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Die Deutschen in Polen 1918 bis 1939

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<strong>Die</strong> 1886 gegründete preußische Ansiedlungskommission kaufte systematisch ländlichen<br />

Grundbesitz auf, doch waren davon 313 657 ha aus deutscher und nur 125 750 ha aus<br />

polnischer Hand. Bis <strong>1918</strong> betrug die angekaufte Fläche 466 750 ha, die sich aus 828<br />

Gütern und 631 Bauernwirtschaften zusammensetzte. In e<strong>in</strong>em Zeitraum von 30 Jahren<br />

wurden nur vier Güter mit 1655 ha enteignet; die Entschädigungssummen lagen <strong>in</strong> der Regel<br />

über den Marktpreisen. (H 13). Der polnische Besitzstand erlitt ke<strong>in</strong>en Schaden, er<br />

vergrößerte sich sogar. Der deutsche Bevölkerungszuwachs durch gezielte<br />

E<strong>in</strong>wanderungsförderung betrug zwischen 80 000 und 90 000 Personen; bei e<strong>in</strong>er<br />

Gesamtbevölkerung von 5,5 Millionen fiel diese Zahl nicht <strong>in</strong>s Gewicht. „Es kann also<br />

festgestellt werden, dass die Tätigkeit der preußischem Ansiedlungskommission weder den<br />

polnischen Grundbesitz wesentlich bee<strong>in</strong>trächtigt noch den deutschen Bevölkerungsanteil<br />

besonders gestärkt hat.“ 19). Jedoch bot die lärmende und oft ungeschickte Arbeit der<br />

Kommission der polnischen Propaganda viele Angriffspunkte. Hermann Rauschn<strong>in</strong>g<br />

bemerkte hierzu: „<strong>Die</strong> preußische <strong>Polen</strong>politik der jüngsten Jahrzehnte hat freilich e<strong>in</strong>e große<br />

Schwäche gehabt, sie hat es nicht verstanden, ihre Ziele h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>em Schleier humanitärer<br />

Phrasen zu verbergen, sondern die D<strong>in</strong>ge nüchtern beim Namen genannt. Und die<br />

öffentliche Me<strong>in</strong>ung, die ihr Urteil an Äußerlichkeiten bildet, verzeiht nicht das immer brutale<br />

E<strong>in</strong>geständnis wirklicher Kräfte und Ziele.“20) Bis 1876 war es möglich, mit den Ämtern<br />

polnisch zu kommunizieren; erst <strong>in</strong> diesem Jahr wurde Deutsch <strong>in</strong> Preußen die Amtssprache.<br />

Während <strong>in</strong> Westpreußen zur Zeit der polnischen Herrschaft durch Verwaltung und Kirche<br />

der deutsche Adel und Teile der ländlichen Bevölkerung polonisiert wurden und <strong>in</strong> den<br />

Städten wie auf dem Lande das Gebiet wirtschaftlich absank, erfolgte seit Friedrich dem<br />

Großen e<strong>in</strong>e vorbildliche Aufbauarbeit: vom Wiederaufbau der wüsten Stellen <strong>in</strong> den<br />

Städten, Bodenverbesserungen, Bauernbefreiung und Schulgründungen <strong>bis</strong> zur Ordnung<br />

des Gesundheitswesens und der äußeren Ordnung <strong>in</strong> die kle<strong>in</strong>sten E<strong>in</strong>zelheiten h<strong>in</strong>ab.21)<br />

<strong>Die</strong>se vorbildliche preußische Verwaltungstätigkeit und Erziehungsarbeit hatte aber<br />

angesichts der <strong>in</strong> diesem Rechtsstaat strikt e<strong>in</strong>gehaltenen Gleichheit vor dem Gesetz e<strong>in</strong><br />

Janusgesicht. Denn dadurch konnte sich im preußischen Teil <strong>Polen</strong>s e<strong>in</strong> polnischer<br />

Mittelstand ausbilden, der zum gefährlichsten Gegner der <strong>Deutschen</strong> wurde. E<strong>in</strong>igen um ihr<br />

nationale Freiheit kämpfenden <strong>Polen</strong> wurde dies bewusst, wie e<strong>in</strong> paar fast triumphierende<br />

Stimmen bezeugen. In der Posener Zeitung Oredownik vom 14. September 1900 kann man<br />

lesen: „Niemand und nichts <strong>in</strong> der preußischen Monarchie ist heute imstande, den Puls des<br />

nationalen Lebens des polnischen Elementes zu unterb<strong>in</strong>den, denn heute dienen tausend<br />

Mittel der Gesetzgebung und preußische E<strong>in</strong>richtungen der sozialen Entwicklung und<br />

allgeme<strong>in</strong>en Kultur den <strong>Polen</strong> im preußischen Anteil und verhelfen ihnen zum Wohlstand und<br />

zur Entwicklung ihrer nationalen Kraft.“22) Ebenso unmissverständlich sprach dies die<br />

Lemberger Zeitung Przeglad Wszechpolski aus: „Wenn wir im russischen Anteil diejenigen<br />

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