MEHR ALS EINE MODEERSCHEINUNG - portfolio institutionell

Christian Mosel
Kunden, die teilweise zehn bis 20 Portfoliomanager haben und es als Diversifikation betrachten, wenn sie neben
ihren Value-Managern und Growth-Managern auch einen nachhaltigen Manager haben. Diese Investoren sind
nicht unbedingt weltbildgetrieben, sondern gehen aus einem ganz anderen Gesichtspunkt an das Thema
Nachhaltig keit heran. Sie diversifizieren über Managementstile. Wir sehen das bei großen Firmen, die auch
davon leben, ein Nachhaltigkeitslabel zu bekommen. Nehmen wir die Konsumgüterbranche, für die es tatsächlich
ein Reputationsthema ist. Diese Unternehmen fangen an, ihre Pensionsgelder – wenn auch nur partiell –
nachhaltig managen zu lassen. Das geschieht aus dem Gesamtkontext heraus.
Haben Sie den Eindruck, dass es das thema nachhaltigkeit gerade im derzeitigen
niedrigzinsumfeld besondes schwer hat, weil dieses alle anderen themen überschattet?
Sommer: Im Gegenteil, wir sehen weiterhin starke Nachfrage und ein Momentum beim Thema Nachhaltigkeit.
Die Performance-Frage ist natürlich eine ganz wichtige. Unsere Erfahrung ist, dass Nachhaltigkeit die Performance
nicht negativ beeinflusst. Und wir sehen auch, dass Nachhaltigkeit
das Risikomanagement verbessert. Die Analyse von ESG-Faktoren
führt zu einem umfassenderen Verständnis von Unternehmen und auch
Staaten und deren Investmentrisiken, sprich Regulierungsrisiken, Reputationsrisiken
und Ereignisrisiken. Insofern sehen wir das nicht nur aus
einer wertgetriebenen oder ethischen Perspektive, sondern auch aus
Kapitalmarktperspektive. Und weil die Performance-Frage so wichtig ist,
haben wir eine Studie in Auftrag gegeben. Die Steinbeis-Universität hat
sämtliche wissenschaftlichen Studien zu dem Thema untersucht. Insgesamt
wurden 195 Studien zur Performance-Frage ausgewertet. Dabei
ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass Nachhaltigkeit sich nicht
negativ auf Performance auswirkt.
ist ein Extra-alpha möglich?
Sommer: Soweit lehnen wir uns nicht aus dem Fenster. Wir würden
nicht sagen, dass man mit Nachhaltigkeit garantiert eine bessere Performance
erzielen kann als mit herkömmlichen Fonds. Wir haben diesen
Anspruch, aber wir können das nicht vorab versprechen. Allerdings können wir mit nachhaltigen Investmentlösungen
einen zusätzlichen gesellschaftlichen Mehrwert generieren, der den Wertvorstellungen von Kunden
entspricht, und den wir auch in Zahlen messen können.
Dieter lehmann: Auch wir haben die Erfahrung gesammelt, dass der Einsatz von nachhaltigen Investments
nicht nachteilig ist. Aber es gibt meines Wissens keine Erhebung, die genau das Gegenteil beweist, also dass
sich Nachhaltigkeit positiv auf den Ertrag auswirkt. Insofern muss man die Dinge sachlich nüchtern betrachten.
Der Investor muss sich zunächst fragen, in wessen Auftrag er das tut. Ist es das eigene Geld? Dann bin ich nur
mir selbst verpflichtet. Verwaltet man das Kapital für andere? Dann muss man zunächst sehen, was derjenige,
der das Geld zur Verfügung gestellt hat, für Ziele verfolgt. Bei Stiftungen gilt ganz pauschal, das Vermögen möglichst
ertragreich anzulegen. Wenn man dabei nachhaltige Anlagen einbauen kann, ist das sehr schön. Dann
sollte und kann man das natürlich tun. Der andere Punkt ist der: Wir sprachen schon über Diversifizierung. Wir
wissen alle, dass sich Nachhaltigkeit nach wie vor auf Aktien fokussiert. Es beginnt sich langsam auf den Bereich
der Anleihen zu transferieren. Aber das entwickelt sich erst. Wenn wir über ein diversifiziertes Portfolio sprechen,
können wir uns aber nicht nur auf Aktien konzentrieren. Insofern muss man sich auch von der euphorischen oder
glorifizierten Welt verabschieden. Man muss schauen, was für eine Diversifizierung möglich ist und wie sich der
nachhaltige Aspekt einbauen lässt.
6 portfolio plattform: Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage Juni 2013