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Im Internet unter: http://www.fuesser.de<br />

Die Rückholung von FFH- und Vogelschutzgebieten<br />

Klaus Füßer<br />

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />

Leipzig


I. Einleitung<br />

Überblick über den Vortrag<br />

II. Konstellationen für ein „Rückholbedürfnis“<br />

Im Internet unter: http://www.fuesser.de<br />

III. Die „Rückholung“ der besonderen Schutzgebiete nach<br />

nationalem Recht<br />

IV. Kompetenzrechtlicher Rahmen auf<br />

Gemeinschaftsebene<br />

V. „Rückholbarkeit“ nach der FFH-Richtlinie<br />

VI. Die Regelung nach der Vogelschutz-Richtlinie<br />

VII. Schlussfolgerungen, Abgesang


I. Einleitung, Anlass<br />

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Warum eine Rückholungsdiskussion? Warum jetzt?<br />

§ Erst abwehrende, dann – zuweilen: bis zum Opportunismus – weite<br />

Haltung bei der Meldung von FFH- und Vogelschutzgebieten; keine<br />

echte „Auswahl“, insbesondere bei FFH-Gebieten<br />

§ Parallel optimistische Fehlvorstellungen darüber, „was alles geht“ in<br />

FFH- und Vogelschutzgebieten<br />

§ Läuterung „nach Westumfahrung Halle“: Natura 2000 doch als<br />

echtes Planungshindernis bzw. Erschwernis?<br />

ØVerschiebung oder Verkleinerung der Gebietskulisse möglich, um<br />

mancherorts fachplanerisch den Raumwiderstand gegen legitime<br />

Nutzungsbedürfnisse des homo sapiens zu verringern?


Fortsetzung: Einleitung, Eingrenzung<br />

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§ Konzentration auf behördliche Verfahren zur<br />

Gebietsrückholung: „Wie und unter welchen<br />

Voraussetzungen ist die Rückholung – wenn von den<br />

Zuständigen politisch gewollt – rechtmässig möglich?“<br />

§ Fokus auf gemeinschaftsrechtlichen Fragen, die das<br />

eigentliche Problem bilden<br />

§ Vorschlag: Diskussion zu „Rückholung“ durch Rechtsschutz<br />

gegen „fehlerhaft ausgewählte Gebiete“ (nachstehend<br />

„Fallgruppe Nr. 1“) als Thema für die Diskussion!


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II. Konstellationen für ein „Rückholbedürfnis“<br />

Fallgruppe Nr. 1 („Auswahlfehler“):<br />

Auswahlkonzept und/oder dessen konkreter Anwendung<br />

fehlerhaft: Gebiet wurde fälschlich, fehlerhaft, räumlich falsch<br />

abgegrenzt bzw. für falsche Arten und/oder Lebensraumtypen<br />

ausgewählt<br />

Fallgruppe Nr. 2 („“nicht zu haltendes“ Gebiet“):<br />

die naturschutzfachliche Qualität eines Gebietes hat sich<br />

negativ verändert (negative Qualitätsänderung)


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Fortsetzung: Fallgruppen eines Rückholbedürfnisses<br />

Fallgruppe Nr. 3 („Entbehrlichkeit des Gebiets“):<br />

im Lichte einer positiven Entwicklung des Netzes Natura 2000<br />

erscheint das betreffende Gebiet für die Erreichung der mit<br />

Natura 2000 verbundenen Ziele nicht mehr erforderlich<br />

Fallgruppe Nr. 4 („nachträglicher Interessenkonflikt“):<br />

überwiegende öffentlichen Interessen sprechen dafür, den<br />

Schutz des Gebietes (doch) als nachrangig anzusehen bzw.<br />

im Lichte der damit verbundenen Nachteile als inopportun


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III. Rechtlicher Rahmen in der Bundesrepublik<br />

§ „Rückholung“ der innerstaatlichen Umsetzungsmaßnahmen<br />

erforderlich, soweit entsprechende abstrakt-generelle<br />

rechtliche Regelung (LSG- oder NSG-VO) erfolgt<br />

§ Zuständigkeit: actus contrarius-Regel; aber beachte<br />

gesetzliche Unterschutzstellung mit<br />

„Entsteinerungsklauseln“, z.B. in RP und SH<br />

§ Materielle Voraussetzungen: Rechtmäßige Ausübung von<br />

Planungsermessen; Grenzen:<br />

- Biotopverbundklausel (vgl. nur § 3 BNatschG)<br />

- Beachtung sonstiger Schutzverpflichtungen, z.B.<br />

aufgrund völkerrechtlicher Verträge<br />

- ggf. andere normierte Einschränkungen (beachte z.B.<br />

§ 29 III NatSchG SH)


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IV. Die formellen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben<br />

Pflicht der Mitgliedsstaaten zur<br />

Ausweisung von<br />

Vogelschutzgebieten nach rein<br />

ornithologischen Kriterien (Art.<br />

4 I, II VS-RL)<br />

gelten unmittelbar nach ihrer<br />

Auswahl als besondere<br />

Schutzgebiete; kein Gemeinschaftsrechtsakt<br />

I. Meldeverfahren<br />

Art. 4 I FFH-RL,<br />

§ 33 I BNatSchG<br />

II. Gebietsauswahl,<br />

Art. 4 II FFH-RL:<br />

„Gebiete von<br />

gemeinschaftlicher<br />

Bedeutung“<br />

Veröffentlichung<br />

als „Entscheidung“<br />

im Amtsblatt der EG<br />

= verbindlicher Rechtsakt


Fortsetzung: Formelle Voraussetzungen<br />

VS- Gebiet<br />

„Die Mitgliedstaaten übermitteln<br />

der Kommission alle sachdienlichen<br />

Informationen“, Art. 4<br />

Abs. 3 VS-RL<br />

Keine Rechtsgrundlage für<br />

Aufhebung in VS- und FFH-RL<br />

Analoge Anwendung von Art. 9<br />

S. 1 FFH-RL?<br />

Wohl eher nein (a.A. noch Füßer,<br />

unveröffentl. Rechtsgutachten<br />

(„Eiderstedt“, April 2006)<br />

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FFH- Gebiet<br />

Entscheidung gemäß Art. 4 Abs.<br />

3 FFH-RL: „causa“ der weiteren<br />

Verpflichtungen (vgl. 4 Abs. 4, 5<br />

FFH-RL)<br />

Kommission primär zuständig<br />

für<br />

Aufhebung der Entscheidung<br />

nach Art. 9 S. 1 FFH-RL<br />

„Die Kommission beurteilt im<br />

Rahmen des Verfahrens nach Art. 21<br />

in regelmäßigen Zeitabständen den<br />

Beitrag von Natura 2000 zur<br />

Verwirklichung der in den Art. 2 und<br />

3 genannten Ziele.“


V. „Rückholung“ nach der FFH-Richtlinie<br />

Art. 9 S. 2 FFH- Richtlinie<br />

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„Die Aufhebung der Klassifizierung als besonderes Schutzgebiet kann in<br />

den Fällen erwogen werden, in denen die gemäß Art. 11 FFH-RL<br />

beobachtete natürliche Entwicklung dies rechtfertigt.“<br />

Art. 11 FFH-FFH- Richtlinie<br />

„Die Mitgliedstaaten überwachen den Erhaltungszustand der in Art. 2<br />

genannten Arten und Lebensräume, wobei sie die prioritären<br />

natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten besonders<br />

berücksichtigen.“<br />

→ abschließende Regelung?<br />

Erfasst aber nur Fallgruppe Nr. 3 („Entbehrlichkeit des Gebietes)“;<br />

a.A. z.B. Schrader BWGV 2007, 61 (62 f.))


Was ist mit den Fällen Nr. 1 und 2?<br />

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Fortsetzung: Rückholung“ nach der FFH-Richtlinie<br />

Art. 6 Abs. 4 FFH-RL – Lösung für Fall Nr. 4?<br />

„Ein Projekt …, das ein ausgewiesenes Gebiet erheblich<br />

beeinträchtigt, kann unter besonderen Umständen im Hinblick auf<br />

zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses<br />

einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art genehmigt<br />

werden.“<br />

§ auch vollständige Aufhebung erfasst?<br />

§ wenn ja, Regelungsmaßstab für Fallgruppe Nr. 4<br />

„Interessenkonflikt“; m.A.: vorzugswürdige Lösung<br />

§ Aufhebung entsprechend §§ 48, 49 VwVfG / Grundsatz des<br />

Planungsermessens<br />

§ Problem: keine allgemeine Rechtstradition der Mitgliedstaaten<br />

§ Art. 9 S. 2 FFH offensichtlich lückenhaft!!! Ungelöstes – im<br />

Rahmen des Vortrages: unlösbares - Problem


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VI. Die Regelung nach der Vogelschutzrichtlinie<br />

Entsprechende Anwendung von Art. 9 S. 2 FFH-Richtlinie?<br />

§ Art. 7 FFH-RL verweist ausdrücklich nur auf entsprechende<br />

Anwendung des Art. 6 II-IV FFH-RL, daher sogar Fall Nr. 3<br />

nicht geregelt!!!<br />

„Standpunkt“ der Kommission vom 18.9.2000<br />

§ Rückholung bereits gemeldeter Gebiete nicht gänzlich<br />

ausgeschlossen<br />

§ Voraussetzungen:<br />

ü „echter“ wissenschaftlicher Fehler<br />

ü das betreffende Gebiet ist für die von der VS-RL<br />

erfassten Vogelarten wertlos<br />

§ in Anwendung von Art. 6 IV FFH-RL: teilweise Rückholung<br />

bzw. Verkleinerung der Grenzen eines Gebietes zulässig


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Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs<br />

§ den Mitgliedstaaten steht im Rahmen von Art. 4 Abs. 4 VS-RL<br />

nicht der gleiche Beurteilungsspielraum zu, sie können<br />

§ „diese Fläche nicht verkleinern oder ihre Abgrenzung ändern,<br />

es sei denn, die aus dem besonderen Schutzgebiet<br />

herausgenommenen Gebiete entsprechen nicht mehr den für<br />

die Erhaltung der wild liebenden Vogelarten geeignetsten<br />

Gebieten“ (Urt. v. 13.7.2006 – C 191/05 – Kommission ./.<br />

Portugal, Rz. 13)<br />

§ m.E. nicht abschließend: Superlativ („geeignetste“) führt zu<br />

Frage des geschuldeten Mindesterfüllungsgrades (Art. 1,3,4,13<br />

VS-RL), keine „Versteinerung“; deshalb:<br />

§ Streichungsbefugnis im Bereich der Übererfüllung<br />

„Substitutionsbefugnis“ bei knapper Erfüllung<br />

Aber: Beweislast für beides beim Mitgliedsstaat


Anwendung von Art. 7, 6 IV FFH-RL?<br />

§ erfasst Fallgruppe Nr. 4 („Interessenkonflikt“)<br />

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§ aber: für Totalaufhebung kein Problem entsprechend<br />

der FFH-RL, da keine partielle Regelung wie dort<br />

Art. 9 S. 2<br />

Ø Anwendung der allgemeinen erarbeiteten Grundsätze,<br />

Substitution oder Streichung im Rahmen der Einhaltung<br />

der materiellen Vorgaben<br />

Ø Im Ergebnis identisch mit Aktivierung Art. 6 IV FFH-RL


VII. Schlussfolgerungen, Abgesang<br />

§ große Rechtsunsicherheit, sowohl aus Sicht der<br />

Behörden als auch der Betroffenen<br />

§ Offensichtliches Regelungsbedürfnis<br />

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• Verfahrensrechtliche Harmonisierung von FFH- und<br />

VS-Richtlinie<br />

• Klare und umfassende Regelung zum „delisting“<br />

• Ggf. Rechtsanspruch der Mitgliedsstaaten auf<br />

Handeln der Kommission<br />

§ Bei angemessener Regelung ist mittelbar Rechtsschutz<br />

durch Inanspruchnahme der innerstaatlich zuständigen<br />

Stellen gesichert<br />

§ Fallstricke des nationalen Rechts! Beachte z.B.<br />

Regelung in § 29 IV NatSchG S-H


Vielen Dank für Ihre Geduld!<br />

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