29.10.2013 Aufrufe

Gastfreundschaft - forumKirche

Gastfreundschaft - forumKirche

Gastfreundschaft - forumKirche

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

■ Religion und Toleranz in Syrien<br />

Frieden und Kultusfreiheit<br />

Die Art und Weise, wie in Syrien Christen und Muslime<br />

zusammenleben, wird in Europa – und damit auch in<br />

der Schweiz – zu wenig geschätzt. Dies ist das wichtigste<br />

Fazit eines einwöchigen Aufenthaltes in Syrien<br />

der Arbeitsgruppe Islam der Schweizer Bischofskonferenz.<br />

Das Besuchsprogramm der achtköpfi gen Arbeitsgruppe<br />

Islam war sehr dicht. Die Delegation traf sowohl<br />

mit religiösen Würdenträgern als auch mit politischen<br />

Repräsentanten zusammen, beispielsweise mit dem<br />

griechisch-katholischen melkitischen Patriarchen und<br />

weiteren Bischöfen orientalischer Kirchen, dem Grossmufti<br />

der syrischen Republik und weiteren Verantwortlichen<br />

und geistlichen Führern der muslimischen<br />

Gemeinschaften. Überall zeigte sich ein gutes Einvernehmen<br />

zwischen den geistlichen Häuptern der Christen<br />

und Muslime und ihren Gemeinschaften.<br />

Der Delegation unter der Leitung von Bischof Bürcher<br />

wurde dargelegt, dass die syrische Regierung sich<br />

für eine grosszügige Kultusfreiheit und Frieden zwischen<br />

Muslimen und Christen einsetzt. Es ist jedoch<br />

nicht zu übersehen, dass der Wechsel eines Muslims<br />

zu einer anderen Religion ein Problem bleibt.<br />

Zuerst sollen sich die Angehörigen der verschiedenen<br />

Religionsgemeinschaften in Bezug auf Syrien als<br />

Bürger ihres Landes verstehen – und erst danach als<br />

Angehörige einer religiösen Konfession, so der Wunsch<br />

der politischen Behörden. Diese Sichtweise wird im<br />

Allgemeinen von den verschiedenen christlichen und<br />

muslimischen Gruppierungen geteilt. Trotz des Grössenunterschiedes<br />

der Gemeinschaften stellt sich so ein<br />

tolerantes gegenseitiges Miteinander ein.<br />

Informationsstelle der Schweizer Bischofskonferenz<br />

Gregorius III.<br />

aus Damaskus,<br />

Oberhaupt<br />

der griechischkatholischen<br />

Kirche der «Melkiten»<br />

mit Sitz<br />

in Damaskus.<br />

Bild: Kirche in Not<br />

Hinweis:<br />

Gregorius III. aus Damaskus, Oberhaupt der griechisch-katholischen<br />

Kirche der «Melkiten» mit Sitz in<br />

Damaskus, besucht vom 20. bis 22. April die Schweiz.<br />

In Vorträgen und öffentlichen Gesprächen – im Pfarrheim<br />

Bruder Klaus in St.Gallen-Winkeln, in der Zürcher<br />

Liebfrauenkirche oder im Kloster Einsiedeln – wird er<br />

auf die religiöse und politische Lage im Nahen Osten<br />

Bezug nehmen.<br />

6 <strong>forumKirche</strong> | 8-2007<br />

Beten erlaubt, Denken wenige<br />

Die Situation von Christen und anderen Mind<br />

Aussicht auf Damaskus vom Berg Kassioun: Der grösste Teil des Geländes ist eine M<br />

In Sachen Religionsfreiheit ist<br />

Syrien ein nahöstlicher Musterschüler.<br />

Die Toleranz im öffentlichen<br />

Leben verdeckt aber auch,<br />

was sich hinter den Kulissen<br />

abspielt: In der syrischen Diktatur<br />

haben Meinungsfreiheit und Opposition<br />

einen schweren Stand.<br />

In Syrien, so erzählt man sich,<br />

hängen sich Christen ein besonders<br />

dickes Goldkreuz um den<br />

Hals, wenn sie in eine westliche<br />

Botschaft gehen, um ein Visum<br />

zu beantragen. Wer allerdings<br />

mit christlichen Theologen ins<br />

Gespräch kommt, verliert schnell<br />

die Überzeugung, dass Christen<br />

hierzulande automatisch Verbündete<br />

einer westlichen Politik wären.<br />

Der griechisch-katholische Pater<br />

Metri ist ein solches Gegenbeispiel.<br />

Aussergewöhnlich gebildet −<br />

mit einem Theologiestudium in Belgien,<br />

einem Philosophiestudium an<br />

der Sorbonne − wird er laut, wenn<br />

er auf die amerikanische Politik im<br />

Nahen Osten angesprochen wird:<br />

«Nicht alles ist rosig für Christen<br />

in Syrien, aber die grossen Bedrohungen<br />

kommen von aussen.»<br />

Lasst uns in Ruhe!<br />

Mit dem System von Baschar al-<br />

Assad sei die christliche Minderheit<br />

nicht schlecht dran: «Er mag die<br />

Christen und weiss, dass sie ihm<br />

treu sind, weil sie von der Stabilität<br />

profi tieren.» Die Amerikaner verdächtigt<br />

der Pater, Syrien ethnischreligiös<br />

stabilisieren zu wollen,<br />

ähnlich wie den Irak: «Gerade weil<br />

wir Stabilität so dringend brauchen,<br />

sagen wir dem Westen ‹Lasst uns<br />

ins Ruhe!›»<br />

Ihr seid keine Araber!<br />

Wenn die Mutter der 27-jährigen<br />

Narin* die Nachrichten des kurdischen<br />

Satellitensenders aus dem<br />

Nordirak verfolgt, leidet sie mit der<br />

Frau, die als Zeugin über die Giftgasangriffe<br />

auf die kurdischen<br />

Dörfer zur Zeit Saddam Husseins<br />

spricht. Sie selbst hat keine Zweifel<br />

mehr: «Der Einmarsch der Amerikaner<br />

im Irak war richtig – sonst wäre<br />

Saddam noch heute an der Macht.»<br />

Kaum eine Gruppe habe so unter<br />

dem Regime gelitten wie die Kurden.<br />

Auch in Syrien sieht die Situation<br />

für diese ethnische Minderheit<br />

problematisch aus. Narin beispielsweise<br />

besitzt keine syrische Staatsangehörigkeit<br />

− wie etwa 150 000<br />

Kurden. Ihre Grosseltern besassen<br />

noch Papiere, verloren sie jedoch<br />

im Rahmen der Volkszählung von<br />

1962: «Ihr seid keine Araber», hiess<br />

es, «und dies ist eine syrisch-arabische<br />

Republik».<br />

Aus diesem Grund kann Narin<br />

trotz ihres guten Schulabschlusses<br />

nicht studieren, bekommt keine<br />

staatliche Anstellung, kann kein<br />

Geschäft eröffnen und nicht einmal<br />

in einem Hotel übernachten.<br />

Manchmal schreibt sie politische<br />

Gedichte für eine kurdische Website<br />

unter Pseudonym, und dennoch<br />

hat sie der Geheimdienst<br />

gefunden und verwarnt. An den<br />

Schulen ist die kurdische Sprache

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!