RoterPiranha - Tierparkfreunde Hellabrunn eV
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<strong>RoterPiranha</strong><br />
Pygocentrus (Serresalmus)<br />
nattereri<br />
Verbreitung: Amazonas- und Orinokogebiet.<br />
Flüsse Guyanas, Einzugsgebiet des<br />
Rio Paraguay und Rio Paraña<br />
Lebensraum: Überwiegend in langsam<br />
fließenden und trüben sog. Weißwasserflüssen,<br />
deren Nebenarmen und Altwässern<br />
Nahrung: Fische, aber gelegentlich auch<br />
andere Wirbeltiere<br />
Besonderheiten: sehr scharfe Zähne,<br />
ökologische Funktion einer Gesundheitspolizei.<br />
Es gibt 5 Gattungen Piranhas mit<br />
36 Arten. Metallisch glänzende Schuppen<br />
durch Einlagerung von Guanin-Kristallen.<br />
Können Trommellaute erzeugen, deren<br />
Bedeutung noch unbekannt ist.<br />
Alter: wahrscheinlich bis 30 Jahre<br />
Lebensweise: Schwarmfisch<br />
Bestand: weit verbreitet<br />
<strong>Hellabrunn</strong>er Piranhas: ca. 60-70 Tiere,<br />
zum Teil aus Privathaltungen, manche von<br />
ihnen schon seit 17 bis 20 Jahren in <strong>Hellabrunn</strong><br />
Fütterung: zweimal wöchentlich (mittwochs<br />
und sonntags jeweils um 15:00 Uhr)<br />
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14 LÖHLEINS TIERLEBEN<br />
<strong>RoterPiranha</strong><br />
Eigentlich sehen sie gar nicht so blutrünstig und gefährlich aus. Gleich im<br />
zweiten Großbecken im Untergeschoss des <strong>Hellabrunn</strong>er Aquariums sind sie zu<br />
finden, die Piranhas. Man sieht kaum etwas von den messerscharfen Zähnen,<br />
die hinter Lippenhäuten verborgen sind. Und dann schwimmen sie auch noch<br />
ganz friedlich mit anderen Fischen im selben Becken. Wie kann das denn sein?<br />
Es ist wie so oft bei Tieren mit<br />
schlechtem oder gar gefährlichem<br />
Ruf. Es wird maßlos übertrieben. In<br />
der Literatur finden sich zahlreiche<br />
Beschreibungen eines blutrünstigen<br />
Fisches, der Menschen und Tiere in<br />
sekundenschnelle bis auf die Knochen auffrisst.<br />
Doch ähnlich wie bei Hai, Giftschlange<br />
und Krokodil sieht die Wahrheit oft ganz<br />
anders aus. Die Futterfische, die Aquarienchef<br />
Frank Müller und sein Team ins Wasser<br />
werfen, werden blitzschnell aufgefressen.<br />
Der Biss mit den messerscharfen Zähnen ist so<br />
heftig, dass die Piranhas blitzschnell kleine<br />
Fleischstücke aus ihrer Beute herausreißen<br />
und diese unzerkaut verschlingen können.<br />
Andererseits kann man die Tierpfleger beobachten,<br />
wie sie mit bloßer Hand ins Wasser<br />
fassen, um z.B. die Scheibe zu putzen.<br />
Hierauf reagiert keiner der <strong>Hellabrunn</strong>er<br />
Piranhas. Genauso wenig scheinen sie sich für<br />
die Kolumbiensalmler und anderen Fische im<br />
Becken zu interessieren. Die Kolumbiensalmler<br />
gehören sogar zu den wenigen <strong>Hellabrunn</strong>er<br />
Fischen, die sich ohne spezielle<br />
Zucht- oder Aufzuchtbecken vermehren, und<br />
das als Untermieter der „gefürchteten“ Piranhas.<br />
Anders sieht die Lage erst aus, wenn<br />
ein Fisch (egal ob Piranha oder ein<br />
anderer) erkrankt. Dann wird er sofort<br />
gefressen. Und das ist genau<br />
die wichtige ökologische Bedeutung<br />
der Piranhas: Sie ernähren sich überwiegend<br />
von kranken und verletzten Fischen.<br />
Dadurch verhindern sie die Ausbreitung von<br />
Seuchen und erhalten das natürliche Gleichgewicht<br />
der Natur. Man kann sie als die<br />
Gesundheitspolizei der südamerikanischen<br />
Fließgewässer bezeichnen. Jedenfalls die räuberisch<br />
lebenden Arten. Denn unter den 36<br />
bekannten Piranha-Arten gibt es zahlreiche<br />
mit rein vegetarischer Ernährung. Die in<br />
<strong>Hellabrunn</strong> gehaltene Art ist allerdings ein<br />
Fleisch- oder besser gesagt Fischfresser.<br />
A<br />
ls zusätzlicher Trick in der Aquarienhaltung<br />
vergesellschaftet man<br />
mit Roten Piranhas bevorzugt bodenlebende<br />
Fische oder Fische mit<br />
einer dem Piranha ähnlichen Körperform.<br />
Zahlreiche südameriakani -<br />
sche Fische wie z.B. die Scheiben- oder Mühlsteinsalmler<br />
ahmen die Form der Piranhas<br />
nach, um sich zu schützen. Trotz dieser „Beißbremse“<br />
gegenüber allem, was nach Piranha<br />
aussieht, kommt es während der Fütterung<br />
hin und wieder aus lauter Gier zu Bissverletzungen<br />
untereinander. So sieht man immer<br />
wieder mal <strong>Hellabrunn</strong>er Piranhas, denen<br />
eine Flosse oder ein ganzes Stück Rücken herausgebissen<br />
wurde.<br />
D<br />
och Haut- und Flossenverletzungen<br />
verheilen verblüffend schnell. Wer<br />
öfter in den Tierpark kommt, kann<br />
ja mal darauf achten, wie kleinere<br />
Verletzungen innerhalb von wenigen<br />
Tagen nahezu verschwinden.<br />
Die robusten Piranhas regenerieren unglaublich<br />
schnell und verfügen dank einer dicken<br />
Schleimschicht und besonders angeordneten<br />
Schuppen über besonderen Schutz ihrer Körperoberfläche.<br />
So ist es kein Wunder, dass die<br />
älteren der <strong>Hellabrunn</strong>er Piranhas schon um<br />
die 20 Jahre hier leben.<br />
U<br />
nd auch die Nachzucht gelang dem<br />
engagierten Team um Aquarienleiter<br />
Frank Müller schon. Sie war<br />
kein Zufall, sondern wurde 1998<br />
bewusst für eine Fernsehproduktion<br />
der BBC in Gang gesetzt. Dazu wurde<br />
kurzfristig die Wassertemperatur erhöht<br />
und so die Paarungszeit simuliert. Es müssen<br />
genügend Tiere im Becken sein, denn Piranhas<br />
sind bei der Partnersuche sehr wählerisch.<br />
Ein Männchen sondert sich vom Schwarm ab<br />
und verwandelt die Beckeneinrichtung und<br />
insbesondere die Bepflanzung in eine Trüm-
merlandschaft. Das Weibchen<br />
sucht anschließend den Nistplatz<br />
aus, wo nach einem<br />
Paarungsritual die Eier in eine<br />
flache Grube abgelegt werden.<br />
Da die Eier sehr empfindlich<br />
gegenüber Verpilzung<br />
sind, aber auch von anderen<br />
Fischen gefressen werden,<br />
müssen sie vorsichtig abgesaugt<br />
und nach einer in<br />
<strong>Hellabrunn</strong> entwickelten Spezialbehandlung<br />
(gegen Verpilzung)<br />
in einem Aufzuchtbecken<br />
gehalten werden. Erst<br />
ab einer bestimmten Größe<br />
kommen die Jungfische dann<br />
zu ihren Eltern ins große<br />
Piranhabecken.<br />
Da der Münchner Tierpark<br />
Piranhas häufig<br />
von Privathaltern<br />
übernehmen kann,<br />
die selbst nachgezüchtet<br />
haben oder<br />
denen die Fische für ihr Aquarium<br />
zu groß geworden sind<br />
(der Rote Piranha wird immerhin<br />
35 cm lang) und außerdem<br />
bei jeder Nachzucht die komplette<br />
Aquarieneinrichtung<br />
zerlegt wird, wurden seit der<br />
BBC-Fernsehproduktion keine<br />
weiteren Nachzuchtversuche<br />
unternommen. Damals wurden<br />
übrigens knapp 50 Jungtiere<br />
großgezogen. Einige von<br />
ihnen leben nach wie vor in<br />
<strong>Hellabrunn</strong>.<br />
Dr. Wolfgang Löhlein<br />
Stellv. Vorsitzender<br />
<strong>Tierparkfreunde</strong><br />
<strong>Hellabrunn</strong> e.V.<br />
LÖHLEINS TIERLEBEN<br />
REZEPT:<br />
SONNTAGSMAHL<br />
FÜR EINEN<br />
PIRANHASCHWARM<br />
Piranhas lieben die puristische Küche, die ohne<br />
Finessen, Tricks und übertriebene Dekoration<br />
auskommt. Man reiche einfach ein paar rohe<br />
Futterfische, Calamari, Garnelen oder gele-<br />
gentlich auch etwas Rinderherz. Fertig.<br />
Die Kunst ist nicht die Zubereitung, sondern<br />
das Servieren. Denn man sollte tunlichst<br />
vermeiden, die Servierhand während der<br />
Fütterung mit ins Beckenwasser zu stecken!<br />
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