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Sind wir noch zu Retten? Zwischen ... - FDP Sachsen

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tagungsband<br />

<strong>Sind</strong> <strong>wir</strong> <strong>noch</strong> <strong>zu</strong> retten?<br />

<strong>Zwischen</strong> KlimaKatastrophe und ÖKohysterie<br />

dokumentation <strong>zu</strong>r Alternativen Klimakonferenz<br />

aus der Veranstaltungsreihe FortSchrittSoFFenSiVe<br />

der FdP-Fraktion im Sächsischen Landtag<br />

am 30. Juni 2012 in Dresden


InHALt<br />

Vorwort<br />

Holger Zastrow über die Alternative Klimakonferenz 03<br />

Einleitung<br />

Zu viel Zeitgeist, <strong>zu</strong> wenig Vernunft 05<br />

Vorträge<br />

Holger Krahmer MdEP<br />

Unbequeme Wahrheiten <strong>zu</strong>r Klimapolitik – Wege aus der Sackgasse 08<br />

Prof. Dr. Knut Löschke<br />

Klima und Gesellschaft – Gesellschaftliches Klima 18<br />

Prof. Dr. Josef H. Reichholf<br />

Klimatische Veränderungen – Reaktionen von Pflanzen, Tieren und Menschen 35<br />

Prof. Dr. Bodo Sturm<br />

Rationale Klimapolitik – eine ökonomische Betrachtung 52<br />

Dr. Benny Peiser<br />

Abstieg in die Zweite Liga? Die Krise der europäischen Klima- und Energiepolitik 64<br />

Impressionen<br />

Alternative Klimakonferenz 2012 71<br />

Interview<br />

„Es gibt so eine Art freiwilliger Selbstgleichschaltung“<br />

Henning Krumrey sprach mit dem Publizisten Michael Miersch<br />

über die journalistische Sehnsucht nach Konsens 72<br />

Impressum 77


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012 03<br />

Vorwort<br />

Holger Zastrow über die alternatiVe KlimaKonferenZ<br />

um ehrlich <strong>zu</strong> sein: der erfolg der „alternativen Klimakonferenz“<br />

im dresdner congress center hat uns selbst ein wenig überrascht.<br />

Fast 300 teilnehmer aus ganz deutschland, aus den niederlanden<br />

und großbritannien, hoch spannende und wissenschaftlich fundierte<br />

Vorträge, engagierte gespräche, zahllose briefe, e-mails<br />

und anrufe und schließlich immer wieder die bitte „macht weiter,<br />

<strong>wir</strong> brauchen mehr solcher Veranstaltungen“ sind eine großartige<br />

bilanz und starke ermutigung.<br />

das wollen <strong>wir</strong> gern aufnehmen. unter dem titel „Fortschrittsoffensive“<br />

wollen <strong>wir</strong> uns als Fdp-Fraktion im sächsischen landtag<br />

künftig regelmäßig mit themen auseinandersetzen, die unsere<br />

gesellschaft bewegen, die interessieren aber auch aufregen. das<br />

besondere an unserer „Fortschrittsoffensive“ ist dabei, dass <strong>wir</strong><br />

nicht nach bestätigung all dessen suchen, was <strong>wir</strong> jeden tag als<br />

vermeintlichen mainstream und politisch korrekt vermittelt bekommen.<br />

<strong>wir</strong> wollen einen Kontrapunkt setzen und all diejenigen<br />

<strong>zu</strong> wort kommen lassen, die alternative sicht- und denkweisen haben<br />

und <strong>wir</strong> wollen uns für unsere arbeit im sächsischen landtag<br />

neue denkanstöße für die tagespolitische debatte holen. <strong>wir</strong> tun<br />

das, weil <strong>wir</strong> neugierig sind und weil <strong>wir</strong> Zweifel haben an dem,<br />

was <strong>wir</strong> <strong>zu</strong>weilen von selbst ernannten experten gesagt bekommen<br />

oder in den medien hören, sehen und lesen. und <strong>wir</strong> machen<br />

es, weil <strong>wir</strong> so manche jüngst in berlin oder brüssel getroffene politische<br />

entscheidung für falsch halten und denken, dass sich die<br />

Verantwortungsträger eher von stimmungen, einem angeblichen<br />

Zeitgeist oder aus parteipolitischem Kalkül leiten ließen als von<br />

tatsachen, wissenschaftlichen erkenntnissen und politischer Vernunft.<br />

das wollen <strong>wir</strong> ändern. deshalb geben <strong>wir</strong> unter dem titel<br />

„Fortschrittsoffensive“ den Fakten und der politischen Vernunft<br />

eine bühne.<br />

die auftaktveranstaltung „sind <strong>wir</strong> <strong>noch</strong> <strong>zu</strong> retten – zwischen Klimakatastrophe<br />

und Ökohysterie“ befasste sich mit dem Klimawandel<br />

selbst, aber auch mit der begleitmusik in presse und politik.<br />

hier hören und lesen <strong>wir</strong> seit Jahren von szenarien, die unserer<br />

welt eine ganz düstere Zukunft prophezeien, wenn <strong>wir</strong> nicht so-<br />

Holger Zastrow<br />

MdL<br />

Vorsitzender der<br />

fDP-fraktion<br />

im Sächsischen<br />

Landtag und der<br />

fDP <strong>Sachsen</strong>


04<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Vorwort<br />

Holger Zastrow über die alternatiVe KlimaKonferenZ<br />

fort, jetzt und heute, umsteuern. ob die maßnahmen, die getroffen werden, überhaupt<br />

sinnvoll und notwendig sind, <strong>wir</strong>d kaum hinterfragt. da<strong>zu</strong> gehören die Konsequenzen<br />

solch schwerwiegender entscheidungen, wie die des aus unserer sicht übereilten atomausstiegs<br />

und die der so wunderbar klingenden, aber wenig durchdachten "energiewende".<br />

aber genauso muss man sich fragen, ob der anbau von immer mehr energiepflanzen für<br />

biosprit und biomasseanlagen und das entstehen von monokulturen auf unseren Feldern<br />

oder die Verspargelung unserer Kulturlandschaft mit windkraftanlagen mit allen Folgen<br />

für mensch und natur tatsächlich gut und alternativlos sind!<br />

Viele einzelne maßnahmen „gegen den Klimawandel“ entpuppen sich bei näherer betrachtung<br />

als eher kurios, symbolisch oder plakativ, meist alarmistisch und leider mehr<br />

und mehr als sinnlose Ökoschikane für die bürger. denken <strong>wir</strong> nur an den „earth hour<br />

day“, das glühbirnenverbot, <strong>wir</strong>kungslose umweltzonen oder das thema biosprit e10.<br />

doch während eine schweigende mehrheit resigniert den Kopf schüttelt, hat eine laute<br />

minderheit stück für stück die vermeintliche meinungsführerschaft in der öffentlichen<br />

wahrnehmung übernommen. und diese protagonisten meinen es ernst.<br />

inzwischen werden Kinder in der schule dafür getadelt und ermahnt, weil ihre eltern, die<br />

täglich beide <strong>zu</strong>r arbeit pendeln, zwei autos besitzen. das ZdF rühmt sich dafür, die erste<br />

„klimaneutrale Vorabendserie“ <strong>zu</strong> produzieren und wer eine differenzierte position <strong>zu</strong>m<br />

thema Klimawandel einnimmt, <strong>wir</strong>d sofort als „Klimaleugner“ diffamiert. was und wer<br />

aber stecken dahinter? wer bedroht wen und warum? wem nützt die angst? wer verdient<br />

beispielsweise an der „energiewende“? Viele Fragen wurden auf unserer alternativen Klimakonferenz<br />

gestellt und beantwortet. <strong>wir</strong> haben sie in dieser broschüre <strong>zu</strong>sammengefasst.<br />

ich wünsche ihnen viel spaß beim lesen und eine erkenntnisreiche lektüre.<br />

mein dank gilt an dieser stelle vor allem den rednern und referenten der Veranstaltung,<br />

die ihre texte und Vorträge für diese broschüre <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt haben.<br />

holger Zastrow<br />

Vorsitzender der Fdp-Fraktion im sächsischen landtag


einleitung<br />

Zu Viel Zeitgeist, Zu wenig Vernunft<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012 05<br />

rund 240 teilnehmer diskutierten auf der alternativen Klimakonferenz in dresden. eingeladen<br />

hatte die Fdp-Fraktion im sächsischen landtag, unterstützt von der allianz der liberalen<br />

und demokraten für europa (alde). Zu wort kamen erstmals wissenschaftler, Ökonomen<br />

und Journalisten, die die „Ökohysterie“ beim thema Klimawandel kritisch sehen.<br />

Vorbei sind die Zeiten, als das essen zwischen zwei Vorlesungen einfach nur lecker, gesund<br />

und günstig sein sollte. so manchen studenten soll beim mittagessen bald das schlechte<br />

gewissen plagen. denn jetzt zählt die co 2 -bilanz. sieben studenten der tu dresden<br />

haben ein system entwickelt, um<br />

dauerhaft die co 2 -bilanz des mensa-essens<br />

<strong>zu</strong> analysieren. ermittelt<br />

<strong>wir</strong>d mit blick auf die angebotenen<br />

speisen die menge der co 2 -emission<br />

pro person. „prozesse wie der<br />

anbau, die weiterverarbeitung und<br />

Die EU-Kommission schreibt uns<br />

Energiesparlampen vor. Und <strong>wir</strong> reden uns<br />

ein, damit die Welt <strong>zu</strong> retten. (Holger Krahmer)<br />

Kühlketten werden bei der berechnung mit einbezogen“, erklärt mariya popova stolz, sie<br />

ist mitglied der projektgruppe „carbon Foodprint in der mensa“. Ziel sei es, den studenten<br />

<strong>zu</strong> ermöglichen, sich gezielt mit wenig co 2 -emission <strong>zu</strong> ernähren.<br />

„Kaum jemand fragt nach Sinn oder Unsinn“<br />

unzählige solcher projekte und initiativen schießen in deutschland seit Jahren aus dem<br />

boden – und alle werden sie kräftig in der Öffentlichkeit mit lob und aufmerksamkeit<br />

gewürdigt. egal ob die einführung von e10-benzin, das Verbot der glühbirne oder die milliardenschweren<br />

subventionen für erneuerbare energien – kaum jemand fragt nach sinn<br />

oder unsinn, nach Kosten oder Folgen der genannten Klimaschutz-maßnahmen. der Fdpeuropaabgeordnete<br />

holger Krahmer tut das. er spricht von „Ökohysterie“. deshalb hatte<br />

er gemeinsam mit der Fdp-landtagsfraktion ende Juni <strong>zu</strong> einer „alternativen Klimakonferenz“<br />

nach dresden eingeladen. und rund 240 teilnehmer kamen ins Kongresszentrum<br />

am elbufer. wissenschaftler, Ökonomen und Journalisten analysierten in Fachvorträgen<br />

die wissenschaftlichen Fakten und die öffentliche hysterie bei der vermeintlichen Klimakatastrophe.<br />

„selbst wenn <strong>wir</strong> ganz deutschland von heute auf morgen komplett „abschalten“, würde<br />

man das global kaum merken“, betonte Krahmer <strong>zu</strong> beginn der Veranstaltung. und<br />

professor bodo sturm von der htwK leipzig bestätigte in seinem Vortrag: „der gesamte<br />

anteil deutschlands an der weltweiten emission von treibhausgasen beträgt weniger als<br />

drei prozent.“ und das wiederum zeige, wie unsinnig viele mini-aktionen <strong>zu</strong>r einsparung


06 ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

EinlEitung<br />

Zu viEl ZEitgEist, Zu wEnig vErnunft<br />

von co 2 hier<strong>zu</strong>lande seien, wie beispielsweise das symbolische abschalten städtischer<br />

beleuchtung für eine stunde oder co 2 -armes mensa-essen, betonte Krahmer.<br />

Wechsel von Warm- und Kaltzeiten in der Naturgeschichte<br />

der evolutionsbiologe und Ökologe professor Josef reichholf von der tu münchen analysierte<br />

die allseits verbreitete behauptung, es gebe eine ungewöhnliche erwärmung des<br />

Klimas. in seinen diagrammen verwies er darauf, dass es schon immer einen wechsel zwischen<br />

warm- und Kaltzeiten im Verlaufe der naturgeschichte gegeben habe. es stimme,<br />

dass die sogenannte mitteltemperatur seit 1880 um 0,8 grad celsius angestiegen sei – <strong>zu</strong>vor<br />

habe es aber zwischen 1781 und 1880 einen entsprechenden rückgang gegeben. unterm<br />

strich sei eine temperaturerhöhung also ausgeblieben. der temperaturunterschied<br />

zwischen stadt und land in der region münchen sei beispielsweise erheblich größer als<br />

die Veränderungen der globalen mitteltemperatur. und da forsche niemand, was das jetzt<br />

für die menschen, die tiere oder die Vegetation bedeutet – „weil da nämlich nichts gescheites<br />

bei raus käme“, erklärte reichholf.


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

„Selbstgleichschaltung von Journalisten: Jeder möchte bei den Guten sein“<br />

warum die irrationale Ökohysterie aber dann in den medien so wenig kritisch untersucht<br />

<strong>wir</strong>d, erklärte michael miersch, Focus-ressortleiter und buchautor: „es gibt eine freiwillige<br />

„selbstgleichschaltung“ unter Journalisten, weil die Kollegen dieses warme Konsensgefühl<br />

haben wollen. das sind keine bösewichte, das ist die große mehrheit der deutschen<br />

Journalisten. das ganze thema hat eben eine moralische Konnotation: und da möchte<br />

jeder bei den guten sein.“<br />

diesem gesellschaftlichen mainstream will die Fdp-landtagsfraktion mit ihrer Veranstaltungsreihe<br />

„Fortschrittsoffensive“ bewusst etwas entgegensetzen. „Zu viele politische<br />

entscheidungen lassen sich von stimmungen und diesem Zeitgeist leiten statt von Vernunft“<br />

sagte Fdp-Fraktionschef holger Zastrow. „aber viele antworten auf probleme unserer<br />

Zeit überzeugen uns nicht. deshalb rücken <strong>wir</strong> mit unserer „Fortschrittsoffensive“<br />

auch künftig alternative sichtweisen in den mittelpunkt“, betonte Zastrow.<br />

Es muss eine Kraft geben, die Zweifel repräsentiert<br />

unterstüt<strong>zu</strong>ng bekamen die liberalen dabei auch von dr. benny peiser, direktor der global<br />

warming Foundation in london. in seiner rede machte der brite deutlich, wie wichtig<br />

eine solche Konferenz sei: „es muss eine Kraft geben, die solche Zweifel repräsentiert.<br />

denn es fehlt eine offene diskussion. aber das <strong>wir</strong>d langsam populärer werden.“ und er<br />

machte seinen deutschen Kollegen mut: „die erste partei, die das macht, <strong>wir</strong>d erfolgreich<br />

sein. ich hoffe, dass es nicht bei dieser einen Veranstaltung bleibt.“ und in der tat sollen<br />

weitere Konferenzen der „Fortschrittsoffensive“ folgen. im dezember <strong>wir</strong>d es dabei um<br />

eine ideologiefreie energiepolitik gehen.<br />

im Folgenden finden sie die wichtigsten reden und Fachvorträge der alternativen<br />

Klimakonferenz dokumentiert.<br />

07


08<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Holger KraHmer mdeP<br />

unbequeme waHrHeiten Zur KlimaPolitiK –<br />

wege aus der sacKgasse<br />

20 Jahre internationale Klimapolitik ist das stichwort. ich glaube, dass es ein guter Zeitpunkt<br />

ist, ein resümee <strong>zu</strong> ziehen über die Frage: was hat es eigentlich gebracht? 1992 gab<br />

es den ersten gipfel in rio de Janeiro, bei dem sich die welt darüber einig war, dass <strong>wir</strong><br />

ein internationales abkommen <strong>zu</strong>r Verminderung von co 2 -emissionen brauchen. es lohnt<br />

sich daher <strong>zu</strong> schauen, was bis <strong>zu</strong>r Klimakonferenz in Kopenhagen 2009, die ja eigentlich<br />

startschuss für ein Folgeabkommen sein sollte, passiert ist.<br />

nehmen <strong>wir</strong> beispielsweise die Verpflichtungen <strong>zu</strong>r co ² -emissionsreduzierung. die großproduzenten<br />

indien und china wurden im Kyoto-protokoll <strong>noch</strong> überhaupt nicht berücksichtigt.<br />

andere wichtige emittentenländer wie die usa, Kanada und Japan verpflichteten<br />

sich, ihren ausstoß um sechs (Kanada, Japan) und sieben prozent (usa) <strong>zu</strong> reduzieren. die<br />

damals <strong>noch</strong> 15 staaten der eu wollten um acht prozent verringern. deutschland wiederum<br />

verpflichtete sich, seinen co ² -ausstoß sogar um 21 prozent <strong>zu</strong> reduzieren.<br />

das Fazit nach 19 Jahren fällt allerdings ernüchternd aus. die weltweiten co 2 -emissionen<br />

sind trotz des bestehenden internationalen abkommens nicht gesunken, sondern weltweit<br />

weiter gestiegen. deutschland ist bei der reduktion in europa zwar musterschüler, aber<br />

<strong>wir</strong> sind das nicht etwa, weil <strong>wir</strong> uns besonders angestrengt haben, sondern weil das basisjahr<br />

der emissionen, von denen man in Kyoto ausgegangen, ist 1990 gesetzt wurde, und da<br />

fällt natürlich in die emissionsbilanz deutschlands der Zusammenbruch der ostdeutschen<br />

China<br />

Indien<br />

Australien<br />

Alle Länder<br />

Kanada<br />

USA<br />

Japan<br />

EU (EU-15)<br />

Deutschland<br />

Veränderung des CO 2 -Ausstoßes bedeutender<br />

Emittenten von 1990–2009<br />

-22,5 %<br />

-3,2 %<br />

9 %<br />

3,9 %<br />

27,1 %<br />

24,9 %<br />

38 %<br />

144,2 %<br />

202,9 %<br />

-50 % 0 % 50 % 100 %<br />

150 %<br />

200 %<br />

250 %


industrie in erheblichem ausmaß rein. hier kann man sehen, was<br />

man klimapolitisch erreichen kann, wenn man ein land in den<br />

Folgejahren industriepolitisch abbaut, gehen zwangsläufig die<br />

emissionen runter. das ist im wesentlichen der grund, weshalb<br />

die deutsche bilanz so positiv aussieht.<br />

bei der analyse ist auch wichtig, darauf hin<strong>zu</strong>weisen, dass viele<br />

relevante staaten das Kyoto-protokoll entweder nicht unterzeichnet<br />

oder gar nicht ratifiziert haben. ich erinnere an eine bemerkung<br />

eines amerikanischen Vizepräsidenten, der im Jahr 2000<br />

gesagt hat, es gibt für die usa keinen grund, das Kyoto-protokoll<br />

<strong>zu</strong> ratifizieren. dieser Vizepräsident hieß damals al gore. es ist<br />

interessant, wie sich gore’s perspektive nach seiner amtszeit gewandelt<br />

hat.<br />

ein nicht unwesentlicher Faktor für das scheitern des Kyoto-protokolls<br />

ist die rasante <strong>wir</strong>tschaftliche Veränderung der welt. der ursprüngliche<br />

Kyoto-gedanke war der, dass die vermeintlich reiche<br />

westliche welt den ärmeren ländern bei der bewältigung eines<br />

problems hilft. heute, 14 Jahre nach der unterzeichnung des Kyoto-protokolls<br />

sind entwicklungsländer von damals teilweise keine<br />

entwicklungsländer mehr. sie sind <strong>wir</strong>tschaftlich wettbewerber<br />

auf augenhöhe. dies gilt insbesondere für china.<br />

betrachtet man nun die liste der größten emittentenländer, sieht<br />

man eindeutig, in welchen regionen der co ² -ausstoß inzwischen<br />

besonders hoch ist. mit den größten anteil an den weltweiten<br />

emissionen haben in der reihenfolge china, die usa und die<br />

europäische union. dahinter folgt indien, genau wie china eine<br />

stark wachsende Volks<strong>wir</strong>tschaft. dementsprechend <strong>wir</strong>d der co ² -<br />

ausstoß in den nächsten Jahren dort <strong>noch</strong> stark <strong>zu</strong>nehmen. die<br />

emissionen der europäischen union dagegen werden kaum <strong>noch</strong><br />

ansteigen. die asiatischen emissionen hingegen sind dynamisch<br />

wachsend. deutschland macht im Vergleich gerade drei prozent<br />

der globalen co 2 -emissionen aus. man könnte die bundesrepublik<br />

deutschland morgen ausschalten, man würde es in den globalen<br />

co 2 -emissionen kaum messen können. aus der co ² -reduktion ist<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Holger Krahmer<br />

MdEP<br />

Umweltpolitischer<br />

Sprecher der fDP<br />

im Europäischen<br />

Parlament<br />

„Unter dem Deckmantel<br />

des Klimaschutzes <strong>wir</strong>d der<br />

Verbraucher nur <strong>noch</strong> bevormundet.<br />

Mit der neuen<br />

„Öko-Design-Richtlinie“<br />

sagen uns EU-Beamte,<br />

welche Produkte <strong>wir</strong> aus<br />

ökologischen Gründen in<br />

unserem Haushalt haben<br />

dürfen. Aber das sollten<br />

<strong>wir</strong> Bürger doch bitte<br />

selbst entscheiden. Die<br />

EU-Kommission schreibt uns<br />

vor, dass <strong>wir</strong> die gute alte<br />

Glühbirne durch Energiesparlampen<br />

mit Quecksilber<br />

ersetzen müssen. Und <strong>wir</strong><br />

reden uns ein, damit die<br />

Welt <strong>zu</strong> retten.“<br />

09


10<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Holger KraHmer mdeP<br />

20 JaHre internationale KlimaPolitiK –<br />

teure VersucHung oHne messbares ergebnis<br />

in deutschland eine neue art religion geworden. co 2 -neutrale essen in der uni-mensa,<br />

die co 2 -neutrale Fernsehsendung, die liste mit beispielen ist gerade<strong>zu</strong> endlos lang. mir<br />

begegnete kürzlich im urlaub in der steiermark das phänomen, dass sich dörfer in den<br />

alpen <strong>zu</strong> Klimabündnissen <strong>zu</strong>sammentun. wenn man nur einfach die relevanten co 2 -<br />

emissionen weltweit betrachtet, sieht man, wie <strong>wir</strong>kungslos das ist. es bringt nichts, wenn<br />

sie auf detailliertester, kleinster ebene den Versuch machen, co 2 -emission <strong>zu</strong> reduzieren.<br />

all diese Versuche werden in kürzester Zeit durch dynamisches wachstum in asien überkompensiert.<br />

CO 2 -Emissionen bedeutendster<br />

Emittentenländer im Jahr 2009 (in 1.000 Tonnen)<br />

Indien<br />

Deutschland<br />

1.529<br />

797<br />

7.426<br />

China<br />

31.098<br />

Alle Länder<br />

Kopenhagen 2009 war das Fanal, der entscheidende wendepunkt der globalen Klimapolitik.<br />

europa hat damals dem termin entgegengefiebert. endlich wollten <strong>wir</strong> dem rest<br />

der welt zeigen, wie co ² -reduktion richtig geht. insbesondere der emissionshandel sollte<br />

Vorbild für regulierungsstandards weltweit sein. in Kopenhagen hat europa ein diplomatisches<br />

Fiasko erlebt. <strong>wir</strong> haben dort plötzlich festgestellt, wie die welt sich verändert hat,<br />

dass sich politische und ökonomische gewichte rasant und radikal nach asien verändert<br />

haben. dass die Kyoto entwicklungsländer aus den neunzigern eben keine entwicklungsländer<br />

mehr sind und dass es unüberwindbare ökonomische interessensunterschiede gibt.<br />

das heißt, es ist aus heutiger sicht nicht nur unwahrscheinlich, sondern völlig unmöglich,<br />

mit der althergebrachten Klimapolitik der globalen emissionsminderung ein internationales<br />

abkommen an<strong>zu</strong>streben.


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

warum? weil die lebensbedingungen der menschen in asien mit den unsrigen nicht<br />

vergleichbar sind. der indische ministerpräsident <strong>wir</strong>d am rande dieser Konferenz zitiert<br />

mit dem satz: es ist zynisch, von einem land emissionsminderungen <strong>zu</strong> verlangen,<br />

in dem über 60 prozent der bevölkerung keinen Zugang <strong>zu</strong> elektrischem strom hat. ich<br />

denke, dass das nachvollziehbar ist. an dieser stelle ist auch ganz klar, dass es bei den<br />

Klimagipfeln, die ja immer <strong>noch</strong> stattfinden, nicht um taktische Verhandlungspositionen<br />

geht. das nein der entwicklungsländer ist endgültig und unverhandelbar in be<strong>zu</strong>g auf die<br />

minderung der emissionen. eine chinesische regierung könnte es sich überhaupt nicht<br />

erlauben, 1,4 milliarden menschen auf ein emissionsminderungsgesetz ein<strong>zu</strong>schwören.<br />

das würde bedeuten, dass dort über der hälfte der bevölkerung sämtliche entwicklungschancen<br />

entzogen werden. dann könnten keine straßen mehr gebaut, keine wohngebiete<br />

erschlossen, keine weiteren Kraftwerke mehr errichtet werden. deswegen muss man sich<br />

ganz klar vor augen halten: die globale minderung von co 2 -emission im althergebrachten<br />

sinn ist schlicht nicht mehr möglich. und zwar aufgrund unüberwindbarer ökonomischer<br />

interessensunterschiede.<br />

europa hat sich in den letzten 15 Jahren – ich hab es erwähnt – vorgenommen, der Vorreiter<br />

in dieser politik <strong>zu</strong> sein. die co 2 -minderung war fast so etwas wie ein sinnstiftendes<br />

projekt der europäischen union. <strong>wir</strong> merken gerade wieder im Zusammenhang mit der<br />

schuldenkrise und der Krise der währungsunion, wie schwer es ist, dass sich europäer<br />

einigen. in brüssel geht es knallhart um nationale, teilweise auch <strong>wir</strong>tschaftliche interessen.<br />

bei der co 2 -minderungspolitik und bei der Klimapolitik hat man in den 90er Jahren<br />

geglaubt, man könnte ein momentum schaffen, da hinter dem Klimaschutz scheinbar alle<br />

nationen gleichermaßen standen. heute stellen <strong>wir</strong> fest, dass dies nicht mehr stimmt. im<br />

gegenteil müssen <strong>wir</strong> sogar erkennen, dass diese einheit nie <strong>wir</strong>klich existierte. <strong>wir</strong> sind<br />

nicht diejenigen, die der welt sagen können, wie es richtig geht. der rest der welt ist an<br />

den europäischen regulierungsideen <strong>zu</strong> dem thema schlicht nicht interessiert. auch wenn<br />

man mit uns darüber redet. <strong>wir</strong> sollten auch dringend anerkennen, dass unilaterale, einseitige<br />

emissionsminderungsziele dem Klima überhaupt nichts nutzen und uns nur schaden.<br />

denn es ist schlicht und ergreifend irrelevant, ob nur europa allein seine emissionen<br />

um 20 oder 30 prozent reduziert.<br />

doch das sind diskussionen, die <strong>wir</strong> in brüssel auf eine sehr ideologische art und weise<br />

führen. die europäische union hat sich vorgenommen, bis 2020 20 prozent co 2 <strong>zu</strong> reduzieren<br />

und im Falle eines internationalen abkommens 30 prozent <strong>zu</strong> reduzieren, also 10<br />

prozent weiter<strong>zu</strong>gehen. Jetzt haben <strong>wir</strong> das abkommen nicht und anstatt realitätssinn<br />

regiert in brüssel offensichtlich der stursinn. denn <strong>wir</strong> haben jetzt in brüssel interessan-<br />

11


12<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Holger KraHmer mdeP<br />

20 JaHre internationale KlimaPolitiK –<br />

teure VersucHung oHne messbares ergebnis<br />

terweise die diskussion, dass <strong>wir</strong> <strong>noch</strong> weiter vorangehen wollen, gerade weil die restliche<br />

welt nicht mitgemacht hat. die Klimakommissarin auf eu-ebene, Frau hedegard,<br />

<strong>wir</strong>bt stark dafür, jetzt <strong>noch</strong> extra das 30-prozent-Ziel aus<strong>zu</strong>rufen, damit <strong>wir</strong> so<strong>zu</strong>sagen<br />

als grünes Vorbild für den rest der welt agieren. das um<strong>zu</strong>setzen wäre ökonomischer<br />

selbstmord. denn <strong>wir</strong> brauchen in europa auch <strong>noch</strong> industrieproduktion und natürlich<br />

im Vorfeld auch strom- und energieproduktion. <strong>wir</strong> sollten nicht unterschätzen, dass sich<br />

unsere Volks<strong>wir</strong>tschaften in einem knallharten internationalen wettbewerb befinden und<br />

es bringt nichts, wenn <strong>wir</strong> als alleiniger Vorreiter, als insel-europa dort maßnahmen ergreifen,<br />

die der rest der welt überhaupt nicht aufgreift.<br />

ich denke, es ist allerhöchste Zeit an<strong>zu</strong>erkennen, dass diese europäische Klimastrategie<br />

gescheitert ist. <strong>wir</strong> kommen mit dieser strategie so nicht weiter. hinter den Kulissen in<br />

brüssel nehme ich sehr deutlich wahr, dass dort das roll back längst eingesetzt hat. natürlich<br />

sagt niemand öffentlich: sorry, das war alles falsch, <strong>wir</strong> sind gescheitert. aber man<br />

kann schon sehr deutlich erkennen, dass sowohl bei den klimapolitischen papieren als<br />

auch bei den energiepolitischen aussagen <strong>zu</strong>nehmend wenns und abers in die papiere<br />

einfließen. es gibt aber eben trotzdem <strong>noch</strong> die starke lobby, die ein ernstes <strong>wir</strong>tschaftliches<br />

und teilweise auch ein politisches interesse daran hat, dass diese agenda weiter<br />

befahren <strong>wir</strong>d.<br />

ets – das edition trading system –, der emissionshandel ist das herzstück der europäischen<br />

Klimapolitik. das heißt: <strong>wir</strong> definieren, wie viel co 2 innerhalb der europäischen<br />

union, in dem Fall bis 2020, emittiert werden darf. anschließend dürfen die marktakteure,<br />

Kraftwerke, industriebetriebe diese emissionskontingente untereinander handeln.<br />

wer in die beste technik investiert, hat möglicherweise freie Kontingente und wer das<br />

nicht tut, muss eben emissionsrechte <strong>zu</strong>kaufen. in den letzten 20 Jahren wurde von uns<br />

die schaffung eines globalen co 2 -handelsmarktes stark vorangetrieben. meine politische<br />

erfahrung und meine einschät<strong>zu</strong>ng zeigt ganz klar, dass dieses Ziel nicht erreichbar ist.<br />

der rest der welt macht schlicht und einfach nicht mit. in den usa, als obama gewählt<br />

wurde, hat man <strong>noch</strong> geglaubt, dieser würde ein green president, der auch dieses thema<br />

vorantreibt. in den usa ist präsident obama eigentlich nichts anderes möglich geblieben,<br />

als die alte bush-linie faktisch <strong>zu</strong> adaptieren. nur die rhetorik war etwas anders, ein<br />

wenig grüner. aber die usa haben <strong>zu</strong> keinem einzigen Zeitpunkt auch nur annähernd<br />

signalisiert, sich den europäischen ideen an<strong>zu</strong>schließen. das gegenteil ist der Fall.<br />

nach den letzten midturn elections, also den <strong>Zwischen</strong>wahlen <strong>zu</strong>m us Kongress, gab es<br />

eine mehrheit der republikanischen partei. in der woche danach ist die chicago climat


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

exchange, also die börse, an der emissionsrechte gehandelt werden sollten, geschlossen<br />

worden. al gore hatte <strong>noch</strong>, offensichtlich rechtzeitig, eine woche vorher seine anteile an<br />

dieser börse verkauft. die amerikaner haben längst begriffen, dass eine einseitige co 2 -<br />

minderungspolitik <strong>zu</strong>r deindustrialisierung der usa beiträgt. deswegen muss man an der<br />

stelle sehr klar sagen, dass das modell international nicht funktionieren <strong>wir</strong>d, auch nicht<br />

in richtung asien. natürlich gibt es in china emissionshandelsideen und -modelle. das<br />

land ist riesig groß, es gibt regionen, die auch in eigener politischer Verantwortung sind.<br />

es gibt auch viele umweltverbände, die mir ständig vorhalten die chinesen interessieren<br />

würden sich für emissionshandel. auf regierungsebene tun sie das nicht. die regierung<br />

der Volksrepublik republik china ist keineswegs daran interessiert, emissionshandelsmodelle<br />

für co 2 auf den weg <strong>zu</strong> bringen, aus den beschriebenen gründen.<br />

ein weiteres problem, mit dem <strong>wir</strong> uns momentan konfrontiert sehen, ist das thema luftverkehr.<br />

hier haben <strong>wir</strong> beschlossen, dass die airlines in den emissionshandel einbezogen<br />

werden. das heißt, dass am ende des tages die tickets verteuert werden. es gibt eine<br />

co 2 -abgabe auf Flugtickets. <strong>wir</strong> haben vor fünf Jahren begonnen, eine eu-richtlinie <strong>zu</strong><br />

schaffen, in der <strong>wir</strong> drittstaaten ungefragt einfach mit einbeziehen. Jede airline, die ab<br />

april 2013 bei uns landet, muss auf dem europäischen Flughafen emissionsrechte für die<br />

gesamte strecke vorweisen. es gab schon damals bei der diskussion protestnoten von vielen<br />

ländern, die <strong>zu</strong>m ausdruck gebracht haben, dass dies ein eingriff in die nationalen<br />

lufthoheitsrechte ist. dies wurde völlig ignoriert. <strong>wir</strong> haben jetzt in der tat das problem,<br />

das es nicht mehr nur opposition von drittstaaten gegen die einbeziehung der Fluggesellschaften<br />

gibt, sondern einen handfest organisierten widerstand mit androhung von<br />

gegenmaßnahmen. es gibt eine Koalition von fast 30 ländern wie russland, china oder<br />

indien, die der eu mit gegenmaßnahmen drohen und die sehr deutlich sagen: wenn die<br />

eu dies umsetzt, dann erheben <strong>wir</strong> Zwangsgebühren für europäische Flugzeuge auf unseren<br />

Flughäfen.<br />

china, und an der stelle ist es meines erachtens <strong>wir</strong>klich allerhöchste Zeit auf<strong>zu</strong>wachen,<br />

hat mit der begründung des ungelösten emissionshandelssystems airbusbestellungen storniert.<br />

und das war der moment, wo der französische präsident nervös wurde, weil es<br />

dabei um 2000 arbeitsplätze in Frankreich geht. <strong>wir</strong> provozieren mit einseitiger starrer,<br />

sturer eu-Klimapolitik einen handelskrieg. es ist allerhöchste Zeit, dass dieses thema<br />

deeskaliert <strong>wir</strong>d und eben auch eine eu-Klimakommissarin, die bisher ganz stur daran<br />

festhält, jetzt aufwacht und dieses thema auf die tagesordnung setzt. Zumindest diese<br />

richtlinie muss geändert werden, damit <strong>wir</strong> aus dieser internationalen Konfliktsituation<br />

herauskommen.<br />

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14<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Holger KraHmer mdeP<br />

20 JaHre internationale KlimaPolitiK –<br />

teure VersucHung oHne messbares ergebnis<br />

ein weiterer punkt <strong>zu</strong> den instrumenten: <strong>wir</strong> belassen es ja nicht bei dem emissionshandel.<br />

theoretisch ist es sinnvoll <strong>zu</strong> sagen, lasst uns emissionen begrenzen und den emissionshandel<br />

des co 2 bepreisen. aber <strong>wir</strong> erlassen am laufenden band politische entscheidungen<br />

und maßnahmen, die das system konterkarieren. <strong>wir</strong> haben erst letzte woche<br />

auf eu-ebene wieder eine energieeffizienz-richtlinieverabschiedet,<br />

in der übrigens<br />

von energieeffizienz kaum<br />

die rede ist. dort geht es<br />

hauptsächlich um energieeinsparung,<br />

also um ein blankes<br />

Verbrauchsminderungsziel.<br />

energielieferanten werden<br />

da<strong>zu</strong> verpflichtet, bei ihren<br />

Kunden jedes Jahr 1,5 prozent<br />

lieferkür<strong>zu</strong>ngen durch<strong>zu</strong>setzen.<br />

das ist plan<strong>wir</strong>tschaft,<br />

das erinnert mich an die<br />

staatliche plankommission<br />

der ddr. diese blanke Verpflichtung,<br />

den energieverbrauch<br />

ab<strong>zu</strong>senken, hat mit<br />

effizienz eigentlich nichts <strong>zu</strong><br />

tun. sie konterkariert den emissionshandel, denn die absenkung <strong>wir</strong>kt sich natürlich auf<br />

die preise im co 2 -handel aus.<br />

dann haben <strong>wir</strong> die erneuerbare-energien-politik. auch <strong>wir</strong> nehmen uns vor, bis <strong>zu</strong>m<br />

Jahr 2020 in europa 20 prozent des stromes aus erneuerbaren energien <strong>zu</strong> erzeugen. das<br />

<strong>wir</strong>d gefördert mit staatlichen maßnahmen und konterkariert erneut den emissionshandel.<br />

normalerweise ist der emissionshandel für sich genommen, wenn er funktioniert, das<br />

instrument, bei dem es sich lohnt <strong>zu</strong>m beispiel vom Kohlekraftwerk oder vom gaskraftwerk<br />

auch mal erneuerbaren strom <strong>zu</strong> kaufen. diese ganze erneuerbare-energien-politik<br />

in deutschland, das eeg, ist faktisch ein angriff auf den emissionshandel.<br />

als nächstes kommt die Öko-design-richtlinie, und das ist etwas, was uns bürger glaube<br />

ich, auf die barrikaden treiben sollte. da schreibt uns die eu-Kommission vor, dass <strong>wir</strong> unsere<br />

klassischen glühbirnen aus den Fassungen schrauben und durch energiesparlampen


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

ersetzen und <strong>wir</strong> reden uns dabei ein, die welt <strong>zu</strong> retten. dabei bleibt es natürlich nicht.<br />

die eu-Kommission hat unter dieser Öko-design-gesetzgebung 800 weitere produkte und<br />

produktgruppen identifiziert, die nach effizienzkriterien bewertet werden. am ende drohen<br />

uns dann produktverbote. letzte woche habe ich eine pressemitteilung von siemens,<br />

bosch, electrolux und philips gesehen, die in Koalition mit umweltverbänden die eu Kommission<br />

auffordern, die Öko-design-richtlinie <strong>zu</strong> verschärfen und stärker durch<strong>zu</strong>setzen.<br />

da sehen sie, wo <strong>wir</strong> angekommen sind. es nutzen mittlerweile auch unternehmen und<br />

ihre lobbynetzwerke diesen regulierungsrahmen aus, um für sich ein business case <strong>zu</strong><br />

schaffen. das ist doch hochgradig bedenklich. <strong>wir</strong> sind weit entfernt von markt<strong>wir</strong>tschaftlicher<br />

ordnungspolitik auf europäischer ebene. ich halte es für wichtig, dass <strong>wir</strong> gerade<br />

in einem rahmen wie heute die sensibilität dafür wecken und dort auch mit mehr Zivilcourage<br />

die diskussion über die Frage führen: Kann das gewollt sein? Kann es sein, dass<br />

sich hier politik <strong>zu</strong>m handlanger von unternehmensinteressen macht? ich kaufe gerne<br />

siemens-produkte, aber das sollen doch bitte sie selbst im laden entscheiden, welchen<br />

Kühlschrank sie kaufen, welche glühbirne sie kaufen, welchen toaster sie kaufen. da<br />

brauchen <strong>wir</strong> keine eurokraten aus brüssel, die uns das vorschreiben. das ist etwas sehr<br />

wichtiges.<br />

letzter punkt: was können <strong>wir</strong> nun eigentlich machen? ich habe beschrieben, wie schwierig<br />

es ist, international unseren klimapolitischen ansatz der letzten 20 Jahre durch<strong>zu</strong>setzen.<br />

es gibt kaum eine möglichkeit in der co 2 -minderung. ich persönlich bin auch<br />

überzeugt davon, dass ab 2020 der emissionshandel <strong>zu</strong>mindest für co 2 ein auslaufmodell<br />

sein <strong>wir</strong>d, <strong>wir</strong> sind bis 2020 per gesetz daran gebunden. aber wenn die globalen Vorausset<strong>zu</strong>ngen,<br />

die ökonomischen, und ich sage auch gleich <strong>noch</strong> einen satz <strong>zu</strong> den wissenschaftlichen,<br />

so weitergehen wie jetzt, dann ist eigentlich ganz klar, dass das <strong>zu</strong>mindest<br />

für co 2 nicht funktioniert.<br />

was müssen <strong>wir</strong> machen? eigentlich ist die antwort ganz einfach. wenn sie abkommen<br />

anstreben wollen, partnerschaften, Kooperationen mit menschen und institutionen und in<br />

dem Falle anderen staaten, die konträrer andere interessen haben als sie, dann sucht man<br />

sich doch die Felder, wo es gemeinsamkeiten gibt, um voran<strong>zu</strong>kommen. und da gibt es<br />

im wesentlichen zwei. das eine ist die energieumwandlungsforschung: wo kommt unser<br />

strom, unsere wärme in den nächsten 50 Jahren her? ich habe manchmal das gefühl, dass<br />

<strong>wir</strong> in unserem glauben, dass <strong>wir</strong> alles wissen, heute schon davon ausgehen, vorhersagen<br />

<strong>zu</strong> können, wie in 2050 der energiemix der welt aussehen <strong>wir</strong>d. <strong>wir</strong> überlegen uns, dass in<br />

deutschland 80 prozent des stroms aus erneuerbaren energien kommen muss. Vergleichbare<br />

Ziele soll es auf europäischer ebene geben. das ist anmaßung von wissen. die welt<br />

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16<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Holger KraHmer mdeP<br />

20 JaHre internationale KlimaPolitiK –<br />

teure VersucHung oHne messbares ergebnis<br />

ist nicht statisch, der technische Fortschritt geht weiter. aber <strong>wir</strong> scheinen aus unseren<br />

erfahrungen nichts <strong>zu</strong> lernen. wie sie vielleicht wissen, gab es 1950 schon einmal in<br />

deutschland einen Konsens darüber, dass im Jahr 2000 80 prozent des deutschen stroms<br />

aus der atomkraft kommen <strong>wir</strong>d. das war ein schulterschluss zwischen Konrad adenauer<br />

und willy brandt seinerzeit. sie sehen, was daraus geworden ist. irgendwann kam der ausstieg,<br />

erneuerbare energien hat damals niemand auf dem radar gehabt. derzeit spielt sich<br />

auf den energiemärkten eine fossile revolution ab. es hat <strong>noch</strong> vor drei, vier Jahren niemand<br />

für möglich gehalten, dass plötzlich gas- und Öl-Vorkommen in unkonventionellen<br />

gesteinsvorkommen rentabel werden. die usa werden <strong>zu</strong>m netto-exporteur von gas und<br />

in 25 Jahren wahrscheinlich unabhängig von fossilen brennstofflieferungen aus dem nahen<br />

osten sein. <strong>wir</strong> haben dort heute schon die skurrile situation, dass gas in den usa<br />

1/10 dessen kostet, was man in Katar dafür bezahlen müsste. die welt <strong>wir</strong>d derzeit vom<br />

Kopf auf die Füße gestellt und zwar während <strong>wir</strong> in europa darüber reden, dass <strong>wir</strong> in 50<br />

Jahren bloß <strong>noch</strong> windräder und photovoltaik haben. es ist wichtig, dass <strong>wir</strong> diese diskussion<br />

auch in europa <strong>zu</strong>lassen. <strong>wir</strong> können davon profitieren, wenn fossile brennstoffpreise<br />

sinken. und <strong>wir</strong> sollten es entsprechend auch nutzen. dies <strong>wir</strong>d natürlich alles einfluss<br />

haben auf die Klimapolitik und letztendlich auch auf die energiepolitik der Zukunft.<br />

eine weitere maßnahme, die auf jeden Fall sinnvoll ist, ist das <strong>zu</strong> tun, was die menschheit<br />

seit einer million Jahren macht, nämlich sich an<strong>zu</strong>passen an klimatische Veränderungen.<br />

diese laufen ohnehin und sind möglicherweise gar nicht in dem umfang von uns<br />

beeinflussbar, wie <strong>wir</strong> uns das vorstellen. das wäre in jedem Fall sinnvoll ausgegebenes<br />

geld, denn es betrifft diejenigen, die es ausgeben, auch direkt. die Klimapolitik ins Jahr<br />

2100 gerichtet, ist insofern ein bisschen eigenartig, als dass die menschen, die heute in<br />

bangladesch in not sind, darauf vertröstet werden, dass <strong>wir</strong> im Jahr 2100 ein 2-grad-Ziel<br />

erreichen. das ist meiner ansicht nach nicht besonders ethisch, anpassungsmaßnahmen<br />

sind also ein wichtiger grund.<br />

und nun komme ich <strong>zu</strong>m schluss. ich bin als ossi, als Kind der ddr in einer gesellschaft<br />

groß geworden, in der ich in der schule gelernt hab, was ich denken muss und was<br />

das langfristige Ziel aller gesellschaftlichen entwicklungen ist. ich bin ein bisschen überrascht,<br />

aber ich freue mich eigentlich, dass ich das ausgerechnet in sachsen sagen darf:<br />

in westdeutschland versteht das mancher nicht so richtig, wie <strong>wir</strong> 20 Jahre, nachdem <strong>wir</strong><br />

plan<strong>wir</strong>tschaft, sozialismus und diktatur hinter uns gelassen haben, heute wieder in einer<br />

uniformität, gleichförmigkeit des denkens angekommen sind, in dem ein dogma nach<br />

dem anderen gepflegt <strong>wir</strong>d. das ist erstaunlich.


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

ich sage nicht, um das ganz klar <strong>zu</strong> sagen, dass co 2 in der atmosphäre keine rolle spielt.<br />

ich bin kein wissenschaftler, ich bin Volksvertreter, ich treffe in ihrem namen in brüssel<br />

entscheidungen. es muss doch bitteschön erlaubt sein <strong>zu</strong> fragen, wie sicher <strong>wir</strong> eigentlich<br />

sind, was den Klimawandel antreibt. man muss kein akademiker sein, man braucht heut<strong>zu</strong>tage<br />

nur nach<strong>zu</strong>lesen, dass <strong>wir</strong> überhaupt gar keine abgeschlossenen erkenntnisse über<br />

die Frage haben, was Klimawandel <strong>wir</strong>klich antreibt. es kann sein, dass es co 2 ist, es kann<br />

sein, dass es die sonne ist, es kann sein, das es ein mix aus beidem ist, aber hier wurde in<br />

den letzten Jahren ein denkmonopol von einer institution in die welt gesetzt, bei der ich<br />

erstaunt bin, wie unkritisch und wie unreflektiert das gerade in westlichen gesellschaften,<br />

insbesondere in europa, angenommen worden ist.<br />

es ist Zeit, einen gegenweltklimarat <strong>zu</strong> gründen. der weltklimarat ist die institution,<br />

aus der <strong>wir</strong> die diskussionsgrundlage ziehen, aufgrund dessen <strong>wir</strong> entscheiden, dass <strong>wir</strong><br />

emissionshandel machen, erneuerbare energienpolitik machen usw. genau wie in der<br />

<strong>wir</strong>tschaft braucht auch wissenschaft wettbewerb. es darf keine denkmonopole geben.<br />

wissenschaft muss nur sich selber verpflichtet sein, niemals einer obrigkeit, ansonsten<br />

setzt eine Korruption der intellektuellen ein und das scheint uns passiert <strong>zu</strong> sein. deswegen<br />

ist es mir sehr wichtig, die Frage <strong>zu</strong> stellen, war das ipcc, war der weltklimarat<br />

<strong>wir</strong>klich objektive wissenschaft oder ist diese institution <strong>zu</strong> stark okkupiert worden von<br />

politischen, ökonomischen interessen und ist es möglicherweise nötig, die große gilde der<br />

wissenschaftler, die andere antworten gibt, auch mal <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>führen und <strong>zu</strong> organisieren<br />

und dort auch wissenschaftlich dar<strong>zu</strong>legen, wo <strong>wir</strong> da eigentlich stehen?<br />

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18<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. dr. Knut löscHKe<br />

Klima und gesellscHaft – gesellscHaftlicHes Klima<br />

Vielen dank an die organisatoren dieser wichtigen Veranstaltung, danke für die einladung<br />

und damit für die möglichkeit, über meine gedanken <strong>zu</strong>m thema sprechen <strong>zu</strong> können.<br />

mein Vortrag <strong>wir</strong>d sich in zwei teile gliedern:<br />

im ersten teil fasse ich die mir bekannten, durch literaturstudium und durch gespräche<br />

mit Kollegen erlangten hypothesen und Fakten <strong>zu</strong>m Klimawandel <strong>zu</strong>sammen und kommentiere<br />

sie. ich möchte mich dabei nur auf zwei wesentliche punkte konzentrieren und<br />

zeigen, warum ich sehr skeptisch bin. im zweiten teil diskutiere ich die aus<strong>wir</strong>kungen auf<br />

die gesellschaftliche situation und erkläre, warum ich sehr beunruhigt bin.<br />

Das sind meine Thesen:<br />

Zum teil 1<br />

1. das Klima unterliegt seit bestehen der erde beständig kleinen und großen Veränderungen.<br />

die Veränderungen der lokalen Klimate in den letzten 100 Jahren sind nicht<br />

außergewöhnlich.<br />

2. der sogenannte atmosphärische wärmeeffekt ist <strong>noch</strong> nicht verstanden. die vielen darüber<br />

aufgestellten und sich teils völlig widersprechenden hypothesen sind nicht streng<br />

naturwissenschaftlich, z. b. experimentell, verifiziert.<br />

3. der einfluss des menschen auf das Klima, insbesondere wenn man ihn auf die <strong>zu</strong>sätzliche<br />

emission von „technischem“ co 2 reduziert, ist sehr wahrscheinlich marginal. es<br />

gibt dahingegen starke hinweise auf natürliche ursachen der Klima-Veränderungen,<br />

insbesondere auf einen wesentlichen einfluss kosmischer (sonnenaktivität) und erdbedingter<br />

Faktoren (lokale albedo-unterschiede, erdbahnparameter-Veränderungen,<br />

wolkenbildung usw.)<br />

4. es muss unbedingt seriös und unabhängig von ideologischen annahmen weiter geforscht<br />

werden, bevor gravierende <strong>wir</strong>tschaftliche und politische entscheidungen getroffen<br />

werden könnten.<br />

Zum teil 2:<br />

1. politische Kräfte aller parteien versuchen, die angst der menschen vor einem weltuntergangszenario<br />

namens „Klimakatastrophe“ <strong>zu</strong> benutzen, um sich machtpositionen <strong>zu</strong><br />

schaffen und um eine plan<strong>wir</strong>tschaftliche, diktatorische ordnung <strong>zu</strong> errichten.<br />

2. bildungspolitische Vorgaben manipulieren unsere Kinder mit dem Ziel uns eltern <strong>zu</strong><br />

beeinflussen. das ist eine, insbesondere aus der deutschen Vergangenheit (Faschismus,<br />

Kommunismus) gut bekannte, manipulationsstrategie totalitärer regimes.


3. wenn man als deutscher von unseren historischen erfahrungen<br />

ausgeht, dann muss man vor entwicklungen, die diktatorische<br />

elemente enthalten und die demokratische Freiheiten beschneiden,<br />

warnen und sich konsequent gegen sie wenden.<br />

Zum teil 1:<br />

eine geschichte durchzieht seit den achtzigern des vorigen Jahrhunderts<br />

ungebrochen, in immer größer werdenden Kreisen und<br />

mit immer stärkerer werdenden politischen, sozialen und <strong>wir</strong>tschaftlichen<br />

aus<strong>wir</strong>kungen unsere welt:<br />

Die Klimakatastrophe<br />

wenn <strong>wir</strong> der allgegenwärtigen, der „offiziellen“ meinung folgen,<br />

dann scheint alles klar <strong>zu</strong> sein: nämlich, der mensch ist der<br />

Verursacher der immer weiter steigenden co 2 -Konzentration und<br />

damit der steigenden welt-temperaturen und er <strong>wir</strong>d die welt vernichten,<br />

wenn dem nicht mit drastischen mitteln sofort einhalt<br />

geboten <strong>wir</strong>d.<br />

so konnte man am ersten Juni dieses Jahres in „spiegel-online“<br />

lesen: co 2 -messungen übersteigen kritischen grenzwert (was<br />

auch immer damit gemeint ist). und eine weitere, sich darauf beziehende<br />

Veröffentlichung fragte: „müssen <strong>wir</strong> nun alle sterben?“<br />

ich hingegen stelle <strong>zu</strong>nächst nur diese einfachen Fragen: was wissen<br />

<strong>wir</strong> tatsächlich? was hat das ganze für Folgen?<br />

Kommen <strong>wir</strong> im ersten teil unserer betrachtung <strong>zu</strong>m<br />

Klimawandel<br />

nachdem die angstmacherei vor einer neuen eiszeit in den 70er<br />

Jahren kurz ihr erblühen feierte und danach fast vollständig vergessen<br />

wurde, nahm die panik vor einer Klimakatastrophe – nur<br />

eben mit anderem Vorzeichen – in den 80ern ihren neuen, unheilvollen<br />

lauf. und wenn von „Klimawandel“ geredet <strong>wir</strong>d,<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr.<br />

Knut Löschke<br />

Physiker, Leipzig<br />

„Die Veränderungen der<br />

lokalen Klimate in den letzten<br />

100 Jahren sind nicht<br />

außergewöhnlich. Und der<br />

Einfluss des Menschen auf<br />

das Klima ist sehr wahrscheinlich<br />

marginal. Es gibt<br />

dagegen starke Hinweise<br />

auf natürliche Ursachen der<br />

Klima-Veränderungen wie<br />

Sonnenaktivität und erdbedingte<br />

faktoren. Deshalb<br />

muss unbedingt seriös und<br />

unabhängig von ideologischen<br />

Annahmen weiter<br />

geforscht werden, bevor<br />

gravierende <strong>wir</strong>tschaftliche<br />

und politische Entscheidungen<br />

getroffen werden.“<br />

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20<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr. Knut LöschKe<br />

KLima unD GeseLLschaft – GeseLLschaftLiches KLima<br />

dann ist nicht die völlig natürliche Variation des wettergeschehens gemeint, sondern die<br />

von uns menschen vorgeblich verursachte „Katastrophe“. worauf gründet sich das? auf<br />

drei simple sachen:<br />

1. auf die darstellung einer globalen co 2 -Konzentration über der Zeit<br />

2. auf die darstellung einer mittleren welt-temperatur über der Zeit<br />

3. auf der Korrelationsannahme zwischen beiden Kurven<br />

wenden <strong>wir</strong> uns also nun einem teilaspekt <strong>zu</strong>, dem<br />

CO 2<br />

die erdatmosphäre besteht <strong>zu</strong> rund 78 prozent aus stickstoff und <strong>zu</strong> rund 21 prozent<br />

aus sauerstoff. co 2 ist derzeit mit rund 0,039 prozent an der atmosphäre beteiligt und<br />

ist dem<strong>zu</strong>folge ein sogenanntes spurengas. aber es ist selbst in dieser äußerst geringen<br />

Konzentration ein für uns lebenswichtiges gas. die existenz der gesamten pflanzen- und<br />

damit der tierwelt – auch die existenz des menschen – hängt von ihm ab. es ist in den vorkommenden<br />

spuren weder gefährlich <strong>noch</strong> giftig. im gegenteil: eine „co 2 -freie Zukunft“,<br />

die wortwörtlich viele politiker, mediale, grüne aktivisten und sogar beamte von staatlichen<br />

umweltinstitutionen fordern (Flasbarth, chef des umweltbundesamtes: „ein co 2 -<br />

freies deutschland bis 2050 ist ein projekt, das ich mit der wissenschaftlichen expertise<br />

des umweltbundesamtes vorantreiben will“.), müssten <strong>wir</strong> unbedingt verhindern! land<strong>wir</strong>tschafts-experten<br />

wissen von einer signifikanten ertragssteigerung bei erhöhung der<br />

spuren-Konzentration. der gültige arbeitsplatzgrenzwert liegt bei 5.000 ppm. in normalen<br />

wohnräumen und schlafzimmern werden nicht selten 1.000 ppm und mehr erreicht.<br />

allgemein <strong>wir</strong>d behauptet, dass die atmosphärische Konzentration von co 2 über sehr lange<br />

Zeiten konstant bei 280 ppm lag und erst seit der industriellen entwicklung ansteigt.<br />

gehen <strong>wir</strong> dem nach, so sehen <strong>wir</strong> jedoch, dass verlässliche, direkte (chemische und spektroskopische)<br />

co 2 -messungen ganz unterschiedliche Konzentrationen in den letzten runden<br />

200 Jahren (seit dem <strong>wir</strong> es überhaupt messen können) belegen. auch abschät<strong>zu</strong>ngen<br />

über eine co 2 -Konzentration in der ferneren Vergangenheit, die aus sogenannten proxydaten<br />

(stellvertreterdaten) ermittelt wurden, liegen vor (gasblasen im eis, sedimente,<br />

Vegetationsspuren usw.) und all dies lässt erkennen, dass Konzentrationen von 180 bis<br />

über 1800 ppm bereits vorkamen.<br />

die grundlegende Frage ist also: wie groß muss und wie groß darf der anteil dieses gases in<br />

der atmosphäre sein? was ist „normal“, woran messen <strong>wir</strong> ein „<strong>zu</strong> viel“ und ein „<strong>zu</strong> wenig“?


CO 2 ppmv<br />

470<br />

450<br />

430<br />

410<br />

390<br />

370<br />

350<br />

330<br />

310<br />

290<br />

270<br />

Direkte CO 2 -Messungen und CO 2 -Proxy-Daten<br />

Pflanzenanalyse<br />

Quelle: Kouwenberg 2<br />

Chemische Analysedaten<br />

Quelle: E.-G. Beck<br />

Pflanzenanalyse<br />

Quelle: Kouwenberg<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Eisbohrkerne<br />

Quelle: IPCC<br />

Mauna Loa<br />

Quelle: IPCC<br />

250<br />

1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 2020<br />

Abb. 1 Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre<br />

In der Folie <strong>wir</strong>d gezeigt, dass es sowohl durch Proxy-Daten, als auch durch chemische und spektroskopische Daten belegt<br />

werden kann, dass es eine in weiten Bereichen schwankende CO 2 -Konzentration in historischen Zeiten gab.<br />

Die Antwort ist: Wir wissen es nicht!<br />

<strong>wir</strong> können jedoch durchaus feststellen, dass die heutigen co 2 -Konzentrationen in der atmosphäre<br />

nicht ungewöhnlich sind und in der Vergangenheit mehrfach überschritten wurden,<br />

dies in Zeiten, in denen ein technischer einfluss des menschen sicher aus<strong>zu</strong>schließen<br />

ist. der anthropogene anteil an der gesamtmenge an co 2 beträgt <strong>zu</strong>rzeit maximal 5 prozent.<br />

die von mir gefundenen angaben schwanken zwischen 1,2 prozent bis 5 prozent,<br />

je nach berechnungs- oder abschät<strong>zu</strong>ngsverfahren. die nächste und wie mir scheint, die<br />

entscheidende Frage ist, beeinflusst diese im ppm (part per million) bereich liegende co 2 -<br />

Konzentration die Temperatur der erdoberfläche und der erdatmosphäre wesentlich?<br />

auch hier können <strong>wir</strong> leider erst in der jüngeren geschichte auf direkt gemessene werte<br />

<strong>zu</strong>rückgreifen, denn obwohl thermometer etwa <strong>zu</strong>r Zeit galileis aufkamen, gibt es erst seit<br />

1715 eine verlässliche skala (Fahrenheit). es wurde in deutschland gemessen: berlin seit 1701,<br />

hohenpeißenberg seit 1751, Frankfurt seit 1757, münchen seit 1781, stuttgart seit 1792, leipzig<br />

seit 1851, hannover seit 1856, Friedrichshafen seit 1866. die direkten messdaten der oben<br />

genannten, lange und mit wenigen ausnahmen kontinuierlich messenden deutschen stationen<br />

zeigen, dass es <strong>zu</strong> beginn der aufzeichnung, also am beginn des 18 Jahrhunderts <strong>zu</strong> minde-<br />

21


22<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr. Knut LöschKe<br />

KLima unD GeseLLschaft – GeseLLschaftLiches KLima<br />

stens an diesen messpunkten wärmer war als heute oder ähnlich warm. das gleiche zeigen<br />

auch lang messende stationen in prag, wien, paris und anderen europäischen sowie nordamerikanischen<br />

orten. präindustrielle und prähistorische temperaturwerte, gewonnen wiederum<br />

aus proxy-daten (baumringe, stalagmiten, sedimente, Vegetationsspuren) liefern hinweise<br />

auf ständige temperaturschwankungen in bereichen von plus/minus mehreren grad.<br />

temperatur in °C<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

Lufttemperatur historischer deutscher Stationen<br />

1700 1750 1800 1850<br />

1900<br />

1950<br />

2000<br />

Abb. 2 Temperaturverlauf langfristig messender Stationen<br />

Das Beispiel Berlin-Dahlem zeigt hier, dass es mehrere Abkühlungs- und Erwärmungsphasen zwischen 1701 und 2010 gab<br />

und <strong>wir</strong> heute auf ca. dem gleichen Niveau, wie um 1800 liegen. (Quelle: DWD)<br />

die ihnen sicher bekannten, ansteigenden temperatur-Kurven ab ca. 1890, die in allen möglichen<br />

medien veröffentlicht wurden, verschweigen schamvoll die abnehmenden temperaturen<br />

zwischen 1701 und 1890.<br />

statische und dynamische Fehlerquellen der ermittlung von mitteltemperatur-reihen werden<br />

natürlich in seriösen Veröffentlichungen behandelt, aber nur in wenigen Fällen hinsichtlich<br />

ihrer einflüsse auf den errechneten temperaturgang diskutiert. solche einflüsse sind z. b. Veränderungen<br />

der messgeräte selbst über die Zeit, Veränderungen der umgebungsbedingungen<br />

(einfluss der Vegetation, der Verstädterung mit seinem wohlbekannten wärmeinseleffekt), Änderungen<br />

der „amtlichen“ mittelungsvorschriften örtlicher tagesdaten, Veränderung der in<br />

die mittelung einbezogenen anzahl und standorte von messstationen und so weiter.


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

erschwerend kommt hin<strong>zu</strong>, dass in vielen gegenden der erde nicht oder nur spärlich gemessen<br />

<strong>wir</strong>d und vor allem die riesigen Flächen der weltmeere ein sehr großes, immer<br />

<strong>noch</strong> relativ unbekanntes einflusspotential auf die statistiken der messkurven haben. als<br />

simpler experimentalphysiker würde ich anmerken, dass es ein sehr gewagtes unterfangen<br />

ist, eine „globale erdmitteltemperatur“ auf diese weise <strong>zu</strong> berechnen. aber irgendwie<br />

hat sich der Klimawandel-mainstream nun auf einen globalen temperaturanstieg seit „der<br />

vorindustriellen Zeit“ (also seit rund 100 Jahren) von 0,7 bis 0,8 grad geeinigt. dies öffentlich<br />

in Frage <strong>zu</strong> stellen, käme einem sakrileg gleich. obwohl: sehr merkwürdig ist es<br />

schon, wenn <strong>wir</strong> in einer Veröffentlichung, bei der prof. schellnhuber (piK) mitautor ist<br />

(!), lesen: „in the vast majority of stations we did not see indications for a global warming<br />

of the atmosphere“ Überset<strong>zu</strong>ng: in der übergroßen mehrheit der stationen haben <strong>wir</strong> keine<br />

indikation für eine globale erwärmung sehen können. (physical review e 68, 046133<br />

(2003)) doch wenn <strong>wir</strong> die Frage beantworten wollen, was denn nun die normale, die<br />

„gute“ welt-temperatur sei und woran <strong>wir</strong> auch hier ein „<strong>zu</strong> warm“ oder „<strong>zu</strong> kalt“ messen<br />

wollen, so müssen <strong>wir</strong> ehrlicherweise antworten: Wir wissen es nicht.<br />

<strong>wir</strong> kennen offensichtlich nicht mal die aktuelle globale mitteltemperatur genau. unsere<br />

Klimapäpste – die professoren rahmsdorf und schellnhuber – sprechen von 15 grad, das<br />

ipcc (2007) von 14 grad.<br />

temperatur in °C<br />

17<br />

15<br />

13<br />

11<br />

Prähistorische Lufttemperatur aus Proxy-Daten<br />

Ende der letzten Kaltzeit<br />

Klima-Optimum<br />

des Holozän<br />

Römisches<br />

Klima-Optimum<br />

Mittelalterliche<br />

Wärmeperiode<br />

Völkerwanderungs-<br />

Pessimum<br />

13<br />

10 8<br />

6 4<br />

2 Kleine 0<br />

Jahrtausende vor heute<br />

Eiszeit<br />

Abb. 3 prähistorischer Temperaturverlauf<br />

Darstellung von Schönwiese zeigt hier die permanenten Temperaturschwankungen in den letzten 11.000 Jahren<br />

17<br />

15<br />

23


24<br />

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<strong>wir</strong> wissen nur, dass unsere welt insgesamt und in den verschiedenen regionen der erde<br />

– selbst innerhalb der kurzen Zeitspanne seit der entwicklung des menschen – große<br />

temperaturschwankungen von mehreren grad erlebt hat. demnach befänden <strong>wir</strong> uns heute<br />

in keiner ungewöhnlichen erwärmungsphase. selbst die vorgeblich sicher gemessene<br />

erwärmung der letzten 100 Jahre von 0,7 bis 0,8 grad ist, verglichen mit warm- und<br />

Kaltzeiten der Vergangenheit, keineswegs erschreckend. außerdem zeigen selbst die offiziellen<br />

messwerte seit ca. 15 Jahren keinen anstieg mehr. und dies obwohl die co 2 -<br />

Konzentration in der atmosphäre weiter steigt.<br />

temperatur Abweichung vom Mittel<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

-0,2<br />

CO 2 -Konzantration und temperatur<br />

-0,4<br />

355<br />

1996 1999 2000 2001 2002 2003 2003 2004 2005 2006 Jahr<br />

Abb. 4 aktueller Temperaturverlauf und CO 2 Anstieg<br />

Die Grafik zeigt die Abweichungen vom Mittelwert der Temperatur (keine Temperaturerhöhung) über die letzten Jahre im<br />

Vergleich <strong>zu</strong>m ansteigenden CO 2 -Gehalt der Atmosphäre<br />

(Quelle: •Univ. of East Anglia (CRU), •Univ. of Alabama, Huntville (MSULT), •CO 2 Mauna Loa (ppm))<br />

der letzte satz ist besonders wichtig, denn: um die erhöhungen der mittleren globaltemperatur<br />

in den letzten hundert Jahren <strong>zu</strong> erklären, <strong>wir</strong>d mit dem sogenannten Treibhauseffekt<br />

argumentiert. diese hypothese wurde erstmalig von svante arrhenius 1895 aufgestellt.<br />

original-Zitat „ein anstieg des co 2 <strong>wir</strong>d <strong>zu</strong>künftigen menschen erlauben, unter<br />

einem wärmeren himmel <strong>zu</strong> leben“. leider ist wenigen bekannt, dass seine annahmen<br />

bereits wenige Jahre später von den damals führenden Klimaforschern verworfen wurden<br />

(siehe wilhelm eckardt, „paläoklimatologie, 1910, göschen, leipzig). unsere heutigen,<br />

offiziellen Klimaretter berufen sich jedoch unbeirrt <strong>noch</strong> immer auf arrhenius und alles<br />

scheint völlig klar <strong>zu</strong> sein. die naturwissenschaftlich fundierte antwort zeigt jedoch das<br />

390<br />

385<br />

380<br />

375<br />

370<br />

365<br />

360<br />

CO 2 - Konzentration (ppm)


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

gleiche dilemma wie beim co 2 -„normalgehalt“ und der „normalen“ temperatur in der<br />

atmosphäre: Wir wissen es nicht.<br />

<strong>wir</strong> wissen offensichtlich nicht sicher, wie co 2 und andere, sogenannte klimasensitiven<br />

spurengase im komplizierten system der atmosphäre allein und im komplexen Zusammenhang<br />

miteinander <strong>wir</strong>ken und <strong>wir</strong> orakeln herum, welche einflüsse <strong>noch</strong> und wie <strong>zu</strong><br />

berücksichtigen wären (z. b.: der einfluss von wolken, von stäuben und aerosolen). die<br />

Zahl der kontroversen beiträge ist groß und ständig kommen neue hin<strong>zu</strong>.<br />

meine damen und herren, in der exakten naturwissenschaft ist jede hypothese <strong>zu</strong>lässig,<br />

die auf plausiblen annahmen beruht. so natürlich auch die hypothese, dass co 2 als irabsorbierendes<br />

gas für eine erwärmung der erdatmosphäre <strong>zu</strong>ständig sein könnte. eine<br />

hypothese <strong>wir</strong>d jedoch erst dann <strong>zu</strong>r theorie, also <strong>zu</strong> einem bestandteil relativ sicheren<br />

wissens, wenn sie verifiziert und falsifiziert wurde. und wenn sie so aufgestellt wurde,<br />

dass man sie überhaupt verifizieren und falsifizieren kann.<br />

wo also finden <strong>wir</strong> laborexperimente <strong>zu</strong>m treibhauseffekt? auf servern und web-seiten<br />

von mittelschulen und gymnasien! und wo in professionellen Forschungsinstituten? neben<br />

einem Forscherteam aus brasilien (nahle et al.), das dort 2011 ein experiment durchführte<br />

und ehrenfried loock, der gerade<strong>zu</strong> liebenswert sein experiment aus dem Jahr<br />

2008 beschreibt, habe ich trotz jahrelangen, intensiven suchens nichts weiter ernst <strong>zu</strong><br />

nehmendes gefunden.<br />

beide eben genannten, seriös durchgeführten untersuchungen greifen die idee des<br />

alten woodschen experiments <strong>zu</strong>m glashauseffekt von 1909 auf und weisen erneut<br />

nach, dass Konvektion sowie wärmeübertragung durch massen-Kontakt und nicht infrarot-absorption<br />

und -strahlung für die temperaturerhöhung in einem gewächshaus<br />

verantwortlich sind und zeigen, dass die in den schülerversuchen hin und wieder<br />

gemessenen temperatur-erhöhungen in reinen co 2 -atmosphären auf dichteeffekte<br />

<strong>zu</strong>rück geführt werden können. soweit, so gut. die atmosphäre der erde ist jedoch<br />

kein gewächshaus und <strong>wir</strong>d nicht von einer glas-, salz- oder plastik-scheibe abgedeckt.<br />

die Vorgänge in der atmosphäre der erde sind wesentlich komplexer und viel<br />

weniger verstanden. selbst wenn es nicht gelänge, die hypothese rein experimentell<br />

<strong>zu</strong> prüfen, weil das system <strong>zu</strong> komplex ist, dann muss die treibhausgas-annahme<br />

wenigstens die bekannten Zustände (co 2 -Konzentrations- und temperaturgänge) der<br />

Vergangenheit gut abbilden können, bevor projektionen in die Zukunft unternommen<br />

werden. Das kann sie jedoch nicht!<br />

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die erwärmungs-<strong>wir</strong>kungen des co 2 und anderer spurengase sowie von wasserdampf<br />

<strong>wir</strong>d aus absorptionseigenschaften und rückstrahlungsüberlegungen abgeleitet und mit<br />

verschiedenen theoretischen ansätzen in computermodellen behandelt, in die natürlich<br />

auch messergebnisse über rückstrahlung und absorption eingehen. Klar ist nur eines:<br />

Verschiedene modelle und berechnungen liefern verschiedene, teils extrem gegensätzliche<br />

aussagen: Von starker erwärmung bis hin <strong>zu</strong> einer signifikanten abkühlung und<br />

einer „null-<strong>wir</strong>kung“ ist alles drin. danach würde die gleichgewichtstemperatur der erdoberfläche<br />

und der atmosphäre natürlich auch nicht wesentlich von einer weiteren Zunahme<br />

der co 2 -Konzetration und schon gar nicht von dem im Vergleich da<strong>zu</strong> marginalen<br />

anthropogenen co 2 -eintrag abhängen.<br />

wenn ich von „marginalem“ anthropogenen einfluss spreche, dann muss ich natürlich<br />

auch sagen, wie groß beziehungsweise wie klein der ist. deshalb möchte ich sie mit einer<br />

Überschlagsrechnung bekannt machen, die man leicht aus den öffentlich <strong>zu</strong>gängigen<br />

informationen vom umweltbundesamt und vom potsdamer institut für Klimafolgenforschung<br />

(piK) anstellen kann. ich benutze die angaben unkommentiert und setze in meiner<br />

Überschlagsrechnung voraus, dass sie korrekt seien.


und das sind die informationen, auf die ich mich – ohne sie <strong>zu</strong> bewerten – beziehe: in<br />

einem Fernsehinterview sagte professor schellnhuber (piK), dass die sache ganz simpel<br />

sei: denn die temperatur hänge linear mit der co 2 -Konzentration <strong>zu</strong>sammen. und das<br />

umweltbundesamt (uba) teilte schriftlich folgende Fakten mit:<br />

- in der Zeit der industriellen entwicklung ist die Konzentration des co 2 von 280 ppm<br />

(vorindustrielle Konzentration, kein anthropogener anteil) auf 380 ppm gestiegen.<br />

- der anthropogene (im schreiben des uba: „technischer“) anteil an der gesamten, heutigen,<br />

globalen co 2 – emission in die atmosphäre beträgt 1,2 prozent.<br />

- die temperatur der welt stieg um 0,7 grad seit beginn der industriellen produktion.<br />

- deutschland hat am industriellen gesamteintrag einen anteil von maximal 3 prozent.<br />

rechnen <strong>wir</strong> also mal überschlagsweise unter der Vorausset<strong>zu</strong>ng, dass die Verhältnisse in<br />

der emission gleich dem Verhältnis der Konzentration in der atmosphäre seien und dass<br />

<strong>wir</strong> wegen der linearen abhängigkeit den dreisatz anwenden dürfen:<br />

Prof. Schellnhuber: Temperatur hängt linear vom CO 2 -Gehalt ab.<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Umweltbundesamt: Vorindustrielle CO 2 -Konzentration: 280 ppm<br />

heutige CO 2 -Konzentration: 380 ppm<br />

Anteil „technisches“ CO 2 daran: 1,2 %<br />

daran Anteil in Deutschland: 3 %<br />

Globaltemperatur-Steigerung: 0,7 Grad<br />

Ergebnis: Steigerung in ca. 100 Jahren: 100 ppm<br />

Anthropogener Anteil an heutiger CO 2 -Konz.: 4,56 ppm<br />

Anthropogener Anteil an Temperatur-Erhöhung: 0,03192 Grad<br />

daran Anteil Deutschlands: 0,00096 Grad<br />

Einfluss Deutschlands bei Halbierung der Emission: 0,00048 Grad<br />

Abb. 5 Grobe Überschlagsrechnung auf Basis offizieller Daten des UBA und Annahmen von Prof. Schellnhuber (PIK)<br />

wenn von 380 ppm 1,2 prozent menschengemacht sind, so wären das großzügig aufgerundet<br />

5 ppm. wenn 100 ppm eine temperaturerhöhung von 0,7 grad hervorrufen, dann würden<br />

5 ppm eine von 0,035 grad verantworten. diese 0,035 grad wären somit der anthropogene<br />

anteil der gesamten menschheit am Klimawandel der letzen 100 Jahre. wenn deutschland<br />

3 prozent anteil am gesamten „technischen“ co 2 in der atmosphäre hat, dann ist deutsch-<br />

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land für eine temperaturerhöhung von 0,001 grad verantwortlich. wenn <strong>wir</strong> unsere ambitionierten<br />

„Klima-rettungsziele“ bis <strong>zu</strong>m Jahr 2020 umsetzen, und den co 2 -ausstoß<br />

deutschlands um – sagen <strong>wir</strong> – satte 50 prozent senken, dann haben <strong>wir</strong> einen senkenden<br />

einfluss von 0,0005 grad auf die globaltemperatur ausgeübt, was uns schät<strong>zu</strong>ngsweise<br />

eine billion euro und ggf. die sicherheit unserer elektroversorgung, damit die grundlagen<br />

unserer industrie und damit auch unseres sozialsystems gekosten haben <strong>wir</strong>d.<br />

Für insider: diese rechnung ist <strong>wir</strong>klich nur eine grobe abschät<strong>zu</strong>ng. sie soll nur zeigen:<br />

selbst unter der Vorausset<strong>zu</strong>ng, dass die Klimaretter mit ihren grundannahmen recht<br />

hätten, liefern ihre eigenen angaben eben nur einen marginalen anthropogenen einfluss.<br />

es bleibt damit als Zusammenfassung: ein vermuteter atmosphärischer wärmeeffekt ist<br />

<strong>noch</strong> immer nicht verstanden. genauso, wie die immer wieder geäußerte Vorstellung<br />

falsch ist, die erde sei ein idealer schwarzer strahler und deshalb läge ihre oberflächentemperatur<br />

ohne die treibhausgase der atmosphäre bei minus 18 grad – was im Übrigen<br />

auch eine schriftlich geäußerte erklärung des umweltbundesamtes ist. (Original-Zitat: „…<br />

dass der natürliche Treibhauseffekt, der seit Urzeiten die Erde warm hält und etwa 33 °C<br />

ausmacht…“)<br />

Kleine abschät<strong>zu</strong>ng auch diesbezüglich: wenn 100 ppm 0,7 grad ausmachen und die<br />

mitteltemperatur heute bei 15 grad liegt und laut schellnhuber die temperatur linear<br />

vom co 2 -gehalt abhängt, dann kann 0 ppm nicht minus 18 grad verantworten, sondern<br />

rund allenfalls 13 grad plus! es kann darüber hinaus aus den heute vorliegenden daten<br />

die schlussfolgerung gezogen werden, dass die co 2 -Konzentration in der atmosphäre der<br />

temperatur folgt und nicht umgekehrt.<br />

es entsteht dann die Frage, was nun die ursache der co 2 - und temperatur-Veränderungen<br />

sein könnte, wenn es nicht der mensch ist? hier liefern moderne untersuchungen, die sowohl<br />

solare einflüsse vermuten (<strong>zu</strong>sammengefasst im buch von Fritz Vahrenholt) als auch<br />

einflüsse der erdbahn- und rotationsparameter (vorgestellt im buch von Joachim seifert)<br />

eine antwort:<br />

Verantwortlich für die Klimaveränderungen sind sehr wahrscheinlich verschiedene, sich<br />

zyklisch überlagernde kosmische Faktoren im Zusammenhang mit irdischen, natürlichen<br />

einflussgrößen. dieser erklärungsvorschlag <strong>wir</strong>d jedoch von der Klima-retterfraktion entweder<br />

negiert oder als nicht wesentlich angesehen, denn er könnte die ganze annahme<br />

des anthropogenen einflusses vollständig kippen.


Sonnenaktivität / C14 Anomalie %<br />

Sonnenaktivität und Klima<br />

Mittelalterliche Warmzeit<br />

Sonnenaktivität, rekonstruiert<br />

aus C14-Daten in Baumringen,<br />

Svensmark, 2000<br />

Kleine Eiszeit<br />

Abb. 6 Sonnenaktivität (nach Svensmark)<br />

Vereinfachte Übersichtskurve der Sonnenaktivität unter Einblendung von Warm- und Kaltzeiten<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Maunder Minimum<br />

1000 1200 1400<br />

1600<br />

1800<br />

Aktuelles Maximum<br />

meine damen und herren, alle, <strong>wir</strong>klich alle uns vorgelegten Klima-szenarien sind ergebnisse<br />

von computer-modellen. die modelle verwenden komplexe, sogenannte chaotische mathematische<br />

systeme, die extrem sensibel auf die wahl der eingangsparameter und randbedingungen<br />

reagieren. die ausschlaggebenden parameter und bedingen scheinen ganz offensichtlich<br />

so justiert <strong>zu</strong> werden, dass die erwarteten, die alarmierenden szenarien herauskommen.<br />

wer es nicht glaubt, sollte im sicher „unverdächtigen“ ipcc-bericht (wissenschaftlicher<br />

teil, sec. 14.2.2.2, 2001) nachlesen: „In climate research and modelling, we should recognize,<br />

that we are dealing with a coupled non-linear chaotic system, and therefore that<br />

the long-term prediction of future climate states is not possible“. Übersetzt: „in der Klimaforschung<br />

und -modellierung sollten <strong>wir</strong> beachten, dass <strong>wir</strong> es mit gekoppelten, nichtlinearen,<br />

chaotischen systemen <strong>zu</strong> tun haben und deshalb ist eine langfristige Vorhersage<br />

von Klima<strong>zu</strong>ständen nicht möglich.“ Verstehen sie jetzt meine skepsis? tja, und was heißt<br />

das nun? es heißt: es muss weiter gemessen und geforscht und ergebnisoffen diskutiert<br />

werden, bevor gesellschaftlich und <strong>wir</strong>tschaftlich relevante aussagen getroffen und daraus<br />

gravierende schlussfolgerungen gezogen werden dürfen!<br />

liebe Freunde, nichtwissen kann durch wissen ersetzt werden, indem man misst, forscht,<br />

nachdenkt, rechnet, immer wieder prüft und in Frage stellt. das ist sinn der exakten naturwissenschaften.<br />

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aber leider gibt es auch eine bittere erkenntnis, die im lauf der langen geschichte menschlicher<br />

Kultur immer wieder gewonnen werden musste: nichtwissen <strong>wir</strong>d durch halbwissen,<br />

durch „Konsens“ und letztlich durch glaube ersetzt, was da<strong>zu</strong> führt, dass nur <strong>noch</strong><br />

das gemessen <strong>wir</strong>d, was die priester voraussagen. es <strong>wir</strong>d nur <strong>noch</strong> das akzeptiert, was<br />

ins eigene weltbild passt. die „treuen“ Forscher beforschen eifrig die wahrheit der reinen<br />

lehre ihrer religion und das damit nicht konforme denken <strong>wir</strong>d erst nicht <strong>zu</strong>r Kenntnis<br />

genommen, verlacht, ausgegrenzt, dann verpönt und schließlich unter strafe gestellt und<br />

geahndet – ungläubige werden identifiziert, <strong>zu</strong> Ketzern erklärt oder <strong>zu</strong> geisteskranken.<br />

im mittelalter wurde so was in europa unter dem Jubel der masse auf scheiterhaufen<br />

verbrannt.<br />

meine damen und herren, ich bin kein Klimaforscher und werde mich hüten, <strong>zu</strong> detailfragen<br />

dieser disziplin stellung <strong>zu</strong> nehmen. mit den regeln wissenschaftlicher methodologie<br />

kenne ich mich jedoch aus. mir scheint, die werden derzeit in der Klimaforschung und vor<br />

allem in der debatte um die schlussfolgerungen aus deren detailergebnissen vollkommen<br />

über bord geworfen. insofern sind alle gebildeten menschen aufgerufen und auch berufen,<br />

in die diskussion ein<strong>zu</strong>treten und <strong>zu</strong> den dingen stellung <strong>zu</strong> nehmen.<br />

doch wenn ich mit leuten über die meiner ansicht nach <strong>noch</strong> ungelösten Fragen der Klimaforschung<br />

rede, meine skepsis begründe und zweifle, dass <strong>wir</strong> mit unserem windmühlen-<br />

Kampf (hm, ach ja, also im wahrsten sinne des wortes!) etwas gegen die natürliche Variation<br />

des Klimas ausrichten können, dann kommt meist als totschlagargument: aha, dann bist<br />

du also gegen umweltschutz! gegen den „erhalt der schöpfung“ und für die „Vernichtung<br />

der Zukunft unserer Kinder“! und die ankläger strahlen, denn wieder wurde ein „Klimaleugner“,<br />

ein politisch untragbarer und gefährlicher Volksfeind ausfindig gemacht!<br />

nun, liebe Freunde, umweltschutz hat mit „Klimaschutz“ nichts, aber auch gar nichts <strong>zu</strong><br />

tun. es sind zwei völlig unterschiedliche sachen. umweltschutz ist gut und absolut nötig.<br />

Klimaschutz ist Nonsens!<br />

meine damen und herren, goethe lässt seinen mephisto <strong>zu</strong> wagner sagen:<br />

„Denn eben wo Begriffe fehlen, da<br />

stellt ein Wort <strong>zu</strong>r rechten Zeit sich ein.<br />

Mit Worten läßt´s sich trefflich streiten,<br />

mit Worten ein System bereiten,<br />

an Worte läßt´s sich trefflich glauben,<br />

von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.“


dies geschieht mit dem begriff Klima. es gibt kaum <strong>noch</strong> einen bericht, kaum <strong>noch</strong> ein<br />

strategiepapier, kaum <strong>noch</strong> eine politische rede – gleich aus welcher Quelle – in denen<br />

nicht mehrfach von Klimaschutz die rede ist. das arme Klima ist als begründung für fast<br />

alles gut. neuerdings für die einführung vegetarischer ernährung als dringendste Volksaufgabe.<br />

und merkwürdige neue wortschöpfungen gehen in der deutschen sprache um:<br />

Klimawandel, Klimakatastrophe, Klimaschwindel, Klimawahn.<br />

Klimaschutz, Klimarettung, Klimastrategie.<br />

Klimapolitik, Klimakonferenz, Klimagerechtigkeit, Klima<strong>wir</strong>tschaft.<br />

Klimaskeptiker und Klimaleugner.<br />

Klimakirche, Klimaverräter, Klimagericht und Klimapolizei.<br />

und ganz neu: leipziger Klimafrühstück…<br />

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der begriff „Klimaschutz“ ist <strong>zu</strong>r ideologisch bestens vermarktungsfähigen, <strong>zu</strong>r leersten<br />

phrase geworden, die man sich denken kann. und <strong>zu</strong>gleich <strong>zu</strong> einem indiz für eine<br />

Veränderung des gesellschaftlichen Klimas.<br />

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<strong>wir</strong> kommen <strong>zu</strong>m teil 2.<br />

Klima in der wetterkunde, meine damen und herren, so sollten <strong>wir</strong> beständig erinnern,<br />

ist ein statistischer begriff und beschreibt das lokale, das gesamte, das durchschnittliche<br />

wettergeschehen über längere Zeit (per definition 30 Jahre) einer region. Klima kann man<br />

also weder „anfassen“, <strong>noch</strong> reduziert es sich nur auf temperatur. eine statistische größe<br />

kann man weder schützen <strong>noch</strong> retten. allenfalls kann man sich vor einem unwetter retten<br />

und vor widrigen temperaturen schützen.<br />

die natürliche dynamik der lokalen Klimazonen kann man ohne großartige computerprogramme<br />

in und an der natur (pflanzenwelt, tierwelt, land<strong>wir</strong>tschaft) oder z. b. an<br />

den Verläufen der seefahrts- und handelstraßen sehen, erleben und nachvollziehen. <strong>wir</strong><br />

sehen und erleben einen permanenten,<br />

einen natürlichen „wandel“ innerhalb<br />

der Klimazonen der erde und deren<br />

Verschiebung. <strong>wir</strong> sehen und erleben<br />

das natürlich auch in sachsen. eigentlich<br />

wäre es sogar äußerst merkwürdig,<br />

wenn das nicht geschähe, denn in der<br />

natur gibt es keinen stillstand.<br />

das problem ist nur: aus unerfindlichen<br />

gründen scheinen die heute lebenden<br />

menschen auf „statik“ getrimmt<br />

<strong>zu</strong> sein und jede Veränderung, selbst<br />

die natürlichste und selbst eine vorteilhafte<br />

Veränderung <strong>wir</strong>d deshalb<br />

als bedrohung aufgefasst. anstatt sich<br />

unaufgeregt mit den heute machbaren<br />

und vielleicht tatsächlich notwendigen<br />

präventivmaßnahmen gegen die von<br />

uns nicht wesentlich beeinflussbaren<br />

wetterveränderungen <strong>zu</strong> beschäftigen<br />

(in land<strong>wir</strong>tschaft, wald<strong>wir</strong>tschaft,<br />

wasser<strong>wir</strong>tschaft, bau<strong>wir</strong>tschaft, Verkehrs<strong>wir</strong>tschaft<br />

usw.), verfolgen <strong>wir</strong><br />

mit größtem eifer die rettung des


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weltklimas in 100 Jahren. Früher freuten sich die leute, wenn es wärmer wurde – heute<br />

haben sie davor heillose angst. und die angst <strong>wir</strong>d täglich geschürt. diese gesellschaftliche<br />

angst <strong>wir</strong>d gebraucht, damit sich die weisen erlöser fest etablieren und uns ihre<br />

Version von errettung überhelfen können.<br />

im namen ihres heilsversprechens erleben <strong>wir</strong> eine ungeheuerlichkeit grandiosen ausmaßes:<br />

<strong>wir</strong> erleben die „wissenschaftlich“ begründete Vernichtung unserer Freiheit, den<br />

aufbau von totalitären strukturen, die ausschaltung von pluralität und demokratie, die<br />

einschränkung individueller selbstbestimmung und die Ächtung der meinungsfreiheit.<br />

<strong>wir</strong> werden <strong>zu</strong>nehmend entmündigt. <strong>wir</strong> erleben die herausbildung einer neuen religion<br />

und deren Kirche. <strong>wir</strong> erleben die herausbildung einer diktatur.<br />

meine damen und herren, und dies geschieht vor unser aller augen. gemacht von den von<br />

uns gewählten Volksvertretern, gejagt von den medien, für die bad news good news sind<br />

und unterstützt von den neuen politischen und <strong>wir</strong>tschaftlichen gewinnern.<br />

Völlig inakzeptabel – finde ich – ist die Vereinnahmung unserer Kinder für diese abwegige<br />

ideologie. die stadt leipzig gibt 250.000 euro für ein „Klima- und energieschutz“-<br />

Konzept-papier aus. abgesehen davon, dass leipzig auf grundlage dessen bis 2020 seinen<br />

gesamten co 2 -ausstoß halbieren und damit <strong>zu</strong>r weltrettung wesentliches beitragen will,<br />

steht dort wörtlich (seite 83, maßnahme 7.3): „Durch die Institution Schule ist es möglich,<br />

Kinder besonders für den Klimaschutz <strong>zu</strong> sensibilisieren … Aufgrund der differenzierten<br />

Wissensaufnahme und -verarbeitung von Kindern gegenüber Erwachsenen sollten spezielle<br />

Kampagnen auch unter Mithilfe von Pädagogen ausgearbeitet werden. Der große Vorteil<br />

kann hier sein, dass Kinder ihr erlerntes Wissen mit nach Hause nehmen und dort ihre Eltern<br />

beeinflussen können.“ als ich dies las, ist es mir kalt über den rücken gelaufen! aber<br />

nicht nur in leipzig soll Klimareligion <strong>zu</strong>m lehrfach erhoben werden. ich habe mir die<br />

einschlägigen unterrichtsmaterialen für lehrer des sächsischen Kultusministeriums besorgt.<br />

mit diesen verbindlichen Vorgaben sollen den schülern in einer poppig aufgemachten<br />

art und weise die gefährlichkeit des „giftgases“ co 2 -vorgeführt werden. die Zukunft<br />

unserer erde und auch die der unmittelbaren heimat <strong>wir</strong>d infolge der Klimakatastrophe in<br />

den düstersten Farben gemalt (dürren, seuchen, hungersnöte, naturkatastrophen, Kriege<br />

usw.) und es <strong>wir</strong>d nützliche handreichung gegeben, wie und mit welchen argumenten gegen<br />

feindliche und anders denkende „Klimaskeptiker“ vor<strong>zu</strong>gehen sei. abgesehen von tatsächlich<br />

falschen informationen in den unterlagen <strong>wir</strong>d mit angst gespielt. meine damen<br />

und herren, das hat mit bildung nichts <strong>zu</strong> tun. das ist gezielte Verdummung. Verstehen sie<br />

jetzt, warum ich so beunruhigt bin?<br />

33


34<br />

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meine damen und herren, liebe politiker, stellen sie sich einfach mal vor, es würde sich<br />

als herausstellen, dass das anthropogene co 2 keinen wesentlichen einfluss auf das erdklima<br />

hat. und wenn sie meine meinung hören wollen: das könnte sehr wahrscheinlich so<br />

passieren! dann würde der hauchdünne strohhalm zerbrechen, an dem die gesamte argumentation<br />

der heutigen politik <strong>zu</strong>r energiewende, <strong>zu</strong>m emissionshandel, <strong>zu</strong> solarsubventionen,<br />

<strong>zu</strong>m eeg, <strong>zu</strong> co 2 - und energie-steuern und <strong>zu</strong> allerlei restriktiven maßnahmen<br />

(wie glühlampenverbote, Ökosprit usw.) hängt. wenn das passiert, liebe Freunde, wer<br />

soll dann den allesamt auf „grün“ gleichgeschalteten parteien und ihren politikern, den<br />

ideologisierten „Klima“-wissenschaften und ihren professoren, der hoch subventionierten<br />

„Öko“-<strong>wir</strong>tschaft und ihren managern <strong>noch</strong> irgend etwas glauben? welche neuen priester<br />

sucht sich dann die verführte und enttäuschte gemeinde?<br />

ich bin 40 Jahre in einem anderen gesellschaftssystem groß geworden. was ich heute hier<br />

in unserem lande und in europa im namen des „Kampfes gegen den Klimawandel“ – auch<br />

so<strong>zu</strong>sagen „am eigenen leibe“ erlebe – ist für mich ein schlimmes déjà-vu erlebnis. es ist<br />

nicht eine Klimakatastrophe, die uns <strong>zu</strong> denken geben und <strong>zu</strong> handeln veranlassen sollte.<br />

es ist der damit begründete, katastrophale wandel in den grundlagen unserer gesellschaft.<br />

liebe Freunde, ich kann es nur immer wieder sagen: principiis obsta! wehret den anfängen!<br />

Manipulation unserer Kinder mit Angst<br />

Abb. 7 Ausschnitt aus Unterrichtsmaterialien des Bildungsministeriums <strong>Sachsen</strong>s – Übersicht über die Angst und Panik<br />

machenden Überschriften (inkl. der als Fälschungen und Übertreibungen zweifelsfrei entlarvten Hockey-Stick-Kurven)


Prof. dr. Josef H. reicHHolf<br />

KlimatiscHe Veränderungen –<br />

reaKtionen Von PflanZen, tieren und menscHen<br />

1. Die aktuelle globale Klimaerwärmung<br />

den globalen temperaturmessungen seit 1880 <strong>zu</strong>folge fand in den<br />

letzten 30 Jahren eine erwärmung um etwa 0,6°c statt (abb. 1).<br />

merkwürdigerweise beginnt die abweichung erst in den 1980er<br />

Jahren. sie erreichte ihren bisherigen höhepunkt um die Jahrtausendwende.<br />

der vielfach veröffentlichte Verlauf der Klimaerwärmung<br />

ist auch unter der bezeichnung „hockey-stick-Kurve“<br />

bekannt: Keine Veränderung, häufig auch weit in die Vergangenheit<br />

extrapoliert mit geradlinigem Verlauf, bis etwa <strong>zu</strong>r mitte<br />

der 1980er Jahre, in denen dann der steile anstieg einsetzt.<br />

auslöser soll (weitgehend <strong>zu</strong>mindest) der seit den 1950er Jahren<br />

durch messungen auf den hawaii-inseln nachgewiesene anstieg<br />

des co 2 -gehaltes der luft sein, obwohl schon lange, seit beginn<br />

des „Kohle- und erdöl-Zeitalters“, <strong>zu</strong>nehmend Kohlendioxid frei<br />

gesetzt <strong>wir</strong>d. der anstieg der temperatur kommt also um über ein<br />

Jahrhundert verspätet – und äußert sich, wie die skala in abb. 1<br />

zeigt, in Zehntelgraden, die man nicht spüren und kaum messen<br />

kann.<br />

ohne die zweifellos so grundlegend wichtigen Fragen <strong>zu</strong>m Zustandekommen<br />

dieser Kurve, wie etwa messgenauigkeiten und messpunkteverteilung<br />

im 19. und in der ersten hälfte des 20. Jahrhunderts,<br />

näher <strong>zu</strong> erörtern, <strong>wir</strong>d nachfolgend die <strong>wir</strong>kung dieses<br />

temperaturanstieges aus ökologischer sicht und mit be<strong>zu</strong>g auf<br />

mitteleuropa betrachtet. Für diesen raum gibt es umfangreiche<br />

temperaturmessungen schon ein Jahrhundert länger, so dass auch<br />

das gesamte 19. Jahrhundert in die rückschau mit einbezogen werden<br />

kann. in der bergwetterwarte hohenpeißenberg am alpenrand<br />

südlich von münchen beginnen die messungen bereits 1780.<br />

sie decken daher mit 230 Jahren die doppelte Zeitspanne von abb.<br />

1 ab und die daten wurden auch von Klimatologen umfassend ausgewertet<br />

(schönwiese 1995).<br />

2. Die Temperaturentwicklung am Hohenpeißenberg seit 1780<br />

schönwiese (1995) merkt <strong>zu</strong> den daten vom hohenpeißenberg<br />

an: „die bereits in abb. 12 (seines buches „Klimaänderungen“,<br />

seite 61) vorgestellte temperaturreihe vom hohenpeißenberg<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr.<br />

Josef H. Reichholf<br />

Evolutionsbiologe<br />

und Zoologe,<br />

TU München<br />

„Es gab von der letzten<br />

Eiszeit bis in die Gegenwart<br />

lange, sehr viel wärmere<br />

Perioden als die gegenwärtig<br />

laufende und da<strong>zu</strong><br />

Kälterückschläge. Diese<br />

Erkenntnisse gewinnen <strong>wir</strong><br />

aus Pollenanalysen und<br />

Eisbohrkernen. Die Temperaturunterschiede<br />

am Ende<br />

der letzten Eiszeit betrugen<br />

bis <strong>zu</strong> 18 Grad Celsius. im<br />

Vergleich <strong>zu</strong> dem, was hier<br />

völlig natürlich abgelaufen<br />

ist, sind natürlich<br />

0,8 Grad Celsius Veränderung<br />

in der Gegenwart <strong>noch</strong><br />

vergleichsweise geringfügig.“<br />

35


36<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />

KlimatiscHe VeränDerungen –<br />

reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />

1781 bis 1883 (soll) ausgangspunkt unserer reise in die Vergangenheit sein. diese daten<br />

sind auch deswegen von bedeutung, weil sie von stadteinflüssen frei sind.“<br />

die temperaturkurve vom hohenpeißenberg weist um 1800 sehr hohe Jahresmittelwerte<br />

von 7,2 °c mit spitzen über 8 °c auf und sinkt im statistischen Verfahren der zehnjährigen<br />

glättung um 1880/90 auf 5,4 °c ab, also um fast zwei volle grad celsius. danach steigen<br />

die mittelwerte in jedoch recht unregelmäßiger weise (mit einem <strong>Zwischen</strong>maximum um<br />

1950) auf etwa das ausgangsniveau von 1800 an. dieser anstieg entspricht dem Verlauf<br />

der globaltemperatur von abb. 1. schönwiese (1995) stellt da<strong>zu</strong> in bezeichnender weise<br />

selbst fest (text <strong>zu</strong> abb. 14 in seinem buch „Klimaänderungen“, seite 67): „trends sind<br />

bei dieser betrachtung kaum <strong>zu</strong> erkennen“. Vielmehr erwecken die temperaturdaten vom<br />

hohenpeißenberg den eindruck langfristiger schwankungen. Vom höhepunkt in den ersten<br />

beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, dessen temperaturentwicklung allerdings<br />

1815 jäh durch den ausbruch des tambora (indonesien) mit dem „Jahr ohne sommer“ auf<br />

der nordhalbkugel und nach<strong>wir</strong>kender abkühlung unterbrochen worden war, sinken die<br />

werte <strong>zu</strong> einem tiefpunkt um 1880. Von diesem setzt ein neuer anstieg ein. im letzten<br />

Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts <strong>wir</strong>d der neue höchstwert erreicht. wesentlich ist, fest<strong>zu</strong>halten,<br />

dass die schwankung der mittelwerte zwei volle grad celsius umfassen, die<br />

global ermittelte aber lediglich ein halbes grad celsius, sind doch die von 1880 bis 1980<br />

(sofern genau genug gemessenen) schwankungen ab<strong>zu</strong>ziehen. die vierfach (!) stärkere<br />

Abweichung vom Mittel 1901–2000 (°C)<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,4<br />

0,3<br />

0,2<br />

0,1<br />

0<br />

-0,1<br />

-0,2<br />

-0,3<br />

-0,4<br />

Klimaerwärmung: Entwicklung der Globaltemperatur seit 1880 über Land & Ozean<br />

(Nach Daten von NCDC/NESDIS/NOAA)<br />

1880 1890 1900 1910 1920 1930<br />

Abb. 1: Die gegenwärtige Klimaerwärmung nach IPCC-Daten (vereinfacht).<br />

1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

schwankung, die aus den hohenpeißenberg-daten hervorgeht, sollte sich daher in der natur<br />

entsprechend stärker bemerkbar gemacht haben als das halbe grad anstieg. doch auch<br />

die letzten beiden Jahrhunderte haben Vorgeschichte.<br />

3. Die Temperaturentwicklung im letzten Jahrtausend<br />

hinreichend exakte temperaturmessungen gibt es erst seit rund zweihundert Jahren.<br />

mehr als die hälfte dieser Zeit beschränkten sie sich allerdings, was kontinuierliche messreihen<br />

betrifft, auf wenige orte in europa und nordamerika. auch gegenwärtig gibt es<br />

<strong>noch</strong> kein global gleichmäßig dichtes messnetz <strong>zu</strong>r direkten temperaturmessung über allen<br />

Kontinenten und ozeanen. methodisch anders muss mit satellitenmessungen versucht<br />

werden, eine Jahresmitteltemperatur der ganzen erdoberfläche <strong>zu</strong> bestimmen. derartige<br />

Versuche gibt es erst seit wenigen Jahren. entsprechend <strong>wir</strong>d nach wie vor auf direktmessungen<br />

an lückenhaft verteilten wetterstationen be<strong>zu</strong>g genommen. Für die abschät<strong>zu</strong>ng<br />

der temperaturentwicklung früherer Jahrhunderte braucht man so genannter proxy-daten,<br />

die mit annahmen <strong>zu</strong>r jeweiligen temperatur verbunden werden. diese messtechnische<br />

problematik <strong>zu</strong> erörtern und kritisch <strong>zu</strong> sichten ist gleichfalls nicht gegenstand<br />

dieser ausführungen. der hinweis soll lediglich daran erinnern, dass schon gegenwärtig<br />

die globaltemperaturen keineswegs so exakt sind, wie sie mit Zehntelgradänderungen<br />

den anschein erwecken (sollen), und erst recht für die Vergangenheit nur grobe abschät<strong>zu</strong>ngen<br />

möglich sind.<br />

Für den <strong>zu</strong>m hohenpeißenberg und seinen wetterdaten nahe gelegenen alpenraum bieten<br />

die historischen befunde <strong>zu</strong>m schwinden und Vorrücken der gletscher, aufzeichnungen<br />

<strong>zu</strong> kompletter Vereisung des bodensees und anderer seen oder <strong>zu</strong> Frostdauer, über hochwasserkatastrophen<br />

und ähnlichen wetterereignissen möglichkeiten <strong>zu</strong>r rekonstruktion<br />

(glaser 2001, pfister 1999). aus der Vielzahl historischer dokumente ließ sich die nachfolgende<br />

darstellung (abb. 2, nach pfister, 1990, ergänzt) fertigen. sie besagt, dass das Klima<br />

in den Jahrhunderten, die dem (europäischen) mittelalter und der neuzeit <strong>zu</strong>gerechnet<br />

werden, keineswegs konstant gewesen war. auf das sehr warme hochmittelalter der Zeitspanne<br />

von 800 bis 1300 kam um 1350 ein jäher umschwung mit nasskalten sommern<br />

und kalten wintern, in denen die gletscher der alpen stark anwuchsen, vorrückten und<br />

die siedlungen der menschen, der vorher eisfreien hochlagen bedrohten oder diese vernichteten.<br />

das 14. Jahrhundert war eine Katastrophenzeit mit dem schlimmsten hochwasser<br />

des ganzen letzten Jahrtausends im Jahre 1342, das nicht nur in europa weite regionen<br />

heimsuchte, sondern auch in ostasien (geiss 2005), und in dem der größte seuchen<strong>zu</strong>g<br />

der pest von 1347 bis 1352 stattfand. danach gab es rund ein Jahrhundert lang „pause“,<br />

bis ende des 15. und verstärkt <strong>zu</strong> beginn des 16. Jahrhunderts die „Kleine eiszeit“ mit<br />

37


38<br />

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Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />

KlimatiscHe VeränDerungen –<br />

reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />

bitter kalten wintern in dichter Folge und gehäuft verregneten sommern mit miserablen<br />

ernteerträgen einsetzte.<br />

der bodensee fror in dieser Klimaphase 28 mal komplett <strong>zu</strong>, während es davor, in den<br />

500 Jahren des „mittelalterlichen Klima-optimums“, nur viermal eine totale see-gfrörne<br />

gegeben hatte – und nach 1800 dreimal.<br />

kalt<br />

warm<br />

Klimaverlauf in Mitteleuropa von 800–2000<br />

(PFISTER, erg.)<br />

Warmzeit<br />

HW 1342<br />

800 950 1050 1150 1250 1350<br />

Mittelalt. Klima-Optimum<br />

Gr. Pest 1347–52<br />

„Kleine Eiszeit“<br />

HW 1598 HW 1786<br />

HW 1899<br />

16. & 17. Jhd.<br />

1450 1550 1650 1750 1850 1950 3. Millenium<br />

Abb. 2: Klimatische Entwicklungen im südlichen Mitteleuropa & Alpenraum von 800 bis 2000<br />

nach historischen Aufzeichnungen (aus Pfister 1990, ergänzt von Reichholf 2007 a).<br />

die „Kleine eiszeit“ war die große Katastrophenzeit des 2. Jahrtausends mit den für die<br />

menschen schlimmsten, den pegelständen gemäß auch bei weitem höchsten hochwässern<br />

(hw), wiederholten seuchenzügen und gehäuft auftretenden hungersnöten, deren letzte<br />

rein wetterbedingte <strong>noch</strong> bis ins späte 19. Jahrhundert reichten (reichholf 2007 a). die<br />

vorausgegangene Zeit des (hoch)mittelalterlichen Klima-optimums hingegen war für die<br />

menschen eine gute Zeit. die bevölkerung wuchs. es entstanden bleibende Kulturschöpfungen<br />

und es herrschte eine vergleichsweise hohe politische stabilität.<br />

Vorausgegangen mit einem Klima, das dem der Kleinen eiszeit ähnelte, waren dem warmen<br />

hochmittelalter die 500 Jahre der Völkerwanderung (etwa 250 bis 750 n. chr.), der wiederum<br />

die warme römerzeit vorgelagert war. ganz ähnlich verlief das Klima in den Jahrtau-<br />

?


senden vor der Zeitenwende mit <strong>noch</strong> größeren schwankungen. die nach untersuchungen<br />

in mooren und an holzresten ermittelten temperaturschwankungen seit dem ende der<br />

letzten eiszeit vor gut 10.000 Jahren werden global auf 2 bis 3 °c (volle grad celsius)<br />

geschätzt. in der arktis gab es am ende der eiszeit (würm- bzw. weichsel-glazial) sogar<br />

temperatursprünge von 7 bis 8 °c und größte temperaturdifferenzen gemäß den befunden<br />

aus eisbohrkernen grönlands von 18 °c. es fand also weder ein gleichmäßiger Übergang<br />

von der letzten Kaltzeit in die seit 10.000 Jahren anhaltende warmzeit (<strong>Zwischen</strong>eiszeit/<br />

interglazial) statt, <strong>noch</strong> blieben in<br />

dieser als holozän bezeichneten<br />

phase die globalen temperaturen<br />

konstant. Vielmehr handelte es sich<br />

um ein auf und ab von warm- und<br />

Kaltzeiten kleineren ausmaßes.<br />

dementsprechend ist die nacheiszeitliche<br />

entwicklung der natur,<br />

obgleich sehr stark vom menschen<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Dabei waren, historisch betrachtet, die<br />

warmen Zeiten stets die guten Zeiten für<br />

die Menschen, die kalten hingegen die<br />

schlechten. Sie brachten die großen Naturkatastrophen,<br />

Missernten und Seuchen.<br />

und seinen nut<strong>zu</strong>ngsformen bestimmt, nach wie vor in gang und keinesfalls „längst abgeschlossen“,<br />

wie viele meinen, die von einem fest gefügten natur<strong>zu</strong>stand ausgehen (wollen).<br />

4. Wetter und Klima und die Natur im 19. und 20. Jahrhundert<br />

wie bereits ausgeführt, hatte es <strong>zu</strong> beginn des 19. Jahrhunderts eine überdurchschnittlich<br />

warme phase mit heißen sommern in Folge gegeben. die Jahresdurchschnittstemperaturen<br />

lagen den messungen auf dem hohenpeißenberg <strong>zu</strong>folge ähnlich hoch wie gegenwärtig.<br />

dazwischen, etwa von 1830 bis 1945, häuften sich kühle sommer und es gab,<br />

insbesondere in der ersten hälfte des 20. Jahrhunderts, mehrere sehr kalte winter. der<br />

letzte außergewöhnlich kalte winter traf mitteleuropa 1962/63. die abb. 3 und 4 zeigen<br />

die entwicklungen der sommer- und wintertemperaturen. ihnen ist, da sie Jahr für Jahr<br />

angeben, <strong>zu</strong> entnehmen, dass die schwankungen von sommer <strong>zu</strong> sommer oder von winter<br />

<strong>zu</strong> winter viel größer waren als die aus eventuellen mittelwertsverschiebungen <strong>zu</strong> errechnenden<br />

trends. legen <strong>wir</strong> die vielfach angeführte Zahl von 0,6 °c anstieg der mitteltemperatur<br />

seit 1880 <strong>zu</strong>grunde, machen die Jahresschwankungen das Fünffache aus; bei einem<br />

anstieg um ein ganzes grad celsius, wie dieser für manche mitteleuropäischen orte angegeben<br />

<strong>wir</strong>d, immer <strong>noch</strong> das rund dreifache. die land- und wasser<strong>wir</strong>tschaft, die pflanzenwelt<br />

und die frei lebenden tiere müssen mit diesen schwankungen <strong>zu</strong>rechtkommen<br />

und nicht mit irgendwelchen mittelwerten. da sie dies tun, könnten im rahmen der Klimaerwärmung<br />

allenfalls häufungen heißer sommer oder milder winter einfluss nehmen auf<br />

Vorkommen und häufigkeit von tier- und pflanzenarten oder auf die land<strong>wir</strong>tschaftlichen<br />

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40<br />

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KlimatiscHe VeränDerungen –<br />

reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />

erträge und die wasserversorgung. doch abb. 3 und 4 zeigen, dass es <strong>zu</strong> keiner häufung<br />

milder winter und heißer sommer gekommen ist, wenn man die ganze spanne der mehr<br />

als 200 Jahre betrachtet und die ersten 100 Jahre (von 1780 bis 1880) nicht wie üblich ausblendet.<br />

selbst der auch von Klimaforschern als „ausreißer“ eingestufte super-sommer von<br />

2003 ist ohne Folgen geblieben. es kam bisher kein weiterer heißer sommer nach.<br />

20<br />

19<br />

18<br />

17<br />

16<br />

15<br />

14<br />

13<br />

Süddeutschland bis 2010: Keine Zunahme heißer Sommer<br />

Hohenpeißenberg<br />

Mittlere Temperatur im Sommer (Juni–August)<br />

7 heiße Sommer y=0,0019x + 13,937<br />

R<br />

7 heiße Sommer<br />

2 =0,0132 n.s.<br />

Super-Sommer 2003<br />

12<br />

11<br />

10<br />

trotz Sommer 2003 keine statistisch signifikante<br />

Zunahme der Sommerwärme seit 1780<br />

1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000<br />

Abb. 3: Entwicklung der Sommertemperaturen gemäß den Messwerten vom Hohenpeißenberg<br />

(die gestrichelte Linie grenzt heiße Sommer von den normalen ab; die durchgezogene repräsentiert den statistischen<br />

Zunahmetrend der Temperatur seit 1780, die sich – den eingeblendeten Werten der Regression <strong>zu</strong>folge – als statistisch nicht<br />

signifikant erweist und ohne den Sommer 2003 überhaupt keinen Anstieg zeigen würde). (Quelle: Deutscher Wetterdienst)<br />

bei den wintertemperaturen stellt sich heraus, dass es bis 1880 nur einen einzigen sehr<br />

kalten winter, danach aber bis 1960 vier und einen weiteren 1962/63 gegeben hatte. infolgedessen<br />

drücken die kalten winter der ersten hälfte der in abb. 1 dargestellten Zeitspanne<br />

von 1880 bis 1950 die mitteltemperaturen und weiter bis 1962/63, weil es seither,<br />

wie 1780 bis 1830, also damals auch ein halbes Jahrhundert lang, keinen so kalten winter<br />

mehr gegeben hat. halbiert man die gesamte messzeitspanne, werden von 1780 bis 1890


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

genauso viele überdurchschnittlich milde winter wie danach sichtbar (abb. 4). infolgedessen<br />

ist es für die tiere und pflanzen, für land- und wasser<strong>wir</strong>tschaft, unmöglich, sich auf<br />

„durchschnittswinter“ oder trends ein<strong>zu</strong>stellen. die reaktionen können nur auf jeden<br />

einzelnen winter konkret erfolgen, wie auch bei den sommern und in den Übergangszeiten.<br />

wie solche reaktionen aussehen und warum sie von anderen entwicklungen überlagert<br />

werden, soll nachfolgend näher betrachtet werden.<br />

4<br />

2<br />

0<br />

-2<br />

-4<br />

Winter 1780–2006<br />

Hohenpeißenberg<br />

Mittlere Temperatur im Winter (Dezember–Februar)<br />

20 milde Winter 20 milde Winter<br />

-6<br />

Winter 2008/09–2011/12<br />

wieder recht kalt!<br />

-8<br />

1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000<br />

1 sehr kalter Winter 4 sehr kalte Winter 1 sehr kalter Winter<br />

seit 1960<br />

Abb. 4: Entwicklung der Wintertemperaturen gemäß den Messungen vom Hohenpeißenberg.<br />

(Daten: Deutscher Wetterdienst). Von 1780 bis 1890 gab es 20 milde Winter, danach ebenfalls, aber vorher nur einen sehr<br />

kalten. Die vier sehr kalten Winter zwischen 1890 und 1950 drücken die Jahresmittel und stellen so einen nicht unwesentlichen<br />

Teil des für das 20. Jahrhundert errechneten Anstieges der Jahresmitteltemperaturen.<br />

5. Naturkatastrophen<br />

in der gegenwärtigen diskussion um die Folgen der Klimaerwärmung werden neben rein<br />

physikalischen prozessen (abschmelzen von eis) insbesondere witterungsbedingte naturkatastrophen<br />

und auch drohende Veränderungen, wie einbußen in der land<strong>wir</strong>tschaftlichen<br />

produktion, rückgänge der Verfügbarkeit von wasser („austrocknen der Flüsse“)<br />

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42<br />

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und Verschwinden von tier- und pflanzenarten (Verlust von biodiversität) prognostiziert.<br />

die land<strong>wir</strong>tschaftliche produktivität <strong>wir</strong>d hier nicht weiter behandelt, weil dafür für<br />

deutschland und europa umfangreiche statistische angaben allgemein verfügbar sind. es<br />

sei hier lediglich der hinweis wiederholt, dass witterungsbedingte ernteverluste mit hungersnöten<br />

in früheren Jahrhunderten, vor allem in der „Kleinen eiszeit“, weit häufiger als<br />

in der gegenwart gewesen sind (cramer 2007).<br />

die wasser<strong>wir</strong>tschaftlichen aspekte der gletscherschmelze in den alpen gehen aus abb.<br />

5 hervor. sie zeigt, dass der anteil des gletscherwassers an der wasserführung der wichtigsten<br />

alpenflüsse mit durchschnittlich 4 prozent viel geringer ist als die niederschlagsbedingten<br />

schwankungen. selbst mit völlig abgeschmolzenen gletschern würden also die<br />

Flüsse nicht trocken fallen. die diesbezüglichen, äußerst peinlichen „Vorhersagen“ für die<br />

himalaja-gletscher musste das ipcc bekanntlich <strong>zu</strong>rücknehmen. sie warfen einen schweren<br />

schatten auf die seriosität der Quellen, die für die ausarbeitung der ipcc-berichte<br />

verwendet werden.<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Anteile von Gletscherwasser an der Jahreswasserführung der großen Alpenflüsse<br />

Etsch Rhone Po Inn Rhein<br />

Gletscheranteil<br />

~ 4 (±2) %<br />

Gletscherwasser<br />

Niederschlag<br />

10-Jahres-Schwankung<br />

(1810–1990)<br />

(Rhein) ± 24 % = 12-faches<br />

Abb. 5: Gletscherwasser nimmt in der Jahreswasserführung von Etsch, Rhone, Po, Inn und Rhein lediglich einen<br />

Anteil von 4 ± 2 Prozent ein, während die niederschlagsbedingten 10-Jahres-Schwankungen mit ± 24 % das 12fache<br />

davon ausmachen. (Quelle: J. Karl (1997))<br />

die historischen hochwassermarken an flussnahen gebäuden belegen, dass in den letzten<br />

Jahrzehnten keineswegs die hochwässer höher als in früheren Zeiten geworden sind. im<br />

gegenteil: Fluten, wie sie etwa 1342, 1598, 1786 und 1899 aufgetreten und in ihrer höhe<br />

dokumentiert sind, übertreffen die hochwässer des 20. Jahrhunderts bei weitem. Zuge-


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

nommen haben die schäden an versicherten sachwerten, aber nicht etwa nachweislich die<br />

sturmstärken.<br />

6. Reaktionen von Pflanzen und Tieren auf die gegenwärtigen Änderungen<br />

nehmen nun aber fremde arten, die sich aufgrund der erwärmung (welcher?) ausbreiten,<br />

auf Kosten heimischer <strong>zu</strong>, verdrängen sie diese und ist sogar ein aussterben von arten bei<br />

weiterer erwärmung des Klimas <strong>zu</strong> erwarten? und wie steht es um das Vordringen von tieren,<br />

die Krankheiten übertragen, wie die malariamücken? nun kam allerdings anopheles,<br />

die Überträgerin der malariaerreger, bis anfang des 20. Jahrhunderts am oberrhein vor.<br />

im 19. Jahrhundert war malaria in den nordbayerischen teichgebieten verbreitet und in<br />

den kalten Jahrhunderten der Kleinen eiszeit auch in nordwestdeutschland. die Fiebermücken<br />

der gattung anopheles gibt es nach wie vor in mitteleuropa. ausgerottet sind hier die<br />

erreger der malaria, die sie bei ihrem blutsaugen übertragen können. bei tropischer malaria<br />

ist die resistenz der erreger gegen die bislang <strong>wir</strong>ksamen medikamente das problem,<br />

nicht die ausbreitung der mücken, denen durch trockenlegung von sümpfen lebensraum<br />

entzogen und durch die anlage von reisfeldern neuer geschaffen <strong>wir</strong>d.<br />

Fremde arten sind bei uns, abgesehen von besonderen Verhältnissen auf kleinen, landfernen<br />

ozeanischen inseln, seit dem späten 19. Jahrhundert weit mehr ein denk- und haltungsproblem<br />

denn eines für die natur. bezeichnungen wie „fremd“, „gebietsfremd“, „exotisch“<br />

oder gar „alien“ beziehen sich auf viel <strong>zu</strong> kurze Zeitspannen. denn viele arten, die<br />

in früheren Jahrhunderten „fremd“ waren und als unkräuter oder schädlinge bekämpft<br />

wurden, gelten längst als „heimisch“ und „<strong>zu</strong>m naturhaushalt gehörig“ (auch wenn sie<br />

<strong>wir</strong>tschaftliche schäden machen). die mitteleuropäische natur hat seit ende der letzten<br />

eiszeit nie einen Zustand der anhaltenden stabilität erreicht. sie war immer in Veränderung<br />

begriffen und es gibt keinen wissenschaftlich einwandfrei als „richtig“ fest<strong>zu</strong>legenden<br />

Zustand. Überflüssig ist es hin<strong>zu</strong><strong>zu</strong>fügen, dass das in einem land mit land- und<br />

Forst<strong>wir</strong>tschaft, siedlungsbau und Verkehr, wasser<strong>wir</strong>tschaft und massivem einsatz von<br />

energie und düngestoffen praktisch auf ganzer Fläche auch gar nicht möglich wäre. in<br />

be<strong>zu</strong>g auf die Klimawandel-diskussion ist es den<strong>noch</strong> aufschlussreich, dass entgegen den<br />

verbreiteten annahmen die wärme „liebenden“, d. h. auf klimatisch warme Verhältnisse<br />

eingestellten arten keineswegs in den letzten Jahrzehnten massiv <strong>zu</strong>genommen haben.<br />

im gegenteil: es verschwanden mehr dieser arten aus mitteleuropa als sich neu (aus dem<br />

süden und südwesten) ansiedelten. das zeigt beispielhaft die am besten untersuchte Vogelwelt<br />

(abb. 6). insgesamt drangen erheblich mehr Vogel- und säugetierarten aus dem osten,<br />

also aus (kalt)kontinentalen gebieten nach mitteleuropa vor als solche aus dem süden<br />

oder südwesten. die ausbreitung von wölfen, bären, elchen, see- und Fischadlern <strong>wir</strong>d<br />

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KlimatiscHe VeränDerungen –<br />

reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />

man schwerlich „dem Klimawandel“ <strong>zu</strong>schreiben können. gewandelt hat sich weniger das<br />

Klima als unser Verhältnis <strong>zu</strong> solchen tieren.<br />

diesen befunden <strong>zu</strong>folge sollte es – bei unvoreingenommener betrachtungsweise – in den<br />

letzten Jahrzehnten nicht wärmer und trockener, sondern kälter und feuchter geworden<br />

sein. Ökologisch ist das in der tat so. das drückt sich im rückgang von insekten, insbesondere<br />

von schmetterlingen aus (abb. 6). denn im bodennahen bereich verursacht<br />

die aufgrund massiver Überdüngung des ganzen landes immer besser und immer dichter<br />

aufwachsende Vegetation durch wasserverdunstung kühlere und feuchtere lebensbedingungen<br />

als sie in der Zeit des mangels, etwa im 19. und <strong>noch</strong> in der ersten hälfte des 20.<br />

Jahrhunderts gegeben waren. die Überdüngung setzte in deutschland genau <strong>zu</strong>r Zeit des<br />

(in abb. 1 dargestellten) anstiegs der durchschnittstemperaturen ein, nämlich um 1980.<br />

sie stieg stark an und hält sich seither auf hohem niveau (reichholf 2011 a). doch da die<br />

offiziellen temperaturwerte nicht dort gemessen werden, wo die pflanzen wachsen und<br />

die tiere leben, sondern abgehoben davon in standardisierten wetterstationen, bleibt die<br />

abkühlung im dicht bewachsenen, bodennahen bereich unbemerkt oder <strong>zu</strong>mindest unberücksichtigt.<br />

Abnahme Wärme liebender Brutvogelarten in Bayern 1960–2005<br />

leicht <strong>zu</strong>nehmend<br />

~ unverändert<br />

regional rückläufig<br />

stark rückläufig<br />

ausgestorben<br />

Artenzahl<br />

trend stark rückläufig<br />

0 2 4 6 8<br />

10<br />

Abb. 6: Rückgang und Verschwinden Wärme liebender Brutvogelarten in Bayern seit 1960 – also in der Zeit<br />

der allgemein angenommenen Klimaerwärmung und der angeblichen Häufung heißer Sommer. (Quelle: Verfasser)


die erwärmung, so sie denn tatsächlich stärker <strong>wir</strong>ksam werden sollte, würde dieser für<br />

die meisten tiere und pflanzen ungünstigen bodennahen abkühlung entgegen<strong>wir</strong>ken und<br />

daher der artenvielfalt förderlich – und nicht abträglich – werden. es ist die moderne<br />

hochleistungs-land<strong>wir</strong>tschaft, die die Zukunft der artenvielfalt gefährdet, und nicht das<br />

Klima und seine Änderung.<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Rückgang der Schmetterlingshäufigkeit<br />

(Durchschnitt Mai–August)<br />

Light-trap-captures (Aigen, Bayern)<br />

Lichtfang Aigen I (Dorfrand) Schmetterlinge pro Fangnacht<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Rückgang (n = 25 Jahre)<br />

r = -0,837<br />

Mittel 158 Ex.<br />

1969 1976 1982 1990<br />

1995<br />

Abb. 7: Rückgang der Schmetterlingshäufigkeit aufgrund der Intensivierung der land<strong>wir</strong>tschaftlichen Bodennut<strong>zu</strong>ng –<br />

Befunde aus dem niederbayerischen Inntal. Völlig gleichartige Entwicklungen sind für denselben Zeitraum für England festgestellt<br />

worden. (Quelle: Verfasser)<br />

45


46<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />

KlimatiscHe VeränDerungen –<br />

reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />

wie nicht nur bei einzelnen gruppen von tieren und pflanzen, sondern ganz allgemein<br />

die erhöhten temperaturen <strong>wir</strong>ken, ließe sich bestens in den großstädten untersuchen.<br />

sie sind so artenreich, dass sie sich gerade<strong>zu</strong> als rück<strong>zu</strong>gsgebiete für die von der intensivland<strong>wir</strong>tschaft<br />

verdrängten arten erwiesen haben (reichholf 2007 b). um bis über 2 grad<br />

celsius sind sie im durchschnitt wärmer als ihr umland. also könnten in den großstädten<br />

die aus<strong>wir</strong>kungen des prognostizierten temperaturanstiegs um volle zwei grad oder mehr<br />

bereits konkret an menschen, tieren und pflanzen, am wasserhaushalt und am befürchteten<br />

eindringen fremder arten erforscht werden. da<strong>zu</strong> bedarf es keiner computermodelle,<br />

sondern guter Forschung, wie sie an universitäten im rahmen von diplom- und doktorarbeiten<br />

gemacht <strong>wir</strong>d.<br />

7. Fehleinschät<strong>zu</strong>ngen und Globaler Ausblick<br />

im winter 2010/11 ging in großstädten an der deutschen nordseeküste das streusalz<br />

aus. einige Jahre vorher hatte ein angehöriger des bundesamtes für naturschutz in einer<br />

Zeitschrift geäußert: „schnee in den bergen – schnee von gestern“. was folgte, war eine<br />

schneekatastrophe mit toten. Für 2007 prognostizierte ein prominenter deutscher Klimaforscher<br />

einen „saharasommer“, weil es ende april tage mit knapp 30 °c höchsttemperatur<br />

gegeben hatte. was kam, war ein so regenreicher und vergleichsweise kühler sommer,<br />

dass er der sahara gut getan hätte. Versicherungen werben mit „Klima-Kasko“, die auch bei<br />

unwetterschäden (!) haftet. die wärmedämmung der wohngebäude <strong>wir</strong>d massiv vorangetrieben,<br />

obgleich doch bei der bevorstehenden erwärmung kühlende luftdurchlässigkeit<br />

angemessen wäre. der schimmelbildung in den räumen <strong>wir</strong>d durch die abdichtung Vorschub<br />

geleistet. der „drang nach süden“ in den Ferien ist ungebrochen, weil die sommer<br />

nicht mediterran geworden sind; der super-sommer 2003 blieb eine ausnahme. Verantwortung<br />

für all die Fehleinschät<strong>zu</strong>ngen und die falschen prognosen übernimmt jedoch<br />

niemand, schon gar nicht die, welche sie am intensivsten mit höchst bedrohlichen szenarien<br />

in die Öffentlichkeit tragen.<br />

selbstverständlich geht es aber beim Klimawandel nicht allein um die aus<strong>wir</strong>kungen auf<br />

deutschland oder europa, auch wenn <strong>wir</strong> hier mit dem „global change“-Veränderungen <strong>zu</strong><br />

tun haben und <strong>zu</strong>rechtkommen müssen. Für „uns“ sehen die prognosen nämlich gar nicht<br />

so düster aus; im gegenteil. sollten die regionalisierten Klimamodelle stimmen, würde der<br />

größte teil europas (und andere regionen der erde) <strong>zu</strong> den gewinnern gehören. so wie historisch<br />

die warmen Zeiten auch stets die guten Zeiten waren. andere regionen hingegen<br />

würden für sie ungünstige Veränderungen hinnehmen müssen, deren geographische Verteilung<br />

und aus<strong>wir</strong>kungen, wie etwa die berüchtigte „dust bowl“ der 1930er Jahre in den<br />

usa, die viel schlimmer als die trockenheit des sommers 2012 gewesen war, gleichfalls


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

hier nicht erörtert werden kann. es geht (mir) vielmehr um zwei globale aspekte, nämlich<br />

die <strong>zu</strong>nehmende Vernichtung von tropenwäldern für die erzeugung von Futtermitteln für<br />

unser (!) stallvieh und von bioenergie-trägern (biodiesel, bioethanol) einerseits und um<br />

die geographische bedingtheit der größe des primärenergie-umsatzes andererseits, aus<br />

dem hervorgeht, dass <strong>wir</strong> keineswegs die großen energieverschwender sind, als die <strong>wir</strong><br />

häufig angeprangert werden.<br />

Zunächst <strong>zu</strong> den Futtermitteln und ihrem Zusammenhang mit Klima und biodiversität:<br />

wiederkäuer, insbesondere rinder, schafe und Ziegen, von denen es global 1,4 milliarden<br />

bzw. rund 1 milliarde und 700.000 gibt, setzen große mengen methan bei ihrer speziellen<br />

wiederkäuer-Verdauung frei. allein die methanmenge der rinder entspricht in der<br />

treibhausgas<strong>wir</strong>kung – das methanmolekül ist mehr als zwanzigmal <strong>wir</strong>ksamer als das<br />

Kohlendioxidmolekül – der des gesamten Kraftfahrzeugverkehrs. methan setzen aber auch<br />

termiten in großem umfang frei, die sich auf tropischen und subtropischen rinderweiden<br />

massenhaft ausbreiten. hin<strong>zu</strong> kommt n 2 o, das umgangssprachlich als „lachgas“ bezeichnete<br />

distickstoffmonxid, als drittes unter den treibhausgasen. es <strong>wir</strong>d insbesondere von<br />

nassreiskulturen freigesetzt. allein diesen emissionen <strong>zu</strong>folge kann die land<strong>wir</strong>tschaft<br />

nicht aus der betrachtung der Verursacher der atmosphärischen treibhausgas-belastungen<br />

ausgeklammert werden. sie liefert davon mehr als die übrigen von menschen frei gesetzten<br />

co 2 -mengen – ganz besonders viel in den tropen. nach angaben des umweltpro-<br />

47


48<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />

KlimatiscHe VeränDerungen –<br />

reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />

gramms der Vereinten nationen (unep) brennt in der so genannten dritten welt (besser:<br />

in den tropen und auf der südhalbkugel) alljährlich eine Fläche so groß wie ganz australien.<br />

es handelt sich um das abflämmen von Flächen, die als (höchst dürftiges) weideland<br />

genutzt werden, und um brandrodung. die dabei der atmosphäre <strong>zu</strong>geführte, ungenutzte<br />

wärmemenge übertrifft den gesamten energieumsatz deutschlands um 20 bis 30 prozent.<br />

direkt beteiligt an den globalen emissionen sind deutschland und die eu aber über den<br />

import von Futtermitteln, Ölpalmprodukten und biokraftstoffen. in den letzten beiden<br />

Jahrzehnten wurden allein in brasilien zwischen 1,5 und 3 millionen hektar tropenwald<br />

vernichtet und in sojaplantagen und Viehweiden umgewandelt. da deutschland (und die<br />

eu) einen hohen anteil der Futtermittel von dort importieren, mit denen hier<strong>zu</strong>lande das<br />

stallvieh versorgt <strong>wir</strong>d, frisst dieses buchstäblich tropenwälder auf. betroffen sind höchst<br />

artenreiche tropenwälder, wie die nachfolgende grafik zeigt (abb. 8). denn die artenvielfalt<br />

(biodiversität) steigt <strong>zu</strong> den tropen hin steil an. der hauptmasse des artenschatzes<br />

der erde lebt (<strong>noch</strong>) in den tropen südamerikas, westafrikas und südostasiens, also in gebieten,<br />

die von der nach europa (und china) gerichteten Futtermittelproduktion betroffen<br />

sind (reichholf 2008 b).<br />

Artenreichtum: Steiler Anstieg äquatorwärts<br />

Artenzahl<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

Anstieg der Zahl der Vogelarten<br />

von der polaren Region Nordamerikas<br />

<strong>zu</strong>m äquatorialen Südamerika<br />

Kurve = exponenzielle Trendlinie<br />

F = relative Flächengröße<br />

Nordamerika<br />

Mittelamerika<br />

Südamerika<br />

Abb. 8: Anstieg des Artenreichtums, hier am Beispiel der Vogelwelt ( rote Linie), vom Norden Nordamerikas über Mittel- nach<br />

Südamerika (Amazonien unterm Äquator). Die grüne Linie ()gibt die relativen Flächengrößen der <strong>zu</strong>grunde liegenden Kontinentalbereiche<br />

an. So ist das winzige, aber tropische Costa Rica weitaus artenreicher als große Teile Nordamerikas oder Europas.<br />

Tropen<br />

80 70 55 30 20 10<br />

0<br />

F


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

die Vernichtung tropischer biodiversität sollte nach dem umweltgipfel von rio de Janeiro<br />

1992 <strong>zu</strong>gunsten einer nachhaltigen entwicklung abgebremst und schließlich verhindert<br />

werden. die umset<strong>zu</strong>ng verhinderte die europäische agrarpolitik. bei uns führte sie da<strong>zu</strong>,<br />

dass das ganze land überdüngt und mehrfach im Jahr ungeheueren güllefluten ausgesetzt<br />

ist, nämlich der drei- bis fünffachen menge, die den abwässern der 82 millionen menschen<br />

in deutschland entspricht. das undurchschaubare subventionierungssystem der<br />

eu-land<strong>wir</strong>tschaft bildet mit weitem abstand von allen übrigen einflussgrößen die hauptursache<br />

für den globalen wie auch nationalen schwund an biodiversität. es verursacht<br />

auch die größten umweltbelastungen in unserem land, mit allen den schwierigkeiten,<br />

sauberes trinkwasser <strong>zu</strong> bekommen, die reinigung der menschlichen abwässer <strong>wir</strong>ksam<br />

werden <strong>zu</strong> lassen und lebensmittelskandale <strong>zu</strong> verhindern.<br />

die Fokussierung der Zukunftsproblematik auf den nicht greifbaren (und nicht <strong>zu</strong> steuernden)<br />

Klimawandel, der, falls überhaupt, erst in fernerer Zukunft <strong>wir</strong>ksam <strong>wir</strong>d, liefert<br />

der land<strong>wir</strong>tschaftspolitik die beste ausrede, nichts ändern <strong>zu</strong> müssen, weil man sich ja<br />

„auf den wandel einstellen müsse“! bekämpfen sollen diesen globalen wandel <strong>wir</strong>, die <strong>wir</strong><br />

nie und nimmer in der lage sein werden, steuernd auf die weltweiten entwicklungen ein<strong>zu</strong><strong>wir</strong>ken.<br />

unser anteil an der menschheit ist, wie auch das politische gewicht, einfach <strong>zu</strong><br />

gering. längst bestimmen die neuen größen china, indien, brasilien und die dritte welt,<br />

wie es weitergehen <strong>wir</strong>d.<br />

<strong>wir</strong> haben jedoch keinen grund, uns wegen unseres pro-Kopf-energieumsatzes schlecht<br />

und schuldig <strong>zu</strong> fühlen, entspricht dieser doch den von der geographie vorgegebenen abfolge<br />

<strong>zu</strong> immer höheren umsatzraten mit <strong>zu</strong>nehmender entfernung von den tropen. das<br />

hat mit dem „gefälle“ an einstrahlungsenergie <strong>zu</strong> tun, an dem sich nichts ändern lässt,<br />

gleichgültig, ob man es für falsch hält oder als angemessen betrachtet, dass nordische<br />

länder, wie Finnland, Kanada oder sibirien und auch große teile der nördlichen zentralen<br />

staaten der usa, viel mehr energie benötigen als solche in klimatisch warmer lage. abb.<br />

9 zeigt die abhängigkeit von der geographie.<br />

es ist daher unsinnig, für alle menschen eine gleiche Kopfquote an verfügbarer energie<br />

festlegen <strong>zu</strong> wollen; polemisch und wie in alten Zeiten des kirchlichen ablasshandels der<br />

Versuch, ein anhaltend schlechtes gewissen <strong>zu</strong> erzeugen, das sich in Freigiebigkeit äußert.<br />

denn niemand kann ernsthaft wollen, dass überall auf der erde gleiche klimatische<br />

bedingungen herrschen. nur unter gleichen außenverhältnissen wären gleiche Quoten<br />

vorstellbar, wenn auch in höchstem maße unproduktiv und unmenschlich. die <strong>wir</strong>tschaft,<br />

das soziale engagement und auch sonst alles im leben und <strong>wir</strong>ken der menschen<br />

49


50<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr. Josef H. reicHHolf<br />

KlimatiscHe VeränDerungen –<br />

reaKtionen Von Pflanzen, tieren unD menscHen<br />

und in der gesamten natur nähren sich aus ungleichgewichten. was ins gleichgewicht<br />

kommt, ist am ende. dieses an<strong>zu</strong>streben käme der selbstaufgabe gleich. Funktionsfähige<br />

ungleichgewichte her<strong>zu</strong>stellen und aufrecht <strong>zu</strong> erhalten ist die herausforderung für die<br />

Zukunft (reichholf 2008 a). ungleichgewichte, die Veränderungen <strong>zu</strong>lassen, sind die existenzgrundlage<br />

aller menschen und allen lebens auf der erde. das meint auch der begriff<br />

„nachhaltige entwicklung“.<br />

Energieverbrauch zwischen Äquator und Pol (kg SKE/Kopf)<br />

nördl. Breiten<br />

mittl. Breiten<br />

Deutschland<br />

D -20 %<br />

mediterran<br />

subtropisch<br />

tropisch<br />

0 2000<br />

4000 6000<br />

8000<br />

10000<br />

12000<br />

Abb. 9: Durchschnittlicher Energieverbrauch (= Umsatz) in Steinkohleeinheiten (SKE) pro Kopf der Bevölkerung in<br />

Abhängigkeit von der (nördlichen) geographischen Breitenlage. Auch eine Einsparung von (unrealistischen) 20 Prozent<br />

würde an der bisherigen Position Deutschland nichts wesentlich verändern. Nur anhaltend milde Winter könnten Einsparungen<br />

in dieser Größenordnung oder mehr ermöglichen (= mediterrane Verhältnisse schaffen). (Quelle: Verfasser)


literatur<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

cramer, hans-hermann (2007): ernten machen geschichte. – agroconcept, bonn.<br />

geiss, immanuel (2007): großwetterlagen mitteleuropas – klimatische und historisch-politische.<br />

– rundgespräche der Kommission für Ökologie 32: 15 - 36. bayerische akademie<br />

der wissenschaften, münchen.<br />

glaser, rüdiger (2001): Klimageschichte mitteleuropas. – wissenschaftliche buchgesellschaft<br />

darmstadt.<br />

Karl, Johann (1997): szenarien für die alpen über Folgen des globalen Klimawandels. –<br />

Jahrbuch Verein schutz der bergwelt 62: 241 – 259.<br />

pfister, christian (1990): wetter - nachhersage. – mannheimer Forum, piper Vlg., münchen.<br />

pfister, christian (1999): wetternachhersage. – bern.<br />

reichholf, Josef h. (2007 a): eine kurze naturgeschichte des letzten Jahrtausends. – s.<br />

Fischer Vlg., Frankfurt am main.<br />

reichholf, Josef h. (2007 b): stadtnatur. – oekom Vlg., münchen.<br />

reichholf, Josef h. (2008 a): stabile ungleichgewichte – die Ökologie der Zukunft. – suhrkamp,<br />

Frankfurt am main.<br />

reichholf, Josef h. (2008 b): ende der artenvielfalt? gefährdung und Vernichtung der<br />

biodiversität. – s. Fischer taschenbuch, Frankfurt am main.<br />

reichholf, Josef h. (2011 a): der tanz um das goldene Kalb. der Ökokolonialismus europas.<br />

– wagenbach Vlg., berlin.<br />

reichholf, Josef h. (2011 b): Klimahysterie. – Vontobel schriftenreihe, Zürich.<br />

schönwiese, christian (1995): Klimaänderungen. – springer Vlg., berlin.<br />

Josef h. reichholf, dr. rer. nat., geb. 1945, honorarprofessor der technischen universität<br />

münchen, lehrte 30 Jahre lang naturschutz an der tu münchen, <strong>wir</strong>kte in zahlreichen nationalen<br />

und internationalen naturschutz- und umweltorganisationen und ist autor vieler<br />

bücher über die natur und ihre Veränderungen sowie über den ursprung des menschen.<br />

Kontakt: reichholf-jh@gmx.de<br />

* Überarbeitete und gekürzte Fassung des gleichnamigen Vortrags auf der Klimatagung<br />

der sächsischen Fdp in dresden am 30. Juni 2012<br />

51


52<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. dr. bodo sturm<br />

rationale KlimaPolitiK –<br />

eine öKonomiscHe betracHtung<br />

in meinem Vortrag geht es darum, wie sinnvoll der alleingang deutschlands in der Klimapolitik<br />

aus ökonomischer sicht ist. ich werde mich heute nur auf die ökonomische<br />

perspektive konzentrieren und ganz bewusst alle anderen aspekte außen vor lassen. ich<br />

werde also tatsächlich davon ausgehen, dass <strong>wir</strong> das gesellschaftliche Ziel Klimapolitik als<br />

gegeben annehmen und ich werde hinterfragen, ob <strong>wir</strong> eigentlich das richtige tun, wenn<br />

dieses Ziel erfüllt werden soll. wie sie wissen, gibt es da einige neue informationen: seit<br />

Kurzem ist der atomausstieg quasi aktuelle politik und die zweite säule unseres klimapolitischen<br />

alleingangs ist die massive Förderung erneuerbarer energien, das erneuerbare<br />

energien gesetz (eeg). um dieses gesetz <strong>wir</strong>d es heute im großen und ganzen auch<br />

gehen. ich werde wenig sagen <strong>zu</strong>m atomausstieg.<br />

es ist schon angeklungen, der anteil deutschlands an den weltweiten treibhausgasemissionen<br />

liegt unter 3 prozent und damit wissen <strong>wir</strong> offensichtlich schon, dass <strong>wir</strong> das Klimaproblem<br />

nicht im alleingang lösen können. das ist erst einmal eine Feststellung, die auch<br />

meine Vorredner schon angemerkt haben. nun kann man natürlich sagen, <strong>wir</strong> können das<br />

Klima nicht allein retten – aber lasst uns doch trotzdem allein etwas tun. diese position<br />

ist durchaus legitim. man tut häufig dinge und schaut, die anderen machen nichts, man<br />

selber jedoch marschiert vorweg. dann <strong>wir</strong>d man sich natürlich fragen, macht so ein alleingang<br />

sinn? sinnvoll ist ein solcher alleingang offensichtlich nur, wenn die anderen<br />

irgendwann einmal hinterher kommen – erstens – und zweitens, wenn der alleingang<br />

<strong>wir</strong>klich ein „gutes“ beispiel vorgibt. <strong>wir</strong> werden <strong>noch</strong> hinterfragen, was ich mit „gut“<br />

meine. was Ökonomen damit meinen ist einfach, dass man eine rationale Klimapolitik<br />

machen sollte. also eine konsistente, d.h. widerspruchsfreie Klimapolitik. dann wäre ein<br />

alleingang sinnvoll. wenn unsere Klimapolitik jedoch nicht rational, nicht sinnvoll ist,<br />

dann kann man begründete Zweifel daran haben, dass die anderen irgendwann mal hinterher<br />

kommen werden. und nur dann macht Klimapolitik sinn. leisten <strong>wir</strong> das? das ist die<br />

Frage. mit dieser Frage werde ich mich heute beschäftigen.<br />

<strong>wir</strong> wollen also einige aspekte unseres klimapolitischen alleingangs aus ökonomischer<br />

sicht analysieren. Für Ökonomen spielen die Kosten offensichtlich die entscheidende rolle.<br />

das mag dem einen oder anderen sofort einleuchten; andere wundern sich immer wieder,<br />

warum Ökonomen so auf den Kosten rumreiten. nun, in der Klimapolitik ist es ganz<br />

besonders wichtig, auf die Kosten <strong>zu</strong> achten. gerade weil <strong>wir</strong> mit unseren emissionen das<br />

weltklima nicht oder nur sehr wenig beeinflussen können, sollten <strong>wir</strong> Klimapolitik so<br />

gestalten, dass sie möglichst günstig ist. wenn <strong>wir</strong> bereit sind, einen beitrag <strong>zu</strong> leisten,<br />

ob es sinn macht oder nicht, das werde ich aus naturwissenschaftlicher sicht heute nicht<br />

hinterfragen, sollten <strong>wir</strong> es so tun, dass <strong>wir</strong> Klimaschutz möglichst billig bekommen. das


ist der entscheidende punkt und daran sollte sich eine Klimapolitik<br />

messen lassen. diese Überlegung führt uns <strong>zu</strong> dem begriff<br />

der Kosteneffizienz, den ich hier kurz erklären möchte. Jeder von<br />

uns weiß, Klimaschutz verursacht Kosten. wenn sie mit dem auto<br />

heute nach dresden gefahren sind, haben sie überall windkraftanlagen<br />

herumstehen sehen. <strong>wir</strong> investieren massiv in photovoltaik.<br />

das kostet milliarden. das sind offensichtlich Kosten, und <strong>wir</strong><br />

müssen dafür knappe ressourcen einsetzen, arbeit und Kapital.<br />

der stahl, der in einer windkraftanlage steckt, könnte auch für<br />

brücken benutzt werden und das silizium, welches <strong>wir</strong> in unsere<br />

photovoltaik-anlagen stecken, könnte in rechnern verwendet werden<br />

usw. und so fort. also die erste erkenntnis: Klimaschutz verursacht<br />

Kosten. Zweitens: die menge der ressourcen, die <strong>wir</strong> einsetzen<br />

können, ist offensichtlich begrenzt. das merkt man daran,<br />

dass <strong>wir</strong> uns sofort viele alternative Verwendungsmöglichkeiten<br />

für diese ressourcen vorstellen könnten. die ingenieure, die sich<br />

mit windkraftanlagen oder mit der steigerung von energieeffizienz<br />

in Kraftwerken beschäftigen, könnten brücken oder autos<br />

bauen. das geld, das <strong>wir</strong> investieren, könnte man auch stärker in<br />

die sächsischen hochschulen stecken – diese bemerkung sei mir<br />

hier gestattet an der stelle. offensichtlich ist das problem, dass<br />

die menge an ressourcen begrenzt ist. und das führt uns ganz<br />

automatisch <strong>zu</strong> der erkenntnis, dass <strong>wir</strong> für jeden euro, den <strong>wir</strong><br />

investieren, fordern sollten, maximal viel Kohlendioxidemission<br />

ein<strong>zu</strong>sparen oder andersherum, <strong>wir</strong> sollten eine bestimmte co 2 -<br />

einsparung so durchführen, dass sie minimale Kosten verursacht.<br />

das ist die definition von Kosteneffizienz aus ökonomischer sicht<br />

und Ökonomen betrachten daher eine kosteneffiziente politik als<br />

rationale Klimapolitik. es ist einfach die idee: wenn man etwas<br />

haben möchte, sollte man möglichst wenig dafür ausgeben, weil<br />

man alternative Verwendungen für nicht eingesetzte mittel hat.<br />

wann liegt Kosteneffizienz vor? da gibt es eine ganz einfache<br />

regel, die ich ihnen erklären möchte. Kosteneffizienz liegt vor,<br />

wenn alle emittenten die gleichen Kosten pro vermiedene tonne<br />

co 2 haben. sie müssen sich eine Volks<strong>wir</strong>tschaft vorstellen mit<br />

verschiedenen emittenten, die treibhausgase emittieren. im Fol-<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr.<br />

Bodo Sturm<br />

Professor für Volks<strong>wir</strong>tschaftslehre<br />

und Quantitative<br />

Methoden, HTWK<br />

Leipzig<br />

„Der Anteil Deutschlands an<br />

der weltweiten Treibhausgasemission<br />

liegt unter drei<br />

Prozent. Und das Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />

(EEG) ist<br />

keine rationale Klimapolitik.<br />

Denn das EEG hat keinen<br />

Effekt auf die Energieerzeugung<br />

in Europa, also<br />

keine ökologische Wirkung,<br />

aber Kosten haben <strong>wir</strong>. Und<br />

die Subventionen müssen<br />

natürlich von jemandem<br />

bezahlt werden – von den<br />

Verbrauchern. Damit geht<br />

die gesamt<strong>wir</strong>tschaftliche<br />

nachfrage <strong>zu</strong>rück. Das<br />

zerstört Arbeitsplätze.“<br />

53


54<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr. BoDo Sturm<br />

rationale KlimaPolitiK –<br />

eine öKonomiSche Betrachtung<br />

genden werde ich mich vor allen dingen natürlich auf Kohlendioxid konzentrieren. diese<br />

Kosten, die Kosten für die letzte tonne co 2 , die emittiert <strong>wir</strong>d, nennen Ökonomen grenzvermeidungskosten<br />

(gVK). genauer gesagt gilt folgende regel: Für die letzte vermiedene<br />

tonne co 2 sollten alle emittenten in einer Ökonomie den gleichen preis zahlen, sonst<br />

ist Kosteneffizienz verletzt; sonst kann man zeigen, dass das gleiche emissionsziel <strong>zu</strong> geringeren<br />

Kosten erreicht werden könnte. Zum beispiel können <strong>wir</strong> uns zwei Kraftwerke<br />

vorstellen. das erste hat höhere Kosten hat als das zweite. ein unterschied in den gVK<br />

kann existieren, weil ein Kraftwerk möglicherweise eine höhere energieeffizienz hat. in<br />

diesem Fall kann man die Kosten von Klimaschutz reduzieren, wenn man die emissionsvermeidung<br />

umverteilt zwischen beiden emittenten. hier in diesem beispiel, die gVK von<br />

1 sind höher als die gVK von 2, könnte man also die Kosten vom Klimaschutz reduzieren,<br />

wenn emittent 1 eine mengeneinheit, eine tonne, eine million tonnen, wie sie wollen,<br />

weniger vermeidet und emittent 2 eine mengeneinheit mehr. beachten sie bitte, dass die<br />

gesamtmenge an emissionen dann konstant bleibt. der eine emittiert mehr, der andere<br />

weniger. der Ökologe kann sich also ganz entspannt <strong>zu</strong>rücklehnen, weil das emissionsziel<br />

unverändert bleibt – die Kosten aber geringer sind. <strong>wir</strong> haben geld eingespart und dieses<br />

geld können <strong>wir</strong> alternativ verwenden. wie lange ist so eine Kostensenkung möglich?<br />

ganz einfach, irgendwann werden auch hier im Fall des zweiten emittenten die grenzvermeidungskosten<br />

steigen. wenn sie <strong>zu</strong>m beispiel emissionsvermeidung betreiben durch<br />

energieeffizienzerhöhung, dann <strong>wir</strong>d es irgendwann teuer. der <strong>wir</strong>kungsgrad eines Kraftwerks<br />

kann nicht beliebig gesteigert werden, nur <strong>zu</strong> überproportional hohen Kosten und<br />

irgendwann werden auch beim zweiten emittenten die gVK steigen. wenn alle emittenten<br />

in einer Ökonomie die gleichen die grenzvermeidungskosten haben, dann ist keine Kostensenkung<br />

mehr möglich. dann haben <strong>wir</strong> Kosteneffizienz erreicht.<br />

Jetzt möchte ich zeigen, dass die Klimapolitik, die <strong>wir</strong> im moment in deutschland betreiben<br />

kein gutes beispiel darstellt, weil sie eben die Kosteneffizienz verletzt. ich werde also im Folgenden<br />

prüfen, ob das eeg, dass erneuerbare-energien-gesetz, unsere anforderungen an rationale<br />

Klimaschutzpolitik erfüllt. wie man leicht zeigen kann, ist das nicht der Fall. danach<br />

werde ich <strong>zu</strong> einer alternative kommen, das ist der emissionshandel. hier kann man zeigen,<br />

dass Kosteneffizienz erfüllt ist. dann weiß man: mit einem kosteneffizientem emissionshandel<br />

haben <strong>wir</strong> ein instrument der ersten wahl, wenn <strong>wir</strong> Klimaschutz betreiben wollen.<br />

eine wichtige anmerkung gleich vorweg: erstens, die ökologische <strong>wir</strong>kung des eeg ist<br />

praktisch gleich null. warum ist das so? nun, stellen sie sich vor: man produziert strom<br />

mit erneuerbaren energien, <strong>zu</strong>m beispiel mit windkraftanlagen. dieser strom <strong>wir</strong>d in<br />

das netz eingespeist, <strong>wir</strong> brauchen also jetzt weniger strom aus fossilen energieträgern.


Führt das jetzt da<strong>zu</strong>, dass co 2 emissionen eingespart werden? nein, nicht. das Kraftwerk,<br />

das bisher strom produziert hat, muss jetzt weniger output liefern, produziert weniger<br />

strom. aber der emissionshandel setzt eben eine grenze auf die co 2 -Zertifikate-menge.<br />

das Kraftwerk benötigt jetzt einfach weniger von diesen Zertifikaten und diese Zertifikate<br />

können auf dem markt verkauft werden <strong>zu</strong> einem positiven preis. mit anderen worten, es<br />

kommt nur <strong>zu</strong> einer zeitlichen oder räumlichen umverteilung der emissionen und nicht<br />

<strong>zu</strong> einer tatsächlichen Vermeidung von co 2 -emissionen. ich werde später <strong>noch</strong> etwas<br />

genauer auf diesen emissionshandel <strong>zu</strong> sprechen kommen. bei diesem handel <strong>wir</strong>d also<br />

die co 2 -menge durch das „cap“, die gesamtmenge an emissionen in europa, bestimmt<br />

und das recht, diese emissionen <strong>zu</strong> emittieren, <strong>wir</strong>d dann an die emittenten verteilt. die<br />

emissionsrechte sind handelbar und dieser handel sorgt dafür, dass eben es nur <strong>zu</strong> einer<br />

räumlichen umverteilung von emissionen kommt. Jetzt könnte man behaupten, das eeg<br />

hat also keinerlei effekte auf die Klimapolitik, das stimmt aber so nicht.<br />

Jetzt gibt es studien, die zeigen, wie stark dieser effekt sein kann. das hier ist eine studie<br />

von boehringer und rosenthal, eine simulationsstudie, die sich speziell auf den deutschen<br />

elektrizitätsmarkt bezieht. sie sehen folgendes: auf der X-achse haben sie den anteil grüner<br />

strom, der eingespeist <strong>wir</strong>d in das netz in deutschland, und auf der y-achse nach<br />

unten haben sie den preisrückgang für<br />

co 2 . was passiert, wenn massiv erneuerbare-energien-strom<br />

eingespeist <strong>wir</strong>d?<br />

die braunkohlekraftwerke, <strong>zu</strong>m beispiel<br />

lippendorf, südlich von leipzig, die können<br />

ihre leistung ein wenig drosseln, im<br />

durchschnitt wohlgemerkt, und werden<br />

dann weniger co 2 -Zertifikate benötigen.<br />

diese werden auf den markt geworfen, die<br />

menge an diesen Zertifikaten ist bis 2020<br />

fixiert. <strong>wir</strong> haben also einen rückgang der<br />

nachfrage nach diesen Zertifikaten, was<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Das EEG hat keine Mengeneffekte,<br />

die Emissionen bleiben die gleichen,<br />

aber es gibt einen Preiseffekt.<br />

Einen Preiseffekt gibt es, weil<br />

offensichtlich die Nachfrage nach<br />

Zertifikaten <strong>zu</strong>rückgeht, wenn <strong>wir</strong><br />

stärker Erneuerbaren-Energien-<br />

Strom einspeisen.<br />

<strong>zu</strong> einer preissenkung führt. sie sehen: der preisrückgang für co 2 kommt auch aus diesen<br />

modellen heraus und ist eine ganz wichtige ursache dafür, warum <strong>wir</strong> im moment den<br />

co 2 -handel haben, <strong>wir</strong> es in europa mit einem sehr niedrigen preis für diese Zertifikate.<br />

diese preissenkung freut im Übrigen die betreiber von Kohlekraftwerken, denn sie müssen<br />

weniger geld für den Kauf von Zertifikaten ausgeben bzw. können mehr Zertifikate<br />

einsetzen, um Kohle <strong>zu</strong> verstromen.<br />

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56<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr. BoDo Sturm<br />

rationale KlimaPolitiK –<br />

eine öKonomiSche Betrachtung<br />

Jetzt <strong>wir</strong>d häufig argumentiert, <strong>wir</strong> könnten doch das entsprechend cap absenken. <strong>wir</strong><br />

fördern also erneuerbaren-energien-strom, dahinter steckt eine gewisse co 2 -einsparung,<br />

lasst uns doch das cap entsprechend absenken für den emissionshandel und dann hat das<br />

eeg den<strong>noch</strong> eine <strong>wir</strong>kung auf die emission. das problem ist, dass die leute, die das behaupten,<br />

den Vorteil des emissionshandels leider nicht verstanden haben. der Vorteil des<br />

emissionshandel besteht nämlich genau daran, dass die einzelnen dezentralen akteure,<br />

Kraftwerke, Zementfabriken, chemische anlagen, alle anlagen, die im emissionshandel<br />

eingeschlossen sind, eigenverantwortlich entscheiden können, wo sie Vermeidung betreiben,<br />

wie viel und mit welcher technik. nur das sichert letztendlich die Kosteneffizienz; sobald<br />

der soziale planer eingreift und sagt, du musst jetzt vermeiden und du brauchst nicht<br />

vermeiden, führt das üblicherweise da<strong>zu</strong>, dass die Kosteneffizienz verletzt <strong>wir</strong>d. wenn die<br />

technik vorgeschrieben <strong>wir</strong>d, geht also üblicherweise die Kosteneffizienz verloren, einfach<br />

weil der soziale planer nicht weiß, wer denn der emittent mit den niedrigen grenzvermeidungskosten<br />

ist. das ist das problem an der stelle und dem planer fehlt die information über<br />

die kostengünstigsten Vermeidungsoptionen. also das argument ist tatsächlich keine Kritik<br />

an dem von mir <strong>zu</strong>vor geäußerten punkt, dass das eeg keinerlei Klimaschutz<strong>wir</strong>kung hat.<br />

<strong>wir</strong> haben keine Klimaschutz<strong>wir</strong>kung, also keine ökologische <strong>wir</strong>kung, aber Kosten haben


<strong>wir</strong> offensichtlich. Jeder, der mal auf seine stromrechnung schaut und die vergleicht mit<br />

den Jahren <strong>zu</strong>vor, sieht, dass er tatsächlich reale Kosten durch das eeg hat und auch das<br />

kann man mit der studie von boehringer und rosendahl ganz gut zeigen. die X-achse ist<br />

in dieser abbildung die gleiche, der anteil grüner strom in prozent, und auf der y-achse<br />

haben <strong>wir</strong> jetzt die Zusatzkosten in prozent. denken sie daran, das eeg hat keinen effekt<br />

auf das cap, also auf die co 2 -emission der stromerzeugung in europa. aber <strong>wir</strong> haben<br />

natürlich Kosten, Kosten dadurch, dass <strong>wir</strong> die eeg-umlage haben. <strong>wir</strong> haben Kosten dadurch,<br />

dass <strong>wir</strong> stahl und beton aufwenden müssen, um entsprechend windkraftanlagen<br />

<strong>zu</strong> bauen. sie sehen, es gibt diesen ansteigenden Zusammenhang zwischen den anteil<br />

grüner strom, den sie einspeisen ins netz, und den Zusatzkosten in prozent des energiesystems<br />

bei ökologischer bei neutralität bezüglich des co 2 -Zieles.<br />

und das führt eben da<strong>zu</strong>, dass die co 2 -preise in europa mittlerweile sehr niedrig sind. sie<br />

liegen im moment bei etwa 7 A die tonne co 2 . man kann einwenden, die co 2 -preise sind<br />

nicht nur deshalb niedrig, weil die deutschen massiv eeg-strom einspeisen, sondern auch,<br />

weil <strong>wir</strong> in bestimmten ländern der<br />

eurozone eine rezession haben. das<br />

stimmt. wenn die <strong>wir</strong>tschaftliche<br />

aktivität <strong>zu</strong>rückgeht, <strong>wir</strong>d weniger<br />

strom gebraucht, wenn weniger<br />

strom gebraucht <strong>wir</strong>d, werden auch<br />

weniger Zertifikate benötigt, dann<br />

geht die nachfrage <strong>zu</strong>rück und bei<br />

konstantem angebot führt das <strong>zu</strong><br />

einer preissenkung. den<strong>noch</strong> bleibt<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Das EEG trägt <strong>zu</strong>r CO 2 -Preissenkung<br />

bei und das hat aus volks<strong>wir</strong>tschaftlicher<br />

Sicht eine massive Verzerrung <strong>zu</strong>r Folge,<br />

denn Vermeidungsaktivitäten finden bei<br />

der fossilen Energiegewinnung praktisch<br />

nicht mehr statt.<br />

unser argument richtig. die braunkohlemanager, die freuen sich natürlich eigentlich darüber,<br />

dass so viel eeg-strom eingespart <strong>wir</strong>d. es gibt natürlich auch dinge, über die sie sich<br />

nicht freuen, einfach weil die Volatilität des eeg-stromes, der eingespeist <strong>wir</strong>d, sehr hoch<br />

ist. aber der niedrige co 2 -preis, der gefällt den leuten von der braunkohleindustrie natürlich.<br />

einfach, weil sich nicht darum kümmern müssen, ob sie Zertifikate haben oder nicht.<br />

das ist aktuell etwas anderes, als wenn der co 2 -preis 40 A oder 50 A wäre. dann würde<br />

braunkohle tatsächlich ein problem bekommen. mit anderen worten: das ege beeinträchtigt<br />

das preissignal des emissionshandels. wenn <strong>wir</strong> davon ausgehen, dass <strong>wir</strong> tatsächlich<br />

etwas für das Klima tun wollen, <strong>wir</strong>d das falsche signal gegeben. denn es <strong>wir</strong>d im moment<br />

das signal gegeben für die braunkohleerzeuger: ihr müsst euch eigentlich nicht kümmern.<br />

co 2 ist billig, verbrennt Kohle, emittiert co 2 ; und das ist, wenn <strong>wir</strong> etwas für das Klima tun<br />

wollen, definitiv das falsche signal. was <strong>wir</strong> tun sollten anstelle dessen, ist langfristig eine<br />

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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr. BoDo Sturm<br />

rationale KlimaPolitiK –<br />

eine öKonomiSche Betrachtung<br />

positive Knappheit <strong>zu</strong> signalisieren. das soll also heißen, wenn man heute Kraftwerke baut,<br />

sollte man antizipieren, in 30 Jahren <strong>wir</strong>d es tatsächlich einen relativ hohen preis für Zertifikate<br />

geben. boehringer und rosenthal haben das ganz griffig formuliert mit dem titel ihres<br />

papiers „green serves the dirtiest“. die einspeisung von grünen strom in das netz, wem<br />

nützt das? nun, den schmutzigen, co 2 -intensiven technologien: braun- und steinkohle.<br />

ich bin dabei, über das eeg <strong>zu</strong> reden und es gibt natürlich <strong>noch</strong> weitere effekte dieses gesetzes.<br />

es gibt die steigenden energiekosten, offensichtlich, weil einfach die generierung<br />

von strom mit erneuerbaren energien, insbesondere der photovoltaik, aber auch windkraft<br />

immer <strong>noch</strong> sehr teuer ist. steigende netzentgelte, einfach weil <strong>wir</strong> eine sehr hohe<br />

Fluktuation der einspeisung von eeg-strom haben. <strong>wir</strong> haben auch das problem, dass<br />

das eeg null bis negative nettoarbeitsplatzeffekte in deutschland bringt. wohlgemerkt<br />

nettoarbeitsplätze. wenn sie studien des bmu lesen, <strong>wir</strong>d ihnen auffallen, das dort üblicherweise<br />

von positiven arbeitsplatzeffekten die rede ist. das liegt die daran, dass beim<br />

bmu gerne bruttoarbeitsplatzeffekte ausgewiesen werden. wenn sie gegenrechnen, dass<br />

die subventionen natürlich von irgendjemand bezahlt werden muss, üblicherweise von<br />

den Verbrauchern, dort geht die gesamt<strong>wir</strong>tschaftliche nachfrage <strong>zu</strong>rück und das zerstört<br />

arbeitsplätze, wenn sie das wieder gegenrechnen, dann sind die effekte null bis negativ,<br />

was keinen Ökonomen überraschen sollte. und schließlich haben <strong>wir</strong> eine <strong>zu</strong>nehmende<br />

subventionierung von importen durch das eeg, stichwort chinesische photovoltaik-module.<br />

<strong>wir</strong> haben also nur einen ökonomischen scheingewinn. es gibt keine co 2 -reduktion<br />

durch das eeg und eine massive ressourcenvernichtung, einfach weil <strong>wir</strong> dinge bauen,<br />

die unserem Ziel nicht dienen.<br />

diese argumentation, die ich jetzt vorgestellt habe, gilt nun aber für alle maßnahmen,<br />

die Vermeidung in vom emissionshandel betroffenen sektoren anstreben. was meine ich<br />

damit? ich meine damit z. b. das Verbot von nachtspeicheröfen. wenn man nachtspeicheröfen<br />

verbietet, dann gibt es sogar eine perverse <strong>wir</strong>kung, dann die leute brauchen<br />

natürlich nach wie vor eine hei<strong>zu</strong>ng im haus. was baut man sich üblicherweise für eine<br />

hei<strong>zu</strong>ng ins haus ein – eine gas- oder Ölhei<strong>zu</strong>ng. gas- oder Ölhei<strong>zu</strong>ngen unterliegen aber<br />

leider nicht dem co 2 -handel, während nachtspeicheröfen mit strom betrieben wurden,<br />

die stromerzeugung unterliegt dem co 2 -handel. sie haben dann die perverse <strong>wir</strong>kung,<br />

dass das Verbot von nachtspeicheröfen sogar die co 2 -emissionen ansteigen lassen. das<br />

glühlampenverbot ist schon angeklungen. wenn <strong>wir</strong> alle in leipzig oder in dresden mal<br />

eine stunde lang das licht ausmachen, dann ändern sich einfach die co 2 -emissionen nicht.<br />

das hätte, wenn überhaupt, einen kleinen effekt auf den preis für co 2 -rechte. ein Verbot<br />

von standby-geräten ist ebenfalls hochgradig sinnlos, einfach weil es dort wieder nur um


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

die stromnachfrage geht und auch diese eben teil des emissionshandels ist und wiederum<br />

keine effekte auf die co 2 -emissionen hat. das gleiche betrifft energieeffizienzzertifikate,<br />

wenn es darum geht, tatsächlich die leute <strong>zu</strong> zwingen, dass sie ihre energieeffizienz erhöhen.<br />

das motiv des Klimaschutzes scheidet hier aus, solange <strong>wir</strong> den emissionshandel<br />

haben. und schließlich gibt es, das möchte ich nicht verschweigen, weitere wichtige argumente,<br />

die immer wieder vorgebracht werden, wenn sie die literatur verfolgen oder auch<br />

die presse. es handelt sich um innovationsförderung und lernkurven.<br />

es <strong>wir</strong>d immer wieder behauptet, <strong>wir</strong> brauchen das eeg, weil <strong>wir</strong> diese technologien<br />

fördern wollen. an dieser argumentation kann durchaus etwas dran sein, sogar der sachverständigenrat<br />

<strong>zu</strong>r begutachtung der gesamt<strong>wir</strong>tschaftlichen entwicklung widmet diesem<br />

thema eine gewissen raum, einfach weil <strong>wir</strong> nicht wissen, welche technologien <strong>wir</strong><br />

in 2050 brauchen werden. das problem ist aber hier, es werden nun gerade nicht neue<br />

technologien durch das eeg gefördert, sondern die bestehenden. nur die technologien,<br />

die im gesetz stehen werden gefördert und innovation hat offensichtlich etwas mit dem<br />

hervorbringen von neuem <strong>zu</strong> tun, das <strong>wir</strong>d nun gerade durch das eeg nicht gefördert.<br />

dann schließlich das lernkurvenargument, also wenn sie ihre produktion erhöhen, dass<br />

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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr. BoDo Sturm<br />

rationale KlimaPolitiK –<br />

eine öKonomiSche Betrachtung<br />

dann die durchschnittlichen Kosten sinken. das lernkurvenargument ist ein argument,<br />

dass man durchaus ins Feld führen kann, nur es gilt für jede technologie. auch als nähmaschinen<br />

eingeführt wurden, gab es lernkurven. und das können sie auf jede andere<br />

technologie anwenden und es ist offensichtlich, das argument sollte symmetrisch angewendet<br />

werden. Zu fordern ist also eine strikte technologieneutralität. es ist einfach nicht<br />

korrekt, dieses argument, was grundsätzlich nicht falsch ist, selektiv auf technologien an<strong>zu</strong>wenden,<br />

weil sie dann einfach diskriminieren und wieder andere technologien außen<br />

vor bleiben, wo lernkurven entsprechend auch vor<strong>zu</strong>finden sind.<br />

das ist also meine grundsätzliche Kritik am eeg. und diese eeg-Kritik hat offensichtlich<br />

etwas mit dem emissionshandel <strong>zu</strong> tun. ich möchte daher am ende meines Vortrages ihnen<br />

den referenzpunkt guter Klimapolitik darstellen, das ist eben der emissionshandel.<br />

<strong>wir</strong> haben <strong>zu</strong>m beispiel zwei Kraftwerke. Kraftwerk 1 hat Vermeidungskosten von 10 A<br />

pro tonne co 2 . stellen sie sich vor,<br />

Der Emissionshandel ist ein Instrument,<br />

bei dem angestrebte CO 2 -Vermeidung<br />

sicher und kosteneffizient erreicht<br />

werden kann.<br />

das ist ein altes Kraftwerk mit einer<br />

relativ geringen energieeffizienz, mit<br />

einem geringen <strong>wir</strong>kungsgrad. dann<br />

haben <strong>wir</strong> Kraftwerk 2, hier ist Vermeidung<br />

sehr teuer, 50 A pro tonne<br />

co 2 . es könnte ein Kraftwerk sein<br />

mit einem hohen <strong>wir</strong>kungsgrad und<br />

es <strong>wir</strong>d einfach sehr teuer, wenn sie dort weitere Vermeidung betreiben. <strong>wir</strong> haben also<br />

zwei Kraftwerke und <strong>wir</strong> gehen davon aus, beide Kraftwerke emittieren 1.000 tonnen co 2<br />

und die bundesregierung beschließt nun, dass beide 10 prozent vermeiden sollen. beide<br />

sollen also 100 tonnen weniger emittieren. insgesamt sollen 1.800 tonnen emittiert werden.<br />

wenn <strong>wir</strong> das jetzt einfach mal durchsetzen, Kraftwerk 2 und Kraftwerk 1 müssen<br />

jeweils 100 tonnen vermeiden, dann sind die Kosten offensichtlich ohne handel 6.000 A<br />

und der emissionshandel führt nun gerade da<strong>zu</strong>, dass <strong>wir</strong> diese Kosten deutlich verringern<br />

können. diese einsparung liegt daran, dass sich die gVK, die 50 A und die 10 A eben unterscheiden.<br />

und der deal wäre nun folgender: Kraftwerk 2, der emittent mit den hohen<br />

Kosten, macht folgenden Vorschlag: Kraftwerk 1 übernimmt meine 100 tonnen. das <strong>wir</strong>d<br />

er nicht freiwillig tun – ich zahle ihm dafür 2.000 A. macht das sinn aus sicht von Kraftwerk<br />

2? Ja, der hätte sonst 5.000 A Kosten. und macht die annahme des angebots sinn?<br />

Ja, das macht sinn, weil Kraftwerk 1 hat für die nächsten 100 tonnen Kosten von 1.000 A,<br />

wenn die gVK nicht <strong>zu</strong> stark ansteigen und es wurde dabei einen gewinn machen. beide<br />

machen einen gewinn, es lohnt sich also für beide seiten, diesen handel ein<strong>zu</strong>gehen und<br />

das interessante ist, dass nach wie vor 200 tonnen eingespart werden. also kein Ökologe


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

sollte damit ein problem haben, wenn <strong>wir</strong> uns vorab auf das im emissionsziel geeinigt<br />

haben, reduziert der emissionshandel Kosten, und zwar hier von 6.000 A auf 2.000 A. der<br />

emissionshandel macht also solche deals möglich. die eu-Kommission legt fest, welche<br />

sektoren dem handel unterliegen, in deutschland sind das ungefähr 1.850 unternehmen,<br />

der emissionshandel deckt in deutschland ungefähr 60 prozent der emissionen ab. allerdings<br />

sind wichtige sektoren nicht inbegriffen, die wärmeproduktion von haushalten,<br />

Kleinemittenten und der transportsektor sind nicht mit dabei. dann <strong>wir</strong>d das so genannte<br />

cap, die obergrenze der emissionen, festgelegt. Für deutschland sind das ungefähr 475<br />

millionen tonnen co 2 pro Jahr. und dieses recht, 475 millionen tonnen pro Jahr <strong>zu</strong> emittieren,<br />

<strong>wir</strong>d dann zerstückelt in rechte pro tonne und an die emittenten verteilt.<br />

Jeder bekommt also das recht <strong>zu</strong> emittieren und diese rechte kann man handeln und<br />

dann <strong>wir</strong>d der deal zwischen Kraftwerke 1 und 2 ganz einfach. sie treffen sich nämlich<br />

einfach auf der börse, z. b. in leipzig, und können diese Zertifikate handeln. beide haben<br />

das recht für 900 A die tonne co 2 <strong>zu</strong> emittieren, 1 vermeidet jetzt 200 tonnen, vermeidet<br />

also 100 tonnen mehr und emittiert nur <strong>noch</strong> 800, vorher waren es 1.000 und 2 darf weiter<br />

1.000 tonnen emittieren, weil es 100 tonnen von 1 hin<strong>zu</strong>kauft. in der summe sind die<br />

emissionen unverändert, 1.800 tonnen, aber die Kosten sind geringer. Jetzt ist die Frage,<br />

wie lange lohnt sich der handel und <strong>wir</strong> kommen <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong> beginn meines Vortrages. der<br />

handel lohnt sich so lange, wie sich die gVK dieser beiden emittenten angeglichen haben.<br />

dann haben <strong>wir</strong> Kosteneffizienz erreicht. damit kann man ganz einfach zeigen, dass der<br />

emissionshandel, wenn er ein wettbewerbsmarkt ist, Kosteneffizienz sichert.<br />

der emissionshandel realisiert also sein Ziel sicher, die emissionsmenge <strong>wir</strong>d begrenzt<br />

und Kosteneffizienz <strong>wir</strong>d erreicht. deswegen sind die Ökonomen so glücklich mit diesem<br />

instrument, wenn man Klimaschutz betreiben möchte. und es schafft eben auch, das ist<br />

ein wichtiger punkt, über die Zeitachse die richtigen dynamischen anreize, denn es lohnt<br />

sich, co 2 -sparende technik <strong>zu</strong> entwickeln, die möglichst kostengünstig ist. warum? wenn<br />

sie günstiger co 2 vermeiden können und sie haben rechte, können sie die überflüssigen<br />

rechte verkaufen. wenn sie keine haben, müssen sie weniger hin<strong>zu</strong>kaufen. es gibt also<br />

starke ökonomische interessen, sich gedanken <strong>zu</strong> machen, wie man co 2 einsparen möchte,<br />

wenn man den emissionshandel hat. wenn <strong>wir</strong> uns alle allein auf den emissionshandel<br />

verlassen und das eeg letztendlich abschaffen, und das <strong>wir</strong>d die schlussfolgerung meines<br />

Vortrags sein, würden <strong>wir</strong> einen völlig anderen energiemix haben als <strong>wir</strong> ihn heute haben.<br />

man kann nämlich zeigen, dass sich die gVK eben sehr stark unterscheiden, von rechts nach<br />

links in der abbildung. hier liegt photovoltaik bei etwa 500 A die eingesparte tonne co 2 .<br />

Für windkraft gibt es Zahlen, die liegen etwas niedriger, um die 100 A. die gVK im<br />

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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Prof. Dr. BoDo Sturm<br />

rationale KlimaPolitiK –<br />

eine öKonomiSche Betrachtung<br />

emissionshandel liegen bei 8 A die tonne co 2 . <strong>wir</strong> wissen, dass die gVK aller emittenten<br />

im emissionshandel gleich sind, weil ich gezeigt hatte, dass der handel genau <strong>zu</strong>m angleichen<br />

der gVK führt. schließlich sehen <strong>wir</strong> auch, dass <strong>wir</strong> im ausland mit cdm, dem<br />

clean development mechanism, über eine möglichkeit verfügen, in entwicklungsländern<br />

co 2 -Vermeidung <strong>zu</strong> betreiben. wenn man diese einsparungen tatsächlich glaubwürdig<br />

zertifizieren kann, dann kann man im ausland relativ günstig emissionsvermeidung betreiben.<br />

Vermeidung über eeg-technologien ist also deutlich teurer als die alternativen,<br />

Vermeidung im emissionshandel und über cdm.<br />

ich möchte mit einem Vorschlag schließen, der einige Forderungen mit einschließt, die<br />

ich heute nicht wegen der Zeitrestriktionen aufgreifen konnte. was sollte man tun? man<br />

sollte die deutsche und eu-Klimapolitik in eine rationale politik umwandeln. dies impliziert<br />

die abschaffung des eeg und aller anderen ordnungsrechtlichen politiken (stichwort<br />

energieeffizienzrichtlinie), die ist heute schon jetzt erwähnt worden im einleitenden<br />

Vortrag von herrn Krahmer. wenn man trotzdem eeg-Förderung betreiben möchte – ich<br />

möchte <strong>noch</strong> mal betonen, <strong>wir</strong> wissen nicht, was 2050 ist, möglicherweise hat es einen<br />

gewissen wert für die gesellschaft, unterschiedliche optionen der energieerzeugung <strong>zu</strong><br />

haben – sollte man eher ein Quotensystem – wie vom sachverständigenrat <strong>zu</strong>r begutachtung<br />

der gesamt<strong>wir</strong>tschaftlichen entwicklung vorgeschlagen – einführen. man sollte also<br />

eine grüne Quote einführen, eine Quote in dem sinne, dass energieversorger einen bestimmten<br />

prozentsatz ihres produzierten stroms co 2 -neutral bereitstellen müssen. co 2 -<br />

neutral heißt, dass <strong>wir</strong> dann alle erneuerbaren in einen topf werfen und die günstigsten<br />

auswählen können. das würde sofort das aus für die photovoltaik-stromproduktion in<br />

deutschland bedeuten und es würde bedeuten, dass <strong>wir</strong> die günstigsten erneuerbaren damit<br />

fördern, stichwort biomasse, stichwort wind, aber eben für photovoltaik wäre das in<br />

deutschland sicherlich das aus. dies hätte den Vorteil, dass <strong>wir</strong> dann die günstigsten co 2 -<br />

freien technologie erhalten und uns quasi eine gewisse option erhalten für die Zukunft<br />

tatsächlich nicht nur mit co 2 , mit fossilen energieträgern, und mit Kernkraft <strong>zu</strong> arbeiten.<br />

schließlich als flankierende maßnahme Forschungspolitik mit dem Ziel, insbesondere<br />

grundlagenforschung <strong>zu</strong>r energietechnik ergebnisoffen <strong>zu</strong> fördern. stichwort energiespeicher.<br />

es ist ein massives problem, dass das eeg uns quasi im moment mittel bindet,<br />

um in energiespeicher <strong>zu</strong> investieren. <strong>wir</strong> brauchen diese energiespeicher so dringend,<br />

weil <strong>wir</strong> diese hohe Volatilität bei der eeg-stromeinspeisung haben. Zweitens: erweiterung<br />

des emissionshandels auf alle sektoren der Ökonomie und ganz wichtig für die Kraftwerksbranche:<br />

langfristige Festlegung des cap. es darf nicht nur bis 2020 gehen. wenn<br />

man Klimaschutz ernsthaft betreiben möchte, muss das cap langfristig binden. wenn sie<br />

heute ein Kraftwerk bauen, müssen sie wissen, was im Jahre 2030 für eine Knappheit an


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

co 2 herrscht. ansonsten halten sie die investition <strong>zu</strong>rück, sie investieren nicht und das<br />

hat wiederum negative effekte auch für die stromproduktion und für die netzstabilität<br />

insgesamt. schließlich ein letzter punkt. es <strong>wir</strong>d, da ist sich die überwiegende mehrheit<br />

der Ökonomen einig, wenn <strong>wir</strong> überhaupt keine Klimaschutzpolitik betreiben, sehr teuer<br />

in der Zukunft; <strong>zu</strong> einem Zeitpunkt, wo <strong>wir</strong> alle nicht mehr auf der welt sein werden,<br />

2050-2100. deswegen ist es die Forderung der Ökonomen, nach wie vor <strong>zu</strong> versuchen, eine<br />

globale Klimapolitik mit bindenden emissionsgrenzen <strong>zu</strong> erreichen. ich betone „globale“<br />

Klimapolitik. wenn man nicht in der lage ist, eine globale Klimapolitik <strong>zu</strong> erreichen,<br />

dann sollte man keine einseitige politik betreiben und sich auf anpassungsmaßnahmen<br />

konzentrieren. wie kann man das machen? man könnte es versuchen durch seitenzahlung<br />

der europäische union an länder, die heute <strong>noch</strong> nicht im Klimaschutz kooperieren und<br />

durch nut<strong>zu</strong>ng des instruments der ersten wahl, welches ich heute erläutert habe, der<br />

emissionshandel.<br />

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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

dr. benny Peiser<br />

abstieg in die Zweite liga?<br />

die Krise der euroPäiscHen Klima- und energiePolitiK<br />

Zunächst einmal vielen dank für die einladung an die Fdp in sachsen und die liberalen<br />

im europaparlament. ich glaube, das ist eine ausgesprochen wichtige Veranstaltung. ich<br />

hoffe, dass es nicht dabei bleibt. ich hoffe, dass sich die kritische Klimadebatte doch etwas<br />

etabliert in deutschland, dass es kein tabu mehr ist, darüber offen und kontrovers <strong>zu</strong><br />

diskutieren.<br />

ich bin der direktor der global warming policy Foundation, ein unabhängiger think tank,<br />

der in london seinen sitz hat. ich werde ein bisschen über unsere erfahrungen in großbritannien<br />

sprechen und über den meinungsumschwung in der britschen Öffentlichkeit und<br />

über die potenziellen erfolgschancen, dass die debatte <strong>zu</strong>m thema Klima- und energiepolitik<br />

in Zukunft etwas rationaler aussehen <strong>wir</strong>d als in den vergangenen 10 bis 15 Jahren.<br />

bei der Klimadebatte geht es nicht so sehr darum, wer recht und wer unrecht hat. das<br />

werden <strong>wir</strong> wahrscheinlich erst in 20 bis 30 Jahren wissen. es geht vielmehr darum, dass<br />

offen und ehrlich und kontrovers darüber diskutiert werden kann, denn nur so werden <strong>wir</strong><br />

Fortschritte erzielen, nur so werden <strong>wir</strong> langfristig erkennen können, welche argumente<br />

sich als vernünftig und welche sich als unvernünftig erweisen.<br />

bevor ich darauf <strong>zu</strong> sprechen komme, möchte ich ganz kurz auf den vorherigen beitrag<br />

eingehen. <strong>wir</strong> beschäftigen uns sehr intensiv mit den <strong>wir</strong>tschaftlichen Fragen der Klimapolitik.<br />

die zentrale Frage, die die meisten Ökonomen meines erachtens übersehen,<br />

ist folgende Frage: wenn man akzeptiert, dass es einen menschlichen einfluss auf den<br />

Klimawandel gibt, wenn man das akzeptiert, dann ist überhaupt nicht klar, warum der<br />

emissionshandel besser sein sollte als adaption an den Klimawandel.<br />

man muss also <strong>zu</strong>erst einmal kalkulieren, was die Kosten des Klimawandels langfristig<br />

betragen werden. man muss sich überhaupt erst mal darüber im Klaren werden, dass eine<br />

moderate erwärmung überhaupt keine Kosten hat, global gesehen, sondern große Vorteile.<br />

in der umweltökonomie gibt es genügend untersuchungen, die aufzeigen, dass bis <strong>zu</strong> einer<br />

globalen erwärmung von ungefähr zwei grad die bilanz insgesamt positiv ist. Jeder eingriff<br />

in diese positive erwärmung würde uns eigentlich eher kosten.<br />

Freilich werden diese zentralen <strong>wir</strong>tschaftlichen und politischen Fragen heute gar nicht<br />

gestellt. und deswegen ist es so wichtig, solche Veranstaltungen <strong>zu</strong> haben und diese Fragen<br />

an<strong>zu</strong>sprechen und auf<strong>zu</strong>werfen, als <strong>zu</strong> wissen, was die lösungen sind. aber lassen<br />

sie mich auf unsere erfahrungen in großbritannien <strong>zu</strong>rückkommen. <strong>wir</strong> hatten genau<br />

dasselbe problem wie in deutschland in den letzten 10 bis 15 Jahren. es gab gar keine


debatte. die debatte war tabu und jeder, der es auch nur wagte,<br />

Zweifel <strong>zu</strong> hegen oder Fragen <strong>zu</strong> stellen, wurde natürlich mit den<br />

gleichen mitteln attackiert, wie das eben auch hier in deutschland<br />

leider üblich ist.<br />

Zum glück gibt es in großbritannien eine Kultur der Kontroversen,<br />

man hat nicht so eine große angst, kontroverse debatten <strong>zu</strong><br />

führen, es gibt einfach eine geschichtliche tradition, wo das eben<br />

nicht ganz so tabuisiert ist. in deutschland scheint man ein bisschen<br />

mehr angst <strong>zu</strong> haben, gegen den Konsensus <strong>zu</strong> schwimmen.<br />

allerdings gab es auch in großbritannien einen all-parteien Konsens.<br />

und nur durch ein paar sehr mutige politiker ist es gelungen,<br />

die global warming policy Foundation <strong>zu</strong> gründen. der Vorsitzende<br />

dieser Foundation ist lord lawson, der frühere schatzkanzler<br />

unter margaret thatcher. Zudem haben <strong>wir</strong> eine ganze reihe von<br />

sehr eminenten, meistens nicht mehr im amt befindlichen parlamentariern<br />

des britischen oserhauses.<br />

wenn sie möchten, dass leute offen <strong>zu</strong> ihnen sprechen, reden sie<br />

mit pensionären, denn solange sie im amt sind, werden sie keine<br />

offene, sondern eine politisch korrekte antwort erhalten. das<br />

ganze fing eigentlich damit an, dass das oberhaus das Komitee,<br />

das sich mit <strong>wir</strong>tschaftsfragen und <strong>wir</strong>tschaftspolitik beschäftigt,<br />

im Jahre 2005 eine untersuchung <strong>zu</strong> den <strong>wir</strong>tschaftlichen Fragen<br />

des Klimawandels durchführte. dabei stellte sich heraus, dass es<br />

eben doch sehr viele offene Fragen gibt, dass es nicht klar ist, welche<br />

politischen lösungsvorschläge oder <strong>wir</strong>tschaftlichen lösungsvorschläge<br />

die effektivsten oder effizientesten sind.<br />

es stellte sich <strong>noch</strong> etwas heraus, nämlich dass hinter sehr vielen<br />

wissenschaftlichen Fragen ebenfalls <strong>noch</strong> immer große Fragezeichen<br />

stehen. und aus dieser untersuchung des oberhauses<br />

entwickelte sich eben unsere Foundation, weil lord lawson einer<br />

der führenden mitglieder dieser untersuchung war. er schrieb ein<br />

buch über diese erfahrungen und die offenen Fragen, die diese<br />

untersuchung aufwarfen und man sagte ihm, jetzt müsse doch<br />

mehr geschehen, um die debatte voran<strong>zu</strong>bringen.<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Dr. Benny Peiser<br />

Director, Global<br />

Warming Policy<br />

foundation, London<br />

„ich hoffe, dass es in<br />

Deutschland kein Tabu<br />

mehr ist, darüber offen <strong>zu</strong><br />

diskutieren. Es geht hier<br />

darum, dass <strong>zu</strong>m ersten<br />

Mal ehrlich und kontrovers<br />

diskutiert <strong>wir</strong>d. Denn nur<br />

so werden <strong>wir</strong> sehen,<br />

welche Argumente sich<br />

als vernünftig und welche<br />

als unvernünftig erweisen.<br />

in Großbritannien hat sich<br />

die Stimmung verändert.<br />

Während vor drei Jahren<br />

<strong>noch</strong> 65 Prozent der Briten<br />

voll auf den Klima-Konsens<br />

setzten, sind es heute <strong>noch</strong><br />

40 Prozent.“<br />

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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Dr. Benny Peiser<br />

ABstieg in Die Zweite LigA?<br />

Die Krise Der euroPäischen KLimA- unD energiePoLitiK<br />

Vor drei Jahren wurde unsere Foundation gegründet und seitdem hat sich die Klimadebatte,<br />

in der Öffentlichkeit und im parlament, weit geöffnet. Zum ersten male wurde in<br />

der Öffentlichkeit und in den medien akzeptiert, dass es eine gruppe von eminenten und<br />

respektierten Kritikern gibt, denen man nicht so leicht das wort verbieten kann. als <strong>wir</strong><br />

vor drei Jahren uns gründeten, folgte die überwiegende mehrheit der briten dem allgemeinen<br />

Konsensus, nicht <strong>zu</strong>letzt weil eben alle parteien mehr oder weniger das gleiche<br />

gesagt haben.<br />

schließlich gibt es in großbritannien den berühmten climae change act aus dem Jahre<br />

2008, also eine Klima-gesetzgebung. damals, an einem tag im oktober 2008, schneite es<br />

stark und von dem gesamten unterhaus haben nur drei abgeordnete gegen dieses Klimagesetz<br />

gestimmt. das heißt, es gab nicht nur einen all-parteien Konsens, sondern etwas,<br />

was fast ans totalitäre grenzt. das ist für britische Verhältnisse eigentlich sehr unüblich.<br />

aber die stimmung war sehr aufgeheizt <strong>zu</strong> dieser Zeit.


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

seitdem <strong>wir</strong> unsere Foundation gegründet haben und unsere Kritik relative gutes mediengehör<br />

bekommt, hat sich die stimmung sehr deutlich verschoben. während <strong>noch</strong> vor drei,<br />

vier Jahren ungefähr 65 prozent der briten voll auf den Klima-Konsensus setzten, sind es<br />

heute nur <strong>noch</strong> 40 prozent. die stimmung hat sich sehr stark geändert, vor allem aus zwei<br />

gründen. der erste grund ist, die energiepreise steigen konstant und ziemlich markant<br />

und die briten realisieren, dass sie einen preis für die Klimapolitik <strong>zu</strong> zahlen haben. sie<br />

sehen das mittlerweile als einen luxus, den man sich eigentlich nicht mehr erlauben kann<br />

in der gegenwärtigen Krise. Zum anderen haben die meisten briten mittlerweile begriffen,<br />

dass die prophezeite Klimaerwärmung seit zehn bis 15 Jahren ausgeblieben und es <strong>zu</strong><br />

einem stillstand der globalen temperaturen gekommen ist.<br />

<strong>wir</strong> hatten auch bisschen glück, weil <strong>wir</strong> die global warming policy Foundation drei wochen<br />

vor der un-Klimakonferenz in Kopenhagen gründeten. seit dem Flop in Kopenhagen<br />

geht es mit der Klimahysterie merklich bergab. ein wesentlicher grund unseres erfolges<br />

ist es meines erachtens vor allen, dass <strong>wir</strong> keine Klimaskeptiker sind.<br />

<strong>wir</strong> sind als organisation keine Klimaskeptiker, weil <strong>wir</strong> als organisation überhaupt keine<br />

meinung <strong>zu</strong> der Klimawissenschaft haben. das einzige, was <strong>wir</strong> betonen, ist, dass wichtige<br />

Fragen <strong>noch</strong> offen sind, dass die debatte deshalb auch weiterhin offen bleiben muss. unter<br />

unseren mitgliedern befindet sich deshalb auch ein sehr breites spektrum von leuten,<br />

von einigen, die quasi die position des weltklimarats (ipcc) akzeptieren und sehr viel<br />

kritischer sind gegenüber der Klimapolitik als mit blick auf die Klimawissenschaft. <strong>wir</strong><br />

haben auch Klimaskeptiker unter unseren mitgliedern und viele agnostiker, so wie ich,<br />

leute also, die offen eingestehen, dass sie nicht wissen, wer recht und wer unrecht hat in<br />

Fragen der Klimawissenschaft. schließlich ist das Klima ein derart komplexes system, das<br />

<strong>wir</strong> heute nicht mit gutem gewissen beantworten können, was sich letztlich als korrekt<br />

herausstellen <strong>wir</strong>d.<br />

diese offenheit und die betonung auf die notwendigkeit einer debatte – anstatt sich dogmatisch<br />

fest<strong>zu</strong>legen – hat uns sehr geholfen, weil <strong>wir</strong> dadurch auch klarmachen, dass <strong>wir</strong><br />

keine rechthaber sind. was fehlt, ist eine ganz offene und klare debatte. alle argumente<br />

müssen auf den tisch kommen, nichts darf tabu sein <strong>zu</strong> dieser Frage.<br />

ein weiterer grund unseres erfolgs liegt darin, dass <strong>wir</strong> überparteilich sind. <strong>wir</strong> haben<br />

Vertreter aller drei großen parteien in unserem Vorstand und sind betont überparteilich<br />

– <strong>wir</strong> sind also genauso kritisch gegenüber der jetzigen regierung als mit der vorherigen.<br />

und schließlich haben <strong>wir</strong> beschlossen, als ein wichtiges, als ein grundsatz-prinzip, kei-<br />

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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Dr. Benny Peiser<br />

ABstieg in Die Zweite LigA?<br />

Die Krise Der euroPäischen KLimA- unD energiePoLitiK<br />

nerlei Fördergelder vom staat oder von energieunternehmen <strong>zu</strong> akzeptieren. <strong>wir</strong> sind somit<br />

absolut unabhängig von allen interessensvertretern und allen interessen. denn mit<br />

diesem Vorwurf werden <strong>wir</strong> immer wieder konfrontiert: ihr seid ja nur nur skeptisch, weil<br />

ihr irgendwelche industrieinteressen vertretet. das ist eben nicht der Fall.<br />

unsere sorge hingegen ist ein andere. Zum einen, dass die ethik der wissenschaft unterminiert<br />

<strong>wir</strong>d durch die dogmatische, autoritäre unterdrücken anderer meinungen; <strong>zu</strong>m<br />

anderen, dass die <strong>wir</strong>tschaftlichen Folgekosten einer verfehlten Klimapolitik, großen <strong>wir</strong>tschaftlichen<br />

schaden anrichtet. das sind die wichtigen motive unserer arbeit.<br />

<strong>wir</strong> hatten natürlich auch große erfolge in den medien. auch hier ist es wichtig, <strong>zu</strong> erkennen,<br />

dass ein teil des problemes eine mangelnde debatte in den medien ist. das liegt<br />

natürlich daran, dass die meisten redakteure und Journalisten, die <strong>zu</strong>m thema Klima<br />

schreiben, umweltjournalisten sind. und viele umweltjournalisten sind bekanntermaßen<br />

oft insgeheim umweltaktivisten und wenn sie nicht selbst aus diesem milieu kommen,<br />

doch wenigstens sehr grün angemalt sind. oft sind es eher politische Kommentatoren<br />

und <strong>wir</strong>tschaftsjournalisten, die vernünftiger <strong>zu</strong>m thema schreiben und sich ein bisschen<br />

rationaler, ein bisschen balancierter mit diesen themen beschäftigen.<br />

<strong>wir</strong> haben großen erfolg in großbritannien damit gehabt, dass <strong>zu</strong>m ersten mal einige<br />

der nationalen Zeitungen sich diesem thema angenommen haben, sich geöffnet haben<br />

und jetzt regelmäßig kritische artikel veröffentlichen. das hat natürlich <strong>zu</strong> dem bereits<br />

erwähnten meinungsumschwung beigetragen. sehr oft stellen <strong>wir</strong> fest, wenn <strong>wir</strong> z. b.<br />

an einer universität debattieren oder<br />

In Wahrheit sind es die Klima-<br />

Alarmisten und grünen Aktivisten,<br />

die Angst vor der Debatte haben.<br />

<strong>zu</strong> einer öffentlichen diskussion eingeladen<br />

werden, dass in fast jeder Veranstaltung<br />

unsere argumente bei den<br />

meisten leuten letztlich doch mehr<br />

resonanz finden als die argumente<br />

der alarmisten und apokalyptiker.<br />

damit meine ich nicht, dass <strong>wir</strong> leute überzeugen, dass der Klimawandel nicht stattfindet<br />

oder das alles natürlich und nicht menschgemacht ist, sondern einfach dar<strong>zu</strong>legen, dass<br />

die gegenwärtige politik und die gegenwärtigen gesetze absolut keinen sinn machen.<br />

lassen sie mich ihnen ein beispiel geben: wenn es tatsächlich um Klimaschutz ginge,<br />

wenn das <strong>wir</strong>klich das eigentliche anliegen wäre, wenn also die parteien ein echtes interesse<br />

am Klimaschutz hätten, dann könnte man in europa von heute auf morgen das ganze


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

problem mit den co 2 -emissionen lösen – man bräuchte nur auf erdgas <strong>zu</strong> setzen. das geht<br />

ganz einfach. Zum einen gibt es weltweit genug erdgas für 250 Jahre, <strong>zu</strong>m zweiten wissen<br />

<strong>wir</strong>, dass der preis für erdgas demnächst fallen <strong>wir</strong>d, weil überall auf der welt unkonventionellen<br />

Vorkommen in riesigen mengen entdeckt und benutzt werden. und warum setzen<br />

<strong>wir</strong> nicht alle auf erdgas? ah, weil es gazprom gibt und russland. es gibt also auch andere<br />

probleme, z. b. dass wegen den erneuerbaren energien in deutschland niemand mehr<br />

gaskraftwerke bauen will. wenn es also <strong>wir</strong>klich nur um co 2 -emissionen ginge, könnte<br />

europa das problem einfach lösen, z. b. schiefergas aus amerika <strong>zu</strong> importieren. es geht<br />

aber eben nicht in erster linie um Klimaschutz. es geht vielmehr um bestimmte ideologische<br />

Vorstellungen, wonach der sogenannte ökologische umbau der gesellschaft, die<br />

sogenannte grüne revolution, irgendwie die Zukunft europas darstellt. es geht also nicht<br />

um die reduzierung von emissionen, sondern um industriepolitik, um verfehlte industriepolitik,<br />

sonst könnte man sehr viel einfacher und sehr viel kosteneffizienter Klimapolitik<br />

betreiben.<br />

und warum sage ich das? schauen sie die Fakten an: in europa haben <strong>wir</strong> alle diese maßnahmen,<br />

den emissionshandel, das eeg-gesetz, Öko-steuern – und was ist das ergebnis?<br />

die co 2 -emissionen in der eu sind in den letzten Jahren gestiegen, trotz rezession. nicht<br />

<strong>zu</strong>letzt deswegen, weil es in europa ironischerweise eine renaissance der Kohle gibt.<br />

Kohle ist heute sehr billig. in den usa hingegen, wo es keinerlei Klimagesetze oder emissionsbegren<strong>zu</strong>ngen<br />

gibt, sind die co 2 -emissionen in den letzten Jahren drastisch gesunken.<br />

warum? weil es in den usa billiges erdgas gibt, und das bedeutet weniger Kohle. diese<br />

entwicklung hat nichts mit erneuerbaren energien <strong>zu</strong> tun, die spielen überhaupt keine<br />

rolle bei der dramtischen emissionsreduzierung. der grund ist einfach: es gibt billiges<br />

schiefergas in den usa.<br />

niemand hat diese entwicklung der letzten Jahren vorhergesehen oder vorhergesagt. neue<br />

technologische revolutionen lassen sich schließlich nicht vorhersehen. dies ist eben einer<br />

unserer hauptkritikpunkte an der ganzen energie- und Klimapolitik: die annahme, politiker<br />

und regierungen wüssten bereits die richtigen lösungen und wüssten schon, welche<br />

energie in Zukunft die erfolgreichste oder die <strong>wir</strong>tschaftlichste oder die effizienteste sein<br />

<strong>wir</strong>d. in wahrheit weiß das niemand.<br />

Vor fünf Jahren – vor zehn Jahren dachte man, dass die usa demnächst kein erdgas mehr<br />

fördern würde. man hat ja überall in den usa Flüssiggas (lng) häfen gebaut in der annahme,<br />

man müsste jetzt erdgas als aller welt importieren. Kein mensch ahnte, dass fast<br />

über nacht eine energierevolution vor der tür stehen würde. das <strong>wir</strong>d uns auch in der<br />

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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

Dr. Benny Peiser<br />

ABstieg in Die Zweite LigA?<br />

Die Krise Der euroPäischen KLimA- unD energiePoLitiK<br />

Zukunft blühen. Kein mensch weiß, was die erfolgreichen energieformer in kommenden<br />

Jahrzehnten sein <strong>wir</strong>d, obwohl es ziemlich sicher sein <strong>wir</strong>d, dass viel erdgas und relativ<br />

billiges erdgas darunter sein <strong>wir</strong>d.<br />

der meinungsumschwung in großbritannien hängt natürlich damit <strong>zu</strong>sammen, dass solche<br />

energie<strong>wir</strong>tschaftlichen entwicklungen und rationale argumente, kurz und gut, dass<br />

man die realität nicht verneint, sondern darüber berichtet und diskutiert <strong>wir</strong>d. Über die<br />

schiefergas-revolution liest man in deutschland relativ wenig, und wenn, dann liest man<br />

darüber, dass bundesminister besorgt darüber sind, dass das ein ganz großes problem ist,<br />

ein riesen neues umweltproblem. <strong>wir</strong> haben zwar viel schiefergas auch hier in deutschland,<br />

aber, so werden <strong>wir</strong> gewarnt, das ist ein ‚großes umweltproblem, das wollen <strong>wir</strong><br />

eigentlich nicht, also machen <strong>wir</strong> erst mal ein moratorium‘.<br />

schließlich steht ein weiteres problem in der Kritik: das ist die umweltzerstörung grüner<br />

politik in großbritannien – durch die windmühlen, die eben überall in die schöne landschaft<br />

gesetzt werden wie auch hier<strong>zu</strong>lande in deutschland. ich glaube, mehr und mehr<br />

leute werden diesen widerspruch zwischen grüner rhetorik und dieser realität bemerken<br />

und <strong>zu</strong>nehmend an dieser politik Zweifel hegen.<br />

die angst vor den <strong>wir</strong>tschaftlichen Folgekosten dieser politik treibt mehr und mehr menschen<br />

da<strong>zu</strong>, Fragen <strong>zu</strong> stellen. darum glaube ich, dass eine solche Veranstaltung auch auf<br />

bundesebene auf großes interesse stoßen <strong>wir</strong>d. <strong>wir</strong> wissen, dass schon jetzt etwa die hälfte<br />

der deutschen Zweifel an dem atomausstieg und an der immer teureren energiewende<br />

hegt. es gibt keine partei, die diese Zweifel aufgreift. es sollte eine partei geben, die bereit<br />

ist, auf die leute <strong>zu</strong> hören. und deswegen glaube ich, dass diese themen and Zweifel auf<br />

die tagesordnung gesetzt werden sollten, denn sie werden immer populärer. die erste<br />

partei, die bereit ist das <strong>zu</strong> machen, <strong>wir</strong>d erfolg damit haben, da habe ich gar keine Zweifel.<br />

lassen sie mich <strong>zu</strong>m ende kommen. ich hoffe, dass es nicht bei dieser Veranstaltung bleibt.<br />

ich hoffe, dass immer mehr menschen einsehen werden, das auch in deutschland eine offene<br />

und knallharte diskussion gebraucht <strong>wir</strong>d. denn nur so lässt sich eine rationale und<br />

pragmatische politik entwickeln, die <strong>wir</strong> brauchen angesichts all dessen, was heute gesagt<br />

wurde. wenn diese debatte weiterkommen soll, brauchen <strong>wir</strong> ein breites bündnis von kritischen<br />

leuten, von kritischen politikern, von kritischen wissenschaftlern, die bereit sind,<br />

eine echte opposition dar<strong>zu</strong>stellen. Vielen dank.


imPressionen<br />

alternatiVe KlimaKonferenZ 2012<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

„es gibt so eine art freiwilliger selbstgleichschaltung“<br />

Henning Krumrey sprach mit dem Publizisten michael<br />

miersch über die journalistische sehnsucht nach Konsens<br />

Krumrey: herr miersch, sie gelten in der Öffentlichkeit als Klimajournalist und als vehementer<br />

Kritiker einer Klimahysterie …<br />

miersch: es ist komisch, wie man <strong>zu</strong>m „Klimajournalisten“ <strong>wir</strong>d. Vielleicht ein bis zwei prozent<br />

meiner texte behandeln dieses thema. aber jeder dieser artikel hat eine enorme resonanz<br />

gehabt. es gibt so wenige kritische beiträge da<strong>zu</strong>, dass jede abweichende meinung<br />

sofort auffällt.<br />

Krumrey: was treibt sie, wenn sie über die Klimadiskussion schreiben?<br />

miersch: mein herzensthema ist eigentlich der naturschutz. in den vergangenen Jahren wurde<br />

immer deutlicher, dass die aus der Klimawandelhypothese resultierende politik <strong>zu</strong> der<br />

größten landschafts- und naturzerstörung in unserem land führt, die <strong>wir</strong> seit der mittelalterlichen<br />

waldrodung hatten. das bereitet mir große sorgen. es sind ja nicht nur diese Vögel<br />

zerhackenden windmühlen in der landschaft. Kaum ein mensch weiß <strong>zu</strong>m beispiel, dass die<br />

hoch gelobten wasserkraftwerke, von denen auch ständig neue gebaut werden, 30 prozent<br />

der flussabwärts wandernden Fische töten. Kein mensch weiß, dass es über 60 große unfälle<br />

im Jahr mit biogasanlagen gibt, bei denen ganze bachläufe verseucht werden, die danach über


ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

lange Zeit biologisch tot sind. auch die Vermaisung der landschaft ist ein riesenproblem:<br />

Kaum ein Vogel kann in diesen monokulturen überleben. es gibt nur eine tierart, die davon<br />

profitiert, die wildschweine. <strong>wir</strong> sollten im Zuge der energiewende das wildschwein <strong>zu</strong>m<br />

deutschen wappentier erheben.<br />

Krumrey: Kann man die wildschweine nicht irgendwie <strong>zu</strong>r energiegewinnung nutzen?<br />

wenn <strong>wir</strong> sie so reichlich haben?<br />

miersch: theoretisch schon, für den energiehaushalt des eigenen Körpers. wildschweine<br />

schmecken lecker. aber man kann sie in den maiskulturen nicht schießen, weil man sie darin<br />

nicht sieht …<br />

Krumrey: geht es ihnen beim thema Klima auch um das schaffen einer gewissen gegenöffentlichkeit,<br />

weil die diskussion aus ihrer sicht <strong>zu</strong> einseitig ist?<br />

miersch: Ja. ich dachte mir oft, es ist doch seltsam, dass in ausländischen medien viel breiter<br />

über das thema berichtet <strong>wir</strong>d und wissenschaftler mit unterschiedlichen positionen<br />

<strong>zu</strong> wort kommen. während in deutschland immer nur dasselbe halbe dutzend Forscher gefragt<br />

<strong>wir</strong>d. bei uns bestimmt eine sehr kleine gruppe, was anerkannte Klimawissenschaft<br />

ist. das war der anreiz für mich, auch mal andere Forscher <strong>zu</strong> wort kommen <strong>zu</strong> lassen und<br />

ihre ergebnisse auf populäre weise auf<strong>zu</strong>schreiben. um den leuten <strong>zu</strong> zeigen: es gibt auch<br />

andere erkenntnisse. das war für manche linienpolizisten schon provokation genug.<br />

ein warnendes beispiel dafür, wie die einseitigkeit in der berichterstattung <strong>zu</strong> massiven<br />

Fehleinschät<strong>zu</strong>ngen führen kann, ist das waldsterben. ich kenne einen medienwissenschaftler,<br />

der alles ausgewertet hat, was in den 80er und 90er Jahren <strong>zu</strong>m waldsterben<br />

erschienen ist. er stellte fest, dass fast immer nur zwei Forstwissenschaftler befragt worden<br />

sind. es gibt hunderte von Forstbiologen, botanikern und Ökologen in deutschland. aber<br />

nur zwei sind immer wieder interviewt worden und haben die öffentliche meinung geprägt.<br />

in einer ähnlichen situation sind <strong>wir</strong> heute beim thema Klima.<br />

Krumrey: Journalisten gelten ja sonst immer als kritische geister, die überall nachbohren.<br />

warum findet das auf diesem themengebiet nicht statt? warum bildet sich eine<br />

solche einheitsmeinung?<br />

miersch: man möchte auf der seite der guten sein. wer irgendein kritisches wort <strong>zu</strong>r energiewende<br />

sagt, bekommt <strong>zu</strong> hören, er stehe im solde der Kohle- und Ölindustrie. ganz<br />

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ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

„Es gibt so eine Art freiwilliger Selbstgleichschaltung“<br />

Henning Krumrey sprach mit dem Publizisten Michael<br />

Miersch über die journalistische Sehnsucht nach Konsens<br />

anders bei den Verlautbarungen der grünen nichtregierungsorganisationen. die werden<br />

von vielen Journalisten völlig unkritisch übernommen. stellen sie sich vor, porsche würde<br />

eine pressemeldung herausgeben: autofahren ist gut für die gesundheit. da denkt jeder Volontär<br />

sofort: natürlich stecken interessen dahinter. und dann <strong>wir</strong>d er herumtelefonieren,<br />

ob die aussage‚ „autofahren ist gut für die gesundheit“ <strong>wir</strong>klich stimmt.<br />

greenpeace und bund dagegen können behaupten, was sie wollen. ihre presseerklärungen<br />

werden völlig unkritisch, teilweise wörtlich in den redaktionellen teil übernommen. die<br />

bieten den redaktionen fertig geschnittenes sendefähiges tV-material an. das <strong>wir</strong>d dann<br />

in der tat auch gesendet.<br />

die grünen nichtregierungsorganisationen sind ein machtfaktor, sie gehören <strong>zu</strong> den global<br />

playern. sie sind überall, im bundestag, in der eu, in der un, sie werden gefördert mit<br />

steuergeldern. aber sehr viele meiner Journalistenkollegen tun immer <strong>noch</strong> so, als wären<br />

die völlig interessenfrei und die Vertreter des allgemeinwohls. greenpeace hat, glaube<br />

ich, über 180 angestellte in deutschland, über 45 millionen euro einnahmen im Jahr, ein<br />

mittelständischer betrieb. da gibt es natürlich eigene interessen. aber während <strong>wir</strong> gegen-<br />

Henning Krumrey<br />

wurde 1962 in Berlin<br />

geboren. Er studierte<br />

Volks<strong>wir</strong>tschaft und<br />

Politikwissenschaft in<br />

Berlin und Köln und<br />

absolvierte die Kölner<br />

Journalistenschule.<br />

Von 1988 bis 1992<br />

war er Parlamentskorrespondent<br />

für die Wirtschaftswoche<br />

in Bonn.<br />

Ab 1992 arbeitete er in<br />

der Parlamentsredaktion<br />

beim focus, die er<br />

ab 1997 leitete. Seit<br />

2009 ist Krumrey stellvertretenderChefredakteur<br />

der Wirtschaftswoche.<br />

Ende 2009 wurde<br />

er <strong>zu</strong>m Vorsitzenden<br />

der Kölner Journalistenschule<br />

gewählt.


Michael Miersch<br />

wurde 1956 in frankfurt<br />

am Main geboren.<br />

Der Publizist und Dokumentarfilmer<br />

begann<br />

seinen journalistischen<br />

Werdegang 1985 als<br />

Volontär bei der tageszeitung<br />

(taz), arbeitete<br />

als Redakteur beim<br />

Hessischen Rundfunk,<br />

bei den Zeitschriften<br />

Cicero, Die Weltwoche<br />

und Die Welt. Seit 2011<br />

ist er Ressortleiter<br />

forschung, Technik und<br />

Medizin beim Magazin<br />

focus. Mierschs Texte,<br />

Bücher und Dokumentationen<br />

wurden mehrfach<br />

ausgezeichnet.<br />

ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

über Kirchen, gewerkschaften und unternehmerverbänden als Journalisten immer kritisch<br />

gestimmt sind, werden die grünen nichtregierungsorganisationen fast nur bejubelt. greenpeace<br />

hat keine demokratischen strukturen. die politik bestimmt eine kleine Führungsriege<br />

in hamburg. den<strong>noch</strong> gilt die organisation als die Vertretung des guten auf erden.<br />

Krumrey: unser verstorbener Kollege hanns Joachim Friedrichs hat einmal gesagt: einen<br />

guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer sache,<br />

auch nicht mit einer guten. ist das bei unseren Kollegen ein bisschen abhanden gekommen?<br />

liegt es einfach daran, dass man gern geliebt werden möchte oder dass man sich<br />

welt verbessernd für etwas einsetzen möchte?<br />

miersch: Ja, man möchte mitglied in der kuscheligen gemeinschaft derer sein, die auf der<br />

seite des guten stehen.<br />

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76 ALTERnATiVE KLiMAKonfEREnZ 2012<br />

„Es gibt so eine Art freiwilliger Selbstgleichschaltung“<br />

Henning Krumrey sprach mit dem Publizisten Michael<br />

Miersch über die journalistische Sehnsucht nach Konsens<br />

Krumrey: sehen sie uns auf dem weg in eine meinungsdiktatur der gutmenschen?<br />

miersch: das Verrückte ist: niemand <strong>wir</strong>d gezwungen, sich der herrschenden meinung an<strong>zu</strong>schließen.<br />

man darf veröffentlichen, was man will. ich habe höchst selten echte Zensurversuche<br />

erlebt. aber es gibt so eine art freiwilliger selbstgleichschaltung.<br />

Krumrey: es herrscht in unserer branche Feigheit statt recherche?<br />

miersch: ich würde es nicht Feigheit nennen, es ist eher die sehnsucht nach Konsens und<br />

harmonie.<br />

Krumrey: ist das nur ein phänomen der umwelt- und Klimaberichterstattung? oder sehen<br />

sie diesen mechanismus auch in anderen bereichen, beispielsweise bei ausländerpolitik,<br />

bildungspolitik oder eurokrise?<br />

miersch: Klima- und umweltberichterstattung sind ganz besonders einförmig. selbst in die<br />

sozialpolitik <strong>wir</strong>d doch wesentlich kontroverser diskutiert, ob dieses oder jenes instrument<br />

<strong>wir</strong>klich den bedürftigen hilft. beim Klimaschutz, aber auch beim umwelt- und naturschutz<br />

geben die nichtregierungsorganisationen vor, wo es langgeht. und sie legen von vornherein<br />

auch fest, welches die richtigen politischen instrumente <strong>zu</strong>r erreichung des Ziels sind. dabei<br />

bleibt es dann, auch wenn sich die instrumente als völlig untauglich erweisen. die Vorgaben<br />

der nichtregierungsorganisationen übernehmen die grünen. die anderen parteien warten<br />

ab, ob die grünen damit in der Öffentlichkeit gut ankommen, und übernehmen dann die<br />

Ziele, und meist auch die instrumente, in leicht abgemilderter Form. die spd ruft nach der<br />

sozialen Komponente, die Fdp möchte es ein bisschen markt<strong>wir</strong>tschaftlicher haben, die cdu<br />

übernimmt das grüne programm gleich komplett und erklärt, es sei alternativlos. und dann<br />

sind alle schön grün, und niemand fragt mehr, ob die sache überhaupt funktioniert.


IMPRESSuM<br />

foRTSCHRiTTSoffEnSiVE<br />

Die neue Veranstaltungsreihe<br />

der sächsischen fDP-Landtagsfraktion<br />

1. Veranstaltung<br />

Alternative Klimakonferenz<br />

am 30. Juni 2012<br />

im internationalen Congress Center in Dresden<br />

Veranstalter und Herausgeber<br />

des tagungsbandes<br />

fDP-fraktion im Sächsischen Landtag<br />

Bernhard-von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden<br />

Tel. 0351/49 34 700, fax 0351/49 34 730<br />

E-Mail fdp@slt.sachsen.de<br />

www.fdp-fraktion-sachsen.de<br />

www.fortschrittsoffensive.de<br />

Veranstaltung<br />

Organisation: Thomas felsner (verantw.),<br />

Lutz Hierschemann, Anne-Kathrin Rothe,<br />

Tom Vollmann, Jens Wagner<br />

Videodokumentation und -produktion:<br />

KATSUiTE PiCTURES DRESDEn Katrin Thomas,<br />

Johannes Hoffmann<br />

tagungsband<br />

Redaktion: Michael Deutschmann (V.i.S.d.P.),<br />

Andreas novak, Christian Schulze, Holger Zastrow<br />

Fotos: DiGiMAX Studio für fotografie Thomas<br />

Schlegel (Lunzenau), Karl-Ludwig oberthür<br />

(Dresden) Lektorat: Schreibbüro Dresden-nord<br />

Herstellung: Saxedo GmbH Dresden/<br />

Stoba-Druck GmbH Lampertswalde<br />

Diese Druckschrift ist eine information über die<br />

parlamentarische Arbeit der fDP-fraktion im<br />

Sächsischen Landtag. Sie darf nicht <strong>zu</strong>r Wahlwerbung<br />

verwendet werden.


<strong>FDP</strong>-Fraktion im Sächsischen Landtag<br />

Bernhard-von-Lindenau-Platz 1<br />

D-01067 Dresden<br />

Fon: 0351/49 34 700<br />

Fax: 0351/49 34 730<br />

E-Mail: fdp@slt.sachsen.de<br />

www.fdp-fraktion-sachsen.de<br />

www.fortschrittsoffensive.de

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