FRÄNZI – FORUM - Franziskanergymnasium Bozen
FRÄNZI – FORUM - Franziskanergymnasium Bozen
FRÄNZI – FORUM - Franziskanergymnasium Bozen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Schule<br />
Ein Auslandsjahr<br />
in<br />
Russland<br />
Seite 2<br />
Ex-Fränzi<br />
Kinder- und<br />
Jugendanwalt<br />
Simon Tschager<br />
Seite 7<br />
Projekt<br />
Schüler als<br />
Sozialhelfer in<br />
Thailand<br />
Seite 8<br />
Max Valier<br />
Genie oder<br />
Durchschnitts-<br />
Schüler?<br />
Seite 10<br />
Lehrfahrt<br />
Kultur und<br />
Natur in<br />
Umbrien<br />
Seite 12<br />
Impressum<br />
Seite 10<br />
Spedizione in A.P. - 70% DCI BZ - quadrimestrale - in caso di mancato recapito, restituiere al CPO - Bolzano I.R.<br />
Mit einer Feier verabschiedete sich die Schulgemeinschaft<br />
zu Beginn des Schuljahres von P.<br />
Willibald. 35 Jahre lang wirkte er als Lehrer für<br />
Deutsch und Philosophie an der Schule. Nun<br />
übernimmt er die Leitung des Franziskanerklosters<br />
und des Juniorats in Graz. Auch wenn bei<br />
der Abschiedsfeier die Wehmut zu spüren war,<br />
so überwogen doch der Humor und der Blick in<br />
die Zukunft. Dafür sorgte nicht zuletzt die Pixie<br />
Dixie Band unter der Leitung von Armin Thomaser<br />
mit schwungvollen Dixieland-Rhythmen, die<br />
P. Willibald besonders liebt. Schüler der Maturaklasse<br />
zeigten in kleinen Szenen humorvoll überspitzt,<br />
wie P. Willibald seine Philosophie- und<br />
Deutschstunden hielt. Sie erinnerten an einen<br />
Lehrer, der voller Leidenschaft unterrichtete und<br />
hinter allen Lehrinhalten den Menschen im Blick<br />
Ausgabe 2/2011<br />
<strong>FRÄNZI</strong> <strong>–</strong> <strong>FORUM</strong><br />
Franziskaner Gymnasium<br />
Lehrer mit Leib und Seele<br />
Abschied von Pater Willibald<br />
hatte, der nach Gott sucht. Dass P. Willibald den<br />
Unterricht nie als bloße Informationsvermittlung<br />
sah, wurde auch im Interview klar, das Moritz<br />
Windegger mit P. Willibald führte. Er stehe dazu,<br />
dass er in seinen Deutsch- und Philosophiestunden<br />
immer den ethischen und religiösen<br />
Aspekt der Dichtung und der Wahrheitssuche<br />
aufgezeigt habe, sagte P. Willibald. Direktor Wolfgang<br />
Malsiner betonte in seiner Rede, dass er P.<br />
Willibald schon in seiner Jugend als Lehrer sehr<br />
geschätzt und als Vorbild gesehen habe. Sein<br />
Dank stand stellvertretend für die Wertschätzung<br />
und Anerkennung aller Schüler und Lehrer-<br />
Kollegen, denen P. Willibald den Rat mitgab, die<br />
Schule zu lieben. Dann brauche man sich um die<br />
Zukunft des <strong>Franziskanergymnasium</strong>s keine Sorgen<br />
zu machen.<br />
Fränzi - Forum 1
David Caesar Comploj<br />
besucht die Maturaklasse<br />
des <strong>Franziskanergymnasium</strong>s.<br />
Das<br />
vergangene Schuljahr<br />
verbrachte er an einem<br />
Gymnasium in der<br />
Nähe von Moskau.<br />
Fränzi - Forum 2<br />
"Ich konnte kein Wort Russisch"<br />
Ein Schüler berichtet von seinem Auslandsjahr<br />
Ich war in der 1. Klasse Lyzeum, als ich mich<br />
dazu entschlossen habe, ein Austauschjahr in<br />
Russland zu verbringen. Viele fragten mich, wieso<br />
genau Russland, wieso nicht Amerika, das Land<br />
der vielen Möglichkeiten oder irgendein anderer<br />
Staat? Ehrlich gesagt, weiß ich die Antwort<br />
immer noch nicht. Damals wusste ich nur, dass<br />
ich raus wollte, eine neue Welt sehen, eine neue<br />
Kultur entdecken und sie auch von innen leben;<br />
und da ich so eine Chance in der 4. Klasse<br />
Oberschule hatte, wollte ich sie mir auch auf<br />
keinen Fall entgehen lassen. Allerdings wusste<br />
ich auch noch nicht, worauf ich mich da wirklich<br />
eingelassen hatte. Würde mir jemand anbieten,<br />
die Zeit zurückzudrehen, und alles von neuem<br />
anzufangen, würde ich auf jeden Fall „ja“ sagen,<br />
trotz der schweren Anfangszeit, als ich in Russland<br />
ein Fremder war und kein Wort Russisch<br />
verstanden habe .<br />
Ich wusste nicht, wie schwer es sein kann, in<br />
eine komplett neue Welt einzutauchen, ohne die<br />
Sprache zu kennen. Ich war fast völlig auf mich<br />
allein gestellt. Anfangs versuchte ich mit Englisch<br />
und Zeichen voranzukommen, aber da die meisten<br />
Russen außer „Hello“ und „My name is“<br />
auf Englisch gar nichts wissen, habe ich gleich<br />
gemerkt, dass es ohne Russisch auf keinen Fall<br />
geht.<br />
Wenn ich jetzt mit meinen russischen Freunden<br />
zusammensitze, erinnere ich mich oft daran, wie<br />
ich ihnen etwas mit Händen und Füßen erklä-<br />
Das Viertel in Alexandrov, wo David wohnte<br />
ren wollte im Wissen, dass sie trotzdem kein<br />
Wort verstehen würden. Und wenn mir manchmal<br />
ein Zweifel aufkommt, frage ich einen meiner<br />
Freunde auf Russisch, ob ich denn wirklich<br />
anfangs mit ihm auf Englisch gesprochen hätte;<br />
denn es kommt mir schon wie ein unklarer<br />
Traum vor zu denken, dass ich mich nicht mit<br />
einem Russen unterhalten konnte.<br />
Die russische Schule<br />
Das russische Schulsystem ist einfach aufgebaut:<br />
Man besucht elf Klassen und dann die Uni.<br />
Oder aber man beginnt nach der 9. eine Lehre.<br />
Die meisten entscheiden sich für ersteres, weil<br />
man es sogar mit einer Ausbildung nicht wirklich<br />
leicht hat, Arbeit zu finden. Das russische<br />
Schulsystem wurde nach dem Ende der Sowjetunion<br />
eingeführt und ist geprägt von ständigen<br />
Schulreformen. Noten werden von 1 bis 5 verteilt,<br />
wobei 5 die höchste Note ist. Noten unter<br />
3 zählen als negativ. Jeder Schüler hat eine Art<br />
Merkheft, wo der Lehrer die Noten einträgt. In<br />
den oberen Klassen werden nur besonders gute<br />
oder schlechte Noten eingetragen, damit die<br />
Eltern einen Überblick über den Lernerfolg des<br />
Sohnes oder der Tochter haben. Hat ein Schüler<br />
am Ende des Jahres einen Durchschnitt von 2 in<br />
einem Fach, so muss er die Klasse wiederholen.<br />
Das ist aber selten der Fall. Fast immer werden<br />
schwache Schüler nach der 9. Klasse auf eine<br />
Berufsschule geschickt. Der Unterricht ist dem
in Italien ziemlich ähnlich, außer, dass die Schüler<br />
und nicht die Lehrer die Klassenräume wechseln.<br />
Gearbeitet wird hauptsächlich mit Büchern.<br />
Die Lehrer haben immer ein Exemplar dabei<br />
und nehmen mit den Schülern den Stoff durch.<br />
Was in der Schule unterrichtet wird, ist aber<br />
nur 3/4 von dem, was dann vom Schüler verlangt<br />
wird. Der Rest des Stoffes muss daheim erlernt<br />
werden und wird dann bei der nächsten Stunde<br />
abgefragt.<br />
Am Ende der 11. Klasse wird eine Staatsprüfung<br />
abgelegt. Schon in der 10. Klasse werden<br />
Probeexamen durchgeführt. Jeder Schüler kann<br />
sich aussuchen, in welchen Fächern er die Prüfung<br />
ablegen will und konzentriert sich auf die<br />
drei oder vier Fächer, die seine Universität verlangt.<br />
Je besser man die Examen besteht, desto<br />
bessere Chancen hat man auf der gewünschten<br />
Universität aufgenommen zu werden. Sehr viele<br />
Schüler gehen regelmäßig zu Nachhilfelehrern,<br />
bei denen man nicht nur den Schulstoff wiederholt,<br />
sondern ihn auf vertieft und erweitert.<br />
Dies liegt daran, dass bei den Staatsprüfungen<br />
Stoff verlangt wird, der im normalen Unterricht<br />
nicht durchgenommen wird. Will man also mehr<br />
Punkte bei der Staatsprüfung erzielen, muss man<br />
zur Nachhilfe.<br />
In Fächern wie Mathematik, Chemie und Physik<br />
sind Russen gut. In der Schule lernt man Englisch<br />
und Französisch oder Deutsch als Fremdsprache.<br />
Ich kenne einige, die fließend Deutsch<br />
sprechen, obwohl sie noch nie deutschen Boden<br />
berührt haben. Der Unterschied in den Sprachkenntnissen<br />
ist enorm, was damit zu tun hat, dass<br />
nicht alle Schüler Nachhilfe nehmen. Lernt man<br />
nämlich nur Schulstoff, so wird man am Ende der<br />
11. Klasse nur wenig wissen.<br />
Der Unterricht ist nicht so streng wie in Italien.<br />
Schüler haben mehr Freiheit und sind mehr auf<br />
sich allein gestellt. Es interessiert den Lehrer<br />
David und seine Schulklasse<br />
wenig, was man im Unterricht macht, solange<br />
die Resultate stimmen. Oft werden Tests spontan<br />
vom Lehrer entschieden. Wer während des<br />
Unterrichts nicht zugehört hat, hat also schlechte<br />
Karten, obwohl Lehrer einen beim Spicken<br />
erwischten Schüler auch gerne mit einer Verwarnung<br />
davonkommen lassen. Das Verhältnis zu<br />
Lehrern ist fast immer freundschaftlich. Ich habe<br />
sogar schon miterlebt, wie eine Schülerin, als sie<br />
die Schule verlassen hat, weinend meiner Lehrerin<br />
in die Arme gefallen ist.<br />
Obwohl Lehrer mit 10.000 Rubel (250 Euro)<br />
im Monat sehr schlecht bezahlt werden, sind<br />
sie meistens mit Freude bei der Arbeit und<br />
bemühen sich, den Unterricht gut zu gestalten.<br />
Theoretisch muss jeder Russe nach der Schule<br />
ein Jahr in der Armee dienen. Entscheidet man<br />
sich aber dafür, eine Universität zu besuchen, so<br />
wird dieses Jahr auf die Zeit nach dem Abschluss<br />
der Universität verschoben. Viele entscheiden<br />
sich für eine höhere Ausbildung, weil man ohne<br />
höhere Ausbildung kaum eine Arbeit findet, aber<br />
auch um dem Militärdienst zu entgehen. Es gibt<br />
nämlich Fälle von Jugendlichen, die in der Armee<br />
gemobbt und so malträtiert wurden, dass sie mit<br />
Behinderungen und Lähmungen zurückgekehrt<br />
sind. Die mesten sehen es einfach als ein verschwendetes<br />
Jahr an und beneiden mich, weil ich<br />
in Italien nicht dienen muss.<br />
Russland<br />
Russland ist eindeutig ein Land der Kontraste. Es<br />
gibt die Reichen und es gibt die Armen und eine<br />
rasant wachsende Mittelschicht. Es gibt Leute,<br />
die leben in Häusern, die Millionen kosten, und<br />
andere, die Angst haben, dass das Dach über<br />
ihrem Kopf zusammenkracht. Es ist ein Land<br />
der Alten, der Babuschkas, die trauernd an die<br />
alte Sowjetunion zurückdenken, „wo alles bes-<br />
ser war“, und ein Land der Jugendlichen, die AUSLANDSJAHR<br />
Fränzi - Forum 3
AUSLANDSJAHR<br />
Fränzi - Forum 4<br />
Allegorie des russischen Vaterlandes in<br />
Wolgograd.<br />
ihr Lebensziel darin sehen, reich und mächtig<br />
zu werden. Ich habe oft das Gefühl, in einem<br />
Entwicklungsland zu leben, das aus seiner autonomen<br />
Entwicklung während der Sowjetunion<br />
herausgezerrt wurde und allmählich wieder in<br />
Schwung kommt, ein Land, in dem alles mit der<br />
Zeit besser wird. Bessere Häuser und Geschäfte<br />
werden gebaut, Straßen werden erweitert, die<br />
sozialen Möglichkeiten werden größer, aber all<br />
das im Schatten von Europa, und dennoch auf<br />
seine eigene Art und Weise. Irgendwie humpelt<br />
Russland hinter Europa her, springt aber zugleich<br />
mit großen Schritten, weil es Europa einholen<br />
will. Die Gehälter sind allerdings sehr klein und<br />
ich verstehe nicht, wie einige Russen mit Gehältern<br />
von 250-300 Euro im Monat, was als normal<br />
gilt, überhaupt überleben können. Abgesehen<br />
von billigerem Gas und Strom, sind die Lebensmittel<br />
genau so teuer wie in Europa. Ein Sprichwort<br />
sagt: Europäer leben, um zu arbeiten, Russen<br />
arbeiten, um zu leben...<br />
Die Sowjetunion hat ihre Spuren in diesem<br />
Land hinterlassen, und man spricht oft darüber.<br />
Anfangs dachte ich, es sei ein Tabu-Thema, das<br />
keiner ansprechen will, weil die Menschen unterdrückt<br />
wurden. Viele Russen sehen aber sehr<br />
viele positive Seiten in der UDSSR und bedauern<br />
ihren Zerfall.<br />
Moskau<br />
Ich bin in meinem Auslandsjahr viel herumgekommen<br />
in Russland. Ich war im kühlen Norden<br />
bei Vilikji Novgorod, bei Rostov na Danu und<br />
bei Azov im Süden und im Osten bei Vladimir.<br />
Aber Moskau ist ein Kapitel für sich. Moskau<br />
ist das Zentrum Russlands, dort liegt das Geld,<br />
dort liegt die Macht, dort will jeder hin. Aber<br />
am besten nicht zum Leben, sondern nur um<br />
Geld zu machen. Nicht zufällig ist es die teuerste<br />
Stadt Europas. Moskau wird oft als eigener Staat<br />
bezeichnet, weil sich das Leben dort so stark<br />
vom Leben im Rest Russlands unterscheidet.<br />
Wer in Moskau lebt, kann mit einem viermal<br />
größeren Gehalt rechnen als in einer anderen<br />
russischen Stadt.<br />
Moskau ist die wichtigste Universitätsstadt und<br />
das Arbeitszentrum Russlands. Wer an einer<br />
Universität in Moskau aufgenommen wird, reist<br />
sogar Tausende Kilometer herbei um hier zu studieren.<br />
Es ist erstaunlich, wie viele Menschen von<br />
den umliegenden Städten jeden Tag in die Hauptstadt<br />
fahren, um zu arbeiten oder zu studieren<br />
und am Abend wieder nach Hause zurückkehren.<br />
Sogar aus meiner Stadt fahren riesige Menschenmassen<br />
täglich in unbequemen Zügen zweieinhalb<br />
Stunden, um in der Hauptstadt zu arbeiten,<br />
und kehren abends nach Hause zurück.<br />
Alexandrov<br />
Alexandrov, das ist die Stadt, in der ich lebe. Es<br />
ist eine kleine und ruhige Stadt, zwei Stunden<br />
von der Hauptstadt entfernt (Was für Russland<br />
ein Katzensprung ist). Die Stadt ist im Sommer<br />
und Winter schön und sauber. Im Frühling und<br />
Herbst sieht es da etwas anders aus. Im 16. Jh.<br />
war sie 15 Jahre lang die Hauptstadt Russlands<br />
unter Ivan dem Schrecklichen, worauf die Alexandrover<br />
sehr stolz sind. Auch soll die unbezahlbare<br />
Bibliothek von Ivan dem Schrecklichen<br />
irgendwo in Alexandrov begraben liegen. Viele<br />
suchen danach. Mein Gastvater z.B. sucht alte<br />
Gegenstände unter dem Erdboden mit Metalldetektoren,<br />
und verdient sich so etwas zu seinem<br />
Gehalt hinzu. Dazu fährt er aufs Land hinaus und<br />
sucht den Boden nach wertvollen Münzen ab.<br />
Hört sich komisch an, wird aber von vielen Russen<br />
so gemacht, und manch einer ist dabei schon<br />
reich geworden.<br />
Die Russen<br />
Russen sind ein eigenartiges Volk. Einerseits sind<br />
sie extreme Nationalisten und verehren ihr<br />
Land, andererseits wollen viele ihr Land verlassen<br />
und ihr Glück im Ausland suchen, mit besonderer<br />
Neigung zu Deutschland und England, wo<br />
auch viele russische Oligarchen ihren Wohnsitz<br />
haben. Der durchschnittliche Russe ist ein<br />
sehr gastfreundlicher und herziger Mensch, der<br />
aber auch sehr unangenehm werden kann, falls<br />
er dich nicht mag. Sollte er dich nicht mögen,<br />
macht er das auch einem gleich klar. Russen<br />
sind komplizierte Menschen und anfangs war es
sehr schwer, russische Freunde zu finden. Als ich<br />
russisch konnte, habe ich schnell Freunde gefunden,<br />
da einfach Kommunikation auf einmal im<br />
Spiel war und wir über das gleiche lachen und<br />
scherzen konnten, auch wenn ich immer noch<br />
nicht ganz den russischen Humor verstanden<br />
habe. Wenn ich dann über einen russischen Witz<br />
lache, sagen sie scherzhaft, ich sei „zum Russen<br />
geworden“.<br />
Das Vorurteil, dass Russen nie lachen, stimmt<br />
ganz und gar nicht. Russen lachen sehr oft und<br />
gerne. So wie Russland selbst voller Kontraste<br />
ist, so sind es auch die Menschen. Russen sind<br />
einerseits extrem aufs Geld und Geldmachen<br />
fixiert. Geld scheint oft eines der wichtigsten<br />
Güter im Leben eines jeden Russen zu sein<br />
und wahrscheinlich sind sie auch deswegen so<br />
bestechlich, aber andererseits wird das Geld<br />
auch gleich wieder ausgegeben, also kann man<br />
sie nicht als geizig bezeichnen, weil sie auch<br />
gerne Geld für andere ausgeben.<br />
Theoretisch ist Russland eine Demokratie. Aber<br />
in der Realität sieht es ganz anders aus. Schon<br />
als ich angekommen bin, hat man mir gesagt, man<br />
hätte hier nur eine Schein-Demokratie. Anfangs<br />
war sowas schwer zu verstehen, aber jetzt weiß<br />
ich, was sie damit meinen. Der einfache Bürger<br />
hat nämlich nur sehr wenig zu sagen. Wer Geld<br />
hat, hat Macht, Macht die über dem Gesetz steht.<br />
Hohe Politiker, aber auch reiche Geschäftsmänner<br />
können so gut wie alles tun, was sie wollen.<br />
Der Grund? Bestechung ist ein großes Problem<br />
hier, wer das nötige Kleingeld hat, kann sich so<br />
gut wie jeden öffentlichen Angestellten erkaufen.<br />
Bei größeren Straftaten braucht man die richtigen<br />
Kontakte, um dem Gesetz zu entkommen.<br />
David mit einigen seiner Schulkollegen<br />
Die Russen könnten noch mehr erreichen, wenn<br />
da nicht dieses eine Laster wäre, nämlich sich<br />
wie Schafe zu verhalten: Sie stellen Regeln nicht<br />
in Frage, egal wie unsinnig sie auch sein mögen.<br />
Bei Spielen etwa: Es wird einfach so gespielt, wie<br />
immer gespielt wurde. Im Schwimmbad muss<br />
man Bezüge für die Schuhe anziehen, obwohl<br />
man mit ihnen nur zwei Schritte machen muss,<br />
um in die Umkleidekabine zu kommen. Wir Austauschschüler<br />
sehen da keinen Sinn darin. Die<br />
Russen aber, hinterfragen diese Regel gar nicht,<br />
sondern nehmen sie so an, wie sie ist. Wenn<br />
man Russen sieht, kann man gleich den Eindruck<br />
bekommen, sie seien grobe Menschen und würden<br />
kaum Gefühle zeigen. Lernt man sie aber<br />
kennen, werden sie zu den liebevollsten Menschen.<br />
Russen sind ehrlich und zeigen dir gleich<br />
von Anfang an ihr wahres Gesicht. Ein russischer<br />
Freund ist wirklich ein Freund, auf den man sich<br />
verlassen kann.<br />
Namen<br />
Hat man den Namen einer Russin vergessen,<br />
kann man ihn mit Leichtigkeit erraten, was aber<br />
mit einer schlimmen Ohrfeige enden kann.<br />
Für Mädchen gilt: Entweder sie heißen Mascha,<br />
Dascha, Sasha, Katja, Lena oder Tanja. Natürlich<br />
gibt es auch andere Namen, aber die oben<br />
genannten kommen mit enormer Häufigkeit vor.<br />
Bei Männern gibt es eine größere Vielfalt: Dima<br />
(einen in jeder Familie!), Kirill, Vlad, Sasha und<br />
Alexey sind die häufigsten. Das macht es wirklich<br />
schwer, sich die Namen zu merken, weil alle<br />
gleich heißen. Deswegen hat auch jeder seinen<br />
Namen, den Namen des Vaters , das „Patronym“,<br />
und den Nachnamen. Lehrer und ältere<br />
AUSLANDSJAHR<br />
Fränzi - Forum 5
AUSLANDSJAHR<br />
Fränzi - Forum 6<br />
Menschen werden mit Vornamen und Patronym<br />
angesprochen.<br />
Die Sprache<br />
Russisch ist als flektierende Sprache voller komplexer<br />
Formen. Die russische Grammatik ist<br />
unglaublich umfangreich und kann fast kaum<br />
vollständig erlernt werden, sogar Russen beherrschen<br />
sie nicht perfekt.<br />
Es gibt sechs Fälle im Russischen, wie in Griechisch<br />
und Latein. Auch das russische Alphabet<br />
ist dem Griechischen ähnlich. Ich kann jetzt<br />
schon sagen, dass ich Russisch kann. Natürlich<br />
passiert es manchmal, dass ich nicht weiß, wie<br />
man Wörter übersetzt, aber dann versuche ich<br />
meistens es durch eine Formulierung auszudrücken.<br />
Das größte Problem im Russischen hat<br />
mir eigentlich nicht die Grammatik bereitet, da<br />
ich gewohnt bin, Griechisch- und Latein-Grammatik<br />
zu lernen , sondern der riesengroße Wortschatz<br />
des Russischen. Es gibt eine Unmenge an<br />
Synonymen. Es hilft aber, dass nicht alle Wörter<br />
unseren Sprachen vollkommen fremd sind, sondern<br />
lateinische Wurzeln aufweisen.<br />
Ein anderes großes Problem stellen die Laute<br />
dar, die es weder im Deutschen noch im Italienischen<br />
gibt. Das sind z.B. die Laute, die wie<br />
eine Mischung zwischen ü und ö klingen; und<br />
bestimmte Buchstaben, die meistens am Wortende<br />
stehen und das Wort „weicher“ oder<br />
„härter“ machen. Für ein ungeschultes Ohr ist<br />
der Unterschied kaum vernehmbar, aber für die<br />
Russen macht es einen so großen Unterschied<br />
aus, dass sie manchmal das falsch betonte Wort<br />
nicht verstehen. Das bereitet mir immer noch<br />
Ein orthodoxer Priester segnet das Osterbrot.<br />
große Schwierigkeiten, auch wenn ich mittlerweile<br />
den Unterschied höre.<br />
Religion<br />
Die vorherrschende Religion in Russland ist das<br />
Russisch-orthodoxe Christentum. Viele Russen<br />
sind sehr religiös. Vielleicht hat das damit zu tun,<br />
dass in der Sowjetunion Religion verboten war<br />
und Leute heimlich ihre Religion ausübten.Es war<br />
sehr interessant, ein Jahr an Traditionen einer<br />
anderen Konfession teilzunehmen, denn obwohl<br />
wir alle der gleichen Religion angehören, unterscheidet<br />
sich die Katholische Kirche stark von<br />
der Russisch-Orthodoxen Kirche. Anstelle von<br />
Kreuzen haben die russischen Gläubigen Ikonen.<br />
Je mehr Ikonen desto besser. Auch die Kirchen<br />
sind relativ klein im Verhältnis zu den europäischen,<br />
dafür sind sie voll von Ikonen, Leuchtern<br />
und Kerzen und Gold! Alles ist goldumrahmt<br />
oder vergoldet. Wenn man in eine orthodoxe<br />
Kirche hineingeht, hat man das Gefühl, als würde<br />
man von dem ganzen Gold angenehm erdrückt<br />
werden. Bei jeder Messe kann gebeichtet<br />
werden. Dazu geht der zu Beichtende vor zum<br />
Priester und dieser legt einem ein Tuch auf den<br />
Kopf und man beichtet ihm wie bei den Katholiken.<br />
Das größte Fest des Jahres ist Ostern, wo<br />
man auch speziellen Kuchen macht und diesen<br />
segnen lässt.<br />
Das Kreuzzeichen wird gemacht, indem man<br />
Daumen, Zeige- und Mittelfinger zusammenlegt<br />
und Kopf, Brust, rechte Schulter und linke Schulter<br />
berührt.<br />
David Caesar Comploj (8. Klasse)
"Meine wichtigste Aufgabe? Zuhören."<br />
Kinder- und Jugendanwalt Simon Tschager<br />
Auf Initiative von Prof. Elfriede Eder, die am Gymnasium<br />
Wirtschafts- und Rechtskunde unterrichtet,<br />
besuchte Kinder- und Jugendanwalt Simon<br />
Tschager im vergangenen Jahr die Schüler, um<br />
ihnen von seiner Aufgabe zu berichten. Simon<br />
Tschager hat selbst das <strong>Franziskanergymnasium</strong><br />
besucht.<br />
Fränzi Forum: Worin bestehen Ihre Aufgaben als<br />
Kinder- und Jugendanwalt?<br />
S. Tschager: Ich berate Kinder und Jugendliche<br />
kostenlos in rechtlichen Fragen und vermittle bei<br />
Konflikten zwischen Eltern und Kindern oder bei<br />
Schwierigkeiten zwischen Eltern und Kindern<br />
mit der öffentlichen Verwaltung. Ich begutachte<br />
Gesetzentwürfe, Verwaltungsmaßnahmen und<br />
kann Maßnahmen im Kinder- und Jugendbereich<br />
vorschlagen. Meine wichtigste Aufgabe aber ist<br />
das Zuhören. Neben Eltern und Kindern wenden<br />
sich z.B. auch Lehrer, Vereine, Schulen, oder Kindergärten<br />
an mich; hin und wieder bekomme ich<br />
auch anonyme Hinweise. So vermittelte ich z.B.<br />
bei Mobbingfällen in Schulen. In den ersten fünf<br />
Monaten meiner Amtszeit habe ich 194 Akten<br />
angelegt.<br />
Fränzi Forum: Stoßen Sie auch auf Widerstand?<br />
S. Tschager: Es gibt einen wirklichen Ansturm<br />
von Anfragen. Durch diesen Vertrauensbeweis<br />
fühle ich mich sehr geehrt. Insgesamt wird meine<br />
Arbeit sehr gut aufgenommen. Wenn ich allerdings<br />
manchmal Erwachsenen von meiner Arbeit<br />
erzähle, finden sie sie super, wenn sie aber dann<br />
selbst von einer Beschwerde betroffen sind,<br />
sagen sie oft, es brauche mich nicht.<br />
Es macht mich sehr nachdenklich, dass die<br />
Erwachsenen oft nur die Schwächen der anderen<br />
sehen.<br />
Ich bin regelmäßig in Schulen unterwegs, damit<br />
die Jugendlichen mir zeigen, wo die Schwächen<br />
von uns Erwachsenen liegen. Ein Beispiel: Eine<br />
Behörde gibt einem Jugendlichen ein Dokument<br />
nicht. Die Mutter und der Jugendliche beschweren<br />
sich bei mir. Der zuständige Beamte meint,<br />
die Behörde habe recht und ich solle lieber dort<br />
hingehen, wo es mich wirklich braucht. Ich frage<br />
ihn nach den rechtlichen Grundlagen seines<br />
Handelns und sage ihm, dass die Mutter und der<br />
Jugendliche meiner Einschätzung nach im Recht<br />
sind. Da der Beamte nicht nachgibt, informiere<br />
ich seinen Vorgesetzten. Daraufhin erhalten<br />
Mutter und Sohn das Dokument. In den meisten<br />
Fällen wird meine Arbeit ernst genommen.<br />
Denn meine Arbeit ist vom Gesetz vorgesehen<br />
und somit auch geschützt. Bei einem klar ersichtlichen<br />
Unrecht und wenn die Behörde nichts<br />
dagegen tut, kann ich auch ungemütlich werden,<br />
aber das passiert höchstselten.<br />
Fränzi Forum: Gibt es auch Fälle, in denen Sie<br />
nicht mehr weiterhelfen können?<br />
S. Tschager: Die meisten Beschwerden sind<br />
begründet. In vielen Situationen konnte ich<br />
einen positiven Beitrag leisten. Manchmal fühle<br />
ich mich aber hilflos. Damit ich die Belastungen<br />
aushalte, habe ich mir und meiner Mitarbeiterin<br />
regelmäßige Supervisionen verordnet. Damit tue<br />
ich genau das, was ich selber den Jugendlichen<br />
und Erwachsenen auch rate: ihre Probleme auszusprechen.<br />
Wenn nämlich Jugendliche zu mir<br />
kommen mit Fragen, dann berate ich sie rechtlich<br />
und rate ihnen in bestimmten Situationen,<br />
zusätzlich bei der Beratungsstelle Young & Direct<br />
anzurufen, den Eltern rate ich, sich ans Elterntelefon<br />
zu wenden.<br />
Interview: Valentine Pichler (7. Klasse)<br />
Simon Tschager berichtete den Schülern des<br />
Gymnasiums von seiner Arbeit als Kinder- und<br />
Jugendanwalt<br />
EX-FRäNzi<br />
Fränzi - Forum 7
THAiLAND-PRoJEKT<br />
Fränzi - Forum 8<br />
Helfen über die Grenzen<br />
Acht Schüler als freiwillige Sozialhelfer in Thailand<br />
Feuchte Tropenluft schlägt uns entgegen, als wir<br />
aus dem mit Sitzbänken ausgestatteten Laderaum<br />
des Pick-Ups hüpfen. Sogleich kommen<br />
uns Joli, Eh Mwe, Pha Chay und all die anderen<br />
entgegen und grüßen uns herzlich - mit dem<br />
aufrichtigen Lächeln, das stets zu ihnen gehört.<br />
Dabei haben sie doch so viel weniger zu lachen<br />
als wir. Denn sie kommen aus Burma, einem<br />
Land mit einer Militärdiktatur, welche die eigenen<br />
Bewohner jeder Freiheit beraubt oder gar<br />
brutal verfolgt.<br />
Vom 27. Februar bis zum 13. März dieses Jahres<br />
waren wir, acht Oberschüler unserer Schule<br />
- Karoline Buratti und Lena Foradori aus<br />
der 2. Klasse Gymnasium, Matteo Carmignola,<br />
Francesco Gianola, Valentin Harich und Moritz<br />
Plattner aus der 1. Klasse Lyzeum, und Mara<br />
Mantinger und Im Yu Ri aus der 1. Klasse Lyzeum<br />
- mit Prof. Harald Niederseer und zwei Vätern<br />
als Begleitpersonen in Mae Sot, Thailand, an der<br />
Grenze zu Burma. Dort griffen wir der Hilfsorganisation<br />
Helfen Ohne Grenzen (HOG) unter<br />
die Arme, die sich um die Flüchtlinge, vor allem<br />
um die jüngeren, aus Burma kümmert. Wir halfen<br />
selbst ein wenig in den Schulen, in der Küche, in<br />
der Nähwerkstatt mit, besuchten Flüchtlingsdörfer<br />
und verbrachten viel Zeit mit den dortigen<br />
Valentin Harich aus der 1. Klasse Lyzeum hilft<br />
in der Gemeinschaftsküche mit<br />
Mitarbeitern von Helfen Ohne Grenzen, mit<br />
denen wir uns eng anfreundeten.<br />
"Vor eineinhalb Jahren hatte ich erstmals die<br />
Idee, mit einigen Schülern nach Mae Sot zu<br />
fahren. Dass dies aber bis auf winzige Pannen so<br />
gut zustande kommen würde, schon angefangen<br />
von der sofort einstimmigen Genehmigung des<br />
Schulrates, habe ich mir wirklich nicht gedacht",<br />
freut sich Prof. Niederseer, der nun das dritte<br />
Mal in Mae Sot war. Als Vorbereitung auf die<br />
Fahrt nach Thailand arbeitete Prof. Niederseer<br />
mit seinen Schülern an Plakaten und Spendensammlungen<br />
rund um Burma und Helfen Ohne<br />
Grenzen. Als er die Idee mit einer zweiwöchigen<br />
Reise mit einer kleinen Schülergruppe verkündete,<br />
meldeten sich gleich mehrere Interessierte<br />
aus der Oberschule und schrieben ihre Bewerbungen,<br />
in denen sie Gründe für ihr Interesse,<br />
persönliche Interessen und Schulnoten angaben.<br />
Daraufhin wurden acht von rund zwanzig Interessierten<br />
ausgelost.<br />
Was wir schlussendlich in Thailand taten, war<br />
kaum vorausgeplant - und trotzdem keinesfalls<br />
ordnungslos.<br />
Jeder Tag kam mir vor wie mindestens drei Tage.<br />
Am Ende des Tages fühlte ich mich unbeschreiblich<br />
erfüllt, aber niemals zu erschöpft.<br />
Morgens stand der Einkauf auf dem traditionellen<br />
Markt auf dem Programm und dann<br />
Auberginen-Schnipseln in der Gemeinschaftsküche,<br />
welche täglich 4.300 Mahlzeiten für die<br />
vielen Schulen von HOG kocht. Nachmittags<br />
besichtigten wir Flüchtlingsdörfer, die Grenze zu<br />
Burma mit der zur Zeit geschlossenen Freundschaftsbrücke<br />
zwischen Burma und Thailand und<br />
dem "Border market", besichtigten Tempel und<br />
Wasserfälle, berichteten an den Schulen von Italien<br />
und sprachen sogar mithilfe eines Dolmetschers<br />
in Radiosendungen. Abends unternahmen<br />
wir oft etwas mit den Leuten vom Helfen-Ohne-<br />
Grenzen-Büro in Mae Sot. Unsere Freundschaft<br />
zu ihnen, welche wir weiterhin noch pflegen,<br />
bringt uns nicht nur sie persönlich näher, sondern<br />
auch Mentalität und Charakter der Burmesen,<br />
Thai und Karen, der am stärksten vertretenen<br />
burmesischen Minderheit in Mae Sot.<br />
Mit Eh Mwe, 22, Karen, sprachen wir sehr oft<br />
über seine Vergangenheit, seine Wünsche, Ängste<br />
und Zukunftspläne. Er war einst sogar Soldat,<br />
doch über jenen Teil seiner Vergangenheit wollte<br />
er nicht sprechen. Heute ist er eines der fünf<br />
Hauptmitglieder von MYN (Mekong Youth Net)<br />
in Mae Sot, eine Art Jungschar, welche mit HOG
Mara Mantinger und Yu Ri Im im Flüchtlingslager von Mae Sot<br />
zusammenarbeitet und die Schüler in Händewaschen,<br />
Englisch, Computerumgang usw. ausbildet.<br />
In einem Flüchtlingsdorf lud uns eine Frau in<br />
ihre Bambushütte ein. Wir hatten noch nie so<br />
arme Leute gesehen! Das Dach über den Kopf,<br />
das Essen, die Fortbewegung - nichts ist selbstverständlich,<br />
sondern muss selbst handwerklich<br />
oder mit großer Mühe angeschafft werden. Und<br />
trotzdem kaufte diese Frau, Tin Moe, uns eine<br />
Cola, für sie ein Tagelohn, obgleich wir das nicht<br />
wollten, und schenkten uns ein paar Gläser ein.<br />
Es war eine berührende Begegnung. Tin Moe ist<br />
54. Vor mehreren Jahren ist sie mit ihrem Mann<br />
aus Thailand geflohen, um bessere Arbeit zu finden.<br />
Er arbeitet nun in Bangkok und schickt das<br />
Geld zu den Kindern in Burma. Sie hat nicht<br />
genug, um zu ihren Kindern zurückzukehren.<br />
Die Schulen, welche HOG unterstützt, sind der<br />
einzige Strahl Hoffnung für die burmesischen<br />
Flüchtlingskinder. So erhalten sie die Chance,<br />
später im Leben eine Arbeit zu finden. "Ich wünsche<br />
mir, dass meine Schüler für die Freiheit<br />
Burmas, ihrer Heimat, sind, für eine gewaltfreie<br />
Zukunft", sagt der Direktor von einer der größten<br />
HOG-Schulen, der BHSOH-School, zu uns.<br />
THAiLAND-PRoJEKT<br />
"Nur sehr wenige erhalten eine Chance, an eine<br />
Uni zu kommen. Einer meiner hervorragenden<br />
Schüler der letzten Jahre hat es nicht geschafft<br />
und arbeitet nun als Kellner", erzählt ein Oberschullehrer<br />
für Englisch aus Amerika. Die Lerninhalte<br />
der Oberschulen sind ungefähr dieselben,<br />
wie ich im Mathe- und Naturkundeunterricht<br />
feststellte. Auch die Fächer decken sich ungefähr<br />
mit unserem System.<br />
In den zwei Wochen konnten wir natürlich keine<br />
effektive Hilfe leisten, sondern eher nur hineinschnuppern.<br />
Unsere Hauptaufgabe bestand darin,<br />
das Erlebte und Gelernte über die Medien und<br />
unser Umfeld weiterzugeben und die Leute<br />
daran teilhaben zu lassen, zum Hinschauen und<br />
Helfen aufzurufen und teils selbst noch aktiv<br />
mitzuarbeiten. Manche von uns planen sogar<br />
ein Gap Year in Mae Sot, das heißt, ein Jahr zwischen<br />
Schule und Universität, in dem wir dort<br />
persönlich mithelfen, erziehen, unterrichten und<br />
laufende Projekte unterstützen. Bereits während<br />
unseres Aufenthaltes in Thailand haben wir täglich<br />
Beiträge und Photos auf Facebook veröffentlicht<br />
und nach unserer Heimkehr in Radio und<br />
Fernsehen über unser Projekt berichtet.<br />
Was uns auf jeden Fall bleibt, ist der Dank und<br />
all das, was wir von dort mitbekommen haben.<br />
Was wir bekommen haben, ist weitaus größer<br />
als das, was wir mit unserer Kraft und unserem<br />
Beitrag selbst geleistet haben. Es ist das strahlende,<br />
ehrliche Lächeln der Leute, das sie sogar<br />
Unbekannten auf der Straße schenken. Es ist das<br />
Lächeln der Dankbarkeit und Hoffnung.<br />
Yu Ri Im (8. Klasse)<br />
Fränzi - Forum 9
Max Valier wurde am<br />
9. Februar 1895 in<br />
<strong>Bozen</strong> geboren. Sein<br />
Vater Edmund Valier<br />
war „Konditor“ seine<br />
Mutter Johanna Wachtler<br />
war „Grundbesitzerin“.<br />
Die Familie<br />
war „katholisch und<br />
deutsch“. Er starb am<br />
17. Mai 1930 bei einem<br />
Versuch mit flüssigem<br />
Treibstoff. In Südtirol<br />
erinnern heute die<br />
Gewerbeoberschule<br />
in <strong>Bozen</strong> und die<br />
Sternwarte, die seinen<br />
Namen tragen, an ihn.<br />
Fränzi - Forum 10<br />
Genie oder Durchschnittsschüler?<br />
Aus dem Zeugnis des Franziskaner-Schülers Max Valier<br />
Die Anfänge<br />
Max Valier war Raketenpionier, Schriftsteller,<br />
Astronom <strong>–</strong> kurz gesagt ein Multitalent und genialer<br />
Denker. Aber war er auch ein guter Schüler?<br />
Für das Fränziforum habe ich in den Schulakten<br />
gestöbert und einige interessante Fakten über<br />
Max Valier herausgefunden.<br />
Ab 1905 besuchte Max Valier das <strong>Franziskanergymnasium</strong>.<br />
Er musste eine Aufnahmeprüfung<br />
ablegen. Im ersten Semester kam er in die Vorzugsklasse.<br />
Doch Fleiß und Betragen ließen zu<br />
wünschen übrig. Im am 3. Jänner 1906 ausgehändigten<br />
Zeugnis kann man erkennen, dass er auch<br />
in den Fächern Mathematik („befriedigend“)<br />
und Kalligraphie („genügend“) nicht überzeugen<br />
konnte. Seine Stärken zeigte er in den Fächern<br />
Religion („vorzüglich“), Deutsch („lobenswert“)<br />
und Naturgeschichte („lobenswert“). Auch<br />
im Wahlfach Freihandzeichnen schnitt er mit<br />
„lobenswert“ ab. Eine interessante Entwicklung<br />
Impressum: Fränzi - Forum<br />
Eigentümer und Herausgeber: Wolfgang Malsiner,<br />
<strong>Franziskanergymnasium</strong> <strong>Bozen</strong><br />
Eintragung beim Landesgericht <strong>Bozen</strong>: Nr. 2/2003<br />
R.ST. am 20/3/2003<br />
lässt sich im Fach Latein verfolgen. Zeigte er im<br />
ersten Semester noch einige Schwächen (befriedigend),<br />
so steigerte er sich im zweiten Semester<br />
deutlich (lobenswert). Die äußere Form der<br />
schriftlichen Arbeiten war weniger gefällig. Auch<br />
aus der Fleiß- und der Betragensnote, lässt sich<br />
schließen, dass Max Valier ein eher unordentlicher<br />
Schüler war. Aber er war ein regelmäßiger<br />
Schulbesucher. Im Schuljahr 1905/1906 war er<br />
keine einzige Stunde abwesend. Auch zahlte er<br />
das volle Schulgeld von 10 Kronen.<br />
Die Matura<br />
Nach acht Schuljahren <strong>–</strong> er wurde immer versetzt<br />
<strong>–</strong> absolvierte er schließlich im Juli 1913<br />
die Reifeprüfung. Bereits jetzt deuteten seine<br />
Noten auf seine zukünftige Karriere hin. Sein<br />
Paradefach: Physik. Dort schloss er das zweite<br />
Semester mit „sehr gut“ ab. Auch in der Philosophischen<br />
Propädeutik (Einführung in die Philosophie)<br />
konnte er sich beweisen. Er wurde mit sehr<br />
gut bewertet. „Nur“ gut war er in den anderen<br />
Fächern; darunter Deutsch, Italienisch, Griechisch<br />
und Mathematik. Zur Beruhigung aller<br />
Fränzi-Schüler: Auch ein Max Valier erreichte in<br />
Latein nur ein genügend.<br />
Die schriftlichen Arbeiten der Reifeprüfung<br />
bestanden aus den Fächern Deutsch, Latein und<br />
Griechisch. In allen dreien wurde er mit genügend<br />
bewertet. Die folgende mündliche Prüfung<br />
legte er am Nachmittag des 3. Juli 1913 ab.<br />
Inhalt der Deutschprüfung war Schiller. In Latein<br />
wurde nach Tacitus gefragt. Für heutige Verhältnisse<br />
leicht war die Mathematikprüfung. Gefragt<br />
wurde das Aufstellen einer Gleichung und die<br />
Zinsrechnung. Außerdem musste er eine Prüfung<br />
in Vaterlandskunde ablegen. Max Valier bestand<br />
seine Reifeprüfung. Obwohl er sie nur mit Stimmenmehrheit<br />
erlangte, war es der Beginn einer<br />
Karriere als Raumfahrtpionier.<br />
Am Beispiel Max Valier kann man erkennen, dass<br />
eine gute Schulbildung zwar sehr vorteilhaft und<br />
nützlich ist, aber auch aus dem kleinsten Samen<br />
ein großer Baum wachsen kann.<br />
Fabian Rauch (6. Klasse)<br />
Verantwortlicher Schriftleiter: Dr. Walther Werth<br />
Redaktion: Paul Bertagnolli, Susanne Atzwanger,<br />
Florian Felder, Hannah Lezuo, Valentine Pichler, Fabian<br />
Rauch - Gestaltung: Thomas Tschager<br />
Druck: Ferrari Auer <strong>Bozen</strong>
Sprachliche Vielfalt<br />
Erfahrungen einiger Schüler<br />
Wie in vielen Schulen des Landes gehören auch<br />
am <strong>Franziskanergymnasium</strong> die Schüler verschiedenen<br />
Sprachgruppen an. So sind in der 2. Klasse<br />
Gymnasium neben der deutschen die italienische<br />
und die ladinische Sprachgruppe vertreten, eine<br />
Schülerin ist Pakistanerin. Für die meisten Schüler,<br />
die nicht Deutsch als Muttersprache haben,<br />
ist der Unterricht eine große Herausforderung.<br />
Drei konkrete Beispiele.<br />
Domenico Tomaselli aus Trient hat die Grund- und<br />
Mittelschule in Trient besucht. „Mein Entscheidung<br />
das <strong>Franziskanergymnasium</strong> zu besuchen,<br />
war sehr spontan. Ich hatte bis zum letzten<br />
Moment gezweifelt, aber schließlich habe ich diesen<br />
Schritt gewagt. Ich wollte endlich Deutsch<br />
lernen, was in Trient zu meiner Enttäuschung nur<br />
bedingt möglich war. Ich hatte zwar Deutschunterricht,<br />
aber das was ich heute kann, verdanke<br />
ich großteils meiner Schwester, die auch<br />
das <strong>Franziskanergymnasium</strong> besucht hat. Ich<br />
habe noch vieles zu lernen, aber ich liebe den<br />
Stress und bin dankbar, nach <strong>Bozen</strong> gekommen<br />
zu sein.“ Heute hat sich Domenico in der Klassengemeinschaft<br />
sehr gut eingelebt und obwohl<br />
manche mit ihm Italienisch sprechen, antwortet<br />
er auf Deutsch, so gut er es kann: „Die einzige<br />
Möglichkeit, um die Sprache zu lernen“, wie er<br />
sagt.<br />
Amen Naeem spricht Urdu, weil ihre Eltern beide<br />
aus Pakistan kommen. Sie selbst ist aber in <strong>Bozen</strong><br />
geboren, wo sie die Grund<strong>–</strong> und Mittelschule<br />
besucht hat. Als Kleinkind haben ihre Eltern mit<br />
ihr meistens Urdu gesprochen, weil auch sie die<br />
deutsche und italienische Sprache noch lernen<br />
mussten. „Zuerst war ich im italienischen Kindergarten,<br />
später bin ich in den Kofler-Kindergarten<br />
gegangen. Mit meinem Vater lernte ich<br />
Italienisch, Deutsch sprach ich nur im Kinder-<br />
Amen, Domenico und Martha.<br />
garten. Mit meiner Mutter spreche ich nur Urdu<br />
und das will ich weiterhin tun, weil ich mich mit<br />
dieser Sprache am besten identifizieren kann.<br />
Es war nicht leicht für mich zu sehen, dass ich<br />
etwas nicht konnte, was für alle anderen selbstverständlich<br />
war. In der Grundschule hatte ich<br />
während den Religionsstunden Nachhilfeunterricht<br />
in Deutsch, dabei habe ich sehr viel gelernt.<br />
Mit Sicherheit bereitet mir Deutsch die meisten<br />
Schwierigkeiten. In den letzten Jahren hat es<br />
sich in meiner Familie so eingebürgert, dass ich<br />
mit meinen Geschwistern Deutsch spreche. Im<br />
Laufe der Mittelschule ist mein Deutsch immer<br />
besser geworden. Die Mitschüler sind mir hier<br />
eine große Hilfe. Wenn ich sehe, mit welcher<br />
Leichtigkeit einige kommunizieren, ist dies für<br />
mich immer wieder ein Ansporn weiterzumachen,<br />
auch wenn es nicht immer einfach ist.“<br />
Martha C. Hennig aus Kurtatsch hat in ihrem<br />
Heimatdorf die Grundschule besucht und ist in<br />
Tramin zur Mittelschule gegangen. Ihr Vater, ein<br />
Arzt aus Gelsenkirchen, und ihre Mutter, Ärztin<br />
aus dem Trentino, haben mit ihr schon als Kind<br />
mehrere Sprachen gesprochen. Auf die Frage,<br />
wie es für sie war und immer noch ist, mit zwei<br />
Sprachen aufzuwachsen, meint sie: „Ich war zwei<br />
Jahre alt, als der Vater mit mir Deutsch und die<br />
Mutter mit mir Italienisch gesprochen haben. Ich<br />
habe es spielend erlernt und als ich es einigermaßen<br />
beherrschte, habe ich bei Familienfesten<br />
und anderen Anlässen für meine Großmütter aus<br />
dem Trentino bzw. aus Deutschland übersetzt<br />
und so meine Kenntnisse verbessert. Es ist ein<br />
großer Vorteil, mit zwei Sprachen aufzuwachsen,<br />
denn es ist als Kleinkind und im Alltag um<br />
einiges leichter, eine Sprache zu lernen als es in<br />
der Schule ist.<br />
Florian Felder (5. Klasse)<br />
ScHüLER<br />
Fränzi - Forum 11
LEHRFAHRT<br />
Fränzi - Forum 12<br />
Natur und Kultur<br />
Klassenfahrt einmal anders<br />
25. April. Die Aufregung steigt. „Lehrfahrt der 2.<br />
Gymnasium nach Umbrien“ steht im Kalender.<br />
In die Koffer packen wir neben der Zahnbürste<br />
auch den Vortrag, den wir zu ausgewählten<br />
Sehenswürdigkeiten halten müssen.<br />
Statt Rom oder Neapel steht auf dem Navi des<br />
Busfahrers „Lago Trasimeno“. Die Reise in die<br />
Geschichte fordert gleich unsere Vorstellungskraft:<br />
An das Schlachtfeld bei Tuoro, auf dem<br />
Hannibal vor 2000 Jahren gekämpft haben soll,<br />
erinnert nur eine kleine Tafel auf einer Wiese.<br />
Am leuchtenden See entlang fahren wir in der<br />
Abenddämmerung zum Hotel, das zu unserer<br />
Freude direkt am See liegt. Die „ganz harten<br />
Jungs“ springen in den erfrischend kühlen See.<br />
Der zweite Tag gehörte Pater Roland. In Assisi<br />
steigt der Puls bei allen Schülern. Auch wenn die<br />
Franziskanerkirche in <strong>Bozen</strong> schon recht groß<br />
ist, ist sie gegen die imposant auf einem Hügel<br />
gelegene Basilica San Francesco nur ein kleines<br />
Modell. Im Inneren sind die Wände mit unzähligen<br />
Fresken ausgeschmückt. Im unteren Stock<br />
befindet sich das Grab des Heiligen Franziskus.<br />
Beeindruckend fand ich auch das Kirchlein von<br />
San Damiano. Man erreicht es über einen von<br />
Olivenbäumen gesäumten Weg. An diesem idyllischen<br />
Ort spürte ich nur mehr das Positive<br />
in der Welt. Nach einem Besuch in Perugia -<br />
bekannt für seine historischen Mauern, seine<br />
Pralinen und die Mini-Metró - wurde der Tag<br />
mit Champions League und Spaziergängen rund<br />
um den See abgerundet. Am Donnerstagmorgen<br />
starteten einige frühmuntere Schüler zur Morgenmesse<br />
mit Pater Roland. Mit dem Bus fuhren<br />
wir unter einer dichten Wolkendecke die alten<br />
Landstraßen entlang, bis wir endlich die antiken<br />
Mauern des etruskischen Städtchens Gubbio<br />
erblickten. Hier gab es eine szenische Darbietung<br />
des „Miles Gloriosus“ durch einige unserer<br />
Mitschüler im römischen Theater am Stadtrand.<br />
Im Museo Communale besichtigten wir die<br />
etruskischen Tabulae inguvinae und genossen<br />
nach gefühlten tausend Stufen die wunderbare<br />
Aussicht.<br />
In Cittá di Castello besichtigten wir die großen,<br />
abstrakten Gemälde von Alberto Burri und<br />
konnten uns nicht einigen, ob sie uns gefielen.<br />
Wir spazierten durch die schmalen, eleganten<br />
Gassen über den Kirchplatz, auf dem die letzten<br />
Sonnenstrahlen durch die Häuserreihen schienen.<br />
Mit Tivoli, der Villa Adriana und Ostia Antica<br />
schlossen wir unsere Besichtigungen ab. Am letzten<br />
Tag badeten wir in den warmen vulkanischen<br />
Quellen der Bagni di San Filippo. Die natürliche<br />
Wärme des Wassers und der leicht schwefelige<br />
Geruch verbreiteten ein Gefühl des Wohlbefindens<br />
und der inneren Ruhe. Während der Heimfahrt<br />
spürte man, wie müde wir waren. Die<br />
Abweichung von der üblichen Lehrfahrt hatte<br />
sich ausgezahlt. Wir haben viel mitgenommen:<br />
Kultur und Natur zugleich.<br />
Fabian Rauch (6. Klasse)