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Technische Fachhochschule Berlin Fachbereich VI (Informatik und ...

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<strong>Technische</strong> <strong>Fachhochschule</strong> <strong>Berlin</strong><br />

<strong>Fachbereich</strong> <strong>VI</strong> (<strong>Informatik</strong> <strong>und</strong> Medien)<br />

Manfred Ottens<br />

E I N F Ü H R U N G I N D I E R E G E L U N G S T E C H N I K<br />

Skript zur Vorlesung<br />

<strong>Berlin</strong>, Sommersemester 2008


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Aufbau <strong>und</strong> prinzipielle Wirkungsweise von Regelkreisen<br />

1.1 Steuerung <strong>und</strong> Regelung<br />

1.2 Die Gr<strong>und</strong>struktur <strong>und</strong> prinzipielle Wirkungsweise von Regelkreisen<br />

1.3 Praktische Beispiele von Regelkreisen<br />

2. Kontinuierliche Regelkreise<br />

2.1 Bauglieder des Regelkreises<br />

2.1.1 Die Regelstrecke<br />

2.1.2 Die Stelleinrichtung<br />

2.1.3 Die Meßeinrichtung<br />

2.1.4 Der Regler mit Vergleichseinrichtung<br />

2.2 Struktureigenschaften von Regelkreisen<br />

2.2.1 Die Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises<br />

2.2.2 Das Führungsverhalten eines Regelkreises<br />

2.2.3 Das Störverhalten eines Regelkreises<br />

2.2.4 Das Stellverhalten eines Regelkreises<br />

2.2.5 Das statische Verhalten eines Regelkreises<br />

2.2.6 Stabilität von Regelkreisen<br />

2.3 Optimierung von Regelkreisen<br />

2.3.1 Das Entwurfsprinzip des dominierenden Polpaares<br />

2.3.2 Reglerentwurf im Bodediagramm des offenen Regelkreises<br />

2.3.2.1 Entwurfsrichtlinien für P-, PI-, PD- <strong>und</strong> PID-Regler<br />

2.3.2.2 Das Verfahren der Polkompensation<br />

2.3.2.3 Eine Regleroptimierungsstrategie<br />

2.3.3 Reglerentwurf mit der Wurzelortskurve<br />

2.3.4 Ein Ausblick auf andere Regler-Entwurfsmethoden<br />

3 Zeitdiskrete Regelkreise<br />

3.1 Der Aufbau eines zeitdiskreten Regelkreises<br />

3.2 Struktureigenschaften zeitdiskreter Regelkreise<br />

3.3 Optimierung zeitdiskreter Regelkreise<br />

3.3.1 Der quasikontinuierliche Reglerentwurf<br />

3.3.2 Spezielle zeitdiskrete Entwurfsverfahren<br />

3.3.2.1 Parameteroptimierung: Das Verfahren der<br />

transformierten Frequenzkennlinien<br />

3.3.2.2 Strukturoptimierung: Das Polvorgabe-Verfahren<br />

3.3.2.3 Das "Dead Beat"-Verfahren


4 Regelgüteverbesserung durch Erweiterung der Standard-Regelkreis-Struktur<br />

Literatur<br />

Anhang<br />

4.1 Sörgrößen-Aufschaltung<br />

4.1.1 Störgrößenaufschaltung bei nicht meßbarer Störgröße <strong>und</strong><br />

4.2 Vorsteuerung<br />

unbekanntem Störort<br />

4.3 Regelkreise mit Hilfsregelgröße<br />

4.4 Kaskadenregelungen<br />

4.5 Totzeitkompensation<br />

4.6 Anti-Reset-Windup<br />

4.7 Andere Verfahren<br />

A Regelungstechnik-spezifische Matlab-Programme <strong>und</strong> Simulink-Simulations-<br />

strukturen.


Vorwort<br />

Die Regelungstechnik ist ein Untergebiet der Systemtheorie <strong>und</strong> bildet neben der<br />

Steuerungstechnik eine wesentliche Gr<strong>und</strong>lage zur Automatisierung technischer<br />

Prozesse. Die Regelungstechnik hilft auch im nicht technischen Bereich, z.B. in der<br />

Physiologie <strong>und</strong> in der Wirtschaftswissenschaft, Regulationsvorgänge <strong>und</strong> Systeminteraktionen<br />

zu begreifen <strong>und</strong> gegebenenfalls auch zu beeinflussen.<br />

Obwohl die Regelungstechnik in diesem Sinne eine eigenständige Wissenschaft ist,<br />

soll sie in diesem Skript -etwas eingeengt- nur auf technische Problemstellungen<br />

angewendet werden. Um dies dennoch einheitlich <strong>und</strong> überschaubar machen zu<br />

können, wird einerseits auf abstrakte Beschreibungsformen, wie sie in /1/ eingeführt<br />

<strong>und</strong> erläutert wurden, zurückgegriffen. Andererseits wird durch viele Beispiele auch<br />

intensiv ein Bezug zu praktischen Anwendungen hergestellt.<br />

Nach dem Motto, daß "weniger mehr sein kann", wird sich auf die Analyse <strong>und</strong><br />

Synthese linearer, zeitinvarianter, kontinuierlicher <strong>und</strong> zeitdiskreter Regelkreise<br />

beschränkt. Dabei werden nur wenige gr<strong>und</strong>legende Verfahren, z.B. zum<br />

Reglerentwurf, beschrieben. Andere Verfahren werden erwähnt, zur Vertiefung wird<br />

auf die entsprechende Literatur verwiesen.<br />

Um den besprochenen Stoff ingenieurmäßig, d.h. mit angemessenem Aufwand auch<br />

praktisch nutzen zu können, wird konsequent auf das Programmsystem MATLAB,<br />

/13/ zurückgegriffen.<br />

Obwohl es Matalb erlaubt, Untersuchungen an Systemen im Zeitbereich<br />

vorzunehmen, die durch ihre Übertragungsfunktion beschrieben sind <strong>und</strong> umgekehrt<br />

an Systemen, die durch ihr Zustandsmodell darstellt sind, Frequenzganguntersuchungen<br />

durchzuführen, wird aus didaktischen Gründen auf die Benutzung<br />

solcher Befehle weitgehend verzichtet. Alle notwendigen Transformationen, die<br />

durch diese Befehle verdeckt würden, werden explizit durch Handrechnung oder<br />

entsprechende Matlab-Befehle vorgenommen.<br />

Dieses Skript setzt die Beherrschung systemtheoretischer Gr<strong>und</strong>kenntnisse, wie sie<br />

in /1/ vermittelt werden, voraus. Mit dem vorliegenden Skript <strong>und</strong> den in /2/<br />

vorgestellten Methoden zur praktischen Systemidentifikation soll der Leser in die<br />

Lage versetzt werden, ohne Hinzuziehung weiterer Literatur, gr<strong>und</strong>legende<br />

regelungstechnische Problemstellungen in der Elektrotechnik, im Maschinenbau <strong>und</strong><br />

in der Verfahrenstechnik selbständig lösen zu können.<br />

<strong>Berlin</strong>, Sommersemester 2004 M. Ottens


1 Aufbau <strong>und</strong> prinzipielle Wirkungsweise von Regelkreisen<br />

In diesem Kapitel sollen mit anschaulichen Beispielen die Gr<strong>und</strong>lagen zum Verständnis<br />

von regelungstechnischen Problemen gelegt werden. Dazu wird zunächst der wesentliche<br />

Unterschied zwischen einer Steuerung <strong>und</strong> einer Regelung beschrieben. Anschließend<br />

wird gezeigt, daß sich alle Regelungen auf eine gr<strong>und</strong>legende Kreis-Struktur zurückführen<br />

lassen. An Hand einiger Beispiele praktisch realisierter Regelkreise wird diese Erkenntnis<br />

unterstützt.<br />

1.1 Steuerung <strong>und</strong> Regelung<br />

Um die Raumtemperatur ϑ(t) eines Hauses trotzt schwankender Außentemperatur ϑZ1 (t)<br />

konstant auf einem Wert zu halten, benutzt man häufig eine außentemperaturgesteuerte<br />

Heizung, wie sie in Bild 1.1.1 dargestellt ist.<br />

Bild 1.1.1: Außentemperaturgesteuerte Raumheizung<br />

Bei einer solchen Anlage wird die Außentemperatur ϑZ1 (t) mittels eines Temperaturfühlers<br />

gemessen <strong>und</strong> einem Steuergerät zugeführt, das über eine Motor−/Ventil−Kombination<br />

den Fluß q(t) aufgeheizten Wassers durch den Heizkörper steuert. Das Steuergerät besitzt<br />

1.1


eine Steuerkennlinie, die den Fluß q(t) erhöht, wenn die Außentemperatur ϑZ1 sinkt. Um<br />

die Raumtemperatur ϑ(t) dem individuellen Wärmeempfinden anpassen zu können, kann<br />

eine Heizkennlinie aus einer vorwählbaren Kennlinienschar, wie sie in Bild 1.1.2 dargestellt<br />

ist, ausgewählt werden.<br />

q(t)<br />

0<br />

20°C<br />

0°C<br />

Bild 1.1.2 : Steuerkennlinienschar einer außentemperaturgeführten Heizung<br />

Diese Heizungssteuerung besitzt jedoch einen gravierenden Nachteil: eine durch das<br />

Öffnen eines Fensters hervorgerufene Änderung der Raumtemperatur wird vom Außenfühler<br />

nicht bemerkt <strong>und</strong> somit nicht über die Steuereinrichtung korrigiert. Steuereinrichtungen<br />

können i.a. nur Störgrößen entgegenwirken, auf die sie ausgelegt sind, andere<br />

Störeinflüsse können sie nicht beseitigen. Systemtheoretisch besteht eine Steuerung aus<br />

einer Reihenschaltung der beteiligten Wirkungselemente ("Steuerkette")<br />

Ganz anders dagegen wirkt eine Regelung, bei der die konstant zu haltende<br />

Raumtemperatur ϑ(t) mit einem Temperaturfühler gemessen <strong>und</strong> mit einem vorgebbaren<br />

Temperatursollwert ϑw(t) (z.B. 22°C) verglichen wird.<br />

Bei einem solchen Vergleich werden selbstverständlich keine Temperaturen miteinander<br />

verglichen, sondern Abbildungsgrößen der Temperatur, die technisch gut miteinander<br />

vergleichbar sind. Schaltet man z.B. als Sensor einen temperaturabhängigen Widerstand<br />

mit einem ohmschen Widerstand als Spannungsteiler zusammen, kann man über einem<br />

der Widerstände eine der Temperatur proportionale Spannung uϑ (t) messen (vergleiche<br />

Bild 1.1.3).<br />

Der Temperatursollwert uϑw (t) kann leicht mit einem an Spannung liegenden<br />

Potentiometer erzeugt werden. Der Vergleich beider Signale erfolgt i.a. durch eine<br />

Differenzbildung zwischen dem Sollwert uϑw (t) <strong>und</strong> dem Temperaturistwert uϑ (t), z.B.<br />

durch eine elektronische Subtrahierschaltung (vergleiche Bild 1.1.3).<br />

Abhängig vom Ergebnis dieses Vergleiches e(t)=uϑw (t)−uϑ (t) wird über eine nachfolgende<br />

sog. Regeleinrichtung, die im einfachsten Fall ein elektrischer Verstärker sein kann, der<br />

Wärmezufluß q(t) mit Hilfe einer Motor−/Ventilkombination in dem Sinne verändert, daß<br />

1.2<br />

ϑWasser<br />

steigt<br />

−20°C ϑ Z1


Bild 1.1.3 : Eine elektronische Temperatur-Vergleichseinrichtung<br />

sich die Raumtemperatur ϑ(t) dem eingestellten Sollwert ϑw (t) nähert <strong>und</strong> letztlich gleich<br />

wird. Da die zu regelnde Raumtemperatur gemessen wird, werden sowohl Störungen<br />

durch eine sich ändernde Außentemperatur (die durch die Hauswände die<br />

Raumtemperatur beeinflußt), als auch Temperaturänderungen durch das geöffnete<br />

Fenster ausgeglichen. Regelungen bestehen systemtheoretisch aus einer Kreisstruktur,<br />

dem "Regelkreis". Sogar ein sich ändernder Heizwert des Heizmittels im<br />

Warmwasserbereiter würde von dieser Kreisstruktur dahingehend ausgeregelt, daß ϑ(t)=ϑ<br />

w (t) wieder erreicht wird.<br />

ϑ Z t<br />

1 ()<br />

Z Sollwert −<br />

einsteller<br />

Heizkörper<br />

t<br />

fühler<br />

ϑ ∗ () 1<br />

ϑZ2( t)<br />

Regel −<br />

einrichtung<br />

et ()<br />

ϑw () t<br />

ϑ(t)<br />

qt ()<br />

M<br />

Raumtemperatur -<br />

1.3<br />

ϑ Wasser<br />

Warmwasserbereiter<br />

Bild 1.1.4 : Geregelte Raumtemperaturheizung


Anschaulich liegt das "Geheimnis" dieser sehr umfassenden Störungsausregelung zu<br />

einem in der Tatsache, daß die zu regelnde Größe, die Raumtemperatur ϑ(t), direkt<br />

fortlaufend gemessen <strong>und</strong> mit dem gewünschten Sollwert ϑw (t) verglichen wird. Zum<br />

anderen ruft die Vergleichseinrichtung in Form der Summationsstelle<br />

e(t) = u ϑw (t) − u ϑ (t),<br />

eine zum Funktionieren des Regelkreises notwendige Wirkungsumkehr hervor: Ist die<br />

Raumtemperatur ϑ(t) geringer als der Sollwert ϑw (t), ergibt sich als Vergleichsdifferenz<br />

e(t) = uϑw (t) − uϑ (t) > 0, durch die über den Regler <strong>und</strong> die Motor−/Ventilkombination<br />

mittels Erhöhung von q(t) die Raumtemperatur erhöht wird. Ist ϑ(t) größer als ϑw (t) wird<br />

e(t) 0, die q(t)<br />

erhöht <strong>und</strong> somit die Raumtemperatur erhöht, bis uϑw (t) = uϑ (t) wird. Entsprechendes gilt<br />

für eine Verringerung von uϑw (t).<br />

Im systemtheoretischen Sinne ist die beschriebene Regelungsstruktur eine Kreis-<br />

Anordnung miteinander gekoppelter Übertragungssysteme.<br />

In der sog. Regelstrecke tritt die zu regelnde Größe auf (in unserem Falle die<br />

Raumtemperatur ϑ(t)), die wir zukünftig als Regelgröße bezeichnen wollen. Die<br />

Regelstrecke wird immer so mathematisch modelliert, daß die Regelgröße ihre Ausgangsgröße<br />

ist. Als physikalische Regelstrecke kann in unserem Beispiel der beheizte Raum<br />

aufgefaßt werden. Wichtiger jedoch ist die Eingangsgröße in die Strecke, die sog.<br />

Stellgröße. Sie muß die Regelgröße stellend beeinflussen (erhöhen, verringern) können.<br />

Wir wollen den Warmwasserstrom q(t) als Stellgröße auffassen. Damit bekommt unser<br />

Übertragungssystem Regelstrecke folgendes Aussehen:<br />

q(t) Regelstrecke<br />

ϑ (t)<br />

Mit Hilfe der sogenannten Meßeinrichtung, die nach Bild 1.1.3 die Raumtemperatur ϑ(t)<br />

auf eine Spannung u ϑ (t) abbildet<br />

ϑ (t) Meßeinrichtung<br />

u ϑ(t)<br />

1.4<br />

.<br />

,


wird eine der Raumtemperatur proportionale Spannung u ϑ (t) der Vergleichseinrichtung<br />

zugeführt. Diese stellt, wie schon erwähnt, im systemtheoretischen Sinne eine<br />

Summationsstelle folgender Form dar<br />

u (t)<br />

u (t)<br />

ϑ<br />

1.5<br />

e(t) = u (t) - u (t)<br />

ϑw ϑ w ϑ<br />

die die Differenz e(t) zwischen dem Istwert der Regelgröße uϑ (t) <strong>und</strong> ihrem Sollwert<br />

uϑw (t) bildet. Den Sollwert der Regelgröße werden wir zukünftig Führungsgröße nennen,<br />

weil mit ihr die Regelgröße auf unterschiedliche Werte geführt werden kann.<br />

Die aus der Vergleichseinrichtung austretende Differenz zwischen Führungs− <strong>und</strong> Regelgröße<br />

wird als Regelabweichung, Regelfehler oder Regeldifferenz bezeichnet.<br />

Dies ist sinnvoll, da der Wert dieser Größe immer angibt, wie weit <strong>und</strong> in welche Richtung<br />

die Regelgröße von der Führungsgröße entfernt ist. Sind Regelgröße <strong>und</strong> Führungsgröße<br />

gleich −was der Zweck der Regelung ist− ist die Regelabweichung sinnvollerweise gleich<br />

Null.<br />

Mit der Regelabweichung e(t) wird die Regeleinrichtung angesteuert. Obwohl sie im<br />

Regelkreis eine herausragende Bedeutung hat, können wir ihr an dieser Stelle noch keine<br />

anschauliche funktionelle Bedeutung zuordnen. Wie wir später bei den theoretischen<br />

Untersuchungen sehen werden, stellt die Regeleinrichtung ein Rechengerät dar, das die<br />

Regelabweichung verstärkt, abschwächt, ggf. aufintegriert oder sogar differenziert <strong>und</strong> als<br />

Ausgangsgröße u(t) ausgibt.<br />

e(t)<br />

Regeleinrichtung u(t)<br />

Mit der richtigen Auswahl der notwendigen Rechenoperationen, was wir später<br />

Regleroptimierung nennen werden, wird es uns gelingen eine geforderte Regelgüte zu<br />

erreichen. Diese Begriffsbildungen werden im Folgenden noch ausführlich besprochen.<br />

Das Ausgangssignal u(t) der Regeleinrichtung steuert die sog. Stelleinrichtung an, deren<br />

Ausgangsgröße, die Stellgröße, wiederum die Regelstrecke ansteuert. Die Stelleinrichtung<br />

ist bei den meisten Regelkreisen im weitesten Sinne ein Leistungsverstärker in<br />

verschiedensten Ausführungsformen. Auch in unserem Beispiel werden mit der<br />

Motor−/Ventilkombination mittels niederenergetischer elektrischer Steuersignale u(t) Heizenergieströme<br />

q(t) in die Regelstrecke geleitet<br />

u(t) Stelleinrichtung q(t)<br />

.<br />

,


Wenn wir diese Teilübertragungssysteme der Regelkreisstruktur im Sinne ihres<br />

funktionellen Zusammenspiels miteinander verknüpfen, erkennen wir deutlich die Kreisstruktur<br />

unseres Raumheizungsregelkreises:<br />

Bild 1.1.5 : Struktur eines Raumheizungsregelkreises<br />

In Bild 1.1.5 sind neben den vorangehend beschriebenen Signalen <strong>und</strong> Übertragungssystemen<br />

noch die beiden Störgrößen ϑ∗ Z1 (t) <strong>und</strong> ϑZ2 (t) eingezeichnet. Da sie direkt die<br />

Regelgröße ϑ(t) beeinflussen, können sie als additiv auf die Regelgröße einwirkend<br />

aufgefaßt werden.<br />

1.2 Die Gr<strong>und</strong>struktur <strong>und</strong> prinzipielle Wirkungsweise eines Regelkreises<br />

Obwohl die Regelkreisstruktur nach Bild 1.1.5 aus einem spezifischen Regelkreis, nämlich<br />

aus einem Raumheizungsregelkreis abgeleitet wurde, hat sie weitgehend eine Struktur,<br />

die allen Regelkreisen gemeinsam ist. Jeder Regelkreis, egal ob er aus elektrischen,<br />

elektronischen, mechanischen, pneumatischen, hydraulischen oder sogar biologischen<br />

Übertragungssystemen zusammengesetzt ist, besteht aus<br />

• einer Regelstrecke (Strecke),<br />

• einer Meßeinrichtung (Meßglied),<br />

• einer Vergleichseinrichtung (Vergleicher),<br />

• einer Regeleinrichtung (Regler),<br />

• einer Stelleinrichtung (Stellglied).<br />

Diese Tatsache erlaubt es, tiefergehende Betrachtungen an Regelkreisen losgelöst von<br />

einem praktischen Beispiel durchführen zu können. Das Bild 1.1.6 zeigt die in diesem<br />

Zusammenhang allgemein gebräuchlichen Signalnamen <strong>und</strong> Signalkurzbezeichnungen.<br />

1.6


Regelabweichung Stellgröße<br />

Störgröße<br />

z(t)<br />

e(t) u(t)<br />

w(t)<br />

Regler Stellglied Strecke<br />

y(t)<br />

-<br />

Führungsgröße<br />

y (t)<br />

Meßgröße M<br />

1.7<br />

Meßeinrichtung<br />

Regelgröße<br />

Bild 1.1.6 : Struktur eines einschleifigen Regelkreises mit allgemeinen Signalbezeichnungen<br />

Wie man erkennt, gibt es keinen geprägten allgemeinen Namen für das Signal zwischen<br />

Stellglied <strong>und</strong> Strecke. Dies liegt daran, daß es in den meisten praktischen Fällen nicht<br />

möglich ist, eine eindeutige Trennung zwischen Stellglied <strong>und</strong> Strecke vorzunehmen. In<br />

unserem Beispiel "Raumheizungsregelkreis" hatten wir als Stellgröße den Heizmittelfluß<br />

q(t) gewählt, genau so gut hätten wir auch den Ventilöffnungsquerschnitt a des Heizmittelventils<br />

oder die Motorsteuerspannung u(t) als Stellgröße bezeichnen können. Aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong>e faßt man bei theoretischen Betrachtungen häufig die Stelleinrichtung <strong>und</strong><br />

die Regelstrecke zusammen <strong>und</strong> nennt diese Anordnung Regelstrecke. Schließlich wird<br />

die in den Regelkreis eingreifende Störung noch über ein fiktives Übertragungsglied<br />

("Störungsfilter") auf den Ausgang der Strecke geleitet. Wie wir später noch sehen<br />

werden, ist es damit einfach möglich, Störangriffe, die nicht auf den Ausgang der Strecke<br />

wirken, so umzurechnen, daß sie als am Ausgang angreifend angesehen werden können.<br />

Die damit entstehende Struktur wollen wir Standard−Regelkreis nennen. Er wird bei den<br />

folgenden Betrachtungen, falls nichts anderes gesagt wird, immer zugr<strong>und</strong>e gelegt.<br />

w(t)<br />

-<br />

e(t) u(t)<br />

Regler Strecke<br />

y (t)<br />

M<br />

Meßeinrichtung<br />

z(t)<br />

Störungsfilter<br />

w(t): Führungsgröße; e(t): Regelabweichung<br />

u(t): Stellgröße; z(t): Störgröße<br />

y(t): Regelgröße; yM (t): Meßgröße<br />

Bild 1.1.7 : Einschleifiger Standard−Regelkreis<br />

y(t)


Unseren vorangehenden Ausführungen über eine Raumheizungsregelung haben wir<br />

entnommen, daß ein Regelkreis zwei Aufgaben erfüllen soll:<br />

• Die Regelgröße y(t) hat einer Veränderung der Führungsgröße w(t) möglichst gut zu<br />

folgen, diese Eigenschaft wird als Führungsverhalten des Regelkreises bezeichnet.<br />

• Der Regelkreis soll Störungen, die auf die Strecke einwirken, in dem Sinne optimal<br />

ausregeln, daß die Regelgröße − auch bei permanenter Störungseinwirkung − wieder<br />

den Wert der Führungsgröße annimmt. Diese Eigenschaft des Regelkreises wird als<br />

sein Störverhalten bezeichnet.<br />

Der Zustand "optimal" muß anhand der realen Aufgabenstellung definiert werden,<br />

theoretisch optimal wäre folgendes Verhalten:<br />

• sofortiges Folgen der Regelgröße y(t) nach einer Führungsgrößenänderung w(t),<br />

• sofortiges Ausregeln einer Störung z(t) ohne Beeinflusssung der Regelgröße y(t).<br />

w(t)<br />

z(t)<br />

y(t)<br />

sofortiges Ausregeln der Störung z(t) ohne<br />

Beeinflussung der Regegelgröße<br />

sofortiges Folgen der Führungsgröße w(t)<br />

Bild 1.1.8 : Ideales Führungs− <strong>und</strong> Störungsverhalten eines Regelkreises<br />

Wegen des nicht verzögerungsfreien Übertragungsverhaltens der Übertragungsglieder<br />

des Regelkreises, insbesondere der Regelstrecke, ist ein solches Führungs− <strong>und</strong> Störverhalten<br />

nicht realisierbar. Bei einem realen Regelkreis ist das Übergangsverhalten von<br />

einem Systemzustand in den anderen (Stör− oder Führungsgrößenänderung) durch<br />

Abweichungen der Regelgröße vom theoretisch optimalen Verlauf gekennzeichnet. Auch<br />

ist nicht bei jeder beliebigen Regelkreiskonfiguration sichergestellt, daß der stationäre<br />

Endwert der Regelgröße genau den Wert der Führungsgröße annimmt. Ein solcher<br />

Regelkreis arbeitet dann statisch ungenau, er besitzt eine bleibende Regelabweichung.<br />

1.8<br />

t<br />

t<br />

t


w(t)<br />

z(t)<br />

y(t)<br />

Bild 1.1.9 : Mögliches reales Führungs− <strong>und</strong> Störungsverhalten eines Regelkreises<br />

Je nach Auswahl der Rechenfunktionen (bzw. genauer der Übertragungsfunktion) des<br />

Reglers ergibt sich ein mehr oder weniger stark schwingender oder aperiodischer Verlauf<br />

der Regelgröße. Wie bereits erwähnt, hängt es von der realen Problemstellung ab,<br />

welchen Einschwingvorgang man als optimal bezeichnet. Betrachtet man z.B. eine<br />

lagegeregelte Kopierfräsmaschine, bei der die Regelgröße die Position des Fräsers <strong>und</strong><br />

die Führungsgröße die Position des Kopiertastkopfes darstellt, so soll der Fräser sicherlich<br />

schnell der Position des Tastkopfes nachfahren, darf aber nicht überschwingen, da<br />

sonst Ausschuß entsteht. Dagegen wird es bei einer Raumheizungsregelung nicht von<br />

besonderer Bedeutung sein, wenn z.B. bei einer Vergrößerung der Führungsgröße von 18<br />

°C auf 21 °C die Regelgröße kurzfristig auf 24 °C überschwingt, um dann den Wert der<br />

Führungsgröße anzunehmen.<br />

Wir können die in diesem Kapitel gewonnenen Erkenntnisse wie folgt zusammenfassen:<br />

• Regelkreise besitzen alle eine einheitliche Gr<strong>und</strong>struktur, die in Bild 1.1.6 bzw. Bild<br />

1.1.7 dargestellt ist.<br />

• Das gr<strong>und</strong>legende Störungs− <strong>und</strong> Führungsverhalten eines Regelkreises, d.h. das<br />

tendenzmäßige Ausregeln von Störungen <strong>und</strong> das Folgen einer Führungsgrößen-<br />

änderung wird durch die Gr<strong>und</strong>struktur des Regelkreises erreicht:<br />

− ständiges Messen der Regelgröße,<br />

− Rückführung (Kreisstruktur) der gemessenen Regelgröße <strong>und</strong> Vergleich mit der<br />

Führungsgröße,<br />

− Wirkungsumkehr in der Vergleichseinrichtung.<br />

1.9<br />

t<br />

t<br />

t


• Die Feinstruktur des Übergangsverhaltens von einem Systemzustand in den anderen<br />

bei einer Führungs− oder Störgrößenänderung wird durch die Auswahl eines Reglers<br />

<strong>und</strong> die Wahl der Systemparameter seiner Übertragungsfunktion bestimmt.<br />

• Beim Vorgang der Regelkreisoptimierung (Auswahl <strong>und</strong> Parametrierung des Reglers)<br />

müssen einige Randbedingungen eingehalten werden:<br />

− Der Regelkreis soll stationär genau arbeiten oder eine vorher definierte stationäre<br />

Ungenauigkeit (bleibende Regelabweichung) nicht überschreiten.<br />

− Da ein Regelkreis wegen seiner Kreisstruktur instabil werden kann, d.h. die<br />

Regelgröße nicht gegen einen stationären Endwert läuft, sondern Dauerschwingungen<br />

oder aufklingende Schwingungen erzeugt, ist das Hauptziel des Reglerentwurfs<br />

Stabilität des Regelkreises.<br />

• Die Stellgröße u(t), also die Eingangsgröße in die Regelstrecke, kann bei überhöhten<br />

Forderungen an die Regelgüte (z.B. wenn gefordert wird, daß bei einer Raumheizung<br />

bei einer Führungsgrößenänderung von 20°C auf 25°C die Regelgröße nach unrealistischen<br />

10 sek ihren neuen stationären Endwert erreichen soll) übersteuert<br />

werden. Übersteuerung bedeutet Nichtlinearität des Regelkreises, was zu einem<br />

nichtvorhersagbaren Verhalten des Kreises führen kann. Eine Randbedingung des<br />

Reglerentwurfs ist es daher, die Stellgröße nur innerhalb ihrer Begrenzungen<br />

auszusteuern.<br />

Mit den in /1/ erworbenen systemtheoretischen Kenntnissen wird es uns in den folgenden<br />

Kapiteln möglich sein, den Reglerentwurf unter Erreichung von bestimmten<br />

Regelgüteforderungen <strong>und</strong> bei Einhaltung der obigen Randbedingungen systematisch<br />

durchzuführen.<br />

1.3 Praktische Beispiele von Regelkreisen<br />

Bevor wir uns der analytischen Durchdringung des Regelkreisverhaltens <strong>und</strong> der<br />

Regleroptimierung zuwenden, wollen wir uns in diesem Kapitel noch mit einigen<br />

Beispielregelkreisen beschäftigen, um insbesondere festzustellen, daß sich in ihnen immer<br />

die vorgestellte Regelkreisstruktur wiederfindet.<br />

Bild 1.1.10 zeigt einen Regelkreis zur Positionierung einer Teleskop−Antenne. Mit Hilfe<br />

eines solchen Regelkreises kann die Antennenposition ϕ(t) einem beweglichen Objekt<br />

nachgeführt werden. Windbelastungen der Antenne, die die Position ϕ(t) verändern<br />

würden, werden ausgeregelt.<br />

1.10


Bild 1.1.10 : Positionsregelung einer Teleskop−Antenne<br />

Regelgröße <strong>und</strong> damit Ausgangsgröße der Regelstrecke ist die Position ϕ(t) der Antenne.<br />

Wenn das Stellglied separat betrachtet werden soll, kann man ϕ∗ (t), den Motordrehwinkel,<br />

als Streckeneingangsgröße betrachten. Das Stellgerät, bestehend aus<br />

Thyristor−Steuersatz <strong>und</strong> Antriebsmotor, hat dann als Eingangsgröße die<br />

Reglerausgangsspannung u(t) <strong>und</strong> als Ausgangssignal den Motordrehwinkel ϕ∗ (t). Regler<br />

<strong>und</strong> Vergleichseinrichtung mit ihren Eingangs− <strong>und</strong> Ausgangssignalen sind dem<br />

Gerätebild des Regelkreises deutlich zu entnehmen. Das Potentiometer unter dem<br />

Getriebe stellt die Meßeinrichtung dar, die die Regelgröße Teleskopposition ϕ(t) auf eine<br />

ihr proportionale Spannung uϕ (t) abbildet.<br />

Bild 1.1.11 stellt eine Wirkungsanordnung zur Neutralisation einer Prozeßflüssigkeit dar,<br />

bildet also einen pH−Wert−Regelkreis. Die Prozeßflüssigkeit kann z.B. Abwasser mit<br />

zwischen sauer <strong>und</strong> basisch schwankendem pH−Wert sein. Um diese Prozeßflüssigkeit<br />

biologisch klären zu können, muß sichergestellt sein, daß der pH−Wert bei ca. 7 liegt. Eine<br />

so neutralisierte Prozeßflüssigkeit stellt das Überleben der Klärbakterien sicher.<br />

Regelgröße <strong>und</strong> Ausgangsgröße der Regelstrecke ist der pH−Wert im Abfluß der Prozeßflüssigkeit<br />

aus dem Reaktor. Eingangsgrößen in die Regelstrecke sind die Neutralisationsflüssigkeits−Ströme<br />

qb (t) <strong>und</strong> qs (t). Zwei verschiedene Stellgößen sind notwendig,<br />

wenn die Prozeßflüssigkeit sowohl sauer als auch basisch sein kann. Ventil <strong>und</strong> Ventilstellgerät<br />

sind die Stellglieder dieses Regelkreises. Regler, Vergleichs− <strong>und</strong> Meßeinrichtung<br />

können dem Bild 1.1.11 deutlich entnommen werden. Auszuregelnde Hauptstörgröße<br />

ist der schwankende pH−Wert der Prozeßflüssigkeit, auch Inhomogenitäten in<br />

den Neutralisationsmittel−Flüssen werden ausgeregelt.<br />

1.11


Bild 1.1.11 : pH−Wert−Regelung einer Prozeßflüssigkeit<br />

Auf dem folgenden Bild 1.1.12 ist eine Wirkungsanordnung dargestellt, die z.B. in einer<br />

Papiermaschine das Zerreißen des Fördergutes Papier beim Durchlauf durch Transport−<br />

oder Bearbeitungswalzen (z.B. zur Trocknung) verhindert. Würde das Papier direkt vom<br />

linken Walzenpaar in das rechte geführt, wird bei einer Drehzahlsenkung des linken<br />

Paares, z.B. durch eine hier nicht dargestellte Lasterhöhung des Antriebsmotors, das<br />

Papier zwischen den beiden Walzenpaaren zerreißen. Um dies zu verhindern, wird über<br />

zwei Umlenkrollen zwischen den Walzenpaaren eine Papierschlaufe gebildet, in die eine<br />

senkrecht geführte Walze ("Tänzerwalze") eingelegt wird. Ändert sich nun die Drehzahl<br />

des linken Walzenpaares, wird bei Drehzahlerhöhung die Tänzerwalze nach unten <strong>und</strong> bei<br />

Drehzahlsenkung nach oben befördert. Der Zweck der Regelung besteht darin, durch<br />

Veränderung der Drehzahl des rechten Walzenpaares, die Lage s(t) der Tänzerwalze<br />

konstant bei s(t) = 0 zu halten <strong>und</strong> so indirekt ein Zerreißen des Papiers zu verhindern.<br />

Regelgröße <strong>und</strong> Ausgangsgröße der Regelstrecke ist die Lage der Tänzerwalze s(t),<br />

Eingangsgröße ω(t) die Drehzahl des Antriebsmotors des rechten Walzenpaares. Die<br />

Stelleinrichtung bildet wieder der Thyristorsteuersatz mit Antriebsmotor. Regler <strong>und</strong><br />

Vergleichseinrichtung sowie deren Eingangs− <strong>und</strong> Ausgangsgrößen sind deutlich dem Bild<br />

1.1.12 zu entnehmen. Die Seilzug−Lagemeßeinrichtung bildet die Regelgröße, den<br />

Bewegungsweg s(t) der Tänzerwalze, auf eine ihm proportionale Spannung us (t) ab.<br />

1.12


Bild 1.1.12 : Regelung einer Tänzerwalze<br />

Der Regelkreis, der in Bild 1.1.13 dargestellt ist, wurde der Literaturstelle /15/ entnommen.<br />

Er stellt eine Vorlauftemperaturregelung zur Beheizung eines chemischen<br />

Reaktionsgefäßes dar. (Vorlauftemperatur ist ein Begriff aus der Heizungstechnik, er<br />

bezeichnet die Temperatur eines Heizmittels vor Eintritt in das zu beheizende System).<br />

Dieser Regelkreis unterscheidet sich von den vorangehend vorgestellten dadurch, daß er<br />

keine elektrischen Baukomponenten besitzt.<br />

bewegliche<br />

Düse<br />

Druckluft<br />

Faltenbalg<br />

Stellschraube<br />

Zylinder-Kolbensystem<br />

Ventil<br />

Heizgas Heizmittel<br />

1.13<br />

Heizkessel<br />

Vorlauftemperatur<br />

Reaktionsstoffe<br />

Reaktionskessel<br />

Heizschlange<br />

Bild 1.1.13 : Regelung der Vorlauftemperatur eines Reaktionsgefäßes<br />

Reaktionsprodukt<br />

Die Regelgröße Vorlauftemperatur wird mit einem Ausdehnungsthermometer, das eine<br />

leicht siedende Flüssigkeit enthält, gemessen. Bei einer Temperaturerhöhung dehnt sich<br />

diese Flüssigkeit aus <strong>und</strong> dehnt den Faltenbalg, der daraufhin eine nach oben wirkende<br />

Kraft erzeugt. Die Kraft bewegt eine drehbar gelagerte Düse, so daß der größere


Luftstrom in das obere Rohr des Zylinder−/Kolbensystems gepreßt wird. Dadurch<br />

verschiebt sich der Kolben nach rechts <strong>und</strong> verkleinert die Durchtrittsöffnung des<br />

Ventils für das Heizgas. Durch die geringer werdende Heizintensität sinkt die<br />

Vorlauftemperatur. Bei einer Temperatursenkung der Vorlauftemperatur kehrt sich<br />

leicht nachvollziehbar der Wirkungsvorgang um.<br />

Bei diesem Regelkreis wird auch sehr deutlich, daß keine eindeutige Abgrenzung<br />

zwischen Regler, Stelleinrichtung <strong>und</strong> Regelstrecke möglich ist. Als Eingangsgröße in<br />

die Regelstrecke könnte man den Ventilöffnungsquerschnitt des Heizgasventils<br />

festlegen, Ausgangsgröße ist die Regelgröße Vorlauftemperatur. Stellorgan, Regler<br />

<strong>und</strong> Teile der Vergleichseinrichtung befinden sich im Zylinder−/Kolbensystem. Die<br />

Meßeinrichtung dagegen ist klar abgrenzbar: die Vorlauftemperatur wird auf eine Kraft<br />

abgebildet, die die bewegliche Düse in ihrer Stellung verändert. Die Vergleichseinrichtung<br />

führt bei diesem Regelkreis einen Kraftvergleich zwischen der Kraft des<br />

Faltenbalges <strong>und</strong> der Federkraft an der Stellschraube aus. Die Stellung der Stellschraube<br />

stellt ein Maß für die Vorlauftemperatur dar <strong>und</strong> ist damit die Führungsgröße.<br />

Die erforderliche Wirkungsumkehr innerhalb des Regelkreises wird durch die<br />

Anordnung des oberen Zuluftkanals vor dem Kolben <strong>und</strong> des unteren hinter dem<br />

Kolben bewirkt. Störgrößen, die die Vorlauftemperatur verändern können, sind<br />

Temperaturrückwirkungen aus dem Reaktionskessel, Veränderungen des Heizwertes<br />

des Heizgases <strong>und</strong> verschiedene Eintrittstemperaturen des Heizmittels in den<br />

Heizkessel.<br />

1.14


2. Kontinuierliche Regelkreise<br />

Wie im Vorwort bereits angedeutet, wollen wir uns mit kontinuierlichen <strong>und</strong> zeitdiskreten<br />

Regelkreisen auseinandersetzen. Da nahezu alle Regelstrecken kontinuierlicher Natur<br />

sind, besteht der Unterschied zwischen kontinuierlichen <strong>und</strong> zeitdiskreten Regelkreisen<br />

schlicht darin, daß im kontinuierlichen Falle der Regler kontinuierich arbeit (man spricht<br />

dann auch von analogen Reglern) <strong>und</strong> im zeitdiskreten Falle digital in Form einer<br />

Differenzengleichung auf einem Digitalrechner mit A/D- <strong>und</strong> D/A-Wandler realisiert wird.<br />

In diesem Kapitel wollen wir uns zunächst kontinuierlichen Regelkreisen widmen.<br />

2.1 Die Bauglieder eines Regelkreises<br />

Bevor wir uns der analytischen Durchdringung eines kontinuierlichen Standard-<br />

Regelkreises zuwenden, soll in diesem Kapitel noch eine gewisse Systematik in die Vielfalt<br />

der praktisch auftretenden Regelkreisbauelemente gebracht <strong>und</strong> ihre Funktionen noch<br />

einmal an verschiedenen Beispielen verdeutlicht werden. Dabei werden abschließend<br />

besonders intensiv Regler betrachtet, weil sie die Bauglieder des Regelkreises sind,<br />

welche von Regelungstechniker ausgewählt <strong>und</strong> an die Problemstellung angepaßt werden<br />

müssen Die anderen Regelkreisbauelemente, insbesondere die Regelstrecke, sind im<br />

allgemeinen fest vorgegeben, um einen geplaten technisch/wirtschaftlichen Nutzen<br />

erbringen zu können.<br />

2.1.1 Die Regelstrecke<br />

Als Regelstrecke wird der Teil einer Anlage (oder eines Gerätes) bezeichnet, in der die<br />

durch den Regelkreis zu beeinflussende Regelgröße auftritt. Auf die Regelstrecke wirken<br />

Störgrößen ein, deren Größe, Zeitpunkt <strong>und</strong> Dauer des Auftretens nicht vorhersagbar sind<br />

<strong>und</strong> deren Einfluß auf die Regelgröße unterdrückt werden soll.<br />

Für die weiter hinten zu besprechenden Entwurfs- <strong>und</strong> Optimierungsverfahren für<br />

Regelkreise muß ein mathematisches Modell der dieser Regelstrecke bekannt sein. Das<br />

zu bildende Modell muß als Eingangsgröße die Stellgröße u(t) <strong>und</strong> als Ausgangsgröße die<br />

Regelgröße y(t) aufweisen. Regelstrecken haben in vielen Fällen nichtlineares<br />

Übertragungsverhalten. Da wir uns in dieser Einführung in die Regelungstechnik<br />

ausschließlich mit linearen Systemen <strong>und</strong> Systembeeinflussungsmechanismen (Reglern)<br />

auseinandersetzen, müssen die mathematischen Modelle solcher Regelstrecken linear<br />

sein. Dazu kann einerseits die in /1/ beschriebene Methode der Linearisierung<br />

herangezogen werden, wenn ein Zustandsmodell, das aus einer physikalisch,<br />

2.1


mathematischen Modellbildung hervorgegengen ist, vorliegt. Falls das Modell aus einer<br />

meßtechnischen Systemerkennung, wie sie in /2/ beschrieben wird, hervorging <strong>und</strong> man<br />

die dort angegebnen Richtlinien zur Systemidentifikation berüchsichtigt, stellt das<br />

gewonennene Modell bereits eine lineare Aprroximation der realen Regelstrecke dar.<br />

Das gewonnene lineare Modell der Regelstrecke kann anschließend in Form von<br />

Zustandsmodellen, Übertragungsfunktionen oder Frequenzgängen dargestellt werden.<br />

Mit wenigen Ausnahmen lassen sich dann alle Regelstrecken entweder in die Kategorie<br />

global proportional oder global integral wirkend einordnen. Dieses Globalverhalten wird i.a.<br />

durch Verzögerungs− <strong>und</strong> Vorhaltverhalten verschiedener Ordnung <strong>und</strong> ggf. Totzeiten<br />

überlagert.<br />

Bei der Beschreibung der folgenden typischen Regelstrecken orientieren wir uns an den<br />

Darstellungen von W. Oppelt. Die im folgenden stark zusammengefaßte Beschreibung<br />

wird in /3/ sehr breit anhand von Geräte− <strong>und</strong> Anlageskizzen sowie Ansätzen zur<br />

theoretischen Modellbildung dargestellt.<br />

• Stoffströme als Regelstrecke<br />

Stoffströme als Regelstrecken treten überall dort auf, wo Gas− oder Flüssigkeitsströme,<br />

Papier−, Kunsstoff− oder Metallbahnen verarbeitet <strong>und</strong> transportiert werden müssen.<br />

Die bei diesen Vorgängen auftretenden Regelaufgaben sind z.B. die Beeinflussung von<br />

Druck <strong>und</strong> Durchflußmenge von Gas− oder Flüssigkeitsströmen, das Konstanthalten<br />

eines Flüs-sigkeitsniveaus in einem Behälter, die Regelung der Materialstärke bei<br />

Walzvorgängen <strong>und</strong> die Regelung der Ausgangsproduktkonzentration bei<br />

Stoffmischvorgängen.<br />

• Wärmeerzeugungsanlagen, Wärmetauscher<br />

Wärmeerzeugungsanlagen erzeugen durch Verbrennung, chemische Reaktionen, elektrische<br />

Einwirkung oder Kernspaltung Wärmeenergie, die weitergeleitet, gemischt oder<br />

ausgetauscht werden muß. Mögliche Regelungsziele sind z.B. Aufrechterhaltung des<br />

Wärmeerzeugungsprozesses (z.B. bei Kernreaktoren) oder die konstante Warmhaltung<br />

eines Prozesses (Temperofen). Dabei werden häufig Wärmetauscher, die Wärmetauschprozesse<br />

zwischen zwei getrennten Medien herstellen, eingesetzt.<br />

• Chemische Reaktoren<br />

Chemische Reaktionen laufen i.a endo− oder exotherm ab. Zur Aufrechterhaltung einer<br />

Reaktion muß daher häufig Wärme geregelt zu− oder abgeführt werden. Andere<br />

Regelungsziele bei chemischen Reaktoren bestehen z. B. in der Erzeugung von<br />

Stoffen mit bestimmten Konzentrationen.<br />

2.2


• Kernreaktoren<br />

Beim Kernreaktor als Regelstrecke besteht die Hauptregelaufgabe in der Konstanthaltung<br />

des Kernspaltungsvorganges durch Regelung der Neutronengeschwindigkeit.<br />

• Fahrzeuge als Regelstrecken<br />

Bei nichtspurgeb<strong>und</strong>enen Fahrzeugen (Schiffen, Flugzeugen, Raketen) besteht ein<br />

Regelungsziel darin, einen vorgegebenen Kurs einzuhalten. Ein anderes Ziel kann z.B.<br />

eine konstante Fortbewegungsgeschwindigkeit sein. Auch die Regelung einer stabilen<br />

Fluglage bei Flugzeugen <strong>und</strong> Hubschraubern ist ein wichtiges Regelungsziel.<br />

• Elektrische Maschinen<br />

In elektrischen Anlagen dienen Generatoren zur Aufbringung von Spannungen, um<br />

durch Verbraucher Ströme zu treiben. Als Motoren stellen rotierende Maschinen<br />

antreibende Bauglieder zum Bewegen <strong>und</strong> Verstellen von mechanischen Systemen<br />

dar. Beein-flussungsaufgaben in diesem Zusammenhang können z.B. Strom−,<br />

Spannungs−, Drehzahl− <strong>und</strong> Drehmomentregelungen sein.<br />

• Regelstrecken der Nachrichtentechnik<br />

Auch in nachrichtentechnischen Geräten treten Regelaufgaben auf. So ist die AFC<br />

(Automatic Frequency Control) bei UKW−R<strong>und</strong>funkempfängern eine Einrichtung, die<br />

durch geregelte Veränderung der Empfangsfrequenz die Empfangsfeldstärke<br />

maximiert. In Fernsehgeräten heißt diese Einrichtung "getastete Regelung". Viele<br />

Fernsehgeräte besitzen auch eine Regelung, die den Bildkontrast an die<br />

Umgebungshelligkeit anpaßt.<br />

2.1.2 Die Stelleinrichtung<br />

Die Stelleinrichtung erzeugt aus der Ausgangsgröße des Reglers ein Signal, mit dem die<br />

Regelstrecke angesteuert wird. In den meisten Fällen stellt die Stelleinrichtung im<br />

weitesten Sinne einen Leistungsverstärker dar.<br />

Während von der Meßeinrichtung über die Vergleichseinrichtung <strong>und</strong> den Regler nur<br />

niederenergetische Signale weitergeleitet werden, treibt das Stellglied sehr häufig Energie<br />

− oder Stoffströme in die Regelstrecke, da in den meisten Fällen eine Veränderung der<br />

Regelgröße nur durch Aufbringung von Energie möglich ist (vergleiche die<br />

Beispielregelkreise in Bild 1.1.10, 1.1.12 <strong>und</strong> 1.1.13).<br />

2.3


w(t)<br />

-<br />

Regler Stellglied<br />

Strecke<br />

Signale<br />

2.4<br />

Energie- oder Stoffströme<br />

Bild 2.1.1 : Das Stellglied als Leistungsverstärker<br />

Stelleinrichtungen lassen sich grob in drei Klassen einteilen:<br />

Meßeinrichtung<br />

• Stelleinrichtungen für masselose (Elektro−) Energieströme (Transistor− <strong>und</strong> Thyristor−<br />

steller für die Elektroenergie− <strong>und</strong> Antriebstechnik),<br />

• Stelleinrichtungen für Stoffströme (Motorventil, Pumpen <strong>und</strong> Bänder),<br />

• Stelleinrichtungen für Festkörperbewegungen (Elektromotoren, pneumatische oder<br />

hydraulische Stellzylinder).<br />

Stellgeräte haben entweder global proportionales oder integrales Wirkungsverhalten. Da<br />

primär proportionales Verhalten gewünscht wird, gibt es z.B. für integral wirkende Motor−<br />

/Stellventil−Kombinationen sog. Stellungsrückmelder, die der Kombination proportionales<br />

Verhalten (mit Verzögerung) aufprägen /3/.<br />

Stelleinrichtungen haben häufig nichtlineare statische Übertragungskennlinien, die i.a.<br />

bekannt <strong>und</strong> reproduzierbar sind. Daher ist es möglich − insbesondere bei zeitdiskreten<br />

Regeleinrichtungen mit Digitalrechnern − im Regler eine entgegengesetzt wirkende Kennlinie<br />

zu implementieren, so daß die Kombination Regler/Stellglied wieder lineares Übertragungsverhalten<br />

erhält.<br />

Stellglieder produzieren nicht immer kontinuierliche Stellsignale. In der modernen<br />

Regelungstechnik setzen sich wegen der einfacheren (<strong>und</strong> damit kostengünstigeren)<br />

technologischen Realisierbarkeit z.B. pulsmodulierte Stellgeräte zunehmend durch. Die<br />

verschiedenen Ausführungsformen von Stellgliedern, die in der Literatur auch als Aktoren<br />

oder Aktuatoren bezeichnet werden, sind in den Literaturstellen /3/ <strong>und</strong> /4/ sehr ausführlich<br />

dargestellt.


2.1.3 Die Meßeinrichtung<br />

Die Meßeinrichtung im Regelkreis dient zur fortwährenden Bestimmung des Regelgrößenistwertes<br />

<strong>und</strong> dessen Abbildung auf eine Größe, die innerhalb der Vergleichseinrichtung<br />

leicht mit der Führungsgröße vergleichbar ist. Meßeinrichtungen bestehen i.a.<br />

aus einer sog. Meßkette, die aus verschiedenen Gliedern bestehen kann. Das erste Glied<br />

in dieser Kette ist der Fühler oder Sensor, der die zu messende Größe in eine andere<br />

leichter verarbeitbare Größe wandelt. Nach einer Signalverstärkung, die wiederum mit<br />

einer Signalwandlung verb<strong>und</strong>en sein kann, liegt i.a. ein Normsignal vor, das zur<br />

Vergleichseinrichtung weitergeleitet wird. In /4/ wird beispielhaft für eine Meßkette<br />

folgende (Bodendruck−) Füllstandsmeßeinrichtung angegeben.<br />

h(t)<br />

Flüssigkeitsbehälter<br />

p(t)<br />

Druckmeßdose<br />

F(t)<br />

s(t)<br />

Differentialspule<br />

~<br />

Meßbrücke<br />

L<br />

2.5<br />

Spulenkern<br />

u (t)<br />

~<br />

u(t)<br />

Normstromwandler<br />

Anzeige<br />

Bild 2.1.2 : Prinzipschaltbild der Meßkette einer Füllstandsmeßeinrichtung<br />

Normausgangssignale von Meßketten sind i.a. sog. eingeprägte Ströme von 0−20mA oder<br />

4−20mA oder Spannungen im Bereich 0−10V oder ±10V. Falls das Signal über größere<br />

Strecken weitergeleitet werden soll, können noch andere Signalmanipulationen<br />

vorgenommen werden.<br />

Eine Meßkette hat im weitesten Sinne immer global proportionales Verhalten, wobei die<br />

statische Kennlinie häufig nichtlinear ist. Auch hier ist man im Falle der Nichtlinearität<br />

bestrebt, durch entgegengesetzt wirkende Kennlinien im Regler wieder ein lineares<br />

Gesamtübertragungsverhalten zwischen zu messender Regelgröße <strong>und</strong> Reglerausgangsgröße<br />

herzustellen /4/. Häufig werden auch so Hysterese <strong>und</strong> Schwelleneffekte kompensiert.<br />

Meßketten von Meßeinrichtungen in Regelkreisen werden, sofern es die<br />

physikalisch/chemischen Zusammenhänge erlauben, so konstruiert, daß das Zeitverhalten<br />

gegenüber der Regelstrecke vernachlässigbar ist (d.h die Verzörungszeitkonstanten der<br />

α (t)<br />

i(t)


Meßeinrichtung müssen klein gegenüber der der Regelstrecke sein). Alle Ansätze zur<br />

Regleroptimierung in den folgenden Kapiteln setzen diese Tatsache voraus.<br />

Obwohl auch noch Regeleinrichtungen (Meß−, Vergleichs−, Regel− <strong>und</strong> Stelleinrichtungen)<br />

ohne jedes elektrische Signal existieren (z.B. eine pneumatische Servolenkung<br />

in einem LKW), setzen sich Systeme mit elektrischer Signalverarbeitung in zunehmendem<br />

Maße durch. Meßeinrichtungen werden damit, sofern keine elektrische<br />

Regelgröße vorliegt, primär Einrichtungen zur elektrischen Messung nichtelektrischer<br />

Größen sein.<br />

Folgende wichtige Regelgrößen müssen gemessen werden können /3/, /4/:<br />

Temperatur, Druck, Durchfluß, Volumen, Füllstand, Masse, Kraft, Moment, Dichte,<br />

Viskosität, Feuchte, pH−Wert, Stoffkonzentration, Weg, Geschwindigkeit, Beschleunigung,<br />

Winkel, Winkelgeschwindigkeit, Drehzahl, Stückzahl.<br />

2.1.4 Der Regler mit Vergleichseinrichtung<br />

Obwohl wir in Blockschaltbildern Vergleichseinrichtung <strong>und</strong> Regler als zwei getrennte Einheiten<br />

darstellen, sind sie in marktverfügbaren Reglern i.a. beide in einem Gerät integriert.<br />

w(t)<br />

y (t)<br />

M<br />

Regler<br />

2.6<br />

w(t)<br />

y (t)<br />

M<br />

Regler<br />

Bild 2.1.3 : Gerätetechnische Anordnung der Vergleichseinrichtung im Regelgerät<br />

Die praktischen Realisierungsformen von Reglern kann man nach ihrem<br />

• physikalisch/-technologischem Aufbau <strong>und</strong><br />

• nach ihrer systemtheoretischen Struktur<br />

unterscheiden. In Bezug auf den physikalisch/technologischen Aufbau von Reglern kann<br />

man diese wiederum in zwei Gruppen unterteilen:<br />

• analogsignalverarbeitende Regler ("Kontinuierliche Regler")<strong>und</strong><br />

• algorithmisch realisierte Regler in Digitalrechnern ("Digitale oder zeitdiskrete Regler").<br />

Die kontiunuierlichen Regler können noch in pneumatisch, hydraulisch, mechanisch <strong>und</strong><br />

elektrisch/elektronisch arbeitende Regler oder Mischformen daraus unterschieden werden.<br />

Wegen der Vielzahl der konstruktiven Ausführungsformen nichtelektronischer Regler muß<br />

zu ihrem Kennenlernen auf die Literatur verwiesen werden. In /3/ werden eine Fülle, z.T.


sehr kunstvoll ausgeführter pneumatischer, hydraulischer <strong>und</strong> elektro-mechanischer<br />

Regler vorgestellt. Auf algorithmisch realisierte Regler, wie sie sich z.B. in<br />

"Speicherprogrammierbaren Steuerungen" (SPS) wiederfinden, wird ausführlich im Kapitel<br />

3, auf einen mit Operationsverstärkern realisierten kontinuierlichen Regler wird noch in<br />

diesem Kapitel eingegangen.<br />

Zunächst wollen wir aber herleiten, welche Eigenschaften ein Regler besitzen muß, um die<br />

im Kapitel 1.2 angesprochenen Zielstellungen an einen Regelkreis erfüllen zu können.<br />

Während von der Vergleichseinrichtung die notwendige Wirkungsumkehr im Regelkreis<br />

herbeigeführt wird, hat der eigentliche Regler zwei weitere gr<strong>und</strong>legende Aufgaben:<br />

• Sicherstellung der stabilen Arbeitsweise des Regelkreises,<br />

• Herbeiführung der notwendigen statischen Regelgenauigkeit.<br />

Da alle Kreisstrukturen − so auch der Regelkreis − die Gefahr der Instabilität beinhalten,<br />

muß mit der Wahl der Übertragungsfunktion des Reglers dafür gesorgt werden, daß dieser<br />

Zustand nicht auftritt. Führt man sich vor Augen, daß die meisten Regelstrecken<br />

Tiefpaßcharakter haben, also aus PTn− oder ITn−Gliedern bestehen, die eine Phasendrehung<br />

des zu übertragenden Signals nach negativen Phasenwerten hin bewirken <strong>und</strong><br />

auch die negative Rückführung der Regelgröße y(t) auf den Reglereingang eine negative<br />

Phasendrehung von −180° darstellt, kann für eine bestimmte Signalfrequenz die Rückkopplungsbedingung<br />

ϕ =−360° auftreten. D.h. das Ausgangssignal des Regelkreises wird<br />

dem Eingangssignal phasengleich überlagert. Tritt dabei innerhalb des Kreises für diese<br />

Signalfrequenz ein Verstärkungsfaktor auf, der größer als eins ist, führt dies zu<br />

(aufklingenden) Schwingungen der Regelkreissignale.<br />

Aus unseren Betrachtungen über das Wirkungsverhalten von Übertragungsgliedern<br />

wissen wir, daß Vorhaltglieder Signalphasendrehungen in positive Richtungen vornehmen<br />

(vergleiche /1/), also der Phasendrehrichtung der meisten Regelstrecken entgegenwirken.<br />

Eine Forderung zur Verhinderung der Schwingneigung von Regelkreisen wird es also sein,<br />

daß die Reglerübertragungsfunktion Vorhaltglieder enthält:<br />

( ) ( ) ( )<br />

G s = V 1 + sT ⋅ 1 + sT ⋅ � . (2.1.1)<br />

R 1 2<br />

Die zweite Gr<strong>und</strong>forderung nach statischer Regelgenauigkeit kann man erfüllen, wenn in<br />

den Regler ein integraler Wirkanteil implementiert wird. Wir zeigen diese Zusammenhänge<br />

an folgendem Beispiel.<br />

Beispiel 2.1.1: Der folgende Regelkreis mit einer Regelstrecke mit PT1−Verhalten werde<br />

mit einem rein proportional wirkenden Regler betrieben.<br />

2.7


w(t)<br />

_<br />

V R<br />

2.8<br />

VS<br />

1 + sT<br />

Regler Strecke<br />

G (s) = 1<br />

M<br />

Bild 2.1.4 : Ein Regelkreis mit proportional wirkendem Regler<br />

an einer global proportional wirkenden Strecke<br />

Es soll festgestellt werden, ob bei einem Sprung der Führungsgröße w(t) = σ(t); ∆w = 1 die<br />

Regelgröße y(t) stationär (d.h. für t → ∞) den Wert der Führungsgröße y(∞) = w(t) = 1<br />

annimmt.<br />

Nach den Verknüpfungsgesetzen für gekoppelte Übertragungssysteme berechnet sich die<br />

Übertragungsfunktion der Kreisstruktur nach Bild 2.1.4 mit W(s) als Eingang <strong>und</strong> Y(s) als<br />

Ausgang zu<br />

Ys ( )<br />

Ws ( )<br />

=<br />

VR<br />

⋅<br />

1<br />

VS<br />

+ sT<br />

1 +<br />

VR ⋅ VS<br />

1 + sT<br />

=<br />

VR VS<br />

1 + sT + V V<br />

R S<br />

y(t)<br />

. ( 212 . . )<br />

Zur Berechnung der Ausgangsgröße Y(s) in Abhängigkeit von der Eingangsgröße W(s)<br />

muß (2.1.2) entsprechend umgestellt werden<br />

Y(s) =<br />

VR VS<br />

1 + V V + sT<br />

R S<br />

⋅ W(s) .<br />

( 213 . . )<br />

Da das Verhalten von y(t) auf einen Führungssprung w(t) = σ(t), ∆w = 1 studiert werden<br />

soll, muß für U(s) die Laplace−Transformierte dieses Sprunges in (2.1.3) eingesetzt<br />

werden<br />

1<br />

wt () = ∆w ⋅σ() t = σ()<br />

t ⇒ Ws ( ) = .<br />

( 214 .. )<br />

s<br />

Damit ergibt sich als Sprungantwort im Laplace−Bereich<br />

Y(s) =<br />

1<br />

VR VS<br />

⋅ . ( 215 . . )<br />

1 + V V + sT s<br />

R S


Dieser Ausdruck könnte nach einer Partialbruchzerlegung <strong>und</strong> Rücktransformation in den<br />

Zeitbereich für t → ∞ betrachtet werden. Ein Vergleich zwischen y(∞) <strong>und</strong> w(t) = σ(t) würde<br />

dann Auskunft über die stationäre Regelgenauigkeit (bleibende Regelabweichung) geben.<br />

Diesen Rücktransformationsvorgang kann man sich aber ersparen, da ja nur der Wert von<br />

y(∞) interessiert. Auf diesen Wert gelangt man einfacher mit dem Endwertsatz der Laplace<br />

−Transformation /1/<br />

( ) ( )<br />

lim y t = lim s Y s . (2.1.6)<br />

t→∞ s→0 ⋅<br />

Wenn man (2.1.5) in (2.1.6) einsetzt <strong>und</strong> den Grenzübergang vornimmt<br />

lim y(t) = y( ∞) = lim s ⋅Y(s)<br />

= lim<br />

t→∞ s→0 s→0 =<br />

VR VS<br />

VR VS<br />

lim =<br />

, ( 217 . . )<br />

→0<br />

1 + V V + 2sT<br />

1 + V V<br />

s<br />

R S<br />

2.9<br />

s⋅VR VS<br />

1 + V V + sT<br />

erkennt man, daß y(∞) den Wert VRVS/(1+VRVS) annimmt. Für endliche Werte von VR <strong>und</strong> VS wird y(∞) nach (2.1.7) immer kleiner als eins sein <strong>und</strong> somit nicht den Wert der<br />

Führungsgröße w(t) = 1 annehmen. Der Regelkreis arbeitet also statisch ungenau, er hat<br />

eine bleibende Regelabweichung.<br />

R S<br />

R S<br />

Verwendet man als Regler ein integral wirkendes Übertragungsglied, z.B. einen reinen<br />

Integrierer<br />

w(t)<br />

_<br />

VR s<br />

VS<br />

1 + sT<br />

Regler Strecke<br />

Bild 2.1.5 : Ein Regelkreis mit integral wirkendem Regler an<br />

einer global proportional wirkenden Strecke<br />

<strong>und</strong> führt nach Bildung der Übertragungsfunktion unter den gleichen Erregungs−<br />

bedingungen<br />

⋅<br />

y(t)<br />

1<br />

s


⇒<br />

Ys ( )<br />

Ws ( )<br />

Ys ( )<br />

=<br />

=<br />

1<br />

V<br />

s<br />

wieder den Grenzübergang durch<br />

V<br />

⋅<br />

1 + sT<br />

VR⋅VS s( 1 + sT)<br />

R S<br />

+<br />

=<br />

VR VS<br />

VR VS<br />

1<br />

⋅ Ws ( ) =<br />

⋅ ( 218 . . )<br />

s( 1 + sT) + V V<br />

s( 1 + sT) + V V s<br />

R S<br />

t→∞ s→0 s→0 2.10<br />

VR VS<br />

s( 1 + sT) + V V<br />

R S<br />

s V R VS 1<br />

lim y(t) = y( ∞) = lim s Y(s) = lim ⋅<br />

s(1 + sT) + V V s<br />

R S R S<br />

2<br />

R S VRVS R S<br />

R S<br />

V V V V<br />

= lim = = 1, (2.1.9)<br />

s→0 s(2 + 3Ts ) + V V<br />

erkennt man, daß der Kreis statisch genau, d.h. ohne bleibende Regelabweichung<br />

arbeitet, da die Regelgröße y(t) stationär (t→∞) den Wert der Führungsgröße erreicht.<br />

Zur Erreichung der Gr<strong>und</strong>forderungen Stabilität <strong>und</strong> hohe statische Regelgenauigkeit<br />

müßte der Regleransatz (2.1.1) also noch um einen integralen Anteil erweitert werden:<br />

1<br />

G R(s) = V ⋅ ⋅ ( 1 + sT1) ⋅ ( 1 + sT 2)<br />

⋅ L . (2.1.10)<br />

s<br />

Leider besitzt diese Reglerstruktur wesentliche Nachteile. Der gravierendste besteht darin,<br />

daß diese Übertragungsfunktion nicht gerätetechnisch realisierbar ist. Dies ist formal<br />

daran zu erkennen, daß der Zählergrad der Übertragungsfunktion größer ist als der<br />

Nennergrad. Realisierbare Systeme besitzen immer einen Zählergrad, der kleiner oder<br />

gleich dem Nennergrad ist. Aus unseren Betrachtungen zum Frequenzgang von<br />

Übertragungssystemen im /1/ wissen wir weiterhin, daß durch den Anstieg der<br />

Betragskennlinie des Bodediagramms von Vorhaltgliedern nach hohen Frequenzen hin,<br />

hochfrequente Rauschsignale extrem verstärkt werden. Aus dem Katalog über die<br />

"Beschreibungsformen der wichtigsten Übertragungsglieder" im Kapitel 1.4 von /1/ ist<br />

darüber hinaus zu entnehmen, daß schnelle Signaländerungen am Eingang von<br />

Vorhaltgliedern zu starken Aussteuerungsspitzen des Ausgangssignals führen. Da jedes<br />

reale Stellglied einen beschränkten Aussteuerungsbereich besitzt, würden diese<br />

Aussteuerungsspitzen zu häufigen Stellgliedübersteuerungen führen. Abhilfe bringt hier<br />

die Einführung sog. Realisierungs− (Verzögerungs−) Zeitkonstanten bei den<br />

Vorhaltgliedern. Damit werden die Vorhaltglieder realisierbar, das Verstärkungsverhalten<br />

bei Hochfrequenz gedämpft <strong>und</strong> die Aussteuerungsspitzen gemindert.


In der ca. sechzigjährigen systematischen Entwicklungsgeschichte von Reglern hat es<br />

sich herausgestellt, daß mit einem Regler, der einen Proportionalanteil, einen Integralanteil<br />

<strong>und</strong> einen differentiellen (vorhaltenden) Anteil mit Realisierungszeitkonstante T besitzt<br />

<strong>VI</strong><br />

VDs GR( s) = VRegler<br />

( 1 + +<br />

) , ( 2111 . . )<br />

�� � �� ��� s 1 + sT<br />

�� � ��<br />

P− Anteil I− Anteil<br />

2.11<br />

D− Anteil mit<br />

Realisierungs −<br />

zeitkonstante<br />

in den meisten Fällen sehr gute Reglerergebnisse erzielt werden können. Neben den<br />

beiden Gr<strong>und</strong>forderungen nach Stabilität <strong>und</strong> statischer Regelgenauigkeit lassen sich mit<br />

solchen Reglern noch speziellere Forderungen an die Regelgüte (die wir im Kapitel 2.3<br />

definieren wollen) erfüllen.<br />

Wegen der drei in diesem Regler enthaltenen Wirkungselemente Proportional−, Integral−<br />

<strong>und</strong> Differentialanteil wird dieser Regler abgekürzt PID−Regler genannt. Im Gegensatz zu<br />

den in (2.1.11) eingeführten Parametern <strong>VI</strong>, VD <strong>und</strong> T haben sich in der Entwicklungs−<br />

geschichte des PID−Reglers andere Parameternamen bzw. Bezeichnungen etabliert, mit<br />

denen der PID−Regler folgende Form bekommt<br />

U(s) ⎛ 1 sT ⎞<br />

G R(s) = =V R 1 . (2.1.12)<br />

E(s) sT 1 sT<br />

R<br />

N<br />

V<br />

R<br />

V<br />

⎜ + + ⎟<br />

⎝ N + R ⎠<br />

V : Reglerverstärkungsfaktor<br />

T : Nachstellzeit<br />

T : Vorhaltzeit<br />

T : Realisierungszeitkonstante<br />

Abhängig von diesen vier Parametern, die z.B. bei marktverfügbaren Reglern einstellbar<br />

sind, erhält der Regler ein bestimmtes Übertragungsverhalten, das das gesamte<br />

Übertragungsverhalten des Regelkreises beeinflußt. Die Findung dieser Einstellwerte wird<br />

Regelkreisoptimierung genannt, mit der wir uns in den Kapiteln 2.3 <strong>und</strong> 3.3 ausein-<br />

andersetzen werden.<br />

Je nach Struktur der Regelstrecke oder den Ansprüchen an die Regelgüte kann man mit<br />

Reglern auskommen, die Teile der Eigenschaften eines PID−Reglers haben. Wählt man in<br />

(2.1.12) TV = 0, erhält man den sog. Proportional−Integral−Regler (PI−Regler)<br />

⎛ 1 ⎞<br />

G R(s) = V R ⎜1 + ⎟ , (2.1.13)<br />

sT<br />

⎝ N ⎠<br />

wählt man in (2.1.12) T N → ∞, also sehr groß, ergibt sich der Proportional−Differential−


Regler (PD−Regler)<br />

⎛ sT ⎞<br />

G (s) =V 1 + . (2.1.14)<br />

R R<br />

V<br />

⎜ ⎟<br />

⎝ 1 + sT R ⎠<br />

Bei einer Wahl von TV = 0 <strong>und</strong> TN → ∞ erhält man schließlich den einfachsten Reglertyp,<br />

den Proportionalregler (P−Regler)<br />

G ( s) = V . ( 2. 115 . )<br />

R R<br />

Nachdem wir uns mit den notwendigen Funktionselementen auseinandergesetzt haben,<br />

die ein Regler enthalten muß, wenn er die vorangehend beschriebenen Aufgaben<br />

bewältigen soll, wollen wir uns jetzt mit systemtheoretischen Aufbaustruktur solcher Regler<br />

beschäftigen. Vielen nichtelektrisch ausgeführten kontinuierlichen Reglern liegt eine<br />

Gegenkopplungsstruktur zu Gr<strong>und</strong>e, wie sie imfolgenden Bild dargestellt ist.<br />

E(s)<br />

2.12<br />

K<br />

G r (s)<br />

Regler<br />

U(s)<br />

Bild 2.1.6 : Realisierung eines Reglers mittels Gegenkopplung<br />

Dabei werden im Vorwärtszweig ein Proportionalverstärker mit sehr hohem Verstärkungsfaktor<br />

K → ∞ <strong>und</strong> im Rückführzweig ein geeignetes Gegenkopplungsglied Gr(s) eingesetzt. Als Reglerübertragungsfunktion ergibt sich dann<br />

G ( s)<br />

R<br />

<strong>und</strong> mit K >>⏐G r(s)⏐<br />

G ( s)<br />

R<br />

= U(s)<br />

E(s) =<br />

U(s)<br />

=<br />

E(s)<br />

≈<br />

1<br />

+<br />

1<br />

G ( s)<br />

r<br />

K<br />

KG( s)<br />

r<br />

=<br />

1<br />

K<br />

+<br />

1<br />

G ( s)<br />

r<br />

( 2116 . . )<br />

. ( 2117 . . )<br />

D.h. die Reglerübertragungsfunktion entspricht dem Kehrwert der Übertragungsfunktion<br />

der Rückführung.<br />

Wählt man als Rückführung ein Verzögerungsglied 1. Ordnung (PT 1−Glied)


K r<br />

Gr( s)<br />

=<br />

( 2118 . . )<br />

1 + T s<br />

r<br />

erhält man mit (2.1.17) einen (scheinbar nicht realisierbaren) PD−Regler mit V R =1/K r <strong>und</strong><br />

T V =T r :<br />

U(s) 1 + T s 1<br />

⎛1 + sT ⎞<br />

G (s) = = = ( 1 + T s ) = V ⎜ ⎟ (2.1.19)<br />

⎝ ⎠<br />

r V<br />

R r R<br />

E(s) Kr Kr<br />

Diese scheinbar Nichtrealisierbarkeit ist eine Folge der Annahme, daß K>>|Gr(s)| <strong>und</strong> der<br />

daraus abgeleiteten Näherungsbeziehung (2.1.17). Praktisch stellt sich jedoch eine<br />

Realisierungs-zeitkonstante ein. Ihre Größe ist allerdings i.a. nicht vorgebbar.<br />

Ein Differenzierglied mit Verzögerung erster Ordnung (DT 1 −Glied)<br />

Ks r<br />

Gr( s)<br />

=<br />

( 2120 . . )<br />

1 + T s<br />

als Rückführungsglied führt mit (2.1.17) auf<br />

r<br />

1+ Trs Tr 1 Tr<br />

⎛ 1 ⎞ ⎛ 1 ⎞<br />

G R(s) = = + = ⎜1+ ⎟ = VR ⎜1 + ⎟,<br />

(2.1.21)<br />

Ks r Kr Ks r Kr ⎝ Ts r ⎠ ⎝ Ts N ⎠<br />

einen PI−Regler mit V R = T r/K r <strong>und</strong> T N = T r.<br />

Man kann weiterhin zeigen, daß eine Reihenschaltung eines PT 1− <strong>und</strong> DT 1−Gliedes als<br />

Rückführung auf einen PID−Regler führt. Häufig bringt auch eine Vermischung<br />

verschiedener Ansätze (z.B. Rückkopplungsstrukturen innerhalb von Parallelschaltungs−<br />

strukturen) Vorteile.<br />

Im Folgenden soll beispielhaft die Realisierung eines PID−Reglers mit elektronischen<br />

Operationsverstärkern (OP) dargestellt werden. Gr<strong>und</strong>lage dieser Reglerrealisierung ist<br />

der beschaltete gegengekoppelte Operationsverstärker ( vergleiche Bild 2.1.7).<br />

Ohne große Fehler zu machen, können zur Bestimmung des Wirkungsverhaltens dieser<br />

Schaltung folgende Annahmen gemacht werden:<br />

• Wegen des hohen Eingangswiderstandes r e ≥ 1MΩ ist der Strom in dem OP i ee ≈ 0,<br />

damit wird i e + i u = 0, d.h. i e = −i u .<br />

2.13


Bild 2.1.7 : Gegengekoppelter Operationsverstärker<br />

• Wegen der hohen offenen Verstärkung V0 ≈ 106 des OP reichen bereits sehr kleine<br />

Spannungen uee ≈ 0V aus, um den OP auszusteuern. Wegen uee ≈ 0 liegt der invertierende<br />

Eingang deshalb quasi an Masse ("virtuelle Masse").<br />

Damit gelten für den gegengekoppelten Operationsverstärker folgendes Ersatzbild<br />

e<br />

Z 1<br />

u Z1<br />

i e<br />

Bild 2.1.8 : Ersatzschaltbild eines gegengekoppelten Operationsverstärkers<br />

<strong>und</strong> folgende Beziehungen zwischen den Scheinwiderständen, Strömen <strong>und</strong> Spannungen.<br />

Um Differentialgleichungen zu vermeiden, wird die Analyse der Schaltung im<br />

Frequenzbereich vorgenommen <strong>und</strong> zur Schreibvereinfachung jω = s gesetzt. Aus<br />

folgt<br />

i u<br />

2.14<br />

u Z2<br />

( ) − ( ) ( ) ⋅ ( ) ( ) ⋅ ( )<br />

I s = I s , E s = Z I s , U s = Z I s<br />

E U 1 E 2 U<br />

G ( s)<br />

R<br />

= U(s)<br />

E(s)<br />

Z<br />

=<br />

Z<br />

2<br />

1<br />

Z 2<br />

IU( s)<br />

Z<br />

⋅ = −<br />

I ( s)<br />

Z<br />

2<br />

E<br />

1<br />

u<br />

. ( 2122 . . )<br />

Damit lassen sich die Übertragungsfunktionen der folgenden Schaltungen leicht<br />

berechnen:


• Proportionalverstärker<br />

• Integrierer<br />

• Differenzierer<br />

Z 2 R2<br />

Gs ( ) =− =− =−VR<br />

( 2123 . . )<br />

Z R<br />

1<br />

1<br />

Z2<br />

Gs ( ) =− =−<br />

Z<br />

1<br />

sC 1 1<br />

=− =− ,<br />

R RCs T s<br />

( 2121<br />

. . )<br />

1<br />

Z 2<br />

Gs ( ) =−<br />

Z1<br />

=−<br />

R<br />

1<br />

s⋅C =−RC ⋅ s =−TV ⋅s<br />

( 2125 . . )<br />

Ein Differenzierer in dieser Form neigt zum Schwingen <strong>und</strong> ist daher nicht realisierbar.<br />

Durch Einfügung eines Widerstandes R1 in den Eingang verschwindet diese Schwingneigung.<br />

Die Übertragungsfunktion führt dann auf ein realisierbares DT1−Glied: Z2<br />

1 sRC sTV<br />

Gs ( ) =− =− =− =− ( 2126 . . )<br />

Z<br />

1 1 R +<br />

1+ sR1C 1+<br />

sTR<br />

1<br />

sC<br />

2.15<br />

N


Mit<br />

<strong>und</strong><br />

folgt<br />

• Summierer<br />

X1<br />

X 2<br />

R<br />

R<br />

i x1 ix3<br />

ix2<br />

I x1(s) + I x2(s) = −I x3(s)<br />

I ( s)<br />

x1<br />

R<br />

2.16<br />

X3<br />

X ( s)<br />

X ( s)<br />

= ; I x2( s)<br />

= ; I x3(<br />

s)<br />

=<br />

R<br />

R<br />

1 2 3<br />

X ( s)<br />

R<br />

X 3(s) X 1(s) X 2(s)<br />

− = + ⇒ X 3(s) = − { X 1(s) + X 2(s)<br />

} . (2.1.28)<br />

R R R<br />

Betrachtet man die Übertragungsfunktion des PID−Reglers (4.2.12)<br />

U(s) ⎛ 1 sT ⎞<br />

G R(s) = = V R 1 , (2.1.28)<br />

E(s) sT 1 sT<br />

V<br />

⎜ + + ⎟<br />

⎝ N + R ⎠<br />

erkennt man, daß sie aus drei additiv miteinander verknüpften Termen besteht, die<br />

wiederum multiplikativ mit VR verknüpft sind. Aus /1/ wissen wir, daß damit folgende<br />

Parallel− <strong>und</strong> Reihenschaltungsstruktur beschrieben wird:<br />

E(s) V R<br />

1<br />

sTN<br />

sT V<br />

1 + sTR<br />

Bild 2.1.9 : Strukturbild eines PID−Reglers<br />

Mit Hilfe der abgeleiteten Schaltungen läßt sich nun leicht der Stromlaufplan eines<br />

elektronischen PID−Reglers aufzeichnen (vergleiche Bild 2.1.10).<br />

Beim Entwurf der Schaltung mußte darauf geachtet werden, daß alle abgeleiteten<br />

Gr<strong>und</strong>schaltungen die Signale invertieren. Um diese Invertierung rückgängig zu machen,<br />

mußten in jedem Zweig zwei Operationsverstärker in Reihe geschaltet werden. Deshalb<br />

U(s)


et ()<br />

R 4<br />

( TR )<br />

R 1<br />

R 3<br />

( TN )<br />

C 2<br />

R 5<br />

−<br />

OP1<br />

+<br />

P − Zweig<br />

−<br />

OP2<br />

+<br />

I − Zweig<br />

−<br />

OP3<br />

+<br />

R 1<br />

( TV )<br />

C 1<br />

DT1 − Zweig<br />

Bild 2.1.10 Ein elektronischer PID−Regler mit unabhängig<br />

voneinander einstellbaren Parametern<br />

2.17<br />

R 2<br />

R 2<br />

R 2<br />

−<br />

OP4<br />

+<br />

befindet sich auch im P−Zweig ein Operationsverstärker. Um die Anzahl der Bauelemente<br />

dennoch gering zu halten, wurde der Summierer (OP4) gleichzeitig als Verstärker (VR), der zu den drei parallelen Zweigen in Reihe liegt, mitbenutzt. Die entworfene Schaltung<br />

hat die Eigenschaft, daß alle vier Reglerparameter VR, TN, TV <strong>und</strong> TR unabhängig<br />

voneinander einstellbar sind.<br />

Durch Weglassen der entsprechenden Zweige lassen sich aus dieser Schaltung auch eine<br />

P−, PI−, oder PD−Reglerschaltung ableiten.<br />

Die Übertragungsfunktion der Schaltung lautet<br />

dabei sind<br />

U(s) R6 ⎛ 1 sR5C2 ⎞<br />

G R(s)<br />

= = ⎜1 + +<br />

⎟<br />

(2.1.29)<br />

E(s) R2 ⎝ sR3C1 1 + sR4C2 ⎠<br />

VR = R C R C TR R C<br />

R6<br />

; T N = 3 1 ; T V = 5 2 ; = 4 2 ( 2130 . . )<br />

R<br />

2<br />

Es ist auch möglich, mit nur einem Operationsverstärker einen PID−Regler (<strong>und</strong> auch die<br />

anderen Typen) zu realisieren. In /5/ wird dafür folgende Schaltung angegeben:<br />

( VR )<br />

R 6<br />

ut ()


C 1<br />

et () R1 +<br />

ut ()<br />

Bild 2.1.11 : Ein PID−Regler mit nur einem Operationsverstärker<br />

Diese Schaltung hat den Nachteil, daß sie zum einen das Eingangssignal zusätzlich<br />

invertiert. Zum anderen werden bei der Veränderung eines Reglerparameters, z.B. durch<br />

eine Widerstandsänderung, andere Reglerparameter mit verändert. Der große Vorteil<br />

besteht im wesentlich geringeren Schaltungsaufwand. Solche Schaltungen mit minimalem<br />

Bauelementeaufwand werden in Geräten eingesetzt, die in großen Stückzahlen produziert<br />

werden <strong>und</strong> der Vorgang der Regleroptimierung nur einmal, z.B. am Geräteprototyp<br />

vorgenommen wird.<br />

• Ein Überblick über die Eigenschaften von P−, PI−, PD− <strong>und</strong> PID−Reglern<br />

Um bei späteren Regelkreis−Optimierungsaufgaben einen schnellen Überblick über die<br />

wichtigsten systemtheoretischen Eigenschaften der einzelnen Reglertypen zu erhalten,<br />

werden auf den folgenden Seiten für jeden Reglertyp die Übertragungsfunktion, die<br />

Sprungantwort <strong>und</strong> eine qualitative Skizze des Bodediagramms <strong>und</strong> ggf. einige Erläute-rungen<br />

katalogisiert.<br />

Neben der schon bekannten Partialbruchschreibweise der Reglerübertragungsfunktionen<br />

(2.1.12) bis (2.1.15) werden auch die Schreibweisen in faktorisierter V−Normalform<br />

angegeben. Diese werden insbesondere dann benötigt, wenn Bodediagramme von Reglern<br />

gezeichnet werden müssen. Auch die Umrechnungsbeziehungen zwischen den Parametern<br />

der V−Normalform <strong>und</strong> der Partialbruchform, die aus einem Koffizientenvergleich der beiden<br />

Formen entstanden sind, werden angegeben. Um hier Verwechslungen zu vermeiden, ist<br />

deutlich auf die Indizierung der Reglerparameter zu achten. Durch die Parametrierung der<br />

Sprungantworten der einzelnen Regler können, ähnlich wie mit der Tabelle zur<br />

kataloggestützten Sprungantwortanalyse in /2/, aus einer gemessenen Sprungantwort eines<br />

Reglers die Parameter der Übertragungsfunktion (in Partialbruchschreibweise) bestimmt<br />

werden. Bei den dargestellten Sprungantworten wurde immer ein Eingangssignal<br />

zu Gr<strong>und</strong>e gelegt.<br />

2.18<br />

−<br />

R 2<br />

e(t) = ∆e⋅σ(t) (2.1.31)<br />

C 2


• Eine zu kleine Realisierungszeitkonstante TR erzeugt bei schnellen<br />

Änderungen von e(t) hohe Ausgangssignalspitzen (siehe Sprung-<br />

antwort), die das Stellglied übersteuern können.<br />

• Häufig sind dem Eingangssignal des Reglers e(t) höherfrequente<br />

Störeinstrahlungen überlagert. Aus der Betragskennlinie des<br />

Bodediagramms geht hervor, daß diese bei zu kleiner Wahl von TR<br />

erheblich verstärkt werden können.<br />

Aus der Sprungantwort ist zu erkennen, daß mit wachsendem TV <strong>und</strong><br />

sinkendem TR die Spitze der Sprungantwort bei t=0 steigt. Die Abklingzeit<br />

dieser Signalspitze wird ausschließlich von TR bestimmt. Für T=TR in<br />

(2.1.39) geht der PD-Regler in einen P-Regler über.<br />

Für die dynamischen Aspekte der Regelkreisoptimierung ist es<br />

wesentlich, daß der PD-Regler eine Vorhaltzeitkonstante besitzt (2.1.39)<br />

<strong>und</strong> daß die Phasenkennlinie zwischen den beiden Kennfrequenzen 1/T<br />

<strong>und</strong> 1/TR eine Phasenverschiebung ϕ{G} nach positiven Phasenwerten<br />

hin hervorruft. Die maximale Höhe des "Phasenbauches" liegt zwischen<br />

0° <strong>und</strong> +90°. Mit wachsendem Abstand zwischen 1/T <strong>und</strong> 1/TR, d.h. für<br />

den Fall TR


PID − Regler<br />

Pr opotional −Integral −Differential −Regler<br />

Übertragungsfunktion (Partialbruchschreibweise)<br />

U(s) ⎛ 1 sT ⎞<br />

G (s) = = V 1 ;<br />

V<br />

R R⎜<br />

+ + ⎟<br />

E(s) ⎝ sTN 1+ sTR<br />

⎠<br />

Übertragungsfunktion (V −Normalform)<br />

( 1)( + 2)<br />

( + )<br />

2.23<br />

V : Reglerverstärkungsfaktor<br />

R<br />

T : Nachstellzeit<br />

N<br />

T : Vorhaltzeit<br />

V<br />

T : Realisierungszeitkonstante<br />

R<br />

{ }<br />

R R 1 2<br />

E(s) s 1 sTR<br />

(2.1.41)<br />

U(s) V 1 + sT 1 sT<br />

G (s) = = ; T < min T , T (2.1.42)<br />

Umrechnung von V−Normalfor m in Partialbruchform<br />

TT<br />

V = V T + T − T ; T = T + T −T ; T = −T<br />

(2.1.43)<br />

( ) 1 2<br />

R 1 2 R N 1 2 R V R<br />

T1+ T2 −TR<br />

Sprungantwort<br />

⎛ T ⎞<br />

V<br />

eV ⎜ V<br />

∆ ∆eV ⋅ ⋅ ⎜ 1 + ⎟<br />

R ⎜ T ⎟<br />

⎝ R ⎠<br />

Erläuterungen<br />

u(t)<br />

TN R T TN R T<br />

∆ eV ⋅<br />

R<br />

t<br />

Bodediagramm<br />

Der PID−Regler vereinigt alle Eigenschaften der vorangehend beschriebenen Regler in<br />

sich: durch den I−Anteil wird eine hohe Regelgenauigkeit gewährleistet <strong>und</strong> der<br />

D−Anteil sorgt für schnelles Regelverhalten. Um das charakteristische<br />

Wirkungsverhalten eines PID−Reglers sicherzustellen, ist es notwendig, daß<br />

TR


Es sei darauf hingewiesen, daß es noch andere Realisierungsformen von<br />

PID−Reglern gibt, z.B. solche, die konjugiert komplexe Zählernullstellen besitzen:<br />

( + + (<br />

2<br />

) )<br />

s( 1 + sT)<br />

V 1 2dTs Ts<br />

G (s) = ; T > T ; d < 1. (2.1.44)<br />

R R<br />

R<br />

Diese Form kann vorteilhaft zur Regelung schwingfähiger proportional wirkender<br />

Strecken eingesetzt werden.<br />

Manche Autoren gehen von einer PID−Regler−Übertragungsfunktion aus, bei der<br />

sich die Realisierungszeitkonstante formal beim Verstärkungsfaktor befindet:<br />

Vr ⎛ 1 ⎞<br />

G R(s) = ⋅ ⎜1+ + sT d ⎟.<br />

(2.1.45)<br />

1 + sTr ⎝ sTi<br />

⎠<br />

Wenn dieser Ansatz gewählt wird, ändern sich selbstverständlich die<br />

Umrechnungsbeziehungen<br />

Partialbruchform.<br />

(2.1.43) zwischen V−Normalform <strong>und</strong> dieser<br />

2.24


Zum Abschluß dieses Kapitels über Regler sollen noch einige ergänzende Bemerkungen<br />

gemacht werden.<br />

• An Stelle des Reglerverstärkungsfaktor VR wurde bei Regelungen in der Verfahrenstechnik<br />

früher der Begriff Proportionalbereich xp[%] angewendet. Beide Größen lassen<br />

sich leicht ineinander umrechnen<br />

x<br />

p<br />

1 1<br />

= bzw . xp<br />

% = ⋅ 100 % . ( 2. 1. 46 )<br />

V<br />

V<br />

R<br />

• Die beiden global integral wirkenden PI− <strong>und</strong> PID−Regler haben wir vorangehend in der<br />

V−Normalform wie folgt beschrieben:<br />

2.25<br />

R<br />

( + 1)( + 2)<br />

( + )<br />

V(1 + sT)<br />

V 1 sT 1 sT<br />

G PI(s) = ; G PID(s)<br />

= . (2.1.47)<br />

s s 1 sT<br />

Aus unseren Betrachtungen über die Einheiten des Verstärkungsfaktors von global<br />

integral wirkenden Übertragungssystemen in /1/ wissen wir, daß V mit der Einheit 1/sek<br />

behaftet ist. Um diese Einheit zu vermeiden, fügen einige Autoren in die Übertragungsfunktionen<br />

(2.1.47) fiktive "Zeitkonstanten" beim Integrator im Nenner ein:<br />

R<br />

( 1)( 2)<br />

( + )<br />

∗<br />

V (1 + sT)<br />

V 1 + sT 1 + sT<br />

G PI(s) = ; G PID(s)<br />

= . (2.1.48)<br />

Ts T s 1 sT<br />

∗<br />

1 R<br />

Wie die willkürliche Einfügung dieser Zeitkonstanten, ist auch die Wahl ihrer Größe<br />

willkürlich. Wenn beim PI−Regler V∗/T = V <strong>und</strong> beim PID−Regler V∗/T1 = V gewählt<br />

werden, gehen die Beschreibungsformen (2.1.47) <strong>und</strong> (2.1.48) ineinander über.<br />

• In der angelsächsischen Literatur kommen häufig Reglerelemente zur Anwendung, die<br />

Lead− <strong>und</strong> Lag−Glieder genannt werden. Durch Kaskadierung solcher Lead− <strong>und</strong> Lag−<br />

Glieder hat man einen größeren Freiheitsgrad bei der Optimierung von Regelkreisen,<br />

als bei den Standard P−, PI−, PD− <strong>und</strong> PID−Reglern.<br />

Lead− <strong>und</strong> Lag−Glieder haben eine große Ähnlichkeit mit PD−Reglern <strong>und</strong> die<br />

Reihenschaltung eines Lead− <strong>und</strong> Lag−Gliedes hat große Ähnlichkeit mit einem PID−<br />

Regler.<br />

Lead− <strong>und</strong> Lag−Glieder können mit der gleichen Übertragungsfunktion beschrieben<br />

werden:


0<br />

Us ( )<br />

GR(s)<br />

= =<br />

Es ( )<br />

V( 1 + sT)<br />

T<br />

1 + s<br />

κ<br />

2.26<br />

;<br />

κ > 1 : Lead − Glied<br />

κ < 1 : Lag −Glied<br />

. ( 2149 . . )<br />

Das Lead−Glied (κ >1) entspricht völlig einem PD−Regler, die Vorhaltzeitkonstante ist<br />

größer als die Verzögerungs− (Realisierungs−) Zeitkonstante.<br />

Das Bild 2.1.12 stellt die Sprungantworten <strong>und</strong> Bodediagramme von Lead− <strong>und</strong> Lag−<br />

Glied nebeneinander. In den Sprungantworten erkennt man deutlich das Überwiegen<br />

der Vorhaltzeitkonstante beim Lead− <strong>und</strong> das Überwiegen der Realisierungszeitkonstante<br />

beim Lag−Glied.<br />

∆e V κ<br />

G<br />

dB<br />

ϕ{G}<br />

20<br />

0<br />

−20<br />

0<br />

−20<br />

0<br />

ht ()<br />

T<br />

κ<br />

Tangente in der Spitze<br />

1<br />

T<br />

1<br />

T/κ<br />

1 Dek.<br />

∆e V<br />

∆e V κ<br />

a) b)<br />

Bild 2.1.12 : Sprungantworten <strong>und</strong> Bodediagramme<br />

von Lead−Glied (a) <strong>und</strong> Lag−Glied (b)<br />

Während das Lag−Glied neben einer Amplitudenabsenkung nach hohen Frequenzen<br />

hin die Phase zwischen den beiden Kennfrequenzen unter Null Grad absenkt, hebt das<br />

ht ()<br />

T<br />

κ<br />

Tangente im Anstieg<br />

∆e V<br />

0<br />

t 0<br />

t<br />

ω<br />

ω<br />

G<br />

dB<br />

ϕ{G}<br />

20<br />

0<br />

−20<br />

0<br />

−20<br />

1<br />

T / κ<br />

1<br />

T<br />

1 Dek.<br />

ω<br />

ω


Lead−Glied die Amplitude zu hohen Frequenzen hin an <strong>und</strong> erzeugt zwischen den beiden<br />

Kennfrequenzen eine phasenanhebende Wirkung.<br />

Für den Fall, daß κ


w(t), Störgröße z(t) <strong>und</strong> der Ausgangsgröße Regelgröße y(t) zu Gr<strong>und</strong>e.<br />

w(t)<br />

-<br />

e(t)<br />

G (s)<br />

R<br />

y (t)<br />

M<br />

u(t)<br />

2.28<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

Bild 2.2.1 : Standard−Regelkreisstruktur<br />

z(t)<br />

G (s)<br />

z<br />

Parallel zu den theoretischen Betrachtungen soll zur Illustrierung ein praktisches Beispiel<br />

gerechnet werden. Zu diesem Zweck betrachten wir die Positionsregelung einer<br />

Teleskopantenne nach Bild 1.1.10 <strong>und</strong> wollen annehmen, daß mittels eines System-<br />

idenifikationsverfahrens /1,2/ die Übertragungsfunktion der Regelstrecke (beginnend ab<br />

Eingangsspannung u(t) des Thyristor−Steuersatzes bis zur Ausgangsgröße Drehwinkel<br />

ϕ(t) der Antenne) bestimmt wurde:<br />

⎡Grad/ sek ⎤<br />

12<br />

ϕ ⎢<br />

GS ( s ) = =<br />

⎣<br />

⎥<br />

⎦<br />

. (2.2.1)<br />

U s s 1 10 sek s<br />

( s) V<br />

( ) ⋅ + [ ]<br />

( )<br />

Der maximale Aussteuerbereich der Stellgröße u(t) betrage ±5 V. Die Meßeinrichtung<br />

übertrage den Drehwinkel ϕ(t) proportional auf eine Spannung u ϕ (t)<br />

( )<br />

( )<br />

Uϕs 5V<br />

GM ( s ) = = = 0,0139 V / Grad . (2.2.2)<br />

ϕ s 360°<br />

Da die störende Windkraft direkt den Drehwinkel verändert, wollen wir die Störung (aus<br />

didaktischen Gründen stark vereinfacht) direkt als Winkeländerung ϕ z (t) auffassen, so daß<br />

in diesem Falle das Störfilter<br />

( s)<br />

( s)<br />

ϕ<br />

Gz ( s ) = = 1 [ −]<br />

(2.2.3)<br />

ϕ<br />

z<br />

ist. Die Vergleichseinrichtung arbeite auch rein proportional <strong>und</strong> bilde die Differenz der<br />

Spannungen<br />

y(t)


( ) [ ] ( ) [ ] − ( ) [ ]<br />

E s V = U s V U s V . (2.2.4)<br />

ϕwϕ Wenn die Antenne 360° nach rechts <strong>und</strong> links gedreht werden soll, muß wegen (2.2.2)<br />

u ϕw (t) zwischen +5 V <strong>und</strong> −5 V einstellbar sein. Als Regler sei, um das Beispiel einfach<br />

<strong>und</strong> überschaubar zu halten, ein P−Regler gewählt<br />

( )<br />

( )<br />

U s<br />

GR ( s ) = = V = 0,4 [ −]<br />

. (2.2.5)<br />

E s<br />

Dieser Regler ist bereits mit den später noch zu erlernenden Optimierungsmethoden so<br />

eingestellt, daß die Regelgröße bei einem Führungssprung leicht überschwingt (vergleiche<br />

Bild 1.1.9).<br />

e(t)<br />

u(t)<br />

12<br />

uϕ w t<br />

G R(s)<br />

= 0,4<br />

G S(s)<br />

=<br />

() ϕ( t)<br />

-<br />

u t<br />

ϕ ()<br />

Bild 2.2.2 : Mathematisches Modell des Lageregelkreises einer Teleskopantenne<br />

2.2.1 Die Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises<br />

Viele gr<strong>und</strong>legende Betrachtungen zu Regelkreisen werden an der sogenannten<br />

Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises L(s) vorgenommen, die wie folgt definiert<br />

ist:<br />

Trennt man einen Regelkreis im Rückführzweig vor der Vergleichseinrichtung<br />

auf, nennt man das Produkt der Übertragungsfunktionen aller im Kreis in<br />

Reihe geschalteten Übertragungsglieder die Übertragungsfunktion des<br />

offenen Kreises L(s) :<br />

L(s) = G R (s) . G S (s) . G M (s) (2.2.6)<br />

2.29<br />

s(1 + 10s)<br />

G M(s)<br />

= 0,0139<br />

ϕz () t


w(t)<br />

-<br />

G (s)<br />

R<br />

2.30<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

G (s)<br />

z<br />

Bild 2.2.3 : Zur Definition der Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises<br />

Befinden sich im Kreis noch mehr Übertragungsglieder, wenn z.B. die Stelleinrichtung<br />

G Stell (s) mit dargestellt wird <strong>und</strong> sich hinter der Meßeinrichtung noch ein Korrekturglied<br />

G K (s) befindet,<br />

w(t)<br />

G (s)<br />

W<br />

-<br />

G (s)<br />

R<br />

G (s)<br />

Stell<br />

G (s)<br />

K<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

y(t)<br />

z(t)<br />

G (s)<br />

z<br />

Bild 2.2.4 : Zur Berechnung der Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises<br />

so berechnet sich die Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises definitionsgemäß zu<br />

( ) ( ) ⋅ ( ) ⋅ ( ) ⋅ ( ) ⋅ ( )<br />

L s = G s G s G s G s G s . (2.2.7)<br />

R Stell S M K<br />

Wie man deutlich erkennt, werden bei der Bildung der Übertragungsfunktion L(s)<br />

außerhalb des Kreises liegende Übertragungsblöcke (G W (s), G Z (s)) nicht berücksichtigt.<br />

In der Literatur wird die Übertragungsfunktion des offenen Kreis manchmal irreführend als<br />

Kreisübertragungsfunktion bezeichnet.<br />

Für unseren Beispielkreis berechnet sich die Übertragungsfunktion des offenen<br />

Regelkreises zu<br />

y(t)


⎡Grad/ sek ⎤<br />

12<br />

⎢ V ⎥<br />

L( s ) = GR( s) ⋅GS( s) ⋅GM( s ) = 0,4 ⋅<br />

⎣ ⎦<br />

⋅0,0139<br />

V / Grad<br />

s1 10 seks ( + [ ] ⋅ )<br />

2.31<br />

( + [ ] ⋅ )<br />

[ ]<br />

⎡ 1 ⎤<br />

0,0667<br />

⎢sek =<br />

⎣<br />

⎥<br />

⎦<br />

(2.2.8)<br />

s1 10 seks 2.2.2 Das Führungsverhalten eines Regelkreises<br />

Das Führungsverhalten eines Regelkreises beschreibt die Auswirkung von Führungsgrößen−Signalaufschaltungen<br />

w(t) auf die Regelgröße y(t). Wie wir schon anschaulich in<br />

Kapitel 1.1.2 gezeigt haben, wird durch den Regelkreisaufbau <strong>und</strong> die darauf begründeten<br />

Wirkungsmechanismen die Regelgröße y(t) immer der Führungsgröße w(t) folgen.<br />

Basierend auf der sog. Führungsübertragungsfunktion TYW (s) kann dieses Verhalten<br />

quantitativ analysiert werden. Für den Standard−Regelkreis (Bild 2.2.1) ergibt sich die<br />

Führungsübertragungsfunktion nach den Berechnungsvorschriften für gekoppelte<br />

Übertragungssysteme /1/ zu<br />

( )<br />

( )<br />

R( ) ⋅<br />

( )<br />

S(<br />

)<br />

( )<br />

Ls ( )<br />

( )<br />

Y s G s G s<br />

TYW ( s ) = = . (2.2.9)<br />

W s 1 + GR s ⋅GS s ⋅GM<br />

s<br />

�����������<br />

Basierend auf dieser Übertragungsfunktion kann nach Einsetzen der spezifischen<br />

Übertragungsfunktion von GR (s), GS (s) <strong>und</strong> GM (s), Umstellung der Formel zur<br />

Ausgangsgröße Y(s), Wahl einer gewünschten Eingangserregung w(t) <strong>und</strong> Einsetzung<br />

ihrer Laplace−Transformierten W(s) = L{w(t)} in die folgende Gleichung<br />

⎧G R(s) ⋅ G S(s)<br />

⎫<br />

y(t) = L -1<br />

⎨ ⋅W(s)<br />

⎬<br />

(2.2.10)<br />

⎩ 1+ L(s) ⎭<br />

analytisch die Systemantwort y(t) berechnet werden.<br />

Zur einfacheren numerischen Berechnung der Sprungantwort y(t) mit dem Matlab-Befehl<br />

y = lsim (sys, u, t, x0);<br />

auf einen Führungssprung w(t) = ∆w . σ(t) wird direkt von der Übertragungsfunktion (2.2.9)<br />

ausgegangen. Diese wird in die Polynomform umgerechnet <strong>und</strong> mittels der<br />

Zuordnungsvorschrift mit der Übertragungsfunktionen in Zustandsmodelle umgeformt


werden können, in ein Zustandsmodell gewandelt (siehe /1/). Mit den entstehenden<br />

Systemmatrizen A, b, c, <strong>und</strong> d kann dann das zur Simulation notwendige Zustandsmodell-<br />

Objekt “sys“ erzeugt werden. "u" ist die Eigangsserregung <strong>und</strong> "t" das Beobachtungs-<br />

intervall über dem die Führungs-Sprungantwort grafisch darstellt werden soll. Mit "x0"<br />

können die Anfangswerte der Zustandsgrößen gesetzt werden. "y" ist die berechnete<br />

Systemausgangsgröße.<br />

Für unseren Beispiel-Regelkreis in Bild 2.2.2 gestaltet sich diese Berechnung wie folgt:<br />

Zunächst wird die Führungsübertragungsfunktion berechnet<br />

( )<br />

( )<br />

ϕw<br />

( + )<br />

( ) ( )<br />

+ ( )<br />

ϕ s GR s ⋅GS<br />

s<br />

TYW ( s ) = =<br />

U s 1 L s<br />

12<br />

0,4 ⋅<br />

s( 1 + 10s) 4,8<br />

= = . (2.2.11)<br />

0,0667 2<br />

1 +<br />

10s + s + 0,0667<br />

s 1 10s<br />

Da die Transformationsvorschrift zur Wandlung einer Übertragungsfunktion in ein<br />

Zustandsmodell in /1/ vorschreibt, daß der Koeffizient vor der höchsten s−Potenz im<br />

Nenner gleich eins ist, muß (2.2.11) durch 10 dividiert werden<br />

( )<br />

( )<br />

ϕ s 0,48<br />

T ( s ) = = .<br />

U s s + 0,1s + 0,00667<br />

YW 2<br />

ϕw<br />

Daraus ergibt sich dann folgendes Zustandsmodell, welches das Zeitverhalten der<br />

Regelgröße ϕ(t) bei Führung mit dem Signal u ϕw(t)beschreibt.<br />

()<br />

()<br />

() t = [ 0 1 ]<br />

2.32<br />

( )<br />

()<br />

⎡xt ⎤ ⎡0−0,00667⎤ ⎡x t ⎤ ⎡0,48⎤ = ⎢ ⋅ + ⋅ uϕwt 1 0,1<br />

⎥ ⎢<br />

0<br />

⎥<br />

⎣ ⎦ ⎣ ⎦<br />

1 1<br />

⎢ ⎥ ⎢ ⎥<br />

⎣x2 t ⎦ −<br />

⎣x2 t ⎦<br />

()<br />

()<br />

⎡x t ⎤<br />

ϕ ⋅ ⋅<br />

1<br />

⎢ ⎥<br />

⎣x2t ⎦<br />

()<br />

(2.2.12)<br />

Basierend auf diesem Modell können die zur Bildung des Zustandsmodell-Objekts<br />

benötigten Parameter abgelesen <strong>und</strong> das Objekt wie folgt parametriert werden:<br />

A=[0, -0.00667; 1, -0.1]; b=[0.48; 0]; c=[0, 1]; d=0;<br />

sys=ss(A,b,c,d);


Die restlichen Parameter zur Parametrierung des Simulationsbefehls “lsim“ werden wie<br />

folgt bestimmt:<br />

• Anfangswerte der Zustandsgrößen "x0"<br />

Die Anfangswerte der Zustandsgrößen werden gleich Null gesetzt, weil wir das Zustandsmodell<br />

(2.2.12) aus einer Übertragungsfunktion gewonnen haben <strong>und</strong> die<br />

Zustandsgrößen somit keine physikalische Bedeutung mehr haben (vergleiche /1/,<br />

Kapitel 1.2.7.1). In "lsim" kann der letzte Parameter x0 einfach weggelassen werden.<br />

• Beobachtungsintervalldauer "t = 0 : dt : tbeob"<br />

Bei der Wahl der Beobachtungsintervalldauer tbeob orientiert man sich zweckmäßig an<br />

den Zeitkonstanten der Übertragungsfunktion. Dazu muß Gleichung (2.2.11) in die<br />

V−Nor-malform gewandelt werden:<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

ϕ s 72<br />

T s = =<br />

YW<br />

U 2<br />

ϕw<br />

s 1 + 15s + 150s<br />

72<br />

= (2.2.13)<br />

2<br />

1 + 2 ⋅0,612 ⋅ 12,25s + 12,25s .<br />

2.33<br />

( )<br />

Um sowohl den Einschwingvorgang als auch den Endwert einer Sprungantwort<br />

darzustellen zu können, empfiehlt es sich<br />

tbeob ≈ (10 ... 20) . Tmax<br />

zu wählen. Tmax ist dabei die größte in der Übertragungsfunktion vorkommende<br />

Zeitkonstante. Die Rechenschrittweite dt wird ca. 0.01 mal kleiner gewählt als die<br />

kleinste in der Übertragungsfunktion vorkommende Zeitkonstante Tmin:<br />

dt ≤ 0.01 . Tmin<br />

Die Wahl von tend ist unkritisch <strong>und</strong> kann ausprobiert werden. dt sollte nie größer<br />

gewählt werden, als in der Formel angegeben. In unserem Falle ist Tmax = Tmin = 12,25<br />

sek.<br />

• Eingangserregung "u"<br />

Die Form der Eingangserregung hängt vom Zweck der Untersuchung des<br />

Führungsverhaltens des Regelkreises ab. Wie wir später noch sehen werden, wählt


man häufig einen Eingangssprung, weil damit eine gute Vergleichbarkeit verschiedener<br />

Simulationen erreicht wird <strong>und</strong> der Sprung i.a. eine starke dynamische Grenzbelastung<br />

des Regelkreises darstellt, in im praktischen Betrieb häufig gar nicht auftritt ("Worst<br />

Case Simulation").<br />

Die Wahl der Führungssprungamplitude hängt eng mit dem praktisch zu untersuchenden<br />

Regelkreis zusammen. Wir wollen eine Sprungamplitude von 2,5 V wählen,<br />

die wegen (2.2.2) auf einen stationären Endwert des Antennenwinkels von 180° führen<br />

müßte. Diesen Zusammenhang bestätigt auch die Führungsübertragungsfunktion in<br />

V−Normalform, wenn man zu ihrer Berechnung die Einheiten mitführt:<br />

( s)<br />

( )<br />

2.34<br />

[ ]<br />

[ ] ( [ ] )<br />

ϕ<br />

72 Grad/ V<br />

TYW ( s ) = = (2.2.14)<br />

U 2<br />

ϕw<br />

s 1 + 2 ⋅0,612 ⋅12,25 sek ⋅ s + 12,25 sek ⋅s<br />

Aus der Beziehung ∆y ( ∞) = V⋅∆ u folgt für unser Beispiel<br />

Grad<br />

∆ϕ( ∞) = V ⋅∆u ϕw=<br />

72 ⋅2,5<br />

V = 180 Grad . (2.2.15)<br />

V<br />

Damit ergibt sich zur Simulation einer Führungssprung-Antwort folgendes Matlab-<br />

Programm, das auch gleich einen Graphen berechnet.<br />

% Berechnung der Führungs-Sprungantantwort der<br />

% Winkel-Lage einer Teleskopantenne<br />

dt=0.1; % Rechenschrittweite des<br />

% Integrationsalgorithmus<br />

% (ca. ≤ 0.01*Tmin.<br />

tbeob=150; % Beobachtungs-Intervalldauer der<br />

% Sprungantwort.<br />

t=0:dt:tbeob; % Zeitachse.<br />

u=2.5*stepfun(t,0); % Führungssprung-Erregung<br />

A=[0, -0.00667; 1, -0.1]; % Systemparameter des Zustandsmodells<br />

b=[0.48; 0]; % für Führung.<br />

c=[0, 1];<br />

d=0;<br />

sys=ss(A,b,c,d); % Bildung eines Zustandsmodell-Objekts<br />

y=lsim(sys,u,t); % Berechnung der Sprungantwort<br />

plot(t,y), grid % Graph der Sprungantwort<br />

Der entstehende Graph (siehe Bild 2.2.5) bestätigt unsere Vorüberlegungen: nach einem<br />

kurzen Überschwinger von ca. 10% erreicht die Regelgröße einen Drehwinkel von 180°.


Bild 2.2.5 Führungssprungantwort des Regelkreises nach Bild 2.2.2 bei ∆u ϕw = 2,5 V<br />

Neben der Führungssprungantwort liefert auch das Bodediagramm der Führungsüber-<br />

tragungsfunktion T YW(s) interessante Aussagen über das Führungsverhalten des<br />

Regelkreises. Das Bodediagramm kann entweder mit Hilfe der Konstruktionsregeln in /1/<br />

von Hand oder mit Hilfe des Matlab-Befehls<br />

[betrag, phase_] = bode (sys, omega_bereich)<br />

rechnergestützt erstellt werden. Zur rechnergestützten Zeichnung des Bodediagramms<br />

unseres Beispielregelkreises gehen wir von dessen Führungsübertragungsfunktion in<br />

Polynomform (2.2.11)<br />

( )<br />

4,8<br />

TYW s =<br />

2<br />

10s + s + 0,0667<br />

Basierend auf diesem Modell können die zur Bildung des Übertragungsfunktions-Objekts<br />

benötigten Parameter abgelesen <strong>und</strong> das Übertragungsfunktions-Objekt “sys“ gebildet<br />

werden:<br />

zaehler = 4.8;<br />

nenner = [10, 1, 0.0667];<br />

sys = tf (zaehler, nenner);<br />

2.35


• Darstellungs-Frequenzbereich "omega-bereich"<br />

Bei der Wahl des Frequenzbereichs über dem das Bodediagramm dargestellt werden<br />

soll, orientiert man sich an den Kennfrequenzen der darzustellenden Übertragungsfunktion.<br />

Da die Kennfrequenzen nur in der V-Normalnormform definiert sind, wird diese<br />

betrachtet<br />

72<br />

T YW (s) = =<br />

2<br />

1+ 2 ⋅0.612 ⋅ 12,25s + (12,25s)<br />

72<br />

=<br />

s ⎛ s ⎞<br />

1+ 2⋅0.612⋅ +<br />

0.082<br />

⎜<br />

0,082<br />

⎟<br />

⎝ ⎠<br />

2.36<br />

2<br />

(2.2.16)<br />

Um die Kennfrequenz ω k = 0,082 1/sek. ≈ 0,1 1/sek. ungefähr in die Bildmitte zu<br />

bekommen, wird die Anfangsfrequenz = 0,001 1/sek. <strong>und</strong> eine Endfrequenz = 1 1/sek.<br />

gewählt, d.h., das Bodediagramm wird über vier Dekaden dargestellt.<br />

Damit ergibt sich zur Berechnung des Bodediagramms des Führungsverhaltens unserer<br />

Teleskopantenne folgendes Matlab-Programm:<br />

% Berechnung der Bodediagramms des Führungsverhaltens<br />

% des Winkel-Lageregelkreises einer Teleskopantenne<br />

zaehler=4.8; % Zähler der Führungs-<br />

% Übertragungsfunktion.<br />

nenner=[10, 1, 0.0667]; % Nenner der Führungs-<br />

% Übertragungsfunktion.<br />

sys=tf(zaehler, nenner); % Bildung eines Übertragungs-<br />

% funktions-Objekts<br />

omega_bereich=logspace(-3,1); % Darstellungsbereich.<br />

[betrag, phase_]=bode(sys, omega_bereich);<br />

% Berechnung des Bodediagramms.<br />

betrag=reshape(betrag,[1,length(omega_bereich)]);<br />

phase_=reshape(phase_,[1,length(omega_bereich)]);<br />

% Wandlung der 3D-Arrays „betrag“<br />

% <strong>und</strong> „phase“ in Vektoren.<br />

betrag_dB=20*log10(betrag); % Umrechnung der Betrags-<br />

% kennlinie in dB.<br />

subplot(2,1,1) % Zeichnung der Betragskennlinie.<br />

semilogx(omega_bereich, betrag_dB), grid<br />

subplot(2,1,2) % Zeichnung der Pasenkennlinie.<br />

semilogx(omega_bereich, phase_), grid<br />

<strong>und</strong> damit das Bodediagramm von Bild 2.2.6.


ω<br />

T ( j )<br />

YW dB<br />

40<br />

20<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

-60<br />

l YW q<br />

ϕ T ( jω)<br />

Grad<br />

-100<br />

-200<br />

10 -3<br />

Bild 2.2.6 : Bodediagramm des Führungsverhaltens des Regelkreises nach Bild 2.2.2<br />

An der Betragskennlinie erkennt man, daß bei Änderungsgeschwindigkeiten des<br />

Führungssignals bis ca. ω = 10 −1 1/sek. das Ausgangssignal ϕ(t) dem Eingangssignal<br />

u ϕw(t) wunschgemäß folgt:<br />

0<br />

ϕw<br />

( )<br />

( )<br />

ϕ jω ⎡Grad⎤ = 37 dB = ˆ 72 . (2.2.17)<br />

u jω ⎢ V ⎥<br />

⎣ ⎦<br />

dB<br />

ωb 10 1/<br />

sek.<br />

37dB -3dB<br />

10 -2<br />

(Die Amplitude des den Regelkreis erregende Sinussignal u ϕw(t) bei der Berechnung des<br />

Bodediagramms wird vom Befehl "bode" mit 1 angesetzt. Eine Führungsgrößenamplitude<br />

von 1V führt dann nach (2.2.2) auf einen Drehwinkel von 72 Grad)<br />

Höheren Änderungsgeschwindigkeiten ω > 10−1 1/sek der Führungsgröße kann die Regelgröße<br />

nicht mehr exakt folgen, da der Betragsverlauf zu hohen Frequenzen hin immer<br />

mehr gedämpft wird <strong>und</strong> dadurch die Drehwinkel-Änderungen immer kleiner werden. Die<br />

Frequenz, an der die Betragskennlinie um −3dB gegenüber dem ursprünglichen parallelen<br />

Verlauf zur Frequenzachse abfällt, bezeichnet man allgemein als Bandbreite ωb (in diesem<br />

Falle der Führungsverhaltens des Regelkreises).<br />

2.37<br />

−1<br />

10 -1<br />

Betragskennlinie<br />

Phasenkennlinie<br />

10 0<br />

10 1<br />

ω


2.2.3 Das Störverhalten eines Regelkreises<br />

Das Störverhalten eines Regelkreises beschreibt die Auswirkung von Störgrößen-<br />

einflüssen z(t) auf die Regelgröße y(t). Wie schon anschaulich in Kapitel 1 gezeigt wurde,<br />

werden der Regelkreisaufbau <strong>und</strong> die darauf begründeten Wirkungsmechanismen<br />

dahingehend wirken, daß Störungen − auch wenn sie dauernd auf den Kreis wirken −<br />

ausgeregelt werden, so daß nach einer gewissen Zeit die Regelgröße wieder den Wert der<br />

Führungsgröße annimmt.<br />

Basierend auf der sog. Störungsübertragungsfunktion TYZ(s) kann dieses Verhalten<br />

quantitativ analysiert werden. Für den Standard−Regelkreis (Bild 2.2.1) ergibt sich die<br />

Störungsübertragungsfunktion, wiederum bestimmt mit den Berechnungsvorschriften für<br />

gekoppelte Übertragungssysteme, aus<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

Y s GZ s<br />

TYZ ( s ) = = . (2.2.18)<br />

Z s 1 + L s<br />

Dabei ist GZ(s) ein fiktives Übertragungsglied, das als "Störfilter" bezeichnet wird. Mit ihm<br />

lassen sich Störangriffe in den Regelkreis so modellieren, daß sie über GZ(s) immer am<br />

Ausgang der Strecke angreifen.<br />

Wir können davon ausgehen, daß nur Störungen betrachtet werden müssen, die in der<br />

Umgebung der Strecke, nämlich am Eingang, irgendwo in die Strecke oder am Ausgang<br />

der Strecke angreifen. Störangriffe in Meß−, Vergleichs− <strong>und</strong> Regeleinrichtung können <strong>und</strong><br />

müssen von Regelungstechniker durch konstruktive/−technologische Maßnahmen<br />

beseitigt werden.<br />

Mit den Berechnungsvorschriften für gekoppelte Übertragungssysteme werden die<br />

verschiedenen Störangriffe in die Umgebung der Strecke wie folgt durch GZ(s) modelliert<br />

• Störangriff am Eingang der Strecke<br />

w(t)<br />

-<br />

G (s)<br />

R<br />

z(t)<br />

( )<br />

( )<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

y(t)<br />

( )<br />

( )<br />

2.38<br />

w(t)<br />

-<br />

G (s)<br />

R<br />

( )<br />

( )<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

z(t)<br />

G (s) = G (s)<br />

Z S<br />

Y s GZ s GS s<br />

TYZ ( s ) = = = (2.2.19)<br />

Z s 1 + L s 1 +<br />

L s<br />

y(t)


• Störangriff in die Strecke<br />

w(t)<br />

-<br />

G (s)<br />

R<br />

G (s)<br />

S1<br />

( )<br />

( )<br />

z(t)<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

S2<br />

G (s)<br />

M<br />

( )<br />

( )<br />

y(t)<br />

2.39<br />

w(t)<br />

-<br />

( )<br />

( )<br />

G (s)<br />

R<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

z(t)<br />

G (s) = G (s)<br />

Z S2<br />

Y s GZ s GS2 s<br />

TYZ ( s ) = = = (2.2.20)<br />

Z s 1 + L s 1 + L s<br />

• Störangriff am Ausgang der Strecke<br />

w(t)<br />

-<br />

G (s)<br />

R<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

( )<br />

( )<br />

z(t)<br />

y(t)<br />

w(t)<br />

-<br />

G (s)<br />

( )<br />

( ) ( )<br />

R<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

z(t)<br />

G (s) = 1<br />

Z<br />

Y s GZ s 1<br />

TYZ ( s ) = = = (2.2.21)<br />

Z s 1 + L s 1 + L s<br />

Zur analytischen Berechnung der Systemantwort y(t) auf eine Störgrößenänderung z(t),<br />

wird zunächst die Übertragungsfunktion T YZ(s) ausgewählt, die den Störangriff der vor-<br />

liegenden Problemstellung beschreibt (für unser Beispiel müßte die Gleichung (2.2.21)<br />

gewählt werden, da bei ihr der Störangriff am Ausgang der Strecke liegt). Nach Einsetzen<br />

der problemspezifischen Übertragungsfunktion von Regler, Strecke <strong>und</strong> Meßeinrichtung in<br />

T YZ(s), Umstellung zur Ausgangsgröße Y(s), Wahl <strong>und</strong> Transformation einer gewünschten<br />

Störsignalform z(t) kann die Systemantwort analytisch mittels Partialbruchzerlegung <strong>und</strong><br />

Laplace−Rücktransformation berechnet werden.<br />

Zur numerischen Berechnung der Störsprungantwort y(t) auf einen Störsprung z(t) = ∆z.σ(t)<br />

wird direkt von der Übertragungsfunktion (2.2.18) ausgegangen. Wiederum nach<br />

Umrechnung in die Polynomform <strong>und</strong> Bildung des Zustandsmodells, kann mit den Koeffi-<br />

zienten dieses Zustandsmodells ein Zustandsmodell-Objekt berechnet <strong>und</strong> damit der<br />

y(t)<br />

y(t)


Befehl "lsim" parametriet <strong>und</strong> die Störsprungantwort numerisch berechnet werden. Für<br />

unseren Beispielregelkreis (Bild 2.2.2) geschieht diese Berechnung folgendermaßen: nach<br />

Bestimmung der Störungsübertragungsfunktion<br />

( )<br />

( )<br />

2<br />

( )<br />

( )<br />

ϕ s GZs 1<br />

TYZ ( s ) = = =<br />

ϕ 0,0667<br />

Z s 1 + L s<br />

1 +<br />

s1 + 10s<br />

2.40<br />

( )<br />

s + 0,1s<br />

= (2.2.22)<br />

2<br />

s + 0,1s + 0,00667<br />

wird wieder nach /1/ das dazugehörige Zustandsmodell gebildet. Da mit (2.2.22) der Fall<br />

vorliegt, daß der Zählergrad m gleich dem Nennergrad n ist, muß zunächst eine Polynom-<br />

division vorgenommen werden<br />

2 2<br />

( ) ( )<br />

−0,00667<br />

s + 0,1s : s + 0,1s + 0,00667 = 1 +<br />

,<br />

2<br />

s + 0,1s + 0,00667<br />

2 ( s 0,1s 0,00667)<br />

− + +<br />

−<br />

0,00667 (2.2.23)<br />

wodurch sich der Durchgangsfaktor d = 1 <strong>und</strong> eine transformierbare Restübertragungs-<br />

funktion ergibt. Die Transformation führt auf folgendes Zustandsmodell<br />

⎡ • ⎤<br />

⎢x1() t ⎥ ⎡0 −0,00667 ⎤ ⎡x1() t ⎤ ⎡−0,00667⎤ ⎢<br />

= z t<br />

• ⎥ ⎢ ⎢ ⎥ + ϕ<br />

1 − 0,1<br />

⎥<br />

x2() t<br />

⎢<br />

0<br />

⎥<br />

⎢x2() t ⎥ ⎣ ⎦ ⎣ ⎦ ⎣ ⎦<br />

⎣ ⎦<br />

() [ 0 1 ] x () t<br />

x () t<br />

ϕ t = ⎡ 1 ⎤ + 1 ϕzt<br />

.<br />

⎢ ⎥<br />

⎣ 2 ⎦<br />

()<br />

()<br />

(2.2.24)<br />

Als Eingangsamplitude des Störsprunges wird in Ermangelung von realen Werten<br />

angenommen, daß eine Windkraft auftritt, die die Teleskopantenne sprungartig um ϕ z(t) =<br />

30° verdreht.<br />

Das zur Berechnung der Störsprungantwort notwendige Matlab-Programm ergibt sich<br />

damit zu:<br />

% Berechnung der Störungs-Sprungantantwort der<br />

% Winkel-Lage Regelung einer Teleskopantenne<br />

dt=0.1; % Rechenschrittweite des<br />

% Integrationsalgorthmus<br />

tbeob=150; % Beobachtungs-Intervalldauer der<br />

% Sprungantwort.


t=0:dt:tbeob; % Zeitachse.<br />

u=30*stepfun(t,0); % Störsprung-Erregung<br />

A=[0, -0.00667; 1, -0.1]; % Systemparameter des Zustandsmodells<br />

b=[-0.00667; 0]; % für Störung.<br />

c=[0, 1];<br />

d=1;<br />

sys=ss(A,b,c,d); % Bildung eines Zustandsmodell-Objekts<br />

y=lsim(sys,u,t); % Berechnung der Sprungantwort<br />

plot(t,y), grid % Graph der Sprungantwort<br />

Das Programm berechnet folgende Störsprungantwort:<br />

ϕ ( t )<br />

Grad<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

-5<br />

0 50 100 t<br />

sek<br />

150<br />

Bild 2.2.7 : Störsprungantwort des Regelkreises nach Bild 2.2.2 bei ∆ϕz = 30°<br />

Man erkennt, daß die sprungförmige Störung im Zeitpunkt t = 0 den Antennenwinkel um<br />

30° auslenkt, der Regelkreis aber dieser Störung entgegenwirkt <strong>und</strong> mit einem kurzen<br />

Unterschwinger wieder den Winkel null Grad einstellt, die Störung also ausregelt (linke<br />

Skala von Bild 2.2.7). An dieser Stelle ist anzumerken, daß das obige Programm die<br />

Berechnung der Sprungantwort auf ein Nullniveau bezieht. Geht man davon aus, daß die<br />

Störung eintritt, wenn die Regelgröße ϕ(t) vorher durch eine entsprechende<br />

Führungsgröße schon stationär auf z.B. 180° geführt wurde, kann man zu allen<br />

Ordinatenwerten +180° hinzu addieren. Man erhält damit die rechte Skalierung von Bild<br />

2.2.7. Diese Manipulation ist erlaubt, weil wir ausschließlich lineare Systeme betrachten.<br />

Auch mit einer anderen Programmierung, die den alten Wert der Regelgröße<br />

berücksichtigt, wäre ein Ergebnis mit der rechten Skalierung möglich.<br />

Bei der Beurteilung des Störungsverhaltens eines Regelkreises bedient man sich auch<br />

gern des Bodediagramms der Störungsübertragungsfunktion. Zur numerischen<br />

Berechnung des Bodediagramms unseres Beispielkreises gehen wir wieder von der<br />

Störungsübertragungsfunktion in Polynomform (2.2.22) aus<br />

2.41<br />

210<br />

200<br />

190<br />

180


s + 0,1s<br />

TYZ ( s ) = .<br />

2<br />

s + 0,1s + 0,00667<br />

2<br />

Aus dieser Übertragungsfunktion lassen sich das Berechnungsprogramm in Matlab<br />

ableiten <strong>und</strong> damit das folgende Bodediagramm berechnen:<br />

% Berechnung der Bodediagramms des Störungsverhaltens<br />

% des Winkel-Lageregelkreises einer Teleskopantenne<br />

zaehler=[1, 0.1, 0]; % Zähler der Störungs-<br />

% Übertragungsfunktion.<br />

nenner=[1, 0.1, 0.00667]; % Nenner der Störungss-<br />

% Übertragungsfunktion.<br />

sys=tf()zaehler, nenner); % Übertragungsfunktions-Objekt<br />

omega_bereich=logspace(-3, 1);<br />

% Darstellungsbereich.<br />

[betrag, phase_]=bode(sys, omega_bereich);<br />

% Berechnung des Bodediagramms.<br />

betrag=reshape(betrag,[1,length(omega_bereich)]);<br />

phase_=reshape(phase_,[1,length(omega_bereich)]);<br />

% Wandlung der 3D-Arrays „betrag“<br />

% <strong>und</strong> „phase“ in Vektoren.<br />

betrag_dB=20*log10(betrag); % Umrechnung der Betrags-<br />

% kennlinie in dB.<br />

subplot(2,1,1) % Zeichnung der Betragskennlinie.<br />

semilogx(omega_bereich, betrag_dB), grid<br />

title('Betragskennlinie')<br />

subplot(2,1,2) % Zeichnung der Pasenkennlinie.<br />

semilogx(omega_bereich, phase_), grid<br />

title('Phasenkennlinie')<br />

An der Betragskennlinie (Bild 2.2.8) erkennt man, daß Störungen mit Änderungsgeschwindigkeiten<br />

bis ca. ω = 10−1 1/sek. unterdrückt werden, d.h. sehr gering bis<br />

gering auf die Regelgröße durchwirken. Zum Beispiel zeigt die Betragskennlinie bei einer<br />

Änderungsgeschwindigkeit des Störsignals von ω = 10−2 1/sek eine Dämpfung von ca.<br />

−18dB an. Das heißt, ein solches Störsignal wird um den Faktor gedämpft.<br />

Anschaulich bedeutet dies, daß eine Störung ϕz(t) dieser Frequenz mit einer<br />

Maximalamplitude von 30° eine Regelgrößenveränderung von maximal 30° . 0,125 = 3,75°<br />

hervorruft.<br />

Bei einem Vergleich der Bodediagramme des Führungsverhaltens (Bild 2.2.6) <strong>und</strong> des<br />

Störverhaltens (Bild 2.2.8) stellt man fest, daß die Bereiche für gutes Führungs− <strong>und</strong> gutes<br />

Störverhalten den gleichen Frequenzbereich, 0 bis ≈ ωb überdecken. Bei Signaländerungsgeschwindigkeit<br />

der Stell− <strong>und</strong> Störgröße über ωb = 10−1 − 18dB<br />

10 20dB<br />

1/sek hinaus, sind<br />

beide Verhaltensweisen schlecht: Führungsgrößenänderungen werden gedämpft, Störgrößenänderungen<br />

werden mit 0 dB Dämpfung, d.h. ungedämpft auf die Regelgröße<br />

übertragen.<br />

2.42


TYZ( jω)<br />

dB<br />

10<br />

0<br />

-10<br />

-20<br />

-30<br />

-40<br />

ϕ T jω<br />

Grad<br />

100<br />

m r<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

YZb g<br />

Bild 2.2.8 : Bodediagramm des Störverhaltens des Regelkreises nach Bild 2.2.2<br />

Alle optimierten Regelkreise zeigen ein ähnliches Verhalten.<br />

2.2.4 Das Stellverhalten des Regelkreises<br />

10<br />

10<br />

-2<br />

-2<br />

Betragskennlinie<br />

Bei der Untersuchung des Stellverhaltens von Regelkreisen interessieren wir uns für den<br />

zeitlichen Verlauf der Stellgröße u(t) bei einer Führungsgrößenänderung w(t) oder einer<br />

Störeinwirkung z(t). Der Verlauf der Stellgröße scheint auf den ersten Blick zur Bewertung<br />

der Regeleigenschaften eines Regelkreises von untergeordneter Bedeutung zu sein, da<br />

wir uns primär für sein Führungs− <strong>und</strong> Störungsverhalten in Bezug auf die Regelgröße<br />

interessieren. In dem Bestreben, die Regelgröße durch eine entsprechende Reglerein-<br />

stellung Führungsgrößenänderungen möglichst schnell folgen zu lassen bzw. Störungen<br />

auszuregeln, kann es vorkommen, daß Stellamplituden auftreten, die den linearen Aus-<br />

steuerbereich des Stellgliedes überschreiten, d.h. das Stellglied wird übersteuert.<br />

Für die Kursregelung eines Schiffes würde dies bedeuten, daß der Stellmotor für das<br />

Ruder noch angesteuert wird, obwohl das Ruder bereits am Anschlag liegt (vergleiche Bild<br />

2.2.9).<br />

Durch das in diesem Falle nichtlineare Verhalten des Regelkreisgliedes kann das<br />

Verhalten des Regelkreises i.a. nicht mehr vorhergesagt werden. In bestimmten Fällen<br />

kann der Kreis sogar instabil werden. Ohne besondere konstruktive Maßnahmen würde<br />

10 -1<br />

Phasenkennlinie<br />

10 -1<br />

2.43<br />

10 0<br />

10 0<br />

ω<br />

1/ sek.<br />

10 1<br />

10 1


Aussteuerspannung für<br />

den Stellmotor u(t)<br />

u max<br />

0<br />

0<br />

Bild 2.2.9 : Stellgliedübersteuerung bei einer Ruderanlage<br />

auch das Stellglied zerstört werden können. Es ist also wichtig, bei jedem Reglerentwurf<br />

zu überprüfen, ob eine Stellgrößenbeschränkung überschritten wird. Dies kann sowohl bei<br />

Führungsgrößenänderungen als auch bei der Ausregelung von Störungen geschehen. Wie<br />

wir später noch sehen werden, ist es i.a. immer möglich, den Reglerentwurf so zu<br />

modifizieren, z.B. durch Senkung der Ansprüche an die Regelgeschwindigkeit, daß es zu<br />

keiner Stellgliedübersteuerung kommt.<br />

Die analytische Berechnung des Stellgrößenverlaufes basiert auf den sog. Stellgrößen−<br />

übertragungsfunktionen<br />

( )<br />

( )<br />

2.44<br />

( )<br />

( )<br />

Us Us<br />

TUW ( s ) = <strong>und</strong> TUZ ( s ) = ,<br />

W s Z s<br />

die uns Auskunft über das Stellverhalten bei Führung <strong>und</strong> bei einer Störung geben. Nach<br />

den Gesetzen über die Verknüpfung gekoppelter Übertragungssysteme berechnet sich die<br />

Stellgrößenübertragungsfunktion bei Führung mit W(s) als Eingangs− <strong>und</strong> U(s) als<br />

interessierende Ausgangsgröße zu (vergleiche Bild 4.2.14)<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

Us GR s<br />

TUW ( s ) = = (2.2.25)<br />

W s 1 + L s<br />

<strong>und</strong> die Stellgrößenübertragungsfunktion bei Störung zu<br />

t<br />

( )<br />

( )<br />

Ruderanlage<br />

( ) ( )<br />

+ ( )<br />

Ruderwinkel ϕ<br />

ϕ max<br />

Us −GZ s⋅G M(s)G ⋅ R s<br />

TUZ ( s ) = = . (2.2.26)<br />

Z s 1 L s<br />

Nach Einsetzen der problemspezifischen Übertragungsfunktionen, Umstellung nach U(s)<br />

<strong>und</strong> Einsetzen der Laplace−Transformierten der gewünschten Stör− bzw. Führungserregungen,<br />

Partialbruchzerlegung <strong>und</strong> Laplace−Rücktransformation, können die Stellgrößenverläufe<br />

analytisch berechnet werden. Zur numerischen Berechnung des Stellgrößenverlaufs<br />

bei sprungförmigen Führungs− <strong>und</strong> Störgrößenerregungen müssen die<br />

0 0<br />

t


eiden Übertragungsfunktionen (2.2.25) <strong>und</strong> (2.2.26) wieder in Polynomform gewandelt, in<br />

ein Zustandsmodell umgerechnet werden.<br />

Für unseren Beispielkreis (Bild 2.2.2) ergibt sich folgende Stellgrößenübertragungsfunktion<br />

bei Führung<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

Us GR s 0,4<br />

TUW ( s ) = = =<br />

U 0,0667<br />

ϕ W s 1 + L s<br />

1 +<br />

s1 10s<br />

<strong>und</strong> daraus folgendes Zustandsmodell<br />

2 ( 0,4s 0,04s 0,00267 )<br />

2.45<br />

( + )<br />

2 2<br />

4s + 0,4s 0,4s + 0,04s<br />

= = (2.2.27)<br />

2 2<br />

10s + s + 0,0667 s + 0,1s + 0,00667<br />

−0,00267<br />

+ +<br />

2 2<br />

0,4s + 0,04s : s + 0,1s + 0,00667 = 0,4 +<br />

2<br />

s 0,1s 0,00667<br />

− + +<br />

()<br />

()<br />

− 0,00267<br />

( )<br />

()<br />

⎡xt ⎤ ⎡0−0,00667⎤ ⎡x t ⎤ ⎡−0,00267⎤ =<br />

⎢<br />

+ ⋅ u w t<br />

1 0,1 ⎥ ⎢ 0 ⎥ ϕ<br />

⎣ ⎦ ⎣ ⎦<br />

1 1<br />

⎢<br />

2 t<br />

⎥<br />

−<br />

⎢<br />

x2 t<br />

⎥<br />

⎣x⎦ ⎣ ⎦<br />

() [ ] ()<br />

x () t<br />

u t = 0 1 ⎡x1t ⎤ + 0,4 ⋅ uϕwt .<br />

⎢ ⎥<br />

⎣ 2 ⎦<br />

()<br />

()<br />

(2.2.28)<br />

Mittels "lsim" kann dann in einem Matlab-Programm die Sprungantwort berechnet werden<br />

(siehe Bild 2.2.10)<br />

Dieser Stellgrößenverlauf, der bei t = 0, also im Zeitpunkt der Führungssprung−Aufschaltung<br />

mit einem Maximalwert von 1 V beginnt <strong>und</strong> bei ca. t = 100 sek gegen Null verläuft,<br />

ist anschaulich interpretierbar (vergleiche Bild 2.2.2). Nach Aufschaltung von ∆uϕw = 2,5 V<br />

wird dieses Signal unverzögert durch den proportional wirkenden Regler, der einen Verstärkungsfaktor<br />

von V = 0,4[−] hat, zur Stellgröße u(t) = V . ∆uϕw = 0,4 . 2,5 V = 1 V<br />

weitergeleitet. Im weiteren Verlauf wird über die Meßeinrichtung die dem Drehwinkel der<br />

Antenne proportionale Meßspannung uϕ (t) negativ auf die Vergleichseinrichtung zurückgeführt,<br />

wodurch der Einschwingvorgang in Bild 2.2.10 entsteht. Ab t ≈ 100 sek wird u<br />

ϕw (t) = uϕ (t) = 2,5 V, so daß sich ein u(t) von Null einstellt. Die integral wirkende Strecke<br />

erhält damit kein Eingangssignal mehr <strong>und</strong> die Drehung der Antenne kommt bei 180°<br />

Drehwinkel zur Ruhe (vergleiche die Führungssprungantwort in Bild 2.2.5, die unter der<br />

gleichen Erregungsbedingung uϕw(t) = 2,5 V⋅σ(t) bestimmt wurde).


Bild 2.2.10 : Stellgrößenverlauf des Regelkreises nach Bild 2.2.2<br />

bei einem Führungsgrößensprung mit ∆u ϕw = 2,5 V<br />

An dieser Stelle sind einige zusätzliche Bemerkungen wichtig:<br />

• Zunächst ist bei dem betrachteten Beispiel nicht damit zu rechnen, daß die Stellgröße<br />

u(t), die laut Aufgabenstellung einen Aussteuerbereich von ±5 V hat, bei Führung<br />

übersteuert wird. Nach Bild 2.2.10 wird bei einem Führungsgrößensprung von 2,5 V,<br />

der 50 % (180°) des Stellbereiches der Regelgröße umfaßt, nur eine Maximalamplitude<br />

von 1 V erzeugt.<br />

• Bei der Erreichung eines stationären Regelkreis−Zustandes, z.B. wenn nach einem<br />

Führungsgrößensprung von 2,5 V der Drehwinkel der Antenne bei ϕ = 180° zur Ruhe<br />

kommt, muß <strong>und</strong> wird sich auch allgemein vor allen integral wirkenden Gliedern des<br />

Kreises ein Signalpegel von Null einstellen.<br />

Dies ist auch bei unserem Beispiel der Fall. Eine Eingangsgröße ungleich Null würde zu<br />

einer Auf− oder Abintegration des Ausgangssignals des Übertragungsgliedes mit<br />

Integralanteil führen. D.h. das System käme nicht zur Ruhe. Bei global proportionalen<br />

Systemelementen ist das Verhalten anders. Wir gehen darauf noch im nächsten Kapitel<br />

ein.<br />

Wenden wir uns zunächst noch der Berechnung des Stellgrößenverlaufs unseres<br />

Beispielregelkreises bei einer Störung zu, die aus der Stellgrößenübertragungsfunktion<br />

(2.2.26) berechnet wird<br />

2.46


Z<br />

( )<br />

( )<br />

( + )<br />

( ) ( )<br />

( )<br />

( )<br />

2.47<br />

( ) ( )<br />

( )<br />

U s −GZ s ⋅GM s ⋅GR s −GM s ⋅GR<br />

s<br />

TUZ ( s ) = = =<br />

ϕ s 1 + L s 1 + L s<br />

−3 2 −3<br />

−0,0139 ⋅0,4 −5,56⋅10s − 0,556 ⋅10s<br />

= = (2.2.29)<br />

0,0667 2<br />

1 +<br />

s + 0,1s + 0,00667<br />

s 1 10s<br />

−3 2 −3<br />

2<br />

−5, 56 ⋅10 s − 0, 556 ⋅ 10 s : s + 0, 1s + 0, 00667<br />

=<br />

−3<br />

−556 , ⋅ 10 +<br />

Das daraus entstehende Zustandsmodell<br />

( )<br />

()<br />

−3<br />

0, 0371⋅10 .<br />

2<br />

s + 0, 1s + 0, 00667<br />

( )<br />

()<br />

⎡x 3<br />

1 t ⎤ −<br />

⎡x1 t ⎤ ⎡ − ⎤<br />

⎡00,00667⎤ =<br />

0,0371⋅10 ⎢ + ⋅ ϕzt<br />

x t<br />

⎥ ⎢1 −0,1<br />

⎥ ⎢<br />

x t<br />

⎥ ⎢<br />

0<br />

⎥<br />

⎣ ⎦ ⎣ ⎦<br />

⎣ 2 ⎦ ⎣ 2 ⎦<br />

() [ ] x () t<br />

x () t<br />

u t = 0 1 ⎡ 3<br />

1 ⎤ − −<br />

5,56 ⋅10<br />

⋅ϕz<br />

t<br />

⎢ ⎥<br />

⎣ 2 ⎦<br />

=<br />

()<br />

()<br />

(2.2.30)<br />

führt mit einem Matlab-Programm berechnet bei einer Störung ∆ϕ z = 30° auf folgende<br />

Sprungantwort:<br />

Bild 2.2.11 : Stellgrößenverlauf des Regelkreises nach Bild 2.2.2<br />

bei einem Störgrößensprung mit ∆ϕ z = 30°


Auch diese Sprungantwort ist anschaulich interpretierbar. Eine sprungförmige Winkel-<br />

störung mit ∆ϕ z = 30° wird von der Meßeinrichtung erfaßt (vergleiche Bild 2.2.2) <strong>und</strong> auf<br />

die Spannung u ϕ (t) = 0,0139 V/Grad . 30 Grad = 0,417 V abgebildet. Da das Matlab-<br />

Programm von einer Führungsgröße von Null ausgeht, ergibt sich für t = 0 eine<br />

Regelabweichung von e(t) = −0,417 V, die vom Regler zur Stellgröße u(0) = V . e(0) =<br />

0,4 . (−0,417) V = −0,167 V gewandelt wird. Nach Abklingen des Regelvorganges wird u(t)<br />

ab t ≈ 100 sek wieder Null. Auch bei nicht anzunehmenden größeren Störungen würde die<br />

Stellgrößenschranke ±5V nie überschritten.<br />

Man sollte allerdings auch bestrebt sein, alle Reserven des Regelkreises umfassend zu<br />

nutzen, d.h. den Stellbereich voll auszusteuern. In unserem Falle könnte durch Einsatz<br />

eines anderen Reglertyps die Regelgeschindigkeit erhöht <strong>und</strong> damit der Stellbereich<br />

besser ausgenutzt werden. Da uns für diese Betrachtungen noch einige Gr<strong>und</strong>lagen<br />

fehlen, gehen wir darauf im Kapitel 2.3 ein.<br />

Das Bodediagramm des Stellverhaltens ist im Gegensatz zu dem des Führungs− <strong>und</strong><br />

Störungsverhaltens nicht von so großer Bedeutung. Wir wollen es an dieser Stelle nicht<br />

betrachten.<br />

2.2.5 Das statische Verhalten eines Regelkreises<br />

Obwohl durch die Wirkungsstruktur eines Regelkreises (Kreis mit ständiger Erfassung der<br />

Regelgröße <strong>und</strong> Wirkungsumkehr) tendenziell Führungsgrößen gefolgt wird <strong>und</strong><br />

Störungen ausgeregelt werden, ist es nicht bei jeder beliebigen<br />

Übertragungsfunktions−Konfiguration der Regelkreisbauglieder sichergestellt, daß der<br />

Regelkreis stationär genau arbeitet, d.h. die Regelgröße immer genau den Wert der<br />

Führungsgröße annimmt. Unter gewissen Umständen, die schon kurz in Kapitel 2.1.4<br />

angerissen wurden, kann der Re-gelkreis eine bleibende Regelabweichung behalten. Als<br />

Regelabweichung (Regelfehler, Regeldifferenz) e(t) bezeichnet man die Differenz<br />

zwischen Führungsgröße w(t) <strong>und</strong> Meßgröße yM (t), die hinter der Vergleichseinrichtung<br />

gemessen werden kann (siehe Bild 2.2.12). Der zeitliche Verlauf von e(t) ergibt sich somit<br />

aus der Differenz der dynamischen Verläufe von w(t) <strong>und</strong> yM (t). Interessant <strong>und</strong> wichtig für<br />

die Regelaufgabe ist jedoch nicht der dynamische Verlauf von e(t) sondern der<br />

stationäre Endwert lim e() t = e(<br />

)<br />

t →∞<br />

∞ nach<br />

2.48


w(t)<br />

Bild 2.2.12 : Der Meßort der Regelabweichung e(t)<br />

Aufschaltung einer Führungsgrößenänderung w(t) oder Angreifen einer Störung z(t).<br />

Erreicht e(t) für t→∞ den Wert Null, arbeitet der Regelkreis stationär genau. Bleibt e(∞) ≠<br />

0, macht der Regelkreis einen stationären Regelfehler. Man sagt auch, er hat eine<br />

bleibende Regelabweichung.<br />

Da nicht der dynamische Verlauf von e(t) interessiert, sondern nur der stationäre Endwert<br />

e(∞), kann zu seiner Berechnung der Endwertsatz der Laplace−Transformation<br />

herangezogen werden.<br />

e(t) = w(t) −y<br />

M(t)<br />

• Bleibende Regelabweichung bei Führung<br />

Aus der Regelabweichungsübertragungsfunktion bei Führung (vergleiche Bild 2.2.12)<br />

( )<br />

( ) + ( )<br />

Es 1<br />

TEW ( s ) = = (2.2.31)<br />

W s 1 L s<br />

kann die Regelabweichung im Laplace−Bereich berechnet werden<br />

1<br />

E( s) = TEW ( s) ⋅ W( s) = ⋅W(<br />

s )<br />

(2.2.32)<br />

1 + L s<br />

Nach dem Endwertsatz der Laplace−Transformation berechnet sich dann die stationäre<br />

Regelabweichung bei Führung nach<br />

G R(s)<br />

S<br />

y M(t)<br />

( ∞) ( ) ⋅ ( )<br />

e = lim e t = lim s E s<br />

t→∞ s→0 • Bleibende Regelabweichung bei Störung<br />

( )<br />

s<br />

= lim s ⋅TEW ( s) ⋅W( s ) = lim ⋅W(<br />

s ) . (2.2.33)<br />

s→0 s→0 1 + L s<br />

Aus der Regelabweichungsübertragungsfunktion bei Störung nach Bild 2.2.12<br />

2.49<br />

G (s)<br />

G M(s)<br />

z(t)<br />

G Z(s)<br />

( )<br />

y(t)


( )<br />

( )<br />

( ) ( )<br />

+ ( )<br />

Es −GZ s⋅GM s<br />

TEZ ( s ) = = (2.2.34)<br />

Z s 1 L s<br />

kann wiederum die Regelabweichung im Laplace−Bereich berechnet werden<br />

( ) ( )<br />

+ ( )<br />

−GZ s ⋅GM<br />

s<br />

Es ( ) = TEZ ( s) ⋅Zs ( ) = ⋅Zs<br />

( ) .<br />

1 L s<br />

Mit dem Endwertsatz der Laplace−Transformation berechnet sich damit die stationäre<br />

Regelabweichung bei Störung<br />

( ∞) ( ) ⋅ ( )<br />

e = lim e t = lim s E s<br />

t→∞ s→0 2.50<br />

( ) ( )<br />

( )<br />

−s⋅GZ s ⋅GM<br />

s<br />

= lim s ⋅TEZ ( s) ⋅Z( s ) = lim ⋅Z(<br />

s ) . (2.2.35)<br />

s→0 s→0 1 + L s<br />

Wir wollen nun zeigen, daß das Auftreten <strong>und</strong> die Höhe der bleibenden Regelabweichung<br />

von der Form der Führungs− <strong>und</strong> Störsignale <strong>und</strong> der Anzahl der Integratoren im Kreis<br />

abhängig ist. Zur Vereinfachung der Rechnung wählen wir einen Regelkreis bei dem<br />

G M (s) = 1 gesetzt wird. Die Streckenstörungen denken wir uns auf den Streckenausgang<br />

umgerechnet <strong>und</strong> zu einer "Ersatzstörung" z*(t) zusammengefaßt. Regler <strong>und</strong> Strecke<br />

werden auch zusammengefaßt <strong>und</strong> durch die Übertragungsfunktion des offenen Kreises in<br />

V−Normalform ausgedrückt:<br />

W(s)<br />

-<br />

E(s)<br />

L(s) = V 1<br />

sk . . Z(s)<br />

N(s)<br />

Z*(s)<br />

Bild 2.2.12a : Ein Einfachregelkreis zur Analyse der bleibenden Regelabweichung<br />

V ist das Produkt aus Regler− <strong>und</strong> Streckenverstärkungsfaktor. Für den Regelkreis nach<br />

Bild 2.2.12a berechnet sich die Regelabweichung im Laplace−Bereich dann wie folgt<br />

1<br />

E( s ) = ⎡W( s ) − Z * ( s ) ⎤ . (2.2.36)<br />

1 + L s<br />

⎣ ⎦<br />

( )<br />

Da sich der Einfluß von W(s) <strong>und</strong> Z*(s) nur durch das Vorzeichen unterscheiden, genügt<br />

es, wenn wir nur den Einfluß von W(s) studieren. Die bleibende Regelabweichung e(∞)<br />

Y(s)


kann dann mit der folgenden Beziehung berechnet werden:<br />

s<br />

e ( ∞) = lim e( t ) = lim s ⋅E( s ) = lim ⋅Ws<br />

t→∞ s→0 s→0 1 + L s<br />

( )<br />

( )<br />

2.51<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

k + 1<br />

⋅ ( )<br />

( ) ( )<br />

s<br />

s N s<br />

= lim ⋅Ws = lim ⋅Ws<br />

s→0 V⋅Z s s→0 k<br />

s ⋅ N s + V⋅Z s<br />

+<br />

k<br />

1<br />

s ⋅N<br />

s<br />

k + 1<br />

s<br />

= lim ⋅ W ( s ) ; (wegen Z( 0 ) = N( 0 ) = 1) (2.2.37)<br />

s→0 k<br />

s + V<br />

Als Testeingangssignale wählen wir die Einheitssprungfunktion<br />

<strong>und</strong> die Anstiegsfunktion<br />

1<br />

w(t) =σ(t) ⇒ W(s) = L -1 { σ (t) } =<br />

(2.2.38)<br />

s<br />

1<br />

w(t) = t ⇒ W(s) = L -1 {} t = . (2.2.39)<br />

2<br />

s<br />

Eine Sprungfunktion dient als Führungsgröße, wenn die Regelgröße einen konstanten<br />

Wert annehmen <strong>und</strong> halten soll (Festwertregelung). Anstiegsfunktionen sind häufig<br />

Führungsgrößen bei Regelkreisen, bei denen die Regelgröße der dynamischen Änderung<br />

der Führungsgröße folgen soll (Folgeregelungen).<br />

Mit Hilfe von (2.2.37) <strong>und</strong> den Testfunktionen (2.2.38) <strong>und</strong> (2.2.39) läßt sich dann folgende<br />

Tabelle der bleibenden Regelabweichung in Abhängigkeit der Testerregungen <strong>und</strong> der<br />

Anzahl der Integratoren im Kreis berechnen.<br />

Erregung w(t)<br />

σ<br />

t<br />

() t<br />

k = 0<br />

Anzahl der Integratoren im Kreis<br />

k = 1<br />

k = 2<br />

(kein Integrator) (ein Integrator) (zwei Integratoren)<br />

∗)<br />

1<br />

e( ∞ ) =<br />

1+ V<br />

e( ∞ ) =∞<br />

e( ∞ ) = 0<br />

∗)<br />

1<br />

e( ∞ ) =<br />

V<br />

e ( ∞)<br />

= 0<br />

e ( ∞)<br />

= 0<br />

Tabelle 2.2.1: Bleibende Regelabweichung in Abhängigkeit von der Erregungsform<br />

<strong>und</strong> der Anzahl der Integratoren im Regelkreis<br />

Man erkennt deutlich, daß mit wachsender Anzahl von Integratoren im Regelkreis die<br />

( )


Neigung zu bleibender Regelabweichung abnimmt. Befindet sich kein Integrator im Kreis,<br />

so wird bei einer rampenförmigen Führungs− oder Störgröße die Regelabweichung<br />

unendlich groß. Bei einer sprungförmigen Erregung bleibt eine Regelabweichung von<br />

1/(1+V). Befindet sich ein Integrator im Kreis werden sprungförmige Erregungen völlig <strong>und</strong><br />

rampenförmige bis auf 1/V ausgeregelt. In den mit *) gekennzeichneten Fällen kann durch<br />

Erhöhung des Reglerverstärkungsfaktors die bleibende Regelabweichung verkleinert<br />

werden. Wie wir später noch sehen werden, beeinträchtigt diese Maßnahme aber das<br />

Stabilitätsverhalten des Regelkreises.<br />

Aus der Ableitung kann man weiterhin entnehmen, daß die offensichtlich nützlichen<br />

Integratoren nicht unbedingt im Regler auftreten müssen. Eine global integral wirkende<br />

Strecke mit einem P−Regler <strong>und</strong> einer sprungförmigen Erregung arbeitet genau so ohne<br />

bleibende Regelabweichung wie eine global proportionale Strecke mit einem PI−Regler.<br />

Wichtig ist, daß der oder die Integratoren in der Übertragungsfunktion des offenen Kreises<br />

auftreten.<br />

Bei der Ableitung der Tabelle 2.2.1 sind wir von der Tatsache ausgegangen, daß alle<br />

Störungen als "Ersatzstörung" am Ausgang des Regelkreises zusammengefaßt werden<br />

können. Dies ist zwar richtig, berücksichtigt aber einige Spezialfälle nicht. Es ist daher<br />

zweckmäßig, zur praktischen Berechnung der bleibenden Regelabweichung immer die<br />

Beziehungen (2.2.33) bzw. (2.2.35) zu benutzen <strong>und</strong> die Tabelle 2.2.1 nur als<br />

"tendenziellen Wegweiser" aufzufassen. Zur Untermauerung dieser Aussage betrachten<br />

wir folgendes<br />

Beispiel 2.2.3: Berechne die bleibende Regelabweichung des folgenden Regelkreises a)<br />

bei einem Führungssprung w(t) = σ(t); ∆w = 1 <strong>und</strong> b) bei einem Störgrößensprung z(t)<br />

= σ(t); ∆z = 1.<br />

w(t)<br />

-<br />

e(t)<br />

G (s) = 0,3<br />

R<br />

2.52<br />

z(t)<br />

2,5<br />

G S(s)<br />

=<br />

s(1+10s)<br />

G (s) = 0,1<br />

M<br />

Bild 2.2.13 Beispielregelkreis zur Berechnung der bleibenden Regelabweichung<br />

Zur Lösung von a) wird die Beziehung (2.2.33) herangezogen<br />

s s 1<br />

e ( ∞) = lim ⋅W( s ) = lim ⋅<br />

(2.2.40)<br />

s→0 1 + L ( s) s→0 0,075<br />

1 +<br />

s<br />

s1 10s<br />

( +<br />

)


2<br />

30s + 2s 0<br />

= lim = = 0 . (2.2.41)<br />

s→0 2<br />

30s + 2s + 0,075 0,075<br />

D.h., die bleibende Regelabweichung bei einem Führungssprung ist gleich Null.<br />

Zur Lösung von b) wird die Beziehung (2.2.35) benutzt. Da der Störangriff am Eingang der<br />

Strecke erfolgt, muß Gz(s) nach (2.2.19) berechnet werden:<br />

2,5<br />

GZ( s ) = GS( s ) = . (2.2.42)<br />

s1 ( + 10s)<br />

Damit ergibt sich folgendes Strukturbild:<br />

w(t)<br />

-<br />

e(t)<br />

G (s) = 0,3<br />

R<br />

2.53<br />

2,5<br />

G S(s)<br />

=<br />

s(1+10s)<br />

G (s) = 0,1<br />

M<br />

z(t)<br />

2,5<br />

G Z(s)<br />

=<br />

s(1+10s)<br />

Bild 2.2.14 : Umrechnung des Störangriffs des Regelkreises von Bild 2.2.13<br />

auf den Ausgang der Regelstrecke<br />

<strong>und</strong> folgende bleibende Regelabweichung:<br />

−0,25s<br />

−s⋅GZ( s) ⋅ GM( s) s( 1 + 10s) 1<br />

e ( ∞) = lim ⋅Z( s ) = lim<br />

⋅<br />

s→0 1 + L ( s) s→0 0,075<br />

1 +<br />

s<br />

s1 10s<br />

( + )<br />

−0,25 −0,25<br />

= lim = = − 3,33 . (2.2.43)<br />

s→0 2<br />

30s + 2s + 0,075 0,075<br />

Aus der Rechnung ist ersichtlich, daß bei einem Störgrößensprung im Gegensatz zu<br />

einem Führungsgrößensprung eine bleibende Regelabweichung verbleibt. Die absolute<br />

Größe von e(∞) ist im vorliegendem Falle nicht anschaulich interpretierbar, da dem<br />

Regelkreis kein anschauliches Beispiel zu Gr<strong>und</strong>e liegt. Man kann lediglich zeigen, daß<br />

mit Vergrößerung des Reglerverstärkungsfaktors der Betrag der Regelabweichung kleiner<br />

wird (bei GR (s) = 3 sinkt e(∞) z.B. auf den Wert −0,33).<br />

Es sei noch darauf hingewiesen, daß unser in diesem Kapitel schon häufig betrachtete<br />

Lageregelkreis einer Teleskopantenne sowohl bei sprungförmiger Führung als auch bei


sprungförmiger Störung keine bleibende Regelabweichung hat. Der Leser kann dies leicht<br />

durch Anwendung der Beziehungen (2.2.33) <strong>und</strong> (2.2.35) auf die Regelkreisstruktur nach<br />

Bild 2.2.2 nachweisen.<br />

Im stationären Ruhezustand eines Regelkreises (z.B. nach einer Führungs− oder Störgrößenänderung)<br />

sind neben der Kenntnis der Größe der bleibenden Regelabweichung<br />

auch häufig die stationären Werte der anderen Regelkreisgrößen, z.B. der Stellgröße, von<br />

Interesse. Mit Hilfe der entsprechend aufgestellten Übertragungsfunktionen (z.B. der<br />

Stellgrößenübertragungsfunktion TUW (s), wenn u(∞) nach einem Führungsgrößensprung<br />

interessiert) <strong>und</strong> Anwendung des Endwertsatzes der Laplace−Transformation darauf, ist<br />

dies immer möglich. Wesentlich einfacher ist aber das Vorgehen nach folgenden Gr<strong>und</strong>überlegungen:<br />

• Im stationären Zustand muß die Eingangsgröße jedes global integral wirkenden<br />

Übertragungsgliedes im Regelkreis immer Null sein, damit seine Ausgangsgröße auf<br />

einen bestimmten stationären Wert, der i.a. nicht Null ist, zur Ruhe kommt.<br />

• Im stationären Zustand wirkt bei einem global proportionalen Übertragungsglied nur<br />

sein Verstärkungsfaktor, dessen Größe <strong>und</strong> Einheit am deutlichsten der V−Normalform−Schreibweise<br />

der Übertragungsfunktion zu entnehmen sind.<br />

• Das selten vorkommende global differenzierend wirkende Übertragungsglied hat im<br />

stationären Zustand an seinen Eingang i.a. immer einen Signalwert ungleich Null,<br />

während sein Ausgangssignalwert immer gleich Null ist.<br />

Legt man diese Gr<strong>und</strong>überlegungen einer stationären Regelkreisanalyse zugr<strong>und</strong>e,<br />

gelangt man leicht zu den stationären Werten seiner einzelnen Signale. Wir zeigen dies an<br />

folgendem<br />

Beispiel 2.2.2:<br />

Der Lageregelkreis einer Teleskopantenne nach Bild 2.2.2 sei nach Anlegen einer<br />

sprungförmigen Führungsgröße von uϕw = 2,5 V <strong>und</strong> einer ständig anliegenden Störung<br />

ϕz (t) = 30° zur Ruhe gekommen.<br />

Berechne die stationären Werte von e(t), u(t), ϕ(t) <strong>und</strong> uϕ (t).<br />

Da die Regelstrecke global integral wirkt, muß u(∞) = 0 V sein, woraus sich schließen läßt,<br />

daß e(∞) = 0 V sein muß. Wegen<br />

() () −<br />

( )<br />

e t = u t u t<br />

ϕwϕ 2.54


<strong>und</strong> e(t) = 0 V <strong>und</strong> u ϕw = 2,5 V muß u ϕ (∞) = 2,5 V sein. Mit Hilfe des Verstärkungsfaktors<br />

der Meßeinrichtung (4.2.51)<br />

( )<br />

( )<br />

Uϕs V<br />

GM ( s ) = = 0,0139<br />

ϕ s Grad<br />

läßt sich mit u ϕ (∞) = 2,5 V der Drehwinkel ϕ der Antenne berechnen<br />

( )<br />

ϕ∞<br />

( )<br />

Uϕ 2,5 V<br />

= = = 180 Grad.<br />

0,0139 V / Grad 0,0139 V/Grad<br />

∞<br />

Wenn die Störung zu diesem Drehwinkel mit 30° beiträgt, muß das reine Strecken-<br />

ausgangssignal vor der Summationsstelle mit der Störung 180° − 30° = 150° betragen.<br />

2.2.6 Das Stabilitätsverhalten eines Regelkreises<br />

Wie wir schon weiter vorn angemerkt haben, besteht durch die Kreisstruktur eines Regel-<br />

kreises immer die Gefahr, daß dieser instabil werden kann. Es ist daher ein<br />

gr<strong>und</strong>legendes Anliegen jedes Regelkreisentwurfes, instabile Betriebszustände zu<br />

vermeiden. Gegenstand dieses Kapitels soll es sein, Stabilitätsprüfungsmethoden für<br />

Regelkreise aufzuzeigen.<br />

Im /1/ haben wir gezeigt, daß ein lineares kontinuierliches Übertragungssystem im Sinne<br />

der dort angegebenen Stabilitätsdefinition genau dann stabil ist, wenn die Pole seiner<br />

Übertragungsfunktion ausschließlich negative Realteile besitzen oder, bildlich gesprochen,<br />

die Pole nur in der linken s−Halbebene liegen. Dieser Stabilitätssatz kann ohne<br />

Veränderungen auch auf Regelkreise übertragen werden. Betrachtet man einen<br />

Regelkreis als System mit einem Eingang <strong>und</strong> einem Ausgang,<br />

w(t) G (s)<br />

-<br />

R<br />

2.55<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

Bild 2.2.15 : Das Übertragungssystem geführter Regelkreis<br />

y(t)


z(t)<br />

-<br />

G (s)<br />

R<br />

2.56<br />

G (s)<br />

Z<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

Bild 2.2.16 Das Übertragungssystem gestörter Regelkreis<br />

kann man ihn als Übertragungssystem im Sinne des Stabilitätssatzes auffassen. Dann ist<br />

ein Regelkreis stabil, wenn die Pole der Führungs− <strong>und</strong> Störungsübertragungsfunktion<br />

( ) ⋅ ( )<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

GR s GS s GZ s<br />

TYW ( s ) = , TYZ ( s ) =<br />

1 + L s 1 + L s<br />

ausschließlich in der linken s−Halbebene liegen. Man sieht, daß die Nennerpolynome von<br />

T YW (s) <strong>und</strong> T YZ (s) identisch sind. Wie man sich leicht überzeugen kann, gilt dies auch für<br />

alle anderen Übertragungsfunktionen des geschlossenen Regelkreises: T UW (s) (2.2.25),<br />

T UZ (s) (2.2.26); T EW (s) (2.2.31) <strong>und</strong> T EZ (s) (2.2.34).<br />

Zur Stabilitätsprüfung muß also die Nullstellenlage dieser sog. charakteristischen<br />

Gleichung<br />

1 + L(s) = 0 ,<br />

die mit L(s) = Z L (s)/N L (s) auch wie folgt geschrieben werden kann<br />

L<br />

( )<br />

( )<br />

ZLs 1 + = ZL( s ) + NL( s ) = 0,<br />

N s<br />

ausgewertet werden. Wir können damit folgenden Stabilitätssatz für Regelkreise angeben:<br />

Ist L(s) = ZL (s)/NL (s) die Übertragungsfunktion eines offenen Regelkreises <strong>und</strong> ist<br />

der Grad {ZL (s)} ≤ Grad {NL (s)}, dann ist der geschlossene Regelkreis stabil, wenn<br />

die Lösungen der Gleichungen<br />

L<br />

( )<br />

( )<br />

ZLs 1+ L(s) = 1 + = ZL( s ) + NL( s ) = 0, (2.2.44)<br />

N s<br />

ausschließlich einen negativen Realteil haben, bzw. in der linken s−Halbebene<br />

liegen.<br />

y(t)


Obwohl wir aus den vorangegangenen Berechnungen bereits wissen, daß unser Beispiel-<br />

regelkreis "Lageregelung einer Teleskopantenne" stabil arbeitet, wollen wir dennoch die<br />

Stabilitätsprüfung formal anhand des Stabilitätssatzes (2.2.44) durchführen.<br />

Mit der Übertragungsfunktion des offenen Kreises (2.2.8)<br />

( + )<br />

L<br />

( )<br />

( )<br />

0,0667 ZLs L( s ) = =<br />

s1 10s N s<br />

berechnet sich die Pollage des geschlossenen Kreises zu<br />

( ) ( ) ( )<br />

Z s + N s = 0,06672 + s 1 + 10s = 0<br />

L L<br />

− 01 ,<br />

2 −3<br />

s + 0,1s + 6,672 ⋅10<br />

= 0<br />

s = − 0,05 ± −0,004172<br />

1,2<br />

= − 0,05 ± j0,065 (2.2.45)<br />

jω<br />

Bild 2.2.17 : Pollage des geschlossenen Regelkreises nach Bild 2.2.2<br />

Da alle Pole einen negativen Realteil haben, bzw. alle Pole in der linken s−Halbebene<br />

liegen, ist der Regelkreis stabil.<br />

Ein weiteres Stabilitätsprüfungsverfahren, das einige Vorteile gegenüber dem Pollagekriterium<br />

besitzt, ist das sog. Nyquist−Kriterium. Das Nyquist−Kriterium erlaubt anhand des<br />

Bodediagramms des offenen Regelkreises L(s) eine Aussage über das Stabilitätsverhalten<br />

des geschlossenen Kreises. Dabei können im Gegensatz zum Pollagekriterium<br />

auch Regelkreise auf Stabilität untersucht werden, deren Regelstrecken mit Totzeit<br />

2.57<br />

− 01 ,<br />

− 01 ,<br />

s-Ebene<br />

− 01 ,<br />

⇒<br />

δ


ehaftet sind. Weiterhin kommt man bei der praktischen Anwendung des<br />

Nyquist−Kriteriums allein mit der graphischen Darstellung von L(jω) aus. Das<br />

Bodediagramm von L(jω) könnte also meßtechnisch ermittelt werden, d.h., eine<br />

analytische Beschreibung von L(s) wäre entbehrlich.<br />

Wir geben das Nyquistkriterium in seiner sog. vereinfachten Form an <strong>und</strong> begründen es<br />

anschließend anschaulich. Das (selten gebrauchte) vollständige Nyquist−Kriterium sowie<br />

seine Ableitung sind in /5/ <strong>und</strong> /6/ eingehend beschrieben.<br />

Vereinfachtes Nyquist−Kriterium<br />

Die Übertragungsfunktion eines offenen Regelkreises habe folgende Form<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

t t<br />

L s = V e = e (2.2.46)<br />

2.58<br />

( )<br />

( )<br />

1 1 + sT ⋅ � Z s<br />

⋅ ⋅ ⋅ ⋅<br />

k<br />

s 1 + sT ⋅ � N s<br />

1 −sT L −sT<br />

2 L<br />

mit V > 0; Tt ≥ 0; Grad {ZL (s)} < Grad {NL (s)} <strong>und</strong> k = 0, 1 oder 2.<br />

NL (s) habe bis auf die k−fache Nullstelle bei s = 0 nur Nullstellen in der linken<br />

s−Ebene <strong>und</strong> die Betragskennlinie ⏐L(jω)⏐dB schneide nur einmal die 0 dB−Linie bei<br />

der sog. Durchtrittsfrequenz ωc .<br />

Unter diesen Voraussetzungen ist der geschlossene Regelkreis stabil, wenn der sog.<br />

Phasenrand<br />

ist.<br />

{ ( ) }<br />

φ = 180 ° − ϕ L j ω > 0 (2.2.47)<br />

r c<br />

Nach diesem Satz darf das Nyquist−Kriterium nur auf stabile offene Regelkreise (k = 0)<br />

oder auf offene Regelkreise mit einem (k = 1) oder max. zwei (k = 2) Integratoren<br />

angewendet werden. Instabile offene Kreise, deren Instabilität aus anderen Pollagen, z.B.<br />

rechts der imaginären Achse hervorgehen, können mit diesem Kriterium nicht auf Stabilität<br />

untersucht werden. Dies bedeutet eine gewisse Einschränkung, die aber dadurch<br />

umgangen werden kann, daß in diesen Fällen das Pollagekriterium angewendet wird. Zur<br />

Feststellung der Größe des Phasenrandes muß das Bodediagramm des offenen<br />

Regelkreises vorliegen (siehe Bild 2.2.18):<br />

An der Stelle ωc (c: cut=schneiden), wo die Betragskennlinie ⏐L(jω)⏐dB die 0−dB−Linie<br />

schneidet, wird das Lot auf die Phasenkennlinie gefällt. Verläuft die Phasenkennlinie an<br />

dieser Stelle oberhalb der −180°−Linie (z.B. wie in Bild 2.2.18 bei −130°), dann ist mit<br />

(2.2.47)<br />

φ = 180 ° − ϕ L ω = 180 ° − − 130 ° = 50 ° > 0<br />

{ ( ) }<br />

r c<br />

die Phasenrandbedingung nach dem Nyquist−Kriterium erfüllt, d.h. der geschlossene


Regelkreis ist stabil.<br />

Lj ( ω)<br />

dB<br />

l q<br />

ϕ Lj ( ω)<br />

0<br />

− 180<br />

Φ r = 50<br />

ω c<br />

2.59<br />

zB . . ϕ L( jω)<br />

ω<br />

l q = − 130<br />

Bild 2.2.18 : Zur Definition der Begriffe Durchtrittsfrequenz ω c <strong>und</strong> Phasenrand φ r<br />

im Bodediagramm des offenen Regelkreises<br />

Verläuft die Phasenkennlinie bei ω c unterhalb der −180°−Linie (wie in Bild 2.2.19b), dann<br />

ist nach (2.2.47)<br />

180o<br />

<strong>und</strong> damit der geschlossene Regelkreis instabil.<br />

Lj ( ω)<br />

ϕ Lj ( ω)<br />

dB<br />

L( jω)<br />

ωc 0<br />

ω<br />

0<br />

l q ϕlLj ( ω)<br />

q<br />

Φr > 0 Φr < 0<br />

− 180<br />

ω<br />

− 180<br />

a) b)<br />

Bild 2.2.19 : Bodediagramm des offenen Regelkreises eines stabilen a)<br />

<strong>und</strong> eines instabilen b) geschlossenen Kreises<br />

dB<br />

ω<br />

ω c<br />

ω<br />

ω


In Fällen, wo die Phasenkennlinie die −180°−Linie mehrfach schneidet, gilt das verein-<br />

fachte Nyquist−Kriterium auch: Tritt die Betragskennlinie an den schraffierten Stellen durch<br />

die 0−dB−Linie, arbeitet der geschlossene Regelkreis stabil, liegt ω c an anderen Stellen,<br />

ist der Kreis instabil.<br />

Lj ( ω)<br />

dB<br />

0<br />

l q<br />

ϕ Lj ( ω)<br />

− 180<br />

stabil stabil<br />

Bild 2.2.20 : Stabilitätsgebiete bei mehrfachem Durchtritt der Phasenkennlinie durch −180°<br />

Ein Regelkreis arbeitet an seiner sog. Stabilitätsgrenze, wo er keine abklingenden<br />

Schwingungen (wie im Falle der Stabilität) <strong>und</strong> auch keine aufklingenden Schwingungen<br />

(wie im Falle der Instabilität), sondern Dauerschwingungen konstanter Amplitude erzeugt,<br />

wenn ω c genau an der Stelle liegt wo ϕ{L(jω c )} die −180°−Linie schneidet. In diesem Falle<br />

ist der Phasenrand φ r = 0.<br />

Die Plausibilität des Nyquist−Kriteriums kann anhand folgender Überlegungen gezeigt<br />

werden: Ein Regelkreis habe bei aufgetrennter Rückführschleife <strong>und</strong> einer bestimmten<br />

Erregungsfrequenz ω E zwischen Führungsgrößeneingang <strong>und</strong> Regelgrößenausgang eine<br />

Phasendrehung von ϕ{L(jω Ε )} = −180° <strong>und</strong> ein Verstärkungsmaß ⏐L(jω)⏐ dB > 0, d.h. einen<br />

Verstärkungsfaktor V(jω E ) > 1 (Kurvenverlauf �):<br />

Bild 2.2.21 : Zur anschaulichen Erläuterung des Nyquist−Kriteriums<br />

2.60<br />

ω<br />

ω


Denkt man sich nun den Kreis geschlossen, wird das verstärkte Signal mit einer erneuten<br />

Phasendrehung (durch die negative Rückführung) phasengleich auf den Eingang zurück-<br />

geführt (Kurvenverlauf �). Nach einer erneuten Verstärkung durch Regler <strong>und</strong> Strecke,<br />

erfolgt wieder eine phasengleiche Rückführung auf den Eingang: die Schwingung<br />

schaukelt sich auf, der Regelkreis ist instabil.<br />

Betrachten wir das dazugehörige Bodediagramm des offenen Kreises,<br />

Bild 2.2.22 : Bodediagramm des offenen Regelkreises nach Bild 2.2.21 (instabiler Fall)<br />

erkennen wir, daß das Nyquist−Kriterium die Instabilität bestätigt: bei ωc ist φr < 0.<br />

Wenn man wie in Bild 2.2.23 den Verstärkungsfaktor V(jωE ) < 1 bzw. ⏐L(jωΕ )⏐dB < 0 macht,<br />

Lj ( ω)<br />

dB<br />

ϕ Lj ( ω)<br />

0<br />

l q<br />

ω c<br />

Φr > 0<br />

− 180 ω<br />

ϕlLj ( ωE)<br />

q=−180<br />

2.61<br />

ω E<br />

L( jω E) < 0<br />

dB<br />

ω<br />

Bild 2.2.23 : Bodediagramm des offenen Regelkreises nach Bild 2.2.21 (stabiler Fall)


dies ist z.B. durch Senkung des Reglerverstärkungsfaktors leicht möglich, würden die<br />

Schwingungen abgeschwächt zurückgeführt: der Regelkreis arbeitet stabil. Auch dies bestätigt<br />

das Nyquist−Kriterium im Bodediagramm des offenen Regelkreises für diese Situation: Bei der<br />

Durchtrittsfrequenz ω c tritt ein Phasenrand φ r > 0 auf, d.h. der geschlossene Regelkreis ist<br />

stabil.<br />

Auch für unseren Beispielregelkreis nach Bild 2.2.2 soll mit Hilfe des Nyquist−Kriteriums<br />

noch einmal nachgewiesen werden, daß er stabil ist. Zunächst muß geprüft werden, ob er<br />

die Voraussetzungen an das Bodediagramm <strong>und</strong> die Übertragungsfunktion des offenen<br />

Kreises L(s) (2.2.8) zur Anwendung des Kriteriums erfüllt:<br />

Mit V = 0,0667 > 0; Tt = 0; Grad {ZL (s)} = 0 <strong>und</strong> Grad {NL (s)} = 2 sowie k = 1 werden alle<br />

Bedingungen an L(s) zur Anwendung des Kriteriums erfüllt. Ob die Betragskennlinie die<br />

0−dB−Achse nur einmal schneidet, wird das Bodediagramm von L(jω) zeigen, das wir mit<br />

Hilfe eines Matlab-Programms aus (2.2.8) berechnen:<br />

Lj ( ω)<br />

dB<br />

l q<br />

50<br />

0<br />

-50<br />

-100<br />

ϕ Lj ( ω)<br />

-50<br />

Grad<br />

-100<br />

-150<br />

−180<br />

-200<br />

10 -3<br />

10 -3<br />

10 -2<br />

10 -2<br />

Φ r >0<br />

Betragskennlinie<br />

ωc 2.62<br />

10 -1<br />

Phasenkennlinie<br />

10 -1<br />

10 0<br />

10 0<br />

Bild 2.2.24 : Bodediagramm des offenen Regelkreises (2.2.8)<br />

Mit der Tatsache, daß die Betragskennlinie die 0−dB−Achse nur einmal schneidet, kann<br />

das Nyquist−Kriterium angewendet werden: bei ωc ist der Phasenrand φr > 0, d.h. der<br />

geschlossene Regelkreis ist stabil.<br />

10 1<br />

10 1


2.3 Die Optimierung von Regelkreisen<br />

Auf der Basis der beiden in Kapitel 2.2.6 eingeführten Stabilitätsprüfungsmethoden, dem<br />

Pollage-Kriterium <strong>und</strong> dem Nyquist−Kriterium, wurden sehr leistungsfähige Verfahren zur<br />

Optimierung von Regelkreisen entwickelt:<br />

• auf der Basis des Nyquist−Kriteriums, das Verfahren zur Optimierung von Regelkreisen<br />

im Bodediagramm des offenen Regelkreis <strong>und</strong><br />

• auf der Basis des Pollagekriteriums, das sog. Wurzelortskurven−Verfahren das in der s-<br />

Ebene arbeitet.<br />

Wir wollen uns zunächst mit einem gr<strong>und</strong>sätzlichen Entwurfprinzip, nämlich das des<br />

dominierenden Polpaares auseinandersetzen. Mit Hilfe diese Prinzips wird es uns<br />

gelingen, Regelgüteforderungen, die wir im Zeitbereich spezifizieren an Forderungen im<br />

Frequenz- oder Laplace-Bereich zu übersetzen.<br />

Anschließend gehen wir sehr ausführlich auf den Entwurf von Regler im Bodediagramm<br />

des offenen Kreises auf der Basis des Nyquistkriteriums ein. Anschließend wird die<br />

Funktionweise des Wurzelortskurven-Verfahrens erläutert. Aus Zeit- <strong>und</strong> Platzgründen<br />

könne nicht alle Feinheiten behandelt werden.<br />

2.3.1 Das Entwurfsprinzip des dominierenden Polpaares<br />

Regelkreisoptimierung bedeutet, für eine gegebene Regelstrecke einen Regler<br />

auszuwählen <strong>und</strong> seine Parameter so einzustellen, daß der entstehende Regelkreis<br />

Führungsgrößen gut folgt <strong>und</strong> Störgrößen gut ausregelt. Um diese Beurteilung vornehmen<br />

zu können, müssen einige aussagefähige Gütekennwerte des Regelkreisverhaltens<br />

("Regelgüte-Kriterien") ausgewählt werden. Wegen der Eindeutigkeit des<br />

Führungsverhaltens − es hat bei einem stabilen Regelkreis, egal ob sich im Kreis global<br />

proportionale <strong>und</strong>/oder global integral wirkende Übertragungsglieder befinden, immer<br />

näherungsweise aperiodisches oder gedämpft schwingfähiges PT2- Verhalten − benutzt<br />

man zur Definition der Regelgüte überwiegend die Kennwerte der Führungssprungantwort,<br />

die im folgenden Bild 2.3.1 dargestellt sind.<br />

In der Anstiegszeit tr (r: rise=ansteigen) schlägt sich die Regelgeschwindigkeit des Kreises<br />

nieder, je kleiner tr ist, um so schneller wird der Kreis Führungsgrößen folgen <strong>und</strong><br />

Störgrößen ausregeln.<br />

Die Überschwingweite 0 ≤ Mp ≤ 1 (bezogen auf einen stationären Endwert der<br />

Regelgröße von 1) ist ein Maß für das Dämpfungs− bzw. das Stabilitätsverhalten des<br />

Regelkreises (0: aperiodische Führungssprungantwort, 1: Führungssprungantwort mit<br />

Dauerschwingungen).<br />

2.63


1<br />

h(t)<br />

Mp<br />

Wendepunkt<br />

Tangente im<br />

Wendepunkt<br />

0<br />

0<br />

t r<br />

t<br />

Mp : Überschwingweite<br />

t r : Anstiegszeit<br />

Bild 2.3.1 : Kennwerte zur Festlegung der Regelgüte<br />

Der dritte Regelgütekennwert ist die schon eingeführte bleibende Regelabweichung e(∞)<br />

als Maß für die stationäre Regelgenauigkeit des Regelkreises.<br />

Mit diesen Beschreibungskennwerten für die Regelgüte kann man nun für einen zu<br />

entwerfenden Regelkreis festlegen, wie groß Mp , tr <strong>und</strong> e(∞) werden sollen. Wir wollen<br />

diesen Vorgang als "Spezifikation der Regelgüte" bezeichnen.<br />

Es sei schon ausdrücklich an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß diese Spezifikation<br />

quantitativ am realen vorliegenden Problem vorgenommen werden muß. Qualitativ wird<br />

man sicherlich eine kurze Anstiegszeit <strong>und</strong> eine geringe bleibende Regelabweichung<br />

fordern.<br />

Zur Beantwortung der Frage, wie man die Regelgüteforderungen an Mp <strong>und</strong> tr bei einem<br />

vorliegenden Regelkreis herbeiführt, wollen wir jetzt eine Methode herleiten, die sich in der<br />

praktischen Regelungstechnik ausgezeichnet bewährt hat.<br />

Da der Zeitbereich bei praktischen Problemstellungen ohne numerische Unterstützung<br />

schwer zugänglich ist (Differentialgleichungen), bedient man sich des Frequenzbereiches<br />

<strong>und</strong> entwirft Regler im Bodediagramm des offenen Regelkreises L(jω) oder man wählt die<br />

s-Ebene <strong>und</strong> entwirft den Regler dort. Dazu ist es allerdings erforderlich, die oben<br />

genannten Spezifikationen der Regelgüte Mp <strong>und</strong> tr in Forderungen an das Bodediagramm<br />

2.64<br />

wt () = ∆w⋅ σ(); t ∆w=<br />

1


des offenen Regelkreises oder die s-Ebene zu übersetzen. Wir konzentrieren uns<br />

zunächst auf das Bodediagramm des offenen Kreises.<br />

Zur Erläuterung dieser Zusammenhänge müssen wir etwas weiter ausholen: da man i.a.<br />

bestrebt ist, den Regelvorgang "möglichst schnell" zu machen, wird man es in den meisten<br />

Fällen zulassen, daß die Regelgröße bei einem Sprung der Führungsgröße etwas<br />

überschwingt (Mp > 0). Dies bedeutet, daß der Regelkreis so entworfen werden muß, daß<br />

sein Führungsverhalten zumindest näherungsweise PT2−Verhalten mit d ≤ 1 entspricht<br />

(vergleiche Katalog Nr. 3a in Kapitel 1.4 von /1/). Für ein solches angestrebtes<br />

PT2−Führungsverhalten ist es relativ einfach, Beziehungen zwischen Kennwerten der<br />

Führungssprungantwort des geschlossenen Regelkreises <strong>und</strong> dem Bodediagramm des<br />

offenen Regelkreises herzustellen.<br />

Setzt man in der Standard−Regelkreistruktur nach Bild 2.2.1 der einfacheren Rechnung<br />

wegen GM (s) = 1, so erhält man aus der folgenden Übertragungsfunktion des offenen<br />

Kreises L(s) mit IT1−Verhalten 2.65<br />

2<br />

⎛ 1 ⎞<br />

⎜<br />

T<br />

⎟<br />

L( s ) = GR( s) ⋅ GS( s ) =<br />

⎝ ⎠<br />

(2.3.1)<br />

⎛ 2d ⎞<br />

s⎜s +<br />

T<br />

⎟<br />

⎝ ⎠<br />

eine PT 2 −Führungsübertragungsfunktion<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

( ) ( )<br />

Y s L s 1<br />

TYW ( s ) = = = . (2.3.2)<br />

W s 1 + L s 2<br />

1 + 2dTs + Ts<br />

(Die etwas merkwürdigen Parameter (1/T) 2 <strong>und</strong> 2d/T in (2.3.1) wurden so gewählt, daß<br />

(2.3.2) die uns bekannte Form der Übertragungsfunktion eines PT 2 -Gliedes annimmt).<br />

Für ein zunächst konstantes T <strong>und</strong> Variation von d zwischen 0 <strong>und</strong> 1 können nun aus<br />

L(jω) (2.3.1) eine Reihe von Bodediagrammen des offenen Kreises berechnet <strong>und</strong> ihnen<br />

für die verschiedenen Dämpfungsfaktoren d die Kennwerte φ r <strong>und</strong> ω c (vergleiche Bild<br />

2.2.18) entnommen werden. Basierend auf der Führungsübertragungsfunktion (2.3.2)<br />

können, nach Transformation in ein Zustandsmodell, mit Hilfe eines Matlab-Programms für<br />

die entsprechenden Dämpfungsfaktoren d Führungssprungantworten berechnet werden.<br />

Diesen kann man die Kennwerte M p <strong>und</strong> t r entnehmen.<br />

Das Ergebnis einer solchen (recht umfangreichen) Auswertung ist in der folgenden Tabelle<br />

2.3.1 dargestellt.


d MP tr / T ωc ⋅ T Φr °<br />

0,01 0,97 1,15 1 1,14<br />

0,1 0,73 1,26 0,99 11,43<br />

0,2 0,53 1,37 0,96 22,62<br />

0,3 0,38 1,5 0,913 33,31<br />

0,4 0,25 1,66 0,853 43,16<br />

0,5 0,17 1,82 0,785 51,87<br />

0,6 0,10 2,03 0,715 59,21<br />

0,7 0,045 2,27 0,647 65,2<br />

0,8 0,015 2,56 0,585 69,9<br />

0,9 0,0015 2,86 0,532 73,5<br />

0,99 0 3,18 0,49 76,3<br />

Tabelle 2.3.1 : Zusammenhänge zwischen Kennwerten der Führungssprungantwort (M p , t r )<br />

<strong>und</strong> dem Bodediagramm des offenen Regelkreises (Φ r , ω c )<br />

(Der in den Gleichungen (2.3.1) <strong>und</strong> (2.3.2) sowie in der Tabelle 2.3.1 noch freie<br />

Parameter T wirkt nur als Normierungsfaktor. Dies würde man erkennen, wenn man die<br />

obigen Berechnungen für verschiedene T durchführt: die Berechnungsergebnisse tr /T <strong>und</strong><br />

ω .<br />

c T wären immer die gleichen). Zum besseren Verständnis der vorangehenden<br />

Ausführungen betrachten wir folgendes<br />

Beispiel 2.3.1: Bestimme die zusammengehörigen Kennwerte des Bodediagramms des<br />

offenen Regelkreises (φr <strong>und</strong> ωc ) <strong>und</strong> der dazugehörigen Führungssprungantwort (Mp <strong>und</strong><br />

tr ) eines Regelkreises mit PT2−Führungsverhalten (2.3.1 / 2.3.2) bei einem Dämpfungsfaktor<br />

d = 0,4 <strong>und</strong> T = 1.<br />

Zur Bestimmung des Bodediagramms des offenen Regelkreises werden die gegebenen<br />

Parameter in (2.3.1) eingesetzt<br />

2<br />

⎛ 1 ⎞<br />

⎜<br />

T<br />

⎟<br />

1 1<br />

L( s ) =<br />

⎝ ⎠<br />

= = (2.3.3)<br />

⎛ 2d ⎞ ss 2<br />

( + 0,8<br />

s s ) s + 0,8s<br />

⎜ +<br />

T<br />

⎟<br />

⎝ ⎠<br />

<strong>und</strong> mit einem Matlab-Programm das Bodediagramm gezeichnet:<br />

2.66


Lj ( ω)<br />

dB<br />

50<br />

0<br />

-50<br />

-100<br />

-50<br />

-100<br />

-150<br />

l q<br />

ϕ Lj ( ω)<br />

Grad<br />

10 -1<br />

Φr = 43, 2<br />

Betragskennlinie<br />

10 0<br />

Phasenkennlinie<br />

10 -2<br />

10 -1<br />

10 0<br />

10 1<br />

10 2<br />

-200<br />

ω<br />

1/ sek.<br />

Bild 2.3.2 : Bodediagramm eines offenen Regelkreises mit IT1-Verhalten 2.67<br />

ωc = 085 ,<br />

An der Stelle ω c = 0,85 Kann ein Phasenrand von φ r = 43,2° abgelesen, bzw. berechnet<br />

werden.<br />

Aus der Führungsübertragungsfunktion (2.3.2)<br />

wird das dazugehörige Zustandsmodell berechnet<br />

()<br />

()<br />

( )<br />

()<br />

⎣ 2 ⎦ ⎣ 2 ⎦<br />

() = [ ] x1() t<br />

x () t<br />

⎣ 2 ⎦<br />

( )<br />

10 1<br />

⎡x1 t ⎤ ⎡0 −1<br />

⎤ ⎡x1 t ⎤ ⎡1⎤ ⎢ = + w t<br />

x t<br />

⎥ ⎢1 0,8⎥ ⎢<br />

x t<br />

⎥<br />

⎣ − ⎦<br />

⎢<br />

⎣0⎥ ⎦<br />

y t 0 1<br />

das auf folgende Sprungantwort führt:<br />

( )<br />

( ) + ⋅ ⋅ + ( )<br />

Y s 1<br />

T ( s ) = =<br />

W s 1 2 0, 4 1s 1s<br />

YW 2<br />

1<br />

= (2.3.4)<br />

2<br />

s + 0,8s +<br />

1<br />

⎡ ⎤<br />

⎢ ⎥<br />

()<br />

; x 0 = 0 ,<br />

10 2<br />

(2.3.5)


Bild 2.3.3 : Führungssprungantwort eines Regelkreises, dessen offener<br />

Regelkreis IT 1 −Verhalten hat<br />

Der Sprungantwort kann man die Kennwerte Überschwingweite Mp = 0,25 <strong>und</strong> Anstiegszeit<br />

tr = 1,66 entnehmen. Die Berechnungsergebnisse decken sich erwartungsgemäß mit<br />

denen in der Zeile d = 0,4 der Tabelle 2.3.1 .<br />

Dieser Tabelle können wir nun für einen Regelkreis mit PT2−Führungsverhalten eindeutige<br />

Zusammenhänge zwischen den Kennwerten Mp , tr der Führungssprungantwort <strong>und</strong> den<br />

Kennwerten des dazugehörigen Bodediagramms des offenen Regelkreises entnehmen.<br />

Bei der Stabilitätsprüfung von Regelkreisen mittels des Nyquist−Kriteriums wurde festgestellt,<br />

daß Regelkreise mit φr < 0 instabil, mit φr = 0 grenzstabil <strong>und</strong> φr > 0 stabil arbeiten.<br />

Das heißt, mit wachsendem Phasenrand wird die Überschwingamplitude immer geringer.<br />

Es besteht also eine starke Korrelation zwischen φr <strong>und</strong> Mp. Da andererseits sowohl ωc als<br />

auch t r mit T verknüpft sind, besteht eine sehr enge Beziehung zwischen ω c <strong>und</strong> t r.<br />

Um nun für zukünftige Regelkreisoptimierungen im Bodediagramm des offenen Regelkreises<br />

die Regelgüteforderungen an Mp <strong>und</strong> tr in Forderungen an φr <strong>und</strong> ωc umrechnen<br />

zu können, sollen diese Beziehungen grafisch dargestellt <strong>und</strong> daraus analytische<br />

Näherungsbeziehungen zwischen ihnen abgeleitet werden. Dazu müssen wir mittels<br />

Tabelle 2.3.1 φr als Funktion von Mp <strong>und</strong> ω .T c als Funktion von tr/T bei jeweils gleichen d<br />

darstellen. Die uns hier nicht interessierende Abhängigkeit von d geht dabei verloren.<br />

2.68


Φ r<br />

Grad<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

0<br />

02 , 04 , 06 , 08 , 1 Mp<br />

Bild 2.3.4 : Funktionaler Zusammenhang zwischen Φ r <strong>und</strong> M p bei einem Regelkreis mit<br />

PT 2 −Führungsverhalten<br />

1<br />

ω c T<br />

08 ,<br />

06 ,<br />

04 ,<br />

02 ,<br />

0<br />

1 15 , 2 25 , 3 35 ,<br />

Bild 2.3.5 : Funktionaler Zusammenhang zwischen ω c . T <strong>und</strong> tr /T bei einem Regelkreis mit<br />

PT 2 −Führungsverhalten<br />

Um bei späteren Anwendungen dieser Beziehungen nicht auf diese Grafiken angewiesen<br />

zu sein, sollen sie durch genäherte analytische Beziehungen (Formeln) beschrieben werden.<br />

Im praktisch interessierenden Überschwingweitengebiet 0,05 ≤ Mp ≤ 0,45 könnte<br />

man in Bild 2.3.4 die nichtlineare Kurve durch eine Gerade approximieren. Die Erfahrung<br />

zeigt, daß dies zu ungenau ist. Wir nähern deshalb die Kurve durch zwei Geraden mit<br />

verschiedenen Steigungen an, die in ihrem Definitionsbereich wie folgt lauten: (Hinsichtlich<br />

2.69<br />

t r / T


der Berechnung der Geradengleichungen sei auf /7/ verwiesen).<br />

Φ<br />

Φ<br />

≈ 69° − 106 ⋅M für 0, 05 ≤ M < 0, 25 ( 2. 3. 6 a)<br />

≈ 62° − 76 ⋅M für 0, 25 ≤ M ≤ 0, 45 ( 2. 3. 6 b)<br />

r p p<br />

r p p<br />

Die analytische Beziehung zwischen tr <strong>und</strong> ωc nach Bild 2.3.5 läßt sich (z.B. durch<br />

probieren) näherungsweise durch Einführung eines Umrechnungsfaktors herstellen<br />

ω<br />

c<br />

⋅T≈ 144 ,<br />

tr/ T<br />

⇒<br />

ωc<br />

≈<br />

144 ,<br />

t<br />

. ( 237 . . )<br />

r<br />

Mit den Gleichungen (2.3.6) <strong>und</strong> (2.3.7) haben wir die Beziehungen gef<strong>und</strong>en, mit denen<br />

man bei einem Regelkreis mit PT2−Führungsverhalten die Regelgütespezifikationen Mp <strong>und</strong> tr in Forderungen an das Bodediagramm des offenen Regelkreises <strong>und</strong> zwar an einen<br />

bestimmten Phasenrand φr <strong>und</strong> eine bestimmte Durchtrittsfrequenz ωc umrechnen kann,<br />

um dann dort den dazugehörigen Regler zu entwerfen. An diesem Punkt stellen sich<br />

jedoch zwei neue Fragen:<br />

a) Nicht jeder offene Regelkreis hat IT1−Verhalten, das auf PT2−Verhalten des<br />

geschlossenen Kreises führt. Kann man die vorangehenden Überlegungen auch auf<br />

Regelkreise mit anderem Verhalten des offenen Kreises anwenden? Diese Frage<br />

wollen wir anschließend klären.<br />

b) Wie nimmt man im Bodediagramm des offenen Kreises einen Reglerentwurf vor, wenn<br />

man weiß wie groß φr <strong>und</strong> ωc werden müssen. Diese Frage beantworten wir im<br />

nächsten Kapitel.<br />

Zur Beantwortung der Frage a) betrachten wir eine beliebige Übertragungsfunktion eines<br />

offenen Regelkreises, die sich aber stark von einer IT1−Übertragungsfunktion (2.3.1)<br />

unterscheidet, z.B. eine Funktion mit PT3−Verhalten 5,6<br />

L s = G (s) ⋅ G (s) = ; G (s)=1 . (2.3.8)<br />

( )<br />

( 1 + 1s)( 1 + 0,5s)( 1 + 0,1s)<br />

R S M<br />

Obwohl sich das Bodediagramm des offenen Kreises dieser Übertragungsfunktion (Bild<br />

2.3.6) auf den ersten Blick stark von dem einer IT1−Übertragungsfunktion (Bild 2.3.2)<br />

unterscheidet,<br />

2.70


Lj ( ω)<br />

50<br />

0<br />

-50<br />

-100<br />

ϕ Lj ( ω)<br />

Grad<br />

0<br />

-100<br />

-200<br />

-300<br />

10 -2<br />

dB<br />

l q<br />

10 -1<br />

10 -1<br />

Betragskennlinie<br />

10 0<br />

Phasenkennlinie<br />

Φr ca.40Grad 10 0<br />

2.71<br />

ω c<br />

Gefälle ca. -27dB<br />

Bild 2.3.6 : Bodediagramm eines offenen Regelkreises mit PT 3 −Verhalten<br />

führt der mit (2.3.8) gebildete geschlossene Regelkreis<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

Y s L s 112<br />

TYW ( s ) = = = (2.3.9)<br />

W s 1 + L s 3 2<br />

s + 13s + 32s + 132<br />

auch auf eine Führungssprungantwort (siehe Bild 2.3.7) mit ähnlichem Verhalten wie die,<br />

bei der ein offener Regelkreis mit IT 1 −Verhalten zugr<strong>und</strong>e gelegen hat (Bild 2.3.3).<br />

Zwar unterscheiden sich beide Sprungantworten in der Schwingfrequenz <strong>und</strong> im<br />

Regelkreis (2.3.9) tritt eine bleibende Regelabweichung auf. Aber auch seine<br />

Sprungantwort (Bild 2.3.7) zeigt dennoch dominierendes PT 2 −Verhalten.<br />

Dies ist darauf zurückzuführen, daß sich die Bodediagramme in Bild 2.3.2 <strong>und</strong> 2.3.6 an<br />

einer wesentlichen Stelle nicht sehr stark unterscheiden: in der Nähe der Durchtritts-<br />

frequenz ω c verlaufen die Betragskennlinien in beiden Fällen mit einem Gefälle zwischen<br />

ca. 20 − 40 dB/Dekade, während sich an dieser Stelle ein Phasenrand von ca. 45°<br />

einstellt.<br />

10 1<br />

10 1<br />

10 2<br />

10 2


1.2<br />

y(t)<br />

1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

wt () = ∆wσ(); t ∆w=<br />

1<br />

0.2<br />

0<br />

0 2 4 6 8<br />

t<br />

sek.<br />

10<br />

Bild 2.3.7 : Führungssprungantwort eines Regelkreises dessen offener Regelkreis<br />

PT 3 −Verhalten hat<br />

Bei näherer Untersuchung dieser Zusammenhänge, z.B. mit noch anderen<br />

Übertragungsfunktionen des offenen Kreises, gelangt man zu folgender Erkenntnis:<br />

Fällt die Betragkennlinie der Übertragungsfunktion eines weitgehend beliebigen<br />

offenen Regelkreises in der Umgebung der Durchtrittsfrequenz ω c mit ca. 20 − 40<br />

dB/Dekade ab, wobei sich ein Phasenrand φ r zwischen ca. 30° <strong>und</strong> 70° einstellt, hat<br />

die Führungssprungantwort des geschlossenen Kreises dominantes, gedämpft<br />

schwingfähiges PT 2−Verhalten <strong>und</strong> es gelten in guter Näherung die Beziehungen<br />

⎧69<br />

° − 106°⋅M p für 0,05 ≤ M p < 0,25<br />

φr≈ ⎨<br />

⎩<br />

62 ° − 76°⋅M p für 0,25 ≤ M p ≤ 0,45<br />

ω ≈<br />

c<br />

1, 4 4<br />

t<br />

r<br />

2.72<br />

(2.3.10 a)<br />

(2.3.10 b)<br />

Mit Hilfe dieses Satzes gelingt es uns nun für weitgehend beliebige Regelkreise, Regelgüteforderungen<br />

an die Führungssprungantwort (Mp, tr) in Forderungen an das Bodediagramm<br />

des offenen Regelkreises (φr, ωc) umzurechnen.<br />

Bevor wir im nächsten Kapitel zeigen, wie man mit Hilfe des Reglerfrequenzganges den<br />

Frequenzgang des offenen Regelkreises im Bodediagramm so verformt, daß die Forderungen<br />

an φr <strong>und</strong> ωc erfüllt werden, wollen wir uns noch einer abschließenden Betrachtung<br />

des Bodediagramms des offenen Regelkreises zuwenden.<br />

Offensichtlich charakterisiert der Bereich des Bodediagramms des offenen Kreises in der


Nähe der Durchtrittsfrequenz ω ≈ ωc maßgeblich das dynamische Verhalten des geschlossenen<br />

Regelkreises. Auch die Bereiche ω > ωc sind Träger wichtiger<br />

Informationen über das Verhalten des Regelkreises.<br />

Der Amplituden− <strong>und</strong> Phasenverlauf in Bereich ω > ωc sollte die Betragkennlinie möglichst rasch abfallen, um<br />

hochfrequente Störsignale zu unterdrücken. In diesem Frequenzbereich ist auch ein<br />

anderer charakteristischer Kennwert des offenen Regelkreises definiert, der sog.<br />

Amplitudenrand (Amplitudenreserve) Ar. 50<br />

0<br />

-50<br />

-100<br />

-150<br />

-50<br />

-100<br />

-150<br />

-200<br />

-250<br />

-300<br />

Lj ( ω)<br />

dB<br />

1 Dekade<br />

ϕlLj ( ω)<br />

q<br />

Grad<br />

≈1Dekade<br />

ω> ωc<br />

Φ r<br />

ω c<br />

Bild 2.3.8 : Bodediagramm eines offenen Regelkreises mit den Kenngrößen Phasenrand Φr ,<br />

Durchtrittsfrequenz ωc <strong>und</strong> Amplitudenrand Ar Als Amplitudenrand bezeichnet man den gekennzeichneten Abstand der unter der 0−dB-<br />

2.73<br />

A r<br />

ω −180<br />

ω<br />

ω


Linie verlaufenden Betragskennlinie an der Stelle, wo die Phasenkennlinie die −180°−Linie<br />

schneidet. Der Amplitudenrand Ar gibt an, um wieviel der Verstärkungsfaktor des offenen<br />

Regelkreises erhöht werden kann, bevor der Kreis instabil wird. Wenn Ar groß ist, sinkt die<br />

Gefahr der Instabilität bei z.B. schwankender Streckenverstärkung.<br />

2.3.2 Reglerentwurf im Bodediagramm des offenen Regelkreises<br />

Mit Hilfe der im vorigen Kapitel abgeleiteten Beziehungen (2.3.10a <strong>und</strong> b) können angestrebte<br />

Regelgüteparameter Mp <strong>und</strong> tr der Führungssprungantwort in Forderungen an φr <strong>und</strong> ωc des Bodediagramms des offenen Kreises übersetzt werden.<br />

Zur Regleroptimierung trägt man nun diese beiden angestrebten Kennwerte φr Soll <strong>und</strong><br />

ωc Soll in das noch leere Bodediagramm−Koordinatensystem ein. Wenn man nun das<br />

Bodediagramm des gegebenen offenen Standard−Kreises, zunächst ohne Regler,<br />

( ) ( ) ( )<br />

∗<br />

L j ω = G jω ⋅Gj ω<br />

(2.3.11a)<br />

S M<br />

zeichnet, wird L∗(jω) i.a. nicht die angestrebte Durchtrittsfrequenz ωc Soll <strong>und</strong> auch nicht<br />

den angestrebten Phasenrand φr Soll besitzen, sondern beliebige φr Ist <strong>und</strong> ωc Ist (siehe<br />

das folgende Bild 2.3.9)<br />

Ziel des Reglerentwurfes ist es nun, durch Auswahl eines entsprechenden Reglers <strong>und</strong><br />

Wahl seiner Parameter, die Kennlinien des Bodediagramms so zu "verbiegen", daß das<br />

Bodediagramm des offenen Kreises mit Regler<br />

( ω) ( ω) ⋅ ( ω) ⋅ ( ω)<br />

L j = G j G j G j (2.3.11b)<br />

R S M<br />

mit seiner Betragkennlinie bei ωc Soll die 0−dB−Linie schneidet <strong>und</strong> sich dort der Phasenrand<br />

φr Soll einstellt.<br />

Gelingt dies, wird sich wegen der auch umgekehrten Gültigkeit der Beziehungen (2.3.10a<br />

<strong>und</strong> b) eine Führungssprungantwort des geschlossenen Regel-kreises einstellen, die die<br />

anfänglich an sie gestellten Regelgüteforderungen Mp <strong>und</strong> tr (in guter Näherung) erfüllt.<br />

Gegenstand dieses Kapitels wird es sein, Entwurfsrichtlinien für die in Kapitel 2.1.4<br />

eingeführten Standardreglertypen anzugeben, mit denen es gelingt, das Bodediagramm in<br />

der oben erläuterten, angestrebten Art zu verformen.<br />

2.74


Lj ( ω)<br />

dB<br />

50<br />

0<br />

-50<br />

-100<br />

-150<br />

-200<br />

-250<br />

-300<br />

l q<br />

ϕ Lj ( ω)<br />

Grad<br />

-100<br />

1Dekade<br />

Betragskennlinie<br />

Phasenkennlinie<br />

Bild 2.3.9 : Bodediagramm eines offenen Regelkreises ohne Regler mit angestrebten Kennwerten<br />

ω c Soll <strong>und</strong> φ r Soll<br />

Zur Durchführung eines systematischen Reglerentwurfs wird wie folgt vorgegangen:<br />

1. Zeichnung des Bodediagramms des offenen Regelkreises ohne Regler (L ∗(s)).<br />

2. Wahl der Regelgüte-Parameter Anstiegszeit tr <strong>und</strong> Überschwingweite Mp:<br />

Mp kann nur in einem Bereich 0 ≤ Mp ≤ 1 gewählt werden. In den meisten Fällen wird<br />

die praktische Problemstellung die Wahl von Mp bestimmen. Im allgemeinen wird Mp<br />

eher näher an Null als an Eins liegen<br />

Bei der Festlegung von tr besteht theoretisch die Möglichkeit der Wahl 0 < tr < ∞ .<br />

Sehr große tr sind sicherlich nicht anstrebenswert, weil sie das Regelkreisverhalten<br />

unnötig langsam machen. Sehr kleine tr führen, wie wir noch sehen werden, zwar auf<br />

sehr schnelle Regelkreise, erzeugen aber auch Probleme mit der Übersteuerung der<br />

Stellgröße. Im ersten Ansatz sollte man sich daher bei der Wahl der Anstiegszeit tr an<br />

der Anstiegszeit der Regelstrecke trStrecke orientieren:<br />

( )<br />

ϕ Lj ( ω)<br />

t = 0,1...1 ⋅t<br />

(2.3.12)<br />

r r Strecke<br />

*<br />

∗<br />

L ( jω)<br />

ω cist<br />

l q<br />

Φ rist<br />

dB<br />

2.75<br />

ω csoll<br />

Φ rsoll


Bei global integral wirkenden Strecken kann die Anstiegszeit trStrecke der<br />

differenzierten Sprungantwort entnommen werden.<br />

3. Berechnung der Sollwerte von ωc <strong>und</strong> φr mit den Beziehungen (2.3.10a <strong>und</strong> b) <strong>und</strong><br />

Einzeichnung dieser Größen in das Bodediagramm.<br />

4. Auswahl eines Reglers. Falls die Verwendung eines speziellen Reglers vom<br />

praktischen Anwendungsfall her nicht vorgeschrieben ist, muß er mit Hilfe der<br />

folgenden Ausführungen <strong>und</strong> der Zusatzbemerkungen am Ende dieses Kapitels<br />

gewählt werden.<br />

5. Optimierung der Reglerparameter mit Hilfe der folgenden Richtlinien. (Zum besseren<br />

Verständnis der Entwurfsrichtlinien soll parallel zu ihrer Einführung an einem Beispiel<br />

der Entwurfsvorgang demonstriert werden.)<br />

Diesem Beispiel wird die Regelstrecke<br />

Y(s) 1<br />

G(s) = =<br />

(2.3.13)<br />

U(s) 4<br />

s(s + 1)<br />

<strong>und</strong> (der einfacheren Rechnung wegen) eine Meßgliedübertragungsfunktion GM(s) = 1<br />

zugr<strong>und</strong>e gelegt. Damit wird L*(s) = GS(s). Die Regelstrecke hat folgende Sprungantwort (u(t) = σ(t); ∆u = 1):<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

0 10 20 30 40<br />

Bild 2.3.10 : Sprungantwort der Regelstrecke (2.3.13)<br />

2.76<br />

50<br />

t


Als Reglerergebnis wird angestrebt, daß die Führungssprungantwort<br />

• eine Überschwingweite Mp = 0,2 <strong>und</strong><br />

• eine Anstiegszeit tr = 3 sek<br />

hat. Aus diesen Regelgüteforderungen lassen sich folgende Forderungen an φr <strong>und</strong> ωc im<br />

Bodediagramm des offenen Regelkreises berechnen (2.3.10a <strong>und</strong> b)<br />

φ<br />

ω<br />

r p<br />

c<br />

= 69° − 106°⋅ M = 69 ° − 106°⋅ 0, 2 = 47, 8° ≈ 48° ( 2. 3. 14)<br />

= 1, 44<br />

tr<br />

= 1, 44<br />

3<br />

= 0,48 1/ sek .<br />

2.77<br />

( 2315 . . )<br />

Damit ergibt sich das im Bild 2.3.11 dargestellte Bodediagramm des offenen Regelkreises<br />

ohne Regler.<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

−20<br />

−40<br />

0°<br />

−100°<br />

−200°<br />

G S (jω )<br />

dB<br />

− 3 − 2 − 1 0 1<br />

10 10 10 10 10<br />

ϕ{G (jω )}<br />

S<br />

ω =0,48 1/sek<br />

c<br />

Φ =48°<br />

r<br />

−300°<br />

10 10 10 10 10<br />

− 3 − 2 − 1 0 1<br />

Bild 2.3.11: Bodediagramm des offenen Regelkreises ohne Regler nach (2.3.13)<br />

ω<br />

−180°<br />

ω


2.3.2.1 Entwurfsrichtlinien für P-, PI-, PD- <strong>und</strong> PID-Regler<br />

• Regelung mit einem P−Regler (siehe Bild 2.3.13)<br />

Da sich mit einem Proportional−Regler nur die Amplitudenkennlinie von L(jω) senken oder<br />

anheben läßt <strong>und</strong> die Phase völlig unbeeinflußt bleibt, kann man mit einem P−Regler nur<br />

eine Forderung − entweder die Durchtrittsfrequenz ωc oder den Phasenrand φr − realisieren.<br />

Im Falle des vorliegenden Beispiels läßt sich sogar nur der Phasenrand φr = 48°<br />

sinnvoll einstellen. Dazu muß die Betragskennlinie des offenen Regelkreises ohne Regler<br />

|GS| dB an der Stelle, wo der Phasenrand φr = 48° wird, um den Betrag gesenkt werden,<br />

den sie an dieser Stelle oberhalb von 0−dB verläuft. In unserem Beispiel sind dies −14 dB.<br />

(Zur Erinnerung: der Phasenrand φr ist an der Stelle ω = ωc definiert, wo die Betragskennlinie<br />

die 0−dB−Achse schneidet). Die Absenkung der Betragskennlinie wird mit Hilfe<br />

des frei einstellbaren Reglerverstärkungsfaktors vorgenommen<br />

Damit ist der P−Regler optimiert<br />

− L( j0,19) −14<br />

dB<br />

V = 10 20 dB = 10 20 dB = 0,2 . (2.3.16)<br />

R opt<br />

( )<br />

G s = V = 0,2 . (2.3.17)<br />

Die Frequenzkennlinien des optimierten Reglers GR opt(s) <strong>und</strong> die der optimalen Übertragungsfunktion<br />

des offenen Kreises mit P−Regler<br />

sind in Bild 2.3.13a dargestellt.<br />

1<br />

L opt(s) = GR ( s) ⋅G s(s) = 0,2 ⋅<br />

(2.3.18)<br />

4<br />

s1 s<br />

2.78<br />

( + )<br />

Die in der Aufgabenstellung geforderte Durchtrittsfrequenz ωc = 0,48 1/sek ist für einen<br />

P−Regler deshalb unsinnig, weil dort ein negativer Phasenrand entstehen <strong>und</strong> der<br />

geschlossene Kreis damit instabil sein würde.<br />

Da der eingestellte Phasenrand φr = 48° nun bei einer Durchtrittsfrequenz ωc = 0,19 1/sek<br />

liegt, stellt sich zwar die geforderte Überschwingweite der Führungssprungantwort Mp =<br />

0,2 ein. Die Anstiegszeit tr wird aber nach (2.3.10b) größer als gefordert:<br />

144 , 144 ,<br />

tr = = = 76 , sek ><br />

3sek . ( 2319 . . )<br />

ω 019 ,<br />

c


Dies bestätigt auch die berechnete Führungssprungantwort in Bild 2.3.13b. Die<br />

Stellgrößenamplitude u(t) erreicht einen Maximalwert von ca. 0,18.<br />

• Regelung mit einem PI−Regler (siehe Bild 2.3.14)<br />

Mit dem Verstärkungsfaktor eines PI−Reglers läßt sich, wie mit einem P−Regler, die<br />

Betragskennlinie des Bodediagramms senken oder heben. Da die Phasenkennlinie<br />

des PI−Reglers (vergleiche Kapitel 2.1.4) einen Bereich von −90° bis 0° überstreicht,<br />

senkt sie die Phasenkennlinie des offenen Kreises ohne Regler bei kleinen<br />

Frequenzen um zusätzliche −90° ab, während sie sie bei hohen Frequenzen nicht<br />

verändert. Die Lage des Phasenüberganges des Reglers von −90° nach 0° auf der<br />

ω−Achse wird von seiner Vorhaltzeitkonstante T bestimmt.<br />

Weil ein PI−Regler auch keine echte phasenanhebende Wirkung (ϕ{G R } > 0) hat,<br />

gelingt es beim aktuellen Beispiel auch nicht, bei ω c = 0,48 1/sek einen Phasenrand<br />

von φ r = 48° einzustellen. Die höchste Frequenz ω bei der φ r = 48°eingestellt werden<br />

kann, ist wie beim P−Regler ω c = 0,19. (Vergleiche Bild 2.3.14a). Um zu verhindern,<br />

daß die Phase des Reglers die Phase des offenen Kreises ohne Regler an dieser<br />

Stelle noch weiter absenkt <strong>und</strong> damit der Phasenrand φ r = 48° bei noch kleineren<br />

Frequenzen entsteht (nach t r = 1,44/ω c wird damit die Anstiegszeit noch geringer),<br />

muß bei ω c = 0,19 1/sek die Phase des PI−Reglers ungefähr Null sein. Dies ist<br />

wegen des Phasenverlaufs des Reglers der Fall, wenn ω k des Reglers<br />

⎛ s ⎞<br />

V⎜1 + ⎟<br />

V1 ( + sT)<br />

k<br />

GR ( s ) = =<br />

⎝ ω ⎠<br />

(2.3.20)<br />

s s<br />

ungefähr eine Dekade unterhalb der Frequenz angesetzt wird, wo der Phasenrand bei<br />

der höchstmöglichen Frequenz entstehen soll<br />

1 1<br />

T = = (2.3.21)<br />

ω 0,1⋅ω<br />

k c<br />

1<br />

= = 52,6 sek . (2.3.22)<br />

0,1⋅ 0,19<br />

Wie man dem Phasendiagramm des PI−Reglers (Kapitel 2.1.4) entnehmen kann, senkt<br />

man mit diesem Vorgehen die Phase aber dennoch zusätzlich um ca. −5° ab. Würde<br />

man zur Vermeidung dieses Fehlers ω k des Reglers noch weiter verkleinern, wächst T<br />

sehr stark an. Dies bedeutet eine Schwächung der integralen Wirkung des PI−Reglers,<br />

was zu einer sehr langsamen Ausregelung des Regelfehlers führt ("anschleichen" der<br />

2.79


Führungssprungantwort an seinen stationären Endwert). Optimiert man T daher nach<br />

(2.3.21) <strong>und</strong> zeichnet das Bodediagramm von L(s) = G R(s).G S(s) zunächst mit einem<br />

Reglerverstärkungsfaktor V = 1, erkennt man, daß V abschließend um −50,3 dB<br />

gesenkt werden muß, um einen Phasenrand φ r = 48° entstehen zu lassen. φ r = 48°<br />

entsteht wegen des gerade erläuterten Phasenfehlers bei ω c = 0,15. Damit ist der<br />

PI−Regler optimiert<br />

( + )<br />

0,003 1 52,6s<br />

GR opt(<br />

s ) = . (2.3.23)<br />

s<br />

Die Frequenzkennlinien des optimierten Reglers G R opt(s) <strong>und</strong> der optimalen Über-<br />

tragungsfunktion des offenen Kreises mit PI−Regler<br />

sind in Bild 2.3.14a dargestellt.<br />

( + )<br />

0,003 1 52,6s 1<br />

Lopt ( s ) = ⋅<br />

(2.3.24)<br />

s 4<br />

s1 s<br />

2.80<br />

( + )<br />

Anhand der berechneten Sprungantwort (Bild 2.3.14b) erkennt man deutlich, daß sich im<br />

vorliegendem Fall die Regelgüte durch den Einsatz eines PI−Reglers gegenüber einem<br />

P−Regler nicht verbessert. Sie wird sogar schlechter, da sich ω c gesenkt hat <strong>und</strong> damit die<br />

Anstiegszeit (geringfügig) größer wird. Auch ist bereits der Anschleicheffekt der<br />

Sprungantwort an den stationären Endwert deutlich zu erkennen.<br />

Der Einsatz eines PI−Reglers ist also nur sinnvoll, wenn durch den I−Anteil ein stationärer<br />

Regelfehler ausgeregelt werden muß, z.B. beim Vorliegen einer global proportionalen<br />

Regelstrecke.<br />

Es muß noch darauf hingewiesen werden, daß bei anderen Streckenverhältnissen, wo<br />

z.B. die Phasenkennlinie beim angestrebten ω c oberhalb des gewünschten Phasenrandes<br />

verläuft, die Erfüllung sowohl des angestrebten ω c− als auch φ r−Wertes möglich sind. ω k<br />

des PI−Reglers wird dann nur soweit links neben ω c gelegt, bis die Phase des Reglers<br />

plus die Phase des offenen Kreises ohne Regler das gewünschte φ r ergeben. V des<br />

Reglers würde dann abschließend so eingestellt, daß die Betragskennlinie die<br />

0−dB−Achse genau an dieser Stelle schneidet.<br />

• Regelung mit einem PD−Regler (siehe Bild 2.3.15)<br />

Im Gegensatz zu den vorangehend betrachteten Reglern hat der PD−Regler aufgr<strong>und</strong><br />

seiner differenzierenden Wirkung einen Phasengang, der bei kleinen Frequenzen bei 0°<br />

beginnt, positive Werte annimmt, die im Extremfall bis +90° gehen <strong>und</strong> für große ω wieder


gegen 0° geht. Mit dem Reglerverstärkungsfaktor V läßt sich, wie auch bei den anderen<br />

Reglern, die Betragskennlinie des Bodediagramms des offenen Regelkreises heben oder<br />

senken. Die Höhe der oben angedeuteten Phasenanhebung ist abhängig vom Verhältnis<br />

der Vorhaltzeitkonstante T <strong>und</strong> der Realisierungszeitkonstante TR der Übertragungsfunktion<br />

des PD−Reglers<br />

⎛ s ⎞<br />

V⎜1 + ⎟<br />

V1 ( + sT)<br />

k<br />

G s = =<br />

⎝ ω ⎠<br />

; T > T ⇒ m > 1 . (2.3.25)<br />

( )<br />

R R<br />

1 + sT<br />

s<br />

R 1 +<br />

m ⋅ωk<br />

Auf dem Diagramm in Bild 2.3.12 ist diese Phasenanhebung in Abhängigkeit vom Verhältnis<br />

der entsprechenden Kennfrequenzen ωk = 1/T <strong>und</strong> m.ωk = 1/TR dargestellt.<br />

ϕ /Grad<br />

Bild 2.3.12 : Phasenverläufe eines PD−Reglers in Abhängigkeit vom Verhältnis m<br />

der Vorhaltzeitkonstante T zur Realisierungszeitkonstante T R<br />

Man erkennt deutlich, daß mit wachsendem Verhältnis m = T/TR die Phasenanhebung<br />

größer wird. Liegen z.B. T <strong>und</strong> TR eine Dekade auseinander (m = 10), ergibt sich ein<br />

"Phasenbauch" mit einem Maximum von ϕ = +55°. Zur Erzielung einer Phasenanhebung<br />

2.81<br />

ω/ ωk


im Bodediagramm des offenen Kreises, stellt man zunächst die Höhe der gewünschten<br />

Phasenanhebung fest. Dann sucht man sich in Bild 2.3.12 die Kurve aus, deren Maximal-<br />

amplitude der gewünschten Phasenanhebung entspricht (ggf. interpolieren), merkt sich<br />

den dazugehörigen Verhältnisfaktor m <strong>und</strong> liest den zur Maximalamplitude gehörende<br />

Frequenzkennwert ω M ab. Laut Abszissenbeschriftung von Bild 2.3.12 ist dann<br />

ω<br />

ω<br />

k<br />

= ω [-] . (2.3.26)<br />

M<br />

Durch Einsetzen der Frequenz ω, wo real die Phasenanhebung stattfinden soll, erhält man<br />

durch Umstellung von (2.3.26) eine Bestimmungsgleichung für den Reglerparameterω k =<br />

1/T. Da i.a. die reale Phasenanhebung an der Stelle ω = ω c (nämlich dort wo der<br />

gewünschte Phasenrand entstehen soll) vorgenommen wird, ergibt sich damit aus (2.3.26)<br />

die folgende Bestimmungsgleichung für ω k<br />

ω<br />

ωk<br />

= =<br />

ω<br />

M ω = ω<br />

<strong>und</strong> daraus die Vorhaltzeitkonstante T des Reglers<br />

T<br />

=<br />

1<br />

ω<br />

k<br />

c<br />

ω<br />

ω<br />

c<br />

M<br />

2.82<br />

( 2327 . . )<br />

. ( 2328 . . )<br />

Mit dem sich gemerkten Verhältnisfaktor m berechnet man dann die Realisierungszeitkonstante<br />

T R aus<br />

T<br />

R<br />

= =<br />

m<br />

T 1<br />

. ( 2329 . . )<br />

⋅ω m<br />

k<br />

Mit Hilfe des Reglerverstärkungsfaktors V wird abschließend die Betragskennlinie von L(s)<br />

so verschoben, daß sie beim gewünschten ω c die 0−dB−Linie schneidet. Mit einem<br />

PD−Regler ist es also i.a. immer möglich, sowohl einen geforderten Phasenrand φ r als<br />

auch eine geforderte Durchtrittsfrequenz ω c einzustellen.<br />

Für unser Beispiel läuft dieser Optimierungsvorgang wie folgt ab. Zur Realisierung der<br />

geforderten Durchtrittsfrequenz ω c = 0,48 1/sek <strong>und</strong> des Amplitudenrandes φ r = 48° wird<br />

zunächst berechnet, um wieviel Grad die Phase des offenen Kreises ohne Regler ϕ{G S }<br />

durch den Regler angehoben werden muß. Bei ω = 0,48 1/sek hat die Streckenphase<br />

einen Wert von −192°. Um einen Phasenrand von 48° entstehen zu lassen, muß der<br />

Regler die Phase an dieser Stelle um 48° + 12° = 60° anheben. Aus dem Phasendiagramm<br />

in Bild 2.3.12 kann man dazu einen Verhältnisfaktor m ≈ 14 ablesen. Die Maximalamplitude<br />

liegt bei ωM ≈ 3,8. Mit der gewünschten realen Lage dieses Phasenmaximums<br />

bei ωc = 0,48 1/sek errechnet sich ωk des Reglers nach (2.3.27)


ω<br />

k<br />

ωc<br />

0,48 1/ sek<br />

= = = 0,126 1/ sek . (2.3.30)<br />

ω 3,8<br />

Damit werden nach (2.3.28) <strong>und</strong> (2.3.29)<br />

M<br />

1 1<br />

T = = = 7,94 sek <strong>und</strong><br />

ω 0,126 1/ sek<br />

k<br />

T 7,94 sek<br />

T R = = = 0,57 sek . (2.3.31)<br />

m 14<br />

Zeichnet man nun das Bodediagramm von L(s) = G R (s) . G S (s) zunächst mit einem Regler-<br />

verstärkungsfaktor V = 1, erkennt man, daß V abschließend um −14,3 dB abgesenkt<br />

werden muß, um ω c an der Stelle ω = 0,48 1/sek zu plazieren. Damit ist der PD−Regler<br />

optimiert<br />

( + )<br />

0,193 1 7,94s<br />

G ( s ) = . (2.3.32)<br />

Ropt<br />

1 + 0,57s<br />

Die Frequenzkennlinien des optimierten Reglers G R opt (s) <strong>und</strong> der optimierten Übertra-<br />

gungsfunktion des offenen Kreises<br />

( + )<br />

0,193 1 7,94s 1<br />

L ( s ) = ⋅ . (2.3.33)<br />

opt 1 + 0,57s 4<br />

s1 + s<br />

2.83<br />

( )<br />

sind in Bild 2.3.15a dargestellt.<br />

Die Führungssprungantwort (Bild 2.3.15b) erfüllt sehr gut die geforderten Spezifikationen tr = 3 sek <strong>und</strong> Mp = 0,2. Wegen der relativ großen Schwingneigung kommt die Sprungantwort<br />

erst bei t ≈ 50 sek zur Ruhe, die Ausregelzeit ist also ähnlich hoch wie beim P−<br />

oder PI−Regler. Durch den D−Anteil im Regler wird auch die Maximalamplitude der<br />

Stellgröße über zehnmal größer als beim P− <strong>und</strong> PI−Regler (Bild 2.3.15c).<br />

• Regelung mit einem PID−Regler (siehe Bild 2.3.16)<br />

Reicht die statische Genauigkeit eines PD−Reglers wegen des fehlenden I−Anteils zur<br />

Ausregelung einer bleibenden Regelabweichung nicht aus, will man aber nicht auf die<br />

phasenanhebende Wirkung eines D−Anteils zur Senkung der Anstiegszeit verzichten, muß<br />

ein PID−Regler eingesetzt werden. Er kombiniert die Vorteile aller vorangehend<br />

besprochenen Reglertypen. Für den Reglerentwurf wird der PID−Regler als eine<br />

Reihenschaltung eines PI− <strong>und</strong> eines PD−Reglers aufgefaßt


s s<br />

1 + 1 +<br />

1 + sT 1 1 + sT 2 ω<br />

G k1 ωk2<br />

R ( s ) = V ⋅ = V ⋅<br />

. (2.3.34)<br />

s 1 + sT s<br />

R s<br />

1 +<br />

����� �����<br />

m ⋅ω<br />

PI−Anteil PD− Anteil<br />

Der PD−Anteil wird nach den vorangehend beschriebenen Entwurfsrichtlinien für<br />

PD−Regler berechnet, wobei lediglich die Phase ca 5° höher angehoben wird, als dort<br />

beschrieben. Der PI−Anteil wird so dimensioniert, daß<br />

ωk1 = 0,1⋅ ωk2<br />

( 2335 . . )<br />

wird. Die geringe Phasenabsenkung, die dieser Anteil noch bei ω k2 hervorruft, wird durch<br />

die weiter oben eingeführte zusätzliche Phasenanhebung um ca. 5° gerade kompensiert.<br />

Damit sind die Kennfrequenzen <strong>und</strong> auch die Zeitkonstanten T 1, T 2 <strong>und</strong> T R bekannt. Mit<br />

Hilfe des Verstärkungsfaktors wird abschließend die Betragkennlinie von L(s) so ver-<br />

schoben, daß sie beim gewünschten ω c die 0−dB−Linie schneidet.<br />

Dieser Optimierungsvorgang soll wieder anhand unseres Beispiels erläutert werden.<br />

Die Forderung nach einem Phasenrand φ r = 48° wird mittels des PD−Anteils des Reglers<br />

realisiert. Die notwendige Phasenanhebung bei ω c = 0,48 berechnet sich aus<br />

Aus dem extrapolierten Phasendiagramm in Bild 2.3.12 liest man für eine Phasen-<br />

überhöhung von 65° einen Verhältnisfaktor m ≈ 20 <strong>und</strong> für die Lage der Maximalamplitude<br />

ω M ≈ 5 ab. Da dieses Phasenmaximum real bei ω c = 0,48 1/sek auftreten soll, wird mit<br />

(2.3.27)<br />

48 °<br />

Gewünschter Phasenrand<br />

ω<br />

k2<br />

<strong>und</strong> damit nach (2.3.28) <strong>und</strong> (2.3.29)<br />

Verlauf der Phase des offenen Kreises<br />

ohne Regler unterhalb von -180 Grad<br />

ωc<br />

0,48 1/ sek<br />

= = = 0,096 1/ sek (2.3.36)<br />

ω 5<br />

M<br />

12 °<br />

5 °<br />

+ + = 65 °<br />

2.84<br />

k2<br />

Phasenüberhöhung zur Kompensation<br />

der Überhöhung des PI-Anteils


1 1<br />

T 2 = = = 10,42 sek <strong>und</strong> (2.3.37)<br />

ω 0,096 1/ sek<br />

k2<br />

T2 10,42 sek<br />

T R = = = 0,52 sek . (2.3.38)<br />

m 20<br />

Für den PI−Anteil muß noch ω k1 nach (2.3.21)<br />

ωk1 = 0,1 ⋅ωk2= 0,1⋅0,096 1/ sek = 0,0096 1/ sek (2.3.39)<br />

berechnet werden, woraus sich die Vorhaltzeitkonstante T 1 des PI−Anteils ergibt<br />

1 1<br />

T 1 = = = 104,2 sek . (2.3.40)<br />

ω 0,0096 1/ sek<br />

k1<br />

Nach Zeichnung des Bodediagramms von L(s) = G R(s).G S(s), zunächst mit einem<br />

Reglerverstärkungsfaktor V = 1, erkennt man, daß V abschließend um −57 dB abgesenkt<br />

werden muß, um einen Phasenrand von 48° zu erzeugen. Obwohl der Phasenfehler des<br />

PI−Anteils schon im Ansatz des PD−Anteils berücksichtigt wurde, verschiebt sich die<br />

Durchtrittsfrequenz auf ca. ω c = 0,5 1/sek. Dies ist auch auf Ableseungenauigkeiten bei<br />

der Bestimmung von m <strong>und</strong> ω M zurückzuführen. Damit ist der PID−Regler optimiert<br />

R opt<br />

( )<br />

( + ) ⋅ ( + )<br />

s1 ( + 0,52s)<br />

0,0014 1 104,2s 1 10,4s<br />

G s = . (2.3.41)<br />

Die Frequenzkennlinien des optimierten Reglers G R opt(s) <strong>und</strong> der optimierten Übertra-<br />

gungsfunktion des offenen Kreises<br />

( )<br />

( + ) ⋅ ( + )<br />

⋅<br />

s1 ( + 0,52s) s1 ( + s)<br />

0,0014 1 104,2s 1 10,4s 1<br />

L s = (2.3.42)<br />

opt 4<br />

sind in Bild 2.3.16a dargestellt.<br />

An der Führungssprungantwort in Bild 2.3.16b erkennt man, daß die geforderten<br />

Regelgütespezifikationen tr = 3 sek <strong>und</strong> Mp = 0,2 sehr gut erfüllt werden. Man sieht<br />

weiterhin, daß gegenüber dem PD−Regler keine Verbesserung des dynamischen<br />

Verhaltens erzielt werden konnte. Durch den I−Anteil ergibt sich wieder ein<br />

„Anschleichen“ der Sprungantwort an den stationären Endwert. Auch hier ist der I−Anteil<br />

des Reglers nur sinnvoll, wenn ein stationärer Regelfehler an einer global proportionalen<br />

2.85


Regelstrecke hätte verhindert werden sollen. Wegen des im PID−Regler enthaltenen<br />

D−Anteils ist die maximale Stellgrößenamplitude wiederum relativ hoch.<br />

Beim PID−Regler liegt noch ein gewisser Variationsspielraum darin, das Phasenmaximum<br />

des PD−Anteils mehr als 5° überzudimensionieren. Dadurch kann man ωk1 des PI−Anteils größer als 0,1.ωk2 wählen. Dies hat zur Folge, daß die Vorhaltzeitkonstante<br />

T1 des PI−Anteils kleiner wird. Man erreicht dadurch bei gleichbleibenden φr <strong>und</strong> ωc eine schnellere Ausregelung der Regelabweichung, also eine Verringerung des<br />

"Anschleicheffektes". Leider erkauft man sich diesen Vorteil durch eine noch höhere<br />

Stellamplitude u(t).<br />

Die vorangehend beschriebene Vorgehensweise zur Regleroptimierung macht relativ<br />

deutlich klar, daß man diese Reglerentwurfsstrategie nicht als exakt bezeichnen kann.<br />

Zunächst werden, basierend auf Näherungsbeziehungen, Regelgütekennwerte aus dem<br />

Zeitbereich in Forderungen an das Bodediagramm des offenen Regelkreises umgerechnet.<br />

Anschließend werden diese Forderungen mit zeichnerischen Methoden, also<br />

relativ grob, im Bodediagramm realisiert, wobei man nicht immer die spezifizierten<br />

Kennwerte exakt trifft. Es ist daher sicherlich sinnvoll, nach dem Reglerentwurf zu<br />

überprüfen, ob die spezifizierten Regelgüteforderungen an Mp <strong>und</strong> tr von der Führungssprungantwort<br />

erfüllt werden. Falls dies nicht der Fall ist, muß eine Korrektur<br />

vorgenommen werden. Qualitative Korrekturanweisungen können aus den Beziehungen<br />

(2.3.10a/b) abgeleitet werden:<br />

wenn M p zu groß (klein) dann φ r vergrößern (verkleinern) (2.3.43a)<br />

wenn t r zu langsam (schnell) dann ω c vergrößern (verkleinern). (2.3.43b)<br />

Mit diesen Korrekturen kann ein neuer Regleroptimierungsvorgang im Bodediagramm<br />

vorgenommen werden. Anhand mehrerer solcher Durchgänge (Realisieren, Kontrollieren,<br />

Korrigieren) können die spezifizierten Werte Mp <strong>und</strong> tr relativ genau erreicht werden. In<br />

Kapitel 2.3.2.3 wird eine Optimierungsstrategie, die auch die Einhaltung einer vorgegebenen<br />

Stellgrößenschranke beinhaltet, vollständig angegeben.<br />

Abschließend sei noch einmal darauf eingegangen, daß die Notwendigkeit zur Einführung<br />

von Integralanteilen in den Regler bei den durchgerechneten Beispielen nicht sehr deutlich<br />

geworden ist, da die gewählte Regelstrecke bereits global integrales Verhalten hatte.<br />

Dadurch trat schon ohne I−Anteil im Regler keine bleibende Regelabweichung auf. Ein<br />

I−Anteil im Regler macht i.a. den Regelvorgang langsamer, besonders deutlich macht sich<br />

dies im Ausregelvorgang bemerkbar. Regler mit I−Anteil sollten daher nur gewählt werden,<br />

wenn eine global proportionale Strecke vorliegt <strong>und</strong> eine durch sie hervorgerufene<br />

bleibende Regelabweichung zu Null gemacht werden soll.<br />

2.86


a)<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

−20<br />

−40<br />

0°<br />

−100°<br />

−200°<br />

dB<br />

ϕ / °<br />

L opt<br />

G R opt<br />

G S<br />

−300°<br />

10 10 10<br />

ω c=0,19<br />

10<br />

ω =0,48<br />

10<br />

b)<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0,2<br />

0,15<br />

0,1<br />

0,05<br />

2.87<br />

Φ r=<br />

48°<br />

14 dB<br />

− 3 − 2 − 1 0 1<br />

10 10 10 10 10<br />

− 3 − 2 − 1 0 1<br />

y(t)<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100<br />

0<br />

u(t)<br />

−0,05<br />

0 20 40 60 80 100<br />

c)<br />

Bild 2.3.13 Beispiel zum Entwurf eines P−Reglers<br />

a) Bodediagramme<br />

b) Führungssprungantwort bei w(t) = σ(t) ; ∆w = 1<br />

c) Stellgrößenverlauf bei w(t) = σ(t) ; ∆w = 1<br />

ω<br />

−180°<br />

ω<br />

t/sek<br />

t/sek


a)<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

− 20<br />

dB<br />

− 40<br />

10 10 10 10 10<br />

0°<br />

−100°<br />

−200°<br />

− 3 − 2 − 1 0 1<br />

ϕ / °<br />

L opt<br />

ϕ{G }<br />

S<br />

G R opt<br />

G S<br />

ϕ{G }<br />

R opt<br />

ϕ{L }<br />

opt<br />

−300°<br />

10 10 10<br />

ω c =0,15<br />

10<br />

ω =0,48<br />

10<br />

b)<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

− 3 − 2 − 1 0 1<br />

y(t)<br />

u(t)<br />

2.88<br />

Φ = 48°<br />

r<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100<br />

0,2<br />

0,15<br />

0,1<br />

0,05<br />

0<br />

−0,05<br />

t/sek<br />

0 20 40 60 80 100<br />

c)<br />

Bild 2.3.14 : Beispiel zum Entwurf eines PI−Reglers<br />

a) Bodediagramme<br />

b) Führungssprungantwort bei w(t) = σ(t) ; ∆w = 1<br />

c) Stellgrößenverlauf bei w(t) = σ(t) ; ∆w = 1<br />

ω<br />

−180°<br />

t/sek<br />

ω


a)<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

−20<br />

dB<br />

−40<br />

10 10 10 10 10<br />

100°<br />

0°<br />

−100°<br />

−200°<br />

− 3 − 2 − 1 0 1<br />

ϕ / °<br />

L opt<br />

G R opt<br />

ϕ{G }<br />

R opt<br />

G S<br />

ϕ{L }<br />

opt Φ = 48°<br />

r<br />

ϕ{G }<br />

S<br />

−300°<br />

10 10 10 10<br />

ω c =0,48<br />

10<br />

b)<br />

c)<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

− 3 − 2 − 1 0 1<br />

y(t)<br />

0 20 40 60 80 100<br />

u(t)<br />

−1<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Bild 2.3.15 : Beispiel zum Entwurf eines PD−Reglers<br />

a) Bodediagramme<br />

b) Führungssprungantwort bei w(t) = σ(t) ; ∆w = 1<br />

c) Stellgrößenverlauf bei w(t) = σ(t) ; ∆w = 1<br />

2.89<br />

ω<br />

ω<br />

t/sek<br />

t/sek


60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

−20<br />

dB<br />

−40<br />

10 10 10 10 10<br />

100°<br />

0°<br />

−100°<br />

−200°<br />

− 3 − 2 − 1 0 1<br />

ϕ / °<br />

L opt<br />

G R opt<br />

ϕ{G }<br />

R opt<br />

G S<br />

ϕ{L }<br />

opt Φ = 48°<br />

r<br />

ϕ{G }<br />

S<br />

−300°<br />

10 10 10<br />

ω c =0,5<br />

10 10<br />

a)<br />

y(t)<br />

b)<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

− 3 − 2 − 1 0 1<br />

0<br />

0 20 40 60 80 100<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

u(t)<br />

−1<br />

0 20 40 60 80 100<br />

c)<br />

Bild 2.3.16 : Beispiel zum Entwurf eines PID−Reglers<br />

a) Bodediagramme<br />

b) Führungssprungantwort bei w(t) = σ(t) ; ∆w = 1<br />

c) Stellgrößenverlauf bei w(t) = σ(t) ; ∆w = 1<br />

2.90<br />

t/sek<br />

t/sek<br />

ω<br />

−180°<br />

ω


2.3.2.2 Das Verfahren der Polkompensation<br />

Die im vorangehenden Kapitel vorgestellte Regleroptimierungsmethode hatte das Ziel,<br />

zwei Regelgütekennwerte, nämlich Mp <strong>und</strong> tr der Führungssprungantwort auf quantitativ<br />

vorgegebene Werte zu bringen. Beschränkt man sich auf die quantitative Vorgabe der zu<br />

erreichenden Überschwingweite Mp <strong>und</strong> verlangt lediglich qualitativ, daß der Regelvorgang<br />

"möglichst schnell" wird, ohne dies genauer zu quantifizieren, kann man ein wesentlich<br />

vereinfachtes Regleroptimierungsverfahren angeben.<br />

Die Systemidentifikation /2/ einer Regelstrecke wird i.a. auf eine Übertragungsfunktion<br />

führen, die mit einer oder mehreren Verzögerungszeitkonstanten behaftet ist, z.B.<br />

10<br />

G s = . (2.3.44)<br />

S<br />

( )<br />

( 1 + 20s) ⋅ ( 1 + 10s) ⋅ ( 1 + s)<br />

Verzögerungsglieder, insbesondere solche mit großen Zeitkonstanten, führen zu einem<br />

schnellen Abknicken der Betragskennlinie der Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises<br />

L(s). Dadurch entsteht die Durchtrittsfrequenz ωc der Betragskennlinie durch<br />

0−dB−Linie bei relativ kleinen Frequenzen. Nach der umgestellten Beziehung (2.3.10b)<br />

t r<br />

≈ 144 ,<br />

ω<br />

c<br />

2.91<br />

( 2345 . . )<br />

ergibt sich dann eine relativ große Anstiegszeit tr der Führungssprungantwort, d.h., der<br />

Regelkreis folgt Führungsgrößen langsam <strong>und</strong> regelt Störgrößen langsam aus.<br />

Da die Übertragungsfunktion des offenen Kreises<br />

( ) ( ) ⋅ ( ) ⋅ ( )<br />

L s = G s G s G s (2.3.46)<br />

R S M<br />

aus einem Produkt von Regler−, Strecken− <strong>und</strong> Meßglied -Übertragungsfunktionen<br />

besteht <strong>und</strong> PI−, PD− <strong>und</strong> PID−Regler Übertragungsfunktionen besitzen, in denen ein oder<br />

mehrere Vorhaltglieder vorkommen:<br />

����� ↓ ���↓�� V ⋅ ( 1 + sT) V ⋅ ( 1 + sT)<br />

GR ( s ) = ; GR ( s ) = ;<br />

s 1 + sT<br />

��� ↓�� �����<br />

↓<br />

G<br />

V ⋅ 1 + sT<br />

s =<br />

⋅ 1 + sT<br />

, (2.3.47)<br />

R<br />

( )<br />

( 1) ( 2)<br />

s1 ( + sT)<br />

R<br />

R


liegt es nahe, die größten Streckenverzögerungszeitkonstanten ("Streckenpole") mit Hilfe<br />

der frei wählbaren Vorhaltzeitkonstanten in den Reglern (2.3.47) aus L(s) herauszukürzen<br />

(zu "kompensieren"). Damit knickt die Betragskennlinie des offenen Kreises nicht so früh<br />

ab, ω c verschiebt sich zu höheren Frequenzen, t r sinkt <strong>und</strong> die Regelgeschwindigkeit des<br />

geschlossenen Regelkreises wird schneller. Wir zeigen diese Zusammenhänge an<br />

folgendem<br />

Beispiel 2.3.2: Die Betragskennlinie der Beispielregelstrecke (2.3.44) hat folgenden<br />

Verlauf:<br />

G ( j ω )<br />

S<br />

dB<br />

40<br />

20<br />

0<br />

20<br />

40<br />

60<br />

ω k =0,05<br />

ω =0,1<br />

k<br />

0,1<br />

ω =0,2<br />

c<br />

2.92<br />

ω =1<br />

k<br />

Bild 2.3.17 Betragskennlinie der Regelstrecke (2.3.44)<br />

Bildet man nun die Übertragungsfunktion des offenen Kreises mit einem PID−Regler<br />

(GM (s) soll der einfacheren Rechnung wegen wieder gleich 1 gesetzt werden)<br />

( )<br />

( + 1) ⋅ ( + 2)<br />

⋅<br />

s( 1 + sT ) ( 1 + 20s) ⋅ ( 1 + 10s) ⋅ ( 1 + 1s)<br />

V1 sT 1 sT 10<br />

L s = (2.3.48)<br />

R<br />

<strong>und</strong> wählt die Vorhaltzeitkonstanten des Reglers gleich den größten Verzögerungszeitkonstanten<br />

der Strecke<br />

T = 20 ; T = 10 , ( 2. 3. 49)<br />

1 2<br />

kann man L(s) wie folgt kürzen<br />

10 V<br />

L( s ) = . (2.3.50)<br />

s1 sT 1 s<br />

( + ) ⋅ ( + )<br />

R<br />

TR muß nach den Vorschriften des Kapitels 2.1.4 nach folgender Beziehung gewählt<br />

werden<br />

10<br />

ω


{ }<br />

T < min T , T ⇒ T < 10 . (2.3.51)<br />

R 1 2 R<br />

Wir wählen daher T R = 2. (Auf eine etwas begründetere Wahl von T R bei diesem<br />

Optimierungsverfahren gehen wir später ein). Den Reglerverstärkungsfaktor, der bekannt-<br />

lich auch einen erheblichen Einfluß auf die Lage von ω c hat, wählen wir neutral V = 1.<br />

Damit ergibt sich abschließend folgende Übertragungsfunktion des offenen Kreises<br />

10<br />

L( s ) = , (2.3.52)<br />

s1 2s 1 s<br />

( + ) ⋅ ( + )<br />

die auf folgende Betragskennlinie des offenen Kreises führt<br />

10<br />

L( j ω)<br />

= (2.3.53)<br />

⎛ jω ⎞ ⎛ jω⎞<br />

jω ⎜1 + ⋅ 1 +<br />

0,5<br />

⎟ ⎜<br />

1<br />

⎟<br />

⎝ ⎠ ⎝ ⎠<br />

G ( j ω )<br />

S<br />

dB<br />

40<br />

20<br />

0<br />

20<br />

40<br />

60<br />

0,1 10<br />

ω c =1,5<br />

2.93<br />

ω =0,5<br />

k<br />

ω =1<br />

k<br />

Bild 2.3.18 : Betragskennlinie des offenen Kreises (2.3.53)<br />

Vergleicht man nun Bild 2.3.17 mit Bild 2.3.18 erkennt man, daß in Folge der durch-<br />

geführten Polkompensation (2.3.48) bis (2.3.50), trotz Einführung eines verlangsamenden<br />

I−Anteils durch den PID−Regler, die Durchtrittsfrequenz fast um den Faktor 10 erhöht <strong>und</strong><br />

damit die Anstiegszeit um den Faktor 10 verkleinert werden konnte.<br />

Es sei darauf hingewiesen, daß durch den Kürzungseffekt die Zeitkonstanten selbst-<br />

verständlich nicht aus dem realen offenen Kreis herausfallen. Durch die identische Wahl<br />

von Reglervorhalten <strong>und</strong> Streckenverzögerungszeitkonstanten wird der Stellgröße u(t)<br />

eine Form aufgeprägt, die dem Gesamtübertragungssystem Regler/Strecke ein Über-<br />

tragungsverhalten verleiht, welches den Eindruck vermittelt, als seien die Verzögerungs-<br />

zeitkonstanten nicht mehr vorhanden.<br />

ω


Basierend auf den vorangehenden Erkenntnissen kann man folgendes Reglerentwurfs−<br />

verfahren mittels Polkompensation formulieren, wenn von der zu regelnden Strecke ein<br />

mathe−matisches Modell in Form einer Übertragungsfunktion vorliegt:<br />

1. Festlegung der anzustrebenden Überschwingweite M p der Führungssprungantwort.<br />

2. Bildung der faktorisierten V−Normalform der Übertragungsfunktion des offenen Kreises<br />

ohne Regler.<br />

3. Wahl eines Reglers. Wenn durch den praktischen Anwendungsfall kein bestimmter<br />

Regler vorgeschrieben ist, sollte man folgende Reglerstrukturen wählen:<br />

• global integrale Strecke: P−Regler oder PD−Regler<br />

• global proportionale Strecke: PI−Regler oder PID−Regler<br />

Damit ist sichergestellt, daß sich in jedem Fall ein I−Anteil im offenen Kreis befindet,<br />

wodurch der Regelkreis i.a. statisch genau arbeitet. Ob man nun jeweils den ersten<br />

oder zweiten Reglertyp der obigen Empfehlung benutzt, hängt von den Forderungen an<br />

die Regelgeschwindigkeit des zu entwerfenden Kreises ab. Mit dem zweiten Reglern<br />

(solchen mit D-Anteil) sind bei der Polkompensation i.a. schnellere Anstiegszeiten zu<br />

erwarten. An dieser Stelle muß man sich aber wieder vor Augen führen, daß der erzielte<br />

Zuwachs an Regelgeschwindigkeit mit einer größeren Stellamplitude erkauft werden<br />

muß.<br />

4. Aufschreiben der Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises in V−Normalform <strong>und</strong><br />

Durchführung der Polkompensation, d.h. Wahl der Reglervorhalte so groß, wie die<br />

größte(n) Streckenzeitkonstanten <strong>und</strong> Kürzung dieser Ausdrücke. Damit sind die<br />

Zählerzeitkonstanten des Reglers bekannt <strong>und</strong> die Anstiegszeit t r der Führungssprung-<br />

antwort wird als optimiert betrachtet. Zur Dimensionierung der Realisierungszeit-<br />

konstante T R beim PD− <strong>und</strong> PID−Regler folgt man zunächst den Empfehlungen des<br />

Kapitels 2.1.4 <strong>und</strong> wählt<br />

T T <strong>und</strong> T min T , T . (2.3.54)<br />

( ) < ( ) < { 1 2}<br />

R PD R PID<br />

Die genaue Festlegung von T R ist ein trial and error−Vorgang (siehe Kapitel 2.3.2.1),<br />

wobei als Beurteilungsmaßstab die Amplitude der Stellgröße u(t) des geschlossenen<br />

Regelkreises dient. T R kann verkleinert <strong>und</strong> damit der Regelkreis schneller gemacht<br />

werden, wenn die Stellgrößenbeschränkung nicht überschritten wird. Wird die Maximal-<br />

2.94


amplitude von u(t) zu groß, muß T R vergrößert werden. Damit sind alle Zeitkonstanten<br />

des Reglers optimiert.<br />

5. Zeichnung des Bodediagramms der gekürzten Übertragungsfunktion L(s) des offenen<br />

Kreises. Der einzige noch unbekannte Parameter, der Reglerverstärkungsfaktor, wird<br />

dabei V = 1 gesetzt (0 dB).<br />

6. Berechnung des Phasenrandes φ r nach (2.3.10a) basierend auf der eingangs<br />

geforderten Überschwingweite. Einzeichnung dieses Phasenrandes in das Bodedia−<br />

gramm. Senkung oder Anhebung des Reglerverstärkungsfaktors, so daß ω c an der<br />

Stelle entsteht, wo der gewünschte Phasenrand eingezeichnet ist. Nach Umrechnung<br />

mit<br />

ist auch der Reglerverstärker optimiert. Damit liegt die Reglerübertragungsfunktion in<br />

faktorisierter V−Normalform vor.<br />

7. Falls der einzusetzende Regler z.B. in Partialbruchform (vergleiche Kapitel 2.1.4)<br />

gegeben ist, müssen noch die Reglerparameter umgerechnet werden.<br />

Zur Verdeutlichung der Entwurfsrichtlinien mittels Polkompensation berechnen wir<br />

folgendes<br />

Beispiel 2.3.3: Eine Regelstrecke mit folgenden Strecken− <strong>und</strong> Meßgliedübertragungs-<br />

funktionen<br />

V<br />

V dB<br />

= 10 20 dB<br />

( 2. 3. 55)<br />

20 5<br />

GS( s ) = ; GM( s ) = (2.3.56)<br />

s + 0,5 ⋅ s + 2 s + 10<br />

( ) ( )<br />

soll mit einem PI−Regler zu einem Standard−Regelkreis verknüpft werden.<br />

Bestimme mittels Polkompensation die Reglerparameter seiner Partialbruchform<br />

⎛ 1 ⎞<br />

GR( s ) = VR ⋅ ⎜1 + ⎟<br />

(2.3.57)<br />

sT<br />

⎝ N ⎠<br />

so, daß eine Überschwingweite der Führungssprungantwort M p = 0,2 entsteht. Wie groß<br />

ist die sich ergebende Anstiegszeit der Führungssprungantwort?<br />

2.95


Zunächst wird die Übertragungsfunktion des offenen Kreises ohne Regler in V−Normal-<br />

form gebildet<br />

20 5<br />

⋅ ⋅<br />

( ) ( )<br />

GS s GM s =<br />

0,5 1 + 2s 2 1 + 0,5s 10 1 + 0,1s<br />

( ) ( ) ( )<br />

10<br />

= (2.3.58)<br />

( 1 + 2s)( 1 + 0,5s)( 1 + 0,1s)<br />

<strong>und</strong> dann die Übertragungsfunktion des offenen Kreises hingeschrieben<br />

( )<br />

V1 + sT 10<br />

L( s ) = ⋅<br />

. (2.3.59)<br />

s 1 + 2s 1 + 0,5s 1 + 0,1s<br />

( )( )( )<br />

Da die größte Streckenverzögerungszeitkonstante T VZ = 2 ist, wird die Reglervorhalt-<br />

zeitkonstante T = 2 gewählt. Nach der nun möglichen Kürzung ergibt sich ein<br />

10 V<br />

L( s ) = . (2.3.60)<br />

s(1 + 0,5s)(1 + 0,1s)<br />

Mit zunächst V = 1 <strong>und</strong> nach Umformung in die Polynomform<br />

10<br />

( ) 3 2<br />

L s = (2.3.61)<br />

0,05s + 0,6s + s<br />

kann rechnergetützt das Bodediagramm von L(s) gezeichnet werden (siehe Bild 2.3.19).<br />

Zur Optimierung des Reglerverstärkungsfaktors V wird anschließend der angestrebte<br />

Phasenrand φ r berechnet<br />

φr Mp<br />

= 69° − 106°⋅ = 69° − 106°⋅ 0, 2 = 47, 8° ≈ 48° ( 2. 3. 62)<br />

<strong>und</strong> in das Bodediagramm eingezeichnet. Um diesen Phasenrand entstehen zu lassen,<br />

muß an dieser Stelle die Betragskennlinie durch die 0−dB−Achse gehen. Dies ist mit einer<br />

Absenkung der Betragskennlinie um −15,5 dB möglich. D.h., der Reglerverstärkungsfaktor<br />

V erhält einen Wert<br />

V<br />

dB<br />

− 15dB<br />

V = 1020dB = 10 20 dB = 0, 17. ( 2. 3. 63)<br />

2.96


Bild 2.3.19 : Zur Optimierung des Reglerverstärkungsfaktors von (2.3.57)<br />

Damit ist der Regler optimiert<br />

( + ) ( + )<br />

V1 sT 0,171 2s<br />

GR ( s ) = = . (2.3.64)<br />

s s<br />

Da die Reglerparameter in der Partialbruchform gefordert sind, müssen sie mit den<br />

entsprechenden Formeln aus Kapitel 2.1.4 umgerechnet werden<br />

V = V⋅ T = 017 , ⋅ 2= 034 , ; T = T = 2.<br />

Damit ist der Regleroptimierungsvorgang abgeschlossen.<br />

Die noch zu bestimmende Anstiegszeit tr der Führungssprungantwort, kann einmal indirekt<br />

mittels der Beziehung (2.3.10b)<br />

t r<br />

R N<br />

144 , 144 ,<br />

= = =<br />

ω 137 ,<br />

c<br />

105 , ( 23 . . 65)<br />

2.97


abgeschätzt oder direkt durch Ausmessung der Führungssprungantwort bestimmt werden.<br />

Die Berechnung der Führungssprungantwort erlaubt darüberhinaus auch eine Kontrolle,<br />

ob die angestrebte Überschwingweite M p = 0,2 zustande kommt. Zur Berechnung der<br />

Führungssprungantwort muß die Führungsübertragungsfunktion berechnet werden, die für<br />

den zu Gr<strong>und</strong>e liegenden Standardregelkreis folgende Form hat<br />

0,17 ⋅ 20<br />

GR( s) ⋅ GS( s) s( 1 + 0,5s)<br />

TYW ( s ) = =<br />

1 + L ( s)<br />

0,17 ⋅10<br />

1 +<br />

s 1 0,5s 1 0,1s<br />

( )<br />

( )( )<br />

( + )( + )<br />

3,4 1 + 0,1s 6,8s + 68<br />

= = . (2.3.66)<br />

s1 + 0,5s1 + 0,1s + 1,7 3 2<br />

s + 12s + 20s + 34<br />

Daraus wird das dazugehörige Zustandsmodell gebildet<br />

• ⎡00−34⎤ ⎡68 ⎤<br />

x t = 1 0 20 x t 6,8 w t<br />

⎢<br />

0 1 −12<br />

⎥ ⎢<br />

0<br />

⎥<br />

⎣ ⎦ ⎣ ⎦<br />

() ⎢ − ⎥ () + ⎢ ⎥ ()<br />

() [ ] ()<br />

y t = 0 0 1 x t ,<br />

2.98<br />

(2.3.67)<br />

das nach einer Matlab-Simulation auf eine Erregung w(t) = σ(t) folgende Sprungantwort<br />

liefert:<br />

Bild 2.3.20 : Sprungantwort des mittels Polkompensation optimierten Regelkreises


Die Sprungantwort bestätigt die mit (2.3.65) berechnete Anstiegszeit mit t r ≈ 1. Die sich<br />

ergebende Überschwingweite<br />

M<br />

p<br />

1<br />

043 , 043 ,<br />

= ⇒ Mp<br />

= =<br />

2<br />

2<br />

ist vernachlässigbar größer als in der Aufgabenstellung gefordert.<br />

Wichtige Ergänzungen zur Polkompensation<br />

2.99<br />

0, 215 ( 2. 3. 68)<br />

• Besitzt eine Regelstrecke neben einer großen Verzögerungs-Zeitkonstante noch eine<br />

Reihe kleiner Verzögerungs-Zeitkonstanten, z.B.<br />

VS<br />

G s = (2.3.69)<br />

S<br />

( )<br />

( 1 + 5s )( 1 + 0,1s )( 1 + 0,05s )( 1 + 0,2s )<br />

oder nur annähernd gleichwertige Zeitkonstanten<br />

VS<br />

G s = , (2.3.70)<br />

S<br />

( )<br />

( 1 + 0,5s)( 1 + 0,7s)( 1 + 0,3s)<br />

bildet man vor der Polkompensation häufig eine sog. Summenzeitkonstante:<br />

(1+ 5s)(1+ 0,1s)(1+ 0,05s)(1+ 0,2s) ≈ (1+ 5s)(1+ 0,35s) (2.3.71)<br />

(1+ 0,5s)(1+ 0,7s)(1+ 0,3s) ≈ (1+ 1,5s) (2.3.72)<br />

<strong>und</strong> kompensiert diese mittels Reglervorhaltzeitkonstanten.<br />

Dadurch wird die Antiegszeit der Führungssprungantwort i.a. schneller, allerdings<br />

wächst auch die Stellamplitude <strong>und</strong> es kann bei extremer Überkompensation zu einer<br />

nicht hinnehmbaren Verformung der Sprungantwort kommen. Die geschieht nicht,<br />

solange sichergestellt ist, daß die Betragskennlinie des offenen Regelkreises mit ca.<br />

20 − 40 dB in der Nähe der Durchtrittsfrequenz ωc abfällt, wobei ein Phasenrand von<br />

ca. 30° − 70° entsteht (Satz 2.3.10).<br />

• Wenn das Streckenmodell im Verhältnis zu seinen Verzögerungszeitkonstanten eine<br />

wesentliche Totzeitkomponente besitzt, ist es sinnlos Verzögerungszeitkonstanten zu


kompensieren, weil dabei der wesentlich gravierendere Einfluß der Totzeit unbe-<br />

rücksichtigt bleibt. In solchen Fällen muß die Entwurfsmethodik des Kapitels 2.3.2.1<br />

angewendet werden.<br />

• Auch bei der Regleroptimierung durch Polkompensation gelten die Voraussetzungen<br />

zur Anwendung des Nyquist−Kriteriums. Der offene Kreis darf keine instabilen<br />

Polstellen in der rechten s−Halbebene besitzen. Auch die Idee, einen instabilen<br />

Streckenpol durch einen entsprechenden Reglervorhalt zu kompensieren, um dadurch<br />

L(s) stabil zu machen<br />

( )<br />

V1 − sT VS V⋅VS L( s ) = ⋅<br />

= , (2.3.73)<br />

s 1 sT 1 sT s 1 sT<br />

( − )( + ) ( + )<br />

1 2 2<br />

2.100<br />

↑<br />

T = T<br />

führt auf einen instabilen Regelkreis. Da T <strong>und</strong> T 1 nie völlig identisch sind (z.B. durch<br />

kleine Fehler in der Modellbildung), existiert die instabile Polstelle weiter <strong>und</strong> führt zu<br />

einem instabilen Regelkreis.<br />

• Die Kompensation großer Verzögerungszeitkonstanten kann zu erheblichen Stell−<br />

größenamplituden führen.<br />

• Bei niedrigen Streckenordnungen, z.B. PT1 oder IT1, kann das Polkompensations-<br />

verfahren nicht direkt angewendet werden. Im folgenden sollen daher die drei<br />

wichtigsten Fälle<br />

- PD-Regler an IT1-Strecke,<br />

- PI-Regler an PT1-Strecke <strong>und</strong><br />

- PI-Regler an IT1-Strecke.<br />

näher untersucht werden. Die Meßeinrichtung wird dabei als proportional wirkend mit<br />

VM=1 angenommen.<br />

PD-Regler an IT1-Strecke<br />

Die Übertragungsfunktion des offenen Kreises (Gleichung (2.3.74a)) zeigt, daß bei reiner<br />

Polkompensation (T = TVZ) IT1-Verhalten des offenen Kreises vorliegt. TR des Reglers<br />

könnte theoretisch beliebig klein gemacht <strong>und</strong> damit ein Phasenrand von 0° bis 90° bei<br />

beliebig hohen Frequenzen erzeugt werden. Durch Erhöhung des Verstärkungsfaktors<br />

würde die Durchtrittsfrequenz an diese Stelle verschoben werden.<br />

1


V(1+ sT) Vs VVs<br />

L(s) = ⋅ =<br />

(2.3.74a)<br />

1+ sT s(1+ sT ) s(1+ sT )<br />

R vz R<br />

14243 14243<br />

PD−Regler IT −Strecke<br />

1<br />

↑<br />

T = T<br />

Kleine in der Strecke nicht mit modellierte parasitäre Zeitkonstanten könnten in diesem<br />

Falle den Regelkreis schnell instabil machen.<br />

Man wählt daher die Realisierungszeitkonstante des Reglers in der Größenordnung<br />

VZ<br />

TR≈ ( 005 , bis 05 , ) ⋅T.<br />

( 2374 . . b)<br />

PI-Regler an PT1-Strecke<br />

Bei der direkten Polkompensation dieser Konfiguration<br />

V(1+ sT) Vs VVs<br />

L(s) = ⋅ =<br />

(2.3.75)<br />

s (1+ sT ) s<br />

1<br />

vz<br />

14243 14243<br />

PI−Regler PT −Strecke<br />

↑<br />

T = T<br />

entsteht ein offener Kreis mit reinenm Integralverhalten, d.h. unabhängig von V bildet sich<br />

ein Phasenrand von konstant 90° aus.<br />

Um einerseits beliebige Phasenränder einstellen zu können <strong>und</strong> um andererseits<br />

Instabilitäten auszuweichen, die wiederum durch parasitäre Zeitkonstanten entstehen<br />

können, kann man eine Phasenausbuchtung von der -90°-Linie nach unten erzeugen,<br />

indem man nicht T = TVZ sondern T < TVZ wählt. Mittels dieser Phasenausbuchtung<br />

lassen sich beliebige Phasenränder 0° ≤ Φr ≤ 90° einstellen (vergleiche Bild 2.3.21).<br />

Der Phasenbauch sinkt um so tiefer (womit eine Verkleinerung des Phasenrandes<br />

einhergeht), je kleiner T gegenüber TVZ gewählt wird. Die Auswahl der<br />

Zählerzeitkonstante T des Reglers sollte rechnergestützt vorgenommen werden. Zum<br />

Beispiel könnte das noch zu beschreibende Matlab-Programm "polkomp.m" benutzt<br />

werden.<br />

VZ<br />

2.101


Bild 2.3.21: Phasenrand im Bodediagramm des offenen Regelkreises<br />

PI-Regler an IT1-Strecke<br />

Nimmt man bei dieser Strecken-Regler-Konfiguration eine Kompensation T = TVZ vor,<br />

V(1+ sT) V VV<br />

L(s) = ⋅ =<br />

(2.3.76)<br />

s s(1+ sT ) s<br />

14243 14243<br />

1<br />

s s<br />

2<br />

vz<br />

↑<br />

PI−Regler IT − Strecke T= T<br />

VZ<br />

wird der offenen Kreis zu einem Doppelintegrator, der einen strukturinstabilen Regelkreis<br />

zur Folge hat. Das liegt daran, daß die Phase des offenen Kreises über den gesamten<br />

Frequenzbereich bei -180° liegt <strong>und</strong> sich somit kein Phasenrand > 0 ausbilden kann.<br />

Wählt man allerdings T > TVZ, überwiegt das Vorhaltverhalten <strong>und</strong> es ergibt sich ein<br />

"Phasenbauch" von der -180°-Linie nach oben (vergleiche Bild 2.3.22 auf der folgenden<br />

Seite).<br />

{ L(j ) }<br />

ϕ ω<br />

Grad<br />

-60<br />

-80<br />

-100<br />

-120<br />

-140<br />

-160<br />

-180<br />

-200<br />

Mittels dieses "Bauches" lassen sich wieder beliebige Phasenränder 0° ≤ Φr ≤ 90°<br />

einstellen. Der Phasenbauch wird um so höher (<strong>und</strong> damit das Streben des<br />

Phasenrandes nach 90°) je stärker T gegenüber TVZ wächst. Um unnötig große<br />

Stellamplituden zu vermeiden, legt man den Phasenrand i.a. ins Maximum des<br />

Phasenbauches.<br />

10 -4<br />

10 -2<br />

Φr<br />

Die Auswahl der Zählerzeitkonstante T des Reglers sollte auch hier rechnergestützt<br />

vorgenommen werden. Zum Beispiel könnte auch noch zu beschreibende Matlab-<br />

Programm "polkomp.m" benutzt werden.<br />

10 0<br />

2.102<br />

10 2<br />

10 4<br />

ω<br />

1/ sek.


{ L(j ) }<br />

ϕ ω<br />

Grad<br />

-60<br />

-80<br />

-100<br />

-120<br />

-140<br />

-160<br />

-180<br />

-200<br />

10 -4<br />

Bild 2.3.22: Phasenrand im Bodediagramm des offenen Regelkreises<br />

Es sei daraufhin gewiesen, daß ähnliche Probleme auch bei Strecken höherer Ordnung<br />

auftreten können <strong>und</strong> zwar immer dann, wenn sich zwei Integratoren im Kreis befinden.<br />

Auch diese Probleme löst man durch Erzeugung eines Phasenbauchs nach Bild 2.3.22.<br />

Im Anhang befindet sich ein Matlab-Programm mit dem Namen "polkomp.m“, mit dem sich<br />

die vorangehend beschriebene Reglerentwursfmethode mittels Polkompensation für jede<br />

beliebige Strecken- <strong>und</strong> Meßglied-Übertragungsfunktion durchführen läßt.<br />

Um eine besseres Verständnis für den Entwurfsvorgang zu bekommen, arbeitet das<br />

Programm nur halbautomatisch, einige Zwischenschritte des Entwurfs müssen von Hand<br />

eingegeben werden.<br />

10 -2<br />

Die aufwendige Zeichnung der notwendigen Bodediagramme übernimmt das Programm.<br />

Es arbeitet interaktiv <strong>und</strong> ist weitgehend selbsterklärend, darüber hinaus enthält es einen<br />

ausführlichen Programmkommentar.<br />

Φr<br />

Das Programm meldet sich mit einem einführenden Text <strong>und</strong> fragt dann die Koeffizienten<br />

des Zählers <strong>und</strong> Nenners der Übertragungsfunktionen von Strecke <strong>und</strong> Meßeinrichtung in<br />

Polynomform ab <strong>und</strong> gibt dann die daraus errechnete Übertragungsfunktion des offenen<br />

Kreises ohne Regler in V-Normalform aus.<br />

10 0<br />

Auf der Basis der dann verfügbaren Parameter des offenen Kreises ohne Regler<br />

(Verstärkungsfaktor, Globalverhalten <strong>und</strong> Zeitkonstanten) kann nun ein Regler (P-, PD-,<br />

PI-, PID-Regler) ausgewählt werden. Anschließend müssen die (Kompensations- bzw.<br />

Realisierungs-) Zeitkonstanten des gewählten Reglers wie vorangehend beschrieben,<br />

festgelegt <strong>und</strong> eingegeben werden, der Verstärkungsfaktor des Reglers wird auch hier<br />

2.103<br />

10 2<br />

10 4<br />

ω<br />

1/ sek.


zunächt als V=1 angenommen. Anschließend wird er Omega-Bereich abgefragt, über<br />

dem das Bodediagramm des offenen Regelkreise dargestellt werden soll. Nach dessen<br />

Ausgabe kann geprüft werden, ob bei der vorgenommenen Wahl <strong>und</strong> Parametrierung des<br />

Reglers, die Forderungen des Satzes (2.3.10) eingehalten werden.<br />

Reglerauswahl, Parametrierung <strong>und</strong> Betrachtung des dazugehörigen Bodediagramms<br />

können beliebig oft wiederholt werden. Entscheidet man sich für eine getroffene Wahl,<br />

wird der gewünschte Phasenrand abgefragt (der sich bekanntlich aus der gewünschten<br />

Überschwingweite der Führungssprung-Antwort berechnet).<br />

Nach dessen Eingabe berechnet ein Algorithmus Phasenrandwerte <strong>und</strong> dazu gehörige<br />

Verstärkungsmaße (in dB) des offenen Kreises in der Nähe dieses gewünschten<br />

Phasenrandes. Auf der Basis dieser Werte kann nun ein Regler-Verstärkungsmaß (in dB)<br />

festgelegt werden, das den Phasenrand einstellt, der am dichtesten am gewünschten liegt.<br />

Achtung! Der Phasenrand stellt sich bekanntlich dort ein, wo die<br />

Betragskennlinie die 0-dB Linie schneidet. Das heißt, es muß der negative Wert<br />

des gewählten Verstärkungsmaßes des offenen Kreises als Regler-<br />

verstärkungsmaß gewählt werden!<br />

Nach Ausgabe des dann gültigen Phasenrandes <strong>und</strong> der Durchtrittsfrequenz kann auch<br />

dieser Wahlvorgang beliebig oft wiederholt werden.<br />

Entscheidet man sich für eine Wahl, wird mit dieser <strong>und</strong> den vorangehenden Festlegungen<br />

die Führungs-Sprungantwort des Regelkreises <strong>und</strong> der dazugehörige Stellgrößenverlauf<br />

berechnet <strong>und</strong> grafisch dargestellt. (Falls andere Erregungen als Einheitssprünge<br />

gewünscht werden, muß das Programm geändert werden.)<br />

Auf der dann ausgegebenen Grafik der Führungs-Sprungantwort <strong>und</strong> des Stellgrößenverlaufes<br />

des Reglkreises kann überprüft werden, ob sich die gewünschte Überschwingweite<br />

MP einstellt <strong>und</strong> wie groß die Anstiegszeit tr ist. Die Ordinatenmaßstäbe von Stell<strong>und</strong><br />

Regelgröße haben keine Aussagekraft, weil die Amplitude des Führungssprungs im<br />

Programm polkomp willkürlich ∆w=1 festgelegt wurde.<br />

Abschließend werden im Matlab-Command-Window die Koeffizienten der<br />

Übertragungsfunktion des so optimierten Reglers in Polynom- <strong>und</strong> V-Normalform<br />

ausgegeben.<br />

Das Programm eignet sich hervorragend zur Überprüfung aller Aussagen, die im<br />

vorangehenden Teil diese Kapitels gemacht wurden. Es ist so gestaltet, daß es die im<br />

nächsten Kapitel beschriebene Regleroptimierungs-Strategie nachhaltig unterstützt.<br />

Das Programm “polkomp.m“ benötigt das Function-Unterprogramm “tf2vn.m“ (Transfer<br />

Function to V-Normalform).<br />

2.104


2.3.2.3 Eine Regleroptimierungsstrategie<br />

Die vorangegangenen Betrachtungen haben deutlich gemacht, daß der Reglerentwurf im<br />

Bodediagramm des offenen Regelkreises durch seine Basis, die Näherungsbeziehungen<br />

(2.3.10) <strong>und</strong> seine grafikgestützte Vorgehensweise, nicht völlig exakt ist. Solche "Trial-<br />

and-Error"-Verfahren machen es notwendig, daß die Entwurfsergebnisse einer Kontrolle<br />

unterworfen werden, bevor der Regelkreis praktisch in Betrieb genommen wird. In Bild<br />

2.3.23 wird eine Vorgehensstrategie zur Regleroptimierung dargestellt, worin diese<br />

Aspekte berücksichtigt werden. Insbesondere die Einhaltung einer Stellgrößenschranke<br />

wird bei Benutzung dieses Ablaufplanes sichergestellt.<br />

Eine zu große Stellamplitude wird häufig durch zu extreme Forderungen an die Regelgeschwindigkeit<br />

(die durch tr spezifiziert wird) oder bei der Polkompensation durch Kompensation<br />

sehr großer Zeitkonstanten hervorgerufen. Es ist daher einsichtig, daß bei<br />

Stellgrößenübersteuerungen, die Ansprüche an die Regelgeschwindigkeit<br />

zurückgeschraubt, d.h. tr größer spezifiziert werden muß. Ist dies aus praktischen<br />

Gründen nicht möglich, muß das Stellglied modifiziert werden, z.B. mit größeren<br />

Steuerenergien gearbeitet werden.<br />

Auch ein zu groß gewählter I-Anteil im Regler (z.B. bei relativ klein gewähltem TN kann zu<br />

einer langanhaltenden Stellgliedübersteuerung führen. Dieser Zustand wird in der<br />

Fachliteratur "Reset-Windup" genannt. Durch eine sog. "Anti-Reset-Windup"-Schaltung,<br />

die den I-Anteil im Regler bei Stellglied-Übersteuerung abschaltet, kann dieser Effekt leicht<br />

vermieden werden. In Kapitel 4.6 wird auf diese Problematik noch einmal kurz<br />

eingegangen.<br />

2.3.3 Reglerentwurf mit der Wurzelortskurve<br />

Obwohl der Reglerentwurf im Bodediagramm des offenen Regelkreises zur Bewältigung<br />

vieler praktischer Regelungsaufgaben mit Erfolg herangezogen werden kann, müssen wir<br />

uns im Folgenden noch kurz einer weiteren Reglerentwurfsmethoden zuwenden.<br />

Die sehr leistungsfähige Wurzelortskurven−Methode soll in diesem Zusammenhang als<br />

Alternative zum Reglerentwurf im Bodediagramm aufgefaßt werden, wenn dessen Anwendungsbedingungen,<br />

wie sie in Satz (2.2.46/47) formuliert sind, nicht erfüllt sind. Dies<br />

ist z.B. der Fall, wenn die Regelstrecke durch eine Übertragungsfunktion beschrieben ist,<br />

die Pole in der rechten s−Halbebene besitzt. Eine solchermaßen instabile Regelstrecke<br />

ist z.B. ein ferromagnetischer Körper, der in einem Magnetfeld im Schwebezustand<br />

gehalten werden soll (Magnetschwebebahn) oder ein Hubschrauber als Lageregelstrecke.<br />

Für solche nicht mit der Phasenrandmethode im Bodediagramm optimierbaren<br />

Regelkreise wird gern die Wurzelortskurven−Methode herangezogen.<br />

2.105


Start<br />

Spezifizierung (Festlegung) der Regelgüteparameter<br />

M p , t r <strong>und</strong> e(∞) an der Führungssprungantwort.<br />

Festlegung der Stellgrößenschranke |u(t) max |<br />

Auswahl eines Reglers unter den<br />

Gesichtspunkten:<br />

• bleibende Regelabweichung (Kap. 2.2.5)<br />

• Phasenverlauf (Kap. 2.3.2.1)<br />

• Anzahl der Vorhalte (Kap. 2.3.2.2)<br />

Transformation der Regelgüteforderungen an<br />

M p <strong>und</strong> t r in Forderungen an das Bodedia<br />

gramm des offenen Regelkreises φ r <strong>und</strong> ω c<br />

Realisierung des geforderten Bodediagrammverlaufes<br />

durch Wahl geeigneter Reglerparameter<br />

nach den Richtlinien der<br />

Kapitel 2.3.2.1 oder 2.3.2.2<br />

Kontrolle des Enrwurfsergebnisses durch Berechnung<br />

von Führungssprungantwort, Störsprungantwort,<br />

Stellgrößenverlauf <strong>und</strong> bleibender<br />

Regelabweichung des geschlossenen Kreises<br />

nach Kapitel 2.2<br />

Werden die<br />

Forderungen an<br />

M p <strong>und</strong> t r<br />

erfüllt<br />

ja<br />

Werden die<br />

Randbedingungen<br />

e(∞) <strong>und</strong> |u(t) max |<br />

erfüllt<br />

ja<br />

Reglerentwurf<br />

beendet<br />

nein<br />

nein<br />

Korrektur von M p <strong>und</strong> t r durch Wahl<br />

anderer φ r <strong>und</strong> ω c auf der Basis der<br />

Regeln 2.3.43<br />

Bild 2.3.23 Eine Reglerentwurfsstrategie im Bodediagramm des offenen Regelkreises<br />

2.106


In Kapitel 2.3.2 ist es uns gelungen, das Nyquist−Stabilitätskriterium zu einem leistungs-<br />

fähigen Reglerentwurfsverfahren zu erweitern. Durch Sicherstellung der Forderungen in<br />

Satz (2.3.10) entstand immer näherungsweise ein Regelkreis mit gedämpft schwingendem<br />

PT2−Führungsverhalten. Diese Tatsache erlaubte es uns, Regelgüteforderungen aus<br />

dem Zeitbereich (Mp, tr) an Forderungen im Frequenzbereich φr, ωc umzurechnen.<br />

Auch das Pollage−Stabilitätskriterium (2.2.44) erlaubt neben der reinen Stabilitätsprüfung<br />

(alle Polstellen einer beliebigen Übertragungsfunktion TXX(s) des geschlossenen Regelkreises<br />

müssen in der linken s−Halbebene liegen) die Einstellung gewisser Regelgüteforderungen<br />

durch Plazierung der Polstellen an bestimmte Stellen der s−Ebene.<br />

Um diese Zusammenhänge begreifen zu können, müssen wir zwei Fragen beantworten.<br />

a) Welches dynamische Verhalten wird durch welche Polstellenlage hervorgerufen,<br />

<strong>und</strong><br />

b) wie kann man eine als gut erkannte Polstellenlage herbeiführen, d.h. mit dem<br />

Reglerparametern einstellen?<br />

Zur Beantwortung der Frage a) sind in den folgenden beiden Bildern, die zu bestimmten<br />

Pollagen von Übertragungssystemen gehörenden Sprungantworten auf einen Einheitssprung<br />

dargestellt. Zum Beispiel gehört die Pollage �<br />

s12 , 1 j2<br />

= − ±<br />

zum Übertragungssystem<br />

( )<br />

( ) ( + − ) ⋅ ( + + )<br />

Y s 5<br />

G( s ) = =<br />

U s s 1 j2 s 1 j2<br />

5<br />

= , (2.3.77)<br />

2<br />

s + 2s + 5<br />

das auf ein Eingangsssignal u(t) = σ(t); ∆u = 1 mit der Sprungantwort � antwortet. (Die<br />

Proportionalfaktoren in G(s) wurden so gewählt, daß sich immer ein stationärer Endwert<br />

y(∞) = 1 einstellt, falls er existiert.)<br />

2.107


1<br />

1 1<br />

2 3 4<br />

2<br />

100<br />

0<br />

0 5<br />

0<br />

0<br />

5<br />

1<br />

0<br />

0<br />

5<br />

0<br />

0<br />

5<br />

5 6 2<br />

7<br />

1 1 1 1<br />

0 0 0 0<br />

0 5 0<br />

5 0<br />

5 0<br />

5<br />

Bild 2.3.24a : Zusammenhang zwischen konjugiert komplexen Pollagen<br />

<strong>und</strong> dazugehörigen Sprungantworten<br />

8 9 10 11<br />

1 1<br />

100<br />

1<br />

0 0 0<br />

0<br />

0 5 0<br />

5 0<br />

5 0<br />

5<br />

Bild 2.3.24b : Zusammenhang zwischen reellen Pollagen <strong>und</strong> dazugehörigen Sprungantworten<br />

2.108


Dem Bild 2.3.24a ist zu entnehmen, daß Überschwingweite primär von der Entfernung der<br />

komplexen Pole von der imaginären Achse abhängig ist. Je dichter (stabile) komplexe<br />

Pole an der imaginären Achse liegen, um so höher werden die Überschwingweiten<br />

(Sprungantwortreihe �, �, �, �). Die Anstiegszeit dagegen ist in erster Linie von der<br />

Entfernung der komplexen Pole von der reellen Achse abhängig, sie verringert sich primär<br />

mit wachsender Entfernung des Imaginärteils von der reellen Achse (Sprungantwortreihe<br />

�, �, �, �).<br />

Das Bild 2.3.24b macht deutlich, daß mit wachsender Entfernung einer (stabilen) reellen<br />

Polstelle vom Ursprung die Anstiegszeit kürzer wird. Damit ist die eingangs unter a)<br />

gestellte Frage beantwortet.<br />

Anhand des Bildes 2.3.25 kann man nun deutlich zeigen, daß sich ein konjugiert<br />

komplexer Pol nahe der imaginären Achse dominant auf das dynamische Führungsverhalten<br />

eines Regelkreises auswirkt. Die durchgezogene Sprungantwort mit der Polkonfiguration<br />

unterscheidet sich zumindest in den Güteparametern Überschwingweite <strong>und</strong> Anstiegszeit<br />

nicht sehr stark von der gestrichelten Sprungantwort, der nur das dominante Polpaar<br />

zu Gr<strong>und</strong>e liegt.<br />

s12 , = − 1± j2; s3= − 5; s4=<br />

− 6<br />

s12 , 1 j2<br />

= − ±<br />

Bild 2.3.25 : Zur Erläuterung der Dominanz eines konjugiert komplexen Polpaares<br />

2.109


Diese Tatsache bietet einen Ansatz für eine Entwurfsvorschrift für Regelkreise in der<br />

s−Ebene: ausgehend von den spezifizierten Regelgüteparametern M p <strong>und</strong> t r muß eine<br />

Umrechnungsbeziehung gef<strong>und</strong>en werden, mit der diese Spezifikationen in die Lage eines<br />

dominierenden Polpaares in der s−Ebene umgerechnet werden können. Nach /1/ wird die<br />

Pollage eines solchen PT 2−Gliedes mit d < 1<br />

durch<br />

1<br />

TYW ( s ) = (2.3.78)<br />

2<br />

1 + 2dTs + Ts<br />

( )<br />

d 1 2<br />

s12<br />

, = − ± j 1 − d<br />

( 2. 3. 79)<br />

T T<br />

beschrieben, d.h. es muß eine Beziehung zwischen den Parametern (M p, t r) <strong>und</strong> (d,T)<br />

gef<strong>und</strong>en werden. Da wir bei der Ableitung von Satz (2.3.10) von gleichen Gr<strong>und</strong>-<br />

überlegungen ausgegangen sind, können wir diese Beziehungen aus der Tabelle 2.3.1<br />

ablesen.<br />

Trägt man die Überschwingweite M p als Funktion des Dämpfungsfaktors d auf,<br />

Bild 2.3.26 M p als Funktion von d bei einem PT 2 −Glied<br />

kann man aus dieser Grafik den zu einer spezifizierten Überschwingweite gehörenden<br />

Dämpfungsfaktor ablesen. Trägt man weiterhin das Verhältnis tr/T aus Tabelle 2.3.1 über<br />

dem Dämpfungsfaktor d auf, kann man bei spezifiziertem tr <strong>und</strong> dem vorher berechneten d<br />

die Zeitkonstante T berechnen.<br />

2.110


Bild 2.3.27 : t r /T als Funktion von d bei einem PT 2 −Glied<br />

Mit Hilfe dieser Grafiken <strong>und</strong> mit (2.3.79) lassen sich nun die Regelgütespezifikationen M p<br />

<strong>und</strong> t r in Forderungen an die Pollage eines dominanten Polpaares in der s−Ebene<br />

umrechnen.<br />

Ziel des Reglerentwurfs muß es nun sein, mit Hilfe der Reglerparameter ein konjugiert<br />

komplexes Polpaar der Nennerübertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises an<br />

diese Stelle zu plazieren, wobei alle übrigen Pole in der linken s−Halbebene möglichst weit<br />

links liegen sollten, um die Dominanz des Polpaares möglichst wenig zu beeinflussen.<br />

Damit sind wir bei der eingangs gestellten Frage b), wie sich eine solche als gut erkannte<br />

Polstellenlage herbeiführen läßt. Zu ihrer Beantwortung betrachten wir die<br />

Führungsübertragungsfunktion eines Standard−Regelkreises<br />

W(s)<br />

-<br />

Z R(s)<br />

Z S(s)<br />

K R KS<br />

N (s)<br />

N (s)<br />

R<br />

G (s)<br />

R<br />

2.111<br />

K<br />

S<br />

G (s)<br />

S<br />

M<br />

Z M(s)<br />

N (s)<br />

M<br />

G (s)<br />

M<br />

Bild 2.3.28 : Ein Standard−Regelkreis<br />

Z(s)<br />

G (s)<br />

Z<br />

Y(s)


( )<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

( )<br />

ZR s ZS s<br />

K R ⋅K<br />

S<br />

Y( s) NR s NS s<br />

TYW ( s ) = =<br />

W( s)<br />

Z s Z s Z s<br />

1 + K K K<br />

N s N s N s<br />

=<br />

R<br />

R<br />

⋅ S<br />

S<br />

⋅ M<br />

M<br />

R S M<br />

2.112<br />

( )<br />

( )<br />

( ) ⋅ ( )<br />

( ) ⋅ ( )<br />

( ) ⋅ ( ) ⋅ ( )<br />

( ) ⋅ ( ) ⋅ ( )<br />

Z s Z s<br />

R S<br />

KR ⋅K<br />

S<br />

NR s NS s<br />

Z s Z s Z s<br />

R S M<br />

1 + KR ⋅KS ⋅K<br />

M<br />

NR s NS s NM s<br />

KR ⋅KS ⋅ZR( s) ⋅ZS( s) ⋅NM(<br />

s)<br />

( ) ⋅ ( ) ⋅ ( ) + ⋅ ⋅ ⋅ ( ) ⋅ ( ) ⋅ ( )<br />

= , (2.3.80)<br />

N s N s N s K K K Z s Z s Z s<br />

R S M R S M R S M<br />

dessen Polstellenlage (= Nullstellenlage der Nennerpolynoms) die Dynamik des<br />

Führungsverhaltens bestimmt:<br />

( ) ( ) ( )<br />

( )<br />

L L<br />

( ) ( ) ( )<br />

NR s ⋅NS s ⋅ NM s + KR ⋅KS ⋅KM ⋅ZR s ⋅ZS s ⋅ ZM s = 0 . (2.3.81a)<br />

����������� ������� �����������<br />

⋅<br />

N s K<br />

Z s<br />

N ( s) + K ⋅ Z ( s) = 0. ( 2. 3. 81b)<br />

L L<br />

Durch Nullsetzen dieser sogenannten charakteristischen Gleichung, die das Zähler-, das<br />

Nennerpolynom <strong>und</strong> einige Proportionalkonstanten des offenen Kreises enthält, erhält<br />

man für ein festes K eine bestimmte Nullstellenlage. Es ist leicht einzusehen, daß sich mit<br />

einer Veränderung von K, die Lösungen von (2.3.81) <strong>und</strong> damit die Nullstellenlagen in der<br />

s−Ebene verändern.<br />

Variiert man K schrittweise, beginnend bei K = 0, zu größeren Werten hin, berechnet<br />

jeweils die dazugehörige Nullstellenlage, trägt diese in der s−Ebene auf <strong>und</strong> verbindet<br />

zusammengehörige Nullstellen, erhält man eine Kurvenschar, die die Wanderungsbewegung<br />

der Polstellen der Führungsübertragungsfunktion in Abhängigkeit des Reglerverstärkungsfaktors<br />

deutlich macht.<br />

Mit den vorangehenden Betrachtungen ist man dann in der Lage, eine deutliche Aussage<br />

über das Stabilitäts− <strong>und</strong> Dynamikverhalten des Regelkreises in Abhängigkeit eines<br />

varaiblen Faktor zu treffen.<br />

Weil man die Nullstellen eines Polynoms auch als seine Wurzeln bezeichnet, nennt man<br />

den entstehenden Graphen auch Wurzelortskurve (WOK). Zur Verdeutlichung dieser<br />

Aussagen berechnen wir folgendes einfache<br />

( )


Beispiel 2.3.4: Berechne die Wurzelortskurve des folgenden Regelkreises<br />

W(s)<br />

-<br />

G (s) = K<br />

R<br />

2.113<br />

1<br />

G S(s) =<br />

s(s + 1)<br />

Bild 2.3.29 : Regelkreis für den eine WOK berechnet werden soll<br />

Lösung: Nach (2.3.81) berechnet sich die Wurzelortskurve aus den Nullstellen der<br />

charakteristischen Gleichung<br />

( ) ⋅ ( )<br />

N s + K Z s = 0 (2.3.82)<br />

L L<br />

wobei NL(s) <strong>und</strong> ZL(s) die Nenner− <strong>und</strong> Zählerübertragungsfunktionen des offenen Kreises<br />

ZL( s) 1<br />

L( s ) = K ⋅ = K ⋅<br />

(2.3.83)<br />

N s s s + 1<br />

L<br />

( ) ( )<br />

mit ausgeklammertem K sind. Damit erhält die charakteristische Gleichung folgende Form<br />

mit den Lösungen<br />

( ) ( ) 2<br />

N s + K Z s = s + s + K = 0 , (2.3.84)<br />

L L<br />

s12 , = − 05 , ± 025 , − K ,<br />

womit sich bei der dargestellten K−Variation folgende Pollagen ergeben:<br />

K s 1 s 2<br />

0 −1 0<br />

0,1 −0,887 −0,113<br />

0,2 −0,724 −0,276<br />

0,25 −0,5 −0,5<br />

0,3 −0,5 + j0,224 −0,5 − j0,224<br />

0,4 −0,5 + j0,378 −0,5 − j0,387<br />

0,5 −0,5 + j0,5 −0,5 − j0,5<br />

1 −0,5 + j0,876 −0,5 − j0,876<br />

Tabelle 2.3.2 : Wurzelorte des Regelkreises nach Bild 2.3.27<br />

In der s−Ebene aufgetragen, entsteht dann die folgende Wurzelortskurve:<br />

Y(s)


Bild 2.3.30 : Wurzelortskurve des Regelkreises nach Bild 2.3.29<br />

An der WOK erkennt man, daß von K = 0 bis K = 0,25 die charakteristische Gleichung<br />

zwei reelle verschiedene Nullstellen besitzt. In diesem Bereich hat der Regelkreis aperio-<br />

disches PT 2−Verhalten. Bei K = 0,25 entsteht eine reelle doppelte Nullstelle. Für K > 0,25<br />

bilden sich konjugiert komplexe Polpaare, welche auf gedämpft schwingfähiges PT 2−Füh-<br />

rungsverhalten des Regelkreises führen.<br />

Leider lassen sich Polynome größer als dritter Ordnung nicht mehr analytisch berechnen,<br />

so daß man bei der Zeichnung der WOK von Systemen höherer Ordnung auf andere<br />

Konstruktionsregeln zurückgreifen muß.<br />

• Eine Möglichkeit zur Konstruktion von Wurzelortskurven besteht darin, eine Reihe von<br />

allgemeingültigen einfachen Regeln hinsichtlich der Symmetrie der Astanzahl der WOK,<br />

der Austrittspunkte der Äste usw., wie sie z.B. in /5/ beschrieben werden, zu<br />

berücksichtigen. Mit der auch in /5/ abgeleiteten sog. "Phasenbedingung" lassen sich<br />

WOK zwar sehr mühsam <strong>und</strong> zeitraubend, aber jedoch sehr exakt von Hand zeichnen.<br />

Unterstützt wird die Handzeichnung von WOK weiterhin durch Kataloge von WOK für<br />

verschiedene Konfigurationen der zu lösenden charakteristische Gleichung (2.3.82).<br />

• Eine zweite Möglichkeit zur Konstruktion von WOK besteht in der rechnergestützten,<br />

numerischen Lösung der charakteristischen Gleichung <strong>und</strong> der grafischen Darstellung<br />

der sich ergebenden Nullstellen. Zu diesem Zwecke stehen verschiedene Polynom-<br />

2.114


faktorisierungs−Algorithmen zur Verfügung (z.B. das Verfahren nach BAIRSTOW oder<br />

MULLER). Matlab stellt mit seinem Befehl "rlocus.m" (Root LOCUS = Wurzel Ort) einen<br />

gebrauchsfertigen Befehl zur Zeichnung von Wurzelortskurven zur Verfügung. Der<br />

Befehl geht von einer etwas modifizierten Beschreibung der charakteristischen<br />

Gleichung (2.3.81) aus: dividiert man den Ausdruck<br />

N ( s) + K⋅ Z ( s)<br />

= 0.<br />

L L<br />

durch N L(s), erhält man auf die von "rlocus.m" benutzte Darstellung<br />

ZL( s)<br />

1+ K ⋅ = 0. ( 2. 3. 85)<br />

N ( s)<br />

L<br />

Da es den Rahmen dieser Einführung in die Regelungstechnik sprengen würde, können<br />

wir auf diese Konstruktionsvorschriften von WOK nicht näher eingehen.<br />

Es muß jedoch betont werden, daß allein die Beherrschung der Konstruktionsregeln von<br />

WOK noch nicht dazu befähigt, Regler zu entwerfen, die spezifizierte Forderungen an die<br />

Regelgüte erfüllen. Nach den vorangegangenen Überlegungen wurden Forderungen an<br />

die Überschwingweite <strong>und</strong> die Anstiegszeit der Führungssprungantwort auf die Lage eines<br />

dominierenden Polpaares umgerechnet (Gleichung (2.3.79), Bilder 2.3.26 <strong>und</strong> 2.3.27). Um<br />

die dominierende Wirkung dieses Polpaares nicht zu schwächen, sollten alle weiteren Pole<br />

in der s−Ebene möglichst weit links liegen. Es ist leicht einzusehen, daß eine solche<br />

Vielfalt an Entwurfszielen nicht nur mit der Variation des Faktors K, z.B. des Regler-<br />

Proportionalfaktors in Gleichung (2.3.84), zu erreichen ist. In /5/ werden Hinweise dazu<br />

gegeben, wie durch geschickte Plazierung von Reglerpolstellen <strong>und</strong> −Nullstellen die WOK<br />

von vornherein schon so "verbogen" werden kann, daß sie in einer gewünschten Weise<br />

durch die s−Ebene verläuft.<br />

Es sei noch abschließend darauf hingewiesen, daß der Variationsparameter K nicht<br />

zwangsläufig der Regler-Proportionalfaktor sein muß, sondern auch eine<br />

Reglerzeitkonstante sein kann. Mit der Variation von Reglerzeitkonstanten können deren<br />

Auswirkungen auf die Nullstellenlage des char. Polynoms untersucht werden. Nähere<br />

Einzelheiten hierzu findet der Leser auch in /5/.<br />

2.3.4 Ein Ausblick auf andere Regler-Entwurfsmethoden<br />

Neben den beiden vorangehend beschriebenen <strong>und</strong> auch am häufigsten angewendeten<br />

Regler-Optimierungsmethoden gibt es noch eine Reihe anderer Verfahren von denen nur<br />

noch die sogenannten "Empirischen Einstellregeln" kurz besprochen werden sollen. Von<br />

einer Reihe anderer Verfahren werden nur die Namen angegeben <strong>und</strong> auf die<br />

2.115


entsprechende Literatur verwiesen:<br />

• Regleroptimierung mittels Integral-Gütekriterien /5/,<br />

• algebraische Reglerentwurfverfahren (Berechnung des Reglers G R(s) durch Vorgabe<br />

des Verhaltens des geschlossenen Regelkreises T YW(s) oder T YZ(s)) /5/,<br />

• das Verfahren des Betragsoptimums /6/,<br />

• das Verfahren des symmetrischen Optimums /6/<br />

Empirische Einstellregeln zur Optimierung von Regelkreisen sind das Ergebnis<br />

umfangreicher Vermessungs− <strong>und</strong> Klassifizierungsarbeiten an simulierten Regelkreisen,<br />

Strecken <strong>und</strong> Reglern. Ergebnisse dieser Arbeiten sind Faustformeln <strong>und</strong> Tabellen, mit<br />

deren Hilfe man aus wenigen einfachen Messungen an der Regelstrecke bzw. am<br />

geschlossenen Regelkreis auf günstige Reglereinstellwerte schließen kann.<br />

Diese Einstellregeln werden häufig für Regleroptimierungen angewendet, wenn der<br />

Aufwand für eine genaue Regelstreckenanalyse intellektuell, zeit− oder kostenmäßig zu<br />

hoch ist.<br />

Die im Folgenden gezeigten Einstellregeln beziehen sich auf folgende Reglertypen<br />

( )<br />

P − Regler : G s = V , (2.3.86)<br />

R R<br />

⎛ 1 ⎞<br />

PI −Regler : GR( s ) = VR ⋅ ⎜1 + ⎟ , (2.3.87)<br />

sT<br />

2.116<br />

⎝ N ⎠<br />

⎛ 1 ⎞<br />

PID −Regler : GR( s ) = VR ⋅ ⎜1 + + sT V⎟<br />

. (2.3.88)<br />

⎝ sTN<br />

⎠<br />

Da auch u.a. die nichtrealisierbare Form des PID−Reglers zugr<strong>und</strong>e gelegt wird (d.h. über<br />

die Realisierungszeitkonstante T R wird keine Aussage gemacht), muß es sich bei den<br />

Einstellregeln offensichtlich um relativ grobe Näherungsverfahren handeln. Über die zu<br />

erwartende Regelgüte wird z.T. auch keine Aussage getroffen.<br />

Die bekanntesten Einstellregeln sind die von ZIEGLER/NICHOLS. Zur Nutzung dieser<br />

Regeln muß der zu optimierende Regelkreis gerätetechnisch vorhanden sein. Der Regler<br />

wird zunächst so eingestellt, daß er als P−Regler wirkt, dazu werden ggf. T v → 0 <strong>und</strong><br />

T N → ∞ parametriert. Durch Variation von V R wird der Regelkreis dann so eingestellt, daß<br />

seine Signale (e(t), u(t), y(t)) Dauerschwingungen mit konstanter Amplitude ausführen<br />

(Betrieb des Regelkreises an der Stabilitätsgrenze). Die Periodendauer dieser Schwingung<br />

sowie der Verstärkungsfaktor, bei dem die Dauerschwingungen auftreten, werden als T krit<br />

<strong>und</strong> V R krit protokolliert. Mit diesen beiden Größen können dann aus der folgenden Tabelle


die nach ZIEGLER/NICHOLS optimalen Reglereinstellwerte entnommen werden:<br />

Reglertyp V R T N T v<br />

P 0,5 . V R krit − −<br />

PI 0,45 . V R krit 0,85 . T krit −<br />

PID 0,6 . V R krit 0,5 . T krit 0,12 . T krit<br />

Tabelle 2.3.3 : Reglereinstellwerte nach ZIEGLER/NICHOLS<br />

Der entscheidende Nachteil dieses Verfahrens liegt darin, daß sich die wenigsten Regel-<br />

kreise problem− <strong>und</strong> gefahrlos an der Stabilitätsgrenze betreiben lassen <strong>und</strong> bei Dauer-<br />

schwingungsbetrieb häufig Bauglieder des Kreises, z.B. die Stelleinrichtung, übersteuert<br />

werden. Übersteuerungsfreiheit ist aber Voraussetzung für eine nutzbare Messung von V R<br />

krit <strong>und</strong> T krit. Wesentlich praktikabler dagegen sind die Einstellregeln von<br />

CHIEN/HRONES/RESWICK (CHR). Sie können allerdings nur angewendet werden, wenn<br />

die Regelstrecke aperiodisches PT n− oder PT nT t−Verhalten hat. Zur Anwendung der<br />

Einstellregeln von CHIEN/HRONES/RESWICK muß die Sprungantwort des offenen<br />

Kreises ohne Regler gemessen <strong>und</strong> nach Konstruktion der Wendetangente in der<br />

Sprungantwort gemäß Bild 2.3.31 ausgewertet werden.<br />

Bild 2.3.31 : Auswertung einer Sprungantwort zur Regleroptimierung nach CHR<br />

Unter Verwendung der ermittelten Kenndaten der Regelstrecke<br />

( )<br />

∗ ∗ ∆y∞ T t , T VZ <strong>und</strong> V S = (2.3.89)<br />

∆u<br />

können dann mit Hilfe der folgenden Tabelle die Reglereinstellwerte berechnet werden:<br />

2.117


Reglertyp<br />

Aperiodisches Einschwingen<br />

der Führungssprungantwort<br />

2.118<br />

Einschwingen der Führungssprungantwort<br />

mit Mp = 0,2<br />

Führung Störung Führung Störung<br />

P : V R 0,3.K 0,3.K 0,7.K 0,7.K<br />

PI :<br />

V R<br />

T N<br />

V R<br />

PID : T N<br />

T V<br />

0,35.K<br />

1,2 . T ∗ VZ<br />

0,6.K<br />

1 . T ∗ VZ<br />

*<br />

05 ,<br />

⋅ T t<br />

K<br />

=<br />

TVZ / Tt<br />

V<br />

0,6.K 0,6.K<br />

4 ⋅ T t *<br />

1 . T ∗ VZ<br />

0,95.K 0,95.K<br />

∗ ∗<br />

S<br />

1,35 . T ∗ VZ<br />

*<br />

Tabelle 2.3.4 : Reglereinstellwerte nach CHIEN/HRONES/RESWICK<br />

0,7.K<br />

1,2.K<br />

Wie man der Tabelle entnehmen kann, besteht die Wahlmöglichkeit zwischen einer<br />

aperiodischen <strong>und</strong> einer gedämpft schwingenden Führungssprungantwort. Falls der Regelkreis<br />

eine Folgeregelung darstellen soll, kann weiterhin die Spalte "Führung" gewählt<br />

werden. Soll der Regelkreis primär Störungen ausregeln, muß die Spalte "Störung"<br />

gewählt werden. Dabei ist eine Störung am Eingang oder nahe des Einganges der Strecke<br />

zu Gr<strong>und</strong>e gelegt. Greift die Störung am Ausgang der Strecke an, ist die Spalte "Führung"<br />

zu benutzen.<br />

*<br />

24 , ⋅ Tt *<br />

042 , ⋅ Tt 047 ,<br />

⋅ T t<br />

23 ,<br />

2 ⋅ T t *<br />

⋅ T t<br />

*<br />

*<br />

042 , ⋅ Tt


3 Zeitdiskrete Regelkreise<br />

Zeitdiskrete Regelkreise unterscheiden sich von kontinuierlichen Regelkreisen dadurch,<br />

daß der Regler zeitdiskret in Form eines Digitalrechners mit einem implementierten<br />

Regelalgorithmus in Form einer Differenzengleichung /1/ realisiert ist. Die restlichen<br />

Bauelemente des Regelkreises sind i.a. kontinuierliche Übertragungsglieder.<br />

Wie wir schon in /1/ erwähnt haben, setzen sich solchermaßen zeitdiskret realisierte<br />

Regler, wegen ihrer Vorteile gegenüber in reiner Hardware realisierter Regler, zunehmend<br />

durch.<br />

Wir wollen uns in diesem Kapitel mit dem Aufbau, einigen Struktureigenschaften <strong>und</strong><br />

insbesondere mit der Optimierung zeitdiskreter Regelkreise auseinandersetzen.<br />

3.1 Aufbau eines zeitdiskreten Regelkreises<br />

Im /1/ wurde gezeigt, wie ein zeitdiskretes System in eine kontinuierliche Umgebung<br />

eingefügt werden kann. Ist diese Umgebung ein Regelkreis, der bis auf den Regler aus<br />

kontinuierlichen Systemelementen besteht, ergibt sich folgende Gr<strong>und</strong>struktur eines dann<br />

als zeitdiskret bezeichneten Regelkreises:<br />

w(t)<br />

e(t) e(k) Digitalrechner mit u(k)<br />

A/D<br />

Regelalgorithmus<br />

-<br />

y (t)<br />

M<br />

3.1<br />

D/A<br />

u (t)<br />

H<br />

G S(s)<br />

G (s)<br />

M<br />

Bild 3.1.1 : Ein Regelkreis mit zeitdiskretem Regler<br />

z(t)<br />

G (s)<br />

Z<br />

Die im folgenden Bild 3.1.2 gezeigte Regelkreisstruktur ist systemtheoretisch gleichwertig<br />

mit der Anordnung nach Bild 3.1.1, hat aber den Vorteil, daß die Führungsgröße bereits<br />

diskret (z.B. innerhalb des Digitalrechners) erzeugt werden kann.<br />

y(t)


Bild 3.1.2 : Gr<strong>und</strong>struktur eines zeitdiskreten Regelkreises<br />

Es ist wichtig an dieser Stelle hervorzuheben, daß alle realen <strong>und</strong> gedanklichen Tast-<br />

vorgänge innerhalb des Regelkreises synchron verlaufen. Das heißt auch insbesondere,<br />

daß das zum Tastzeitpunkt k vom Taster S 1 in den Regler übergehende Meßsignal vom<br />

A/D-Wandler, Regler <strong>und</strong> D/A-Wandler verarbeitet <strong>und</strong> auch zum Tastzeitpunkt kT (nicht<br />

zum Zeitpunkt (k +1)T ) wieder ausgegeben werden muß. Diese theoretische Forderung<br />

ist selbstverständlich nicht realisierbar. Rechenzeiten von < 20 % der Abtastzeit sind tole-<br />

rierbar. Größere Rechenzeiten können beim Reglerentwurf in Form einer Totzeit mit der<br />

Dauer der Rechenzeit am Ausgang des Reglers berücksichtigt werden.<br />

3.2 Struktureigenschaften zeitdiskreter Regelkreise<br />

Zeitdiskrete Regelkreise mit einer Struktur nach Bild 3.1.2 haben kontinuierliche Ausgangssignale<br />

y(t) bzw. Y(s). Wollte man dieses kontinuierliche Ausgangssignal als Funktion<br />

eines zeitdiskreten Eingangssignals w(k) bzw. W(z) berechnen, müßte man mit der<br />

sog. "erweiterten z−Transformation" /8/ arbeiten. Im allgemeinen reicht es aber aus, bei<br />

Berechnungen nur die Regelgrößenwerte zu den Abtastzeitpunkten kT zu kennen, weil<br />

man die Kurvenzwischenräume meist gut interpolieren kann (Vergleiche Bild 3.2.1).<br />

Dies rechtfertigt die Einzeichnung eines fiktiven Schalters S2 in den Ausgang der Regelgröße.<br />

Dadurch kann die Regelgröße als zeitdiskret angenommen werden. Dies erlaubt<br />

ihre einfachere Berechnung mit zeitdiskreten Methoden.<br />

Die Betrachtung der Regelgröße nur in den Abtastzeitpunkten könnte zu Fehlern führen,<br />

wenn hochfrequente Signalanteile in y(t) vorhanden sind (Vergleiche Bild 3.2.2).<br />

3.2


y<br />

T<br />

3.3<br />

yk ( )<br />

yt ( ) (interpoliert)<br />

Bild 3.2.1 : Interpolation des Verlaufes von y(t) zwischen den Abtastzeitpunkten<br />

y<br />

T<br />

t, kT<br />

t, kT<br />

Bild 3.2.2 : Fehlerhafte Interpolation bei hochfrequenten Anteilen in y(t)<br />

Bei gut dimensionierten Regelkreisen dürfte ein solcher Effekt i.a. nicht auftreten. Wir<br />

werden solche Verläufe beim späteren Reglerentwurf durch geeignete Wahl der Abtastzeit<br />

verhindern.<br />

Basierend auf diesen Gr<strong>und</strong>lagen kann man folgende Übertragungsfunktionen des offenen<br />

Regelkreises angeben:<br />

( s) ⋅ G ( s)<br />

z − 1 ⎪⎧GS M ⎪⎫<br />

L ( z ) = GR ( z ) ⋅ Z ⎨ ⎬<br />

(3.2.1)<br />

z ⎪⎩ s ⎪⎭<br />

(Da zwischen den beiden kontinuierlichen Gliedern G S(s) <strong>und</strong> G M(s) kein weiterer Ab-<br />

taster liegt, d.h. kontinuierliche Signale ausgetauscht werden, müssen sie vor der z−Trans-<br />

formation zusammengefaßt werden).<br />

Mit Hilfe der Verknüpfungsgesetze für Übertragungsfunktionen läßt sich nun auch leicht<br />

die Führungsübertragungsfunktion berechnen


z − 1 ⎧GSs ⎫<br />

GR( z)<br />

⋅ ⋅Z⎨ ⎬<br />

Y( z)<br />

z s<br />

TYW ( z ) = =<br />

⎩ ⎭<br />

. (3.2.2)<br />

W( z) z − 1 ⎧GS( s) ⋅ GM( s)<br />

⎫<br />

1 + GR ( z ) ⋅ ⋅Z⎨ ⎬<br />

z ⎩ s ⎭<br />

Zur Illustrierung der praktischen Anwendung dieser Beziehung berechnen wir folgendes<br />

Beispiel 3.2.1: Der Regler des folgenden kontinuierlichen Regelkreises<br />

G (s)<br />

R<br />

1<br />

w(t) V<br />

y(t)<br />

s<br />

3.4<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

Bild 3.2.3 : Ein kontinuierlicher Beispielkreis<br />

soll zeitdiskret nach der Struktur des Bildes 3.1.2 realisiert werden. Berechne die<br />

z−Übertragungsfunktion des offenen Kreises, die z−Führungsübertragungsfunktion <strong>und</strong> die<br />

w t = σ t ; ∆ w = 1 . Der Reglerverstärkungsfaktor betrage V<br />

Führungssprungantwort bei () ( )<br />

= 1 <strong>und</strong> die Abtastzeit T = 0,5.<br />

Zunächst zeichnen wir das Strukturbild der zeitdiskreten Realisierung:<br />

W(z)<br />

-<br />

G (z)=V<br />

R<br />

Regler<br />

D/A<br />

A/D<br />

1<br />

G S(s)=<br />

s<br />

1<br />

Z(s)<br />

G (s)=1<br />

Z<br />

G (s)=1<br />

M<br />

Bild 3.2.4 : Zeitdiskrete Realisierung des Beispielkreises nach Bild 3.2.3<br />

Nach (3.2.1) ergibt sich folgende Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises<br />

( )<br />

z(t)<br />

Y(z)


z − 1 ⎧ 1 ⎫ z − 1<br />

⎛<br />

T ⋅z<br />

⎞<br />

VT 0,5<br />

L ( z ) = V ⋅ Z ⎨ = V = = (3.2.3)<br />

z 2 ⎬ ⋅ ⎜ ⎟<br />

z 2<br />

⎩s⎭ ⎜( z − 1)<br />

⎟ z − 1 z − 1<br />

⎝ ⎠<br />

<strong>und</strong> nach (3.2.2) die Führungsübertragungsfunktion<br />

z − 1 ⎧ 1 ⎫<br />

V ⋅ ⋅Z VT<br />

⎨ 2 ⎬<br />

z s L( z)<br />

TYW ( z ) =<br />

⎩ ⎭<br />

= = z − 1<br />

z − 1 ⎧ 1 ⎫ 1 + L ( z ) VT<br />

1 + V ⋅ ⋅Z⎨ 1 +<br />

z 2 ⎬<br />

⎩s⎭ z − 1<br />

VT 0,5<br />

= = . (3.2.4)<br />

z + VT − 1 z − 0,5<br />

( )<br />

Zur Berechnung der Führungssprungantwort stehen uns nach /1/ zwei Verfahren zur<br />

Verfügung, wir wählen das Verfahren zur analytischen Berechnung der Systemantwort:<br />

( ) ( ) ( )<br />

Y z = TYW z ⋅W z = ⋅<br />

z 0,5 z 1<br />

( )<br />

( )( )<br />

0,5 z<br />

− −<br />

Y z 0,5 1 1<br />

= = −<br />

z z − 0,5 z − 1 z − 1 z − 0,5<br />

z z<br />

k<br />

Y ( z ) = − ⇒ y ( k ) = 1 − 0,5 . (3.2.5)<br />

z − 1 z − 0,5<br />

Bild 3.2.5 : Führungssprungantwort des zeitdiskreten Regelkreises nach Bild 3.2.4<br />

3.5


Zur Berechnung des Einflusses von Störungen auf den Regelkreis müssen wir etwas<br />

weiter ausholen. Bei der Berechnung der Führungsübertragungsfunktion war das Ein-<br />

gangssignal W(z) zeitdiskret <strong>und</strong> durch Verzicht auf die Amplitudeninformation zwischen<br />

den Abtastzeitpunkten auch die Regelgröße Y(z). Im Störungsfalle (vergleiche Bild 3.2.4)<br />

wirkt das kontinuierliche Störsignal über das kontinuierliche Störfilter auf die Regelgröße<br />

<strong>und</strong> auf einem zweiten Weg weiter über die kontinuierliche Meßübertragungsfunktion auf<br />

den Regler zurück. In beiden Zweigen liegt verallgemeinert folgende Struktur vor<br />

U(s)<br />

G(s)<br />

Um diese Anordnung im z−Bereich beschreiben zu können, muß zunächst Y(s) = G(s) . U(s) in<br />

den Zeitbereich zurücktransformiert (L −1 ), zu den Abtastzeitpunkten abgetastet (t = kT)<br />

3.6<br />

Y(s)<br />

<strong>und</strong> dann in den z−Bereich transformiert werden (Z):<br />

{ { } }<br />

−1<br />

( ) ( ) ⋅ ( )<br />

Y z = Z L G s U s .<br />

(3.2.6)<br />

Diese Beziehung haben wir in /1/ bereits kennengelernt <strong>und</strong> wie folgt abgekürzt<br />

{ }<br />

( ) Z ( ) ⋅ ( )<br />

t=kT<br />

Y z = G s U s , (3.2.7)<br />

Mit einer Korrespondenztabelle konnte ein direkter Bezug zwischen Laplace− <strong>und</strong><br />

z−Bereich herstellt werden. Mit den aus Bild (3.1.2) ableitbaren Zusammenhängen läßt<br />

sich nun eine Beziehung zwischen Y(z) <strong>und</strong> Z(s) herstellen:<br />

∗<br />

Z<br />

{ }<br />

Y(z) = Y (z) + Z(s) ⋅G<br />

(s) (3.2.8)<br />

Z<br />

∗<br />

z−1 ⎧G S(s)<br />

⎫<br />

Y (z) = G R(z)<br />

⋅ Z ⎨ ⎬⋅E(z)<br />

(3.2.9)<br />

z ⎩ s ⎭<br />

Y(z)<br />

( Z { Z M }<br />

)<br />

E(z) = W(z) − Z(s) ⋅G (s) ⋅ G (s) + L(z) ⋅E(z)<br />

(3.2.10)<br />

Zunächst wird in (3.2.10) W(z) = 0 gesetzt, da wir das Führungverhalten nicht betrachten,<br />

<strong>und</strong> anschließend nach E(z) aufgelöst<br />

( )<br />

E z =<br />

<strong>und</strong> in (3.2.9) eingesetzt<br />

Z<br />

{ Z( s) GZ( s) GM( s)<br />

}<br />

1 + L ( z)<br />

− ⋅ ⋅<br />

.


3.7<br />

( s)<br />

z − 1 ⎧GS⎫ − GR( z ) ⋅ Z ⎨ ⎬⋅Z<br />

{ Z( s) ⋅GZ( s) ⋅GM(<br />

s)<br />

}<br />

z s<br />

Y* ( z ) =<br />

⎩ ⎭<br />

.<br />

1 + L z<br />

Setzt man dieses Y*(z) in (3.2.8) ein <strong>und</strong> schreibt L(z) (3.2.1) aus<br />

z − 1 ⎧GSs ⎫<br />

GR( z ) ⋅ Z ⎨ ⎬⋅Z<br />

{ Z( s) ⋅GZ( s) ⋅GM(<br />

s)<br />

}<br />

z s<br />

Y ( z ) = Z { Z( s) ⋅GZ( s ) } −<br />

⎩ ⎭<br />

,(3.2.11)<br />

z − 1 ⎧GS( s) ⋅ GM( s)<br />

⎫<br />

1 + GR ( z ) ⋅ Z ⎨ ⎬<br />

z ⎩ s ⎭<br />

erhält man die gesuchte Beziehung zwischen der zeitdiskreten Regelgröße Y(z) <strong>und</strong> der<br />

kontinuierlichen Störgröße Z(s). Eine Störungsübertragungsfunktion kann explizit nicht<br />

hingeschrieben werden, da beide Größen in verschiedenen Bildbereichen beschrieben<br />

werden.<br />

Beispiel 3.2.2: Berechne für den in Beispiel 3.2.1 gegebenen zeitdiskreten Regelkreis<br />

(Bild 3.2.4) die Störsprungantwort y(k) bei z(t) = σ(t); ∆z = 1.<br />

Setzt man die gegebenen Werte in (3.2.11) ein, erhält man nach kurzer Rechnung die<br />

Störsprungantwort<br />

( )<br />

z − 1 ⎧ 1 ⎫ ⎧1⎫ V ⋅ Z ⎨<br />

1 z 2 ⎬⋅Z ⎨ ⎬<br />

⎧ ⎫ s s<br />

Y ( z ) = Z<br />

⎩ ⎭ ⎩ ⎭<br />

⎨ ⎬ −<br />

(3.2.12)<br />

⎩s⎭ z − 1 ⎧ 1 ⎫<br />

1 + V ⋅ Z ⎨<br />

z 2 ⎬<br />

⎩s⎭ T z<br />

V ⋅ ⋅<br />

z z VTz<br />

Y( z ) = − z − 1 z − 1 = −<br />

z − 1 T<br />

1 + V ⋅<br />

z − 1 z − 1 + VT z − 1<br />

z − 1<br />

( )<br />

( )<br />

2<br />

( ) ( )<br />

z<br />

k k<br />

Y ( z ) = ⇒ y( k ) = ( 1 − VT ) = 0,5 (3.2.13)<br />

z − 1 − VT<br />

<strong>und</strong> den dazugehörigen Graphen:


Bild 3.2.6 : Störsprungantwort des zeitdiskreten Regelkreises nach Bild 3.2.4<br />

Es soll an dieser Stelle daraufhin gewiesen werden, daß diese relativ komplizierten<br />

Rechnungen i.a. nicht analytisch, sondern numerisch durchgeführt werden. Leider erlaubt<br />

Matlab selbst keine Berechnung gemischter kontinuierlicher <strong>und</strong> zeitdiskreter Regelkreis-<br />

elemente. Kontinuierliche Regelkreiselemente müssen erst in zeitdiskrete gewandelt<br />

werden, um anschließend die gewünschten Rechnungen am dann zeitdiskreten<br />

Regelkreis vornehmen zu können. Die Matlab-Toolbox SIMULINK dagegen erlaubt die<br />

Simulation von Regelkreisen mit gemischten Baukomponenten. Wir zeigen dies im<br />

folgenden<br />

Beispiel 3.2.3: Ermittele die vorangehend analytisch berechneten Führungs- <strong>und</strong><br />

Störungs-Sprungantworten des zeitdiskreten Regelkreises von Bild 3.2.4 unter den<br />

gleichen Erregungsbedingungen unter Simulink.<br />

Simulink benötigt keine Abtast- <strong>und</strong> Halteglieder. Diese befinden sich automatisch, nicht<br />

explizit sichtbar in allen Simulationsblöcken aus der “Discrete” Library (z.B. auch in dem<br />

häufig von uns genutzten “Discrete Transfer Fcn”-Block). Diese Blöcke entnehmen dem<br />

vorangehenden Simulationsblock zum Abtstzeitpunkt T eine Signalamplitude (entspricht<br />

dem Abtasten), verarbeiteten dieses Signal (entspricht der einmaligen Berechnung der<br />

Differenzengleichung) <strong>und</strong> geben die Signalamplitude am Ausgang aus. Der Block hält<br />

dann dieses Signal für die Dauer der Abtastzeit auf der berechneten Ausgangsamplitude<br />

(entspricht dem Halten). Diese Funktionen werden ausgeführt, egal ob sich am Ein- oder<br />

Ausgang des Blockes ein kontinuierlicher oder zeitdiskreter Simulationblock befinden.<br />

(Damit ist die systetheoretische Struktur identisch mit der, wo sich explizit am Eingang ein<br />

Abtast- <strong>und</strong> am Ausgang ein Halteglied befinden.)<br />

3.8


Führungssprung<br />

Vergleicher<br />

+<br />

1<br />

-<br />

1<br />

zeitdiskreter<br />

Regler<br />

Störungssprung<br />

1<br />

s<br />

kontinuierliche<br />

Regelstrecke<br />

1<br />

1<br />

Meßeinrichtung<br />

3.9<br />

+<br />

Sum1<br />

Bild 3.2.7 : Simulink-Simulationsstruktur des zeitdiskreten Regelkreises von Bild 3.2.4<br />

Mux<br />

Mux<br />

Oszilloskop<br />

Die Rechenschrittweite wurde mit dt = 0,01sek. gewählt. Im Gegensatz zur analytischen<br />

Rechnung wurde der Störsprung zum Zeitpunkt t = 4sek. auf den stationären Endwert des<br />

Führungsgrößen-Endwertes y(kT) = 1 aufgeschaltet. Neben der Regelgröße wurde auch<br />

die treppenförmige Stellgröße uh(t) mit in die Grafik aufgenommen. Die Regelgrößenwerte<br />

(gestrichelter Verlauf) zu den Abtastzeitpunkten wurden mit Nullen gekennzeichnet. Diese<br />

Werte entsprechen denen der vorangegangenen analytischen Lösung.<br />

Bild 3.2.8 : Simulink-Simulationsergebnis des Regelkreises nach Bild 3.2.4<br />

nach einem Führungs- <strong>und</strong> Störungssprung<br />

Abschließend soll in diesem Kapitel die Struktureigenschaft Stabilität eines zeitdiskreten<br />

Regelkreises untersucht werden. Dazu betrachten wir zunächst den kontinuierlichen<br />

Regelkreis aus Beispiel 3.2.1, Bild 3.2.3, aus dem der zeitdiskrete Regelkreis nach Bild


3.2.4 hervorgegangen ist. Anhand der Pollage der Führungsübertragungsfunktion des<br />

kontinuierlichen Regelkreises<br />

V<br />

V<br />

TYW ( s ) = s = (3.2.14)<br />

V<br />

1 +<br />

s + V<br />

s<br />

s + V= 0 ⇒ s = −V<br />

(3.2.15)<br />

ist zu erkennen, daß die Pole der Übertragungsfunktion für alle Verstärkungsfaktoren<br />

V > 0 in der linken s−Halbebene liegen, der Kreis also strukturstabil ist.<br />

Realisiert man den Kreis mit einem zeitdiskreten Regler nach Bild 3.2.4, kann man aus<br />

(3.2.4) die Pollage der Führungsübertragungsfunktion berechnen<br />

z + ( VT − 1 ) = 0 . (3.2.16)<br />

Bei Wahl eines Verstärkungsfaktors von z.B. V = 1 <strong>und</strong> Einsetzen verschiedener<br />

Abtastzeiten T erhält man die in Bild 3.2.9 dargestellten Pollagen:<br />

Bild 3.2.9 : Pollagen des zeitdiskreten Regelkreises nach Bild 3.2.4<br />

bei verschiedenen Abtastzeiten T<br />

Die Rechnung <strong>und</strong> die Grafik lassen deutlich erkennen, daß bei ungeschickter, i.a. zu<br />

3.10


großer Wahl der Abtastzeit T, der zeitdiskrete Regelkreis instabil werden kann, obwohl<br />

sein kontinuierliches Vorbild strukturstabil war.<br />

3.3 Die Optimierung zeitdiskreter Regelkreise<br />

Zur Optimierung kontinuierlicher Regelkreise hatten wir Methoden, die im Frequenzbereich<br />

arbeiten, in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen gestellt. Wegen der Periodizität des<br />

Frequenzganges zeitdiskreter Systeme können diese Methoden nur mit erhöhtem<br />

Aufwand auf zeitdiskrete Regelkreise übertragen werden. Wir werden daher in diesem<br />

Kapitel kein spezielles Optimierungsverfahren bevorzugen, sondern einige praxisrelevante<br />

Methoden für zeitdiskrete Regelkreise nebeneinanderstellen.<br />

Zeitdiskrete Reglerentwurfsverfahren lassen sich wie in Bild 3.3.1 dargestellt klassifizieren:<br />

transform.<br />

Frequenzkennlinien<br />

quasikontinuierlicher<br />

Reglerentwurf<br />

Reglerentwurf durch<br />

Parameteroptimierung<br />

Einstellregeln<br />

Reglerentwurfsverfahren<br />

für zeitdiskrete Regelkreise<br />

zeitdiskreter<br />

Reglerentwurf<br />

Integralgütekriterien<br />

3.11<br />

Polvorgabe<br />

Reglerentwurf durch<br />

Strukturoptimierung<br />

. . . . . .<br />

Kompensationsregler<br />

Bild 3.3.1 : Klassifizierung zeitdiskreter Reglerentwurfsverfahren<br />

"dead−beat"−<br />

Regler<br />

Wir werden im Folgenden zunächst die Unterschiede zwischen dem quasikontinuierlichen<br />

<strong>und</strong> zeitdiskreten Reglerentwurf herausarbeiten <strong>und</strong> den heute noch am häufigsten<br />

angewendeten quasikontinuierlichen Reglerentwurf besprechen. Aus der Menge der<br />

zeitdiskreten Reglerentwurfsverfahren werden wir einen Parameteroptimierungsentwurf,<br />

die Methode der transformierten Frequenzkennlinien, <strong>und</strong> einen Strukturoptimierungsentwurf,<br />

die Polvorgabe, besprechen. Hinsichtlich der anderen, in Bild 3.3.1 aufgeführten


Verfahren sei auf die Literatur /8, 9/ verwiesen.<br />

3.3.1 Der quasikontinuierliche Reglerentwurf<br />

Der quasikontinuierliche Reglerentwurf ist das zur Zeit am häufigsten angewendete<br />

Entwurfsverfahren für zeitdiskrete Regler. Bei diesem Verfahren können nämlich weit-<br />

gehend die Optimierungsmethoden für kontinuierliche PI−, PD− <strong>und</strong> PID−Regler, wie sie<br />

im Kapitel 2.3.2 beschrieben wurden, übernommen werden.<br />

Die Gr<strong>und</strong>idee dieses Reglerentwurfs besteht darin, die Abtastzeit so klein zu wählen, daß<br />

der Regler "quasi kontinuierlich" arbeitet. Dadurch wird der maßgebliche Einfluß des<br />

Haltegliedes auf die Regelkreisdynamik fast bedeutungslos: die treppenförmige Stufung<br />

des Halteglied−Ausgangsignals ist so gering, daß man von einem fast kontinuierlichen<br />

Signal reden kann.<br />

Basierend auf dieser Gr<strong>und</strong>überlegung hat sich folgende Entwurfsstrategie bewährt:<br />

1. Entwurf eines kontinuierlichen P−, PI−, PD− oder PID−Reglers für die gegebene kontinuierliche<br />

Regelstrecke nach den im Kapitel 2.3 vorgeschlagenen Methoden<br />

(Reglerentwurf im Bodediagramm des offenen Kreises, Wurzelortskurve, Einstellregeln,<br />

usw.).<br />

2. Wahl einer Abtastzeit für den zeitdiskreten Regler. Um den Regler quasikontinuierlich<br />

zu betreiben, muß die Abtastzeit so klein wie möglich gewählt werden. Dieser Forderung<br />

steht aber die Tatsache entgegen, daß der Rechner, der A/D− <strong>und</strong> der<br />

D/A−Wandler endliche Verarbeitungszeiten haben <strong>und</strong> damit die Wahl der Abtastzeit<br />

nach unten beschränkt ist. Als geeignetes Maß zur Abschätzung der Abtastzeit T beim<br />

quasikontinuierlichen Reglerentwurf hat sich folgende Beziehung bewährt<br />

T<br />

b<br />

≤ 01⋅ f b =<br />

f<br />

1<br />

ω<br />

, ; , ( 331 . . )<br />

2<br />

b<br />

π<br />

wobei ωb die Bandbreite des Führungsfrequenzganges TYW(s) ist (vergleiche Bild<br />

2.2.6). Man kann zeigen, daß die Bandbreite ωb des Führungsfrequenzganges ungefähr<br />

gleich der Durchtrittsfrequenz ωc des Frequenzganges des offenen Kreises ist<br />

ωc ≈ ωb<br />

. ( 332 . . )<br />

Da ω c i.a. aus dem Entwurfsschritt 1 bekannt ist, empfiehlt es sich, anstelle von (3.3.1)<br />

3.12


die Beziehung<br />

T<br />

c<br />

≤ 01⋅ f c =<br />

f<br />

1<br />

ω<br />

, ; ( 333 . . )<br />

2<br />

c<br />

π<br />

zu benutzen.<br />

Die Dynamik des Haltegliedes kann näherungsweise durch Einfügung eines<br />

Totzeitgliedes mit einer Totzeit von der Hälfte der Abtastzeit<br />

H<br />

( )<br />

T<br />

−s<br />

2<br />

G s ≈ e ; T : Abtastzeit (3.3.4)<br />

am Ausgang des Reglers im Entwurfsschritt 1 mitberücksichtigt werden. Bei sehr<br />

kleinen Abtastzeiten kann man aber darauf verzichten. (Zu der Näherungsbeziehung<br />

(3.3.4) gelangt man /10/, wenn man das Bodediagramm eines Haltegliedes analysiert).<br />

3. Berechnung der zeitdiskreten Differenzengleichung des im Entwurfsschritt 1 gewählten<br />

<strong>und</strong> optimierten kontinuierlichen Reglers.<br />

Mit der bekannten Abtastzeit T kann unter Zuhilfenahme einer der bekannten Diskretisierungstransformationen<br />

( ) ( )<br />

R R 2z−1 s= Tz+ 1<br />

( )<br />

z − 1 ⎧⎪GRs ⎫⎪<br />

GR ( z ) = Z ⎨ ⎬ , (3.3.5)<br />

z ⎪⎩ s ⎪⎭<br />

G z = G s , (3.3.6)<br />

die kontinuierliche Reglerübertragungsfunktion G R(s) zunächst in eine z−Übertra-<br />

gungsfunktion G R(z) überführt werden. Anschließend wird diese in den<br />

Regelalgorithmus in Form einer rekursiven Differenzengleichung<br />

umgerechnet.<br />

n n<br />

( ) ∑−αi⋅( − ) + ∑βi⋅(<br />

− )<br />

uk = uk i ek i (3.3.7)<br />

i= 1 i= 0<br />

4. Überprüfung des Regelergebnisses durch eine Simulationsrechnung im Zeitbereich.<br />

5. Implementierung des Regelalgorithmus (3.3.7) in den Digitalrechner-Regler. Inbetrieb-<br />

nahme des Regelkreises.<br />

Alle Vorgehensschritte werden auch von Matalb-Befehlen unterstützt, so z.B. die<br />

3.13


Diskretisierung des Reglers durch den Befehl "c2d.m" <strong>und</strong> die Realisierung der<br />

Differenzengleichung mittels "lsim.m". Der Schritt 4, die Simulationsrechnung, kann<br />

wieder vorteilhaft mittels Simulink vorgenommen werden.<br />

Wir wollen die Vorgehensschritte zum Entwurf eines quasikontinuierlichen Reglers an<br />

Hand eines ausführlichen Beispiels illustrieren.<br />

Beispiel 3.3.1: Eine Regelstrecke <strong>und</strong> eine Meßeinrichtung mit folgenden Übertragungsfunktionen<br />

20 5<br />

GS( s ) = ; GM( s ) = (3.3.8)<br />

s + 0,5 s + 2 s + 10<br />

( )( )<br />

sollen mit einem zeitdiskreten PI−Regler (Regelalgorithmus im Digitalrechner mit Abtaster,<br />

A/D− <strong>und</strong> D/A−Wandler) zu einem zeitdiskreten Standard−Regelkreis nach Bild 3.1.2<br />

verknüpft werden. Berechnen Sie mittels Polkompensation einen quasikontinuierlichen<br />

Regelalgorithmus, daß sich eine Überschwingweite der Führungssprungantwort Mp = 0,2<br />

einstellt. Benutzen Sie zur Reglerdiskretisierung die TUSTINsche Näherung (3.3.6).<br />

Zur Lösung der Aufgabe benutzen wir das vorangehend beschriebene Schema:<br />

1. Der Entwurf des kontinuierlichen PI−Reglers wurde bereits in Beispiel 2.3.3 vorgenommen.<br />

Dort wurde eine kontinuierliche Reglerübertagungsfunktion (2.3.64)<br />

berechnet.<br />

( )<br />

0,17 1 + 2s<br />

GR( s ) =<br />

s<br />

2. Zur Bestimmung der Abtastzeit wird die Beziehung (3.3.3) herangezogen. Die Durchtrittsfrequenz<br />

ωc = 1,37 entnehmen wir dem Bodediagramm des offenen kontinuierlichen<br />

Regelkreises in Bild (2.3.19) des Beispiels 2.3.3.:<br />

ωc<br />

1, 37<br />

f c = = = 0,218<br />

2 6,28<br />

π<br />

c<br />

⇒<br />

1 1<br />

T ≤ 0,1 ⋅ = 0,1 ⋅<br />

= 0,46 (3.3.9)<br />

f 0,218<br />

3.14


Wir wählen eine Abtastzeit T = 0,1, die die Bedingung T ≤ 0,46 erfüllt.<br />

Zur Überprüfung, ob sich die Halteglied−Übertragungsfunktion (3.3.4) mit einer Totzeit<br />

von T/2 = 0,05 in der Dynamik des Regelkreises bemerkbar macht, wird der Anteil ihrer<br />

Phasendrehung bei ω c = 1,37 berechnet /1/:<br />

⎧ T<br />

⎪ −ω j ⎫<br />

2 ⎪ −ω j 0,05 180<br />

ϕ⎨e ⎬ = ϕ{ e } = − ⋅0,05 ⋅1,37 ≈ − 4 ° . (3.3.10)<br />

⎪ ⎪<br />

Π<br />

⎩ ⎭<br />

Obwohl der Einfluß gering ist, soll der Vollständigkeit halber ihr Einfluß berücksichtigt<br />

werden. Die Übertragungsfunktion des offenen Kreises (2.3.60) erweitert sich dann um<br />

den Totzeitterm<br />

T<br />

− s<br />

2<br />

e<br />

10V<br />

−0,05s<br />

L( s ) = ⋅ e . (3.3.11)<br />

s 1 0,5s 1 0,1s<br />

( + )( + )<br />

Mit wiederum zunächst V = 1 ergibt sich das Bodediagramm in folgenden Bild 3.3.2:<br />

Bild 3.3.2 : Bodediagramm des offenen Regelkreises (3.2.11)<br />

Im Vergleich mit Bild 2.3.19 sinkt durch diese Maßnahme die Durchtrittsfrequenz auf<br />

ω c = 1,22 , auch der Reglerverstärkungsfaktor verringert sich auf<br />

3.15


V<br />

VdB<br />

20dB<br />

Dies bedeutet, daß durch Berücksichtigung des Totzeitterms der Regelkreis bei gleicher<br />

Überschwingweite geringfügig langsamer wird.<br />

Hätte man den Totzeitterm nicht berücksichtigt, wäre die Regelgeschwindigkeit (tr) gleich geblieben, aber die Überschwingweite hätte sich erhöht.<br />

Bei größeren, als im vorliegenden Beispiel gewählten Abtastzeiten hätte dies zu<br />

Stabilitätsproblemen führen können.<br />

Mit (3.3.12) ergibt sich nun die kontinuierliche Reglerübertragungsfunktion zu<br />

( + )<br />

0,145 1 2s<br />

GR ( s ) = . (3.3.13)<br />

s<br />

3. Berechnung der zeitdiskreten Differenzengleichung des Reglers (TUSTINsche<br />

Näherung, T = 0,1):<br />

⎛ 2 z − 1⎞<br />

0,145⎜1 + 2 ⋅<br />

0,1 z 1<br />

⎟<br />

GR ( z ) = GR ( s ) 2 z 1 =<br />

⎝ + ⎠<br />

−<br />

(3.3.14)<br />

s= ⋅ 2 z − 1<br />

T z+ 1<br />

⋅<br />

0,1 z + 1<br />

( )<br />

( )<br />

− 16, 8<br />

= 10 = 10 20 = 0, 145. ( 3. 3. 12)<br />

( ( ) )<br />

( )<br />

0,145 z + 1 + 40 z − 1 5,945z − 5,655<br />

= =<br />

20 z − 1 20z − 20<br />

U z 0,2973 − 0,2828z<br />

= =<br />

E z −1<br />

1 − z<br />

u( k ) = u( k − 1 ) + 0,2973e( k ) − 0,2828e( k − 1 ) (3.3.15)<br />

4. Implementiert man diese Differenzengleichung in den Regler <strong>und</strong> realisiert den<br />

Regelkreis in der Struktur nach Bild 3.1.2, ergibt sich folgende mit Simulink simulierte<br />

Führungssprungantwort auf einen Einheitssprung w(k) = σ(k):<br />

3.16<br />

−1<br />


Bild 3.3.3 : Führungssprung eines Regelkreises mit kontinuierlicher Strecke (2.3.56)<br />

<strong>und</strong> einem quasikontinuierlichen Regler (3.3.15)<br />

Zunächst erkennt man durch die feine Stufung des Halteglied−Ausgangssignals u H(t)<br />

das quasikontinuierliche Verhalten des zeitdiskreten Reglers. In einem Vergleich mit<br />

Bild 2.3.20, das die Führungssprungantwort des gleichen Regelkreises mit einem<br />

kontinuierlichen PI−Regler zeigt, wird deutlich, daß beide Regelergebnisse fast<br />

identisch sind. Im Falle des zeitdiskreten Reglers wird die Anstiegszeit t r etwas<br />

langsamer <strong>und</strong> die Überschwingweite erreicht einen Wert<br />

M<br />

1<br />

p<br />

048 ,<br />

= ⇒ Mp<br />

=<br />

2<br />

024 , ,<br />

der auch dicht an den Wert der kontinuierlichen Realisierung herankommt.<br />

3.17


3.3.2 Spezielle zeitdiskrete Entwurfsverfahren<br />

Mit der Einführung dieser speziellen auf zeitdiskrete Regelkreise zugeschnittenen Entwurfsverfahren<br />

für zeitdiskrete Regler verlassen wir den engen Bezug zu den kontinuierlichen<br />

Systemen. Dies hat zur Folge, daß die bekannten Reglerentwurfsverfahren der<br />

kontinuierlichen Regelungstechnik nicht oder nur modifiziert angewendet werden können.<br />

Das weiter hinten kurz dargestellte sog. "dead−beat"−Entwurfsverfahren ist sogar nur bei<br />

zeitdiskreten Regelkreisen möglich.<br />

Der zeitdiskrete Reglerentwurfsansatz (vergleiche Bild 3.3.1) bedingt gegenüber dem<br />

quasikontinuierlichen Reglerentwurf auch eine gr<strong>und</strong>sätzlich andere Vorgehensweise:<br />

Während beim quasikontinuierlichen Entwurf zunächst mit kontinuierlichen Methoden ein<br />

kontinuierlicher Regler entwickelt <strong>und</strong> dieser erst im letzten Entwurfsschritt diskretisiert<br />

wird, müssen bei den jetzt zu besprechenden Entwurfsverfahren zuerst die Modelle der<br />

kontinuierlichen Übertragungsglieder des Regelkreises (GS (s), GM (s)) diskretisiert werden.<br />

Auf der Basis dieser dann zeitdiskret vorliegenden Übertragungssysteme wird<br />

anschließend ein zeitdiskreter Regler entworfen.<br />

Der Diskretisierungsvorgang erfordert wieder die Wahl einer Abtastzeit T. In /10/ werden<br />

dazu u.a. folgende Vorschläge gemacht:<br />

• Bei Regelstrecken ohne dominierendes Totzeitverhalten wird die Abtastzeit<br />

T<br />

≤<br />

π<br />

ω max<br />

3.18<br />

( 3316 . . )<br />

gewählt. Dabei ist ωmax , wie in /1/ begründet, die Frequenz, bei der die Betragskennlinie<br />

des offenen Kreises ohne Regler auf ⏐L*(jω)⏐ ≈ 0,1 ... 0,01 sinkt:<br />

Bild 3.3.4 : Zur Bestimmung der Größe ω max für (3.3.16)<br />

• Bei Regelstrecken mit dominierender Totzeit werden die folgenden heuristischen Bemessungsregeln<br />

für T vorgeschlagen /10/


( � )<br />

∗<br />

t<br />

3.19<br />

∗<br />

Tt<br />

∗<br />

TVZ<br />

∗<br />

t<br />

∗<br />

VZ<br />

T ≈ 1,2 0,35 T für 0,1 ≤ ≤ 1,0 , (3.3.18a)<br />

∗<br />

T<br />

T ≈ ( 0,35 � 0,2) T t für 1 ≤ ≤ 10 . (3.3.18b)<br />

T<br />

Dabei gehen T * t <strong>und</strong> T* VZ aus der Streckensprungantwort hervor, die nach Bild 2.3.31<br />

ausgewertet wird.<br />

Die anschließende Wahl des Reglers ist davon abhängig, ob der Reglerentwurf mittels<br />

Parameteroptimierung oder Strukturoptimierung erfolgen soll (vergleiche Bild 3.3.1). Beim<br />

Reglerentwurf mittels Parameteroptimierung gibt man sich (nach ähnlichen Gr<strong>und</strong>sätzen,<br />

wie bei der Auswahl von Standard-Reglern des Typs P, PI, PD <strong>und</strong> PID) einen Regler<br />

niedriger Ordnung (n ≤ 2) vor<br />

Das Parameteroptimierungsverfahren (z.B. das Verfahren der transformierten Frequenzkennlinien)<br />

gibt dann Vorgehensschritte zur Optimierung der Reglerparameter ri <strong>und</strong> pii an.<br />

Beim Reglerentwurf durch Strukturoptimierung wird keine Reglerordnung vorgegeben. Das<br />

Optimierungsverfahren selbst führt sowohl auf die Struktur (also die Ordnung) des Reglers<br />

als auch auf seine optimalen Parameter.<br />

3.3.2.1 Reglerentwurf mittels Parameteroptimierung: Das Verfahren der<br />

transformierten Frequenzkennlinien<br />

Wie wir in /1/ gesehen haben, besitzen zeitdiskrete Übertragungssysteme periodische<br />

Frequenzgänge. Dieser Effekt verhindert es, daß man die Regleroptimierung im<br />

Bodediagramm des offenen Regelkreises im zeitdiskreten Fall ohne Rechnerunterstützung<br />

durchführen kann. Man kann nun aber zeigen, daß mit Hilfe der sog.<br />

Bilinear−Transformation /8/<br />

z<br />

=<br />

w T<br />

w T<br />

1 +<br />

2 ; T: Abtastzeit , ( 3320 . . )<br />

1 −<br />

2


z−Übertragungsfunktionen in Übertragungsfunktionen mit der unabhängigen Variablen w<br />

gewandelt werden können (Achtung: G(w) ist wieder ein kontinuierliches System!)<br />

deren Frequenzgänge<br />

G(w) = G(z) ; w = δ + j ω ; (3.3.21)<br />

w<br />

T<br />

1+ w<br />

z=<br />

2<br />

T<br />

1−w 2<br />

w=ω j<br />

W<br />

3.20<br />

w w<br />

G( j ω ) = G(w ) (3.3.22)<br />

nicht mehr periodisch verlaufen, sondern weitgehend ähnlichen Charakter wie die uns<br />

schon bekannten Frequenzkennlinien kontinuierlicher Übertragungssysteme haben. Die<br />

Stabilitätseigenschaften von G(z) bleiben dabei erhalten.<br />

Basierend auf dieser Tatsache werden folgende Vorgehensschritte zum Reglerentwurf<br />

mittels transformierter Frequenzkennlinien empfohlen:<br />

1. Nachdem die kontinuierliche Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises ohne<br />

Regler mit Hilfe der Sprunginvarianz-Transformation in eine z−Übertragungsfunktion<br />

L*(z) gewandelt wurde<br />

( s) ⋅G<br />

( s)<br />

z − 1 ⎪⎧GS M ⎪⎫<br />

L* ( z ) = Z ⎨ ⎬ ,<br />

(3.3.23)<br />

z ⎪⎩ s ⎪⎭<br />

wird diese in eine w−Übertragungsfunktion umgerechnet<br />

∗ ∗<br />

L (w) = L (z) ; (3.3.24)<br />

T<br />

1+ w<br />

z=<br />

2<br />

T<br />

1−w 2<br />

2. Von dieser w−Übertragungsfunktion wird der Frequenzgang gebildet<br />

∗ ∗<br />

ω w =<br />

L (j ) L (w) (3.3.25)<br />

w=ω j<br />

W


sowie das Bodediagramm gezeichnet (unter Matlab das Bodediagramm eines<br />

kontinuierlichen Systems!) <strong>und</strong> in Anlehnung an die bekannten Standard-<br />

Reglerstrukturen mit einem der folgenden Regler<br />

R<br />

R<br />

( )<br />

G w = V : P − Regler (3.3.26a)<br />

( )<br />

( )<br />

V 1 + wT<br />

GR ( w ) =<br />

w<br />

: PI − Regler (3.3.26b)<br />

V( 1 + wT)<br />

GR ( w ) =<br />

1 + wT<br />

: PD − Regler (3.3.26c)<br />

R<br />

( 1)( 2)<br />

w( 1 + wT )<br />

V 1 + wT 1 + wT<br />

G w = : PID − Regler (3.3.26d)<br />

R<br />

eine Regelkreisoptimierung nach den bekannten Methoden im Bodediagramm des<br />

offenen Kreises vorgenommen.<br />

3. Die optimierte w−Übertragungsfunktion des Reglers wird in den z−Bereich zurücktransformiert<br />

G (z) = G (w) (3.3.27)<br />

R R<br />

2(z −1)<br />

w = .<br />

T(z+ 1)<br />

Dabei muß die gleiche Abtastzeit verwendet werden, die der Transformation von L*(z)<br />

(3.3.23) bzw. (3.3.24) zu Gr<strong>und</strong>e gelegt wurde.<br />

(An dieser Stelle erkennt man, daß die hier angewendete Bilinerar-Transformation bis<br />

auf die Transformationsgebiete (z ⇔ w <strong>und</strong> s ⇔ z) identisch mit der in /1/ benutzten<br />

Tustinschen Näherung ist. Diese Tatsache macht es möglich, den Matlab-Befehl<br />

"d2c.m" mit der Parametrierung "tustin" zur numerischen Lösung von (3.3.24) <strong>und</strong> den<br />

Befehl "c2d.m" auch mit der Parametrierung "tustin" zur Lösung von (3.3.27) zu<br />

benutzen.)<br />

4. Die z−Übertragungsfunktion GR (z) wird in eine Differenzengleichung umgerechnet.<br />

Damit ist der Regelalgorithmus gef<strong>und</strong>en, der den zu Gr<strong>und</strong>e liegenden Regelkreis<br />

optimiert.<br />

Zur Illustration der Vorgehensweise berechnen wir folgendes<br />

3.21


Beispiel 3.3.2: Eine Regelstrecke <strong>und</strong> eine Meßeinrichtung mit folgenden Übertragungsfunktionen<br />

10<br />

GS( s ) = ; GM( s ) = 0,1 (3.3.28)<br />

s1 + 10s<br />

( )<br />

sollen mit einem zeitdiskreten Regler zu einem Standard−Regelkreis verknüpft werden.<br />

Berechnen Sie mit Hilfe der Methode der transformierten Frequenzkennlinien einen<br />

PD−Regelalgorithmus. Der Regelkreis soll bei einer Überschwingweite von Mp = 0,2 eine<br />

Anstiegszeit der Führungssprungantwort tr ≤ 4 haben. Die Abtastzeit sei mit T = 1<br />

festgelegt.<br />

Nach den vorangehend beschriebenen Vorgehensvorschriften wird zunächst die<br />

Übertragungsfunktion des offenen Regelkreises ohne Regler in den z−Bereich<br />

transformiert<br />

um sie anschließend mit<br />

z − 1 ⎧⎪ 1 ⎫⎪ z − 1 ⎧⎪ 0,1 ⎫⎪<br />

L* ( z ) = ⋅Z ⎨ =<br />

z 2 ⎬ ⋅Z<br />

⎨ 2 ⎬<br />

⎪⎩s ( 1 + 10s) ⎪⎭ z ⎪⎩s ( s + 0,1)<br />

⎪⎭<br />

z<br />

=<br />

z − 1 ⎧ 1 10 10 ⎫<br />

= ⋅Z⎨ − +<br />

z 2<br />

⎬<br />

⎩ss s + 0,1⎭<br />

=<br />

z − 1<br />

⎧<br />

⎪ z 10z 10z<br />

⎫<br />

⎪<br />

⋅⎨ − +<br />

z 2<br />

⎬<br />

⎪( z − 1)<br />

z − 1 z − 0,9048<br />

⎩ ⎪⎭<br />

0,0484( z + 0,9672)<br />

( z − 1)( z − 0,9048)<br />

= , (3.3.29)<br />

1 + w T<br />

2<br />

1 w T<br />

1 +<br />

=<br />

2<br />

w<br />

2<br />

1 w<br />

− −<br />

2<br />

in den w−Bereich zu transformieren<br />

⎛2+ w ⎞<br />

0,0484 ⋅ ⎜ + 0,9672<br />

∗ ∗<br />

2−w ⎟<br />

L(w) = L(z) =<br />

⎝ ⎠<br />

2+ w<br />

z= ⎛2+ w⎞ ⎛2+ w ⎞<br />

2−w ⎜ ⋅ −0,9048<br />

2−w ⎟ ⎜<br />

2−w ⎟<br />

⎝ ⎠ ⎝ ⎠<br />

=<br />

2<br />

2<br />

3.22<br />

+<br />

−<br />

w<br />

w<br />

( 3330 . . )


⎡ 2 ⎤<br />

0,0484 ⋅ (2 + w)(2 − w) + 0,9672(2 − w)<br />

=<br />

⎣ ⎦<br />

[ 2 + w −(2− w) ] ⋅ [ 2 + w − 0,9048(2 − w) ]<br />

−3<br />

2<br />

−0,4⋅10 w − 0,04917w + 0,1<br />

=<br />

. (3.3.31)<br />

2<br />

w + 0,1w<br />

Zur Berechnung des Bodediagramms von L*(jω w ) ziehen wir ein Matlab-Programm heran:<br />

50<br />

0<br />

-50<br />

-100<br />

ϕ Lj ( ωw)<br />

Grad<br />

-50<br />

-100<br />

-150<br />

ϕ Lj ( ωwc<br />

)<br />

-200<br />

-250<br />

-300<br />

10 -2<br />

Lj ( ωw<br />

)<br />

dB<br />

l q<br />

10 -1<br />

l q =−174<br />

10 -1<br />

ωwc( soll)<br />

,<br />

= 036<br />

10 0<br />

10 0<br />

3.23<br />

10 1<br />

10 1<br />

Bild 3.3.5 : Transformierte Frequenzkennlinien L*(jω w ) des offenen<br />

Regelkreises ohne Regler (3.3.31)<br />

Aus den Regelgüteforderungen Mp = 0,2 <strong>und</strong> tr ≤ 4 können der einzustellende Phasenrand<br />

φr Mp<br />

<strong>und</strong> die Durchtrittsfrequenz ω wc<br />

ω wc<br />

= 69° − 106°⋅ = 69° − 106°⋅ 0, 2 = 48° ( 3. 3. 32)<br />

144 , 144 ,<br />

= = =<br />

4<br />

tr<br />

ω<br />

ω<br />

10 2<br />

10 2<br />

036 , ( 3333 . . )


erechnet werden. Bei ωwc = 0,36 läßt sich eine Phase von −174° ablesen (Auf dem<br />

dargestellten Bodediagramm allerdings nicht mit der hier angegebenen Genauigkeit. Diese<br />

notwendige Feinheit kann nur durch numerische Auswertung des Bodediagramms erreicht<br />

werden, z.B. nach den Prinzip, wie es im weiter vorn vorgestellten Programm "polkomp.m"<br />

zur Auffindung der Verstärkung zu einem vorgegebenen Phasenrand benutzt wurde).<br />

Um auf den geforderten Phasenrand von 48° zu gelangen, muß die Phase mit Hilfe des<br />

Reglers um<br />

48° − 6°<br />

= 42 °<br />

(3.3.34)<br />

angehoben werden. (Die 6° müssen von den 48° abgezogen werden, da ϕ{L(jωwc )} bereits<br />

6° oberhalb von −180°, nämlich bei −174° verläuft). Mit Hilfe der Entwurfsvorschriften für<br />

einen PD−Regler in Kapitel 2.3.2.1 können nun die Reglerparameter bestimmt werden:<br />

⎛ w ⎞<br />

V⎜1 + ⎟<br />

V1 ( + wT)<br />

wk<br />

GR ( w ) = =<br />

⎝ ω ⎠<br />

(3.3.35)<br />

1 + wT<br />

w<br />

R 1 +<br />

m ⋅ω<br />

M<br />

wk<br />

3.24<br />

wk<br />

ωwc<br />

0,36<br />

ωwk = = = 0,164 ⇒<br />

ω 2,2<br />

1 1<br />

T = = = 6,1 (3.3.36a)<br />

ω 0,164<br />

T 6,1<br />

T R = = = 1,22 (3.3.36b)<br />

m 5<br />

(ω M = 2,2 <strong>und</strong> m = 5 wurden aus dem Diagramm in Bild 2.3.12 abgelesen).<br />

Damit sind die Reglerparameter bis auf den Verstärkungsfaktor bestimmt.<br />

( + )<br />

V1 6,1w<br />

GR ( w ) = (3.3.37)<br />

1 + 1,22w<br />

Mit V = 1 kann jetzt das Bodediagramm des offenen Regelkreises gezeichnet werden


3.25<br />

2<br />

1 + 6,1w −0,0004167w − 0,04917w + 0,1<br />

L( w ) = ⋅<br />

(3.3.38)<br />

1 + 1,22w 2<br />

w + 0,1w<br />

3 2<br />

−0,002541w − 0,30042w + 0,561w + 0,1<br />

=<br />

3 2<br />

1, 22w + 1,122w + 0,1w<br />

Bild 3.3.6 : Transformierte Frequenzkennlinie L(jω w ) des offenen Regelkreises<br />

mit optimiertem T <strong>und</strong> T R des PD−Reglers<br />

Man erkennt deutlich, daß sich bei ωwc = 0,36 ein Phasenrand von φr = 48° einstellt. Damit<br />

der Phasenrand auch wirklich an dieser Stelle entsteht, muß im letzten Optimierungsschritt<br />

die Betragskennlinie um −4,6 dB, was einem Verstärkungsfaktor V = 0,59 entspricht,<br />

gesenkt werden. Damit erhalten wir die optimierte w−Übertragungsfunktion des<br />

Reglers<br />

( + )<br />

0,59 1 6,1w<br />

GR ( w ) = (3.3.39)<br />

1 + 1,22w<br />

Im dritten Vorgehensschritt wird die optimierte w−Übertragungsfunktion des Reglers<br />

(3.3.39) mittels der inversen Bilinear-Transformation (3.3.27) in den z−Bereich<br />

transformiert:


⎛ 2 z − 1⎞<br />

0,59 ⎜1 + 6,1⋅ ⋅<br />

1 z 1<br />

⎟<br />

GR( z ) = GR( w ) 2 z 1=<br />

⎝ + ⎠<br />

−<br />

. (3.3.40)<br />

w= ⋅ 2 z − 1<br />

Tz+ 1 1 + 1,22 ⋅ ⋅<br />

1 z + 1<br />

Nach kurzer Zwischenrechnung erhält man folgende z−Übertragungsfunktion des<br />

PD−Reglers<br />

( )<br />

( )<br />

3.26<br />

−1<br />

Uz 2,264 − 1,921z<br />

GR ( z ) = = , (3.3.41)<br />

E z −1<br />

1 − 0,4186z<br />

woraus sich der nachstehende Regelalgorithmus (Differenzengleichung) berechnet<br />

u( k ) = 0,4186 ⋅u( k − 1 ) + 2,264 ⋅e( k ) − 1,921⋅e( k − 1 ) . (3.3.42)<br />

Nach Implementierung dieser Differenzengleichung in den Regler <strong>und</strong> Realisierung des<br />

Regelkreises nach Bild 3.1.2 ergibt sich folgende Führungssprungantwort auf einen<br />

Einheitssprung ω(k) = σ(k). (Simulation mit Simulink)<br />

Bild 3.3.7 : Regelergebnis (Führungsverhalten) eines Regelkreises mit zeitdiskretem Regler<br />

(Optimierung mittels transformierter Frequenzkennlinien)


Erwartungsgemäß stellt sich ein stationärer Endwert von y(∞) = 10 ein. Die Anstiegszeit<br />

kann mit tr = 3,4 ausgemessen werden <strong>und</strong> erfüllt damit die anfangs gestellte Forderung<br />

tr ≤ 4. Aus der Überschwinghöhe 12,3 läßt sich eine Überschwingweite<br />

M<br />

1<br />

p<br />

23 ,<br />

= ⇒ Mp<br />

=<br />

10<br />

3.27<br />

023 ,<br />

ablesen, die geringfügig von der Forderung M p = 0,2 abweicht.<br />

3.3.2.2 Reglerentwurf mittels Strukturoptimierung: das Polvorgabeverfahren<br />

Bei unseren Betrachtungen zur Wurzelortskurve haben wir gesehen (Bild 2.3.24), daß das<br />

dynamische Verhalten eines Regelkreises maßgeblich von der Lage der Polstellen der<br />

Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises (z.B. der Führungsübertragungsfunktion)<br />

abhängig ist. Die gleiche Aussage gilt natürlich auch hinsichtlich der<br />

Pollage zeitdiskreter Regelkreise. Mit Hilfe des Polvorgabe−Optimierungsverfahrens ist es<br />

nun möglich, einen Regler zu entwerfen, der die Pole der Übertragungsfunktion des<br />

geschlossenen Regelkreises an jede beliebige, gewünschte Stelle der z−Ebene plaziert.<br />

Der erste Schritt zum Entwurf eines Polvorgabe−Reglers besteht somit darin, eine<br />

geeignete Pollage festzulegen. Dabei kann man wie folgt vorgehen:<br />

• Spezifikation einer gewünschten Anstiegszeit tr <strong>und</strong> Überschwingweite Mp der Führungssprungantwort.<br />

• Berechnung der dazugehörigen Pollage eines dominierenden Polpaares in der s−Ebene<br />

(2.3.79)<br />

d 1<br />

2<br />

s12<br />

, = − ± j ⋅ 1− d , ( 3343 . . )<br />

T T<br />

PT2 PT2<br />

wobei sich d mit Hilfe des spezifizierten Mp aus Bild 2.3.26 <strong>und</strong> TPT2 mit dem spezifizierten<br />

tr <strong>und</strong> dem berechneten d aus Bild 2.3.27 bestimmen lassen (TPT2 wird in Bild<br />

2.3.27 T genannt).<br />

• Festlegung einer Abtastzeit T nach den Beziehungen (3.3.16) bzw. (3.3.18a/b).<br />

• Umrechnung der Wunsch−Pollage vom s−Bereich (3.3.43) in die dazugehörige Pollage<br />

im z−Bereich /1/ nach der Beziehung


sT δT jωT z = e ; s = δ + jω ⇒ z = e ⋅e . ( 3344 . . )<br />

Mit der vorangegangenen Polfestlegung ist nur das dominante Polpaar festgelegt. Alle<br />

übrigen, ggf. noch festzulegenden Pole sollten als reelle Pole im s−Bereich möglichst<br />

weit nach links, d.h. in der z−Ebene dicht an den Ursprung z = 0 (z.B. z = 0,1) gelegt<br />

werden, um die Dominanz des Polpaares möglichst wenig zu beeinflussen. (Wie dicht<br />

die Pole in die Nähe von z = 0 gelegt werden dürfen, ist auch hier wieder eine Frage der<br />

Stellgrößenbeschränkung).<br />

Die Berechnung des Reglers leitet sich dann folgendermaßen ab /8/. Zu dem gegebenen<br />

offenen Regelkreis ohne Regler der Ordnung n<br />

( )<br />

( )<br />

∗<br />

L β 1<br />

−1 + β 2<br />

−2 + � + βn<br />

−n<br />

∗<br />

L + α 1<br />

−1 + α 2<br />

−2 + � + αn<br />

−n<br />

∗ Z z z z z<br />

L ( z ) = = (3.3.45a)<br />

N z 1 z z z<br />

wird ein Regler der Ordnung (n − 1) angesetzt<br />

n−1 1z n−2 2z � n<br />

n n−1 z + α 1z + � + αn<br />

β + β + + β<br />

= (3.3.45b)<br />

( )<br />

( n 1<br />

Z 1<br />

)<br />

R z −<br />

− −<br />

r 0 + rz 1 + � + rn−1z GR ( z ) = = (3.3.46a)<br />

N ( z) −1<br />

−( n−1 1 + p z + � + p z<br />

)<br />

R 1 n−1 =<br />

0<br />

n−1 + 1<br />

n−2 + � + n−1 n−1 + 1<br />

n−2 + � + n−1 r z rz r<br />

z p z p<br />

3.28<br />

. (3.3.46b)<br />

(L*(z) darf bei diesem Optimierungsverfahren nicht sprungfähig sein, das heißt, in (3.3.45)<br />

muß der Zählergrad < Nennergrad sein. Dies ist keine besonders strenge Forderung, weil<br />

die meisten Regelstrecken nicht sprungfähig sind. Bei eventuell auftretenden<br />

sprungfähigen Strecken kann eine sehr kleine fiktive Zeitkonstante in den Nenner<br />

eingefügt werden.)<br />

Der geschlossene Regelkreis<br />

( )<br />

( )<br />

T R<br />

( ) ⋅ ( )<br />

( ) ∗ ( )<br />

ZT z GR z GS z<br />

TYW ( z ) = =<br />

N z 1 + G z ⋅Lz<br />

beschreibt mit seinem Nennerpolynom


∗ ∗<br />

( ) ( ) ⋅ ( ) + ( ) ⋅ ( )<br />

N z = N z N z Z z Z z<br />

T IST R L R L<br />

n−1 n−2 n n−1 ( 1 n−1)( 1 n)<br />

= z + p z + � + p z + α z + � + α + �<br />

n−1 n−2 n−1 n−2 ( 0 + 1 + + n−1)( β 1 + β 2 + + βn)<br />

� + r z r z � r z z � (3.3.47)<br />

die IST−Pollage des Regelkreises. Dabei sind die αi <strong>und</strong> βi die bekannten Parameter des<br />

offenen Kreises ohne Regler <strong>und</strong> die ri <strong>und</strong> pi die unbekannten Koeffizienten des Reglers.<br />

Durch Vorgabe von (2n−1) Polen, zu deren Plazierung wir die vorangehenden Ausführungen<br />

machten, kann man ein Polynom berechnen<br />

2n−1 2 2n−2 2n−1 T( ) SOLL ∏ ( − i) 0 + 1 + 2 + � + 2n−2 +<br />

i=1<br />

N z = z z = a a z a z a z z , (3.3.48)<br />

das die SOLL−Lage der Regelkreis−Polstellen beschreibt. Durch einen Koeffizienten-<br />

vergleich zwischen dem SOLL−Polynom (3.3.48) <strong>und</strong> dem IST−Polynom (3.3.47) erhält<br />

man ein lineares Gleichungssystem zur Berechnung der Reglerparameter ri <strong>und</strong> pi aus<br />

den bekannten Parametern ai , βi <strong>und</strong> αi .<br />

Zur Verdeutlichung der Vorgehensweise berechnen wir folgendes<br />

Beispiel 3.3.3: Es soll ein strukturoptimierter Regler durch Polvorgabe für folgende<br />

Regelkreisstruktur entworfen werden<br />

S<br />

−2<br />

0,01z<br />

−1 −2<br />

M<br />

( ) ( )<br />

G z = ; G z = 10 . (3.3.49)<br />

1 − 0, 4z − 0, 45z<br />

Die Pole des geschlossenen Regelkreises sollen alle bei z = 0,5 liegen. Da die Regelstrecke<br />

keinen Integrator besitzt, soll ein Integralanteil zur Verhinderung von bleibender<br />

Regelabweichung in den Regler eingefügt werden.<br />

Zur Lösung der Aufgabe wird zunächst festgestellt, daß der offene Kreis ohne Regler die<br />

Ordnung n = 2 besitzt. Damit ist die Reglerordnung n−1 = 1 festgelegt<br />

−1<br />

r 0 + rz 1 r0z + r1<br />

R ( )<br />

−1<br />

1 +<br />

p z p<br />

1z<br />

+ 1<br />

G z = = . (3.3.50)<br />

3.29


Durch die Wahl von p1 = −1 erhält GR (z), wie in der Aufgabenstellung gefordert, einen<br />

Integralanteil<br />

R<br />

( )<br />

( )<br />

rz 0 + r1<br />

ZRz GR ( z ) = = . (3.3.51)<br />

z − 1 N z<br />

Um den späteren Koeffizientenvergleich sinnvoll durchführen zu können, muß man die<br />

Wahl treffen, ob Polynome mit positiven oder negativen Exponenten miteinander<br />

verglichen werden sollen. Wir betrachten Polynome mit positiven Koeffizienten <strong>und</strong> formen<br />

daher (3.3.49) dahingehend um<br />

∗<br />

( )<br />

3.30<br />

( )<br />

( )<br />

L<br />

∗<br />

L z = = . (3.3.52)<br />

2<br />

0,1<br />

z − 0,4z − 0,45<br />

Z z<br />

N z<br />

Damit kann das charakteristische IST−Polynom berechnet werden<br />

∗ ∗<br />

( ) ( ) ⋅ ( ) + ( ) ⋅ ( )<br />

N z = N z N z Z z Z z<br />

T IST R R<br />

∗<br />

L<br />

L L<br />

2<br />

( − ) ⋅( − − ) + ( + ) ⋅(<br />

)<br />

= z 1 z 0,4z 0,45 r z r 0,1<br />

0 1<br />

( ) ( ) ( )<br />

3 2<br />

= z − 1,4 z + 0,1r − 0,05 z + 0,1r + 0,45 . (3.3.53)<br />

0 1<br />

Bei der Bildung des charakteristischen SOLL−Polynoms muß im vorliegenden Fall darauf<br />

geachtet werden, daß wegen der Vorabfestlegung eines Reglerpols (des Integratorpols z<br />

= 1) nicht mehr (2n−1) = 3 sondern nur noch (2n−1)−1 = 2 Pole frei vorgegeben werden<br />

können. Der dritte Pol z3 muß sich frei einstellen:<br />

2n−2 2<br />

T SOLL<br />

3<br />

i=1<br />

i 3<br />

i=1<br />

i<br />

( ) ( − ) ∏ ( − ) ( − ) ∏(<br />

− )<br />

N z = z z z z = z z z z<br />

( − ) ⋅( − ) ⋅( − )<br />

= z z z 0,5 z 0,5<br />

3<br />

( ) ( ) ( )<br />

3 2<br />

− + 3 + + 3 − 3<br />

= z 1 z z 0,25 z z 0,25z . (3.3.54)<br />

Da sowohl das IST− als auch das SOLL−Polynom vergleichbar geordnet vorliegen, kann<br />

der notwendige Koeffizientenvergleich vorgenommen werden:


2<br />

3.31<br />

( )<br />

z : −(1,4) = − 1 + z (3.3.55a)<br />

( − ) ( + )<br />

z : 0,1r 0,05 = 0,25 z (3.3.55b)<br />

0 3<br />

( + ) −(<br />

)<br />

freies Glied : 0,1r 0,45 = 0,25z . (3.3.55c)<br />

1 3<br />

Aus (3.3.55a) kann die Lage der sich frei einstellenden Polstelle z3 = 0,4 berechnet werden.<br />

Aus (3.3.55b) bestimmt sich dann r0 = 7 <strong>und</strong> aus (3.3.55c) r1 = −5,5. Damit sind die<br />

Koeffizienten des Reglers bestimmt<br />

−1 −1<br />

r 0 + rz 1 7 − 5,5z<br />

R ( )<br />

−1 −1<br />

1 + p1z 1 − z<br />

G z = = . (3.3.56)<br />

Die numerische Bestimmung der Reglerparameter, auch bei Systemen höherer Ordnung,<br />

kann wesentlich vereinfacht werden, wenn man einen Ansatz von /8/ weiter verfolgt, der<br />

die gesamte Problemstellung auf Matrizenbasis ansetzt <strong>und</strong> löst. Aus Zeitgründen können<br />

wir auf die Besprechung dieser Vorgehensweise nicht eingehen.<br />

Leider stellt sich bei näherer Betrachtung des Polvorgabe-Verfahrens heraus, daß sich im<br />

Falle der Einfügung von Integrator-Polen (wie im obigen Beispiel gezeigt) sich häufig die<br />

frei einstellenden Polstellen außerhalb des Einheitskreises der z-Ebene befinden <strong>und</strong> der<br />

Regelkreis damit instabil wird. Das Verfahren eignet sich daher ohne Einschränkung nur<br />

bei global integral wirkenden Regelstrecken, weil dort nur proportional wirkende Regler<br />

benötigt werden.<br />

Man kann jedoch auch dieses Problem mit einem Trick lösen <strong>und</strong> das Verfahren auch für<br />

global proportionale Strecken anwenden:<br />

Der Übertragungsfunktion der global proportionalen Strecke wird ein fiktiver Integratorpol<br />

hinzugefügt (Multiplikation der Übertragungsfunktion mit 1/s). Für diese "global integral"<br />

wirkende Strecke wird ein Regler nach dem Polvorgabeverfahren entworfen. Da es zur<br />

Vermeidung von bleibender Regelabweichung egal ist, ob der Integrator sich in der<br />

Strecke oder im Regler befindet, kann der der Strecke fiktiv zuogeordnete Integrator dieser<br />

wieder entnommen <strong>und</strong> dem Regler hinzugefügt werden. Damit hat der Regler den<br />

gewünschten I-Anteil. Ein geringer Nachteil dieses Entwurfs ist die ums eins höhere<br />

Reglerordnung.<br />

In allen Fällen lassen sich sogar Regler für instabile Regelstrecken (d.h. mit Polstellen in<br />

der linken s-Halbebene) entwerfen.<br />

3


3.3.2.3 Das "Dead Beat"-Verfahren<br />

Abschließend zu unseren Betrachtungen über die Regleroptimierung mittels Polvorgabe<br />

soll noch kurz das sog. "dead beat"−Verfahren angesprochen werden. Das<br />

"dead beat"−Verfahren plaziert alle Polstellen des geschlossenen Regelkreises in den<br />

Ursprung der z−Ebene. Dadurch kommt es zu einem Übergangsverhalten des<br />

Regelkreises, welches es in der kontinuierlichen Regelungstechnik nicht gibt: Störungen<br />

werden in einer endlichen Zahl von Abtastschritten (die der Übertragungsfunktions-<br />

Ordnung des offenen Regelkreises entspricht) vollständig ausgeregelt, bzw. der<br />

Regelkreis folgt einer Füh-rungsgrößenänderung nach dieser endlichen Anzahl von<br />

Abtastschritten exakt. Zur Verdeutlichung dieser Aussage rechnen wir das<br />

Beispiel 3.3.4: Der schon in Beispiel 3.2.1 betrachtete Regelkreis<br />

Bild 3.3.8 : Ein Regelkreis zur Demonstration des "dead−beat−Verhaltens<br />

hat bei einer Abtastzeit T = 1 folgende Führungsübertragungsfunktion<br />

( )<br />

( ) + ( − )<br />

Y z V<br />

TYW ( z ) = = . (3.3.57)<br />

W z z V 1<br />

Für V = 0,5; V = 1 <strong>und</strong> V = 1,5 ergeben sich folgende Pollagen (vergleiche das folgende<br />

Bild 3.3.9) <strong>und</strong> die daneben darge-stellten dazugehörigen Führungssprungantworten auf eine<br />

Einheitssprungfolge w(k) = σ(k).<br />

Man erkennt deutlich das vorangehend beschriebene Phänomen: während die Sprungantworten,<br />

die nicht zur Pollage z = 0 gehören, aperiodische bzw. gedämpft schwingende<br />

Regelgrößenverläufe zeigen, erreicht die Regelgröße, die zur Pollage z = 0 gehört, bereits<br />

nach einem Abtastschritt genau ihren stationären Endwert.<br />

Ein Regler, der diese Kreisdynamik hervorruft, wird "dead beat"−Regler genannt, weil er<br />

den Ausregelvorgang quasi im "Totschlag−Verfahren" herbeiführt.<br />

Die Anzahl der Stellschritte bis zum ausgeregelten Zustand hängt von der Ordnung des<br />

offenen Kreises ab. Da der vorliegende offene Kreis die Ordnung 1 hat, braucht der dead<br />

beat−Regler nur einen Stellschritt von der Dauer der Abtastzeit.<br />

3.32


Bild 3.3.9 : Führungssprungantworten des Regelkreises nach Bild 3.3.8<br />

bei verschiedenen Pollagen der Führungsübertragungsfunktion<br />

So faszinierend diese Regeleigenschaft auf den ersten Blick auch sein mag, birgt ein<br />

dead−beat−optimierter Regelkreis einige Probleme:<br />

• dead−beat−Regler erzeugen i.a. sehr große Stellamplituden, insbesondere wenn kleine<br />

Abtastzeiten gewählt werden. Mit der Einführung sog. Entwurfspolynome /8,9/ zur<br />

Regleroptimierung können diese Stellamplituden aber zu Gunsten von mehr Stellschritten<br />

reduziert werden.<br />

• Weicht das Streckenmodell, das dem Regelkreisentwurf zugr<strong>und</strong>e gelegt wird, nur<br />

gering von den Eigenschaften der realen Strecke ab, wird das endliche Einschwingverhalten<br />

nicht mehr erreicht. Die Regelergebnisse werden dann i.a. schlechter als bei<br />

Regelkreisen, die nach einer anderen Methode optimiert wurden.<br />

• Der dead−beat−Regler muß für bestimmte Führungs− <strong>und</strong> Stellgrößenverläufe speziell<br />

entworfen werden. Weichen diese Verläufe von ihren beim Entwurf zu Gr<strong>und</strong>e gelegten<br />

Formen ab, treten die gleichen negativen Effekte auf.<br />

Nähere Einzelheiten zu dead−beat−Reglern findet der Leser in /8,9/.<br />

3.33


4 Regelgüteverbesserung durch Erweiterung der Standard−Regelkreisstruktur<br />

Bei allen vorangehenden Betrachtungen sind wir immer von den Regelkreis-<br />

Standardstrukturen nach Bild 1.1.7 bzw. 3.1.2 ausgegangen. Wenn nun bei einem solchen<br />

Regelkreis besonders hohe Anforderungen an die Regelgüte gestellt werden, die<br />

Regelstrecke mit Totzeit behaftet ist, eine sehr hohe Ordnung hat oder zwischen Stell−<br />

<strong>und</strong> Meßglied sehr große Verzögerungen auftreten, gelingt es oft nicht, mit der Standard-<br />

Regelkreisstruktur die gewünschten Regelgüteforderungen zu erfüllen. Durch Erweiterung<br />

der Standard−Regelkreisstruktur ist es unter bestimmten Umständen möglich, das Rege-<br />

lungsverhalten wesentlich zu verbessern.<br />

Wir gehen im Folgenden kurz auf einige Strukturen ein, indem wir das Funktionsprinzip<br />

erläutern <strong>und</strong> anschließend die Wirksamkeit der Strukturerweiterung mittels eines<br />

Simulink-Simulationsmodells demonstrieren. Alle Modelle liegen dem Skript auch als File<br />

bei, so daß mit den Strukturen experimentiert werden kann. Zur Vertiefung wird aus<br />

Zeitgründen auf die Literatur verwiesen.<br />

Den folgenden Ausführungen werden kontinuierliche Regelkreise zu Gr<strong>und</strong>e gelegt, alle<br />

Strukturerweiterungen können aber auch auf zeitdiskrete Regelkreise angewendet<br />

werden. Vielfach macht die zeitdiskrete, algorithmische Realisierung diese<br />

Strukturerweiterungen erst möglich, weil sie mit wesentlich weniger Aufwand als durch<br />

analoge Schaltungen machbar sind.<br />

4.1 Störgrößenaufschaltung<br />

Wenn Störungen, die auf einen Regelkreis wirken, aus physikalischen, technischen oder<br />

ökonomischen Gründen gar nicht oder nur mit nicht vertretbarem Aufwand meßbar sind,<br />

stellt ein Regelkreis die einzige Möglichkeit dar, den Einfluß dieser Störungen auf die<br />

Regelgröße zu verhindern bzw. abzumildern.<br />

Läßt sich dagegen eine Störung meßtechnisch erfassen, kann ein aus dieser Messung<br />

direkt abgeleiteter Stelleingriff schneller auf die Regelgröße wirken, weil nicht erst der<br />

Störsignaldurchgang durch die (i.a. träge) Strecke, die Meßeinrichtung <strong>und</strong> dem Regler<br />

zum Stellglied abgewartet werden muß. Eine solche Maßnahme wird Störgrößenaufschaltung<br />

genannt. Sie wird dadurch realisiert, daß z(t) gemessen wird, von einer geeigneten<br />

Korrektureinrichtung beeinflußt <strong>und</strong> dieses Signal invertiert auf die Stelleinrichtung<br />

gegeben wird. In Bild 4.1.1 sind diese Wirkungselemente in der Übertragungsfunktion<br />

GSA (s) zusammengefaßt.<br />

Aus den Ausführungen erkennt man, daß eine Störgrößenaufschaltung nur dann wesentlich<br />

zu einer beschleunigten Störgrößenausregelung beiträgt, wenn die Störung am Anfang<br />

4.1


oder weit vorn in die Strecke eingreift. (Eine Störung am Ausgang der Strecke hat in ihrem<br />

Signalweg zum Stellglied nur die Meßeinrichtung <strong>und</strong> den Regler <strong>und</strong> nicht die<br />

verzögernde Strecke zu durchlaufen.)<br />

W(s)<br />

-<br />

G (s)<br />

R<br />

-<br />

4.2<br />

G (s)<br />

SA<br />

G (s)<br />

S1<br />

G R (s) : Regler<br />

G S (s) = G S1 (s) . G S2 (s) : Regelstrecke<br />

Z(s)<br />

G M (s) : Meßeinrichtung<br />

G SA (s) : Störgrößenaufschaltung<br />

Bild 4.1.1 : Regelkreis mit Störgrößenaufschaltung<br />

G (s)<br />

S2<br />

G (s)<br />

M<br />

Mit Hilfe der Berechnungsregeln für gekoppelte Übertragungssysteme /1/ läßt sich die<br />

Regelkreisordnung nach Bild 4.1.1 wie folgt modellieren<br />

( ) ( ) ( ) ( )<br />

( ) ( ) ( )<br />

( ) ( )<br />

( ) ( ) ( )<br />

GS2 s − GSAs ⋅GS1s ⋅GS2s GRs ⋅GSs<br />

Y( s ) = ⋅ Z( s ) + ⋅W(<br />

s ) .<br />

1 + G s ⋅G s ⋅ G s 1 + G s ⋅G s ⋅G<br />

s<br />

R S M R S M<br />

Y(s)<br />

(4.1.1)<br />

Zunächst erkennt man, daß das Stabilitätsverhalten des Regelkreises von der<br />

Störgrößenaufschaltung G SA (s) nicht beeinflußt wird (G SA (s) trägt nichts zum Nenner-<br />

polynom des Regelkreises bei). Da auch G SA (s) im zweiten Summenterm von (4.1.1) nicht<br />

auftritt, wird auch das Führungsverhalten des Kreises nicht tangiert.<br />

Um den Einfluß einer Störung Z(s) auf die Regelgröße Y(s) zu verhindern, müßte der erste<br />

Summenterm in (4.1.1) verschwinden. Dies ist der Fall, wenn der Zähler<br />

( ) − ( ) ⋅ ( ) ⋅ ( )<br />

G s G s G s G s = 0<br />

S2 SA S1 S2<br />

wird. Stellt man diese Gleichung nach GSA (s) um, erhält man die Entwurfsvorschrift der<br />

Störgrößenaufschaltung<br />

1<br />

GSA ( s ) = , (4.1.2)<br />

G s<br />

S1<br />

( )


die zum völligen Verschwinden des Störeinflusses auf die Regelgröße führen würde.<br />

Da Regelstrecken, bzw. Regelstreckenteile i.a. global proportionales oder global integra-<br />

les Verhalten mit Verzögerungen aufweisen<br />

V V<br />

G ( s ) = ; G ( s ) = ,<br />

� �<br />

S1 S1<br />

S1 S1<br />

( 1 + sT1)( 1 + sT 2) s 1 + sT1 1 + sT 2<br />

4.3<br />

( )( )<br />

muß G SA (s) nach (4.1.2) vorhaltendes, bzw. differenzierend vorhaltendes Übertragungs-<br />

verhalten aufweisen. Da solche Übertragungsglieder bekanntlich nicht gerätetechnisch<br />

realisiert werden können, müssen sie durch D−Glieder oder Vorhaltglieder mit Reali-<br />

sierungszeitkonstanten angenähert werden. Die Realisierungszeitkonstanten werden<br />

dabei so klein gewählt, wie es ein übersteuerungsfreies Ansteuern des Stellgliedes<br />

erlaubt.<br />

Häufig begnügt man sich auch schon mit einer statischen Störgrößenaufschaltung, d.h.<br />

man wählt<br />

1<br />

GSA ( s ) = V SA = , (4.1.3)<br />

V<br />

S1<br />

wobei VS1 der stationäre Verstärkungsfaktor von GS1 (s) ist. Der Restfehler, welcher von<br />

der Störgrößenaufschaltung nicht beseitigt werden kann, wird vom Regelkreis ausgeregelt.<br />

Den vorangehenden Ausführungen kann man entnehmen, daß eine Störgrößenaufschaltung<br />

bei jedem Angriffspunkt einer meßbaren Störung (am Eingang der Strecke,<br />

in die Strecke <strong>und</strong> am Ausgang der Strecke) realisierbar ist. Das Übertragungsglied<br />

GSA (s) muß dann nur wie folgt angesetzt werden:<br />

• Störung am Eingang der Strecke:<br />

• Störung in die Strecke:<br />

• Störung am Ausgang der Strecke:<br />

GSA ( s)<br />

= 1<br />

1<br />

GSA( s)<br />

=<br />

G ( s)<br />

S1<br />

1<br />

GSA( s)<br />

=<br />

GS( s)<br />

.<br />

Das folgende Simulink-Simulationsmodell "stoer1.mdl" (Bild 4.1.2a) simuliert eine solche<br />

Störgrößenaufschaltung. Die Störung greift in die Strecke ein.


Der obere Regelkreis beinhaltet die vorangehend beschriebene Strukturerweiterung, der<br />

untere ist nur als Standard-Reglekreis ausgeführt <strong>und</strong> dient zum Vergleich der<br />

Sprungantworten mit <strong>und</strong> ohne Strukturerweiterung. Zur Simulation wurden folgende<br />

Randbedingungen gewählt:<br />

• Integrationsalgorithmus : Runge/Kutta<br />

• Beobachtungintervall-Dauer: 20<br />

• Rechenschrittweite: 0.1<br />

• Führungssprung zum Zeitpunkt t=0, Amplitude 1<br />

• Störsprung zum Zeitpunkt t=10; Amplitude 1<br />

Alle anderen Simulations-Parameter sind der Simulations-Struktur entnehmbar.<br />

Führungssprung<br />

+<br />

-<br />

Sum<br />

+<br />

-<br />

Sum4<br />

1.5*2s+1<br />

s<br />

PI-Regler<br />

1.5*2s+1<br />

s<br />

PI-Regler 1<br />

-<br />

+<br />

Sum1<br />

s+1<br />

0.1s+1<br />

GSA(s)<br />

1<br />

s+1<br />

Gs1(s)<br />

1<br />

s+1<br />

Gs1(s) 1<br />

4.4<br />

Störsprung<br />

+<br />

Sum2<br />

+<br />

Sum6<br />

1<br />

1<br />

s+1<br />

Gs2(s)<br />

s+1<br />

Gs2(s)1<br />

Mux<br />

u(t)<br />

Mux y(t)<br />

Bild 4.1.2a : Simulink-Simulationsstruktur "stoer1.mdl": Störgrößenaufschaltung<br />

einer gemessenen Störung<br />

Das Bild 4.1.2b stellt links das Simualtionsergebnis bei der obigen Parametrierung dar. Die<br />

Störung wird mit Störgrößenaufschaltung deutlich besser ausgeregelt. Sie tritt mit<br />

wesentlich geringerer Amplitude in der Regelgröße auf <strong>und</strong> wird schneller völlig<br />

ausgeregelt. Allerdings stellt sich eine relativ hohe dazugehörige Stellamplitude u(t) ein,<br />

die in Bild 4.2.1b, rechts dargestellt ist.


Bild 4.1.2b : Simulationsergebnis von "stoer1.mdl": Störgrößenaufschaltung<br />

einer gemessenen Störung<br />

Weitere Einzelheiten zur Störgrößenaufschaltung, gerätetechnische Beispiele <strong>und</strong><br />

Beispielrechnungen findet der Leser in /3/, /5/ <strong>und</strong> /6/.<br />

4.1.1 Störgrößenaufschaltung bei nicht meßbarer Störgröße <strong>und</strong> unbekanntem<br />

Störort<br />

Nach den Ausführungen im vorangegangenen Kapitel können die positiven Effekte einer<br />

Störgrößenaufschaltung nur dann genutzt werden, wenn die Störgröße meßbar <strong>und</strong> der<br />

Störort bekannt ist. Wir wollen im Folgenden einen Ansatz zur Störgrößenaufschaltung<br />

betrachten, wo beide Bedingungen nicht erfüllt sein müssen:<br />

Nach Kapitel 2.2.3 kann man den Angriffspunkt einer Störung immer an den Ausgang der<br />

Strecke modellieren:<br />

Diese Störung<br />

Bild 4.1.3 : Modellierung des Störangriff am Ausgang der Strecke<br />

∗<br />

Z ( s) = G ( s) ⋅Z(<br />

s)<br />

( 414<br />

. . )<br />

Z<br />

4.5


läßt sich, wie im Folgenden gezeigt wird, bei bekannter Übertragungsfunktion der Strecke<br />

G S (s), des Reglers G R (s) <strong>und</strong> der Meßeinrichtung G M (s), aus leicht meßbaren<br />

Regelkreissignalen berechnen: Mit<br />

kann man Y M (s) aus<br />

L( s) = G ( s) ⋅G ( s) ⋅ G ( s)<br />

R S M<br />

Ls<br />

Y s<br />

Ls Ws<br />

( ) GM( s)<br />

M(<br />

) = ( ) + Gz( s) ⋅ Z( s)<br />

( 415 . . )<br />

1+ ( ) 1+<br />

Ls ( )<br />

bestimmen. Diese Gleichung kann mit (4.1.4) nach Z*(s) umgestellt werden:<br />

L(s)<br />

Y M(s)<br />

− ⋅W(s)<br />

∗<br />

1+ L(s) Y M(s)<br />

⋅ ( 1+ L(s) ) − L(s) ⋅W(s)<br />

Z(s) = = =<br />

G M(s) G M(s)<br />

1+ L(s)<br />

�������<br />

E(s)<br />

Y M(s) + Y M(s)L(s)<br />

− L(s) ⋅W(s)<br />

Y M(s) − L(s) ⋅( W(s) − Y M(s)<br />

)<br />

= =<br />

G (s) G (s)<br />

=<br />

M M<br />

Y M(s)<br />

− L(s) ⋅E(s)<br />

. (4.1.6)<br />

G (s)<br />

M<br />

Modelliert man nun L*(s)=L(s) <strong>und</strong> G* M(s)=G M(s) erhält man eine Meßgleichung für die<br />

Störgröße Z*(s), die i.a. auch immer leicht realisierbar ist, da G M(s) bei einem sinnvoll<br />

ausgelegten Regelkreis immer in guter Näherung proportional wirkt.<br />

Bild 4.1.4 : Struktur zur Messung der Störung Z * (s)<br />

4.6


Aus dem Bild ist deutlich zu erkennen, daß die Meßgleichung leicht algorithmisch im<br />

Regler realisiert werden kann, weil beide Meßgrößen e(t) <strong>und</strong> y M(t) im Regler verfügbar<br />

sind. Die indirekt gemessene Störgröße Z*(s) hat nach dem durchgerechneten Ansatz<br />

immer einen fiktiven Störangriff am Ausgang der Strecke, so daß immer folgende<br />

Störgrößenaufschaltung gewählt werden muß (Bild 4.1.5).<br />

Bild 4.1.5 : Störgrößenaufschaltung bei nicht direkt meßbarer<br />

Störgröße <strong>und</strong> unbekanntem Störort<br />

Da der Störangriff an den Ausgang der Strecke modelliert werden muß, ist wegen der<br />

Verzögerung der Strecke die Störgrößenaufschaltung nicht sehr wirksam. Durch Erhöhung<br />

der Verstärkung in G SA(s) kann dies aber (bei Zuwachs der Stellamplitude) ausgeglichen<br />

werden.<br />

Die Meßgleichung (4.1.6) wurde vom Autor entwickelt <strong>und</strong> an Hand einiger<br />

Simulationsläufe getestet. Da die Meßgleichung <strong>und</strong> die Störgrößenaufschaltung mit den<br />

restlichen Regelkreisgliedern Kreisstrukturen bilden, kommt es bei Strecken höherer<br />

Ordnung ( n > 2 ) zu Stabilitätsproblemen. Dieser Aspektmuß noch tiefer analysiert<br />

werden.<br />

Das folgende Simulink-Simulationsmodell "stoer2.mdl" (Bild 4.1.6a) simuliert eine solche<br />

Störgrößenaufschaltung. Die Störung greift in die Strecke ein.<br />

Der obere Regelkreis beinhaltet die vorangehend beschriebene Strukturerweiterungen, der<br />

untere ist nur als Standard-Reglekreis ausgeführt <strong>und</strong> dient zum Vergleich der<br />

Sprungantworten mit <strong>und</strong> ohne Strukturerweiterung. Zur Simulation wurden folgende<br />

Randbedingungen gewählt:<br />

4.7


• Integrationsalgorithmus : Runge/Kutta<br />

• Beobachtungintervall-Dauer: 20<br />

• Rechenschrittweite: 0.1<br />

• Führungssprung zum Zeitpunkt t=0, Amplitude 1<br />

• Störsprung zum Zeitpunkt t=10; Amplitude 1<br />

Alle anderen Simulations-Parameter sind der Simulationsstruktur entnehmbar.<br />

Führungssprung<br />

+<br />

-<br />

Sum<br />

+<br />

-<br />

Sum4<br />

1.5*2s+1<br />

s<br />

PI-Regler<br />

1.5*2s+1<br />

s 3+2s 2+s<br />

Modell des<br />

offenen Kreises<br />

1.5*2s+1<br />

s<br />

PI-Regler 1<br />

-<br />

+<br />

Sum1<br />

10*1s+1<br />

0.1s+1<br />

GSA(s)<br />

1<br />

s+1<br />

Gs1(s)<br />

+<br />

-<br />

Sum3<br />

1<br />

s+1<br />

Gs1(s) 1<br />

4.8<br />

Störsprung<br />

+<br />

Sum2<br />

+<br />

Sum6<br />

1<br />

s+1<br />

Gs2(s)<br />

1<br />

1<br />

1/GM(s)<br />

1<br />

s+1<br />

Gs2(s)1<br />

Mux<br />

u(t)<br />

Mux y(t)<br />

Bild 4.1.6a : Simulink-Simulationsstruktur "stoer2.mdl": Störgrößenaufschaltung<br />

einer indirekt gemessenen Störung<br />

Bild 4.1.6b : Simulationsergebnis von "stoer2.mdl": Störgrößenaufschaltung<br />

einer indirekt gemessenen Störung


Die Störgrößenaufschaltung mit indirekt gemessener Störgröße zeigt ähnlich gute<br />

Störunterdrückungs-Ergebnisse wie bei der direkt gemessenen Störgröße. Problematisch<br />

kann auch hier wieder die Stellgröße (dargestellt in Bild 4.1.6.b, rechts) werden. Dies ist<br />

aber unabhängig von der Art der Störmessung.<br />

4.2 Vorsteuerung<br />

Während man mit Hilfe einer Störgrößenaufschaltung die Ausregelung meßbarer<br />

Störungen maßgeblich beschleunigen kann, ist man mit einer sog. Vorsteuerung G V(s) in<br />

der Lage, das Folgeverhalten eines Regelkreises bei einer Führungsgrößenänderung zu<br />

verbessern. Eine Vorsteuerung wird dadurch realisiert, daß von der Führungsgröße über<br />

eine geeignete Korrektureinrichtung direkt die Stellgröße beeinflußt wird. Im folgenden Bild<br />

4.2.1 ist eine solche Vorsteuerung in Form der Übertragungsfunktion G V(s) dargestellt.<br />

W(s)<br />

-<br />

E(s)<br />

G (s)<br />

V<br />

G (s)<br />

R<br />

Y (s)<br />

M<br />

4.9<br />

G (s)<br />

S<br />

G (s)<br />

M<br />

G R (s): Regler; G S (s): Strecke<br />

Z(s)<br />

G (s)<br />

G V (s): Vorsteuerung; G Z (s): Störfilter<br />

G M (s): Meßeinrichtung<br />

Bild 4.2.1 : Regelkreis mit Vorsteuerung<br />

Die Regelkreisanordnung nach Bild 4.2.1 läßt sich durch folgende Übertragungsfunktion<br />

beschreiben<br />

( ) ⋅ ( ) + ( ) ⋅ ( )<br />

( ) ( ) ( )<br />

Z<br />

Y(s)<br />

( )<br />

( )<br />

( ) ( )<br />

GV s GS s GR s GS s GZ s<br />

Y( s ) = ⋅ W( s ) + ⋅Z(<br />

s ) .<br />

1 + G s ⋅G s ⋅ G s 1 + G s ⋅G s ⋅G<br />

s<br />

R S M R S M<br />

(4.2.1)<br />

Auch hier erkennt man, daß das Stabilitätsverhalten des Regelkreises von der<br />

Vorsteuerung nicht beeinflußt wird. Da G V(s) auch im zweiten Summenterm von (4.2.1)<br />

nicht auftritt, wird auch das Störverhalten von der Vorsteuerung nicht berührt.<br />

Zur Dimensionierung der Vorsteuerung G V(s) geht man von der Maximalforderung aus,<br />

nämlich daß die Regelgröße Y(s) der Führungsgröße W(s) direkt folgen soll. Dies ist der


Fall, wenn für alle Zeiten t > 0 y M(t) = w(t) (d.h. e(t) = 0) ist. Y M(s) <strong>und</strong> W(s) stehen in<br />

folgender Beziehung<br />

M<br />

( )<br />

( ) ⋅ ( ) ⋅ ( ) + ( ) ⋅ ( ) ⋅ ( )<br />

1 + G ( s) ⋅G( s) ⋅G(<br />

s)<br />

GV s GS s GM s GR s GS s GM s<br />

Y s = ⋅ W s . (4.2.2)<br />

R S M<br />

Die Bedingung Y M(s) = W(s) ist erfüllt, wenn in (4.2.2) der Zähler gleich dem Nenner wird.<br />

Bei genauem Hinsehen ist dies der Fall, wenn der Ausdruck<br />

( ) ⋅ ( ) ⋅ ( )<br />

G s G s G s = 1<br />

V S M<br />

wird. Damit ist die Bestimmungsgleichung für die Vorsteuerung gef<strong>und</strong>en<br />

1<br />

GV( s ) = , (4.2.3)<br />

G s G s<br />

( ) ⋅ ( )<br />

S M<br />

die zu einem Folgeverhalten des Regelkreises y(t) = w(t) für alle t > 0 führt. Da die Strecke<br />

G S(s) i.a. wieder global proportionales oder integrales Verhalten mit Verzögerung<br />

aufweist, hat eine Vorsteuerung G V(s) ähnliche Realisierungsbedingungen wie eine<br />

Störgrößenaufschaltung G SA(s). Auch hier können schon mit einer statischen<br />

Vorsteuerung<br />

1<br />

GV ( s ) = V V = , (4.2.4)<br />

V ⋅ V<br />

S M<br />

wobei V S <strong>und</strong> V M die Verstärkungsfaktoren der Strecke <strong>und</strong> der Meßeinrichtung sind,<br />

verbesserte Führungseigenschaften erreicht werden.<br />

Das folgende Simulink-Simulationsmodell "vsteuer.mdl" (Bild 4.2.2) simuliert eine solche<br />

Vorsteuerung.<br />

Der obere Regelkreis beinhaltet die vorangehend beschriebene Strukturerweiterung, der<br />

untere ist nur als Standard-Reglekreis ausgeführt <strong>und</strong> dient zum Vergleich der<br />

Sprungantworten mit <strong>und</strong> ohne Strukturerweiterung. Zur Simulation wurden folgende<br />

Randbedingungen gewählt:<br />

• Integrationsalgorithmus : Runge/Kutta<br />

• Beobachtungintervall-Dauer: 20<br />

4.10<br />

( )


• Rechenschrittweite: 0.1<br />

• Führungssprung zum Zeitpunkt t=0, Amplitude 1<br />

• Störsprung zum Zeitpunkt t=10; Amplitude 1<br />

Alle anderen Simulations-Parameter sind der Simulations-Struktur entnehmbar.<br />

Führungssprung<br />

s 2+2s+1<br />

0.01s 2+0.2s+1<br />

+<br />

-<br />

Sum<br />

+<br />

-<br />

Sum4<br />

Transfer Fcn<br />

1.5*2s+1<br />

s<br />

PI-Regler<br />

1.5*2s+1<br />

s<br />

PI-Regler 1<br />

+<br />

Sum1<br />

1<br />

s+1<br />

1<br />

s+1<br />

Gs1(s)<br />

Gs1(s) 1<br />

4.11<br />

Störsprung<br />

+<br />

Sum2<br />

+<br />

Sum6<br />

1<br />

s+1<br />

Gs2(s)<br />

1<br />

s+1<br />

Gs2(s)1<br />

Bild 4.2.2a : Simulink-Simulationsstruktur "vsteuer.mdl": Aufschaltung<br />

eines Vorsteuersignals<br />

Bild 4.2.2b : Simulationsergebnis von "vsteuer.mdl": Aufschaltung<br />

eines Vorsteuersignals<br />

Im Simulationsergebnis ist die beschleunigende Wirkung einer Vorsteuerung bei Führung<br />

deutlich zu erkennen. Das Störverhalten wird nicht beeinflußt. Nachteilig kann sich auch<br />

hier die in der Nähe von t=0 relativ große dazugehörige Stellamplitude (vergleiche Bild<br />

4.2.2b), rechts) auswirken.<br />

Mux<br />

Mux<br />

u(t)<br />

y(t)


4.3 Regelkreise mit Hilfsregelgröße<br />

Gelingt es, in der Regelstrecke neben der Regelgröße eine weitere Zwischengröße zu<br />

messen, die wesentlichen Einfluß auf die Regelgröße hat, kann man mit einem dem<br />

Hauptregekreis unterlagerten Hilfsregelkreis die Regelgüte verbessern. Man nennt die<br />

gemessene Zwischengröße dann Hilfsregelgröße y H(t).<br />

Das folgende Bild 4.3.1 zeigt die i.a. genutzte Struktur eines solchen unterlagerten<br />

Hilfsregelkreises.<br />

Bild 4.3.1 : Ein Regelkreis mit unterlagertem Hilfregelkreis<br />

Sinnvoll ist diese Struktur, wenn bekannt ist, daß eine maßgebliche Störung in den<br />

geplanten Hilfsregelkreis eingreift. Bei richtiger Dimensionierung des Hilfsreglers G H(s)<br />

kann die Störung häufig schon wesentlich im Hilfsregelkreis unterdrückt werden. Das<br />

Führungsverhalten des Hauptkreises kann sich dabei etwas verschlechtern.<br />

Unterlagerte Hilfsregelkreise beeinflussen die Stabilität des Gesamtregelkreises. Dies ist<br />

wiederum zu erkennen, wenn man die Führungs- <strong>und</strong> Störungs-Übertragungsfunktion<br />

berechnet<br />

G s<br />

Ys<br />

G s G s G s G s G s Zs<br />

G s G s G s<br />

G s G s G s G s G s Ws<br />

S2<br />

( )<br />

( ) = ⋅ ( ) + ...<br />

1+<br />

R( ) ⋅ S1( ) ⋅ S2( ) + H( ) ⋅ S1(<br />

)<br />

R( ) ⋅ S1( ) ⋅ S2(<br />

)<br />

... +<br />

⋅ ( ). ( 431 . . )<br />

1+<br />

( ) ⋅ ( ) ⋅ ( ) + ( ) ⋅ ( )<br />

R S1 S2 H S1<br />

In beiden Übertragungsfunktionen steht GH(s) im Nenner <strong>und</strong> beeinflußt somit die Pollage<br />

<strong>und</strong> damit die Stabilität des Gesamtregelkreises.<br />

Leider ist der Entwurf von Hilfsregelkreisen nicht einfach zu verallgemeinern. Der Entwurf<br />

des Hilfsreglers hängt weitgehend von der Problemstellung ab (Globalverhalten der<br />

Strecke, Streckenstruktur, Störangriffsort, usw.). Hilfregelkreise müssen deshalb auf ein<br />

vorliegendes Problem speziell zugeschnitten werden.<br />

Das folgende Simulink-Simulationsmodell "hilfsr.mdl" (Bild 4.3.2a) simuliert einen solchen<br />

unterlagerten Hilfsregelkreis.<br />

4.12


Der obere Regelkreis beinhaltet die vorangehend beschriebene Strukturerweiterung, der<br />

untere ist nur als Standard-Reglekreis ausgeführt <strong>und</strong> dient zum Vergleich der<br />

Sprungantworten mit <strong>und</strong> ohne Strukturerweiterung. Zur Simulation wurden folgende<br />

Randbedingungen gewählt:<br />

• Integrationsalgorithmus : Runge/Kutta<br />

• Beobachtungintervall-Dauer: 100<br />

• Rechenschrittweite: 0.1<br />

• Führungssprung zum Zeitpunkt t=0, Amplitude 1<br />

• Störsprung zum Zeitpunkt t=50; Amplitude 1<br />

Alle anderen Simulations-Parameter sind der Simulations-Struktur entnehmbar.<br />

Störsprung<br />

z(t)<br />

Führungssprung<br />

w(t)<br />

+<br />

-<br />

Sum1<br />

+<br />

-<br />

Sum4<br />

0.5*10s+1<br />

s<br />

PI-Regler<br />

0.5*10s+1<br />

s<br />

PI-Regler1<br />

+<br />

-<br />

Sum2<br />

1<br />

10s+1<br />

Gs1(s)<br />

1*10s+1<br />

s+1<br />

GH(s)<br />

1<br />

10s+1<br />

Gs1(s)1<br />

4.13<br />

+<br />

Sum3<br />

+<br />

Sum5<br />

1<br />

s 2+2s+1<br />

Gs2(s)<br />

1<br />

s 2+2s+1<br />

Gs2(s)1<br />

Bild 4.3.2a : Simulink-Simulationsstruktur "hilfsr.mdl": Regelgüteverbesserung<br />

durch einen Hilfsregelkreis<br />

Bild 4.3.2b : Simulationsergebnis von "hilfsr.mdl": Regelgüteverbesserung<br />

durch einen Hilfsregelkreis<br />

Mux<br />

Mux<br />

y(t)


Auch in der Simulation ist die positive Wirkung des entworfenen unterlagerten Hilfs-<br />

regelkreises deutlich zu erkennen. Sowohl bei Führung, als auch bei einer Störung wird<br />

schneller der stationäre Endwert erreicht. In /3/, /5/ <strong>und</strong> /6/ werden technologische<br />

Beispiele aufgeführt, die Regelkreise mit Hilfs-regelgröße beinhalten.<br />

4.4 Kaskadenregelungen<br />

Besitzt die Regelstrecke eine Kettenstruktur <strong>und</strong> lassen sich an den Ausgängen der<br />

einzelnen Übertragungsglieder geeignete Größen messen (die wiederum maßgeblichen<br />

Einfluß auf die Regelgröße haben müssen), ist es oft möglich, mit einer mehrfachen<br />

Überlagerungsstruktur von Regelkreisen (Kaskaden) bessere Regelergebnisse<br />

herbeizuführen.<br />

W(s)<br />

X1<br />

G R3(s) G R2(s) G R1(s) G S1(s)<br />

G (s)<br />

4.14<br />

G (s)<br />

M1<br />

Regelstrecke<br />

G (s)<br />

S2 S3<br />

G M2(s)<br />

Bild 4.4.1 Kaskadenregelkreis mit zwei unterlagerten Regelkreisen<br />

2<br />

G (s)<br />

M3<br />

Im Gegensatz zu Regelkreisen mit Hilfsregelgröße befinden sich in dieser Kaskaden<br />

Struktur die Regler nicht im Rückführzweig der unterlagerten Kreise, sondern wie vom<br />

Standard-Regelkreis gewohnt, in Reihe zur Regelstrecke.<br />

Trotz des verhältnismäßig komplizierten Aufbaus wird der Reglerentwurf gut<br />

durchschaubar, wenn die Kaskadenstruktur von innen nach außen bearbeitet wird. D.h.,<br />

zuerst wird der innerste Regelkreis (GR1(s), GS1(s), GM1(s)) nach den bekannten<br />

Methoden optimiert. Die sich daraus ergebende Führungsübertragungsfunktion des<br />

innersten Kreises ist dann Teil der Streckenübertragungsfunktion des nächsten<br />

übergeordneten Kreises, den man auch wieder nach den bekannten Methoden optimiert.<br />

So wird fortgefahren, bis die gesamte Struktur optimiert ist.<br />

Die inneren Kreise können bei diesem Entwurf möglichst schnell gemacht werden (P−,<br />

PD−Regler). Im äußersten Kreis sollte zur Vermeidung von bleibender Regelabweichung<br />

ein I−Anteil enthalten sein.<br />

Y(s)


4.5 Totzeitkompensation<br />

Ein Regelkreis mit einer totzeitbehafteten Strecke<br />

Bild 4.5.1 : Ein Regelkreis mit totzeitbehafteter Strecke<br />

der folgende Führungsübertragungsfunktion besitzt<br />

− sT<br />

GR( s) ⋅GS( s) ⋅e<br />

TYW ( s)<br />

=<br />

1+<br />

G ( s) ⋅G ( s) ⋅e<br />

R S<br />

4.15<br />

t<br />

− sT<br />

t<br />

, ( 451 . . )<br />

führt i.a. auf einen langsamen Einschwingvorgang nach einer Störung oder einer<br />

Führungsgrößenänderung, weil sich im Nenner der Übertragungsfunktion, die die Dynamik<br />

des Kreises bestimmt, ein Totzeit-Term auftritt. Mit Hilfe eines Kompensations-gliedes<br />

G K(s), das im Regelkreis wie folgt angeordnet ist,<br />

Bild 4.5.2 : Zum Entwurf einer Totzeit-Kompensation<br />

kann der Einfluß der Totzeit erheblich reduziert werden. Fordert man, daß die Parallel-<br />

schaltung von Strecke mit Totzeit G S(s)⋅e -sT <strong>und</strong> dem Kompensationsglied G K(s)<br />

totzeitfrei ist, kann man dies wie folgt formulieren:<br />

t<br />

G ( s) ⋅ e + G ( s) = G ( s).<br />

( 452 . . )<br />

S<br />

− sT<br />

K S<br />

Nach Umstellung von (4.5.2) nach G K(s) kann dann die Übertragungsfunktion dieses<br />

Kompensationsgliedes berechnet werden


K S<br />

− sTt<br />

( )<br />

G (s) = G (s) ⋅ 1− e (4.5.3)<br />

Daraus ergibt sich folgende Regelkreis-Struktur:<br />

Bild 4.5.3 : Ein Regelkreis mit Totzeit-Kompensation<br />

Bildet man von dieser Struktur z.B. die Führungsübertragungsfunktion<br />

− sTt − sTt<br />

( ( ) )<br />

R S S<br />

S R<br />

− sT<br />

t<br />

4.16<br />

− sT<br />

t<br />

G R(s) ⋅G S(s)<br />

⋅e<br />

T YW (s) =<br />

1+ G (s) ⋅ G (s) ⋅ e + G (s) ⋅ 1− e<br />

G R(s) ⋅G S(s)<br />

⋅e<br />

=<br />

1+ G (s) ⋅G<br />

(s)<br />

, (4.5.4)<br />

erkennt man, daß die Totzeit nur noch im Zähler der Übertragungsfunktion auftaucht <strong>und</strong><br />

sich damit als reine Verzögerung der Sprungantwort bemerkbar macht <strong>und</strong> nicht mehr wie<br />

in (4.5.1) die gesamte Kreisdynamik beeinflußt <strong>und</strong> damit langsam macht. Man kann<br />

zeigen, daß sich dieses Verhalten auch bei Störungen einstellt, egal wo der Störort in der<br />

Strecke liegt. Als Gr<strong>und</strong>lage zum Reglerentwurf wird ausschließlich die<br />

Übertragungsfunktion der Strecke ohne Totzeit benutzt.<br />

Das folgende Simulink-Simulationsmodell "tkomp.mdl" (Bild 4.5.4a) simuliert eine solche<br />

Totzeitkompensation. Der obere Regelkreis beinhaltet die vorangehend beschriebene<br />

Strukturerweiterungen, der untere ist nur als Standard-Reglekreis ausgeführt <strong>und</strong> dient<br />

zum Vergleich der Sprungantworten mit <strong>und</strong> ohne Strukturerweiterung. Zur Simulation<br />

wurden folgende Randbedingungen gewählt:<br />

• Integrationsalgorithmus : Runge/Kutta<br />

• Beobachtungintervall-Dauer: 50<br />

• Rechenschrittweite: 0.1<br />

• Führungssprung zum Zeitpunkt t=0, Amplitude 1<br />

• Störsprung zum Zeitpunkt t=25; Amplitude 1


Alle anderen Simulations-Parameter sind der Simulations-Struktur entnehmbar.<br />

Störsprung<br />

Führungssprung<br />

+<br />

-<br />

Sum<br />

+<br />

-<br />

Sum4<br />

1.5*4s+1<br />

s<br />

PI-Regler<br />

0.24*4s+1<br />

s<br />

PI-Regler 2<br />

1<br />

s 2+2s+1<br />

Strecke<br />

1<br />

s 2+2s+1<br />

Streckenmodell<br />

1<br />

s 2+2s+1<br />

Strecke 2<br />

Strecken-<br />

Totzeit Tt=2<br />

Totzeitmodell<br />

Tt=2<br />

4.17<br />

+<br />

-<br />

Sum1<br />

Streckentotzeit<br />

Tt=2<br />

+<br />

Sum3<br />

+<br />

Sum5<br />

+ + Sum2<br />

Bild 4.5.4a : Simulink-Simulationsstruktur "tkomp.mdl": Totzeitkompensation<br />

Bild 4.5.4b : Simulationsergebnis von "tkomp.mdl": Totzeitkompensation<br />

Zur Simulation wurden zwei Regler entworfen, die mit <strong>und</strong> ohne Totzeitkompensation auf<br />

eine Überschwingweite von M P=0,2 führen. Die Vorhaltzeitkonstanten wurden dabei gleich<br />

groß gewählt. Während sich ohne Totzeitkompensation ein stark schwingender<br />

Einschwingvorgang einstellt, geht dieser mit Totzeitkompensation wesentlich zurück <strong>und</strong><br />

die stationären Endwerte werden wesentlich schneller erreicht.<br />

Es muß ausdrücklich darauf hingewisen werden, daß es bei Strecken höherer Ordnung<br />

<strong>und</strong> auch bei noch so geringen Überteuerungen innerhalb des Regelkreises zu<br />

Stabilitätsproblemen kommen kann.<br />

Mux<br />

Mux<br />

y(t)


4.6 Regler mit "Anti−Reset−Windup" (ARW)<br />

Obwohl schon beim Reglerentwurf darauf geachtet werden sollte, daß die Stelleinrichtung<br />

nicht übersteuert wird, kommt es insbesondere bei Reglern mit Integralanteil vor, daß eine<br />

am Reglereingang anstehende Regelabweichung e(t), die Stellgröße u(t) soweit auf− (bzw.<br />

ab−) integriert, daß die Stelleinrichtung in die Begrenzung getrieben wird. Wechselt die<br />

Regelabweichung das Vorzeichen, braucht der I−Anteil im Regler sehr lange Zeit, um aus<br />

dieser Begrenzung herauszukommen. Durch diesen "Verzögerungseffekt" in der<br />

Stelleinrichtung kommt es zu einem größeren, langanhaltenden Überschwingen der<br />

Regelgröße. Den Aufintegrationseffekt nennt man in der angelsächsischen Literatur<br />

"Reset−Windup".<br />

In der Literaturstelle /11/ wird eine Strukturerweiterung des Reglers vorgeschlagen, die<br />

beim Erreichen der Stellgliedbegrenzung das Eingangssignal des Reglers e(t) vom<br />

Integratorteil des Reglers trennt <strong>und</strong> auf Null setzt.<br />

G R(s) VR 1<br />

sTN<br />

4.18<br />

k = 1 für u() t < u<br />

k = 0 für u() t ≥u<br />

⎛ 1 ⎞<br />

= ⋅ ⎜ + ⎟<br />

⎝ ⎠<br />

max<br />

max<br />

Bild 4.6.1 : Ein PI-Regler mit "Anti-Reset-Wind-Up"<br />

Dadurch bleibt das Integrator−Ausgangssignal konstant <strong>und</strong> treibt das Stellglied nicht noch<br />

weiter in die Begrenzung. Der Eingang des Integratorteils des Reglers wird dann wieder an<br />

das Eingangssignal e(t) gelegt, wenn der P− oder D−Anteil des Reglers das Stellglied<br />

wieder aus der Begrenzung herausgefahren haben.<br />

Das folgende Simulink-Simulationsmodell "arw.mdl" (Bild 4.6.2a) simuliert einen solchen<br />

Regelkreis mit "Anti-Reset-Wind-Up"Schaltung an einem PI-Regler.


Der obere Regelkreis beinhaltet die vorangehend beschriebene Strukturerweiterungen, der<br />

untere ist nur als Standard-Reglekreis ausgeführt <strong>und</strong> dient zum Vergleich der<br />

Sprungantworten mit <strong>und</strong> ohne Strukturerweiterung. Zur Simulation wurden folgende<br />

Randbedingungen gewählt:<br />

• Integrationsalgorithmus : Runge/Kutta<br />

• Beobachtungintervall-Dauer: 10<br />

• Rechenschrittweite: 0.1<br />

• Führungssprung zum Zeitpunkt t=0, Amplitude 1<br />

• Störsprung zum Zeitpunkt t=5; Amplitude -0,5<br />

Alle anderen Simulations-Parameter sind der Simulations-Struktur entnehmbar.<br />

w(t)<br />

+<br />

-<br />

Sum1<br />

+<br />

-<br />

Sum4<br />

3.3<br />

VR<br />

3.3<br />

VR_<br />

Schalter<br />

0.917<br />

1/TN<br />

0.917<br />

Switch<br />

*<br />

Product<br />

1/s<br />

I-Anteil_<br />

1/s<br />

I-Anteil<br />

0<br />

0<br />

Abs<br />

Abs<br />

1<br />

1<br />

+<br />

Sum<br />

+<br />

Sum5<br />

Begrenzung<br />

bei + - 1<br />

Begrenzung<br />

bei + - 1_<br />

4.19<br />

+<br />

-<br />

Sum2<br />

Mux<br />

Mux<br />

+<br />

-<br />

Sum6<br />

10<br />

Gain3<br />

u(t)<br />

10<br />

Gain5<br />

z(t)<br />

1/s<br />

Integrator1<br />

Regelstrecke<br />

z(t)_<br />

1/s<br />

Integrator3<br />

Regelstrecke_<br />

+<br />

Sum3<br />

+<br />

Sum7<br />

1/s<br />

Integrator2<br />

1/s<br />

Integrator4<br />

Bild 4.6.2a : Simulink-Simulationsstruktur "arw.mdl": Ein mit einem PI-Regler<br />

geregelter Kreis mit "Anti-Reset-Wind-Up"<br />

Bei dieser Simulation wurde eine Stellgrößenschranke von -1 < u(t) < 1 eingestellt. In der<br />

rechten Bildhälfte von Bild 4.6.2.b wird allerdings die Stellgröße, wie sie sich am Ausgang<br />

des Reglers messen läßt, dargestellt. Bedingt durch die Stellgrößenschranke stellt sich<br />

ohne ARW eine recht große Überschwingamplitude der Führungs-Sprungantwort ein. Bei<br />

einem Regler mit ARW wird, solange sich u(t) oberhalb von 1 befindet, der Integrierer<br />

abgeschaltet, so daß die Stellgröße schneller abklingt. Dies macht sich in der Regelgröße<br />

durch einen wesentlich kleineren Überschwinger bemerkbar. Die Störgrößenausregelung<br />

wird hier nicht beeinflußt, weil die Stellgröße sich innerhalb der Schranken des<br />

Aussteuerbereiches von u(t) befindet.<br />

Mux<br />

Mux1<br />

y(t)


Bild 4.6.2b : Simulationergebnis von "arw.mdl": Ein mit einem PI-Regler<br />

geregelter Kreis mit "Anti-Reset-Wind-Up"<br />

4.7 Andere Strukturerweiterungen<br />

In der Literatur /5/, /6/ <strong>und</strong> /12/ werden noch eine Reihe anderer, auch wichtiger<br />

Strukturerweiterungen, z.B.: "Verhältnisregelung", "Ablöseregelung", "Auswahlregelung",<br />

"Regler mit Strukturumschaltung" beschrieben, auf die wir aus Zeitgründen nicht mehr<br />

eingehen wollen.<br />

Es sei daraufhin gewiesen, daß alle Strukturerweiterungen des Standard-Regelkreises, die<br />

im Kapitel 4 erwähnt wurden, auch kombiniert eingesetzt werden können. So werden z.B.<br />

bei der Lageregelung von Roboterarmen nicht nur die Kaskadenstruktur sondern auch die<br />

Störgrößenaufschaltung <strong>und</strong> Vorsteuerungen eingesetzt.<br />

4.20


Literatur<br />

/1/ Ottens, M.<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der Systemtheorie<br />

Vorlesungsskript<br />

TFH-<strong>Berlin</strong>, <strong>Fachbereich</strong> <strong>VI</strong><br />

/2/ Ottens, M.<br />

Praktische Verfahren zur experimentellen Systemidentifikation<br />

Vorlesungsskript<br />

TFH-<strong>Berlin</strong>, <strong>Fachbereich</strong> <strong>VI</strong><br />

/3/ Oppelt, W.<br />

Kleines Handbuch technischer Regelvorgänge<br />

Verlag Chemie, Weinheim/Bergstraße<br />

ab 5. Auflage, 1972<br />

/4/ Töpfer, H. Kriesel, W.<br />

Funktionseinheiten der Automatisierungstechnik<br />

Verlag Technik, <strong>Berlin</strong> (DDR)<br />

ab 1. Auflage ,1988<br />

/5/ Unbehauen, H.<br />

Regelungstechnik I<br />

Friedr. Viehweg u. Sohn, Braunschweig/Wiesbaden<br />

ab 6. Auflage, 1991<br />

/6/ Föllinger , O.<br />

Regelungstechnik<br />

Hüthig Buch Verlag, Heidelberg<br />

ab 6. Auflage, 1990<br />

/7/ Stöcker, H. (Hrsg)<br />

Taschenbuch mathematischer Formeln <strong>und</strong> moderner Verfahren<br />

Verlag Harry Deutsch, Thun, Frankfurt am Main<br />

ab 1. Auflage, 1992<br />

/8/ Günther, M.<br />

Zeitdiskrete Steuerungssysteme<br />

Dr. Alfred Hüthig Verlag, Heidelberg, 1986<br />

/9/ Unbehauen, H.<br />

Regelungstechnik II<br />

Frier. Viehweg u. Sohn, Braunschweig/Wiesbaden<br />

ab 5. Auflage, 1989<br />

I


10/ Isermann, R.<br />

Digitale Regelsysteme, Band I<br />

Springer Verlag, <strong>Berlin</strong>, Heidelberg, ... , Tokyo<br />

ab 2. Auflage, 1987<br />

/11/ J. Böcker, I. Hartmann, Ch. Zwanzig<br />

Nichtlineare <strong>und</strong> adaptive Regelungssysteme<br />

Springer Verlag, <strong>Berlin</strong>, Heidelberg, ... , 1986<br />

/12/ A. Böttiger<br />

Regelungstechnik<br />

R. Oldenbourg Verlag, München, Wien, 1988<br />

/13/ M. Ottens<br />

Einführung in das CAE-Programm Matlab<br />

Vorlesungsskript<br />

TFH-<strong>Berlin</strong>, <strong>Fachbereich</strong> <strong>VI</strong><br />

II


Anhang A: Regelungstechnik-spezifische Matlab-Programme <strong>und</strong><br />

Simulink-Simulations-Strukturen<br />

Auf dem beiliegenden Datenträger befinden sich ein Matlab-Programm <strong>und</strong> eine<br />

Reihe von Simulink-Simulationsmodellen:<br />

polkomp.m: Matalb-Programm zur halbautomatischen, interaktiven Regleroptimierung<br />

nach der Polkompensationsmethode.<br />

Simulink-Simulationsmodelle<br />

stoer1.mdl: Störgrößenaufschaltung einer gemessenen Störung.<br />

stoer2.mdl: Störgrößenaufschaltung einer indirekt gemessenen Störung.<br />

vsteuer.mdl: Aufschaltung eines Vorsteuer-Signals.<br />

hilfsr.mdl: Regelkreis mit unterlagertem Hilfregelkreis.<br />

tkomp.mdl: Totzeitkompensation.<br />

arw.mdl: PI-Regler mit Anti-Reset-Wind-Up.<br />

A1

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