Signale aus dem Off der Gesellschaft - Fen.ch
Signale aus dem Off der Gesellschaft - Fen.ch
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A K T U E L L<br />
<strong>Signale</strong> <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> «<strong>Off</strong>»<br />
<strong>der</strong> <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong><br />
Die Jugendkrawalle und<br />
Studentenunruhen in<br />
Frankrei<strong>ch</strong>s Städten können<br />
nur diejenigen überras<strong>ch</strong>en,<br />
die die Augen<br />
davor vers<strong>ch</strong>liessen, wie<br />
mit den Jugendli<strong>ch</strong>en in<br />
<strong>der</strong> <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong> umgesprungen<br />
wird.<br />
MARTIN HAFEN*<br />
Die Beri<strong>ch</strong>te und Reportagen über die<br />
Studierenden-Unruhen in Frankrei<strong>ch</strong><br />
in diesem Frühling vers<strong>ch</strong>winden<br />
s<strong>ch</strong>on langsam wie<strong>der</strong> <strong>aus</strong> unserem<br />
Bewusstsein – genau so wie die alarmierenden<br />
Bil<strong>der</strong> und Fakten, die wir<br />
im letzten Herbst <strong>aus</strong> Frankrei<strong>ch</strong>s Städten<br />
zu sehen bekamen: Randalierende<br />
Gruppen setzten ni<strong>ch</strong>t nur Hun<strong>der</strong>te<br />
von Autos in Flammen, son<strong>der</strong>n au<strong>ch</strong><br />
öffentli<strong>ch</strong>e Verkehrsmittel, Einkaufszentren<br />
und sogar Kin<strong>der</strong>gärten. Der<br />
S<strong>ch</strong>recken <strong>der</strong> Bevölkerung und <strong>der</strong><br />
Behörden bei diesen Krawallen war<br />
gross – ni<strong>ch</strong>t nur, weil sogar einige Tote<br />
zu beklagen waren. Dieser S<strong>ch</strong>recken<br />
war wohl mit dafür verantwortli<strong>ch</strong>,<br />
dass Innenminister Sarkozy die sonst<br />
übli<strong>ch</strong>e politis<strong>ch</strong>-diplomatis<strong>ch</strong>e Zurückhaltung<br />
ablegte und erklärte, dass<br />
man das Lumpengesindel in Frankrei<strong>ch</strong>s<br />
Vorstädten mit <strong>dem</strong> Ho<strong>ch</strong>druckreiniger<br />
wegspülen werde. Sarkozy<br />
mag diese Aussage gema<strong>ch</strong>t haben,<br />
weil er seiner Erregung vergessen hat-<br />
* Martin Hafen, Sozialarbeiter HFS und Soziologe Dr.<br />
phil. arbeitet als Dozent an <strong>der</strong> HSA Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule für<br />
Soziale Arbeit Luzern und leitet dort unter an<strong>der</strong>em<br />
zusammen mit Prof. Kurt Gs<strong>ch</strong>wind den MAS Master<br />
of Advanced Studies in Prävention & Gesundheitsför<strong>der</strong>ung<br />
(www.hsa.fhz.<strong>ch</strong>/masp). Kontakt:<br />
HSA Luzern, Werftstr. 1, Postfa<strong>ch</strong> 3252, 6002 Luzern,<br />
Tel. 041 367 48 81, E-Mail: mhafen@hsa.fhz.<strong>ch</strong>, Homepage<br />
privat: www.fen.<strong>ch</strong>.<br />
10<br />
te, seine PR-Fa<strong>ch</strong>leute um Rat zu fragen.<br />
Viellei<strong>ch</strong>t ist <strong>der</strong> Satz aber au<strong>ch</strong><br />
Ausdruck für das politis<strong>ch</strong>e Kalkül eines<br />
Innenministers, <strong>der</strong> im Hinblick<br />
auf die Präsidentenwahl seine Fühler<br />
gegen die extreme Re<strong>ch</strong>te <strong>aus</strong>streckt.<br />
<strong>Off</strong>enbar hat er den Bogen dabei ein<br />
wenig überspannt, denn bei den Studentenunruhen<br />
hat er mit Na<strong>ch</strong>druck<br />
versu<strong>ch</strong>t, si<strong>ch</strong> als verständnisvoller<br />
S<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>ter in Szene zu setzen. Wie <strong>dem</strong><br />
au<strong>ch</strong> sei: Bei aller Empörung über die<br />
beinahe fas<strong>ch</strong>istoide Argumentationslinie<br />
von Sarkozy bei <strong>der</strong> Verurteilung<br />
<strong>der</strong> Jugendunruhen darf ni<strong>ch</strong>t vergessen<br />
werden, dass er mit seiner Haltung<br />
bei weitem ni<strong>ch</strong>t alleine steht und dass<br />
breite Teile <strong>der</strong> Bevölkerung dur<strong>ch</strong><strong>aus</strong><br />
zufrieden sind, wenn sie mit den<br />
«s<strong>ch</strong>wierigen» o<strong>der</strong> «asozialen» Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
in den Banlieues ni<strong>ch</strong>ts,<br />
aber au<strong>ch</strong> gar ni<strong>ch</strong>ts zu tun haben. Aus<br />
den Augen, <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Sinn – Frankrei<strong>ch</strong>s<br />
Städtebaupolitik sorgt dafür, dass diese<br />
Maxime seit Jahren mit erstaunli<strong>ch</strong>er<br />
Effizienz umgesetzt wird.<br />
Inklusionsbedingungen<br />
Auf <strong>der</strong> Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> Erklärungen für<br />
die Gewaltexzesse dur<strong>ch</strong> Teile von<br />
Frankrei<strong>ch</strong>s Jugend bietet si<strong>ch</strong> an, soziologis<strong>ch</strong>e<br />
Theorie in Anspru<strong>ch</strong> zu<br />
nehmen – ni<strong>ch</strong>t zuletzt, weil theoriegeleitete<br />
Beoba<strong>ch</strong>tung ein Mass an<br />
nü<strong>ch</strong>terner Distanz ermögli<strong>ch</strong>t, das in<br />
Zeiten <strong>der</strong> Empörung und Sorge lei<strong>ch</strong>t<br />
verloren geht. Nutzt man für diesen<br />
Blick die soziologis<strong>ch</strong>e Systemtheorie 1 ,<br />
dann kann man mit Niklas Luhmann<br />
davon <strong>aus</strong>gehen, dass si<strong>ch</strong> die <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong><br />
in Funktionsberei<strong>ch</strong>e aufglie<strong>der</strong>t<br />
2 : So sorgt das System <strong>der</strong> Politik<br />
für re<strong>ch</strong>tmässige Ents<strong>ch</strong>eidungen, die<br />
das Zusammenleben regeln sollen; das<br />
Re<strong>ch</strong>tssystem ist für die Dur<strong>ch</strong>setzung<br />
dieser Ents<strong>ch</strong>eidungen zuständig; das<br />
Wirts<strong>ch</strong>aftssystem reguliert Knappheiten<br />
an Gütern, Dienstleistungen und<br />
Geld, und das System <strong>der</strong> Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
betreibt Wahrheitsfindung in einer<br />
Welt, die si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mehr auf absolute<br />
(göttli<strong>ch</strong>e) Wahrheiten abstützt wie<br />
no<strong>ch</strong> im Mittealter. Zusätzli<strong>ch</strong> zu diesen<br />
und weiteren Funktionssystemen<br />
hat si<strong>ch</strong> in <strong>der</strong> <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong> ein Netz<br />
von Organisationen her<strong>aus</strong>gebildet,<br />
<strong>der</strong>en Funktion die Dur<strong>ch</strong>setzung von<br />
spezifis<strong>ch</strong>en Zwecken (z. B. die Produktion<br />
eines bestimmten Gutes o<strong>der</strong><br />
die Erziehung von Kin<strong>der</strong>n) ist und die<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger eng mit den Funktionssystemen<br />
gekoppelt sind. Der Begriff<br />
<strong>der</strong> Inklusion ums<strong>ch</strong>reibt, wie die<br />
Mens<strong>ch</strong>en als Personen für diese Systeme<br />
relevant werden 3 . An eine Person<br />
werden in je<strong>dem</strong> System ganz spezifis<strong>ch</strong>e<br />
Erwartungen geri<strong>ch</strong>tet: in <strong>der</strong><br />
Wirts<strong>ch</strong>aft an<strong>der</strong>e als im Sportverein,<br />
in einer Gruppe von Freunden an<strong>der</strong>e<br />
als in <strong>der</strong> Politik, im Re<strong>ch</strong>tssystem an<strong>der</strong>e<br />
als in <strong>der</strong> Wissens<strong>ch</strong>aft. Die<br />
Adresse, die einer Person in diesen sozialen<br />
Systeme jeweils zugewiesen<br />
wird, bestimmt <strong>dem</strong>na<strong>ch</strong>, ob eine Person<br />
inklusionsfähig ist o<strong>der</strong> ni<strong>ch</strong>t. Dabei<br />
ist zu bea<strong>ch</strong>ten, dass die Adresse<br />
ni<strong>ch</strong>t nur <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Namen besteht, son<strong>der</strong>n<br />
dur<strong>ch</strong> zahlrei<strong>ch</strong>e Faktoren geprägt<br />
wird, die je na<strong>ch</strong> System von<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger grosser Bedeutung<br />
sind: S<strong>ch</strong>ulabs<strong>ch</strong>lüsse, absolvierte Ausbildungen,<br />
«Beziehungen», aber au<strong>ch</strong><br />
ethnis<strong>ch</strong>e Herkunft, Aussehen, Kleidung,<br />
Wohnort etc. 4<br />
Exklusionsfaktoren<br />
Folgt man diesem theoretis<strong>ch</strong>en Modell,<br />
dann kann man sehen, dass es in<br />
<strong>der</strong> heutigen <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong> immer mehr<br />
Mens<strong>ch</strong>en gibt, <strong>der</strong>en individuelle soziale<br />
Adresse in erhebli<strong>ch</strong>em Mass «bes<strong>ch</strong>ädigt»<br />
ist. Das bedeutet, dass sie in<br />
bestimmten Systemen s<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t<br />
inklusionsfähig sind, d.h. konsequent<br />
exkludiert werden. Die Gesetzesvors<strong>ch</strong>läge<br />
<strong>der</strong> französis<strong>ch</strong>en Regierung,<br />
Su<strong>ch</strong>tMagazin 3/06
die den Anlass zu den Studierenden-<br />
Unruhen gegeben haben, zielen in diese<br />
Ri<strong>ch</strong>tung: Sie vers<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tern die<br />
Inklusionsbedingungen für die Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
in den Wirts<strong>ch</strong>aftsprozess weiter,<br />
in<strong>dem</strong> sie Entlassungen erlei<strong>ch</strong>tern<br />
und damit Exklusion wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>er<br />
ma<strong>ch</strong>en. Bei dieser Exklusionsgefahr<br />
geht es ni<strong>ch</strong>t nur um Organisationen<br />
wie Unternehmen, son<strong>der</strong>n au<strong>ch</strong> um<br />
ganze Funktionsberei<strong>ch</strong>e, was zu regelre<strong>ch</strong>ten<br />
«Eklusionsdriften» 5 führen<br />
kann: keine Arbeit, kein Geld, keine<br />
Wohnung, keine Familie etc.<br />
Die westli<strong>ch</strong>e <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong>, die si<strong>ch</strong><br />
gerne als Wohlfahrtsgesells<strong>ch</strong>aft bes<strong>ch</strong>reibt,<br />
überlässt die Betroffenen in<br />
<strong>der</strong> Regel ni<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong> selbst, son<strong>der</strong>n<br />
stellt ihnen zusätzli<strong>ch</strong>e Inklusionsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
zur Verfügungen: Heime für<br />
die älteren und behin<strong>der</strong>ten Mens<strong>ch</strong>en,<br />
Therapieeinri<strong>ch</strong>tungen für Sü<strong>ch</strong>tige,<br />
Son<strong>der</strong>s<strong>ch</strong>ulen für verhaltensauffällige<br />
o<strong>der</strong> leistungss<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>e Kin<strong>der</strong> sind<br />
hier genau so zu nennen wie alle Bemühungen<br />
im Rahmen <strong>der</strong> Sozialhilfe<br />
und <strong>der</strong> Sozialarbeit. Wenn die Betroffenen<br />
mit diesen Angeboten ni<strong>ch</strong>t zu<br />
errei<strong>ch</strong>en sind, werden sie gerne in<br />
räumli<strong>ch</strong> begrenzte Exklusionszonen<br />
(z. B. Drogenszenen o<strong>der</strong> sozial stark<br />
bena<strong>ch</strong>teiligte Quartiere) und damit<br />
tendenziell ins «<strong>Off</strong>» <strong>der</strong> <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong><br />
abges<strong>ch</strong>oben, also in Berei<strong>ch</strong>e mit sehr<br />
einges<strong>ch</strong>ränkten Partizipatonsmögli<strong>ch</strong>keiten.<br />
Aber ni<strong>ch</strong>t nur bei den räumli<strong>ch</strong>en<br />
Exklusionen, son<strong>der</strong>n au<strong>ch</strong> bei<br />
den eben bes<strong>ch</strong>riebenen ergänzenden<br />
Inklusionsmögli<strong>ch</strong>keiten (Sozialhilfe,<br />
Heime etc.) stellt si<strong>ch</strong> das Problem,<br />
dass die Massnahmen die exklusionsför<strong>der</strong>nden<br />
Faktoren <strong>der</strong> sozialen<br />
Adressen ni<strong>ch</strong>t beseitigen, son<strong>der</strong>n diese<br />
eher verfestigen, was die allgemeine<br />
Inklusionsfähigkeit <strong>der</strong> betroffenen<br />
Personen weiter s<strong>ch</strong>mälert. So haben<br />
viele Arbeitslose das Problem, dass si<strong>ch</strong><br />
ihre Zeit ohne Erwerbsarbeit trotz ihrer<br />
Arbeitssu<strong>ch</strong>e und trotz <strong>der</strong> Unterstützung<br />
dur<strong>ch</strong> die Sozialarbeit in ihrer<br />
sozialen Adresse verfestigt und die<br />
Inklusionsfähigkeit in Betriebe weiter<br />
s<strong>ch</strong>mälert.<br />
Individuelle Verarbeitung<br />
Es ist unvermeidli<strong>ch</strong>, dass die einges<strong>ch</strong>ränkten<br />
Inklusionsmögli<strong>ch</strong>keiten –<br />
trotz o<strong>der</strong> au<strong>ch</strong>: wegen <strong>der</strong> Ersatzinklusionen<br />
– für die Psy<strong>ch</strong>e und das direkte<br />
soziale Umfeld <strong>der</strong> Betroffenen ni<strong>ch</strong>t<br />
folgenlos bleiben. Wie diese Erfahrung<br />
Su<strong>ch</strong>tMagazin 3/06<br />
einer weit gehenden sozialen Irrelevanz<br />
verarbeitet wird, ist individuell. Viele<br />
werden depressiv, sü<strong>ch</strong>tig o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>weitig<br />
krank; an<strong>der</strong>e ma<strong>ch</strong>en dur<strong>ch</strong><br />
Protest und Gewalt auf si<strong>ch</strong> aufmerksam.<br />
Teilhabe an Kommunikation ist<br />
ein mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es Grundbedürfnis, und<br />
wir wissen ni<strong>ch</strong>t nur <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>erziehung,<br />
dass negative Bea<strong>ch</strong>tung mit<br />
<strong>der</strong> damit verbundenen Inklusion keiner<br />
Bea<strong>ch</strong>tung und sozialer Isolation<br />
oft vorgezogen wird. Aus <strong>der</strong> Perspektive<br />
<strong>der</strong> Systemtheorie lässt si<strong>ch</strong> argumentieren,<br />
dass physis<strong>ch</strong>e Gewalt oft<br />
gerade dann aktiviert wird, wenn an<strong>der</strong>e<br />
Versu<strong>ch</strong>e, si<strong>ch</strong> an <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong> zu<br />
beteiligen, s<strong>ch</strong>eitern – au<strong>ch</strong> weil «die<br />
<strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong>» und ihre Funktionssyste-<br />
me (wie «die Wirts<strong>ch</strong>aft») keine Adresse<br />
haben, an die si<strong>ch</strong> Kommunikation<br />
ri<strong>ch</strong>ten könnte. Die Unternehmen wie<strong>der</strong>um,<br />
die adressabel wären, verweisen<br />
auf ihre Bilanzen und die Ansprü<strong>ch</strong>e<br />
<strong>der</strong> Aktionäre, und die Erfahrung<br />
zeigt, wie s<strong>ch</strong>wierig es ist, diese Eigenlogik<br />
<strong>der</strong> Unternehmen in einem kapitalistis<strong>ch</strong>en<br />
System von <strong>aus</strong>sen zu beeinflussen<br />
und sie zur Integration von<br />
Behin<strong>der</strong>ten, zu Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terquoten,<br />
zur S<strong>ch</strong>affung von Lehrstellen o<strong>der</strong> zur<br />
Anstellung von Jugendli<strong>ch</strong>en mit <strong>aus</strong>ländis<strong>ch</strong><br />
tönenden Namen zu verpfli<strong>ch</strong>ten.<br />
Was bleibt, sind in <strong>der</strong> Regel ebenso<br />
moralisierende wie hilflose Appelle<br />
an die «Eigenverantwortung» <strong>der</strong> Unternehmen,<br />
die von diesen gewöhnli<strong>ch</strong><br />
11
na<strong>ch</strong> eigenen Massstäben interpretiert<br />
werden – etwa wenn ein Unternehmen<br />
seine Massenentlassungen (unter an<strong>der</strong>em)<br />
mit <strong>der</strong> Si<strong>ch</strong>erung von Arbeitsplätzen<br />
begründet.<br />
Was den direkt Betroffenen langen erfolglosen<br />
Bemühungen und den damit<br />
verbundenen Enttäus<strong>ch</strong>ungen und Diskreditierungen<br />
bleibt, ist Resignation<br />
o<strong>der</strong> eben: Zerstörung. Exakt in diesem<br />
Li<strong>ch</strong>t sind die Unruhen in Frankrei<strong>ch</strong>s<br />
Städten zu sehen. Die brennenden<br />
Autos bilden ni<strong>ch</strong>t ignorierbare<br />
Irritationsanlässe in <strong>der</strong> Umwelt <strong>der</strong><br />
<strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong>. Sie sind <strong>Signale</strong>, die bekunden<br />
sollen: «Hey, wir sind au<strong>ch</strong><br />
no<strong>ch</strong> da. Wir lassen uns ni<strong>ch</strong>t in<br />
Ghettos abs<strong>ch</strong>ieben. Wir wollen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong><br />
partizipieren. Wir wollen<br />
Arbeit, Wohlstand und die Mögli<strong>ch</strong>keit,<br />
eine Familie zu gründen. Und: Wer<br />
ni<strong>ch</strong>t hören will, muss fühlen!» Die<br />
mediale Aufmerksamkeit, die den Krawallen<br />
zu Teil wird, zeigt, dass die<br />
Zerstörung als Mitteilung einer Bots<strong>ch</strong>aft<br />
verstanden wird, und dass die<br />
Inklusionsmögli<strong>ch</strong>keiten <strong>der</strong> Verursa-<br />
12<br />
<strong>ch</strong>er erweitert werden. Plötzli<strong>ch</strong> finden<br />
sie, wenigstens für kurze Zeit, Gehör.<br />
Und das bewirkt – verständli<strong>ch</strong>erweise<br />
– mehr desselben. Zu all<strong>dem</strong> kommt,<br />
dass die Betroffenen in diesen Exklusionsberei<strong>ch</strong>en<br />
in hohem Ausmass integriert<br />
sind – Integration dabei im<br />
klassis<strong>ch</strong>en Sinn verstanden als we<strong>ch</strong>selseitige<br />
Eins<strong>ch</strong>ränkung von Freiheitsgraden.<br />
So kann si<strong>ch</strong> in <strong>der</strong> We<strong>ch</strong>selwirkung<br />
von Zusammengehörigkeit<br />
und Gruppendruck eine Dynamik entwickeln,<br />
<strong>der</strong> von <strong>aus</strong>sen kaum beizukommen<br />
ist und die au<strong>ch</strong> von innen –<br />
etwa dur<strong>ch</strong> gemässigte Leitfiguren –<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr kontrolliert werden kann,<br />
um so mehr als die Einzelnen nur wenig<br />
haben, das sie verlieren könnten.<br />
Prävention tut Not<br />
Es steht <strong>aus</strong>ser Frage, dass <strong>der</strong> Re<strong>ch</strong>tsstaat<br />
die Unruhen und die damit verbundenen<br />
Re<strong>ch</strong>tsverletzungen ni<strong>ch</strong>t<br />
tolerieren kann und das Notwendige<br />
unternehmen muss, um die Situation<br />
zu beruhigen. Es steht ebenfalls <strong>aus</strong>ser<br />
Frage, dass es mit dieser – zwangsläufig<br />
mit staatli<strong>ch</strong> legitimierter Gegengewalt<br />
verbundenen – Symptombekämpfung<br />
ni<strong>ch</strong>t getan sein kann. Das bringt<br />
die For<strong>der</strong>ung na<strong>ch</strong> Prävention ins<br />
Spiel. Ni<strong>ch</strong>t, dass das son<strong>der</strong>li<strong>ch</strong> originell<br />
wäre. Prävention wird immer<br />
gefor<strong>der</strong>t, wenn si<strong>ch</strong> die Dinge ni<strong>ch</strong>t<br />
so entwickeln, wie sie si<strong>ch</strong> <strong>aus</strong> Si<strong>ch</strong>t<br />
<strong>der</strong> Öffentli<strong>ch</strong>keit, <strong>der</strong> Politik und <strong>der</strong><br />
Massenmedien entwickeln sollten. Die<br />
Frage ist eher, wie die Prävention gema<strong>ch</strong>t<br />
werden soll. Weil die Prävention<br />
in <strong>der</strong> Gegenwart dafür zu sorgen<br />
hat, dass in <strong>der</strong> Zukunft etwas ni<strong>ch</strong>t<br />
passiert, hat sie – an<strong>der</strong>s als die Behandlung<br />
– keinen Zugriff auf das Problem<br />
selbst. Vielmehr muss sie na<strong>ch</strong><br />
Einflussfaktoren auf das zu verhin<strong>der</strong>nde<br />
Problem su<strong>ch</strong>en und allenfalls<br />
na<strong>ch</strong> Einflussfaktoren auf diese Einflussfaktoren<br />
6 . Im Hinblick auf das<br />
hier zu Debatte stehende Problem <strong>der</strong><br />
gewalttätigen Proteste haben wir einen<br />
zentralen Faktor definiert: die unzurei<strong>ch</strong>enden<br />
Inklusionsmögli<strong>ch</strong>keiten für<br />
einen bea<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Teil (insbeson<strong>der</strong>e<br />
<strong>der</strong> «<strong>aus</strong>ländis<strong>ch</strong>en») Jugendli<strong>ch</strong>en.<br />
Su<strong>ch</strong>t die Prävention na<strong>ch</strong> Ursa<strong>ch</strong>en<br />
für diese Ursa<strong>ch</strong>e, dann eröffnet si<strong>ch</strong><br />
ein immenses Feld von Interventionsmögli<strong>ch</strong>keiten,<br />
von denen in aller Kürze<br />
einige aufgelistet werden sollen.<br />
Respekt<br />
Eine erste, sehr allgemeine Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ung<br />
für jede und jeden wäre es, Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
(wie an<strong>der</strong>n «Randgruppen»)<br />
generell mit mehr Respekt zu<br />
begegnen. Angesi<strong>ch</strong>ts <strong>der</strong> Respektlosigkeit,<br />
die Kin<strong>der</strong>n und Jugendli<strong>ch</strong>en in<br />
unseren Breitengraden von Seiten vieler<br />
Erwa<strong>ch</strong>sener entgegens<strong>ch</strong>lägt, mag<br />
es ni<strong>ch</strong>t erstaunen, dass die Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
den Erwa<strong>ch</strong>senen den angemessenen<br />
Respekt ebenfalls s<strong>ch</strong>uldig bleiben.<br />
Die individuellen Folgen, die dur<strong>ch</strong> die<br />
ni<strong>ch</strong>t realisierbaren Inklusionen (z. B.<br />
dur<strong>ch</strong> die erfolglose Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> einer<br />
Lehrstelle o<strong>der</strong> dur<strong>ch</strong> Arbeitslosigkeit)<br />
ergeben, werden dur<strong>ch</strong> den mangelnden<br />
Respekt no<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>ärft. Das trägt<br />
unter an<strong>der</strong>em dazu bei, dass diejenigen<br />
Gruppen für die betroffenen Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
an Bedeutung gewinnen, in denen<br />
die lebensnotwendige Anerkennung mit<br />
gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> unerwüns<strong>ch</strong>ten Verhaltensweisen<br />
wie Su<strong>ch</strong>tmittelkonsum,<br />
Gewaltanwendung, rassistis<strong>ch</strong>en Kundgebungen<br />
o<strong>der</strong> Vandalenakten verknüpft<br />
ist. Wenn exzessives Trinken<br />
Su<strong>ch</strong>tMagazin 3/06
o<strong>der</strong> extremes Risikoverhalten in einer<br />
Peer-Group einen Aspekt <strong>der</strong> Gruppenidentität<br />
darstellen 7 , dann steht für die<br />
zwangsläufig ihre soziale Akzeptanz auf<br />
<strong>dem</strong> Spiel, wenn sie si<strong>ch</strong> den entspre<strong>ch</strong>enden<br />
Gruppenritualen entziehen<br />
wollen.<br />
In Hinblick auf die Erwa<strong>ch</strong>senen ist in<br />
diesem Zusammenhang wi<strong>ch</strong>tig, dass<br />
Respekt ni<strong>ch</strong>t mit einer unverbindli<strong>ch</strong>en<br />
Toleranz glei<strong>ch</strong>gesetzt wird. Es<br />
geht ni<strong>ch</strong>t darum, An<strong>der</strong>sartigkeit einfa<strong>ch</strong><br />
hinzunehmen, son<strong>der</strong>n darum,<br />
dass man si<strong>ch</strong> aktiv mit ihr <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong><br />
setzt. Das beinhaltet einerseits<br />
Werts<strong>ch</strong>ätzung und Unterstützung,<br />
an<strong>der</strong>erseits aber au<strong>ch</strong> die Thematisierung<br />
und Dur<strong>ch</strong>setzung von geltenden<br />
Regeln. Zentral dabei ist, dass si<strong>ch</strong> die<br />
(bisweilen dur<strong>ch</strong><strong>aus</strong> notwendige) Kritik<br />
auf klar bestimmte Verhaltensweisen<br />
bezieht und ni<strong>ch</strong>t in <strong>der</strong> Form von<br />
moralisierenden Urteilen die ganze<br />
Person abwertet.<br />
Strukturelle Massnahmen<br />
Wenn wir den Blick auf weitere Bedingungen<br />
<strong>der</strong> Mögli<strong>ch</strong>keit bes<strong>ch</strong>ränkter<br />
Inklusions<strong>ch</strong>ancen von Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
werfen, dann stossen wir auf beinahe<br />
unzählige Einflussfaktoren, die angegangen<br />
werden können. Im direkten<br />
Umfeld <strong>der</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en (in Frankrei<strong>ch</strong><br />
etwa in den Banlieues) wären<br />
etwa vielfältige Massnahmen zu Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Lebensqualität denkbar<br />
– sei es dur<strong>ch</strong> städtebauli<strong>ch</strong>e Verän<strong>der</strong>ungen,<br />
sei es dur<strong>ch</strong> einen Aufbau von<br />
Angeboten, wel<strong>ch</strong>e die Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
beim Aufbau einer geordneten Tagesstruktur<br />
unterstützen. Es steht <strong>aus</strong>ser<br />
Frage, dass sol<strong>ch</strong>e Angebote so partizipativ<br />
wie irgend mögli<strong>ch</strong> gestaltet<br />
sein sollten. Wi<strong>ch</strong>tig ist dabei, dass si<strong>ch</strong><br />
die Partizipation ni<strong>ch</strong>t auf eine reine<br />
Teilnahme bes<strong>ch</strong>ränkt. Wirkli<strong>ch</strong>e Partizipation<br />
kann langfristig nur funktionieren,<br />
wenn die konstruktiven Aktivitäten<br />
<strong>der</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t zur<br />
reinen Bes<strong>ch</strong>äftigungstherapie verkommen,<br />
son<strong>der</strong>n die politis<strong>ch</strong>en Ents<strong>ch</strong>eidungen<br />
na<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong> ziehen, die für na<strong>ch</strong>haltige<br />
strukturelle Verän<strong>der</strong>ungen<br />
unverzi<strong>ch</strong>tbar sind. Erweitert man<br />
den Horizont sinnvoller Massnahmen,<br />
dann ers<strong>ch</strong>einen Interventionen auf<br />
<strong>dem</strong> Arbeitsmarkt (S<strong>ch</strong>affung von Arbeitsplätzen<br />
und Lehrstellen) genau so<br />
im Blickfeld, wie Reformen im S<strong>ch</strong>ulsystem<br />
(kleinere Klassen, besser <strong>aus</strong>gebildete<br />
Lehrkräfte, mögli<strong>ch</strong>st späte<br />
Su<strong>ch</strong>tMagazin 3/06<br />
Selektion etc.) o<strong>der</strong> umfassende Massnahmen<br />
gegen den wa<strong>ch</strong>senden Rassismus<br />
in Organisationen und in <strong>der</strong><br />
Öffentli<strong>ch</strong>keit.<br />
Das ökonomis<strong>ch</strong>e Argument<br />
Wie immer, wenn die Prävention mehr<br />
sein will als ein Tranquilizer für eine<br />
beunruhigte <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong>, wird ihr von<br />
<strong>der</strong> Politik entgegen gehalten, dass diese<br />
Massnahmen zu viel kosteten und<br />
dass man sie si<strong>ch</strong> in wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong><br />
s<strong>ch</strong>wierigen Zeiten ni<strong>ch</strong>t leisten könne<br />
– s<strong>ch</strong>on gar ni<strong>ch</strong>t, wenn man den<br />
«Wohlfahrtsstaat» ohnehin abspecken<br />
und <strong>dem</strong> Einzelnen mehr Verantwortung<br />
übertragen mö<strong>ch</strong>te. Man muss<br />
ni<strong>ch</strong>t in <strong>der</strong> Sozialen Arbeit tätig sein<br />
um zu erkennen, dass es immer mehr<br />
Mens<strong>ch</strong>en au<strong>ch</strong> mit einem hohen Mass<br />
an Eigenverantwortung ni<strong>ch</strong>t gelingt,<br />
si<strong>ch</strong> eine angemessene Lebensqualität<br />
zu erhalten – denken wir nur an die<br />
stetig wa<strong>ch</strong>sende Zahl an «Working<br />
Poor» o<strong>der</strong> an die vielen allein erziehenden<br />
Eltern, die mit ihren Kin<strong>der</strong>n<br />
an o<strong>der</strong> unter <strong>der</strong> Armutsgrenze leben.<br />
S<strong>ch</strong>aut man nur ein wenig über die<br />
Zeitdauer von politis<strong>ch</strong>en Wahlperioden<br />
hin<strong>aus</strong>, dann zählt au<strong>ch</strong> das ökonomis<strong>ch</strong>e<br />
Argument ni<strong>ch</strong>t mehr. Der<br />
Grund dafür ist ein einfa<strong>ch</strong>er: Mens<strong>ch</strong>en<br />
können zwar <strong>aus</strong> vielen Systemen<br />
<strong>aus</strong>ges<strong>ch</strong>lossen und in Exklusionsberei<strong>ch</strong>e<br />
wie die Banlieues abgedrängt<br />
werden; ganz <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong> <strong>aus</strong>s<strong>ch</strong>liessen<br />
kann man sie ni<strong>ch</strong>t. Das<br />
bedeutet, dass alle, die früh <strong>aus</strong> <strong>der</strong><br />
S<strong>ch</strong>ule fallen, keine Ausbildung haben,<br />
keine Stelle finden, si<strong>ch</strong> «sozial auffällig»<br />
benehmen o<strong>der</strong> ni<strong>ch</strong>t angemessen<br />
am öffentli<strong>ch</strong>en Leben partizipieren<br />
können, si<strong>ch</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> früher<br />
o<strong>der</strong> später wie<strong>der</strong> bemerkbar ma<strong>ch</strong>en<br />
– als Kranke, als Sü<strong>ch</strong>tige, als Sozialfälle,<br />
als Re<strong>ch</strong>tsbre<strong>ch</strong>er o<strong>der</strong> – wie in<br />
Frankrei<strong>ch</strong> – als Krawallma<strong>ch</strong>er. Die<br />
Diskussionen um die Gesundheitskosten,<br />
die Riesendefizite <strong>der</strong> Sozialversi<strong>ch</strong>erungen,<br />
die Kosten in <strong>der</strong> Sozialhilfe<br />
und im Strafvollzug zeigen, dass<br />
die Behandlung dieser Probleme bei<br />
weitem teurer kommt als <strong>der</strong> Versu<strong>ch</strong>,<br />
die Chance für das Auftreten sol<strong>ch</strong>er<br />
Probleme dur<strong>ch</strong> die Beseitigung von<br />
Einflussfaktoren zu verringern.<br />
Abs<strong>ch</strong>liessende Bemerkungen<br />
Niemand behauptet, dass umfassende<br />
präventive Massnahmen zur Verhinde-<br />
rung von sozialen Problemen wie den<br />
Jugendunruhen in Frankrei<strong>ch</strong> einfa<strong>ch</strong><br />
o<strong>der</strong> gar billig seien. Es behauptet au<strong>ch</strong><br />
niemand, dass si<strong>ch</strong> die Probleme <strong>der</strong><br />
mo<strong>der</strong>nen <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong> auf die Jugend<br />
o<strong>der</strong> auf Frankrei<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>ränken. Weltweit<br />
kann <strong>der</strong> internationale Terrorismus<br />
wie die Zerstörungsakte <strong>der</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
als blindwütige Mitteilung<br />
einer Bots<strong>ch</strong>aft an eine namenlose <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong><br />
verstanden werden, in <strong>der</strong><br />
unter den wehenden Bannern <strong>der</strong> «Demokratie»<br />
und <strong>der</strong> «Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te»<br />
ganze Volksgruppen und Religionsgemeins<strong>ch</strong>aften<br />
systematis<strong>ch</strong> ohne Respekt<br />
behandelt werden und ein Fünftel<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung an Hunger leidet,<br />
obwohl Nahrung im Überfluss vorhanden<br />
wäre 8 . Und au<strong>ch</strong> bei uns in<br />
<strong>der</strong> S<strong>ch</strong>weiz gibt es <strong>aus</strong>rei<strong>ch</strong>end Anlass<br />
dazu, Jugendgewalt, Vandalismus,<br />
Hooliganismus und Selbstzerstörung<br />
dur<strong>ch</strong> Essstörungen, Selbstverletzungen,<br />
Su<strong>ch</strong>tmittelmissbrau<strong>ch</strong> o<strong>der</strong> übertriebenes<br />
Risikoverhalten als <strong>Signale</strong><br />
<strong>aus</strong> <strong>dem</strong> «<strong>Off</strong>» <strong>der</strong> <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong> wahrzunehmen:<br />
«Hey, wir sind au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong><br />
da!» ■<br />
Literatur<br />
• Fu<strong>ch</strong>s, Peter; S<strong>ch</strong>nei<strong>der</strong>, Dietri<strong>ch</strong>, 1995:<br />
Das Hauptmann-von-Köpenick-Syndrom,<br />
Überlegungen zur Zukunft funktionaler Differenzierung.<br />
In: Soziale Systeme 1, H.2:<br />
203-224<br />
• Fu<strong>ch</strong>s, Peter, 1997: Adressabilität als Grundbegriff<br />
<strong>der</strong> soziologis<strong>ch</strong>en Systemtheorie. In:<br />
Soziale Systeme 3 (1997) Heft 1:57-79<br />
• Hafen, Martin, 2002: Internationaler Terrorismus<br />
und Jugendgewalt – ein Verglei<strong>ch</strong> von<br />
zwei s<strong>ch</strong>einbar unverglei<strong>ch</strong>baren Phänomenen.<br />
In: Sozialpädagogik 1/2002: 18-24<br />
• Hafen, Martin, 2005: Systemis<strong>ch</strong>e Prävention<br />
– Grundlagen für eine Theorie präventiver<br />
Massnahmen. Heidelberg<br />
• Hafen, Martin, 2005b: Rau<strong>ch</strong>en als Aspekt<br />
<strong>der</strong> Gruppenidentität. Systemtheoretis<strong>ch</strong>e<br />
Überlegungen zu einem kaum bea<strong>ch</strong>teten<br />
Aspekt. Ms. Luzern (eingerei<strong>ch</strong>t bei Wiener<br />
Zeits<strong>ch</strong>rift für Su<strong>ch</strong>tfors<strong>ch</strong>ung)<br />
• Luhmann, Niklas, 1994: Soziale Systeme –<br />
Grundriss einer allgemeinen Theorie. 5.<br />
Aufl., Frankfurt am Main<br />
• Luhmann, Niklas, 1995: Inklusion und Exklusion.<br />
In: <strong>der</strong>s., 1995: Soziologis<strong>ch</strong>e Aufklaerung<br />
6. Die Soziologie und <strong>der</strong> Mens<strong>ch</strong>.<br />
Opladen: 237-264<br />
• Luhmann, Niklas, 1997: Die <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Gesells<strong>ch</strong>aft</strong>. Frankfurt am Main<br />
Fussnoten<br />
1 Vgl. für die Grundlagen Luhmann (1994)<br />
2 Luhmann (1997)<br />
3 Vgl. Luhmann (1995)<br />
4 Zum Begriff und zur Bedeutung <strong>der</strong> «sozialen<br />
Adresse» vgl. Fu<strong>ch</strong>s (1997)<br />
5 Fu<strong>ch</strong>s/S<strong>ch</strong>nei<strong>der</strong> (1995)<br />
6 Vgl. dazu grundsätzli<strong>ch</strong> Hafen (2005)<br />
7 Hafen (2005b)<br />
8 Vgl. zum Verglei<strong>ch</strong> von Terrorismus und Jugendgewalt<br />
Hafen (2002)<br />
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