11<br />
Prähistorische Lufttemperatur aus Proxy-Daten<br />
Ende der letzten Kaltzeit<br />
Klima-Optimum<br />
des Holozän<br />
Römisches<br />
Klima-Optimum<br />
Mittelalterliche<br />
Wärmeperiode<br />
Völkerwanderungs-<br />
Pessimum<br />
13<br />
10 8<br />
6 4<br />
2 Kleine 0<br />
Jahrtausende vor heute<br />
Eiszeit<br />
Abb. 3 prähistorischer Temperaturverlauf<br />
Darstellung von Schönwiese zeigt hier die permanenten Temperaturschwankungen in den letzten 11.000 Jahren<br />
17<br />
15<br />
23
24<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Knut LöschKe<br />
KLima unD GeseLLschaft – GeseLLschaftLiches KLima<br />
<strong>wir</strong> wissen nur, dass unsere welt insgesamt und in den verschiedenen regionen der erde<br />
– selbst innerhalb der kurzen Zeitspanne seit der entwicklung des menschen – große<br />
temperaturschwankungen von mehreren grad erlebt hat. demnach befänden <strong>wir</strong> uns heute<br />
in keiner ungewöhnlichen erwärmungsphase. selbst die vorgeblich sicher gemessene<br />
erwärmung der letzten 100 Jahre von 0,7 bis 0,8 grad ist, verglichen mit warm- und<br />
Kaltzeiten der Vergangenheit, keineswegs erschreckend. außerdem zeigen selbst die offiziellen<br />
messwerte seit ca. 15 Jahren keinen anstieg mehr. und dies obwohl die co 2 -<br />
Konzentration in der atmosphäre weiter steigt.<br />
temperatur Abweichung vom Mittel<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
-0,2<br />
CO 2 -Konzantration und temperatur<br />
-0,4<br />
355<br />
1996 1999 2000 2001 2002 2003 2003 2004 2005 2006 Jahr<br />
Abb. 4 aktueller Temperaturverlauf und CO 2 Anstieg<br />
Die Grafik zeigt die Abweichungen vom Mittelwert der Temperatur (keine Temperaturerhöhung) über die letzten Jahre im<br />
Vergleich <strong>zu</strong>m ansteigenden CO 2 -Gehalt der Atmosphäre<br />
(Quelle: •Univ. of East Anglia (CRU), •Univ. of Alabama, Huntville (MSULT), •CO 2 Mauna Loa (ppm))<br />
der letzte satz ist besonders wichtig, denn: um die erhöhungen der mittleren globaltemperatur<br />
in den letzten hundert Jahren <strong>zu</strong> erklären, <strong>wir</strong>d mit dem sogenannten Treibhauseffekt<br />
argumentiert. diese hypothese wurde erstmalig von svante arrhenius 1895 aufgestellt.<br />
original-Zitat „ein anstieg des co 2 <strong>wir</strong>d <strong>zu</strong>künftigen menschen erlauben, unter<br />
einem wärmeren himmel <strong>zu</strong> leben“. leider ist wenigen bekannt, dass seine annahmen<br />
bereits wenige Jahre später von den damals führenden Klimaforschern verworfen wurden<br />
(siehe wilhelm eckardt, „paläoklimatologie, 1910, göschen, leipzig). unsere heutigen,<br />
offiziellen Klimaretter berufen sich jedoch unbeirrt <strong>noch</strong> immer auf arrhenius und alles<br />
scheint völlig klar <strong>zu</strong> sein. die naturwissenschaftlich fundierte antwort zeigt jedoch das<br />
390<br />
385<br />
380<br />
375<br />
370<br />
365<br />
360<br />
CO 2 - Konzentration (ppm)
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
gleiche dilemma wie beim co 2 -„normalgehalt“ und der „normalen“ temperatur in der<br />
atmosphäre: Wir wissen es nicht.<br />
<strong>wir</strong> wissen offensichtlich nicht sicher, wie co 2 und andere, sogenannte klimasensitiven<br />
spurengase im komplizierten system der atmosphäre allein und im komplexen Zusammenhang<br />
miteinander <strong>wir</strong>ken und <strong>wir</strong> orakeln herum, welche einflüsse <strong>noch</strong> und wie <strong>zu</strong><br />
berücksichtigen wären (z. b.: der einfluss von wolken, von stäuben und aerosolen). die<br />
Zahl der kontroversen beiträge ist groß und ständig kommen neue hin<strong>zu</strong>.<br />
meine damen und herren, in der exakten naturwissenschaft ist jede hypothese <strong>zu</strong>lässig,<br />
die auf plausiblen annahmen beruht. so natürlich auch die hypothese, dass co 2 als irabsorbierendes<br />
gas für eine erwärmung der erdatmosphäre <strong>zu</strong>ständig sein könnte. eine<br />
hypothese <strong>wir</strong>d jedoch erst dann <strong>zu</strong>r theorie, also <strong>zu</strong> einem bestandteil relativ sicheren<br />
wissens, wenn sie verifiziert und falsifiziert wurde. und wenn sie so aufgestellt wurde,<br />
dass man sie überhaupt verifizieren und falsifizieren kann.<br />
wo also finden <strong>wir</strong> laborexperimente <strong>zu</strong>m treibhauseffekt? auf servern und web-seiten<br />
von mittelschulen und gymnasien! und wo in professionellen Forschungsinstituten? neben<br />
einem Forscherteam aus brasilien (nahle et al.), das dort 2011 ein experiment durchführte<br />
und ehrenfried loock, der gerade<strong>zu</strong> liebenswert sein experiment aus dem Jahr<br />
2008 beschreibt, habe ich trotz jahrelangen, intensiven suchens nichts weiter ernst <strong>zu</strong><br />
nehmendes gefunden.<br />
beide eben genannten, seriös durchgeführten untersuchungen greifen die idee des<br />
alten woodschen experiments <strong>zu</strong>m glashauseffekt von 1909 auf und weisen erneut<br />
nach, dass Konvektion sowie wärmeübertragung durch massen-Kontakt und nicht infrarot-absorption<br />
und -strahlung für die temperaturerhöhung in einem gewächshaus<br />
verantwortlich sind und zeigen, dass die in den schülerversuchen hin und wieder<br />
gemessenen temperatur-erhöhungen in reinen co 2 -atmosphären auf dichteeffekte<br />
<strong>zu</strong>rück geführt werden können. soweit, so gut. die atmosphäre der erde ist jedoch<br />
kein gewächshaus und <strong>wir</strong>d nicht von einer glas-, salz- oder plastik-scheibe abgedeckt.<br />
die Vorgänge in der atmosphäre der erde sind wesentlich komplexer und viel<br />
weniger verstanden. selbst wenn es nicht gelänge, die hypothese rein experimentell<br />
<strong>zu</strong> prüfen, weil das system <strong>zu</strong> komplex ist, dann muss die treibhausgas-annahme<br />
wenigstens die bekannten Zustände (co 2 -Konzentrations- und temperaturgänge) der<br />
Vergangenheit gut abbilden können, bevor projektionen in die Zukunft unternommen<br />
werden. Das kann sie jedoch nicht!<br />
25
26<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Knut LöschKe<br />
KLima unD GeseLLschaft – GeseLLschaftLiches KLima<br />
die erwärmungs-<strong>wir</strong>kungen des co 2 und anderer spurengase sowie von wasserdampf<br />
<strong>wir</strong>d aus absorptionseigenschaften und rückstrahlungsüberlegungen abgeleitet und mit<br />
verschiedenen theoretischen ansätzen in computermodellen behandelt, in die natürlich<br />
auch messergebnisse über rückstrahlung und absorption eingehen. Klar ist nur eines:<br />
Verschiedene modelle und berechnungen liefern verschiedene, teils extrem gegensätzliche<br />
aussagen: Von starker erwärmung bis hin <strong>zu</strong> einer signifikanten abkühlung und<br />
einer „null-<strong>wir</strong>kung“ ist alles drin. danach würde die gleichgewichtstemperatur der erdoberfläche<br />
und der atmosphäre natürlich auch nicht wesentlich von einer weiteren Zunahme<br />
der co 2 -Konzetration und schon gar nicht von dem im Vergleich da<strong>zu</strong> marginalen<br />
anthropogenen co 2 -eintrag abhängen.<br />
wenn ich von „marginalem“ anthropogenen einfluss spreche, dann muss ich natürlich<br />
auch sagen, wie groß beziehungsweise wie klein der ist. deshalb möchte ich sie mit einer<br />
Überschlagsrechnung bekannt machen, die man leicht aus den öffentlich <strong>zu</strong>gängigen<br />
informationen vom umweltbundesamt und vom potsdamer institut für Klimafolgenforschung<br />
(piK) anstellen kann. ich benutze die angaben unkommentiert und setze in meiner<br />
Überschlagsrechnung voraus, dass sie korrekt seien.
und das sind die informationen, auf die ich mich – ohne sie <strong>zu</strong> bewerten – beziehe: in<br />
einem Fernsehinterview sagte professor schellnhuber (piK), dass die sache ganz simpel<br />
sei: denn die temperatur hänge linear mit der co 2 -Konzentration <strong>zu</strong>sammen. und das<br />
umweltbundesamt (uba) teilte schriftlich folgende Fakten mit:<br />
- in der Zeit der industriellen entwicklung ist die Konzentration des co 2 von 280 ppm<br />
(vorindustrielle Konzentration, kein anthropogener anteil) auf 380 ppm gestiegen.<br />
- der anthropogene (im schreiben des uba: „technischer“) anteil an der gesamten, heutigen,<br />
globalen co 2 – emission in die atmosphäre beträgt 1,2 prozent.<br />
- die temperatur der welt stieg um 0,7 grad seit beginn der industriellen produktion.<br />
- deutschland hat am industriellen gesamteintrag einen anteil von maximal 3 prozent.<br />
rechnen <strong>wir</strong> also mal überschlagsweise unter der Vorausset<strong>zu</strong>ng, dass die Verhältnisse in<br />
der emission gleich dem Verhältnis der Konzentration in der atmosphäre seien und dass<br />
<strong>wir</strong> wegen der linearen abhängigkeit den dreisatz anwenden dürfen:<br />
Prof. Schellnhuber: Temperatur hängt linear vom CO 2 -Gehalt ab.<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Umweltbundesamt: Vorindustrielle CO 2 -Konzentration: 280 ppm<br />
heutige CO 2 -Konzentration: 380 ppm<br />
Anteil „technisches“ CO 2 daran: 1,2 %<br />
daran Anteil in Deutschland: 3 %<br />
Globaltemperatur-Steigerung: 0,7 Grad<br />
Ergebnis: Steigerung in ca. 100 Jahren: 100 ppm<br />
Anthropogener Anteil an heutiger CO 2 -Konz.: 4,56 ppm<br />
Anthropogener Anteil an Temperatur-Erhöhung: 0,03192 Grad<br />
daran Anteil Deutschlands: 0,00096 Grad<br />
Einfluss Deutschlands bei Halbierung der Emission: 0,00048 Grad<br />
Abb. 5 Grobe Überschlagsrechnung auf Basis offizieller Daten des UBA und Annahmen von Prof. Schellnhuber (PIK)<br />
wenn von 380 ppm 1,2 prozent menschengemacht sind, so wären das großzügig aufgerundet<br />
5 ppm. wenn 100 ppm eine temperaturerhöhung von 0,7 grad hervorrufen, dann würden<br />
5 ppm eine von 0,035 grad verantworten. diese 0,035 grad wären somit der anthropogene<br />
anteil der gesamten menschheit am Klimawandel der letzen 100 Jahre. wenn deutschland<br />
3 prozent anteil am gesamten „technischen“ co 2 in der atmosphäre hat, dann ist deutsch-<br />
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28<br />
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land für eine temperaturerhöhung von 0,001 grad verantwortlich. wenn <strong>wir</strong> unsere ambitionierten<br />
„Klima-rettungsziele“ bis <strong>zu</strong>m Jahr 2020 umsetzen, und den co 2 -ausstoß<br />
deutschlands um – sagen <strong>wir</strong> – satte 50 prozent senken, dann haben <strong>wir</strong> einen senkenden<br />
einfluss von 0,0005 grad auf die globaltemperatur ausgeübt, was uns schät<strong>zu</strong>ngsweise<br />
eine billion euro und ggf. die sicherheit unserer elektroversorgung, damit die grundlagen<br />
unserer industrie und damit auch unseres sozialsystems gekosten haben <strong>wir</strong>d.<br />
Für insider: diese rechnung ist <strong>wir</strong>klich nur eine grobe abschät<strong>zu</strong>ng. sie soll nur zeigen:<br />
selbst unter der Vorausset<strong>zu</strong>ng, dass die Klimaretter mit ihren grundannahmen recht<br />
hätten, liefern ihre eigenen angaben eben nur einen marginalen anthropogenen einfluss.<br />
es bleibt damit als Zusammenfassung: ein vermuteter atmosphärischer wärmeeffekt ist<br />
<strong>noch</strong> immer nicht verstanden. genauso, wie die immer wieder geäußerte Vorstellung<br />
falsch ist, die erde sei ein idealer schwarzer strahler und deshalb läge ihre oberflächentemperatur<br />
ohne die treibhausgase der atmosphäre bei minus 18 grad – was im Übrigen<br />
auch eine schriftlich geäußerte erklärung des umweltbundesamtes ist. (Original-Zitat: „…<br />
dass der natürliche Treibhauseffekt, der seit Urzeiten die Erde warm hält und etwa 33 °C<br />
ausmacht…“)<br />
Kleine abschät<strong>zu</strong>ng auch diesbezüglich: wenn 100 ppm 0,7 grad ausmachen und die<br />
mitteltemperatur heute bei 15 grad liegt und laut schellnhuber die temperatur linear<br />
vom co 2 -gehalt abhängt, dann kann 0 ppm nicht minus 18 grad verantworten, sondern<br />
rund allenfalls 13 grad plus! es kann darüber hinaus aus den heute vorliegenden daten<br />
die schlussfolgerung gezogen werden, dass die co 2 -Konzentration in der atmosphäre der<br />
temperatur folgt und nicht umgekehrt.<br />
es entsteht dann die Frage, was nun die ursache der co 2 - und temperatur-Veränderungen<br />
sein könnte, wenn es nicht der mensch ist? hier liefern moderne untersuchungen, die sowohl<br />
solare einflüsse vermuten (<strong>zu</strong>sammengefasst im buch von Fritz Vahrenholt) als auch<br />
einflüsse der erdbahn- und rotationsparameter (vorgestellt im buch von Joachim seifert)<br />
eine antwort:<br />
Verantwortlich für die Klimaveränderungen sind sehr wahrscheinlich verschiedene, sich<br />
zyklisch überlagernde kosmische Faktoren im Zusammenhang mit irdischen, natürlichen<br />
einflussgrößen. dieser erklärungsvorschlag <strong>wir</strong>d jedoch von der Klima-retterfraktion entweder<br />
negiert oder als nicht wesentlich angesehen, denn er könnte die ganze annahme<br />
des anthropogenen einflusses vollständig kippen.
Sonnenaktivität / C14 Anomalie %<br />
Sonnenaktivität und Klima<br />
Mittelalterliche Warmzeit<br />
Sonnenaktivität, rekonstruiert<br />
aus C14-Daten in Baumringen,<br />
Svensmark, 2000<br />
Kleine Eiszeit<br />
Abb. 6 Sonnenaktivität (nach Svensmark)<br />
Vereinfachte Übersichtskurve der Sonnenaktivität unter Einblendung von Warm- und Kaltzeiten<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Maunder Minimum<br />
1000 1200 1400<br />
1600<br />
1800<br />
Aktuelles Maximum<br />
meine damen und herren, alle, <strong>wir</strong>klich alle uns vorgelegten Klima-szenarien sind ergebnisse<br />
von computer-modellen. die modelle verwenden komplexe, sogenannte chaotische mathematische<br />
systeme, die extrem sensibel auf die wahl der eingangsparameter und randbedingungen<br />
reagieren. die ausschlaggebenden parameter und bedingen scheinen ganz offensichtlich<br />
so justiert <strong>zu</strong> werden, dass die erwarteten, die alarmierenden szenarien herauskommen.<br />
wer es nicht glaubt, sollte im sicher „unverdächtigen“ ipcc-bericht (wissenschaftlicher<br />
teil, sec. 14.2.2.2, 2001) nachlesen: „In climate research and modelling, we should recognize,<br />
that we are dealing with a coupled non-linear chaotic system, and therefore that<br />
the long-term prediction of future climate states is not possible“. Übersetzt: „in der Klimaforschung<br />
und -modellierung sollten <strong>wir</strong> beachten, dass <strong>wir</strong> es mit gekoppelten, nichtlinearen,<br />
chaotischen systemen <strong>zu</strong> tun haben und deshalb ist eine langfristige Vorhersage<br />
von Klima<strong>zu</strong>ständen nicht möglich.“ Verstehen sie jetzt meine skepsis? tja, und was heißt<br />
das nun? es heißt: es muss weiter gemessen und geforscht und ergebnisoffen diskutiert<br />
werden, bevor gesellschaftlich und <strong>wir</strong>tschaftlich relevante aussagen getroffen und daraus<br />
gravierende schlussfolgerungen gezogen werden dürfen!<br />
liebe Freunde, nichtwissen kann durch wissen ersetzt werden, indem man misst, forscht,<br />
nachdenkt, rechnet, immer wieder prüft und in Frage stellt. das ist sinn der exakten naturwissenschaften.<br />
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aber leider gibt es auch eine bittere erkenntnis, die im lauf der langen geschichte menschlicher<br />
Kultur immer wieder gewonnen werden musste: nichtwissen <strong>wir</strong>d durch halbwissen,<br />
durch „Konsens“ und letztlich durch glaube ersetzt, was da<strong>zu</strong> führt, dass nur <strong>noch</strong><br />
das gemessen <strong>wir</strong>d, was die priester voraussagen. es <strong>wir</strong>d nur <strong>noch</strong> das akzeptiert, was<br />
ins eigene weltbild passt. die „treuen“ Forscher beforschen eifrig die wahrheit der reinen<br />
lehre ihrer religion und das damit nicht konforme denken <strong>wir</strong>d erst nicht <strong>zu</strong>r Kenntnis<br />
genommen, verlacht, ausgegrenzt, dann verpönt und schließlich unter strafe gestellt und<br />
geahndet – ungläubige werden identifiziert, <strong>zu</strong> Ketzern erklärt oder <strong>zu</strong> geisteskranken.<br />
im mittelalter wurde so was in europa unter dem Jubel der masse auf scheiterhaufen<br />
verbrannt.<br />
meine damen und herren, ich bin kein Klimaforscher und werde mich hüten, <strong>zu</strong> detailfragen<br />
dieser disziplin stellung <strong>zu</strong> nehmen. mit den regeln wissenschaftlicher methodologie<br />
kenne ich mich jedoch aus. mir scheint, die werden derzeit in der Klimaforschung und vor<br />
allem in der debatte um die schlussfolgerungen aus deren detailergebnissen vollkommen<br />
über bord geworfen. insofern sind alle gebildeten menschen aufgerufen und auch berufen,<br />
in die diskussion ein<strong>zu</strong>treten und <strong>zu</strong> den dingen stellung <strong>zu</strong> nehmen.<br />
doch wenn ich mit leuten über die meiner ansicht nach <strong>noch</strong> ungelösten Fragen der Klimaforschung<br />
rede, meine skepsis begründe und zweifle, dass <strong>wir</strong> mit unserem windmühlen-<br />
Kampf (hm, ach ja, also im wahrsten sinne des wortes!) etwas gegen die natürliche Variation<br />
des Klimas ausrichten können, dann kommt meist als totschlagargument: aha, dann bist<br />
du also gegen umweltschutz! gegen den „erhalt der schöpfung“ und für die „Vernichtung<br />
der Zukunft unserer Kinder“! und die ankläger strahlen, denn wieder wurde ein „Klimaleugner“,<br />
ein politisch untragbarer und gefährlicher Volksfeind ausfindig gemacht!<br />
nun, liebe Freunde, umweltschutz hat mit „Klimaschutz“ nichts, aber auch gar nichts <strong>zu</strong><br />
tun. es sind zwei völlig unterschiedliche sachen. umweltschutz ist gut und absolut nötig.<br />
Klimaschutz ist Nonsens!<br />
meine damen und herren, goethe lässt seinen mephisto <strong>zu</strong> wagner sagen:<br />
„Denn eben wo Begriffe fehlen, da<br />
stellt ein Wort <strong>zu</strong>r rechten Zeit sich ein.<br />
Mit Worten läßt´s sich trefflich streiten,<br />
mit Worten ein System bereiten,<br />
an Worte läßt´s sich trefflich glauben,<br />
von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.“
dies geschieht mit dem begriff Klima. es gibt kaum <strong>noch</strong> einen bericht, kaum <strong>noch</strong> ein<br />
strategiepapier, kaum <strong>noch</strong> eine politische rede – gleich aus welcher Quelle – in denen<br />
nicht mehrfach von Klimaschutz die rede ist. das arme Klima ist als begründung für fast<br />
alles gut. neuerdings für die einführung vegetarischer ernährung als dringendste Volksaufgabe.<br />
und merkwürdige neue wortschöpfungen gehen in der deutschen sprache um:<br />
Klimawandel, Klimakatastrophe, Klimaschwindel, Klimawahn.<br />
Klimaschutz, Klimarettung, Klimastrategie.<br />
Klimapolitik, Klimakonferenz, Klimagerechtigkeit, Klima<strong>wir</strong>tschaft.<br />
Klimaskeptiker und Klimaleugner.<br />
Klimakirche, Klimaverräter, Klimagericht und Klimapolizei.<br />
und ganz neu: leipziger Klimafrühstück…<br />
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der begriff „Klimaschutz“ ist <strong>zu</strong>r ideologisch bestens vermarktungsfähigen, <strong>zu</strong>r leersten<br />
phrase geworden, die man sich denken kann. und <strong>zu</strong>gleich <strong>zu</strong> einem indiz für eine<br />
Veränderung des gesellschaftlichen Klimas.<br />
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<strong>wir</strong> kommen <strong>zu</strong>m teil 2.<br />
Klima in der wetterkunde, meine damen und herren, so sollten <strong>wir</strong> beständig erinnern,<br />
ist ein statistischer begriff und beschreibt das lokale, das gesamte, das durchschnittliche<br />
wettergeschehen über längere Zeit (per definition 30 Jahre) einer region. Klima kann man<br />
also weder „anfassen“, <strong>noch</strong> reduziert es sich nur auf temperatur. eine statistische größe<br />
kann man weder schützen <strong>noch</strong> retten. allenfalls kann man sich vor einem unwetter retten<br />
und vor widrigen temperaturen schützen.<br />
die natürliche dynamik der lokalen Klimazonen kann man ohne großartige computerprogramme<br />
in und an der natur (pflanzenwelt, tierwelt, land<strong>wir</strong>tschaft) oder z. b. an<br />
den Verläufen der seefahrts- und handelstraßen sehen, erleben und nachvollziehen. <strong>wir</strong><br />
sehen und erleben einen permanenten,<br />
einen natürlichen „wandel“ innerhalb<br />
der Klimazonen der erde und deren<br />
Verschiebung. <strong>wir</strong> sehen und erleben<br />
das natürlich auch in sachsen. eigentlich<br />
wäre es sogar äußerst merkwürdig,<br />
wenn das nicht geschähe, denn in der<br />
natur gibt es keinen stillstand.<br />
das problem ist nur: aus unerfindlichen<br />
gründen scheinen die heute lebenden<br />
menschen auf „statik“ getrimmt<br />
<strong>zu</strong> sein und jede Veränderung, selbst<br />
die natürlichste und selbst eine vorteilhafte<br />
Veränderung <strong>wir</strong>d deshalb<br />
als bedrohung aufgefasst. anstatt sich<br />
unaufgeregt mit den heute machbaren<br />
und vielleicht tatsächlich notwendigen<br />
präventivmaßnahmen gegen die von<br />
uns nicht wesentlich beeinflussbaren<br />
wetterveränderungen <strong>zu</strong> beschäftigen<br />
(in land<strong>wir</strong>tschaft, wald<strong>wir</strong>tschaft,<br />
wasser<strong>wir</strong>tschaft, bau<strong>wir</strong>tschaft, Verkehrs<strong>wir</strong>tschaft<br />
usw.), verfolgen <strong>wir</strong><br />
mit größtem eifer die rettung des
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weltklimas in 100 Jahren. Früher freuten sich die leute, wenn es wärmer wurde – heute<br />
haben sie davor heillose angst. und die angst <strong>wir</strong>d täglich geschürt. diese gesellschaftliche<br />
angst <strong>wir</strong>d gebraucht, damit sich die weisen erlöser fest etablieren und uns ihre<br />
Version von errettung überhelfen können.<br />
im namen ihres heilsversprechens erleben <strong>wir</strong> eine ungeheuerlichkeit grandiosen ausmaßes:<br />
<strong>wir</strong> erleben die „wissenschaftlich“ begründete Vernichtung unserer Freiheit, den<br />
aufbau von totalitären strukturen, die ausschaltung von pluralität und demokratie, die<br />
einschränkung individueller selbstbestimmung und die Ächtung der meinungsfreiheit.<br />
<strong>wir</strong> werden <strong>zu</strong>nehmend entmündigt. <strong>wir</strong> erleben die herausbildung einer neuen religion<br />
und deren Kirche. <strong>wir</strong> erleben die herausbildung einer diktatur.<br />
meine damen und herren, und dies geschieht vor unser aller augen. gemacht von den von<br />
uns gewählten Volksvertretern, gejagt von den medien, für die bad news good news sind<br />
und unterstützt von den neuen politischen und <strong>wir</strong>tschaftlichen gewinnern.<br />
Völlig inakzeptabel – finde ich – ist die Vereinnahmung unserer Kinder für diese abwegige<br />
ideologie. die stadt leipzig gibt 250.000 euro für ein „Klima- und energieschutz“-<br />
Konzept-papier aus. abgesehen davon, dass leipzig auf grundlage dessen bis 2020 seinen<br />
gesamten co 2 -ausstoß halbieren und damit <strong>zu</strong>r weltrettung wesentliches beitragen will,<br />
steht dort wörtlich (seite 83, maßnahme 7.3): „Durch die Institution Schule ist es möglich,<br />
Kinder besonders für den Klimaschutz <strong>zu</strong> sensibilisieren … Aufgrund der differenzierten<br />
Wissensaufnahme und -verarbeitung von Kindern gegenüber Erwachsenen sollten spezielle<br />
Kampagnen auch unter Mithilfe von Pädagogen ausgearbeitet werden. Der große Vorteil<br />
kann hier sein, dass Kinder ihr erlerntes Wissen mit nach Hause nehmen und dort ihre Eltern<br />
beeinflussen können.“ als ich dies las, ist es mir kalt über den rücken gelaufen! aber<br />
nicht nur in leipzig soll Klimareligion <strong>zu</strong>m lehrfach erhoben werden. ich habe mir die<br />
einschlägigen unterrichtsmaterialen für lehrer des sächsischen Kultusministeriums besorgt.<br />
mit diesen verbindlichen Vorgaben sollen den schülern in einer poppig aufgemachten<br />
art und weise die gefährlichkeit des „giftgases“ co 2 -vorgeführt werden. die Zukunft<br />
unserer erde und auch die der unmittelbaren heimat <strong>wir</strong>d infolge der Klimakatastrophe in<br />
den düstersten Farben gemalt (dürren, seuchen, hungersnöte, naturkatastrophen, Kriege<br />
usw.) und es <strong>wir</strong>d nützliche handreichung gegeben, wie und mit welchen argumenten gegen<br />
feindliche und anders denkende „Klimaskeptiker“ vor<strong>zu</strong>gehen sei. abgesehen von tatsächlich<br />
falschen informationen in den unterlagen <strong>wir</strong>d mit angst gespielt. meine damen<br />
und herren, das hat mit bildung nichts <strong>zu</strong> tun. das ist gezielte Verdummung. Verstehen sie<br />
jetzt, warum ich so beunruhigt bin?<br />
33
34<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Knut LöschKe<br />
KLima unD GeseLLschaft – GeseLLschaftLiches KLima<br />
meine damen und herren, liebe politiker, stellen sie sich einfach mal vor, es würde sich<br />
als herausstellen, dass das anthropogene co 2 keinen wesentlichen einfluss auf das erdklima<br />
hat. und wenn sie meine meinung hören wollen: das könnte sehr wahrscheinlich so<br />
passieren! dann würde der hauchdünne strohhalm zerbrechen, an dem die gesamte argumentation<br />
der heutigen politik <strong>zu</strong>r energiewende, <strong>zu</strong>m emissionshandel, <strong>zu</strong> solarsubventionen,<br />
<strong>zu</strong>m eeg, <strong>zu</strong> co 2 - und energie-steuern und <strong>zu</strong> allerlei restriktiven maßnahmen<br />
(wie glühlampenverbote, Ökosprit usw.) hängt. wenn das passiert, liebe Freunde, wer<br />
soll dann den allesamt auf „grün“ gleichgeschalteten parteien und ihren politikern, den<br />
ideologisierten „Klima“-wissenschaften und ihren professoren, der hoch subventionierten<br />
„Öko“-<strong>wir</strong>tschaft und ihren managern <strong>noch</strong> irgend etwas glauben? welche neuen priester<br />
sucht sich dann die verführte und enttäuschte gemeinde?<br />
ich bin 40 Jahre in einem anderen gesellschaftssystem groß geworden. was ich heute hier<br />
in unserem lande und in europa im namen des „Kampfes gegen den Klimawandel“ – auch<br />
so<strong>zu</strong>sagen „am eigenen leibe“ erlebe – ist für mich ein schlimmes déjà-vu erlebnis. es ist<br />
nicht eine Klimakatastrophe, die uns <strong>zu</strong> denken geben und <strong>zu</strong> handeln veranlassen sollte.<br />
es ist der damit begründete, katastrophale wandel in den grundlagen unserer gesellschaft.<br />
liebe Freunde, ich kann es nur immer wieder sagen: principiis obsta! wehret den anfängen!<br />
Manipulation unserer Kinder mit Angst<br />
Abb. 7 Ausschnitt aus Unterrichtsmaterialien des Bildungsministeriums <strong>Sachsen</strong>s – Übersicht über die Angst und Panik<br />
machenden Überschriften (inkl. der als Fälschungen und Übertreibungen zweifelsfrei entlarvten Hockey-Stick-Kurven)
Prof. dr. Josef H. reicHHolf<br />
KlimatiscHe Veränderungen –<br />
reaKtionen Von PflanZen, tieren und menscHen<br />
1. Die aktuelle globale Klimaerwärmung<br />
den globalen temperaturmessungen seit 1880 <strong>zu</strong>folge fand in den<br />
letzten 30 Jahren eine erwärmung um etwa 0,6°c statt (abb. 1).<br />
merkwürdigerweise beginnt die abweichung erst in den 1980er<br />
Jahren. sie erreichte ihren bisherigen höhepunkt um die Jahrtausendwende.<br />
der vielfach veröffentlichte Verlauf der Klimaerwärmung<br />
ist auch unter der bezeichnung „hockey-stick-Kurve“<br />
bekannt: Keine Veränderung, häufig auch weit in die Vergangenheit<br />
extrapoliert mit geradlinigem Verlauf, bis etwa <strong>zu</strong>r mitte<br />
der 1980er Jahre, in denen dann der steile anstieg einsetzt.<br />
auslöser soll (weitgehend <strong>zu</strong>mindest) der seit den 1950er Jahren<br />
durch messungen auf den hawaii-inseln nachgewiesene anstieg<br />
des co 2 -gehaltes der luft sein, obwohl schon lange, seit beginn<br />
des „Kohle- und erdöl-Zeitalters“, <strong>zu</strong>nehmend Kohlendioxid frei<br />
gesetzt <strong>wir</strong>d. der anstieg der temperatur kommt also um über ein<br />
Jahrhundert verspätet – und äußert sich, wie die skala in abb. 1<br />
zeigt, in Zehntelgraden, die man nicht spüren und kaum messen<br />
kann.<br />
ohne die zweifellos so grundlegend wichtigen Fragen <strong>zu</strong>m Zustandekommen<br />
dieser Kurve, wie etwa messgenauigkeiten und messpunkteverteilung<br />
im 19. und in der ersten hälfte des 20. Jahrhunderts,<br />
näher <strong>zu</strong> erörtern, <strong>wir</strong>d nachfolgend die <strong>wir</strong>kung dieses<br />
temperaturanstieges aus ökologischer sicht und mit be<strong>zu</strong>g auf<br />
mitteleuropa betrachtet. Für diesen raum gibt es umfangreiche<br />
temperaturmessungen schon ein Jahrhundert länger, so dass auch<br />
das gesamte 19. Jahrhundert in die rückschau mit einbezogen werden<br />
kann. in der bergwetterwarte hohenpeißenberg am alpenrand<br />
südlich von münchen beginnen die messungen bereits 1780.<br />
sie decken daher mit 230 Jahren die doppelte Zeitspanne von abb.<br />
1 ab und die daten wurden auch von Klimatologen umfassend ausgewertet<br />
(schönwiese 1995).<br />
2. Die Temperaturentwicklung am Hohenpeißenberg seit 1780<br />
schönwiese (1995) merkt <strong>zu</strong> den daten vom hohenpeißenberg<br />
an: „die bereits in abb. 12 (seines buches „Klimaänderungen“,<br />
seite 61) vorgestellte temperaturreihe vom hohenpeißenberg<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr.<br />
Josef H. Reichholf<br />
Evolutionsbiologe<br />
und Zoologe,<br />
TU München<br />
„Es gab von der letzten<br />
Eiszeit bis in die Gegenwart<br />
lange, sehr viel wärmere<br />
Perioden als die gegenwärtig<br />
laufende und da<strong>zu</strong><br />
Kälterückschläge. Diese<br />
Erkenntnisse gewinnen <strong>wir</strong><br />
aus Pollenanalysen und<br />
Eisbohrkernen. Die Temperaturunterschiede<br />
am Ende<br />
der letzten Eiszeit betrugen<br />
bis <strong>zu</strong> 18 Grad Celsius. im<br />
Vergleich <strong>zu</strong> dem, was hier<br />
völlig natürlich abgelaufen<br />
ist, sind natürlich<br />
0,8 Grad Celsius Veränderung<br />
in der Gegenwart <strong>noch</strong><br />
vergleichsweise geringfügig.“<br />
35
36<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />
KlimatiscHe VeränDerungen –<br />
reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />
1781 bis 1883 (soll) ausgangspunkt unserer reise in die Vergangenheit sein. diese daten<br />
sind auch deswegen von bedeutung, weil sie von stadteinflüssen frei sind.“<br />
die temperaturkurve vom hohenpeißenberg weist um 1800 sehr hohe Jahresmittelwerte<br />
von 7,2 °c mit spitzen über 8 °c auf und sinkt im statistischen Verfahren der zehnjährigen<br />
glättung um 1880/90 auf 5,4 °c ab, also um fast zwei volle grad celsius. danach steigen<br />
die mittelwerte in jedoch recht unregelmäßiger weise (mit einem <strong>Zwischen</strong>maximum um<br />
1950) auf etwa das ausgangsniveau von 1800 an. dieser anstieg entspricht dem Verlauf<br />
der globaltemperatur von abb. 1. schönwiese (1995) stellt da<strong>zu</strong> in bezeichnender weise<br />
selbst fest (text <strong>zu</strong> abb. 14 in seinem buch „Klimaänderungen“, seite 67): „trends sind<br />
bei dieser betrachtung kaum <strong>zu</strong> erkennen“. Vielmehr erwecken die temperaturdaten vom<br />
hohenpeißenberg den eindruck langfristiger schwankungen. Vom höhepunkt in den ersten<br />
beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, dessen temperaturentwicklung allerdings<br />
1815 jäh durch den ausbruch des tambora (indonesien) mit dem „Jahr ohne sommer“ auf<br />
der nordhalbkugel und nach<strong>wir</strong>kender abkühlung unterbrochen worden war, sinken die<br />
werte <strong>zu</strong> einem tiefpunkt um 1880. Von diesem setzt ein neuer anstieg ein. im letzten<br />
Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts <strong>wir</strong>d der neue höchstwert erreicht. wesentlich ist, fest<strong>zu</strong>halten,<br />
dass die schwankung der mittelwerte zwei volle grad celsius umfassen, die<br />
global ermittelte aber lediglich ein halbes grad celsius, sind doch die von 1880 bis 1980<br />
(sofern genau genug gemessenen) schwankungen ab<strong>zu</strong>ziehen. die vierfach (!) stärkere<br />
Abweichung vom Mittel 1901–2000 (°C)<br />
0,7<br />
0,6<br />
0,5<br />
0,4<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
0<br />
-0,1<br />
-0,2<br />
-0,3<br />
-0,4<br />
Klimaerwärmung: Entwicklung der Globaltemperatur seit 1880 über Land & Ozean<br />
(Nach Daten von NCDC/NESDIS/NOAA)<br />
1880 1890 1900 1910 1920 1930<br />
Abb. 1: Die gegenwärtige Klimaerwärmung nach IPCC-Daten (vereinfacht).<br />
1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
schwankung, die aus den hohenpeißenberg-daten hervorgeht, sollte sich daher in der natur<br />
entsprechend stärker bemerkbar gemacht haben als das halbe grad anstieg. doch auch<br />
die letzten beiden Jahrhunderte haben Vorgeschichte.<br />
3. Die Temperaturentwicklung im letzten Jahrtausend<br />
hinreichend exakte temperaturmessungen gibt es erst seit rund zweihundert Jahren.<br />
mehr als die hälfte dieser Zeit beschränkten sie sich allerdings, was kontinuierliche messreihen<br />
betrifft, auf wenige orte in europa und nordamerika. auch gegenwärtig gibt es<br />
<strong>noch</strong> kein global gleichmäßig dichtes messnetz <strong>zu</strong>r direkten temperaturmessung über allen<br />
Kontinenten und ozeanen. methodisch anders muss mit satellitenmessungen versucht<br />
werden, eine Jahresmitteltemperatur der ganzen erdoberfläche <strong>zu</strong> bestimmen. derartige<br />
Versuche gibt es erst seit wenigen Jahren. entsprechend <strong>wir</strong>d nach wie vor auf direktmessungen<br />
an lückenhaft verteilten wetterstationen be<strong>zu</strong>g genommen. Für die abschät<strong>zu</strong>ng<br />
der temperaturentwicklung früherer Jahrhunderte braucht man so genannter proxy-daten,<br />
die mit annahmen <strong>zu</strong>r jeweiligen temperatur verbunden werden. diese messtechnische<br />
problematik <strong>zu</strong> erörtern und kritisch <strong>zu</strong> sichten ist gleichfalls nicht gegenstand<br />
dieser ausführungen. der hinweis soll lediglich daran erinnern, dass schon gegenwärtig<br />
die globaltemperaturen keineswegs so exakt sind, wie sie mit Zehntelgradänderungen<br />
den anschein erwecken (sollen), und erst recht für die Vergangenheit nur grobe abschät<strong>zu</strong>ngen<br />
möglich sind.<br />
Für den <strong>zu</strong>m hohenpeißenberg und seinen wetterdaten nahe gelegenen alpenraum bieten<br />
die historischen befunde <strong>zu</strong>m schwinden und Vorrücken der gletscher, aufzeichnungen<br />
<strong>zu</strong> kompletter Vereisung des bodensees und anderer seen oder <strong>zu</strong> Frostdauer, über hochwasserkatastrophen<br />
und ähnlichen wetterereignissen möglichkeiten <strong>zu</strong>r rekonstruktion<br />
(glaser 2001, pfister 1999). aus der Vielzahl historischer dokumente ließ sich die nachfolgende<br />
darstellung (abb. 2, nach pfister, 1990, ergänzt) fertigen. sie besagt, dass das Klima<br />
in den Jahrhunderten, die dem (europäischen) mittelalter und der neuzeit <strong>zu</strong>gerechnet<br />
werden, keineswegs konstant gewesen war. auf das sehr warme hochmittelalter der Zeitspanne<br />
von 800 bis 1300 kam um 1350 ein jäher umschwung mit nasskalten sommern<br />
und kalten wintern, in denen die gletscher der alpen stark anwuchsen, vorrückten und<br />
die siedlungen der menschen, der vorher eisfreien hochlagen bedrohten oder diese vernichteten.<br />
das 14. Jahrhundert war eine Katastrophenzeit mit dem schlimmsten hochwasser<br />
des ganzen letzten Jahrtausends im Jahre 1342, das nicht nur in europa weite regionen<br />
heimsuchte, sondern auch in ostasien (geiss 2005), und in dem der größte seuchen<strong>zu</strong>g<br />
der pest von 1347 bis 1352 stattfand. danach gab es rund ein Jahrhundert lang „pause“,<br />
bis ende des 15. und verstärkt <strong>zu</strong> beginn des 16. Jahrhunderts die „Kleine eiszeit“ mit<br />
37
38<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />
KlimatiscHe VeränDerungen –<br />
reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />
bitter kalten wintern in dichter Folge und gehäuft verregneten sommern mit miserablen<br />
ernteerträgen einsetzte.<br />
der bodensee fror in dieser Klimaphase 28 mal komplett <strong>zu</strong>, während es davor, in den<br />
500 Jahren des „mittelalterlichen Klima-optimums“, nur viermal eine totale see-gfrörne<br />
gegeben hatte – und nach 1800 dreimal.<br />
kalt<br />
warm<br />
Klimaverlauf in Mitteleuropa von 800–2000<br />
(PFISTER, erg.)<br />
Warmzeit<br />
HW 1342<br />
800 950 1050 1150 1250 1350<br />
Mittelalt. Klima-Optimum<br />
Gr. Pest 1347–52<br />
„Kleine Eiszeit“<br />
HW 1598 HW 1786<br />
HW 1899<br />
16. & 17. Jhd.<br />
1450 1550 1650 1750 1850 1950 3. Millenium<br />
Abb. 2: Klimatische Entwicklungen im südlichen Mitteleuropa & Alpenraum von 800 bis 2000<br />
nach historischen Aufzeichnungen (aus Pfister 1990, ergänzt von Reichholf 2007 a).<br />
die „Kleine eiszeit“ war die große Katastrophenzeit des 2. Jahrtausends mit den für die<br />
menschen schlimmsten, den pegelständen gemäß auch bei weitem höchsten hochwässern<br />
(hw), wiederholten seuchenzügen und gehäuft auftretenden hungersnöten, deren letzte<br />
rein wetterbedingte <strong>noch</strong> bis ins späte 19. Jahrhundert reichten (reichholf 2007 a). die<br />
vorausgegangene Zeit des (hoch)mittelalterlichen Klima-optimums hingegen war für die<br />
menschen eine gute Zeit. die bevölkerung wuchs. es entstanden bleibende Kulturschöpfungen<br />
und es herrschte eine vergleichsweise hohe politische stabilität.<br />
Vorausgegangen mit einem Klima, das dem der Kleinen eiszeit ähnelte, waren dem warmen<br />
hochmittelalter die 500 Jahre der Völkerwanderung (etwa 250 bis 750 n. chr.), der wiederum<br />
die warme römerzeit vorgelagert war. ganz ähnlich verlief das Klima in den Jahrtau-<br />
?
senden vor der Zeitenwende mit <strong>noch</strong> größeren schwankungen. die nach untersuchungen<br />
in mooren und an holzresten ermittelten temperaturschwankungen seit dem ende der<br />
letzten eiszeit vor gut 10.000 Jahren werden global auf 2 bis 3 °c (volle grad celsius)<br />
geschätzt. in der arktis gab es am ende der eiszeit (würm- bzw. weichsel-glazial) sogar<br />
temperatursprünge von 7 bis 8 °c und größte temperaturdifferenzen gemäß den befunden<br />
aus eisbohrkernen grönlands von 18 °c. es fand also weder ein gleichmäßiger Übergang<br />
von der letzten Kaltzeit in die seit 10.000 Jahren anhaltende warmzeit (<strong>Zwischen</strong>eiszeit/<br />
interglazial) statt, <strong>noch</strong> blieben in<br />
dieser als holozän bezeichneten<br />
phase die globalen temperaturen<br />
konstant. Vielmehr handelte es sich<br />
um ein auf und ab von warm- und<br />
Kaltzeiten kleineren ausmaßes.<br />
dementsprechend ist die nacheiszeitliche<br />
entwicklung der natur,<br />
obgleich sehr stark vom menschen<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Dabei waren, historisch betrachtet, die<br />
warmen Zeiten stets die guten Zeiten für<br />
die Menschen, die kalten hingegen die<br />
schlechten. Sie brachten die großen Naturkatastrophen,<br />
Missernten und Seuchen.<br />
und seinen nut<strong>zu</strong>ngsformen bestimmt, nach wie vor in gang und keinesfalls „längst abgeschlossen“,<br />
wie viele meinen, die von einem fest gefügten natur<strong>zu</strong>stand ausgehen (wollen).<br />
4. Wetter und Klima und die Natur im 19. und 20. Jahrhundert<br />
wie bereits ausgeführt, hatte es <strong>zu</strong> beginn des 19. Jahrhunderts eine überdurchschnittlich<br />
warme phase mit heißen sommern in Folge gegeben. die Jahresdurchschnittstemperaturen<br />
lagen den messungen auf dem hohenpeißenberg <strong>zu</strong>folge ähnlich hoch wie gegenwärtig.<br />
dazwischen, etwa von 1830 bis 1945, häuften sich kühle sommer und es gab,<br />
insbesondere in der ersten hälfte des 20. Jahrhunderts, mehrere sehr kalte winter. der<br />
letzte außergewöhnlich kalte winter traf mitteleuropa 1962/63. die abb. 3 und 4 zeigen<br />
die entwicklungen der sommer- und wintertemperaturen. ihnen ist, da sie Jahr für Jahr<br />
angeben, <strong>zu</strong> entnehmen, dass die schwankungen von sommer <strong>zu</strong> sommer oder von winter<br />
<strong>zu</strong> winter viel größer waren als die aus eventuellen mittelwertsverschiebungen <strong>zu</strong> errechnenden<br />
trends. legen <strong>wir</strong> die vielfach angeführte Zahl von 0,6 °c anstieg der mitteltemperatur<br />
seit 1880 <strong>zu</strong>grunde, machen die Jahresschwankungen das Fünffache aus; bei einem<br />
anstieg um ein ganzes grad celsius, wie dieser für manche mitteleuropäischen orte angegeben<br />
<strong>wir</strong>d, immer <strong>noch</strong> das rund dreifache. die land- und wasser<strong>wir</strong>tschaft, die pflanzenwelt<br />
und die frei lebenden tiere müssen mit diesen schwankungen <strong>zu</strong>rechtkommen<br />
und nicht mit irgendwelchen mittelwerten. da sie dies tun, könnten im rahmen der Klimaerwärmung<br />
allenfalls häufungen heißer sommer oder milder winter einfluss nehmen auf<br />
Vorkommen und häufigkeit von tier- und pflanzenarten oder auf die land<strong>wir</strong>tschaftlichen<br />
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40<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />
KlimatiscHe VeränDerungen –<br />
reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />
erträge und die wasserversorgung. doch abb. 3 und 4 zeigen, dass es <strong>zu</strong> keiner häufung<br />
milder winter und heißer sommer gekommen ist, wenn man die ganze spanne der mehr<br />
als 200 Jahre betrachtet und die ersten 100 Jahre (von 1780 bis 1880) nicht wie üblich ausblendet.<br />
selbst der auch von Klimaforschern als „ausreißer“ eingestufte super-sommer von<br />
2003 ist ohne Folgen geblieben. es kam bisher kein weiterer heißer sommer nach.<br />
20<br />
19<br />
18<br />
17<br />
16<br />
15<br />
14<br />
13<br />
Süddeutschland bis 2010: Keine Zunahme heißer Sommer<br />
Hohenpeißenberg<br />
Mittlere Temperatur im Sommer (Juni–August)<br />
7 heiße Sommer y=0,0019x + 13,937<br />
R<br />
7 heiße Sommer<br />
2 =0,0132 n.s.<br />
Super-Sommer 2003<br />
12<br />
11<br />
10<br />
trotz Sommer 2003 keine statistisch signifikante<br />
Zunahme der Sommerwärme seit 1780<br />
1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000<br />
Abb. 3: Entwicklung der Sommertemperaturen gemäß den Messwerten vom Hohenpeißenberg<br />
(die gestrichelte Linie grenzt heiße Sommer von den normalen ab; die durchgezogene repräsentiert den statistischen<br />
Zunahmetrend der Temperatur seit 1780, die sich – den eingeblendeten Werten der Regression <strong>zu</strong>folge – als statistisch nicht<br />
signifikant erweist und ohne den Sommer 2003 überhaupt keinen Anstieg zeigen würde). (Quelle: Deutscher Wetterdienst)<br />
bei den wintertemperaturen stellt sich heraus, dass es bis 1880 nur einen einzigen sehr<br />
kalten winter, danach aber bis 1960 vier und einen weiteren 1962/63 gegeben hatte. infolgedessen<br />
drücken die kalten winter der ersten hälfte der in abb. 1 dargestellten Zeitspanne<br />
von 1880 bis 1950 die mitteltemperaturen und weiter bis 1962/63, weil es seither,<br />
wie 1780 bis 1830, also damals auch ein halbes Jahrhundert lang, keinen so kalten winter<br />
mehr gegeben hat. halbiert man die gesamte messzeitspanne, werden von 1780 bis 1890
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
genauso viele überdurchschnittlich milde winter wie danach sichtbar (abb. 4). infolgedessen<br />
ist es für die tiere und pflanzen, für land- und wasser<strong>wir</strong>tschaft, unmöglich, sich auf<br />
„durchschnittswinter“ oder trends ein<strong>zu</strong>stellen. die reaktionen können nur auf jeden<br />
einzelnen winter konkret erfolgen, wie auch bei den sommern und in den Übergangszeiten.<br />
wie solche reaktionen aussehen und warum sie von anderen entwicklungen überlagert<br />
werden, soll nachfolgend näher betrachtet werden.<br />
4<br />
2<br />
0<br />
-2<br />
-4<br />
Winter 1780–2006<br />
Hohenpeißenberg<br />
Mittlere Temperatur im Winter (Dezember–Februar)<br />
20 milde Winter 20 milde Winter<br />
-6<br />
Winter 2008/09–2011/12<br />
wieder recht kalt!<br />
-8<br />
1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000<br />
1 sehr kalter Winter 4 sehr kalte Winter 1 sehr kalter Winter<br />
seit 1960<br />
Abb. 4: Entwicklung der Wintertemperaturen gemäß den Messungen vom Hohenpeißenberg.<br />
(Daten: Deutscher Wetterdienst). Von 1780 bis 1890 gab es 20 milde Winter, danach ebenfalls, aber vorher nur einen sehr<br />
kalten. Die vier sehr kalten Winter zwischen 1890 und 1950 drücken die Jahresmittel und stellen so einen nicht unwesentlichen<br />
Teil des für das 20. Jahrhundert errechneten Anstieges der Jahresmitteltemperaturen.<br />
5. Naturkatastrophen<br />
in der gegenwärtigen diskussion um die Folgen der Klimaerwärmung werden neben rein<br />
physikalischen prozessen (abschmelzen von eis) insbesondere witterungsbedingte naturkatastrophen<br />
und auch drohende Veränderungen, wie einbußen in der land<strong>wir</strong>tschaftlichen<br />
produktion, rückgänge der Verfügbarkeit von wasser („austrocknen der Flüsse“)<br />
41
42<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />
KlimatiscHe VeränDerungen –<br />
reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />
und Verschwinden von tier- und pflanzenarten (Verlust von biodiversität) prognostiziert.<br />
die land<strong>wir</strong>tschaftliche produktivität <strong>wir</strong>d hier nicht weiter behandelt, weil dafür für<br />
deutschland und europa umfangreiche statistische angaben allgemein verfügbar sind. es<br />
sei hier lediglich der hinweis wiederholt, dass witterungsbedingte ernteverluste mit hungersnöten<br />
in früheren Jahrhunderten, vor allem in der „Kleinen eiszeit“, weit häufiger als<br />
in der gegenwart gewesen sind (cramer 2007).<br />
die wasser<strong>wir</strong>tschaftlichen aspekte der gletscherschmelze in den alpen gehen aus abb.<br />
5 hervor. sie zeigt, dass der anteil des gletscherwassers an der wasserführung der wichtigsten<br />
alpenflüsse mit durchschnittlich 4 prozent viel geringer ist als die niederschlagsbedingten<br />
schwankungen. selbst mit völlig abgeschmolzenen gletschern würden also die<br />
Flüsse nicht trocken fallen. die diesbezüglichen, äußerst peinlichen „Vorhersagen“ für die<br />
himalaja-gletscher musste das ipcc bekanntlich <strong>zu</strong>rücknehmen. sie warfen einen schweren<br />
schatten auf die seriosität der Quellen, die für die ausarbeitung der ipcc-berichte<br />
verwendet werden.<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Anteile von Gletscherwasser an der Jahreswasserführung der großen Alpenflüsse<br />
Etsch Rhone Po Inn Rhein<br />
Gletscheranteil<br />
~ 4 (±2) %<br />
Gletscherwasser<br />
Niederschlag<br />
10-Jahres-Schwankung<br />
(1810–1990)<br />
(Rhein) ± 24 % = 12-faches<br />
Abb. 5: Gletscherwasser nimmt in der Jahreswasserführung von Etsch, Rhone, Po, Inn und Rhein lediglich einen<br />
Anteil von 4 ± 2 Prozent ein, während die niederschlagsbedingten 10-Jahres-Schwankungen mit ± 24 % das 12fache<br />
davon ausmachen. (Quelle: J. Karl (1997))<br />
die historischen hochwassermarken an flussnahen gebäuden belegen, dass in den letzten<br />
Jahrzehnten keineswegs die hochwässer höher als in früheren Zeiten geworden sind. im<br />
gegenteil: Fluten, wie sie etwa 1342, 1598, 1786 und 1899 aufgetreten und in ihrer höhe<br />
dokumentiert sind, übertreffen die hochwässer des 20. Jahrhunderts bei weitem. Zuge-
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
nommen haben die schäden an versicherten sachwerten, aber nicht etwa nachweislich die<br />
sturmstärken.<br />
6. Reaktionen von Pflanzen und Tieren auf die gegenwärtigen Änderungen<br />
nehmen nun aber fremde arten, die sich aufgrund der erwärmung (welcher?) ausbreiten,<br />
auf Kosten heimischer <strong>zu</strong>, verdrängen sie diese und ist sogar ein aussterben von arten bei<br />
weiterer erwärmung des Klimas <strong>zu</strong> erwarten? und wie steht es um das Vordringen von tieren,<br />
die Krankheiten übertragen, wie die malariamücken? nun kam allerdings anopheles,<br />
die Überträgerin der malariaerreger, bis anfang des 20. Jahrhunderts am oberrhein vor.<br />
im 19. Jahrhundert war malaria in den nordbayerischen teichgebieten verbreitet und in<br />
den kalten Jahrhunderten der Kleinen eiszeit auch in nordwestdeutschland. die Fiebermücken<br />
der gattung anopheles gibt es nach wie vor in mitteleuropa. ausgerottet sind hier die<br />
erreger der malaria, die sie bei ihrem blutsaugen übertragen können. bei tropischer malaria<br />
ist die resistenz der erreger gegen die bislang <strong>wir</strong>ksamen medikamente das problem,<br />
nicht die ausbreitung der mücken, denen durch trockenlegung von sümpfen lebensraum<br />
entzogen und durch die anlage von reisfeldern neuer geschaffen <strong>wir</strong>d.<br />
Fremde arten sind bei uns, abgesehen von besonderen Verhältnissen auf kleinen, landfernen<br />
ozeanischen inseln, seit dem späten 19. Jahrhundert weit mehr ein denk- und haltungsproblem<br />
denn eines für die natur. bezeichnungen wie „fremd“, „gebietsfremd“, „exotisch“<br />
oder gar „alien“ beziehen sich auf viel <strong>zu</strong> kurze Zeitspannen. denn viele arten, die<br />
in früheren Jahrhunderten „fremd“ waren und als unkräuter oder schädlinge bekämpft<br />
wurden, gelten längst als „heimisch“ und „<strong>zu</strong>m naturhaushalt gehörig“ (auch wenn sie<br />
<strong>wir</strong>tschaftliche schäden machen). die mitteleuropäische natur hat seit ende der letzten<br />
eiszeit nie einen Zustand der anhaltenden stabilität erreicht. sie war immer in Veränderung<br />
begriffen und es gibt keinen wissenschaftlich einwandfrei als „richtig“ fest<strong>zu</strong>legenden<br />
Zustand. Überflüssig ist es hin<strong>zu</strong><strong>zu</strong>fügen, dass das in einem land mit land- und<br />
Forst<strong>wir</strong>tschaft, siedlungsbau und Verkehr, wasser<strong>wir</strong>tschaft und massivem einsatz von<br />
energie und düngestoffen praktisch auf ganzer Fläche auch gar nicht möglich wäre. in<br />
be<strong>zu</strong>g auf die Klimawandel-diskussion ist es den<strong>noch</strong> aufschlussreich, dass entgegen den<br />
verbreiteten annahmen die wärme „liebenden“, d. h. auf klimatisch warme Verhältnisse<br />
eingestellten arten keineswegs in den letzten Jahrzehnten massiv <strong>zu</strong>genommen haben.<br />
im gegenteil: es verschwanden mehr dieser arten aus mitteleuropa als sich neu (aus dem<br />
süden und südwesten) ansiedelten. das zeigt beispielhaft die am besten untersuchte Vogelwelt<br />
(abb. 6). insgesamt drangen erheblich mehr Vogel- und säugetierarten aus dem osten,<br />
also aus (kalt)kontinentalen gebieten nach mitteleuropa vor als solche aus dem süden<br />
oder südwesten. die ausbreitung von wölfen, bären, elchen, see- und Fischadlern <strong>wir</strong>d<br />
43
44<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />
KlimatiscHe VeränDerungen –<br />
reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />
man schwerlich „dem Klimawandel“ <strong>zu</strong>schreiben können. gewandelt hat sich weniger das<br />
Klima als unser Verhältnis <strong>zu</strong> solchen tieren.<br />
diesen befunden <strong>zu</strong>folge sollte es – bei unvoreingenommener betrachtungsweise – in den<br />
letzten Jahrzehnten nicht wärmer und trockener, sondern kälter und feuchter geworden<br />
sein. Ökologisch ist das in der tat so. das drückt sich im rückgang von insekten, insbesondere<br />
von schmetterlingen aus (abb. 6). denn im bodennahen bereich verursacht<br />
die aufgrund massiver Überdüngung des ganzen landes immer besser und immer dichter<br />
aufwachsende Vegetation durch wasserverdunstung kühlere und feuchtere lebensbedingungen<br />
als sie in der Zeit des mangels, etwa im 19. und <strong>noch</strong> in der ersten hälfte des 20.<br />
Jahrhunderts gegeben waren. die Überdüngung setzte in deutschland genau <strong>zu</strong>r Zeit des<br />
(in abb. 1 dargestellten) anstiegs der durchschnittstemperaturen ein, nämlich um 1980.<br />
sie stieg stark an und hält sich seither auf hohem niveau (reichholf 2011 a). doch da die<br />
offiziellen temperaturwerte nicht dort gemessen werden, wo die pflanzen wachsen und<br />
die tiere leben, sondern abgehoben davon in standardisierten wetterstationen, bleibt die<br />
abkühlung im dicht bewachsenen, bodennahen bereich unbemerkt oder <strong>zu</strong>mindest unberücksichtigt.<br />
Abnahme Wärme liebender Brutvogelarten in Bayern 1960–2005<br />
leicht <strong>zu</strong>nehmend<br />
~ unverändert<br />
regional rückläufig<br />
stark rückläufig<br />
ausgestorben<br />
Artenzahl<br />
trend stark rückläufig<br />
0 2 4 6 8<br />
10<br />
Abb. 6: Rückgang und Verschwinden Wärme liebender Brutvogelarten in Bayern seit 1960 – also in der Zeit<br />
der allgemein angenommenen Klimaerwärmung und der angeblichen Häufung heißer Sommer. (Quelle: Verfasser)
die erwärmung, so sie denn tatsächlich stärker <strong>wir</strong>ksam werden sollte, würde dieser für<br />
die meisten tiere und pflanzen ungünstigen bodennahen abkühlung entgegen<strong>wir</strong>ken und<br />
daher der artenvielfalt förderlich – und nicht abträglich – werden. es ist die moderne<br />
hochleistungs-land<strong>wir</strong>tschaft, die die Zukunft der artenvielfalt gefährdet, und nicht das<br />
Klima und seine Änderung.<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Rückgang der Schmetterlingshäufigkeit<br />
(Durchschnitt Mai–August)<br />
Light-trap-captures (Aigen, Bayern)<br />
Lichtfang Aigen I (Dorfrand) Schmetterlinge pro Fangnacht<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Rückgang (n = 25 Jahre)<br />
r = -0,837<br />
Mittel 158 Ex.<br />
1969 1976 1982 1990<br />
1995<br />
Abb. 7: Rückgang der Schmetterlingshäufigkeit aufgrund der Intensivierung der land<strong>wir</strong>tschaftlichen Bodennut<strong>zu</strong>ng –<br />
Befunde aus dem niederbayerischen Inntal. Völlig gleichartige Entwicklungen sind für denselben Zeitraum für England festgestellt<br />
worden. (Quelle: Verfasser)<br />
45
46<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />
KlimatiscHe VeränDerungen –<br />
reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />
wie nicht nur bei einzelnen gruppen von tieren und pflanzen, sondern ganz allgemein<br />
die erhöhten temperaturen <strong>wir</strong>ken, ließe sich bestens in den großstädten untersuchen.<br />
sie sind so artenreich, dass sie sich gerade<strong>zu</strong> als rück<strong>zu</strong>gsgebiete für die von der intensivland<strong>wir</strong>tschaft<br />
verdrängten arten erwiesen haben (reichholf 2007 b). um bis über 2 grad<br />
celsius sind sie im durchschnitt wärmer als ihr umland. also könnten in den großstädten<br />
die aus<strong>wir</strong>kungen des prognostizierten temperaturanstiegs um volle zwei grad oder mehr<br />
bereits konkret an menschen, tieren und pflanzen, am wasserhaushalt und am befürchteten<br />
eindringen fremder arten erforscht werden. da<strong>zu</strong> bedarf es keiner computermodelle,<br />
sondern guter Forschung, wie sie an universitäten im rahmen von diplom- und doktorarbeiten<br />
gemacht <strong>wir</strong>d.<br />
7. Fehleinschät<strong>zu</strong>ngen und Globaler Ausblick<br />
im winter 2010/11 ging in großstädten an der deutschen nordseeküste das streusalz<br />
aus. einige Jahre vorher hatte ein angehöriger des bundesamtes für naturschutz in einer<br />
Zeitschrift geäußert: „schnee in den bergen – schnee von gestern“. was folgte, war eine<br />
schneekatastrophe mit toten. Für 2007 prognostizierte ein prominenter deutscher Klimaforscher<br />
einen „saharasommer“, weil es ende april tage mit knapp 30 °c höchsttemperatur<br />
gegeben hatte. was kam, war ein so regenreicher und vergleichsweise kühler sommer,<br />
dass er der sahara gut getan hätte. Versicherungen werben mit „Klima-Kasko“, die auch bei<br />
unwetterschäden (!) haftet. die wärmedämmung der wohngebäude <strong>wir</strong>d massiv vorangetrieben,<br />
obgleich doch bei der bevorstehenden erwärmung kühlende luftdurchlässigkeit<br />
angemessen wäre. der schimmelbildung in den räumen <strong>wir</strong>d durch die abdichtung Vorschub<br />
geleistet. der „drang nach süden“ in den Ferien ist ungebrochen, weil die sommer<br />
nicht mediterran geworden sind; der super-sommer 2003 blieb eine ausnahme. Verantwortung<br />
für all die Fehleinschät<strong>zu</strong>ngen und die falschen prognosen übernimmt jedoch<br />
niemand, schon gar nicht die, welche sie am intensivsten mit höchst bedrohlichen szenarien<br />
in die Öffentlichkeit tragen.<br />
selbstverständlich geht es aber beim Klimawandel nicht allein um die aus<strong>wir</strong>kungen auf<br />
deutschland oder europa, auch wenn <strong>wir</strong> hier mit dem „global change“-Veränderungen <strong>zu</strong><br />
tun haben und <strong>zu</strong>rechtkommen müssen. Für „uns“ sehen die prognosen nämlich gar nicht<br />
so düster aus; im gegenteil. sollten die regionalisierten Klimamodelle stimmen, würde der<br />
größte teil europas (und andere regionen der erde) <strong>zu</strong> den gewinnern gehören. so wie historisch<br />
die warmen Zeiten auch stets die guten Zeiten waren. andere regionen hingegen<br />
würden für sie ungünstige Veränderungen hinnehmen müssen, deren geographische Verteilung<br />
und aus<strong>wir</strong>kungen, wie etwa die berüchtigte „dust bowl“ der 1930er Jahre in den<br />
usa, die viel schlimmer als die trockenheit des sommers 2012 gewesen war, gleichfalls
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
hier nicht erörtert werden kann. es geht (mir) vielmehr um zwei globale aspekte, nämlich<br />
die <strong>zu</strong>nehmende Vernichtung von tropenwäldern für die erzeugung von Futtermitteln für<br />
unser (!) stallvieh und von bioenergie-trägern (biodiesel, bioethanol) einerseits und um<br />
die geographische bedingtheit der größe des primärenergie-umsatzes andererseits, aus<br />
dem hervorgeht, dass <strong>wir</strong> keineswegs die großen energieverschwender sind, als die <strong>wir</strong><br />
häufig angeprangert werden.<br />
Zunächst <strong>zu</strong> den Futtermitteln und ihrem Zusammenhang mit Klima und biodiversität:<br />
wiederkäuer, insbesondere rinder, schafe und Ziegen, von denen es global 1,4 milliarden<br />
bzw. rund 1 milliarde und 700.000 gibt, setzen große mengen methan bei ihrer speziellen<br />
wiederkäuer-Verdauung frei. allein die methanmenge der rinder entspricht in der<br />
treibhausgas<strong>wir</strong>kung – das methanmolekül ist mehr als zwanzigmal <strong>wir</strong>ksamer als das<br />
Kohlendioxidmolekül – der des gesamten Kraftfahrzeugverkehrs. methan setzen aber auch<br />
termiten in großem umfang frei, die sich auf tropischen und subtropischen rinderweiden<br />
massenhaft ausbreiten. hin<strong>zu</strong> kommt n 2 o, das umgangssprachlich als „lachgas“ bezeichnete<br />
distickstoffmonxid, als drittes unter den treibhausgasen. es <strong>wir</strong>d insbesondere von<br />
nassreiskulturen freigesetzt. allein diesen emissionen <strong>zu</strong>folge kann die land<strong>wir</strong>tschaft<br />
nicht aus der betrachtung der Verursacher der atmosphärischen treibhausgas-belastungen<br />
ausgeklammert werden. sie liefert davon mehr als die übrigen von menschen frei gesetzten<br />
co 2 -mengen – ganz besonders viel in den tropen. nach angaben des umweltpro-<br />
47
48<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />
KlimatiscHe VeränDerungen –<br />
reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />
gramms der Vereinten nationen (unep) brennt in der so genannten dritten welt (besser:<br />
in den tropen und auf der südhalbkugel) alljährlich eine Fläche so groß wie ganz australien.<br />
es handelt sich um das abflämmen von Flächen, die als (höchst dürftiges) weideland<br />
genutzt werden, und um brandrodung. die dabei der atmosphäre <strong>zu</strong>geführte, ungenutzte<br />
wärmemenge übertrifft den gesamten energieumsatz deutschlands um 20 bis 30 prozent.<br />
direkt beteiligt an den globalen emissionen sind deutschland und die eu aber über den<br />
import von Futtermitteln, Ölpalmprodukten und biokraftstoffen. in den letzten beiden<br />
Jahrzehnten wurden allein in brasilien zwischen 1,5 und 3 millionen hektar tropenwald<br />
vernichtet und in sojaplantagen und Viehweiden umgewandelt. da deutschland (und die<br />
eu) einen hohen anteil der Futtermittel von dort importieren, mit denen hier<strong>zu</strong>lande das<br />
stallvieh versorgt <strong>wir</strong>d, frisst dieses buchstäblich tropenwälder auf. betroffen sind höchst<br />
artenreiche tropenwälder, wie die nachfolgende grafik zeigt (abb. 8). denn die artenvielfalt<br />
(biodiversität) steigt <strong>zu</strong> den tropen hin steil an. der hauptmasse des artenschatzes<br />
der erde lebt (<strong>noch</strong>) in den tropen südamerikas, westafrikas und südostasiens, also in gebieten,<br />
die von der nach europa (und china) gerichteten Futtermittelproduktion betroffen<br />
sind (reichholf 2008 b).<br />
Artenreichtum: Steiler Anstieg äquatorwärts<br />
Artenzahl<br />
1600<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
Anstieg der Zahl der Vogelarten<br />
von der polaren Region Nordamerikas<br />
<strong>zu</strong>m äquatorialen Südamerika<br />
Kurve = exponenzielle Trendlinie<br />
F = relative Flächengröße<br />
Nordamerika<br />
Mittelamerika<br />
Südamerika<br />
Abb. 8: Anstieg des Artenreichtums, hier am Beispiel der Vogelwelt ( rote Linie), vom Norden Nordamerikas über Mittel- nach<br />
Südamerika (Amazonien unterm Äquator). Die grüne Linie ()gibt die relativen Flächengrößen der <strong>zu</strong>grunde liegenden Kontinentalbereiche<br />
an. So ist das winzige, aber tropische Costa Rica weitaus artenreicher als große Teile Nordamerikas oder Europas.<br />
Tropen<br />
80 70 55 30 20 10<br />
0<br />
F
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
die Vernichtung tropischer biodiversität sollte nach dem umweltgipfel von rio de Janeiro<br />
1992 <strong>zu</strong>gunsten einer nachhaltigen entwicklung abgebremst und schließlich verhindert<br />
werden. die umset<strong>zu</strong>ng verhinderte die europäische agrarpolitik. bei uns führte sie da<strong>zu</strong>,<br />
dass das ganze land überdüngt und mehrfach im Jahr ungeheueren güllefluten ausgesetzt<br />
ist, nämlich der drei- bis fünffachen menge, die den abwässern der 82 millionen menschen<br />
in deutschland entspricht. das undurchschaubare subventionierungssystem der<br />
eu-land<strong>wir</strong>tschaft bildet mit weitem abstand von allen übrigen einflussgrößen die hauptursache<br />
für den globalen wie auch nationalen schwund an biodiversität. es verursacht<br />
auch die größten umweltbelastungen in unserem land, mit allen den schwierigkeiten,<br />
sauberes trinkwasser <strong>zu</strong> bekommen, die reinigung der menschlichen abwässer <strong>wir</strong>ksam<br />
werden <strong>zu</strong> lassen und lebensmittelskandale <strong>zu</strong> verhindern.<br />
die Fokussierung der Zukunftsproblematik auf den nicht greifbaren (und nicht <strong>zu</strong> steuernden)<br />
Klimawandel, der, falls überhaupt, erst in fernerer Zukunft <strong>wir</strong>ksam <strong>wir</strong>d, liefert<br />
der land<strong>wir</strong>tschaftspolitik die beste ausrede, nichts ändern <strong>zu</strong> müssen, weil man sich ja<br />
„auf den wandel einstellen müsse“! bekämpfen sollen diesen globalen wandel <strong>wir</strong>, die <strong>wir</strong><br />
nie und nimmer in der lage sein werden, steuernd auf die weltweiten entwicklungen ein<strong>zu</strong><strong>wir</strong>ken.<br />
unser anteil an der menschheit ist, wie auch das politische gewicht, einfach <strong>zu</strong><br />
gering. längst bestimmen die neuen größen china, indien, brasilien und die dritte welt,<br />
wie es weitergehen <strong>wir</strong>d.<br />
<strong>wir</strong> haben jedoch keinen grund, uns wegen unseres pro-Kopf-energieumsatzes schlecht<br />
und schuldig <strong>zu</strong> fühlen, entspricht dieser doch den von der geographie vorgegebenen abfolge<br />
<strong>zu</strong> immer höheren umsatzraten mit <strong>zu</strong>nehmender entfernung von den tropen. das<br />
hat mit dem „gefälle“ an einstrahlungsenergie <strong>zu</strong> tun, an dem sich nichts ändern lässt,<br />
gleichgültig, ob man es für falsch hält oder als angemessen betrachtet, dass nordische<br />
länder, wie Finnland, Kanada oder sibirien und auch große teile der nördlichen zentralen<br />
staaten der usa, viel mehr energie benötigen als solche in klimatisch warmer lage. abb.<br />
9 zeigt die abhängigkeit von der geographie.<br />
es ist daher unsinnig, für alle menschen eine gleiche Kopfquote an verfügbarer energie<br />
festlegen <strong>zu</strong> wollen; polemisch und wie in alten Zeiten des kirchlichen ablasshandels der<br />
Versuch, ein anhaltend schlechtes gewissen <strong>zu</strong> erzeugen, das sich in Freigiebigkeit äußert.<br />
denn niemand kann ernsthaft wollen, dass überall auf der erde gleiche klimatische<br />
bedingungen herrschen. nur unter gleichen außenverhältnissen wären gleiche Quoten<br />
vorstellbar, wenn auch in höchstem maße unproduktiv und unmenschlich. die <strong>wir</strong>tschaft,<br />
das soziale engagement und auch sonst alles im leben und <strong>wir</strong>ken der menschen<br />
49
50<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />
KlimatiscHe VeränDerungen –<br />
reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />
und in der gesamten natur nähren sich aus ungleichgewichten. was ins gleichgewicht<br />
kommt, ist am ende. dieses an<strong>zu</strong>streben käme der selbstaufgabe gleich. Funktionsfähige<br />
ungleichgewichte her<strong>zu</strong>stellen und aufrecht <strong>zu</strong> erhalten ist die herausforderung für die<br />
Zukunft (reichholf 2008 a). ungleichgewichte, die Veränderungen <strong>zu</strong>lassen, sind die existenzgrundlage<br />
aller menschen und allen lebens auf der erde. das meint auch der begriff<br />
„nachhaltige entwicklung“.<br />
Energieverbrauch zwischen Äquator und Pol (kg SKE/Kopf)<br />
nördl. Breiten<br />
mittl. Breiten<br />
Deutschland<br />
D -20 %<br />
mediterran<br />
subtropisch<br />
tropisch<br />
0 2000<br />
4000 6000<br />
8000<br />
10000<br />
12000<br />
Abb. 9: Durchschnittlicher Energieverbrauch (= Umsatz) in Steinkohleeinheiten (SKE) pro Kopf der Bevölkerung in<br />
Abhängigkeit von der (nördlichen) geographischen Breitenlage. Auch eine Einsparung von (unrealistischen) 20 Prozent<br />
würde an der bisherigen Position Deutschland nichts wesentlich verändern. Nur anhaltend milde Winter könnten Einsparungen<br />
in dieser Größenordnung oder mehr ermöglichen (= mediterrane Verhältnisse schaffen). (Quelle: Verfasser)
literatur<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
cramer, hans-hermann (2007): ernten machen geschichte. – agroconcept, bonn.<br />
geiss, immanuel (2007): großwetterlagen mitteleuropas – klimatische und historisch-politische.<br />
– rundgespräche der Kommission für Ökologie 32: 15 - 36. bayerische akademie<br />
der wissenschaften, münchen.<br />
glaser, rüdiger (2001): Klimageschichte mitteleuropas. – wissenschaftliche buchgesellschaft<br />
darmstadt.<br />
Karl, Johann (1997): szenarien für die alpen über Folgen des globalen Klimawandels. –<br />
Jahrbuch Verein schutz der bergwelt 62: 241 – 259.<br />
pfister, christian (1990): wetter - nachhersage. – mannheimer Forum, piper Vlg., münchen.<br />
pfister, christian (1999): wetternachhersage. – bern.<br />
reichholf, Josef h. (2007 a): eine kurze naturgeschichte des letzten Jahrtausends. – s.<br />
Fischer Vlg., Frankfurt am main.<br />
reichholf, Josef h. (2007 b): stadtnatur. – oekom Vlg., münchen.<br />
reichholf, Josef h. (2008 a): stabile ungleichgewichte – die Ökologie der Zukunft. – suhrkamp,<br />
Frankfurt am main.<br />
reichholf, Josef h. (2008 b): ende der artenvielfalt? gefährdung und Vernichtung der<br />
biodiversität. – s. Fischer taschenbuch, Frankfurt am main.<br />
reichholf, Josef h. (2011 a): der tanz um das goldene Kalb. der Ökokolonialismus europas.<br />
– wagenbach Vlg., berlin.<br />
reichholf, Josef h. (2011 b): Klimahysterie. – Vontobel schriftenreihe, Zürich.<br />
schönwiese, christian (1995): Klimaänderungen. – springer Vlg., berlin.<br />
Josef h. reichholf, dr. rer. nat., geb. 1945, honorarprofessor der technischen universität<br />
münchen, lehrte 30 Jahre lang naturschutz an der tu münchen, <strong>wir</strong>kte in zahlreichen nationalen<br />
und internationalen naturschutz- und umweltorganisationen und ist autor vieler<br />
bücher über die natur und ihre Veränderungen sowie über den ursprung des menschen.<br />
Kontakt: reichholf-jh@gmx.de<br />
* Überarbeitete und gekürzte Fassung des gleichnamigen Vortrags auf der Klimatagung<br />
der sächsischen Fdp in dresden am 30. Juni 2012<br />
51
52<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. dr. bodo sturm<br />
rationale KlimaPolitiK –<br />
eine öKonomiscHe betracHtung<br />
in meinem Vortrag geht es darum, wie sinnvoll der alleingang deutschlands in der Klimapolitik<br />
aus ökonomischer sicht ist. ich werde mich heute nur auf die ökonomische<br />
perspektive konzentrieren und ganz bewusst alle anderen aspekte außen vor lassen. ich<br />
werde also tatsächlich davon ausgehen, dass <strong>wir</strong> das gesellschaftliche Ziel Klimapolitik als<br />
gegeben annehmen und ich werde hinterfragen, ob <strong>wir</strong> eigentlich das richtige tun, wenn<br />
dieses Ziel erfüllt werden soll. wie sie wissen, gibt es da einige neue informationen: seit<br />
Kurzem ist der atomausstieg quasi aktuelle politik und die zweite säule unseres klimapolitischen<br />
alleingangs ist die massive Förderung erneuerbarer energien, das erneuerbare<br />
energien gesetz (eeg). um dieses gesetz <strong>wir</strong>d es heute im großen und ganzen auch<br />
gehen. ich werde wenig sagen <strong>zu</strong>m atomausstieg.<br />
es ist schon angeklungen, der anteil deutschlands an den weltweiten treibhausgasemissionen<br />
liegt unter 3 prozent und damit wissen <strong>wir</strong> offensichtlich schon, dass <strong>wir</strong> das Klimaproblem<br />
nicht im alleingang lösen können. das ist erst einmal eine Feststellung, die auch<br />
meine Vorredner schon angemerkt haben. nun kann man natürlich sagen, <strong>wir</strong> können das<br />
Klima nicht allein retten – aber lasst uns doch trotzdem allein etwas tun. diese position<br />
ist durchaus legitim. man tut häufig dinge und schaut, die anderen machen nichts, man<br />
selber jedoch marschiert vorweg. dann <strong>wir</strong>d man sich natürlich fragen, macht so ein alleingang<br />
sinn? sinnvoll ist ein solcher alleingang offensichtlich nur, wenn die anderen<br />
irgendwann einmal hinterher kommen – erstens – und zweitens, wenn der alleingang<br />
<strong>wir</strong>klich ein „gutes“ beispiel vorgibt. <strong>wir</strong> werden <strong>noch</strong> hinterfragen, was ich mit „gut“<br />
meine. was Ökonomen damit meinen ist einfach, dass man eine rationale Klimapolitik<br />
machen sollte. also eine konsistente, d.h. widerspruchsfreie Klimapolitik. dann wäre ein<br />
alleingang sinnvoll. wenn unsere Klimapolitik jedoch nicht rational, nicht sinnvoll ist,<br />
dann kann man begründete Zweifel daran haben, dass die anderen irgendwann mal hinterher<br />
kommen werden. und nur dann macht Klimapolitik sinn. leisten <strong>wir</strong> das? das ist die<br />
Frage. mit dieser Frage werde ich mich heute beschäftigen.<br />
<strong>wir</strong> wollen also einige aspekte unseres klimapolitischen alleingangs aus ökonomischer<br />
sicht analysieren. Für Ökonomen spielen die Kosten offensichtlich die entscheidende rolle.<br />
das mag dem einen oder anderen sofort einleuchten; andere wundern sich immer wieder,<br />
warum Ökonomen so auf den Kosten rumreiten. nun, in der Klimapolitik ist es ganz<br />
besonders wichtig, auf die Kosten <strong>zu</strong> achten. gerade weil <strong>wir</strong> mit unseren emissionen das<br />
weltklima nicht oder nur sehr wenig beeinflussen können, sollten <strong>wir</strong> Klimapolitik so<br />
gestalten, dass sie möglichst günstig ist. wenn <strong>wir</strong> bereit sind, einen beitrag <strong>zu</strong> leisten,<br />
ob es sinn macht oder nicht, das werde ich aus naturwissenschaftlicher sicht heute nicht<br />
hinterfragen, sollten <strong>wir</strong> es so tun, dass <strong>wir</strong> Klimaschutz möglichst billig bekommen. das
ist der entscheidende punkt und daran sollte sich eine Klimapolitik<br />
messen lassen. diese Überlegung führt uns <strong>zu</strong> dem begriff<br />
der Kosteneffizienz, den ich hier kurz erklären möchte. Jeder von<br />
uns weiß, Klimaschutz verursacht Kosten. wenn sie mit dem auto<br />
heute nach dresden gefahren sind, haben sie überall windkraftanlagen<br />
herumstehen sehen. <strong>wir</strong> investieren massiv in photovoltaik.<br />
das kostet milliarden. das sind offensichtlich Kosten, und <strong>wir</strong><br />
müssen dafür knappe ressourcen einsetzen, arbeit und Kapital.<br />
der stahl, der in einer windkraftanlage steckt, könnte auch für<br />
brücken benutzt werden und das silizium, welches <strong>wir</strong> in unsere<br />
photovoltaik-anlagen stecken, könnte in rechnern verwendet werden<br />
usw. und so fort. also die erste erkenntnis: Klimaschutz verursacht<br />
Kosten. Zweitens: die menge der ressourcen, die <strong>wir</strong> einsetzen<br />
können, ist offensichtlich begrenzt. das merkt man daran,<br />
dass <strong>wir</strong> uns sofort viele alternative Verwendungsmöglichkeiten<br />
für diese ressourcen vorstellen könnten. die ingenieure, die sich<br />
mit windkraftanlagen oder mit der steigerung von energieeffizienz<br />
in Kraftwerken beschäftigen, könnten brücken oder autos<br />
bauen. das geld, das <strong>wir</strong> investieren, könnte man auch stärker in<br />
die sächsischen hochschulen stecken – diese bemerkung sei mir<br />
hier gestattet an der stelle. offensichtlich ist das problem, dass<br />
die menge an ressourcen begrenzt ist. und das führt uns ganz<br />
automatisch <strong>zu</strong> der erkenntnis, dass <strong>wir</strong> für jeden euro, den <strong>wir</strong><br />
investieren, fordern sollten, maximal viel Kohlendioxidemission<br />
ein<strong>zu</strong>sparen oder andersherum, <strong>wir</strong> sollten eine bestimmte co 2 -<br />
einsparung so durchführen, dass sie minimale Kosten verursacht.<br />
das ist die definition von Kosteneffizienz aus ökonomischer sicht<br />
und Ökonomen betrachten daher eine kosteneffiziente politik als<br />
rationale Klimapolitik. es ist einfach die idee: wenn man etwas<br />
haben möchte, sollte man möglichst wenig dafür ausgeben, weil<br />
man alternative Verwendungen für nicht eingesetzte mittel hat.<br />
wann liegt Kosteneffizienz vor? da gibt es eine ganz einfache<br />
regel, die ich ihnen erklären möchte. Kosteneffizienz liegt vor,<br />
wenn alle emittenten die gleichen Kosten pro vermiedene tonne<br />
co 2 haben. sie müssen sich eine Volks<strong>wir</strong>tschaft vorstellen mit<br />
verschiedenen emittenten, die treibhausgase emittieren. im Fol-<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr.<br />
Bodo Sturm<br />
Professor für Volks<strong>wir</strong>tschaftslehre<br />
und Quantitative<br />
Methoden, HTWK<br />
Leipzig<br />
„Der Anteil Deutschlands an<br />
der weltweiten Treibhausgasemission<br />
liegt unter drei<br />
Prozent. Und das Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />
(EEG) ist<br />
keine rationale Klimapolitik.<br />
Denn das EEG hat keinen<br />
Effekt auf die Energieerzeugung<br />
in Europa, also<br />
keine ökologische Wirkung,<br />
aber Kosten haben <strong>wir</strong>. Und<br />
die Subventionen müssen<br />
natürlich von jemandem<br />
bezahlt werden – von den<br />
Verbrauchern. Damit geht<br />
die gesamt<strong>wir</strong>tschaftliche<br />
nachfrage <strong>zu</strong>rück. Das<br />
zerstört Arbeitsplätze.“<br />
53
54<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. BoDo Sturm<br />
rationale KlimaPolitiK –<br />
eine öKonomiSche Betrachtung<br />
genden werde ich mich vor allen dingen natürlich auf Kohlendioxid konzentrieren. diese<br />
Kosten, die Kosten für die letzte tonne co 2 , die emittiert <strong>wir</strong>d, nennen Ökonomen grenzvermeidungskosten<br />
(gVK). genauer gesagt gilt folgende regel: Für die letzte vermiedene<br />
tonne co 2 sollten alle emittenten in einer Ökonomie den gleichen preis zahlen, sonst<br />
ist Kosteneffizienz verletzt; sonst kann man zeigen, dass das gleiche emissionsziel <strong>zu</strong> geringeren<br />
Kosten erreicht werden könnte. Zum beispiel können <strong>wir</strong> uns zwei Kraftwerke<br />
vorstellen. das erste hat höhere Kosten hat als das zweite. ein unterschied in den gVK<br />
kann existieren, weil ein Kraftwerk möglicherweise eine höhere energieeffizienz hat. in<br />
diesem Fall kann man die Kosten von Klimaschutz reduzieren, wenn man die emissionsvermeidung<br />
umverteilt zwischen beiden emittenten. hier in diesem beispiel, die gVK von<br />
1 sind höher als die gVK von 2, könnte man also die Kosten vom Klimaschutz reduzieren,<br />
wenn emittent 1 eine mengeneinheit, eine tonne, eine million tonnen, wie sie wollen,<br />
weniger vermeidet und emittent 2 eine mengeneinheit mehr. beachten sie bitte, dass die<br />
gesamtmenge an emissionen dann konstant bleibt. der eine emittiert mehr, der andere<br />
weniger. der Ökologe kann sich also ganz entspannt <strong>zu</strong>rücklehnen, weil das emissionsziel<br />
unverändert bleibt – die Kosten aber geringer sind. <strong>wir</strong> haben geld eingespart und dieses<br />
geld können <strong>wir</strong> alternativ verwenden. wie lange ist so eine Kostensenkung möglich?<br />
ganz einfach, irgendwann werden auch hier im Fall des zweiten emittenten die grenzvermeidungskosten<br />
steigen. wenn sie <strong>zu</strong>m beispiel emissionsvermeidung betreiben durch<br />
energieeffizienzerhöhung, dann <strong>wir</strong>d es irgendwann teuer. der <strong>wir</strong>kungsgrad eines Kraftwerks<br />
kann nicht beliebig gesteigert werden, nur <strong>zu</strong> überproportional hohen Kosten und<br />
irgendwann werden auch beim zweiten emittenten die gVK steigen. wenn alle emittenten<br />
in einer Ökonomie die gleichen die grenzvermeidungskosten haben, dann ist keine Kostensenkung<br />
mehr möglich. dann haben <strong>wir</strong> Kosteneffizienz erreicht.<br />
Jetzt möchte ich zeigen, dass die Klimapolitik, die <strong>wir</strong> im moment in deutschland betreiben<br />
kein gutes beispiel darstellt, weil sie eben die Kosteneffizienz verletzt. ich werde also im Folgenden<br />
prüfen, ob das eeg, dass erneuerbare-energien-gesetz, unsere anforderungen an rationale<br />
Klimaschutzpolitik erfüllt. wie man leicht zeigen kann, ist das nicht der Fall. danach<br />
werde ich <strong>zu</strong> einer alternative kommen, das ist der emissionshandel. hier kann man zeigen,<br />
dass Kosteneffizienz erfüllt ist. dann weiß man: mit einem kosteneffizientem emissionshandel<br />
haben <strong>wir</strong> ein instrument der ersten wahl, wenn <strong>wir</strong> Klimaschutz betreiben wollen.<br />
eine wichtige anmerkung gleich vorweg: erstens, die ökologische <strong>wir</strong>kung des eeg ist<br />
praktisch gleich null. warum ist das so? nun, stellen sie sich vor: man produziert strom<br />
mit erneuerbaren energien, <strong>zu</strong>m beispiel mit windkraftanlagen. dieser strom <strong>wir</strong>d in<br />
das netz eingespeist, <strong>wir</strong> brauchen also jetzt weniger strom aus fossilen energieträgern.
Führt das jetzt da<strong>zu</strong>, dass co 2 emissionen eingespart werden? nein, nicht. das Kraftwerk,<br />
das bisher strom produziert hat, muss jetzt weniger output liefern, produziert weniger<br />
strom. aber der emissionshandel setzt eben eine grenze auf die co 2 -Zertifikate-menge.<br />
das Kraftwerk benötigt jetzt einfach weniger von diesen Zertifikaten und diese Zertifikate<br />
können auf dem markt verkauft werden <strong>zu</strong> einem positiven preis. mit anderen worten, es<br />
kommt nur <strong>zu</strong> einer zeitlichen oder räumlichen umverteilung der emissionen und nicht<br />
<strong>zu</strong> einer tatsächlichen Vermeidung von co 2 -emissionen. ich werde später <strong>noch</strong> etwas<br />
genauer auf diesen emissionshandel <strong>zu</strong> sprechen kommen. bei diesem handel <strong>wir</strong>d also<br />
die co 2 -menge durch das „cap“, die gesamtmenge an emissionen in europa, bestimmt<br />
und das recht, diese emissionen <strong>zu</strong> emittieren, <strong>wir</strong>d dann an die emittenten verteilt. die<br />
emissionsrechte sind handelbar und dieser handel sorgt dafür, dass eben es nur <strong>zu</strong> einer<br />
räumlichen umverteilung von emissionen kommt. Jetzt könnte man behaupten, das eeg<br />
hat also keinerlei effekte auf die Klimapolitik, das stimmt aber so nicht.<br />
Jetzt gibt es studien, die zeigen, wie stark dieser effekt sein kann. das hier ist eine studie<br />
von boehringer und rosenthal, eine simulationsstudie, die sich speziell auf den deutschen<br />
elektrizitätsmarkt bezieht. sie sehen folgendes: auf der X-achse haben sie den anteil grüner<br />
strom, der eingespeist <strong>wir</strong>d in das netz in deutschland, und auf der y-achse nach<br />
unten haben sie den preisrückgang für<br />
co 2 . was passiert, wenn massiv erneuerbare-energien-strom<br />
eingespeist <strong>wir</strong>d?<br />
die braunkohlekraftwerke, <strong>zu</strong>m beispiel<br />
lippendorf, südlich von leipzig, die können<br />
ihre leistung ein wenig drosseln, im<br />
durchschnitt wohlgemerkt, und werden<br />
dann weniger co 2 -Zertifikate benötigen.<br />
diese werden auf den markt geworfen, die<br />
menge an diesen Zertifikaten ist bis 2020<br />
fixiert. <strong>wir</strong> haben also einen rückgang der<br />
nachfrage nach diesen Zertifikaten, was<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Das EEG hat keine Mengeneffekte,<br />
die Emissionen bleiben die gleichen,<br />
aber es gibt einen Preiseffekt.<br />
Einen Preiseffekt gibt es, weil<br />
offensichtlich die Nachfrage nach<br />
Zertifikaten <strong>zu</strong>rückgeht, wenn <strong>wir</strong><br />
stärker Erneuerbaren-Energien-<br />
Strom einspeisen.<br />
<strong>zu</strong> einer preissenkung führt. sie sehen: der preisrückgang für co 2 kommt auch aus diesen<br />
modellen heraus und ist eine ganz wichtige ursache dafür, warum <strong>wir</strong> im moment den<br />
co 2 -handel haben, <strong>wir</strong> es in europa mit einem sehr niedrigen preis für diese Zertifikate.<br />
diese preissenkung freut im Übrigen die betreiber von Kohlekraftwerken, denn sie müssen<br />
weniger geld für den Kauf von Zertifikaten ausgeben bzw. können mehr Zertifikate<br />
einsetzen, um Kohle <strong>zu</strong> verstromen.<br />
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56<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Prof. Dr. BoDo Sturm<br />
rationale KlimaPolitiK –<br />
eine öKonomiSche Betrachtung<br />
Jetzt <strong>wir</strong>d häufig argumentiert, <strong>wir</strong> könnten doch das entsprechend cap absenken. <strong>wir</strong><br />
fördern also erneuerbaren-energien-strom, dahinter steckt eine gewisse co 2 -einsparung,<br />
lasst uns doch das cap entsprechend absenken für den emissionshandel und dann hat das<br />
eeg den<strong>noch</strong> eine <strong>wir</strong>kung auf die emission. das problem ist, dass die leute, die das behaupten,<br />
den Vorteil des emissionshandels leider nicht verstanden haben. der Vorteil des<br />
emissionshandel besteht nämlich genau daran, dass die einzelnen dezentralen akteure,<br />
Kraftwerke, Zementfabriken, chemische anlagen, alle anlagen, die im emissionshandel<br />
eingeschlossen sind, eigenverantwortlich entscheiden können, wo sie Vermeidung betreiben,<br />
wie viel und mit welcher technik. nur das sichert letztendlich die Kosteneffizienz; sobald<br />
der soziale planer eingreift und sagt, du musst jetzt vermeiden und du brauchst nicht<br />
vermeiden, führt das üblicherweise da<strong>zu</strong>, dass die Kosteneffizienz verletzt <strong>wir</strong>d. wenn die<br />
technik vorgeschrieben <strong>wir</strong>d, geht also üblicherweise die Kosteneffizienz verloren, einfach<br />
weil der soziale planer nicht weiß, wer denn der emittent mit den niedrigen grenzvermeidungskosten<br />
ist. das ist das problem an der stelle und dem planer fehlt die information über<br />
die kostengünstigsten Vermeidungsoptionen. also das argument ist tatsächlich keine Kritik<br />
an dem von mir <strong>zu</strong>vor geäußerten punkt, dass das eeg keinerlei Klimaschutz<strong>wir</strong>kung hat.<br />
<strong>wir</strong> haben keine Klimaschutz<strong>wir</strong>kung, also keine ökologische <strong>wir</strong>kung, aber Kosten haben
<strong>wir</strong> offensichtlich. Jeder, der mal auf seine stromrechnung schaut und die vergleicht mit<br />
den Jahren <strong>zu</strong>vor, sieht, dass er tatsächlich reale Kosten durch das eeg hat und auch das<br />
kann man mit der studie von boehringer und rosendahl ganz gut zeigen. die X-achse ist<br />
in dieser abbildung die gleiche, der anteil grüner strom in prozent, und auf der y-achse<br />
haben <strong>wir</strong> jetzt die Zusatzkosten in prozent. denken sie daran, das eeg hat keinen effekt<br />
auf das cap, also auf die co 2 -emission der stromerzeugung in europa. aber <strong>wir</strong> haben<br />
natürlich Kosten, Kosten dadurch, dass <strong>wir</strong> die eeg-umlage haben. <strong>wir</strong> haben Kosten dadurch,<br />
dass <strong>wir</strong> stahl und beton aufwenden müssen, um entsprechend windkraftanlagen<br />
<strong>zu</strong> bauen. sie sehen, es gibt diesen ansteigenden Zusammenhang zwischen den anteil<br />
grüner strom, den sie einspeisen ins netz, und den Zusatzkosten in prozent des energiesystems<br />
bei ökologischer bei neutralität bezüglich des co 2 -Zieles.<br />
und das führt eben da<strong>zu</strong>, dass die co 2 -preise in europa mittlerweile sehr niedrig sind. sie<br />
liegen im moment bei etwa 7 A die tonne co 2 . man kann einwenden, die co 2 -preise sind<br />
nicht nur deshalb niedrig, weil die deutschen massiv eeg-strom einspeisen, sondern auch,<br />
weil <strong>wir</strong> in bestimmten ländern der<br />
eurozone eine rezession haben. das<br />
stimmt. wenn die <strong>wir</strong>tschaftliche<br />
aktivität <strong>zu</strong>rückgeht, <strong>wir</strong>d weniger<br />
strom gebraucht, wenn weniger<br />
strom gebraucht <strong>wir</strong>d, werden auch<br />
weniger Zertifikate benötigt, dann<br />
geht die nachfrage <strong>zu</strong>rück und bei<br />
konstantem angebot führt das <strong>zu</strong><br />
einer preissenkung. den<strong>noch</strong> bleibt<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Das EEG trägt <strong>zu</strong>r CO 2 -Preissenkung<br />
bei und das hat aus volks<strong>wir</strong>tschaftlicher<br />
Sicht eine massive Verzerrung <strong>zu</strong>r Folge,<br />
denn Vermeidungsaktivitäten finden bei<br />
der fossilen Energiegewinnung praktisch<br />
nicht mehr statt.<br />
unser argument richtig. die braunkohlemanager, die freuen sich natürlich eigentlich darüber,<br />
dass so viel eeg-strom eingespart <strong>wir</strong>d. es gibt natürlich auch dinge, über die sie sich<br />
nicht freuen, einfach weil die Volatilität des eeg-stromes, der eingespeist <strong>wir</strong>d, sehr hoch<br />
ist. aber der niedrige co 2 -preis, der gefällt den leuten von der braunkohleindustrie natürlich.<br />
einfach, weil sich nicht darum kümmern müssen, ob sie Zertifikate haben oder nicht.<br />
das ist aktuell etwas anderes, als wenn der co 2 -preis 40 A oder 50 A wäre. dann würde<br />
braunkohle tatsächlich ein problem bekommen. mit anderen worten: das ege beeinträchtigt<br />
das preissignal des emissionshandels. wenn <strong>wir</strong> davon ausgehen, dass <strong>wir</strong> tatsächlich<br />
etwas für das Klima tun wollen, <strong>wir</strong>d das falsche signal gegeben. denn es <strong>wir</strong>d im moment<br />
das signal gegeben für die braunkohleerzeuger: ihr müsst euch eigentlich nicht kümmern.<br />
co 2 ist billig, verbrennt Kohle, emittiert co 2 ; und das ist, wenn <strong>wir</strong> etwas für das Klima tun<br />
wollen, definitiv das falsche signal. was <strong>wir</strong> tun sollten anstelle dessen, ist langfristig eine<br />
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58<br />
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Prof. Dr. BoDo Sturm<br />
rationale KlimaPolitiK –<br />
eine öKonomiSche Betrachtung<br />
positive Knappheit <strong>zu</strong> signalisieren. das soll also heißen, wenn man heute Kraftwerke baut,<br />
sollte man antizipieren, in 30 Jahren <strong>wir</strong>d es tatsächlich einen relativ hohen preis für Zertifikate<br />
geben. boehringer und rosenthal haben das ganz griffig formuliert mit dem titel ihres<br />
papiers „green serves the dirtiest“. die einspeisung von grünen strom in das netz, wem<br />
nützt das? nun, den schmutzigen, co 2 -intensiven technologien: braun- und steinkohle.<br />
ich bin dabei, über das eeg <strong>zu</strong> reden und es gibt natürlich <strong>noch</strong> weitere effekte dieses gesetzes.<br />
es gibt die steigenden energiekosten, offensichtlich, weil einfach die generierung<br />
von strom mit erneuerbaren energien, insbesondere der photovoltaik, aber auch windkraft<br />
immer <strong>noch</strong> sehr teuer ist. steigende netzentgelte, einfach weil <strong>wir</strong> eine sehr hohe<br />
Fluktuation der einspeisung von eeg-strom haben. <strong>wir</strong> haben auch das problem, dass<br />
das eeg null bis negative nettoarbeitsplatzeffekte in deutschland bringt. wohlgemerkt<br />
nettoarbeitsplätze. wenn sie studien des bmu lesen, <strong>wir</strong>d ihnen auffallen, das dort üblicherweise<br />
von positiven arbeitsplatzeffekten die rede ist. das liegt die daran, dass beim<br />
bmu gerne bruttoarbeitsplatzeffekte ausgewiesen werden. wenn sie gegenrechnen, dass<br />
die subventionen natürlich von irgendjemand bezahlt werden muss, üblicherweise von<br />
den Verbrauchern, dort geht die gesamt<strong>wir</strong>tschaftliche nachfrage <strong>zu</strong>rück und das zerstört<br />
arbeitsplätze, wenn sie das wieder gegenrechnen, dann sind die effekte null bis negativ,<br />
was keinen Ökonomen überraschen sollte. und schließlich haben <strong>wir</strong> eine <strong>zu</strong>nehmende<br />
subventionierung von importen durch das eeg, stichwort chinesische photovoltaik-module.<br />
<strong>wir</strong> haben also nur einen ökonomischen scheingewinn. es gibt keine co 2 -reduktion<br />
durch das eeg und eine massive ressourcenvernichtung, einfach weil <strong>wir</strong> dinge bauen,<br />
die unserem Ziel nicht dienen.<br />
diese argumentation, die ich jetzt vorgestellt habe, gilt nun aber für alle maßnahmen,<br />
die Vermeidung in vom emissionshandel betroffenen sektoren anstreben. was meine ich<br />
damit? ich meine damit z. b. das Verbot von nachtspeicheröfen. wenn man nachtspeicheröfen<br />
verbietet, dann gibt es sogar eine perverse <strong>wir</strong>kung, dann die leute brauchen<br />
natürlich nach wie vor eine hei<strong>zu</strong>ng im haus. was baut man sich üblicherweise für eine<br />
hei<strong>zu</strong>ng ins haus ein – eine gas- oder Ölhei<strong>zu</strong>ng. gas- oder Ölhei<strong>zu</strong>ngen unterliegen aber<br />
leider nicht dem co 2 -handel, während nachtspeicheröfen mit strom betrieben wurden,<br />
die stromerzeugung unterliegt dem co 2 -handel. sie haben dann die perverse <strong>wir</strong>kung,<br />
dass das Verbot von nachtspeicheröfen sogar die co 2 -emissionen ansteigen lassen. das<br />
glühlampenverbot ist schon angeklungen. wenn <strong>wir</strong> alle in leipzig oder in dresden mal<br />
eine stunde lang das licht ausmachen, dann ändern sich einfach die co 2 -emissionen nicht.<br />
das hätte, wenn überhaupt, einen kleinen effekt auf den preis für co 2 -rechte. ein Verbot<br />
von standby-geräten ist ebenfalls hochgradig sinnlos, einfach weil es dort wieder nur um
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
die stromnachfrage geht und auch diese eben teil des emissionshandels ist und wiederum<br />
keine effekte auf die co 2 -emissionen hat. das gleiche betrifft energieeffizienzzertifikate,<br />
wenn es darum geht, tatsächlich die leute <strong>zu</strong> zwingen, dass sie ihre energieeffizienz erhöhen.<br />
das motiv des Klimaschutzes scheidet hier aus, solange <strong>wir</strong> den emissionshandel<br />
haben. und schließlich gibt es, das möchte ich nicht verschweigen, weitere wichtige argumente,<br />
die immer wieder vorgebracht werden, wenn sie die literatur verfolgen oder auch<br />
die presse. es handelt sich um innovationsförderung und lernkurven.<br />
es <strong>wir</strong>d immer wieder behauptet, <strong>wir</strong> brauchen das eeg, weil <strong>wir</strong> diese technologien<br />
fördern wollen. an dieser argumentation kann durchaus etwas dran sein, sogar der sachverständigenrat<br />
<strong>zu</strong>r begutachtung der gesamt<strong>wir</strong>tschaftlichen entwicklung widmet diesem<br />
thema eine gewissen raum, einfach weil <strong>wir</strong> nicht wissen, welche technologien <strong>wir</strong><br />
in 2050 brauchen werden. das problem ist aber hier, es werden nun gerade nicht neue<br />
technologien durch das eeg gefördert, sondern die bestehenden. nur die technologien,<br />
die im gesetz stehen werden gefördert und innovation hat offensichtlich etwas mit dem<br />
hervorbringen von neuem <strong>zu</strong> tun, das <strong>wir</strong>d nun gerade durch das eeg nicht gefördert.<br />
dann schließlich das lernkurvenargument, also wenn sie ihre produktion erhöhen, dass<br />
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eine öKonomiSche Betrachtung<br />
dann die durchschnittlichen Kosten sinken. das lernkurvenargument ist ein argument,<br />
dass man durchaus ins Feld führen kann, nur es gilt für jede technologie. auch als nähmaschinen<br />
eingeführt wurden, gab es lernkurven. und das können sie auf jede andere<br />
technologie anwenden und es ist offensichtlich, das argument sollte symmetrisch angewendet<br />
werden. Zu fordern ist also eine strikte technologieneutralität. es ist einfach nicht<br />
korrekt, dieses argument, was grundsätzlich nicht falsch ist, selektiv auf technologien an<strong>zu</strong>wenden,<br />
weil sie dann einfach diskriminieren und wieder andere technologien außen<br />
vor bleiben, wo lernkurven entsprechend auch vor<strong>zu</strong>finden sind.<br />
das ist also meine grundsätzliche Kritik am eeg. und diese eeg-Kritik hat offensichtlich<br />
etwas mit dem emissionshandel <strong>zu</strong> tun. ich möchte daher am ende meines Vortrages ihnen<br />
den referenzpunkt guter Klimapolitik darstellen, das ist eben der emissionshandel.<br />
<strong>wir</strong> haben <strong>zu</strong>m beispiel zwei Kraftwerke. Kraftwerk 1 hat Vermeidungskosten von 10 A<br />
pro tonne co 2 . stellen sie sich vor,<br />
Der Emissionshandel ist ein Instrument,<br />
bei dem angestrebte CO 2 -Vermeidung<br />
sicher und kosteneffizient erreicht<br />
werden kann.<br />
das ist ein altes Kraftwerk mit einer<br />
relativ geringen energieeffizienz, mit<br />
einem geringen <strong>wir</strong>kungsgrad. dann<br />
haben <strong>wir</strong> Kraftwerk 2, hier ist Vermeidung<br />
sehr teuer, 50 A pro tonne<br />
co 2 . es könnte ein Kraftwerk sein<br />
mit einem hohen <strong>wir</strong>kungsgrad und<br />
es <strong>wir</strong>d einfach sehr teuer, wenn sie dort weitere Vermeidung betreiben. <strong>wir</strong> haben also<br />
zwei Kraftwerke und <strong>wir</strong> gehen davon aus, beide Kraftwerke emittieren 1.000 tonnen co 2<br />
und die bundesregierung beschließt nun, dass beide 10 prozent vermeiden sollen. beide<br />
sollen also 100 tonnen weniger emittieren. insgesamt sollen 1.800 tonnen emittiert werden.<br />
wenn <strong>wir</strong> das jetzt einfach mal durchsetzen, Kraftwerk 2 und Kraftwerk 1 müssen<br />
jeweils 100 tonnen vermeiden, dann sind die Kosten offensichtlich ohne handel 6.000 A<br />
und der emissionshandel führt nun gerade da<strong>zu</strong>, dass <strong>wir</strong> diese Kosten deutlich verringern<br />
können. diese einsparung liegt daran, dass sich die gVK, die 50 A und die 10 A eben unterscheiden.<br />
und der deal wäre nun folgender: Kraftwerk 2, der emittent mit den hohen<br />
Kosten, macht folgenden Vorschlag: Kraftwerk 1 übernimmt meine 100 tonnen. das <strong>wir</strong>d<br />
er nicht freiwillig tun – ich zahle ihm dafür 2.000 A. macht das sinn aus sicht von Kraftwerk<br />
2? Ja, der hätte sonst 5.000 A Kosten. und macht die annahme des angebots sinn?<br />
Ja, das macht sinn, weil Kraftwerk 1 hat für die nächsten 100 tonnen Kosten von 1.000 A,<br />
wenn die gVK nicht <strong>zu</strong> stark ansteigen und es wurde dabei einen gewinn machen. beide<br />
machen einen gewinn, es lohnt sich also für beide seiten, diesen handel ein<strong>zu</strong>gehen und<br />
das interessante ist, dass nach wie vor 200 tonnen eingespart werden. also kein Ökologe
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
sollte damit ein problem haben, wenn <strong>wir</strong> uns vorab auf das im emissionsziel geeinigt<br />
haben, reduziert der emissionshandel Kosten, und zwar hier von 6.000 A auf 2.000 A. der<br />
emissionshandel macht also solche deals möglich. die eu-Kommission legt fest, welche<br />
sektoren dem handel unterliegen, in deutschland sind das ungefähr 1.850 unternehmen,<br />
der emissionshandel deckt in deutschland ungefähr 60 prozent der emissionen ab. allerdings<br />
sind wichtige sektoren nicht inbegriffen, die wärmeproduktion von haushalten,<br />
Kleinemittenten und der transportsektor sind nicht mit dabei. dann <strong>wir</strong>d das so genannte<br />
cap, die obergrenze der emissionen, festgelegt. Für deutschland sind das ungefähr 475<br />
millionen tonnen co 2 pro Jahr. und dieses recht, 475 millionen tonnen pro Jahr <strong>zu</strong> emittieren,<br />
<strong>wir</strong>d dann zerstückelt in rechte pro tonne und an die emittenten verteilt.<br />
Jeder bekommt also das recht <strong>zu</strong> emittieren und diese rechte kann man handeln und<br />
dann <strong>wir</strong>d der deal zwischen Kraftwerke 1 und 2 ganz einfach. sie treffen sich nämlich<br />
einfach auf der börse, z. b. in leipzig, und können diese Zertifikate handeln. beide haben<br />
das recht für 900 A die tonne co 2 <strong>zu</strong> emittieren, 1 vermeidet jetzt 200 tonnen, vermeidet<br />
also 100 tonnen mehr und emittiert nur <strong>noch</strong> 800, vorher waren es 1.000 und 2 darf weiter<br />
1.000 tonnen emittieren, weil es 100 tonnen von 1 hin<strong>zu</strong>kauft. in der summe sind die<br />
emissionen unverändert, 1.800 tonnen, aber die Kosten sind geringer. Jetzt ist die Frage,<br />
wie lange lohnt sich der handel und <strong>wir</strong> kommen <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong> beginn meines Vortrages. der<br />
handel lohnt sich so lange, wie sich die gVK dieser beiden emittenten angeglichen haben.<br />
dann haben <strong>wir</strong> Kosteneffizienz erreicht. damit kann man ganz einfach zeigen, dass der<br />
emissionshandel, wenn er ein wettbewerbsmarkt ist, Kosteneffizienz sichert.<br />
der emissionshandel realisiert also sein Ziel sicher, die emissionsmenge <strong>wir</strong>d begrenzt<br />
und Kosteneffizienz <strong>wir</strong>d erreicht. deswegen sind die Ökonomen so glücklich mit diesem<br />
instrument, wenn man Klimaschutz betreiben möchte. und es schafft eben auch, das ist<br />
ein wichtiger punkt, über die Zeitachse die richtigen dynamischen anreize, denn es lohnt<br />
sich, co 2 -sparende technik <strong>zu</strong> entwickeln, die möglichst kostengünstig ist. warum? wenn<br />
sie günstiger co 2 vermeiden können und sie haben rechte, können sie die überflüssigen<br />
rechte verkaufen. wenn sie keine haben, müssen sie weniger hin<strong>zu</strong>kaufen. es gibt also<br />
starke ökonomische interessen, sich gedanken <strong>zu</strong> machen, wie man co 2 einsparen möchte,<br />
wenn man den emissionshandel hat. wenn <strong>wir</strong> uns alle allein auf den emissionshandel<br />
verlassen und das eeg letztendlich abschaffen, und das <strong>wir</strong>d die schlussfolgerung meines<br />
Vortrags sein, würden <strong>wir</strong> einen völlig anderen energiemix haben als <strong>wir</strong> ihn heute haben.<br />
man kann nämlich zeigen, dass sich die gVK eben sehr stark unterscheiden, von rechts nach<br />
links in der abbildung. hier liegt photovoltaik bei etwa 500 A die eingesparte tonne co 2 .<br />
Für windkraft gibt es Zahlen, die liegen etwas niedriger, um die 100 A. die gVK im<br />
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eine öKonomiSche Betrachtung<br />
emissionshandel liegen bei 8 A die tonne co 2 . <strong>wir</strong> wissen, dass die gVK aller emittenten<br />
im emissionshandel gleich sind, weil ich gezeigt hatte, dass der handel genau <strong>zu</strong>m angleichen<br />
der gVK führt. schließlich sehen <strong>wir</strong> auch, dass <strong>wir</strong> im ausland mit cdm, dem<br />
clean development mechanism, über eine möglichkeit verfügen, in entwicklungsländern<br />
co 2 -Vermeidung <strong>zu</strong> betreiben. wenn man diese einsparungen tatsächlich glaubwürdig<br />
zertifizieren kann, dann kann man im ausland relativ günstig emissionsvermeidung betreiben.<br />
Vermeidung über eeg-technologien ist also deutlich teurer als die alternativen,<br />
Vermeidung im emissionshandel und über cdm.<br />
ich möchte mit einem Vorschlag schließen, der einige Forderungen mit einschließt, die<br />
ich heute nicht wegen der Zeitrestriktionen aufgreifen konnte. was sollte man tun? man<br />
sollte die deutsche und eu-Klimapolitik in eine rationale politik umwandeln. dies impliziert<br />
die abschaffung des eeg und aller anderen ordnungsrechtlichen politiken (stichwort<br />
energieeffizienzrichtlinie), die ist heute schon jetzt erwähnt worden im einleitenden<br />
Vortrag von herrn Krahmer. wenn man trotzdem eeg-Förderung betreiben möchte – ich<br />
möchte <strong>noch</strong> mal betonen, <strong>wir</strong> wissen nicht, was 2050 ist, möglicherweise hat es einen<br />
gewissen wert für die gesellschaft, unterschiedliche optionen der energieerzeugung <strong>zu</strong><br />
haben – sollte man eher ein Quotensystem – wie vom sachverständigenrat <strong>zu</strong>r begutachtung<br />
der gesamt<strong>wir</strong>tschaftlichen entwicklung vorgeschlagen – einführen. man sollte also<br />
eine grüne Quote einführen, eine Quote in dem sinne, dass energieversorger einen bestimmten<br />
prozentsatz ihres produzierten stroms co 2 -neutral bereitstellen müssen. co 2 -<br />
neutral heißt, dass <strong>wir</strong> dann alle erneuerbaren in einen topf werfen und die günstigsten<br />
auswählen können. das würde sofort das aus für die photovoltaik-stromproduktion in<br />
deutschland bedeuten und es würde bedeuten, dass <strong>wir</strong> die günstigsten erneuerbaren damit<br />
fördern, stichwort biomasse, stichwort wind, aber eben für photovoltaik wäre das in<br />
deutschland sicherlich das aus. dies hätte den Vorteil, dass <strong>wir</strong> dann die günstigsten co 2 -<br />
freien technologie erhalten und uns quasi eine gewisse option erhalten für die Zukunft<br />
tatsächlich nicht nur mit co 2 , mit fossilen energieträgern, und mit Kernkraft <strong>zu</strong> arbeiten.<br />
schließlich als flankierende maßnahme Forschungspolitik mit dem Ziel, insbesondere<br />
grundlagenforschung <strong>zu</strong>r energietechnik ergebnisoffen <strong>zu</strong> fördern. stichwort energiespeicher.<br />
es ist ein massives problem, dass das eeg uns quasi im moment mittel bindet,<br />
um in energiespeicher <strong>zu</strong> investieren. <strong>wir</strong> brauchen diese energiespeicher so dringend,<br />
weil <strong>wir</strong> diese hohe Volatilität bei der eeg-stromeinspeisung haben. Zweitens: erweiterung<br />
des emissionshandels auf alle sektoren der Ökonomie und ganz wichtig für die Kraftwerksbranche:<br />
langfristige Festlegung des cap. es darf nicht nur bis 2020 gehen. wenn<br />
man Klimaschutz ernsthaft betreiben möchte, muss das cap langfristig binden. wenn sie<br />
heute ein Kraftwerk bauen, müssen sie wissen, was im Jahre 2030 für eine Knappheit an
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
co 2 herrscht. ansonsten halten sie die investition <strong>zu</strong>rück, sie investieren nicht und das<br />
hat wiederum negative effekte auch für die stromproduktion und für die netzstabilität<br />
insgesamt. schließlich ein letzter punkt. es <strong>wir</strong>d, da ist sich die überwiegende mehrheit<br />
der Ökonomen einig, wenn <strong>wir</strong> überhaupt keine Klimaschutzpolitik betreiben, sehr teuer<br />
in der Zukunft; <strong>zu</strong> einem Zeitpunkt, wo <strong>wir</strong> alle nicht mehr auf der welt sein werden,<br />
2050-2100. deswegen ist es die Forderung der Ökonomen, nach wie vor <strong>zu</strong> versuchen, eine<br />
globale Klimapolitik mit bindenden emissionsgrenzen <strong>zu</strong> erreichen. ich betone „globale“<br />
Klimapolitik. wenn man nicht in der lage ist, eine globale Klimapolitik <strong>zu</strong> erreichen,<br />
dann sollte man keine einseitige politik betreiben und sich auf anpassungsmaßnahmen<br />
konzentrieren. wie kann man das machen? man könnte es versuchen durch seitenzahlung<br />
der europäische union an länder, die heute <strong>noch</strong> nicht im Klimaschutz kooperieren und<br />
durch nut<strong>zu</strong>ng des instruments der ersten wahl, welches ich heute erläutert habe, der<br />
emissionshandel.<br />
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64<br />
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dr. benny Peiser<br />
abstieg in die Zweite liga?<br />
die Krise der euroPäiscHen Klima- und energiePolitiK<br />
Zunächst einmal vielen dank für die einladung an die Fdp in sachsen und die liberalen<br />
im europaparlament. ich glaube, das ist eine ausgesprochen wichtige Veranstaltung. ich<br />
hoffe, dass es nicht dabei bleibt. ich hoffe, dass sich die kritische Klimadebatte doch etwas<br />
etabliert in deutschland, dass es kein tabu mehr ist, darüber offen und kontrovers <strong>zu</strong><br />
diskutieren.<br />
ich bin der direktor der global warming policy Foundation, ein unabhängiger think tank,<br />
der in london seinen sitz hat. ich werde ein bisschen über unsere erfahrungen in großbritannien<br />
sprechen und über den meinungsumschwung in der britschen Öffentlichkeit und<br />
über die potenziellen erfolgschancen, dass die debatte <strong>zu</strong>m thema Klima- und energiepolitik<br />
in Zukunft etwas rationaler aussehen <strong>wir</strong>d als in den vergangenen 10 bis 15 Jahren.<br />
bei der Klimadebatte geht es nicht so sehr darum, wer recht und wer unrecht hat. das<br />
werden <strong>wir</strong> wahrscheinlich erst in 20 bis 30 Jahren wissen. es geht vielmehr darum, dass<br />
offen und ehrlich und kontrovers darüber diskutiert werden kann, denn nur so werden <strong>wir</strong><br />
Fortschritte erzielen, nur so werden <strong>wir</strong> langfristig erkennen können, welche argumente<br />
sich als vernünftig und welche sich als unvernünftig erweisen.<br />
bevor ich darauf <strong>zu</strong> sprechen komme, möchte ich ganz kurz auf den vorherigen beitrag<br />
eingehen. <strong>wir</strong> beschäftigen uns sehr intensiv mit den <strong>wir</strong>tschaftlichen Fragen der Klimapolitik.<br />
die zentrale Frage, die die meisten Ökonomen meines erachtens übersehen,<br />
ist folgende Frage: wenn man akzeptiert, dass es einen menschlichen einfluss auf den<br />
Klimawandel gibt, wenn man das akzeptiert, dann ist überhaupt nicht klar, warum der<br />
emissionshandel besser sein sollte als adaption an den Klimawandel.<br />
man muss also <strong>zu</strong>erst einmal kalkulieren, was die Kosten des Klimawandels langfristig<br />
betragen werden. man muss sich überhaupt erst mal darüber im Klaren werden, dass eine<br />
moderate erwärmung überhaupt keine Kosten hat, global gesehen, sondern große Vorteile.<br />
in der umweltökonomie gibt es genügend untersuchungen, die aufzeigen, dass bis <strong>zu</strong> einer<br />
globalen erwärmung von ungefähr zwei grad die bilanz insgesamt positiv ist. Jeder eingriff<br />
in diese positive erwärmung würde uns eigentlich eher kosten.<br />
Freilich werden diese zentralen <strong>wir</strong>tschaftlichen und politischen Fragen heute gar nicht<br />
gestellt. und deswegen ist es so wichtig, solche Veranstaltungen <strong>zu</strong> haben und diese Fragen<br />
an<strong>zu</strong>sprechen und auf<strong>zu</strong>werfen, als <strong>zu</strong> wissen, was die lösungen sind. aber lassen<br />
sie mich auf unsere erfahrungen in großbritannien <strong>zu</strong>rückkommen. <strong>wir</strong> hatten genau<br />
dasselbe problem wie in deutschland in den letzten 10 bis 15 Jahren. es gab gar keine
debatte. die debatte war tabu und jeder, der es auch nur wagte,<br />
Zweifel <strong>zu</strong> hegen oder Fragen <strong>zu</strong> stellen, wurde natürlich mit den<br />
gleichen mitteln attackiert, wie das eben auch hier in deutschland<br />
leider üblich ist.<br />
Zum glück gibt es in großbritannien eine Kultur der Kontroversen,<br />
man hat nicht so eine große angst, kontroverse debatten <strong>zu</strong><br />
führen, es gibt einfach eine geschichtliche tradition, wo das eben<br />
nicht ganz so tabuisiert ist. in deutschland scheint man ein bisschen<br />
mehr angst <strong>zu</strong> haben, gegen den Konsensus <strong>zu</strong> schwimmen.<br />
allerdings gab es auch in großbritannien einen all-parteien Konsens.<br />
und nur durch ein paar sehr mutige politiker ist es gelungen,<br />
die global warming policy Foundation <strong>zu</strong> gründen. der Vorsitzende<br />
dieser Foundation ist lord lawson, der frühere schatzkanzler<br />
unter margaret thatcher. Zudem haben <strong>wir</strong> eine ganze reihe von<br />
sehr eminenten, meistens nicht mehr im amt befindlichen parlamentariern<br />
des britischen oserhauses.<br />
wenn sie möchten, dass leute offen <strong>zu</strong> ihnen sprechen, reden sie<br />
mit pensionären, denn solange sie im amt sind, werden sie keine<br />
offene, sondern eine politisch korrekte antwort erhalten. das<br />
ganze fing eigentlich damit an, dass das oberhaus das Komitee,<br />
das sich mit <strong>wir</strong>tschaftsfragen und <strong>wir</strong>tschaftspolitik beschäftigt,<br />
im Jahre 2005 eine untersuchung <strong>zu</strong> den <strong>wir</strong>tschaftlichen Fragen<br />
des Klimawandels durchführte. dabei stellte sich heraus, dass es<br />
eben doch sehr viele offene Fragen gibt, dass es nicht klar ist, welche<br />
politischen lösungsvorschläge oder <strong>wir</strong>tschaftlichen lösungsvorschläge<br />
die effektivsten oder effizientesten sind.<br />
es stellte sich <strong>noch</strong> etwas heraus, nämlich dass hinter sehr vielen<br />
wissenschaftlichen Fragen ebenfalls <strong>noch</strong> immer große Fragezeichen<br />
stehen. und aus dieser untersuchung des oberhauses<br />
entwickelte sich eben unsere Foundation, weil lord lawson einer<br />
der führenden mitglieder dieser untersuchung war. er schrieb ein<br />
buch über diese erfahrungen und die offenen Fragen, die diese<br />
untersuchung aufwarfen und man sagte ihm, jetzt müsse doch<br />
mehr geschehen, um die debatte voran<strong>zu</strong>bringen.<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Dr. Benny Peiser<br />
Director, Global<br />
Warming Policy<br />
foundation, London<br />
„ich hoffe, dass es in<br />
Deutschland kein Tabu<br />
mehr ist, darüber offen <strong>zu</strong><br />
diskutieren. Es geht hier<br />
darum, dass <strong>zu</strong>m ersten<br />
Mal ehrlich und kontrovers<br />
diskutiert <strong>wir</strong>d. Denn nur<br />
so werden <strong>wir</strong> sehen,<br />
welche Argumente sich<br />
als vernünftig und welche<br />
als unvernünftig erweisen.<br />
in Großbritannien hat sich<br />
die Stimmung verändert.<br />
Während vor drei Jahren<br />
<strong>noch</strong> 65 Prozent der Briten<br />
voll auf den Klima-Konsens<br />
setzten, sind es heute <strong>noch</strong><br />
40 Prozent.“<br />
65
66<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Dr. Benny Peiser<br />
ABstieg in Die Zweite LigA?<br />
Die Krise Der euroPäischen KLimA- unD energiePoLitiK<br />
Vor drei Jahren wurde unsere Foundation gegründet und seitdem hat sich die Klimadebatte,<br />
in der Öffentlichkeit und im parlament, weit geöffnet. Zum ersten male wurde in<br />
der Öffentlichkeit und in den medien akzeptiert, dass es eine gruppe von eminenten und<br />
respektierten Kritikern gibt, denen man nicht so leicht das wort verbieten kann. als <strong>wir</strong><br />
vor drei Jahren uns gründeten, folgte die überwiegende mehrheit der briten dem allgemeinen<br />
Konsensus, nicht <strong>zu</strong>letzt weil eben alle parteien mehr oder weniger das gleiche<br />
gesagt haben.<br />
schließlich gibt es in großbritannien den berühmten climae change act aus dem Jahre<br />
2008, also eine Klima-gesetzgebung. damals, an einem tag im oktober 2008, schneite es<br />
stark und von dem gesamten unterhaus haben nur drei abgeordnete gegen dieses Klimagesetz<br />
gestimmt. das heißt, es gab nicht nur einen all-parteien Konsens, sondern etwas,<br />
was fast ans totalitäre grenzt. das ist für britische Verhältnisse eigentlich sehr unüblich.<br />
aber die stimmung war sehr aufgeheizt <strong>zu</strong> dieser Zeit.
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
seitdem <strong>wir</strong> unsere Foundation gegründet haben und unsere Kritik relative gutes mediengehör<br />
bekommt, hat sich die stimmung sehr deutlich verschoben. während <strong>noch</strong> vor drei,<br />
vier Jahren ungefähr 65 prozent der briten voll auf den Klima-Konsensus setzten, sind es<br />
heute nur <strong>noch</strong> 40 prozent. die stimmung hat sich sehr stark geändert, vor allem aus zwei<br />
gründen. der erste grund ist, die energiepreise steigen konstant und ziemlich markant<br />
und die briten realisieren, dass sie einen preis für die Klimapolitik <strong>zu</strong> zahlen haben. sie<br />
sehen das mittlerweile als einen luxus, den man sich eigentlich nicht mehr erlauben kann<br />
in der gegenwärtigen Krise. Zum anderen haben die meisten briten mittlerweile begriffen,<br />
dass die prophezeite Klimaerwärmung seit zehn bis 15 Jahren ausgeblieben und es <strong>zu</strong><br />
einem stillstand der globalen temperaturen gekommen ist.<br />
<strong>wir</strong> hatten auch bisschen glück, weil <strong>wir</strong> die global warming policy Foundation drei wochen<br />
vor der un-Klimakonferenz in Kopenhagen gründeten. seit dem Flop in Kopenhagen<br />
geht es mit der Klimahysterie merklich bergab. ein wesentlicher grund unseres erfolges<br />
ist es meines erachtens vor allen, dass <strong>wir</strong> keine Klimaskeptiker sind.<br />
<strong>wir</strong> sind als organisation keine Klimaskeptiker, weil <strong>wir</strong> als organisation überhaupt keine<br />
meinung <strong>zu</strong> der Klimawissenschaft haben. das einzige, was <strong>wir</strong> betonen, ist, dass wichtige<br />
Fragen <strong>noch</strong> offen sind, dass die debatte deshalb auch weiterhin offen bleiben muss. unter<br />
unseren mitgliedern befindet sich deshalb auch ein sehr breites spektrum von leuten,<br />
von einigen, die quasi die position des weltklimarats (ipcc) akzeptieren und sehr viel<br />
kritischer sind gegenüber der Klimapolitik als mit blick auf die Klimawissenschaft. <strong>wir</strong><br />
haben auch Klimaskeptiker unter unseren mitgliedern und viele agnostiker, so wie ich,<br />
leute also, die offen eingestehen, dass sie nicht wissen, wer recht und wer unrecht hat in<br />
Fragen der Klimawissenschaft. schließlich ist das Klima ein derart komplexes system, das<br />
<strong>wir</strong> heute nicht mit gutem gewissen beantworten können, was sich letztlich als korrekt<br />
herausstellen <strong>wir</strong>d.<br />
diese offenheit und die betonung auf die notwendigkeit einer debatte – anstatt sich dogmatisch<br />
fest<strong>zu</strong>legen – hat uns sehr geholfen, weil <strong>wir</strong> dadurch auch klarmachen, dass <strong>wir</strong><br />
keine rechthaber sind. was fehlt, ist eine ganz offene und klare debatte. alle argumente<br />
müssen auf den tisch kommen, nichts darf tabu sein <strong>zu</strong> dieser Frage.<br />
ein weiterer grund unseres erfolgs liegt darin, dass <strong>wir</strong> überparteilich sind. <strong>wir</strong> haben<br />
Vertreter aller drei großen parteien in unserem Vorstand und sind betont überparteilich<br />
– <strong>wir</strong> sind also genauso kritisch gegenüber der jetzigen regierung als mit der vorherigen.<br />
und schließlich haben <strong>wir</strong> beschlossen, als ein wichtiges, als ein grundsatz-prinzip, kei-<br />
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68<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Dr. Benny Peiser<br />
ABstieg in Die Zweite LigA?<br />
Die Krise Der euroPäischen KLimA- unD energiePoLitiK<br />
nerlei Fördergelder vom staat oder von energieunternehmen <strong>zu</strong> akzeptieren. <strong>wir</strong> sind somit<br />
absolut unabhängig von allen interessensvertretern und allen interessen. denn mit<br />
diesem Vorwurf werden <strong>wir</strong> immer wieder konfrontiert: ihr seid ja nur nur skeptisch, weil<br />
ihr irgendwelche industrieinteressen vertretet. das ist eben nicht der Fall.<br />
unsere sorge hingegen ist ein andere. Zum einen, dass die ethik der wissenschaft unterminiert<br />
<strong>wir</strong>d durch die dogmatische, autoritäre unterdrücken anderer meinungen; <strong>zu</strong>m<br />
anderen, dass die <strong>wir</strong>tschaftlichen Folgekosten einer verfehlten Klimapolitik, großen <strong>wir</strong>tschaftlichen<br />
schaden anrichtet. das sind die wichtigen motive unserer arbeit.<br />
<strong>wir</strong> hatten natürlich auch große erfolge in den medien. auch hier ist es wichtig, <strong>zu</strong> erkennen,<br />
dass ein teil des problemes eine mangelnde debatte in den medien ist. das liegt<br />
natürlich daran, dass die meisten redakteure und Journalisten, die <strong>zu</strong>m thema Klima<br />
schreiben, umweltjournalisten sind. und viele umweltjournalisten sind bekanntermaßen<br />
oft insgeheim umweltaktivisten und wenn sie nicht selbst aus diesem milieu kommen,<br />
doch wenigstens sehr grün angemalt sind. oft sind es eher politische Kommentatoren<br />
und <strong>wir</strong>tschaftsjournalisten, die vernünftiger <strong>zu</strong>m thema schreiben und sich ein bisschen<br />
rationaler, ein bisschen balancierter mit diesen themen beschäftigen.<br />
<strong>wir</strong> haben großen erfolg in großbritannien damit gehabt, dass <strong>zu</strong>m ersten mal einige<br />
der nationalen Zeitungen sich diesem thema angenommen haben, sich geöffnet haben<br />
und jetzt regelmäßig kritische artikel veröffentlichen. das hat natürlich <strong>zu</strong> dem bereits<br />
erwähnten meinungsumschwung beigetragen. sehr oft stellen <strong>wir</strong> fest, wenn <strong>wir</strong> z. b.<br />
an einer universität debattieren oder<br />
In Wahrheit sind es die Klima-<br />
Alarmisten und grünen Aktivisten,<br />
die Angst vor der Debatte haben.<br />
<strong>zu</strong> einer öffentlichen diskussion eingeladen<br />
werden, dass in fast jeder Veranstaltung<br />
unsere argumente bei den<br />
meisten leuten letztlich doch mehr<br />
resonanz finden als die argumente<br />
der alarmisten und apokalyptiker.<br />
damit meine ich nicht, dass <strong>wir</strong> leute überzeugen, dass der Klimawandel nicht stattfindet<br />
oder das alles natürlich und nicht menschgemacht ist, sondern einfach dar<strong>zu</strong>legen, dass<br />
die gegenwärtige politik und die gegenwärtigen gesetze absolut keinen sinn machen.<br />
lassen sie mich ihnen ein beispiel geben: wenn es tatsächlich um Klimaschutz ginge,<br />
wenn das <strong>wir</strong>klich das eigentliche anliegen wäre, wenn also die parteien ein echtes interesse<br />
am Klimaschutz hätten, dann könnte man in europa von heute auf morgen das ganze
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
problem mit den co 2 -emissionen lösen – man bräuchte nur auf erdgas <strong>zu</strong> setzen. das geht<br />
ganz einfach. Zum einen gibt es weltweit genug erdgas für 250 Jahre, <strong>zu</strong>m zweiten wissen<br />
<strong>wir</strong>, dass der preis für erdgas demnächst fallen <strong>wir</strong>d, weil überall auf der welt unkonventionellen<br />
Vorkommen in riesigen mengen entdeckt und benutzt werden. und warum setzen<br />
<strong>wir</strong> nicht alle auf erdgas? ah, weil es gazprom gibt und russland. es gibt also auch andere<br />
probleme, z. b. dass wegen den erneuerbaren energien in deutschland niemand mehr<br />
gaskraftwerke bauen will. wenn es also <strong>wir</strong>klich nur um co 2 -emissionen ginge, könnte<br />
europa das problem einfach lösen, z. b. schiefergas aus amerika <strong>zu</strong> importieren. es geht<br />
aber eben nicht in erster linie um Klimaschutz. es geht vielmehr um bestimmte ideologische<br />
Vorstellungen, wonach der sogenannte ökologische umbau der gesellschaft, die<br />
sogenannte grüne revolution, irgendwie die Zukunft europas darstellt. es geht also nicht<br />
um die reduzierung von emissionen, sondern um industriepolitik, um verfehlte industriepolitik,<br />
sonst könnte man sehr viel einfacher und sehr viel kosteneffizienter Klimapolitik<br />
betreiben.<br />
und warum sage ich das? schauen sie die Fakten an: in europa haben <strong>wir</strong> alle diese maßnahmen,<br />
den emissionshandel, das eeg-gesetz, Öko-steuern – und was ist das ergebnis?<br />
die co 2 -emissionen in der eu sind in den letzten Jahren gestiegen, trotz rezession. nicht<br />
<strong>zu</strong>letzt deswegen, weil es in europa ironischerweise eine renaissance der Kohle gibt.<br />
Kohle ist heute sehr billig. in den usa hingegen, wo es keinerlei Klimagesetze oder emissionsbegren<strong>zu</strong>ngen<br />
gibt, sind die co 2 -emissionen in den letzten Jahren drastisch gesunken.<br />
warum? weil es in den usa billiges erdgas gibt, und das bedeutet weniger Kohle. diese<br />
entwicklung hat nichts mit erneuerbaren energien <strong>zu</strong> tun, die spielen überhaupt keine<br />
rolle bei der dramtischen emissionsreduzierung. der grund ist einfach: es gibt billiges<br />
schiefergas in den usa.<br />
niemand hat diese entwicklung der letzten Jahren vorhergesehen oder vorhergesagt. neue<br />
technologische revolutionen lassen sich schließlich nicht vorhersehen. dies ist eben einer<br />
unserer hauptkritikpunkte an der ganzen energie- und Klimapolitik: die annahme, politiker<br />
und regierungen wüssten bereits die richtigen lösungen und wüssten schon, welche<br />
energie in Zukunft die erfolgreichste oder die <strong>wir</strong>tschaftlichste oder die effizienteste sein<br />
<strong>wir</strong>d. in wahrheit weiß das niemand.<br />
Vor fünf Jahren – vor zehn Jahren dachte man, dass die usa demnächst kein erdgas mehr<br />
fördern würde. man hat ja überall in den usa Flüssiggas (lng) häfen gebaut in der annahme,<br />
man müsste jetzt erdgas als aller welt importieren. Kein mensch ahnte, dass fast<br />
über nacht eine energierevolution vor der tür stehen würde. das <strong>wir</strong>d uns auch in der<br />
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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
Dr. Benny Peiser<br />
ABstieg in Die Zweite LigA?<br />
Die Krise Der euroPäischen KLimA- unD energiePoLitiK<br />
Zukunft blühen. Kein mensch weiß, was die erfolgreichen energieformer in kommenden<br />
Jahrzehnten sein <strong>wir</strong>d, obwohl es ziemlich sicher sein <strong>wir</strong>d, dass viel erdgas und relativ<br />
billiges erdgas darunter sein <strong>wir</strong>d.<br />
der meinungsumschwung in großbritannien hängt natürlich damit <strong>zu</strong>sammen, dass solche<br />
energie<strong>wir</strong>tschaftlichen entwicklungen und rationale argumente, kurz und gut, dass<br />
man die realität nicht verneint, sondern darüber berichtet und diskutiert <strong>wir</strong>d. Über die<br />
schiefergas-revolution liest man in deutschland relativ wenig, und wenn, dann liest man<br />
darüber, dass bundesminister besorgt darüber sind, dass das ein ganz großes problem ist,<br />
ein riesen neues umweltproblem. <strong>wir</strong> haben zwar viel schiefergas auch hier in deutschland,<br />
aber, so werden <strong>wir</strong> gewarnt, das ist ein ‚großes umweltproblem, das wollen <strong>wir</strong><br />
eigentlich nicht, also machen <strong>wir</strong> erst mal ein moratorium‘.<br />
schließlich steht ein weiteres problem in der Kritik: das ist die umweltzerstörung grüner<br />
politik in großbritannien – durch die windmühlen, die eben überall in die schöne landschaft<br />
gesetzt werden wie auch hier<strong>zu</strong>lande in deutschland. ich glaube, mehr und mehr<br />
leute werden diesen widerspruch zwischen grüner rhetorik und dieser realität bemerken<br />
und <strong>zu</strong>nehmend an dieser politik Zweifel hegen.<br />
die angst vor den <strong>wir</strong>tschaftlichen Folgekosten dieser politik treibt mehr und mehr menschen<br />
da<strong>zu</strong>, Fragen <strong>zu</strong> stellen. darum glaube ich, dass eine solche Veranstaltung auch auf<br />
bundesebene auf großes interesse stoßen <strong>wir</strong>d. <strong>wir</strong> wissen, dass schon jetzt etwa die hälfte<br />
der deutschen Zweifel an dem atomausstieg und an der immer teureren energiewende<br />
hegt. es gibt keine partei, die diese Zweifel aufgreift. es sollte eine partei geben, die bereit<br />
ist, auf die leute <strong>zu</strong> hören. und deswegen glaube ich, dass diese themen and Zweifel auf<br />
die tagesordnung gesetzt werden sollten, denn sie werden immer populärer. die erste<br />
partei, die bereit ist das <strong>zu</strong> machen, <strong>wir</strong>d erfolg damit haben, da habe ich gar keine Zweifel.<br />
lassen sie mich <strong>zu</strong>m ende kommen. ich hoffe, dass es nicht bei dieser Veranstaltung bleibt.<br />
ich hoffe, dass immer mehr menschen einsehen werden, das auch in deutschland eine offene<br />
und knallharte diskussion gebraucht <strong>wir</strong>d. denn nur so lässt sich eine rationale und<br />
pragmatische politik entwickeln, die <strong>wir</strong> brauchen angesichts all dessen, was heute gesagt<br />
wurde. wenn diese debatte weiterkommen soll, brauchen <strong>wir</strong> ein breites bündnis von kritischen<br />
leuten, von kritischen politikern, von kritischen wissenschaftlern, die bereit sind,<br />
eine echte opposition dar<strong>zu</strong>stellen. Vielen dank.
imPressionen<br />
alternatiVe KlimaKonferenZ 2012<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
„es gibt so eine art freiwilliger selbstgleichschaltung“<br />
Henning Krumrey sprach mit dem Publizisten michael<br />
miersch über die journalistische sehnsucht nach Konsens<br />
Krumrey: herr miersch, sie gelten in der Öffentlichkeit als Klimajournalist und als vehementer<br />
Kritiker einer Klimahysterie …<br />
miersch: es ist komisch, wie man <strong>zu</strong>m „Klimajournalisten“ <strong>wir</strong>d. Vielleicht ein bis zwei prozent<br />
meiner texte behandeln dieses thema. aber jeder dieser artikel hat eine enorme resonanz<br />
gehabt. es gibt so wenige kritische beiträge da<strong>zu</strong>, dass jede abweichende meinung<br />
sofort auffällt.<br />
Krumrey: was treibt sie, wenn sie über die Klimadiskussion schreiben?<br />
miersch: mein herzensthema ist eigentlich der naturschutz. in den vergangenen Jahren wurde<br />
immer deutlicher, dass die aus der Klimawandelhypothese resultierende politik <strong>zu</strong> der<br />
größten landschafts- und naturzerstörung in unserem land führt, die <strong>wir</strong> seit der mittelalterlichen<br />
waldrodung hatten. das bereitet mir große sorgen. es sind ja nicht nur diese Vögel<br />
zerhackenden windmühlen in der landschaft. Kaum ein mensch weiß <strong>zu</strong>m beispiel, dass die<br />
hoch gelobten wasserkraftwerke, von denen auch ständig neue gebaut werden, 30 prozent<br />
der flussabwärts wandernden Fische töten. Kein mensch weiß, dass es über 60 große unfälle<br />
im Jahr mit biogasanlagen gibt, bei denen ganze bachläufe verseucht werden, die danach über
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
lange Zeit biologisch tot sind. auch die Vermaisung der landschaft ist ein riesenproblem:<br />
Kaum ein Vogel kann in diesen monokulturen überleben. es gibt nur eine tierart, die davon<br />
profitiert, die wildschweine. <strong>wir</strong> sollten im Zuge der energiewende das wildschwein <strong>zu</strong>m<br />
deutschen wappentier erheben.<br />
Krumrey: Kann man die wildschweine nicht irgendwie <strong>zu</strong>r energiegewinnung nutzen?<br />
wenn <strong>wir</strong> sie so reichlich haben?<br />
miersch: theoretisch schon, für den energiehaushalt des eigenen Körpers. wildschweine<br />
schmecken lecker. aber man kann sie in den maiskulturen nicht schießen, weil man sie darin<br />
nicht sieht …<br />
Krumrey: geht es ihnen beim thema Klima auch um das schaffen einer gewissen gegenöffentlichkeit,<br />
weil die diskussion aus ihrer sicht <strong>zu</strong> einseitig ist?<br />
miersch: Ja. ich dachte mir oft, es ist doch seltsam, dass in ausländischen medien viel breiter<br />
über das thema berichtet <strong>wir</strong>d und wissenschaftler mit unterschiedlichen positionen<br />
<strong>zu</strong> wort kommen. während in deutschland immer nur dasselbe halbe dutzend Forscher gefragt<br />
<strong>wir</strong>d. bei uns bestimmt eine sehr kleine gruppe, was anerkannte Klimawissenschaft<br />
ist. das war der anreiz für mich, auch mal andere Forscher <strong>zu</strong> wort kommen <strong>zu</strong> lassen und<br />
ihre ergebnisse auf populäre weise auf<strong>zu</strong>schreiben. um den leuten <strong>zu</strong> zeigen: es gibt auch<br />
andere erkenntnisse. das war für manche linienpolizisten schon provokation genug.<br />
ein warnendes beispiel dafür, wie die einseitigkeit in der berichterstattung <strong>zu</strong> massiven<br />
Fehleinschät<strong>zu</strong>ngen führen kann, ist das waldsterben. ich kenne einen medienwissenschaftler,<br />
der alles ausgewertet hat, was in den 80er und 90er Jahren <strong>zu</strong>m waldsterben<br />
erschienen ist. er stellte fest, dass fast immer nur zwei Forstwissenschaftler befragt worden<br />
sind. es gibt hunderte von Forstbiologen, botanikern und Ökologen in deutschland. aber<br />
nur zwei sind immer wieder interviewt worden und haben die öffentliche meinung geprägt.<br />
in einer ähnlichen situation sind <strong>wir</strong> heute beim thema Klima.<br />
Krumrey: Journalisten gelten ja sonst immer als kritische geister, die überall nachbohren.<br />
warum findet das auf diesem themengebiet nicht statt? warum bildet sich eine<br />
solche einheitsmeinung?<br />
miersch: man möchte auf der seite der guten sein. wer irgendein kritisches wort <strong>zu</strong>r energiewende<br />
sagt, bekommt <strong>zu</strong> hören, er stehe im solde der Kohle- und Ölindustrie. ganz<br />
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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
„Es gibt so eine Art freiwilliger Selbstgleichschaltung“<br />
Henning Krumrey sprach mit dem Publizisten Michael<br />
Miersch über die journalistische Sehnsucht nach Konsens<br />
anders bei den Verlautbarungen der grünen nichtregierungsorganisationen. die werden<br />
von vielen Journalisten völlig unkritisch übernommen. stellen sie sich vor, porsche würde<br />
eine pressemeldung herausgeben: autofahren ist gut für die gesundheit. da denkt jeder Volontär<br />
sofort: natürlich stecken interessen dahinter. und dann <strong>wir</strong>d er herumtelefonieren,<br />
ob die aussage‚ „autofahren ist gut für die gesundheit“ <strong>wir</strong>klich stimmt.<br />
greenpeace und bund dagegen können behaupten, was sie wollen. ihre presseerklärungen<br />
werden völlig unkritisch, teilweise wörtlich in den redaktionellen teil übernommen. die<br />
bieten den redaktionen fertig geschnittenes sendefähiges tV-material an. das <strong>wir</strong>d dann<br />
in der tat auch gesendet.<br />
die grünen nichtregierungsorganisationen sind ein machtfaktor, sie gehören <strong>zu</strong> den global<br />
playern. sie sind überall, im bundestag, in der eu, in der un, sie werden gefördert mit<br />
steuergeldern. aber sehr viele meiner Journalistenkollegen tun immer <strong>noch</strong> so, als wären<br />
die völlig interessenfrei und die Vertreter des allgemeinwohls. greenpeace hat, glaube<br />
ich, über 180 angestellte in deutschland, über 45 millionen euro einnahmen im Jahr, ein<br />
mittelständischer betrieb. da gibt es natürlich eigene interessen. aber während <strong>wir</strong> gegen-<br />
Henning Krumrey<br />
wurde 1962 in Berlin<br />
geboren. Er studierte<br />
Volks<strong>wir</strong>tschaft und<br />
Politikwissenschaft in<br />
Berlin und Köln und<br />
absolvierte die Kölner<br />
Journalistenschule.<br />
Von 1988 bis 1992<br />
war er Parlamentskorrespondent<br />
für die Wirtschaftswoche<br />
in Bonn.<br />
Ab 1992 arbeitete er in<br />
der Parlamentsredaktion<br />
beim focus, die er<br />
ab 1997 leitete. Seit<br />
2009 ist Krumrey stellvertretenderChefredakteur<br />
der Wirtschaftswoche.<br />
Ende 2009 wurde<br />
er <strong>zu</strong>m Vorsitzenden<br />
der Kölner Journalistenschule<br />
gewählt.
Michael Miersch<br />
wurde 1956 in frankfurt<br />
am Main geboren.<br />
Der Publizist und Dokumentarfilmer<br />
begann<br />
seinen journalistischen<br />
Werdegang 1985 als<br />
Volontär bei der tageszeitung<br />
(taz), arbeitete<br />
als Redakteur beim<br />
Hessischen Rundfunk,<br />
bei den Zeitschriften<br />
Cicero, Die Weltwoche<br />
und Die Welt. Seit 2011<br />
ist er Ressortleiter<br />
forschung, Technik und<br />
Medizin beim Magazin<br />
focus. Mierschs Texte,<br />
Bücher und Dokumentationen<br />
wurden mehrfach<br />
ausgezeichnet.<br />
ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />
über Kirchen, gewerkschaften und unternehmerverbänden als Journalisten immer kritisch<br />
gestimmt sind, werden die grünen nichtregierungsorganisationen fast nur bejubelt. greenpeace<br />
hat keine demokratischen strukturen. die politik bestimmt eine kleine Führungsriege<br />
in hamburg. den<strong>noch</strong> gilt die organisation als die Vertretung des guten auf erden.<br />
Krumrey: unser verstorbener Kollege hanns Joachim Friedrichs hat einmal gesagt: einen<br />
guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer sache,<br />
auch nicht mit einer guten. ist das bei unseren Kollegen ein bisschen abhanden gekommen?<br />
liegt es einfach daran, dass man gern geliebt werden möchte oder dass man sich<br />
welt verbessernd für etwas einsetzen möchte?<br />
miersch: Ja, man möchte mitglied in der kuscheligen gemeinschaft derer sein, die auf der<br />
seite des guten stehen.<br />
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„Es gibt so eine Art freiwilliger Selbstgleichschaltung“<br />
Henning Krumrey sprach mit dem Publizisten Michael<br />
Miersch über die journalistische Sehnsucht nach Konsens<br />
Krumrey: sehen sie uns auf dem weg in eine meinungsdiktatur der gutmenschen?<br />
miersch: das Verrückte ist: niemand <strong>wir</strong>d gezwungen, sich der herrschenden meinung an<strong>zu</strong>schließen.<br />
man darf veröffentlichen, was man will. ich habe höchst selten echte Zensurversuche<br />
erlebt. aber es gibt so eine art freiwilliger selbstgleichschaltung.<br />
Krumrey: es herrscht in unserer branche Feigheit statt recherche?<br />
miersch: ich würde es nicht Feigheit nennen, es ist eher die sehnsucht nach Konsens und<br />
harmonie.<br />
Krumrey: ist das nur ein phänomen der umwelt- und Klimaberichterstattung? oder sehen<br />
sie diesen mechanismus auch in anderen bereichen, beispielsweise bei ausländerpolitik,<br />
bildungspolitik oder eurokrise?<br />
miersch: Klima- und umweltberichterstattung sind ganz besonders einförmig. selbst in die<br />
sozialpolitik <strong>wir</strong>d doch wesentlich kontroverser diskutiert, ob dieses oder jenes instrument<br />
<strong>wir</strong>klich den bedürftigen hilft. beim Klimaschutz, aber auch beim umwelt- und naturschutz<br />
geben die nichtregierungsorganisationen vor, wo es langgeht. und sie legen von vornherein<br />
auch fest, welches die richtigen politischen instrumente <strong>zu</strong>r erreichung des Ziels sind. dabei<br />
bleibt es dann, auch wenn sich die instrumente als völlig untauglich erweisen. die Vorgaben<br />
der nichtregierungsorganisationen übernehmen die grünen. die anderen parteien warten<br />
ab, ob die grünen damit in der Öffentlichkeit gut ankommen, und übernehmen dann die<br />
Ziele, und meist auch die instrumente, in leicht abgemilderter Form. die spd ruft nach der<br />
sozialen Komponente, die Fdp möchte es ein bisschen markt<strong>wir</strong>tschaftlicher haben, die cdu<br />
übernimmt das grüne programm gleich komplett und erklärt, es sei alternativlos. und dann<br />
sind alle schön grün, und niemand fragt mehr, ob die sache überhaupt funktioniert.
IMPRESSuM<br />
foRTSCHRiTTSoffEnSiVE<br />
Die neue Veranstaltungsreihe<br />
der sächsischen fDP-Landtagsfraktion<br />
1. Veranstaltung<br />
Alternative Klimakonferenz<br />
am 30. Juni 2012<br />
im internationalen Congress Center in Dresden<br />
Veranstalter und Herausgeber<br />
des tagungsbandes<br />
fDP-fraktion im Sächsischen Landtag<br />
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden<br />
Tel. 0351/49 34 700, fax 0351/49 34 730<br />
E-Mail fdp@slt.sachsen.de<br />
www.fdp-fraktion-sachsen.de<br />
www.fortschrittsoffensive.de<br />
Veranstaltung<br />
Organisation: Thomas felsner (verantw.),<br />
Lutz Hierschemann, Anne-Kathrin Rothe,<br />
Tom Vollmann, Jens Wagner<br />
Videodokumentation und -produktion:<br />
KATSUiTE PiCTURES DRESDEn Katrin Thomas,<br />
Johannes Hoffmann<br />
tagungsband<br />
Redaktion: Michael Deutschmann (V.i.S.d.P.),<br />
Andreas novak, Christian Schulze, Holger Zastrow<br />
Fotos: DiGiMAX Studio für fotografie Thomas<br />
Schlegel (Lunzenau), Karl-Ludwig oberthür<br />
(Dresden) Lektorat: Schreibbüro Dresden-nord<br />
Herstellung: Saxedo GmbH Dresden/<br />
Stoba-Druck GmbH Lampertswalde<br />
Diese Druckschrift ist eine information über die<br />
parlamentarische Arbeit der fDP-fraktion im<br />
Sächsischen Landtag. Sie darf nicht <strong>zu</strong>r Wahlwerbung<br />
verwendet werden.
<strong>FDP</strong>-Fraktion im Sächsischen Landtag<br />
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1<br />
D-01067 Dresden<br />
Fon: 0351/49 34 700<br />
Fax: 0351/49 34 730<br />
E-Mail: fdp@slt.sachsen.de<br />
www.fdp-fraktion-sachsen.de<br />
www.fortschrittsoffensive.de