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Habakuk 4/2012 - Franziskanergymnasium Bozen

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HABAKUK<br />

Oberschulzeitung am <strong>Franziskanergymnasium</strong><br />

Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch<br />

Eine Rezension von Valentin Harich<br />

Alexander Solschenizyn gehört mit seinem Bestseller<br />

„Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitch“ ebenfalls<br />

zu der von Louis‘ Essay erwähnten Gruppe von<br />

Literaturnobelpreisträgern, und um es gleich vorneweg<br />

klar zu sagen: meiner Meinung nach zu Recht.<br />

Iwan Denissowitsch, ein etwa 40-jähriger<br />

Russe, befindet sich seit acht Jahren<br />

in sowjetischer Gefangenschaft (<br />

zum Zeitpunkt der Erzählung im sibirischen<br />

Gulag), mit der haltlosen Begründung,<br />

er sei ein Landesverräter.<br />

Sein bisheriges Leben und die Gründe<br />

seiner Inhaftierung werden jedoch nur<br />

durch Rückblenden in den Gedanken<br />

Denissowitschs beschrieben und stehen<br />

nicht im Vordergrund der Handlung.<br />

Vielmehr besteht diese aus der<br />

Beschreibung des typischen Tagesablaufs<br />

eines beliebigen russischen Gefangenen<br />

unter Stalin.<br />

Der unwahrscheinlich harte Alltag<br />

Iwan Denissowitschs beginnt um fünf<br />

Uhr morgens und verläuft geprägt von<br />

Hunger, Kälte, harter Arbeit und Ungerechtigkeit.<br />

Unscheinbare Kleinigkeiten<br />

wie ein zusätzliches Stück Brot, das<br />

der Protagonist zu seiner üblichen Ration<br />

zusätzlich erhält und seine Freude<br />

darüber, alltägliche Gespräche mit den<br />

Mitgefangenen, Schikanen durch die<br />

Aufseher usw. usw. Typische Gefangenenliteratur<br />

eben – so denkt man. Was<br />

dieses Buch jedoch unterscheidet, ist,<br />

Seite 1<br />

dass es nicht einfach nur Mitleid und Wut provozierend<br />

die unmenschlichen Verhältnisse eines Lagers<br />

schildert, sondern viel mehr auf die Gedanken und<br />

den seelischen Zustand der Hauptperson eingeht,<br />

welche trotz der Umstände keineswegs nur düster<br />

und deprimierend sind. Der Leser<br />

wird durch den schmucklosen, wertfreien<br />

Erzählstil in das Geschehen hineingezogen,<br />

das zeigt, dass auch ein<br />

sowjetischer Gefangener, dessen Leben<br />

keinerlei Perspektiven mehr bietet,<br />

durchaus Hoffnung, Freude und<br />

Mitgefühl empfinden kann.<br />

Iwan Denissowitsch steht in dieser Erzählung<br />

für die tausenden Menschen,<br />

die zur Zeit des Stalinismus in Arbeiterlager<br />

verschleppt wurden und der<br />

Tag, der beschrieben wird, stellt nur einen<br />

aus der jahrelangen Haft dar - hat<br />

somit aber umso mehr Aussagekraft.<br />

Was für mich den Reiz dieses Buches<br />

ausmacht, ist die schonungslose Ehrlichkeit<br />

und Authentizität, welche dadurch<br />

zu erklären ist, dass der Autor<br />

das Geschilderte selbst erlebt hat, was<br />

die an sich traurige und für uns beinahe<br />

unrealistisch wirkende Handlung<br />

glaubwürdig macht und die Erzählung<br />

menschlich werden lässt; eine Tatsache,<br />

welche sich jedoch nur durch Selberlesen<br />

bestätigen lässt. Somit kann<br />

ich “Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“<br />

nur weiterempfehlen.


0471<br />

von Martina Gianola<br />

0471- Zero Quattro Sieben Oans. So heißt die Zeitung,<br />

die wir vom“ Movimento Giovani Bolzanini –<br />

Bewegung der jungen Bozner“ für unsere Mitbürger<br />

im multimedialen Format herausgegeben. Diese Zeitung<br />

will ganz einfach ein Mittel zum gegenseitigen<br />

Ideenaustausch sein und, wie schon der Titel verrät,<br />

die Zusammenarbeit zwischen den Sprachgruppen<br />

fördern. Unser Ziel ist es also, die Jugend dieses Landes<br />

an einen Tisch zu setzen, um zusammen über das<br />

lokale politisch-kulturelle Leben nachzudenken und<br />

Vorschläge einzuholen. Nur so können wir einen gesunden<br />

und profitreichen interkulturellen Dialog zwischen<br />

den Generationen anstreben.<br />

Diese Zeitung will also ein Mittel für alle Interessierten<br />

sein, egal welche Sprache sie sprechen oder welche<br />

Ideen sie vertreten. Genau deshalb haben wir diesen<br />

Die Bosnienschüler kommen<br />

Dier Früchte unserer Bosnienfahrt<br />

Seite 2<br />

Titel gewählt, der einerseits unsere Verbundenheit mit<br />

der Hauptstadt Südtirols und deren Umgebung widerspiegelt,<br />

andererseits sich klar gegen jede sprachliche<br />

Trennung stemmt. Was uns Autoren dieser Zeitung<br />

besonders vereint, ist unser junges Alter. Wir müssen<br />

die Veränderungen der Gesellschaft erkennen und<br />

diese leiten. Denn wer soll über die Zukunft berichten,<br />

wenn nicht die junge Generation?<br />

Alle Ausgaben unserer Zeitung findet ihr auf unserer<br />

Website http://www.giovanibolzanini.org/ oder<br />

auch auf fb unter http://www.facebook.com/giovanibolzanini.<br />

Wenn du interessiert bist oder einfach deine Meinung<br />

sagen möchtest, schreibe uns auf info@giovanibolzanini.org<br />

!<br />

Im Februar 2013 werden voraussichtlich Pater Ivan und einige Schüler vom <strong>Franziskanergymnasium</strong><br />

aus Bosnien zu uns in die Schule kommen. Sie werden einige Tage bei uns in der Schule verbringen und<br />

unsere Stadt und Region besichtigen. Um unsere Gäste mit der gleichen Herzlichkeit zu empfangen, wie<br />

es im vergangenen Jahr auch die Schüler unserer Schule wurden, ist Prof. Niederseer schon jetzt beim<br />

Organisieren. Unterkunft, Verpflegung, Programm etc. müssen ausgearbeitet werden. Dafür ist natürlich<br />

jeder willkommen, der mithelfen möchte.


Nachruf - Fr. Josef und Br. Rufino<br />

von Francesco Gianola<br />

Auch Franziskanerbrüder sind heutzutage Businessmen.<br />

Von seinen ganzen Terminen, Aufgaben und<br />

Tätigkeiten hat mir Br. Joseph, erzählt als ich mich<br />

bei ihm verabschiedet habe. Er ist nach Wien versetzt<br />

worden und an seine Stelle ist Br. Rufino in das<br />

Bozner Konvent eingezogen.<br />

Wahrscheinlich wissen viele unter euch nicht, wer<br />

Br. Joseph überhaupt war. Nun: Bekannt sein sollte<br />

er bei uns Schülern vor allem wegen der Adventskranzaktion,<br />

die er zusammen mit Br. Enrico jedes<br />

Jahr betreut hat. Er ist nämlich, wie er mir erzählt<br />

hat, ein ausgebildeter Florist und Gärtner und konnte<br />

deshalb dank dieser Fertigkeiten die eine oder<br />

andere Ausbesserung an den Kränzen der Schüler<br />

durchführen. Auch wegen dieser Fähigkeiten wurde<br />

er von P. Willibald 1989 vom Kloster aus Kaltern<br />

nach <strong>Bozen</strong> geholt, um sich um die Dekoration der<br />

Kirche und um die Sakristei zu kümmern. Von den<br />

Kantoren über den Messgewändern und den für die<br />

Liturgie nötigen Utensilien: Alles wurde von Br. Josef<br />

genauestens betreut bzw. hergerichtet. Bevor er<br />

nach <strong>Bozen</strong> kam, war er schon mehrere Jahre in<br />

Kaltern gewesen. „Schon als 16-Jähriger bin ich vom<br />

Gymnasium in den Orden eingetreten“, hat er mir<br />

berichtet und hinzugefügt:“ Aber ich habe mich eh<br />

recht schnell an das Klosterleben gewohnt!“<br />

Br. Joseph war aber nicht nur hinter den Klostermauern<br />

als Verantwortlicher für die Sakristei tätig,<br />

sondern war lange Jahre auch der Betreuer der Ministranten<br />

Gruppe. Wichtig ist es ihm besonders,<br />

mit jungen Menschen in Kontakt und für sie ein<br />

Begleiter zu sein und dabei nicht die Fähigkeit zu<br />

verlieren, immer up to date sein. „ Denn das Denken<br />

Seite 3<br />

geht so schnell voraus und nicht alle können mit den<br />

jungen Menschen mithalten“, hat er mir gebeichtet.<br />

Ab und zu vertrat er auch den Küchenchef. Auf meine<br />

Frage, was denn seine Spezialität sei, hat er mir<br />

erklärt, dass er es als eine große Kunst betrachte, mit<br />

den Küchenresten eine Mahlzeit für seine Mitbrüder<br />

vorzubereiten; zweifelsohne eine richtig franziskanische<br />

Einstellung. Richtig franziskanisch ist auch der<br />

Eifer, mit dem Br. Josef mit der „Außenwelt “ in Kontakt<br />

war. Einmal monatlich im Radio, einmal monatlich<br />

als Betreuer des dritten Ordens, und einmal<br />

wöchentlich als Vortragender bei der Vinzenskonferenz;<br />

das sind nur einige der Aufgaben des tüchtigen<br />

Franziskaners. Eines war und ist dem Bruder<br />

besonders wichtig: der Kontakt mit den „einfachen<br />

Menschen der Gemeinschaft, die auch das Recht auf<br />

Unterstützung und geistliche Begleitung haben.“<br />

Hier könnte ich noch vieles erzählen (diejenigen,<br />

die ihn gut kennen, wissen, wie gern Br. Joseph einen<br />

mehr oder weniger langen „Ratscher“ macht).<br />

Eines hat mich an Joseph besonders beeindruck:<br />

Der kennt halb Südtirol! Vom Bischof über den Dekan<br />

bis hin zu was- weiß- ich -noch -wem.<br />

Leicht ist es für Br. Rufino nicht - die Stelle von Bruder<br />

Joseph konnte ja nicht unbesetzt gelassen werden<br />

-, der direkt aus dem Kloster von Salzburg in die<br />

südtiroler Hauptstadt kommt. Eine der ersten Herausforderungen,<br />

die der Bruder bewältigen muss,<br />

ist, wie er mir vertraut hat, das Erlernen der italienischen<br />

Sprache. Im großen Bozner Kloster müsse er<br />

auch noch lernen, sich zu orientieren. Hoffentlich hat<br />

er jetzt aber einen Ort gefunden, an dem er ab und<br />

zu sein gemütliches Bier trinken kann.


Alkohol für Jugendliche tabu?<br />

von Verena v. Walther, Hannah Lezuo und Leopold Reinisch<br />

Hunderte Jugendliche schrien entsetzt auf, als sie von<br />

dem neuen Gesetzesentwurf in Italien erfuhren. Die<br />

italienische Regierung hatte nämlich zunächst verkünden<br />

lassen, dass der Konsum von Alkohol in Zukunft<br />

erst ab 18 Jahren erlaubt sein solle. Das Gesetz<br />

sollte am 1. Januar <strong>2012</strong> zusammen mit dem Sparpaket<br />

in Kraft treten. „Was fällt dem Staat ein, uns den<br />

Genuss des Alkohols verweigern zu wollen?“, war<br />

ihre erste Frage.<br />

Dabei wären wir nicht das erste Land mit einem derartigen<br />

Erlass. Als Beispiel dafür könnte man die USA<br />

anführen, wo der Alkoholkonsum im Großteil des<br />

Landes erst ab dem Alter von 21 Jahren erlaubt ist.<br />

Auch in Europa, allen voran in den EU-Ländern, gab<br />

es letzthin Beschlüsse, die Minderjährigen den Alkoholkonsum<br />

untersagen. Die EU scheint auf ein absolutes<br />

Alkoholverbot unter 18 aus zu sein.<br />

Im Kontrast dazu stehen die Zahlen der konsumierenden<br />

Jugendlichen; Statistiken zufolge nimmt ihre<br />

Zahl kontinuierlich ab. Auch in Südtirol trinken immer<br />

weniger Jugendliche Alkohol.<br />

Warum kommt nun ein krisengeschüttelter Staat wie<br />

Italien auf eine solche Idee, noch dazu im Rahmen einer<br />

Sparreform? Wirtschaftlich gesehen bedeutet das<br />

Verbot nämlich einen Rückgang der Steuer, vor allem<br />

das Gastgewerbe und Diskotheken würden durch ein<br />

solches Verbot negative Folgen zu tragen haben.<br />

Auf den ersten Blick scheint diese Maßnahme nicht<br />

sehr förderlich zu sein. Und tatsächlich erwartet sich<br />

der Staat nicht ein Erfolgserlebnis in naher Zukunft.<br />

Vielmehr erhofft er sich eine Besserung des gesundheitlichen<br />

Zustandes der Jugendlichen in Hinblick<br />

auf die Zukunft. Etwaige durch Alkohol ausgelöste<br />

Krankheiten sollen so ausbleiben bzw. deren Zahl verkleinert<br />

werden.<br />

Lokal äußerte sich dazu Igor Guizzardi, Vorsitzender<br />

des Südtiroler Jugendrings und des HGV. Er stellte<br />

klar, dass er das Gesetz für wenig zielführend halte<br />

und dass sich der Konsum nur ins Private verlagern<br />

würde, wo er noch schwieriger zu kontrollieren sei.<br />

Mit der Kriminalisierung des Alkohols riskiert man<br />

jedoch, einen neuen Anreiz zum Trinken zu schaffen.<br />

Vielmehr muss man auf frühe Aufklärung umsatteln<br />

und die Jugendlichen über die vielen Risiken aufklären.<br />

Nur so können langfristig Erfolge<br />

Seite 4<br />

gegen den Alkoholmissbrauch erzielt werden. Der<br />

richtige Umgang mit Alkohol will gelernt sein und<br />

dieser kann nur erfolgen, wenn man den Jugendlichen<br />

bei seinen ersten Erfahrungen mit dem Konsum<br />

von Alkohol begleitet.<br />

Zu diesem Schluss muss der Staat anscheinend auch<br />

gekommen sein , denn der Gesetzesentwurf wurde<br />

geändert - zur Erleichterung vieler Jugendlicher.<br />

Seit dem 11. November darf an sie nämlich zwar kein<br />

Alkohol verkauft, aber immer noch ausgeschenkt<br />

werden.<br />

Wussten Sie schon, dass:<br />

- 29% der chronisch Kranken aufgrund von Alkohol<br />

chronisch krank sind?<br />

- nach der Aufhebung des Prohibitionsgesetzes<br />

in den USA die Mordrate 12 Jahre lang abnahm?<br />

- die Vorgangsweise der Prohibitionsregierungen<br />

von der renommierten Informationswebsite<br />

www.gute-info.com als “salamischeibchenweise“ bezeichnet<br />

wird?<br />

- Psychologen weltweit der Meinung sind, dass<br />

ein Verbot des Alkohols für Jugendliche bis 18 keine<br />

Lösung eines gesellschaftlichen Problems darstelle,<br />

sondern völlig wirkungslos bleiben würde?<br />

- in Ohio(USA) sonntags kein Alkohol gekauft<br />

werden darf?<br />

- in Brunei derzeit als einziger Staat weltweit<br />

absolute Alkoholprohibition gilt?


Was wurde aus....<br />

eine Rubrik von Bastian Riccardi<br />

Tina Turner?<br />

Bekannt als Queen of Rock & Roll tourte sie jahrzehntelang<br />

durch die Welt. Vor allem der Song „Simply the<br />

best“ ist wohl jedem bekannt. Doch nun, als 73-Jährige,<br />

wird es still um eine der, mit über 180 Millionen<br />

verkauften Tonträgern, wohl erfolgreichsten Sängerinnen<br />

aller Zeiten.<br />

Am 26. November 1939 erblickte sie als Anne Mae<br />

Bullock das Licht der Welt. Ihre ersten musikalischen<br />

Erfahrungen sammelte sie im Kirchenchor der Gemeinde<br />

Nutbush in Tennessee. Als sich ihre Eltern<br />

schieden, zog sie zu ihrer Mutter und jüngeren Schwester<br />

nach St. Louis. Dort lernte sie 1958 Ike Turner und<br />

seine Band „Kings of Rhythm“ kennen, bei der sie als<br />

Backgroundsängerin aushalf. 1960 sprang sie bei einer<br />

Album-Aufnahme für einen abwesenden Solosänger<br />

ein. Das Lied, das sie sang, schaffte es in demselben<br />

Jahr auf Platz 27 der US-Charts. Ike Turner gab ihr<br />

daraufhin aus Promotionsgründen den Namen Tina<br />

Turner und so tourten sie mit der „Ike & Tina Turner<br />

Revue“ zunächst durch Amerika, später auch durch<br />

Europa und Australien. 1962 heirateten die beiden in<br />

Mexico. Doch mit dem zunehmenden Erfolg kamen<br />

auch Probleme. Vor allem Ike, der immer mehr im<br />

Seite 5<br />

Drogensumpf verschwand, schlug und betrog sie oft.<br />

1978 reichte sie die Scheidung ein, verzichtete auf alle<br />

Rechte an der gemeinsamen Musik und auf Unterhalt.<br />

Sie behielt nur ihren Künstlernamen und begann eine<br />

Solokarriere. Jedoch konnte sie nicht nahtlos an ihre<br />

Erfolge mit der Revue anknüpfen. Sie arbeitete sich<br />

jedoch hart nach oben und in den 80er Jahren schaffte<br />

sie auch alleine den Durchbruch. 1988 sicherte sie<br />

sich bei einem Konzert in Rio da Janeiro vor 188.000<br />

Zuschauern den Eintrag ins Buch der Rekorde als Solokünstlerin<br />

mit dem größten Konzertauftritt. Ihre<br />

Karriere ging steil bergauf, nicht nur musikalisch,<br />

denn sie spielte auch immer wieder in Filmen mit.<br />

Sie machte mehrere Touren auf der ganzen Welt, wobei<br />

manche Konzerte, wie das Eröffnungskonzert der<br />

Tour 2008 in Kansas, nach zwei Minuten ausverkauft<br />

waren. Ihr letztes Album „Children Beyond“ erschien<br />

2011. Seit dem ist es ruhig geworden um sie, bis in<br />

diesem Sommer ein Gerücht in die Welt gesetzt wurde<br />

via Twitter, dass sie gestorben sei. Das war jedoch<br />

nur eine Falschmeldung, denn Tina Turner ist immer<br />

noch quicklebendig, will aber nie mehr zurück auf<br />

die Bühne, wodurch sie auch Spekulationen über ein<br />

mögliches Comeback zunichtemachte.<br />

Tina & Ike Turner Tina & Ike Turner


Lou Bega<br />

Wer kennt das Lied „Mambo Number Five“ nicht?<br />

Es ist der weltweit bekannteste Partysong und sorgt<br />

seit über zehn Jahren immer noch für eine ausgelassene<br />

Stimmung.<br />

Der Mann, der hinter dieser Partynummer steckt,<br />

heißt Lou Bega, ist mittlerweile 37 Jahre alt und seit<br />

langem schon ein millionenschwerer Mann. Und<br />

das alles nur durch einen Hit.<br />

Geboren ist David Lubega am 13. April 1975 in<br />

München. Er verbrachte seine Kindheit in München<br />

und danach einige Jahre in Miami. Doch erst im<br />

Sommer 1999 ging sein Stern am Musikhimmel auf.<br />

In Deutschland blieb er mit seinem Song elf Wochen<br />

auf Platz eins und erreichte zweifachen Platinstatus.<br />

Auch die Lieder, die folgten, hielten sich auf den vorderen<br />

Plätzen der Charts, konnten jedoch nicht an<br />

den Erfolg des ersten Songs anknüpfen.<br />

Lou Bega lebt mittlerweile in Berlin in einer Vil-<br />

Seite 6<br />

la, denn er hat die 13 Millionen, die ihm sein erster<br />

Song eingebracht hat, nicht gleich zum Fenster<br />

rausgeschmissen, sondern gut angelegt und führt<br />

so ein angenehmes Leben. Dann verliebte er sich in<br />

die Backgroundtänzerin Genieve und zog ihr zuliebe<br />

von München nach Berlin. Die beiden haben ein<br />

zweijähriges Kind und genießen das Familienleben.<br />

Doch er macht weiterhin Musik. Nach einer längeren<br />

Pause wegen eines Streits mit einer Plattenfirma<br />

kehrte er 2010 mit seinem neuen Lied „Sweet Like<br />

Cola“ zurück in die Musikbranche. Letztes Jahr erschien<br />

sein bisher letztes Album. Mittlerweile ist er<br />

als Komponist tätig, unter anderem für das deutsche<br />

Dance-Projekt „Groove Coverage“. Dass er mit<br />

neuen Songs wieder auf die Bühne zurückkehren<br />

wird, gilt als sehr wahrscheinlich. Deshalb lasst uns<br />

abwarten, ob vielleicht in den nächsten Jahren ein<br />

neuer Partysong entsteht, der bei Partys wieder rauf-<br />

und runtergespielt wird.<br />

Lou Begas Welthit Lou Bega heute


Samuel Koch<br />

Am 4. Dezember 2010 stand Fernsehdeutschland für<br />

einen Augenblick still. Denn an diesem Tag geschah<br />

etwas, das die ganze Nation erschütterte und schwere<br />

Folgen mit sich führte. Alles wurde anders als bisher.<br />

Nicht nur für den Verunglückten Samuel Koch, sondern<br />

auch für die Fernsehshow „Wetten dass...?“<br />

Der 23-jährige Samuel, Student an der Hochschule<br />

für Musik, Theater und Medien in Hannover, war ein<br />

Wettkandidat bei „Wetten dass...?“ Er wettete, dass<br />

er mit speziellen Sprungstiefeln über fahrende Autos<br />

springen könne. Und beim dritten Auto, das sein<br />

Vater fuhr, geschah es. Er verlor das Gleichgewicht<br />

Samuel Koch vor dem Unfall<br />

Seite 7<br />

und verunglückte schwer. Seitdem ist er gelähmt. In<br />

einem Bericht wird der Unfall als unglückliche Verkettung<br />

von Bewegungsfehlern beschrieben. Samuel<br />

ist seither auf einen Rollstuhl und fremde Hilfe<br />

angewiesen. Jedoch macht er immer wieder kleine<br />

Fortschritte. Seine Ergotherapeutin lobt ihn für seinen<br />

Kampf. Aufgrund seiner Turnermentalität und<br />

absoluten Willens hat er seinen Trizeps schon wieder<br />

so aufgebaut, dass er seinen Oberkörper im Sitzen<br />

mit seinen Armen stützen könnte. Mittlerweile hat<br />

er auch seine Autobiografie veröffentlicht, mit dem<br />

Titel „Zwei Leben“.<br />

Samuel Koch heute


Franziskanerschüler werden die besten Faulenzer!<br />

von Francesco Gianola<br />

Die meisten Schüler fragen sich, wozu sie die Schule<br />

besuchen. Die gut gemeinten Ermahnungen der<br />

Professoren und Eltern , sie sollten sich diese Frage<br />

nach dem Sinn des Lernens doch<br />

nicht stellen, werden gehört und<br />

in einem Augenblick wieder<br />

vergessen. Es ist ein schier unmögliches<br />

Unterfangen, einem<br />

jungen, freien Geist zu erklären,<br />

wieso er am Tag auch nur eine<br />

Viertelstunde Griechischvokabeln<br />

lernen soll. Es mögen auch<br />

die ausgeklügelsten Argumente<br />

angeführt werden, wie etwa,<br />

dass man das Lernen lernt oder<br />

dass die Genauigkeit geschult<br />

und dass das analytische Denken<br />

trainiert werden. Manche<br />

Professoren begeben sich auch<br />

weit in komplexe Erklärungen<br />

von Synapsen und Gehirnschaltungen,<br />

die dabei „sooo groß“<br />

werden sollen. Sicherlich mögen<br />

dies gute Argumente sein, doch<br />

es wird damit noch nicht erklärt, wieso man nicht<br />

vom Deutschen ins Französische oder Spanische<br />

oder, was heutzutage wirklich modern wäre , ins<br />

Mandarin übersetzen könnte. Im Geschichte- und<br />

Philosophieunterricht könnte man sich ja genügend<br />

mit den Wurzeln der europäischen Kultur<br />

auseinandersetzten. Ja, wieso denn überhaupt mit<br />

den Wurzeln der Kultur, wenn es schon schwierig<br />

genug ist, die heutige Welt zu verstehen? Aus den<br />

Fehlern der Geschichte haben doch ehrlich gesagt<br />

nur die Wenigsten etwas gelernt, oder? Und über<br />

eine Kausalkette von 2500 Jahren zurückzudenken,<br />

scheint doch auch übertrieben!?<br />

Die Technologie mit dem Computer und dem Internet,<br />

Facebook und Wikipedia, der Fernseher und<br />

die vielen für jede Tasche erschwinglichen Freizeitangebote,<br />

sei es im Bereich Sport oder Musik, kommen<br />

den Erziehern auch nicht gerade zur Hilfe. Ein<br />

junger Mensch hat heutzutage so viele interessante<br />

Möglichkeiten, sich auch außerhalb der Schule zu<br />

beschäftigen und zu lernen. Vielleicht auch zu viele.<br />

Seite 8<br />

Auch die Wirtschaftskrise unterstützt die Eltern und<br />

Professoren nicht. Immer mehr dringen Nachrichten<br />

von hoch ausgebildeten, jungen, arbeitswilligen,<br />

brillanten Köpfen durch die<br />

Medien, die keine Arbeit finden.<br />

„Wenn ich sowieso keine Arbeit<br />

bekomme, wieso dann diese Anstrengung?“,<br />

werden sich viele<br />

Schüler sagen. Und diese Feststellung<br />

wird man wohl nur teilweise<br />

abweisen können.<br />

Hans Peter Haselsteiner hat zur<br />

„Frage der Bildung in schwierigen<br />

Zeiten“ sicherlich viele<br />

schöne Worte gesagt. Doch den<br />

Schülern hat er nicht wirklich<br />

Neues gesagt. Er hat vielmehr die<br />

Argumente der Professoren und<br />

Eltern gut verdeutlicht und mit<br />

den Worten und der Autorität<br />

eines sehr erfolgreichen Unternehmers<br />

präsentiert; deswegen<br />

wahrscheinlich der sehr große<br />

Beifall im Cajus –d´Andrea-<br />

Saal. Seine Argumente werden auch stimmen, und<br />

sie wurden gut präsentiert; sie waren sicherlich eine<br />

gute Wiederholung der Ermahnungen unserer Erzieher<br />

. Für Schüler sind sie gewissermaßen inkompatibel.<br />

Sie lernen erst nach dem Schulabschluss<br />

den Wert der Bildung kennen oder bestenfalls gegen<br />

Ende der Maturaklasse. Es bleibt folglich für<br />

den lernenden Schüler nur das Vertrauen in seine<br />

Professoren und Eltern übrig.<br />

Professor De Masi hingegen, der am 26. September<br />

in unserer Schule einen Vortrag über die zehn<br />

Trends in Gesellschaft und Wirtschaft der nächsten<br />

zehn bis fünfzehn Jahre gehalten hat, hatte einen<br />

anderen Ansatz. Die zentrale These, von der er ausging,<br />

besagt, dass wir nun in einer postindustriellen<br />

Gesellschaft leben, in der der materielle Wohlstand,<br />

zumindest in unseren Breitengraden, nur mehr weniger<br />

werden kann. Er betonte auch, dass es dank<br />

der vielen Maschinen und des allgemeinen technischen<br />

Fortschritts zu einem Umdenken kommen<br />

müsse und die Gesellschaft nicht mehr industri-


ell, sondern eben postindustriell verwaltet werden<br />

müsse. Das gehe nur, so De Masi, mit einer Verteilung<br />

der Arbeit. Die Arbeitsplätze würden wegen<br />

der Technik immer weniger und die Menschen immer<br />

älter werden. Es sei unvermeidlich, dass der<br />

einzelne Mensch im Durchschnitt weniger Stunden<br />

arbeiten müsse. Der Mensch habe somit mehr<br />

Freizeit. Diese Freizeit gelte es nun auch sinnvoll<br />

ausnutzten. Hier tritt De Masis Theorie des „ozio<br />

creativo“ ein. Der Soziologe behauptet, dass dem<br />

Menschen als Einziges das Monopol der Kreativität<br />

geblieben sei. Man müsse nun gewissermaßen eine<br />

Synthese zwischen der Grille, die den ganzen Tag<br />

nichts tut, und der Ameise, die den ganzen Tag arbeitet,<br />

finden. Man müsse lernen, die Freizeit so zu<br />

gestalten, dass man darin Arbeit, das heißt kreative<br />

Produktion, mit dem Vergnügen verbinden könne.<br />

Dafür ist laut dem Professor eine klassische Bildung,<br />

die auf Geschichte und Philosophie beruht,<br />

vonnöten, denn nur so kann man die Freizeit wirklich<br />

sinnvoll nutzen; nur so kann man ein Interesse<br />

für Kultur, Bücher, für die Welt im Allgemeinen<br />

entwickeln und sich dementsprechend ständig aktiv<br />

fortbilden; nur so kommt man letztendlich auch<br />

mit einem geringeren materiellen Wohlstand aus,<br />

weil man erkennt und man sich wirklich bewusst<br />

wird, dass man auch nur mit wenig Geld und einem<br />

guten Buch glücklich sein kann. Natürlich braucht<br />

Seite 9<br />

es dazu einige Anstrengung: Optimismus, um an<br />

ein Leben zu glauben, in dem das Spielen und die<br />

Freizeit möglich sind, aber auch Realismus, um die<br />

Kreativität in der Arbeit einzusetzen und immaterielle<br />

Güter zu produzieren. Faulenzen ist heutzutage<br />

echt streng geworden. Und wir wollen in dieser<br />

Kunst die Besten sein.<br />

E Joseph Conrad diceva: “Come faccio a spiegare a<br />

mia moglie che, quando guardo dalla finestra, io sto<br />

lavorando?”.<br />

Il concetto di “ozio creativo” ben si rispecchia nel pensiero<br />

Zen: “Chi è maestro dell’arte di vivere distingue<br />

poco fra il suo lavoro e il suo tempo libero, fra la sua<br />

mente e il suo corpo, la sua educazione e la sua religione.<br />

Con difficoltà sa cos’è che cosa. Persegue semplicemente<br />

la sua visione dell’eccellenza in qualunque<br />

cosa egli faccia, lasciando agli altri decidere se stia<br />

lavorando o giocando. Lui, pensa sempre di fare entrambe<br />

le cose insieme”.<br />

Aus der offiziellen Homepage von Prof. De Masi


Wenigstens Mann<br />

von Louis Schropp<br />

Henri Bergson, Thomas Mann, Luigi Pirandello, T. S.<br />

Eliot: Diese Namen dürften den mehr oder weniger<br />

Gebildeten unter Ihnen geläufig sein; Letzteren wenigstens<br />

jener von Thomas Mann.<br />

Ich könnte jetzt eine ellenlange Liste von Namen<br />

aufschreiben wie Andre Gidé, Knut Hamsun, Nelly<br />

Sachs, Saul Bellow, Alexander Solschenizyn etc. und<br />

diese werden Ihnen wahrscheinlich nicht bekannt<br />

sein. Vielleicht noch Solschenizyn.<br />

Sie alle sind Literaturnobelpreisträger.<br />

Seien Sie nicht enttäuscht. Denn hier soll nicht aufgezeigt<br />

werden, dass die Leser von heute unbelesen<br />

oder gar ungebildet sind – schließlich kenne ich sicherlich<br />

auch nur einen Bruchteil aller Literaturnobelpreisträger.<br />

In diesem Essay soll etwas anderes<br />

aufgezeigt und behandelt werden, nämlich die Versandung<br />

literarischer Meilensteine.<br />

Wer einen Nobelpreis gewinnt, der wird anders rezipiert,<br />

das ist sicherlich wahr: Die Verkaufszahlen<br />

schnellen schneller in die Höhe, als Verlage alte Bücher<br />

des Gewinners neu auflegen können.<br />

Tomas Tranströmer war der letztjährige (Ge-<br />

)“Winner“. Ich selbst hätte aber noch kein Wort<br />

von ihm gelesen, wenn er in unserer Klasse nicht<br />

(auch nur aufgrund der Initiative eines Mitschülers)<br />

durchgenommen worden wäre. Was 2011 literarisch<br />

für mich war? Kleistjahr! „Das Käthchen von Heilbronn“,<br />

ja, das habe ich mir in der Buchhandlung gekauft,<br />

nicht aber Tranströmers Gedichtsammlungen.<br />

Und es scheint nicht nur mir so zu gehen: Wenn überhaupt<br />

etwas gelesen wird, dann schon ein richtiger,<br />

klassischer Schinken: „Buddenbrooks“? Geschenkt!<br />

Zu zeitgenössischen Autoren wie Daniel Kehlmann,<br />

dessen Roman „Die Vermessung der Welt“ gerade<br />

verfilmt wurde und der dennoch unerkannt in Wien<br />

herumspazieren kann, zu Peter Stamm oder Thomas<br />

Bernhard greifen nur jene, die sie bereits kennen.<br />

Nur wenn einmal, wie bei Herta Müller, der Nobelgroschen<br />

gefallen ist, dann klingelt‘s in der Kasse.<br />

Doch wie lange und vor allem: wie laut?<br />

Müllers neuestes Buch ist eine Art Wortcollage und<br />

besteht ausschließlich aus ausgeschnittenen Wör-<br />

Seite 10<br />

tern. Ich verrate euch den Titel: „Vater telefoniert mit<br />

den Fliegen“ – aber nicht, weil das Buch ein absolutes<br />

Muss für alle Liebhaber experimenteller Literatur ist,<br />

sondern aus Mitleid für die arme, arme Autorin –<br />

schließlich muss sie ja jetzt, nachdem einige Zeit verstrichen<br />

ist, wieder selbst die Werbetrommel rühren.<br />

Und das ausgerechnet in Deutschland, dem großen<br />

Leseland und Schauplatz der wichtigsten Buchmessen<br />

der Welt!<br />

Ausschnitt aus „Vater telefoniert mit den Fliegen“<br />

Natürlich ging es bei der Entscheidung vor zwei<br />

Jahren (ob sie nun als Deutsche oder Rumänin den<br />

Preis entgegennehmen wolle) auch um ihr Zugehörigkeits-<br />

und Sprachgefühl, doch würde ich es ihr<br />

nicht verdenken, ja, ich würde ihr beipflichten, wenn<br />

sie dies nur getan hätte, weil in Deutschland mehr<br />

Bücher verkauft werden als in Rumänien.


Denn wieviel ist ein Nobelpreis wirklich wert? Kann<br />

man davon sein Leben lang zehren und werden alle<br />

folgenden Bücher auch gut verkauft? Natürlich warten<br />

neben dem Preisgeld in Höhe von ca. einer Millionen<br />

Schwedischer Kronen auch die Aussicht auf<br />

Verträge mit großen Verlagen und die Sicherheit,<br />

in den ersten Monaten (!) nach der Preisverleihung<br />

unzählige Bücher zu verkaufen. Wenn wir aber das<br />

Beispiel von Tranströmer betrachten, so steht es um<br />

die dauerhafte mediatische Präsenz und somit um<br />

den „fixen Marktwert“ der Autoren meist nicht gut<br />

– außer eben, man verkauft sich gut: Indem man in<br />

Talkshows (wie Pubblikumsliebling Richard David<br />

Precht) auftritt, auf der Leipziger Buchmesse Vorträge<br />

hält (wie Müller) oder aufbrausende, medienwirksame<br />

Gedichte veröffentlicht (wie Günter Grass). Die<br />

Qualität der Folgewerke eines Preisträgers belegt in<br />

der Kategorie „Dauerhafter Marktwert“ leider oft nur<br />

den 2. Platz.<br />

Stairway to „glory“ oder Highway to „hell“<br />

von Bastian Riccardi<br />

Immer höher, immer schneller, immer weiter und<br />

immer verrückter. Nach diesem Motto leben viele<br />

Leute, die süchtig danach sind, neue Weltrekorde<br />

aufzustellen. Die einen sind einfach nur verrückt und<br />

stellen Weltrekorde auf, die einem normalen Menschen<br />

niemals einfallen würden, wie den größten<br />

Kuchen zu backen oder die längsten Fingernägel zu<br />

haben beispielsweise. Die anderen sind Sportler, die<br />

bei Wettkämpfen neue Weltrekorde aufstellen und<br />

damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Aber dann<br />

gibt es da noch eine dritte Gruppe. Sie selber bezeichnen<br />

sich als Extremsportler. Diese klettern ohne Sicherung<br />

auf die höchsten Hochhäuser oder Berge,<br />

machen Fallschirmsprünge an den unmöglichsten<br />

Orten oder tauchen minutenlang ohne Sauerstoffgerät.<br />

Oft enden diese Rekordversuche tödlich. Doch<br />

warum machen Menschen etwas, bei dem sie ihr Leben<br />

leichtfertig aufs Spiel setzen? Steckt dahinter viel<br />

Geld, ein Kick, eine Sucht nach Ruhm oder doch einfach<br />

nur Dummheit?<br />

Die bekanntesten Weltrekordler sind sicher Sportler<br />

wie Usain Bolt oder Michael Phelps. Jedoch haben<br />

sie keinen Kick, wenn sie die 100 Meter unter zehn<br />

Seite 11<br />

Beinahe schon zum Trostpreis verkommen scheint<br />

schließlich der versprochene Stuhl in der Ruhmeshalle<br />

der großen Dichter (diesen hatten sich schon Ovid,<br />

Horaz und ein paar andere reservieren wollen). Dieser<br />

bequeme Sessel ist allen durch ihr unsterbliches<br />

Werk gesichert, daran glaube ich schon allein, weil<br />

Bücher heutzutage besser archiviert werden können<br />

und nicht mehr der natürlichen Auslese der Zeit unterworfen<br />

sind. Doch wieviel ist das wert, wenn man<br />

einen so kleinen Stuhl hat, dass man, im Schatten von<br />

Manns Thron, nur von einigen Akademikern und gebückten<br />

Philologen mit ihren dicken Brillengläsern<br />

erkannt und geschätzt wird?<br />

Daher abschließend vielleicht ein kleiner, bescheidener<br />

Aufruf: Andre Gidé, Knut Hamsun, Nelly Sachs,<br />

Saul Bellow...lesen Sie sie! Geben Sie ihnen (den)<br />

Platz neben den ganz, ganz Großen. Und seien Sie<br />

bitte nicht mit den „Buddenbrooks“ zufrieden.<br />

Sekunden rennen oder über die 50 Meter Lagen alle<br />

Rekorde brechen. Bei diesen stecken sicher Geld,<br />

Ruhm, Ehre, aber vor allem lukrative Werbeangebote<br />

dahinter.<br />

Die Verrückten, die zum Beispiel die längste Haarverlängerung<br />

machen, wie der Hamburger Friseur<br />

Kay Meinecke, oder dicke Bretterstappel zerschlagen,<br />

machen das, um ins Buch der Rekorde zu kommen.<br />

Diese Leute wollen einfach in die Medien gelangen<br />

und machen dafür meistens die verrücktesten Sachen.<br />

Wegen des Geldes machen sie es sicherlich nicht, da<br />

so ein Eintrag ins Buch der Rekorde gebührenpflichtig<br />

ist. Eine Extra-Urkunde kostet nochmals etwas.<br />

Die einzigen Weltrekorde, die sich also finanziell auszahlen<br />

und zu Berühmtheit führen, sind diejenigen<br />

der Sportler und teilweise die der Extremsportler.<br />

Als bestes Beispiel haben wir hier Felix Baumgartner.<br />

Der Österreicher ist mittlerweile weltbekannt. Er<br />

brach mit seinem Sprung vom Rand der Erde gleich<br />

mehrere Rekorde. Dass er verrückt ist und nach einem<br />

Kick sucht, ist bekannt, denn er hat schon mehrere<br />

lebensgefährliche Sprünge gemacht. Als Beispiel<br />

sei hier der Flug über den Ärmelkanal genannt, den


er nur mit zwei Spezialflügeln und einem Fallschirm<br />

auf dem Rücken vollbracht hat. Damals wie heute<br />

wurde er von einem namhaften Sponsor unterstützt:<br />

Red Bull. Dem Millionenkonzern von Dietrich Mateschitz<br />

haben die Sprünge sicher viel gebracht, vor<br />

allem Aufmerksamkeit in den Medien, also Werbung.<br />

Baumgartner selber aber - was hat er davon? Eines ist<br />

sicherlich der Kick, den ein Extremsportler sucht, so<br />

wie viele von Red Bull gesponserten „Athleten“. Aber<br />

was vielleicht noch mehr zu so einem Sprung anregt<br />

als der Kick oder ein Weltrekord, ist das Geld. Denn<br />

Mateschitz hat an Felix Baumgartner sicherlich nicht<br />

schlecht verdient und dadurch ging auch Letzterer<br />

nicht leer aus. Denn auf jedem weißen Fleck des Spezialanzuges<br />

des Österreichers waren die beiden roten<br />

Stiere abgebildet. Verwunderlich ist nur, dass nicht<br />

auf dem ganzen Ballon ein riesiges Red-Bull-Logo abgebildet<br />

war.<br />

Doch riskiert man sein Leben nur für Geld, für einen<br />

Weltrekord oder doch für den Kick? Viele von Red<br />

Bull gesponserte Sportler haben ihre Extremsportart<br />

sicher aufgrund des Adrenalinschubs ausgewählt,<br />

aber auch, weil sie gut darin waren. Doch irgendwann<br />

gerät das vielleicht in den Hintergrund, wenn man<br />

den Gehaltscheck vom Sponsor sieht. Also sind viele<br />

Rekordversuche wahrscheinlich nicht mal freiwillig<br />

gestartet worden, sondern der modernen Marketingstrategie<br />

einer Firma bzw. Marke zu verdanken.<br />

Denn zur Berühmtheit kann man auch anders gelangen.<br />

Und überhaupt: Wie lange wird Baumgartner<br />

noch so bekannt sein? Der Sprung ist vorüber und es<br />

war definitiv sein letzter, er hat es selbst gesagt. Auch<br />

sein Vorgänger Joseph Kittinger, der erstmals einen<br />

solchen Fallschirmsprung wagte, kam erst wieder in<br />

die Köpfe der Menschen, als Baumgartner diese waghalsige<br />

Aktion nachmachte und übertrumpfte. In ein,<br />

zwei Jahren aber wird auch er langsam in Vergessenheit<br />

geraten, bis es ein neuen Verrückten gibt, der dasselbe<br />

nochmals wagt und überbieten will. Also kann<br />

es nicht nur des Ruhmes wegen sein. Vielleicht wollte<br />

Felix einfach, wie viele andere Extremsportler auch,<br />

seine eigenen Grenzen ausprobieren und sehen, wo<br />

diese liegen. Vor allem Kletterer und Apnoe-Taucher<br />

wagen Weltrekorde nur deshalb. Nur um zu probieren,<br />

ob man diese Wand auch noch ohne Sicherung<br />

Seite 12<br />

und innerhalb möglichst kurzer Zeit schafft, oder<br />

um zu probieren, ob man dem Meeresboden noch<br />

näher kommen kann. Solche „Experimente“ enden<br />

aber auch tödlich. So wie ein Tauchgang des französischen<br />

Apnoe Tauchers Loïc Leferme. Er wollte tiefer<br />

tauchen als alle andern Menschen. Eine Mischung<br />

aus Verrücktheit, Weltrekordsucht und ungesundem<br />

Ehrgeiz führten aber dazu, dass er bei einem Rekord-<br />

versuch aus ungeklärten Gründen nicht mehr auftauchte.<br />

Vielleicht ist er einige Meter zu tief gegangen,<br />

um einen neuen Rekord aufzustellen. Denn mit No-<br />

Limit-Tauchen verdient man mit „normalen“ Leistungen<br />

kein Geld. Das einzige Geld, das man erhält, sind<br />

Zahlungen der Sponsoren, aber eben nur dann, wenn<br />

ein neuer Weltrekord aufgestellt wird. Das Problem<br />

ist: Als Extremsportler kann man nicht nebenbei mal<br />

im Büro arbeiten und abends trainieren. Um Weltrekorde<br />

zu brechen, muss man, wie Leferme, immer<br />

hart trainieren. Nur dann zahlt es sich auch aus. In<br />

vielen Fällen gibt es auch nur einen einzigen Versuch,<br />

da das Geld sonst nicht reicht. Leferme hatte fast alle<br />

Teile seiner Ausrüstung selbst entwickelt und gebaut.<br />

Schafft man dann den Rekord nicht, zahlt der Sponsor<br />

nicht und man ist im schlimmsten Fall pleite.<br />

Weitere Beispiele für Rekordversuche mit tödlichem<br />

Ausgang gibt es zur Genüge.<br />

1998 wurde dem amerikanischen Extremkletterer<br />

Dan Osman ein Rekordversuch zum Verhängnis. Er


kletterte dabei 355 Meter an einer fast senkrechten<br />

Steinwand empor und stürzte dann im freien Fall in<br />

die Sicherungsseile. Zwar hatte bei seinem letzten<br />

Rekordversuch bereits die Dämmerung eingesetzt;<br />

er aber wollte sein Werk zu Ende bringen, weil er<br />

Angst hatte, dass er am nächsten Tag keine Erlaubnis<br />

mehr erhalten würde für diese Klettertour mitten<br />

im Yosemite-Nationalpark. Er veränderte deshalb die<br />

Absprungposition. Die Fangseile, die lange Wind und<br />

Wetter ausgesetzt waren, überschnitten sich dadurch<br />

und ein Knoten riss aufgrund der Reibungshitze. Er<br />

war gerade einmal 35 Jahre alt.<br />

Auch andere, vermeintlich ungefährliche Sportarten<br />

fordern immer wieder mal Tote. Vor allem im Bereich<br />

des Freeride-und des Freestyle-Skifahrens sterben<br />

Wir rollen den Stein<br />

Eine Sisyphosarbeit<br />

Wir kennen alle die Geschichte: Sisyphos muss<br />

ständig einen Stein auf einen Berg rollen, der dann,<br />

kaum oben angekommen, wieder hinunterrollt. Jedes<br />

Mal heißt es nur wieder: „You still have to roll up<br />

that stone“, doch Sisyphos hat sich mit dieser Qual<br />

angefreundet, sie bereitet ihm kaum mehr Schmerzen.<br />

Aufmerksam wurde ich auf die Thematik durch<br />

den neuen Messner-Film, eine Biographie herausragender<br />

sportlicher Leistungen, auf die ich jetzt<br />

nicht näher eingehen will. Jedoch wurde durch den<br />

Titelsong immer wieder die Sisyphosmetapher ins<br />

Spiel gebracht. Ein treffender Vergleich: Auch Reinhold<br />

Messner erklimmt immer wieder Berge, erleidet<br />

furchtbare Qualen: Er verliert seinen Bruder und die<br />

meisten seiner Zehen am Nanga Parbat, am Mansalu<br />

muss er zwei seiner drei Gefährten zurücklassen,<br />

und er befand sich mehr als nur einmal in Lebensgefahr<br />

durch Steinschlag, Wetterumbrüche, Lawinen<br />

und Spaltenstürze. Und wofür? Es gibt kaum eine<br />

vernünftige Rechtfertigung dafür, die schwierigsten<br />

Berge der Welt, meistens mit minimaler Ausrüstung<br />

und über unbegangene, schwierige Routen, zu erklimmen.<br />

Was sagen solche Leute? Messner hat einmal<br />

in einem Interview gesagt: „Ich habe auf die Sau-<br />

Seite 13<br />

junge Leute auf der Jagd nach unmöglichen Abfahrten<br />

oder Sprüngen. So wie die erst 30-jährige kanadische<br />

Ski-Freestylerin Sarah Burke, die nach einem Sturz im<br />

Krankenhaus den Kampf mit dem Tod verloren hat.<br />

Natürlich gibt es viele Extremsportler, die ihre aktive<br />

Zeit überlebt haben und durch die Sponsorengelder<br />

nicht schlecht leben. Deshalb spielt Geld im Extremsport<br />

und auf der Jagd nach neuen Weltrekorden auf<br />

jeden Fall eine große Rolle. Doch auch die Sucht nach<br />

Ruhm, Ehre und dem Kick darf man nicht vergessen.<br />

Was aber feststeht ist, dass jeder Rekordversuch dieser<br />

Personen entweder die von Led Zeppelin besungene<br />

Stiege zu Ruhm und Berühmtheit ist oder (leider zu<br />

oft) die von AC/DC zitierte Autobahn in die Hölle.<br />

erstoffflasche verzichtet, auf das Hochlager, am Ende<br />

auch noch auf den Partner. Nur auf den Humbug<br />

hinaufzusteigen, habe ich nicht verzichtet. Das werfe<br />

ich mir selber lächelnd vor…“ Ist es also eine Art<br />

„Der-Weg-ist-das-Ziel-Manie“? Doch wieso geben<br />

sich solche Menschen, solche übermotivierte Spinner<br />

dann nicht nur mit der Eröffnung einer neuen Route<br />

zufrieden, sondern – und das auch nicht immer – mit<br />

dem Gipfelerfolg? Ist es eine Krankheit? Eine Psychose?<br />

Oder ist es einfach nur der Ehrgeiz, zu den Besten


zu gehören?<br />

Ich glaube, die meisten Extremsportler sind einfach<br />

nur auf der Suche nach dem größtmöglichen Kick, je<br />

gefährlicher, desto besser. Und ich glaube, es ist ziemlich<br />

unmöglich, solch eine Sucht zu verstehen. Es han-<br />

delt sich schließlich um Menschen, denen das eigene<br />

Leben mehr oder weniger egal ist, die auf der Suche<br />

nach dem Unberührten, dem Unerforschten sind,<br />

kurz: Es sind Abenteurer. Aber wenn es schon unmöglich<br />

ist, es zu verstehen, kann man mindestens versuchen,<br />

es nachzuvollziehen. Ich glaube, jeder von uns<br />

hat schon einmal den Reiz verspürt, etwas Außergewöhnliches<br />

zu wagen, etwas zu riskieren, sei es zu versuchen,<br />

noch durch<br />

die sich schließende<br />

Fahrstuhltür zu<br />

schlüpfen oder als<br />

kleines Kind von einer<br />

hohen Mauer zu<br />

springen. Jeder von<br />

uns hat einen kleinen<br />

Stein, den man,<br />

obwohl es sinnlos<br />

ist, herumrollt; einfach<br />

so.<br />

Ist es also nur der<br />

Auswuchs, oder<br />

besser gesagt Überwuchs,<br />

einer natürlichenVerant-<br />

Seite 14<br />

wortung? Steckt vielleicht mehr hinter Basejumpern,<br />

Extrembergsteigern, Downhillern und Konsorten?<br />

Schließlich besteht ja ein kleiner Unterschied zwischen<br />

dem Sprung von einer eineinhalb Meter hohen<br />

Mauer und einem Sprung aus 38 km Höhe. Der Unterschied,<br />

und darin liegt der springende<br />

Punkt, der einen Extremsportler von einem<br />

Ottonormalverbraucher unterscheidet,<br />

ist, dass jener das Unbekannte sucht. Ihn<br />

reizt ein noch jungfräuliches, unbefahrenes<br />

Schneefeld, eine Felswand, die noch nie<br />

bestiegen wurde, eine Leistung, die noch<br />

nie erbracht wurde. Beim Extremsportler<br />

geht es nicht darum, besser als jemand anderes<br />

zu sein, wie es beispielsweise in der<br />

Leichtathletik der Fall ist, sondern etwas<br />

Besonderes, Herausragendes als Erster zu<br />

machen. Wer weiß, wer den Rekord für die<br />

schnellste Weltumsegelung hält? Vermutlich<br />

niemand. Es ist Loick Peyron, ein französischer<br />

Skipper, der für die Strecke nur<br />

45 Tage und 13 Stunden benötigte. Ungemein länger,<br />

nämlich zwei Jahre, elf Monate und zwei Wochen, hat<br />

ein gewisser Ferdinand Magellan für diese Strecke gebraucht;<br />

dieser Name dürfte bekannt sein. Obwohl es<br />

Ersterer in einem Bruchteil der Zeit geschafft hat, ist<br />

sein Name, außer in Fachkreisen, kaum bekannt. Magellan<br />

hingegen ist der Extremsportler, er ist bekannt,<br />

weil er etwas nie da Gewesenes erreicht hat.


Reinhold Messner hat keinen der 14 Achttausender<br />

als Erster bestiegen. Er hat gesammelt, das ist auch ein<br />

Aspekt des Extremsports: die Sammelleidenschaft. Irgendwann<br />

sind alle Gipfel bestiegen, alle Meere befahren,<br />

von jedem Wolkenkratzer hat sich schon jemand<br />

hinabgestürzt, deshalb geht man dazu über, es sich<br />

schwieriger zu machen, da es ja zu einfach geworden<br />

ist. Man kämpft sich durch Nordwände, Nordwestpassagen,<br />

mit einem selbstgezogenen Buggy durch Victoria<br />

Island, weil der Normalweg zu langweilig geworden<br />

ist. Irgendwann geht man dazu über, die Slackline<br />

anstatt zwischen zwei Bäumen zwischen zwei Berggipfeln<br />

zu spannen. Ist auch das zu langweilig geworden<br />

lässt man die Sicherung weg und balanciert „Free<br />

Solo“ über den Abgrund. Fest steht: Es gibt immer<br />

weniger Abenteuer, die man noch erleben kann, und<br />

wenn man auf der Suche nach dem Unentdeckten ist,<br />

muss man sich früher oder später eben mit dem Normalen<br />

abfinden, also eine tausend Meter hohe Felswand<br />

allein in unter zwei Stunden zu durchklettern.<br />

Ausgegraben<br />

Verena v. Walther, Hannah Lezuo, Leopold Reinisch<br />

Seite 15<br />

Und irgendwann ist auch das so normal, dass man<br />

aufhört, den großen Stein zu rollen, sondern sich mit<br />

kleineren Sandkörnern, wie dem Erreichen eines startenden<br />

Autobusses, zufriedenzugeben. Ich für meinen<br />

Teil bin stolz darauf, den Kalterer See durchsegelt und<br />

den Rosengarten bestiegen zu haben, schließlich ist es<br />

der eigene Erfolg, mein Erfolg. Selbst Reinhold Messner<br />

zollt dem Respekt, wenn er sagt: „Solange Leute<br />

aus dem Büro auf einfachen Wanderwegen auf einen<br />

kleinen Berg hinaufsteigen, finde ich das sehr positiv“<br />

- denn es ist ihre persönliche Leistung.<br />

Valentin Harich<br />

Wie schon in der letzten Ausgabe haben wir uns den Leitspruch von Erasmus von Rotterdam zu eigen gemacht,<br />

demzufolge man Ad fontes gehen soll. Genau das haben wir getan und alte Maturazeitungen unserer<br />

Schule durchforstet. Dabei sind wir auf ein paar Leckerbissen gestoßen, die uns verraten, wie unsere Kollegen<br />

vor Jahren ihre Professoren und ihre Schule erlebt haben. Schaut mal rein – und viel Vergnügen!


Seite 16


Weihnachtszeit<br />

Ein nicht durchwegs ernst gemeinter Zwischenruf<br />

Es ist wieder so weit. Der erste Schnee ist auf den<br />

Bergen schon gefallen und kommt der Landeshauptstadt<br />

<strong>Bozen</strong> immer näher, die Temperaturen sinken<br />

in den Keller, in den ersten Skigebieten laufen die<br />

Lifte schon auf Hochtouren, die Adventskalendertürchen<br />

werden nun wieder eins nach dem anderen geöffnet,<br />

alle Straßen sind festlich geschmückt und der<br />

Christkindlmarkt hat wieder seine Pforten geöffnet.<br />

Die Zeit der Besinnlichkeit und der Liebe hat wieder<br />

begonnen.<br />

Jeden Tag pilgern ganze Massen nach <strong>Bozen</strong>, um Unsummen<br />

auszugeben für kleine, dicke Thun-Engel,<br />

für Grödner Qualitätsschnitzereien und für andere<br />

hochwertige Produkte aus Südtirol. Na ja, die zum<br />

Verkauf angebotenen Sachen sind auch nicht unbedingt<br />

die billigsten, aber Qualität aus Südtirol bekommt<br />

man eben nicht umsonst, denn immerhin<br />

sind es größtenteils mühevoll angefertigte Figuren,<br />

Hausschuhe oder Ähnliches. Die haben ihren Preis.<br />

Die Gedanken an die Wirtschaftskrise werden von<br />

den Leuten zumindest für einen Monat im Jahr in<br />

die unendlichen Weiten des Gehirns verdrängt. Und<br />

schließlich muss man ja die Wirtschaft wieder ankurbeln,<br />

was bekanntlich am besten funktioniert, indem<br />

man Geld ausgibt.<br />

Doch viele besuchen den Markt nicht wegen der schönen<br />

Filzarbeiten oder aufgrund der süßen Backwaren.<br />

Nein, sie kommen des Glühweins wegen. Auch<br />

süß und mit einer Wirkung, die Kekse oder andere<br />

Teigwaren auch in größeren Mengen nicht hervorrufen.<br />

Vor allem Jugendliche begeben sich jedes Jahr<br />

immer wieder gern auf den Markt. Doch meistens<br />

kommen sie nicht weit, weil sie bereits beim Larcher<br />

oder einem anderen verführerisch duftenden Glühweinstand<br />

hängen bleiben. Viele nehmen sich immer<br />

wieder vor, wenigstens eine Runde zu machen, jedoch<br />

erfolglos. Denn die einzige Runde, die ihnen vielleicht<br />

gelingt, ist die vom Larcher zum Campofranco<br />

und wieder zurück, mit einem kleinen Abstecher bei<br />

Seite 17<br />

dem Stand der Forst. Naja, immerhin wird dabei fast<br />

der ganze Markt einmal durchquert und sie schaffen<br />

es trotzdem, einen Blick auf die von gefühlten Millionen<br />

Menschen umgebenen Stände zu erhaschen.<br />

Doch kommen wir zurück zum Glühwein. Es ist DIE<br />

Zeit des Jahres für die jungen Leute. Denn wenn man<br />

unter dem Jahr doch nur an Freitagen oder Samstagen<br />

ausgehen kann, so kann man in der Weihnachtszeit<br />

jeden Tag feiern, trinken und Spaß haben. Schön<br />

für die Jugendlichen. Die Eltern finden das unerhört,<br />

in dieser besinnlichen Zeit kübelweise Glühwein in<br />

sich hineinzuschütten. Doch liebe Eltern, wisst ihr<br />

eigentlich, wie viele neue Freundschaften, vor dem<br />

Larcher beispielsweise, dabei geknüpft werden, und<br />

alte Bekanntschaften wieder aufgefrischt? Und wisst<br />

ihr, wie besinnlich eure Kinder sein können? Denn<br />

bleibt man etwas länger vor diesen Ständen stehen,<br />

erklingen, vor allem zu etwas fortgeschrittener Stunde,<br />

immer wieder wunderschöne mehrstimmige Lieder,<br />

wie „Alle Jahre wieder“ oder „Stille Nacht“. Und<br />

wenn man Glück hat und es schneit, dann hört man<br />

sogar „Leise rieselt der Schnee“ in verschiedenen<br />

Tonhöhen. Besser als es jeder Chor zustandebringen<br />

würde. Auch der Liebe und den Emotionen lassen<br />

viele in dieser Zeit freien Lauf. Manche etwas zu viel.<br />

Doch nicht nur die Jugendlichen genießen diese Zeit<br />

der Besinnung und des Friedens. Auch diejenigen,<br />

welche von der Krise gebeutelt und ausgebeutelt wurden.<br />

Diese können sich dann die Zukunft jeden Tag<br />

etwas schöner trinken. Vor der Arbeit, danach und<br />

am besten auch während. Zu welchem Zweck gibt<br />

es schließlich Thermoskannen? Doch nicht nur sie<br />

trinken sich die Zukunft schön in ihrer Verzweiflung,<br />

sondern auch die sogenannte Spezies der Singles.<br />

Sie treffen sich in Gruppen vor diesen Ständen und<br />

versuch en, inmitten von so vielen Verliebten und<br />

Liebenden, sich alles schön zu trinken, manchmal<br />

sich auch Mut anzutrinken, um pünktlich zu Weihnachten<br />

doch eine/n zu ergattern. Ein großer Fehler,


denn am 24. Dezember noch ein Geschenk zu finden,<br />

ist eine schwer zu bewältigende Aufgabe. Besser das<br />

Geld schon vorher in den Glühwein zu investieren,<br />

der muss nicht beschenkt werden und kommt alle<br />

Jahre wieder.<br />

Eines aber haben alle drei Gruppen, die aus den verschiedensten<br />

Gründen Glühwein trinken, gemeinsam:<br />

Sie erwachen erst wieder am Ende des Glühweinmar...<br />

entschuldigen Sie, des Christkindlmarktes<br />

aus ihrem Traum, und in der Realität angekommen<br />

merken sie erst, dass sich nichts an ihrem Leben geändert<br />

hat, außer dass die Brieftaschen leer sind und<br />

der Bankomat auch nichts mehr ausspucken will.<br />

Seite 18<br />

Die Jugendlichen warten wieder sehnsüchtig auf jedes<br />

Wochenende, die von der Krise Geprägten verschwinden<br />

heimlich zu Hause und die Singles suchen<br />

weiter.<br />

Die Betreiber der Stände juckt das wenig bis gar<br />

nichts, denn sie verbringen die Feiertage wieder in<br />

der Karibik.<br />

In diesem Sinne: eine besinnliche Zeit, frohe Weihnachten<br />

und einen hoffentlich nicht zu wilden Rutsch<br />

ins neue Jahr!

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