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Berufliche Eingliederung von ... - Hardy-Landolt.ch

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<strong>Eingliederung</strong> <strong>von</strong> Selbstständigerwerbenden<br />

Prof. Dr. iur. LL.M. HaRoy LANDoLT, Lehrbeauftragter an den Universitäten<br />

St. Gallen und Züri<strong>ch</strong> fur Haftpfli<strong>ch</strong>t-, Privat- und Sozialversi<strong>ch</strong>erungssowie<br />

Gesundheitsre<strong>ch</strong>t, wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er Konsulent des Instituts für<br />

Re<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aft und Re<strong>ch</strong>tspraxis der Universität St. Gallen, sowie<br />

Re<strong>ch</strong>tsanwalt und Notar, Glarus<br />

BEer NyoEGGER, dipl. Sozialversi<strong>ch</strong>erungsexperte, Dienst<strong>ch</strong>ef/stv. Abteilungs<strong>ch</strong>ef<br />

Abklärungsdienst, IV-Stelle Bern, Bern<br />

lnhaltsübersi<strong>ch</strong>t<br />

tI.<br />

Iil.<br />

<strong>Eingliederung</strong>sgrundsatz ..................39<br />

A. Grundsatz "<strong>Eingliederung</strong> vor Rente" ............39<br />

1. Priorität <strong>von</strong> <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen.........................................39<br />

2. Anspru<strong>ch</strong> auf <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen.......................................40<br />

i. Allgemeines ................... .....................40<br />

ii. Gesetzli<strong>ch</strong>e Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen......................................41<br />

iii. Grundre<strong>ch</strong>te der versi<strong>ch</strong>erten Person........... .........42<br />

iv. Austaus<strong>ch</strong>befugnis ............................42<br />

B. <strong>Eingliederung</strong>spfli<strong>ch</strong>t........ .........43<br />

Mitwirkungs- und S<strong>ch</strong>adenminderungspfli<strong>ch</strong>t <strong>von</strong> Selbstständigerwerbenden<br />

.................45<br />

A. Allgemeines .........45<br />

B. Vorlage <strong>von</strong> Ges<strong>ch</strong>äftsunterlagen ..................45<br />

C. Unternehmensumdisponierung .............. ..............................46<br />

D. Aufgabe der selbstständigerwerbenden Tätigkeit.. .............47<br />

E. Beibehaltung der bisherigen Erwerbstätigkeit............. ........50<br />

1. Beibehaltung einer unseibstständigerwerbenden Tätigkeit............50<br />

2. Beibehaltung einer selbstständigerwerbenden Täti9keit.................50<br />

<strong>Eingliederung</strong>sanspru<strong>ch</strong> <strong>von</strong> Selbstständigerwerbenden...................................51<br />

A. Allgemeines .........51<br />

B. Kapitalhilfe ...........53<br />

1. Allgemeines. ......................53<br />

2. Ungenügende berufli<strong>ch</strong>e <strong>Eingliederung</strong>.............................................54<br />

3. Invaliditätsbedingte Notwendigkeit ............................54


HARDY LANDoLT / BEAT NYDEGGER<br />

IV<br />

V.


l. <strong>Eingliederung</strong>sgrundsatz<br />

A. Grundsatz "<strong>Eingliederung</strong> vor Rente"<br />

1. Priorität<strong>von</strong><strong>Eingliederung</strong>smassnahmen<br />

<strong>Eingliederung</strong> <strong>von</strong> Selbstständigerwerbenden<br />

In Na<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong>tung des Grundsatzes "<strong>Eingliederung</strong> vor Rente" geniesst die<br />

<strong>Eingliederung</strong> Priorität vor einer Berentung. Die Priorität aon Eingliede-<br />

r u ngsmassnqhmen ist in vers<strong>ch</strong>iedenen Gesetzesbestimmungen vorgesehen:<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

Art.8 Abs. 1 ATSG ma<strong>ch</strong>t die Annahme einer Erwerbsunfähigkeit <strong>von</strong><br />

der Dur<strong>ch</strong>führung einer zumutbaren Behandlung und Eingliede-<br />

rung abhängig.<br />

Art. 16 ATSG definiert den Invaliditätsgrad als eine Grösse, die na<strong>ch</strong><br />

Dur<strong>ch</strong>führung der medizinis<strong>ch</strong>en Behandlung und allfälliger <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen<br />

festgelegt wird.<br />

Art.21 Abs.4 ATSG stipuliert eine Leistungsverweigerung, wenn si<strong>ch</strong><br />

der Versi<strong>ch</strong>erte einer zumutbaren Behandlung oder <strong>Eingliederung</strong> ins<br />

Erwerbsleben, die eine wesentli<strong>ch</strong>e Verbesserung seines rentenrele-<br />

vanten funktionellen Leistungsvermögens oder eine neue Erwerbs-<br />

mögli<strong>ch</strong>keit verspri<strong>ch</strong>t, widersetzt oder diese unterlässt.<br />

Art.28 Abs. 1 lit. a IVG ma<strong>ch</strong>t den Invalidenrentenanspru<strong>ch</strong> da<strong>von</strong><br />

abhängig, dass trotz der Dur<strong>ch</strong>führung zumutbarer <strong>Eingliederung</strong>s-<br />

massnahmen eine über 40 % liegende Beeinträ<strong>ch</strong>tigung des rentenre-<br />

levanten funktionellen Leistungsvermögens besteht.<br />

Art. 29 Abs.2 IVG hindert das Entstehen eines Rentenanspru<strong>ch</strong>s,<br />

wenn <strong>Eingliederung</strong>staggelder bezahlt werden.<br />

Auf die Anmeldung eines Versi<strong>ch</strong>erten hin hat die IV-Stelle <strong>von</strong> Amtes we-<br />

gen abzuklären, ob vorgängig der Gewährung einer Rente <strong>Eingliederung</strong>s-<br />

massnahmen dur<strong>ch</strong>zuführen sind, selbst wenn sol<strong>ch</strong>e vom Versi<strong>ch</strong>erten<br />

ni<strong>ch</strong>t verlangt werdenl. Hat der Versi<strong>ch</strong>erte anlässli<strong>ch</strong> der Anmeldung eine<br />

Invalidenrente beantragt, muss au<strong>ch</strong> darüber verfügt werden. Hat der Versi-<br />

<strong>ch</strong>erte eine Rente beantragt, ist die Anordnung <strong>von</strong> <strong>Eingliederung</strong>smass-<br />

Vgl. BCE 99V 272E.3.<br />

39


HARDY LANDOLT / BEAT NYDEGGER<br />

nahmen ohne expliziten Hinweis darauf, dass über die Rentenfrage erst<br />

na<strong>ch</strong> Dur<strong>ch</strong>führung der <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen ents<strong>ch</strong>ieden werde,<br />

unzulässig2.<br />

Ob der Re<strong>ch</strong>tsgrundsatz <strong>Eingliederung</strong> vor Rente eingehalten wurde, ist<br />

au<strong>ch</strong> <strong>von</strong> den Geri<strong>ch</strong>tsinstanzen - trotz Bindung an den Bes<strong>ch</strong>werdeantrag3<br />

- <strong>von</strong> Amtes wegen zu prüfen. Die vorinstanzli<strong>ch</strong>e Zuspre<strong>ch</strong>ung einer halben<br />

Invalidenrente kann deshalb vom Bundesgeri<strong>ch</strong>t aufgehoben werden, wenn<br />

die <strong>Eingliederung</strong>sfrage weder <strong>von</strong> der IV no<strong>ch</strong> der kantonalen Instanz geprüft<br />

worden ist. Wären berufli<strong>ch</strong>e <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen vom Zeitpunkt<br />

der Rentenverfügung bis zum Urteilszeitpunkt erfolglos gewesen, ist<br />

die Rentenverfügung zumindest fur die Zukunft aufzuhebena.<br />

2. Anspru<strong>ch</strong> auf <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen<br />

i. Allgemeines<br />

Zuständig für die <strong>Eingliederung</strong> ist die Invaliden-, ausnahmsweise die Mili-<br />

tärversi<strong>ch</strong>erungs. Seit In-Kraft-Treten der 5. IVG-Revision wird zwis<strong>ch</strong>en der<br />

Fräherfassunq6 und den eigentli<strong>ch</strong>en Versi<strong>ch</strong>erungsleistungenT unters<strong>ch</strong>ieden.<br />

Die <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen bestehen in der Ents<strong>ch</strong>ädigurrg für Be-<br />

tr euun gskostens, me dizinis<strong>ch</strong>en Mnssnshmen (bis zutn uollendeten 20. Alt ersj ahr )e,<br />

Integrationsmossnahmen zur vorbereittLng ouf die berufli<strong>ch</strong>e <strong>Eingliederung</strong>t,, be-<br />

rufli<strong>ch</strong>en Msssnahmenll und Hilfsmittelnl2 sowie Taggeldernl3. Anspru<strong>ch</strong>sbe-<br />

2<br />

3<br />

.1<br />

5<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

1l<br />

40<br />

Vgl. BCE 99 V 48.<br />

Siehe z.B. Art. 107 Abs. 1 BCG.<br />

Vgl. Urteil BGer vom 15.02.2008 (9C_70l2008) E. 5.<br />

Siehe aber Art.33 ff. i.V.m. Art. 71 Abs.2 MVC.<br />

Vgl. Art.3a ff. IVG.<br />

Vgl. Art.4 ff. IVC.<br />

Vgl. Art. 11a IVG.<br />

Vgl. Art. 12 ff. IVG.<br />

Vgl. Art. 14a IVC.<br />

Vgl. Art. 15 ff. IVC.


<strong>Eingliederung</strong> <strong>von</strong> SelbstständiSerwerbenden<br />

re<strong>ch</strong>tigt sind Personen, wel<strong>ch</strong>e die versi<strong>ch</strong>erungsmässigen Voraussetzungen<br />

erfüllenla, invalid sind oder <strong>von</strong> einer Invalidität bedroht sindls und die Vor-<br />

aussetzungen für den Anspru<strong>ch</strong> auf die einzelnen Massnahmen erfüllen16.<br />

ii. Gesetzli<strong>ch</strong>e Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen<br />

Für diese vers<strong>ch</strong>iedenen Massnahmen und Leistungen bestehen je spezifi-<br />

s<strong>ch</strong>e Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen. Grundsätzli<strong>ch</strong> sollen die <strong>Eingliederung</strong>s-<br />

massnahmen die Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, si<strong>ch</strong> im Aufgabenberei<strong>ch</strong><br />

zu betätigen17, wiederherstellen, erhalten oder verbessernls. ob ein<br />

sol<strong>ch</strong>er erurerbli<strong>ch</strong>er <strong>Eingliederung</strong>serfolg besteht, beurteilt si<strong>ch</strong> unabhängig<br />

da<strong>von</strong>, ob vor Eintritt der Invalidität eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde.<br />

Zudem ist für die Beurteilung des erwerbli<strong>ch</strong>en <strong>Eingliederung</strong>serfolgs die<br />

gesamte no<strong>ch</strong> zu erwartende Dauer des Erwerbslebens zu berücksi<strong>ch</strong>tigenre.<br />

Der Anspru<strong>ch</strong> auf medizinis<strong>ch</strong>e Massnahmen bei Geburtsgebre<strong>ch</strong>en und derjeni-<br />

ge auf Hilfvnittel bestehen unabhängig <strong>von</strong> der Mögli<strong>ch</strong>keit einer <strong>Eingliederung</strong><br />

ins Erwerbsleben oder in den Aufgabenberei<strong>ch</strong>2o. Der Anspru<strong>ch</strong> auf<br />

berufti<strong>ch</strong>e Weiterousbildung hängt ebenfalls ni<strong>ch</strong>t da<strong>von</strong> ab, ob die <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen<br />

notwendig sind oder ni<strong>ch</strong>t, um das rentenrelevante funk-<br />

tionelle Leistungsvermögen wiederherzustellen, zu erhalten oder zu verbes-<br />

sern21.<br />

12<br />

l3<br />

14<br />

15<br />

16<br />

17<br />

t8<br />

19<br />

20<br />

21<br />

Vgl. Art.21 f. IVG.<br />

Vgl. Art.22ff.M-<br />

Vgi. Art.9IVG.<br />

Vgl. Art. 8 Abs. 1 IVG und Art. 1no!i\ IW.<br />

Vgl. Art.8 Abs. I lit. b lVC.<br />

Na<strong>ch</strong>folgend werden Erwerbsfähigkeit und die Fähigkeit, si<strong>ch</strong> im Aufgabenberei<strong>ch</strong> zu<br />

betätigen, als rentenrelevantes funktionelles Leistungsvermögen bezei<strong>ch</strong>net.<br />

Vgl. Art.8 Abs. I lit. a IVC.<br />

Vgl. Art. 8 Abs. ltris IVC.<br />

Vgl. Art.8 Abs. 2IVC.<br />

Vgl. Art.8 Afc.2ti' 1Y6.<br />

41


HARDY LANDoLT / BEAT NYDEGGER<br />

iii. Grundre<strong>ch</strong>te der versi<strong>ch</strong>erten Person<br />

sind die gesetzli<strong>ch</strong>en voraussetzungen ni<strong>ch</strong>t erfüllt, besteht grundsätzli<strong>ch</strong><br />

kein subsidiärer Anspru<strong>ch</strong> auf geeignete <strong>Eingliederung</strong>smasvtahmen. Ausnahms-<br />

weise ergibt si<strong>ch</strong> ein Anspru<strong>ch</strong> auf geeignete <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen<br />

gesttitzt auf die Grundre<strong>ch</strong>te der versi<strong>ch</strong>erten Person. unter grundre<strong>ch</strong>tli-<br />

<strong>ch</strong>em Aspekt besteht aber au<strong>ch</strong> kein Anspru<strong>ch</strong> auf eine bestmögli<strong>ch</strong>e <strong>Eingliederung</strong>;<br />

es ist im Einzelfall abzuwägen zwis<strong>ch</strong>en den grundre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />

ges<strong>ch</strong>ützten Positionen des versi<strong>ch</strong>erten und dem Anliegen der Einfa<strong>ch</strong>heit<br />

und Zweckmässigkeit22.<br />

Ein selbstständigerwerbender blinder Re<strong>ch</strong>tsanwalt kann weder gestützt auf<br />

den Grundsatz "<strong>Eingliederung</strong> vor Rente" no<strong>ch</strong> die verfassungsmässig ges<strong>ch</strong>ützte<br />

Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit23 gegenüber der Invali-<br />

denversi<strong>ch</strong>erung einen Anspru<strong>ch</strong> auf Abgabe <strong>von</strong> Gesetzestexten in Brailles<strong>ch</strong>rift<br />

erheben. Die Textausgaben in Blindens<strong>ch</strong>rift erlei<strong>ch</strong>tern zwar die<br />

Arbeit, indem es dem Betroffenen mögli<strong>ch</strong> ist, allein ohne weitere Hilfen<br />

dur<strong>ch</strong> Abtasten der Punkts<strong>ch</strong>riftzei<strong>ch</strong>en Gesetze zu lesen. Dies entspri<strong>ch</strong>t<br />

zwar der zielsetzwng des IVG, genügt na<strong>ch</strong> der bundesgeri<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Meinung<br />

aber ni<strong>ch</strong>t, um gegenüber der Invalidenversi<strong>ch</strong>erung einen Anspru<strong>ch</strong><br />

auf Abgabe <strong>von</strong> in Brailles<strong>ch</strong>rift übertragenen Gesetzestexten abzuleiten2a.<br />

iv. Austaus<strong>ch</strong>befugnis<br />

Die aus dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz2s fliessende Re<strong>ch</strong>tsfigur der<br />

Austaus<strong>ch</strong>befugnis hat das EVG in den invalidenversi<strong>ch</strong>erungsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />

Berei<strong>ch</strong>en der Hilfsmittelversorgung und der medizinis<strong>ch</strong>en Massnahmen<br />

entwickelt2o und seither in ständiger Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung in vers<strong>ch</strong>iedenen so-<br />

zialversi<strong>ch</strong>erungszweigen sowie au<strong>ch</strong> im Berei<strong>ch</strong> weiterer Arten <strong>von</strong> Ein-<br />

22<br />

23<br />

24<br />

25<br />

26<br />

Vgl. BCE 134 I 105 E. 6.<br />

Vgl. Art. 27 Abs.2BV.<br />

Vgl. Urteil BGer vom 18.09.2009 (9C_49312009) 8.5.2.1<br />

Vgl. Art. 8 Abs. 1 IVC.<br />

Vgl. BCE 707 V 92 E.2b. Siehe Art. 2 Abs. 5 HVI.


gliederungsmassnahmen zur -\nrvendung gebra<strong>ch</strong>tr;. wählt beispielsweise<br />

eine versi<strong>ch</strong>erte Person ohne inr-aliditätsbedingte Notwendigkeit eine Ausbildung,<br />

die den Rahmen der Glei<strong>ch</strong>wertigkeit sprengt, kann die Invaliden-<br />

r.ersi<strong>ch</strong>erung daran im Ausmass des Leistungsanspru<strong>ch</strong>s auf eine glei<strong>ch</strong>wer-<br />

tige Ums<strong>ch</strong>ulungsmassnahme Beiträge gewähren28. Die Austaus<strong>ch</strong>befugnis<br />

kommt jedo<strong>ch</strong> insbesondere nur zum Tragen, werrr. zuoei unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e, crber<br />

uon der Funktion her Qustßus<strong>ch</strong>bare Leistungen in Frage stehen. Vorausgesetzt<br />

n ird mithin neben einem substitutionsfähigen aktuellen gesetzli<strong>ch</strong>en Leis-<br />

tungsanspru<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> die funktionelle Glei<strong>ch</strong>artigkeit der <strong>von</strong> der versi<strong>ch</strong>er-<br />

ten Person ergriffenen Massnahme bzw. des erworbenen Hilfsmittelszs.<br />

B. <strong>Eingliederung</strong>spfli<strong>ch</strong>t<br />

Der Versi<strong>ch</strong>erte hat zumutbare <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen <strong>von</strong> si<strong>ch</strong> aus zu<br />

ergreifen (Selhsteingliederungspfli<strong>ch</strong>f)30 oder si<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>en zu unterziehen<br />

(Mitwirkungspfli<strong>ch</strong>t)3l. Zumutbar sind wirksame, notwendige und angemes-<br />

sene Massnahmen32. Wirksamkeit und Nottnendigkeit einer S<strong>ch</strong>adenminde-<br />

rungsmassnahme beurteilen si<strong>ch</strong> einzelfallweise33. Eine S<strong>ch</strong>adenminde-<br />

rungsmassnahme ist vorzunehmen, wenn sie eine "wesentli<strong>ch</strong>e Verbesserung<br />

der Erwerbsfähigkeit oder eine neue Erwerbsmögli<strong>ch</strong>keit verspri<strong>ch</strong>t"s+.<br />

Na<strong>ch</strong> dem Gesetzestext sind alle <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen zumutbar35.<br />

27<br />

28<br />

29<br />

30<br />

31<br />

32<br />

33<br />

34<br />

35<br />

Vgl. BGE 126 III 351 E. 3c sowie 120 V 285 E. 4a und 292E.3c'<br />

Vgl. Urteil EVG vom 23.10.2000 (1716199)8.2b.<br />

Statt vieler BGE 727 V 727 E. 2a.<br />

Vgl. Art.21 Abs. 4 ATSG und Art. 7 Abs. I IVC. Untemimmt die IV-stelle na<strong>ch</strong> erfolgter<br />

Anmeldung keine <strong>Eingliederung</strong>sversu<strong>ch</strong>e, hat dies keinen Einfluss auf die Selbsteingliederungspfli<strong>ch</strong>t<br />

(BCE 707 Y "17 E.2e).<br />

Vgl. Art. 21 Abs.4 ATSG und Art. 7 Abs. 2IVG.<br />

Vgl. Art.21 Abs. 4 ATSG und Art. 55 Abs 2 UW.<br />

siehe z.B. urteile BGer vom 14.01.2008 (8C_128/2007) E.3 und EVG vom 10.04.2006<br />

(r 563/05) E.3.<br />

Vgl. Art.21 Abs. 4 ATSG.<br />

Vgl. Art. TalYC.<br />

4J


HARDY LANDOLT / BEAT NYDEGGER<br />

Unzumutbar sind Massnahmen, wel<strong>ch</strong>e die verfassungsmässigen Crund-<br />

re<strong>ch</strong>te in unverhältnismässiger Weise eins<strong>ch</strong>ränken. Das öfferttliclrc llfu'r.'ssi<br />

an einer sparsamen und wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Versi<strong>ch</strong>erungspraxis ist gegenüber clem<br />

indiuiduellen Interesse arn S<strong>ch</strong>trtz der grundre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> gescltützten Betätigrors-sruiig-<br />

Ii<strong>ch</strong>keiten abzuwägen. Wel<strong>ch</strong>em Interesse der Vorrang zukommt, kann ni<strong>ch</strong>t<br />

generell ents<strong>ch</strong>ieden werden. Als Ri<strong>ch</strong>ts<strong>ch</strong>nur gilt, dass die Anforderungen<br />

an die S<strong>ch</strong>adenminderungspfli<strong>ch</strong>t zulässigerweise dort strenger sind, wo<br />

eine erhöhte Inanspru<strong>ch</strong>nahme der Invalidenversi<strong>ch</strong>erung in Frage steht36.<br />

Wird die <strong>Eingliederung</strong>spfli<strong>ch</strong>t vom Versi<strong>ch</strong>erten verletzt, können die Versi-<br />

<strong>ch</strong>erungsleistungen für die Dauer des dur<strong>ch</strong> die Ni<strong>ch</strong>tvornahme verursa<strong>ch</strong>-<br />

ten S<strong>ch</strong>adens verweigert werden37. Zu entri<strong>ch</strong>ten sind jedo<strong>ch</strong> die Leistungen,<br />

die beim erwarteten Erfolg der unterbliebenen Massnahmen wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong><br />

hätten gewährt werden müssen38. Im Geltungsberei<strong>ch</strong> der Sozialversi<strong>ch</strong>erung<br />

können grundsätzli<strong>ch</strong> nur Geldleistungen gekürzt werden3e. Das IVG<br />

verbietet jedo<strong>ch</strong> eine Kürzung <strong>von</strong> Taggeldern und Hilflosenents<strong>ch</strong>ädigungena0.<br />

Eine Leistungsverweigerung infolge einer Verletzung der Mitwir-<br />

kungs- bzw. Selbsteingliederungspfli<strong>ch</strong>t ist - au<strong>ch</strong> bei einer fehlenden subjektiven<br />

<strong>Eingliederung</strong>sbereits<strong>ch</strong>aftlr - nur zulässig, wenn ein Mahn- und<br />

B e denkze i ta erfahr en dur<strong>ch</strong>geführt wurdea2.<br />

38<br />

39<br />

40<br />

11<br />

12<br />

44<br />

Vgl. BCE 773V 22E.4d.<br />

Siehe Art. 21 Abs. 1 f. ATSC, Art.44 Abs. 1 OR und<br />

vieler Urteil BCer vom 14.01.2008 (8C 128/2007) E. 3.5.<br />

Vgl. Art.61 UVV.<br />

Vgl. Art.2l Ab:. I 3 ATSC.<br />

Vg1. Art. 7 Abs. 2 IVG.<br />

Vg1. Urteil EVC vom 03.10.2005 (I 265i05) E.4.<br />

Vgl. Art. 21 Abs.4 ATSC und ferner BCE 129 V 51 ff.<br />

Art.61 Abs.2 WC sowie statt


:lnglrederung <strong>von</strong> Selbstsündigerwerbenden<br />

ll. Mitwirkungs- und S<strong>ch</strong>adenminderungspfli<strong>ch</strong>t <strong>von</strong> Selbstständigerwerbenden<br />

A. Allgemeines<br />

Der Versi<strong>ch</strong>erte ist mitwirkungs- und s<strong>ch</strong>adenminderungspfli<strong>ch</strong>tigl3. Eine<br />

\/erletzung der Mitwirkungs- oder der S<strong>ch</strong>adenminderungspfli<strong>ch</strong>t hat eine<br />

Leistungsverweigerung zur Folgeaa. Dritte sind mitwirkungs-, aber ni<strong>ch</strong>t<br />

s<strong>ch</strong>adenminderungspfli<strong>ch</strong>tig4s. Das Bundesgeri<strong>ch</strong>t ma<strong>ch</strong>t in Bezug auf die<br />

S<strong>ch</strong>adenminderungspfli<strong>ch</strong>t bei den Angehörigen eines ni<strong>ch</strong>terwerbstätigen<br />

Versi<strong>ch</strong>erten eine Ausnahme und fordert eine hauszuirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Unterstüt-<br />

zung dur<strong>ch</strong> Familienangehörige, wel<strong>ch</strong>e weiter geht als im Gesundheitsfall46.<br />

Bei erwerbstätigen Versi<strong>ch</strong>erten demgegenüber wird <strong>von</strong> den Angehörigen<br />

kein S<strong>ch</strong>adenminderungsbeitrag verlangt. Bei Selbstständigerwerbenden<br />

wird weder bei der Einkommens- no<strong>ch</strong> bei der Betätigungsverglei<strong>ch</strong>sme-<br />

thode die Mitarbeit <strong>von</strong> Angehörigen leistungsmindernd berücksi<strong>ch</strong>tigtlT.<br />

B. Vorlage<strong>von</strong>Ges<strong>ch</strong>äftsunterlagen<br />

Der Versi<strong>ch</strong>erte hat die Ges<strong>ch</strong>äftsbu<strong>ch</strong>haltun{8 und nötigenfalls einen Busi-<br />

nessplan vorzulegen, den die Verwaltung dur<strong>ch</strong> eine geeignete Fa<strong>ch</strong>person<br />

zu beguta<strong>ch</strong>ten hat. Das Budget muss auf realistis<strong>ch</strong>en Annahmen beruhen;<br />

unrealistis<strong>ch</strong> ist die Annahme einer Umsatzsteigerung <strong>von</strong> 100 "hbzw. Er-<br />

43<br />

44<br />

45<br />

46<br />

Vgl. Art. 21 Abs.4 und Art.28 ATSG.<br />

Vgl. Art.21 Abs. 4 ATSC.<br />

Vgl. Art.28 ATSC und Art. 7c IVC.<br />

Vgl. BGE 130 V 396 E.8 und 130 V 97 E. 3.3.3 sowie Urteile EVC vom 12.05.2005<br />

(l 13/05) E.2.5, vom 19.10.2004 (I 300/04) 8.6.2.3, vom 18.05.2004 (1 457102) E.8 und vom<br />

28.02.2003 (I 68s/02) E. 3.2.<br />

Vgl. Art. 25 Abs. 3 IVV sowie femer z.B. Urteile BGer vom 17 .04.2007 (I70106) E. 4.3 und<br />

EVG vom 22.08.2003 (1316102) E. 1, vom 29.01.2003 (I 185/02) E. 3.3 und vom 28.02.2001<br />

(177199) E.2c.<br />

Vgl. Urteil BGer vom 26.03.2008 (9C_34512007) E.5.2.<br />

45


HARDY LA\DotT B.A- \'D:c:::<br />

tragssteigerung <strong>von</strong> 300 oro innerhalb <strong>von</strong> vier Jahren bei einem Serr.rceunter-<br />

nehmenae.<br />

C. Unternehmensumdisponierung<br />

Der selbstständigerwerbende, dem ein Berufswe<strong>ch</strong>sel ni<strong>ch</strong>t zumutbar ist,<br />

lrat Arbeitsorganisation und -aufteilu,ng so umzudisponieren, dass die na<strong>ch</strong>teiligen<br />

Auswirkungen des Gesundheitss<strong>ch</strong>adens beseitigt oder auf ein Min-<br />

destmass herabgesetzt werden5'. Bei einem selbstständigerwerbenden Bä-<br />

cker fällt als betriebsorganisatoris<strong>ch</strong>e Massnahme in erster Linie der Einsatz<br />

<strong>von</strong> Halbfertigprodukten (Teiglingen) in Betra<strong>ch</strong>t, ni<strong>ch</strong>t zuletzt deshalb, weil<br />

die für die Betriebsumstellung erforderli<strong>ch</strong>e Kühlanlage als Kapitalhilfe in<br />

Form eines selbstamortisierenden Darlehens <strong>von</strong> der Invalidenversi<strong>ch</strong>erung<br />

finanziert werden kanns1. Vom Betriebsinhaber kann ferner verlangt werden,<br />

dass er Ges<strong>ch</strong>äftsführung, Administration und Personalführung voll-<br />

ständig übernimmt52. Zumutbar ist ferner die Anstellung aon neuen Arbeits-<br />

kräften, wel<strong>ch</strong>e die weggefallene Arbeitskraft des Ges<strong>ch</strong>ädigten kompensie-<br />

ren53. Zumutbar sind ebenfalls Entlastungsmsssnshmen wie z.B. Ruhe- und<br />

Liegepausen oder kalte Dus<strong>ch</strong>en etc.sa.<br />

49<br />

50<br />

51<br />

52<br />

16<br />

Siehe Urteil EVC vom 18.12.2001 (I 154/00) E. 2.<br />

Vgl. BGE 98 II 34 E. 3 und Urteil EVG vom 15.01.2003 (1152102)E.3.4.<br />

Vgl. Urteil BGer vorn 27 .02.2007 (1233106) E. 6.<br />

Vgl. Urteile EVC vom 30.72.2002 (I 11,6102) 8.3.2 und AmtsGer LU vom 27.72.L996 i.S.<br />

B. = SG 1996 Nr. 94 E.6.4.Ub (Erledigung <strong>von</strong> Büroarbeiten, Einweisung, Beaufsi<strong>ch</strong>tigung<br />

und Betreuung des Personals als zumutbare Arbeiten).<br />

Ygl,. ZAK 7971, S.340 8.2, und Urteile EVG vom 30.05.1989 i.S. H. (Bäcker/Konditor,<br />

der sein Ges<strong>ch</strong>äft zusammen mit der Ehefrau und einem sohn betreibt), vom 28.04.1988<br />

i.S. S<strong>ch</strong>. (Damens<strong>ch</strong>neiderin, die einen Hundesalon betreibt), vom 18.02.1988 i.S. p und<br />

vom 25.06.1985 i.S. H.<br />

Vgl. Urteil BGer vom 22.06.2004 (4C.312004) = Pra 2005 Nr. 20 = AJp 2005, S. 494 (Bemerkungerr<br />

<strong>von</strong> Lukas Wyss) = HAVE 2004, S. 306 (Bemerkungen <strong>von</strong> Stephan Weber)<br />

E. 1.3.


Erntrrederung <strong>von</strong> Selbststandiserwerbenden<br />

f er Ges<strong>ch</strong>ädigte ist aber ni<strong>ch</strong>t verpfli<strong>ch</strong>tet, bereits "vom Krankenlager aus"<br />

\[assnahmen anzuordnen55. Von einem "Freierwerbenden" kann au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t<br />

'"'e:langt rverden, "Rückstände dur<strong>ch</strong> vermehrten Einsatz, insbesondere<br />

:ur<strong>ch</strong> L-berstunden" aufzuholens6. Eine derartige Pfli<strong>ch</strong>t würde den Grundsatz<br />

r-erletzen, dass "Überstunden oder Leistungen ausserhalb der ordentli-<br />

;r.en .{rbeitszeit in der Regel besonders und zudem na<strong>ch</strong> erhöhten Ansätzen<br />

.nts<strong>ch</strong>ädigt * erden"';.<br />

Kcrmmt der Versi<strong>ch</strong>erte der Pfli<strong>ch</strong>t zur zumutbaren Unternehmensumdisponie-<br />

.;r'rjl na<strong>ch</strong>, kann <strong>von</strong> ihm die Aufnahme einer zusätzli<strong>ch</strong>en Teilzeiterwerbs-<br />

tätigkeit ni<strong>ch</strong>t verlangt werden, au<strong>ch</strong> wenn er seine Arbeitsfähigkeit ni<strong>ch</strong>t<br />

voll auss<strong>ch</strong>öpftss. Im Gegensatz zu Unselbstständigerwerbenden geht die<br />

haftpfl i<strong>ch</strong>tre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung bei Selbstständigerwerbenden <strong>von</strong> der<br />

\-errvertbarkeit einer Resterwerbsfähigkeit <strong>von</strong> 20 % und weniger im Betrieb<br />

ausiu. Die Teilerwerbsfähigkeit <strong>von</strong> Selbstständigerwerbenden ist zudem in<br />

der Regel höher zu bewerten als die medizinis<strong>ch</strong>-theoretis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ätzung der<br />

errverbli<strong>ch</strong>en Leistungsfähigkeit, weil die für den Betriebsertrag wesentli-<br />

<strong>ch</strong>en leitenden Funktionen <strong>von</strong> körperli<strong>ch</strong>en Behinderungen im Allgemei-<br />

nen kaum beeinträ<strong>ch</strong>tigt werden60.<br />

D. Aufgabe derselbstständigerwerbenden Tätigkeit<br />

Die na<strong>ch</strong> der verfassungsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>ützten Wirts<strong>ch</strong>aftsfreiheit gewähr-<br />

leistete freie Wahl des Berufes6t erlaubt es den Versi<strong>ch</strong>erten, im Rahmen des<br />

konkret gewählten Berufes ganz oder teilweise auf die Auss<strong>ch</strong>öpfung ihrer<br />

rvirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Leistungsfähigkeit und eine erwerbli<strong>ch</strong> effiziente Verwer-<br />

ir)<br />

57<br />

58<br />

59<br />

BCE97 11276E.2.<br />

BGE97 lI216E.2.<br />

BGE97 IT216E-2.<br />

Vgl. Urteil EVG vom 30.05.1989 i.S. N.<br />

Vgl. Urteil AmtsGer LU vom 27.12.7996 i.S. B. - SC Ieqb Nr. q4 E. b.4.1,/b.<br />

Vgl. Urteil EVG vom 20.06.2002 (l 501/01) E.<br />

und ZAK 1971.,5.338.<br />

Vgl. Art.27 Abs.2BY.<br />

3b (Einzelunternehmer im Mas<strong>ch</strong>inenbau)<br />

47


HARDY LANDotT / BEAT NYDEGGER<br />

tung ihrer Arbeitskraft zu verzi<strong>ch</strong>ten. Da die Wirts<strong>ch</strong>aftsfreiheit aber grund-<br />

sätzli<strong>ch</strong> keinen Anspru<strong>ch</strong> auf staatli<strong>ch</strong>e Leistungen vers<strong>ch</strong>afft62, vermag der<br />

Versi<strong>ch</strong>erte aus dem Verzi<strong>ch</strong>t auf die ihm zumutbare angemessene erwerbli-<br />

<strong>ch</strong>e Verwertung der Restarbeitsfähigkeit keinen Anspru<strong>ch</strong> auf Sozialversi-<br />

<strong>ch</strong>erungsleistungen abzuleiten.<br />

Bei Selbstständigerwerbenden ist deshalb zu prüfen, ob die Aufnahme einer<br />

unselbstständigerwerbenden Tätigkeit mögli<strong>ch</strong> und zumutbar ist63. Die<br />

S<strong>ch</strong>adenminderungspfli<strong>ch</strong>t geht der Berufswahlfreiheit grundsätzli<strong>ch</strong> vor,<br />

wenn der Verzi<strong>ch</strong>t auf s<strong>ch</strong>adenmindernde Vorkehren Rentenleistungen aus-<br />

löst oder zu einer grundlegend neuen <strong>Eingliederung</strong> Anlass glbtoa.Die Auf-<br />

nslmre einer unselbstständigen (Haupt-)Erwerbstätigkeit ist zumutbar, wenn<br />

hie<strong>von</strong> eine bessere erwerbli<strong>ch</strong>e Verwertung der Arbeitsfähigkeit erwartet werden<br />

kann und der berufli<strong>ch</strong>e We<strong>ch</strong>sel unter Berücksi<strong>ch</strong>tigung der gesamten Umstände<br />

(Alter, Aktivitätsdauer, Ausbildung, Art der bisherigen Tätigkeit,<br />

persönli<strong>ch</strong>e Lebensumstände) als zumutbar ers<strong>ch</strong>eintos.<br />

Für die Beurteilung der Zumutbarkeit massgebli<strong>ch</strong> sind die S<strong>ch</strong>were der<br />

Verletzung, das wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Umfeld in der jeweiligen Bran<strong>ch</strong>e und der<br />

Arbeitswille des Betroffenen66. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit eines<br />

Berufswe<strong>ch</strong>sels, au<strong>ch</strong> <strong>von</strong> der selbstständigen in eine unselbstständige Tä-<br />

tigkeit, ist die sozialversi<strong>ch</strong>erungsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Geri<strong>ch</strong>tspraxis sehr streng67. Für<br />

die Beurteilung der Zumutborkeit eines Stntus- oder Berufswe<strong>ch</strong>sels ist eine obiek-<br />

62<br />

63<br />

64<br />

65<br />

Yg,l. z.B. BGE 130 V 40 E. 4.1 und Urteil EVC vom 17.03.2005 (I 354/03) E. 3.1.<br />

Vgl. Urteil BCer vom 22.06.2004 (4C.312004): Pra 2005 Nr. 20 = AJP 2005, S. 494 (Bemerkungen<br />

<strong>von</strong> Lukas Wyss) = HAVE 2004, S.306 (Bemerkungen <strong>von</strong> Stephan Weber)<br />

E. 1.3.<br />

Vgl. z.B. Urteile EVG vom 18.07.2005 (I 15i05) E. 6.4 und vom 17.04.1996 (I 136/93) E. 3b.<br />

Vgl. Urteile BGer vom 26.06.2006 (4C.83/2006) E. 4 sowie EVC vom 05.12.2005 (I 241105)<br />

E. 1, vom 1f1.07.2005 (l 15/05) E.6.1.2, vom 23.12.2004 (I 316104) E.2.2 und vom<br />

12.0e.2001 (r 145i01) E.2b.<br />

Vgl. Urteil BCer vom 22.06.2004 (4C.312004): Pra 2005 Nr. 20 : AJP 2005, S.494 (Bemerkungen<br />

<strong>von</strong> Lukas Wyss) : HAVE 2004, S. 306 (Bemerkungen <strong>von</strong> Stephan Weber)<br />

E. 1.3.<br />

Siehe Urteile EVG vorn 18.05.2006 (l 640/05) E.3.1 und vom 14.06.2005 (1761104)8.2.3.


! r; ,eoe-"rg <strong>von</strong> S€ibslsandigeffierbenden<br />

- :, a.:'.i,-;::;,".{-iii'ctSc massgebend. Eine bloss subjektiv ablehnende Bewer-<br />

. j:: jer in Frage stehenden Errverbstätigkeit dur<strong>ch</strong> den Ges<strong>ch</strong>ädigten ist<br />

,:e :i.ebli<strong>ch</strong>". Unmassgebli<strong>ch</strong> ist insbesondere, ob si<strong>ch</strong> der Versi<strong>ch</strong>erte mit<br />

:-:r Betrieb verbunden fühlt und wel<strong>ch</strong>e Auswirkungen die Betriebsaufga-<br />

:*: tur Dritte hat6q.<br />

I:r. r.':{.'-sclrritturcs Alter spri<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t a priori gegen einen Berufswe<strong>ch</strong>sel. So<br />

..: insbesondere einer 60-jährigen Versi<strong>ch</strong>erten, die als Liegens<strong>ch</strong>aftenver-<br />

-,'".aiterin tätig rvar, eine Aufgabe der selbstständigerwerbenden Tätigkeit<br />

zunutbar:". Ein jugendli<strong>ch</strong>es Alter des Ges<strong>ch</strong>ädigten bzw. die zu erwartende<br />

.anqe Aktivitätsdauer sowie die Umstände, dass der Ges<strong>ch</strong>ädigte in einer<br />

angepassten unselbstständigen Erwerbstätigkeit zu 100 % arbeitsfähig ist<br />

u:rd das Untemehmen kein existenzsi<strong>ch</strong>erndes Einkommen bietet, spre<strong>ch</strong>en für<br />

oie Zumutbarkeit eines Berufswe<strong>ch</strong>selsTl. Bei Landwirts<strong>ch</strong>aftsbetrieben ist fer-<br />

ner der Umstand zu berücksi<strong>ch</strong>tigen, ob das Land gepa<strong>ch</strong>tet ist72 bzw. ob es<br />

verpa<strong>ch</strong>tet werden kann73. Das verständli<strong>ch</strong>erweise grosse Interesse eines<br />

\-ersi<strong>ch</strong>erten an der Hofübergabe an den Sohn und am Erhalt des Hofes<br />

innerhalb der Familie ist unerhebli<strong>ch</strong>Ta.<br />

Die Gefahr einer psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Erkrankung oder au<strong>ch</strong> die konkrete Mögli<strong>ch</strong>keit<br />

einer Beeinträ<strong>ch</strong>tigung der Leistungsbereits<strong>ch</strong>aft und damit der -fähigkeit<br />

sind Faktoren, wel<strong>ch</strong>e bei der Frage der Zumutbarkeit eines berufli<strong>ch</strong>en<br />

lVe<strong>ch</strong>sels unter dem Aspekt der persönli<strong>ch</strong>en Lebensumstände zu berück-<br />

si<strong>ch</strong>tigen sindTs. Keine Verletzung der S<strong>ch</strong>adenminderungspfli<strong>ch</strong>t liegt vor,<br />

wenn die Aufnahme einer selbstständigerwerbenden Tätigkeit als Bäuerin<br />

6lt<br />

69<br />

70<br />

71<br />

72<br />

73<br />

71<br />

75<br />

Vgl. BGE 709V 25 E.3cund Urteil EVC vom 05.12.2005 (124U05)E.2.3.<br />

Vgl. Urteil EVG vom 77.08.2004 (1643103) 8.3.3.2.<br />

Vgl. Urteil EVC vom 78.07.2005 (I 15i05) E.6.4.<br />

Vgl. Urteile EVG vom 14.03.2005 (l 477104) E.3.2, vom 10.11.2003 (I 116/03) E.4 und<br />

vom 05.07.2001 (1249100) E. 2c (Näherin).<br />

Vgl. Urteil EVC vom 78.02.2002 (I 287100) E.3a.<br />

Vgl. Urteil EVG vom 17 .08.2004 (I 643/03) E. 3.3.2.<br />

Vgl. Urteil EVC vom 22.10.2001 (1224101,) E. 3b/bb.<br />

Vgl. Urteile EVG vom 18.05.2006 0 640i05) E. 3.2 und vom 10.11.2003 (I 116/03) E. 3.3.<br />

49


HARDY LANDOLT 1 BEAT NYDEGGER<br />

zwar ni<strong>ch</strong>t optimal ist, die Ges<strong>ch</strong>ädigte si<strong>ch</strong> aber um den Haushalt und die<br />

Kinder kümmert76.<br />

E. BeibehaltungderbisherigenErwerbstätigkeit<br />

1. Beibehaltung einer unselbstständiSerwerbenden Tätigkeit<br />

Bei Versi<strong>ch</strong>erten, die vor Eintritt des Gesundheitss<strong>ch</strong>adens unselbstständi-<br />

gerwerbend tätig gewesen sind und infolge Arbeitslosigkeit eine selbststän-<br />

digerwerbende Tätigkeit aufgenommen haben, ist zu prüfen, ob ihnen die<br />

Beibehaltung der bisherigen unselbstständigerwerbenden Tätigkeit zumut-<br />

bar ist. Handelt es si<strong>ch</strong> bei der fragli<strong>ch</strong>en selbstständigerwerbenden Tätig-<br />

keit um eine ni<strong>ch</strong>t lukrative oder entspri<strong>ch</strong>t sie ni<strong>ch</strong>t dem no<strong>ch</strong> vorhandenen<br />

erwerbli<strong>ch</strong>en Leistungsvermögen, verletzt der Versi<strong>ch</strong>erte die S<strong>ch</strong>adenminderungspfli<strong>ch</strong>t<br />

und müssen die Sozialversi<strong>ch</strong>erer - insbesondere der Unfallversi<strong>ch</strong>erer<br />

- kein Mahn- und Bedenkzeitverfahren dur<strong>ch</strong>führen.<br />

war dem Versi<strong>ch</strong>erten z.B. bei Eröffnung eines selbstständigerwerbend geführten<br />

Garagenbetriebes klar, dass er unfallbedingt Me<strong>ch</strong>anikerarbeiten<br />

ni<strong>ch</strong>t würde ausführen können bzw. fijr die Ausführung <strong>von</strong> s<strong>ch</strong>weren Ar-<br />

beiten auf die Mithilfe <strong>von</strong> Angehörigen angewiesen sein würde, so verzi<strong>ch</strong>tet<br />

er in Verletzung der ihm obliegenden S<strong>ch</strong>adenminderungspfli<strong>ch</strong>t aus<br />

freien Stücken darauf, die ihm attestierte theoretis<strong>ch</strong>e Erwerbsfähigkeit als<br />

Unselbstständigerwerbender dur<strong>ch</strong> Ausübung einer angepassten Tätigkeit<br />

in zumutbarer Weise voll auszus<strong>ch</strong>öpfen77.<br />

2. Beibehaltung einer selbstständigerwerbenden Tätigkeit<br />

Wenn der Versi<strong>ch</strong>erte vor Eintritt des Gesundheitss<strong>ch</strong>adens eine selbststän-<br />

digerwerbende Tätigkeit ausgeübt hat, diese abet zu Gunsten einer un-<br />

selbstständigerwerbenden Tätigkeit aufgegeben hat, ist zu prüfen, ob die<br />

76 Vgl<br />

77 Vgl<br />

50<br />

Urteil BGer vom 26.06.2006 (4C.83/2006) E. 6.<br />

Urteil BCer vom 07.01.2010 (8C 97612009) E.4.2


Erng,rg6spr.t <strong>von</strong> SelbstsündiSeMerbenden<br />

3etriebsaufgabe inr-aliditätsbedingt erfolgte;s. Trifft dies ni<strong>ch</strong>t zu, ist zu ents<strong>ch</strong>eiden,<br />

ob dem Versi<strong>ch</strong>erten die Übernahme eines Betriebs - viellei<strong>ch</strong>t mit<br />

-,.,'eniger starker Belastung - mögli<strong>ch</strong> ist7e. Je na<strong>ch</strong>dem ist das hypothetis<strong>ch</strong>e<br />

Inr.alideneinkommen als Selbstständigerwerbender oder das tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e als<br />

U:rselbstständigerwerbender heranzuziehen, wobei jedo<strong>ch</strong> allfällige berufli-<br />

<strong>ch</strong>e \Iassnahmen vorgängig einer allfälligen Rentenzuspre<strong>ch</strong>ung zu prüfen<br />

.int1'-.<br />

Ist clie Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit ni<strong>ch</strong>t zumutbar, gibt<br />

der Versi<strong>ch</strong>erte diese aber glei<strong>ch</strong>wohl auf, ist bei der Rentenrevision ein<br />

Statusrve<strong>ch</strong>sel vorzunehmen und auf die Arbeitsfähigkeit abzustellen, die<br />

.ler Versi<strong>ch</strong>erte in einer optimal adaptierten unselbstständigerwerbenden<br />

\-er*.eisungstätigkeit aufweistsr. Bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass<br />

.'1er Versi<strong>ch</strong>erte den Betrieb ohne Eintritt des Gesundheitss<strong>ch</strong>adens beibehalten<br />

hätte, was bei der Aufgabe eines Imbiss-Standes der Fall ist, ist das Vali-<br />

eleneinkommen ebenfalls anhand der LSE-Tabellenlöhne zu bestimmen82.<br />

lll. <strong>Eingliederung</strong>sansPru<strong>ch</strong> <strong>von</strong> Selbstständigerwerbenden<br />

A. Allgemeines<br />

Die Selbstständigerwerbenden sind wie Unselbstständigerwerbende und<br />

\i<strong>ch</strong>terwerbstätige obligatoris<strong>ch</strong> in der Invalidenversi<strong>ch</strong>erung versi<strong>ch</strong>erts3<br />

und können deshalb dieselben Versi<strong>ch</strong>erungsleistungen, insbesondere Ein-<br />

r1<br />

rl<br />

Vgl. urteil versGer sG vom 02.04.2009 (Iv 20071455) E.3 (ehemaliger wirt, der eine<br />

Stelle als Ko<strong>ch</strong> antrat).<br />

Vgl. Urteil VersGer SG vom 02.04.2009 (IV 2007/455) E' 3 8'<br />

Vgl. Urteil VersGer SG vom 16.11.2009 (IV 2008/317) E. 3.2 (Aufgabe der selbstständigen<br />

Erwerbstätigkeit na<strong>ch</strong> se<strong>ch</strong>s Jahren bei einem klar unterdur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>en und ni<strong>ch</strong>t<br />

existenzsi<strong>ch</strong>emden Einkommen vor Eintritt der Invalidität. Die Invaliditätsbemessung<br />

ist auf crund der Tabellenlöhne LSE dur<strong>ch</strong>zuführen und ni<strong>ch</strong>t auf der Grundlage der<br />

ni<strong>ch</strong>t repräsentativen Zahlen während des Ges<strong>ch</strong>äftsaufbaus)<br />

Vgl. Urteil VersGer SG vom 03.09 2008 (M0071200) E' 4'<br />

Vgl. Urteil VersGer SG vom 03.09 2008 (IV 2007i200) E' 5'<br />

Bloss eine freiwillige Versi<strong>ch</strong>erung wird demgegenüber in der unfallversi<strong>ch</strong>erung<br />

(Art. 4 f. UVG) und der berufli<strong>ch</strong>en Vorsorge (Art. 4 und 44 f BVG) vorgesehen'<br />

51


HARDY LANDoLT / BEAT NYDEGGER<br />

gliederungsmassnahmen, beanspru<strong>ch</strong>en. Die <strong>Eingliederung</strong>sproblematik bei<br />

Selbstständigerwerbenden weist jedo<strong>ch</strong> mehrere Besonderheiten auf. Der<br />

<strong>Eingliederung</strong>sanspru<strong>ch</strong> wird ni<strong>ch</strong>t nur dur<strong>ch</strong> die Invalidenversi<strong>ch</strong>erung,<br />

sondern au<strong>ch</strong> die Milit är-8a und Arbeitslosentt ersi<strong>ch</strong>erungss gefördert.<br />

Die gesetzli<strong>ch</strong>en <strong>Eingliederung</strong>anasvtuhmen der lnaaliderrcersi<strong>ch</strong>erung gelten<br />

entweder für Ni<strong>ch</strong>terwerbstätige (Ents<strong>ch</strong>ädigung für Betreuungskosten)<br />

oder sind primär auf junge Versi<strong>ch</strong>erte (medizinis<strong>ch</strong>e <strong>Eingliederung</strong>smass-<br />

nahmen)86 und Unselbstständigerwerbende zuges<strong>ch</strong>nitten. Entspre<strong>ch</strong>end<br />

selten sind <strong>Eingliederung</strong>sstreitigkeiten; häufiger trifft man in der Re<strong>ch</strong>t-<br />

spre<strong>ch</strong>ung auf Rentenstreitigkeiten, insbesondere Fälle, bei denen die S<strong>ch</strong>a-<br />

denminderung umstritten ist87. Dies mag au<strong>ch</strong> damit zusammenhängen,<br />

dass Selbstständigerwerbende ihre freiwillig gewählte Erwerbsform tenden-<br />

ziell nur ungern aufgeben.<br />

Folgende Massnahmen sind bezügli<strong>ch</strong> der <strong>Eingliederung</strong> <strong>von</strong> Selbstständi-<br />

gerwerbenden <strong>von</strong> besonderer Bedeutung:<br />

- Ums<strong>ch</strong>ulung (Art. 17IVG),<br />

- Arbeitsvermittlung(Art.18IVG),<br />

- Kapitalhilfen (Art. 18b IVG),<br />

- Hilfsmittel (Art.21 IVG),<br />

-<br />

-<br />

selbstamortisierende Darlehen (Art. 21ti' Abs. 2bi" IVG),<br />

DienstleistungenDritter(Art.21ui'Abs.2IVG).<br />

Die übrigen <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen gelangen zur Anwendung, wenn<br />

ein no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t erwerbstätiger Versi<strong>ch</strong>erter si<strong>ch</strong> auf eine selbstständigerwer-<br />

52<br />

Die Militärversi<strong>ch</strong>emng kennt spezifis<strong>ch</strong>e und weiter gehende Leistungen für Selbstständi6;erwerbende<br />

(siehe Art. 32 und 38 MVG sowie Art. 16 und 20 MVV).<br />

Vgl. Art. 71a AVIC. Siehe ferner Art. 24 Abs. 1 AVIG und Art.3a AVIV.<br />

Vor der per 01.01.2008 erfolgten Revision <strong>von</strong> Art. 1,2 ff. M konnten Selbstständigerwerbende<br />

ebenfalls medizinis<strong>ch</strong>e <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen beanspru<strong>ch</strong>en (siehe z.B.<br />

Urteil EVC vom 24.07.2003 ll29l02l).<br />

Dazr.r bereits supra Ziffer ll.


ii'<br />

itl<br />

,il,<br />

;iii<br />

iiti<br />

iiii<br />

iir<br />

Ernglrederung <strong>von</strong> Selbststandigerwerbenden<br />

bende Tätigkeit, z.B. die Re<strong>ch</strong>tsanrvaltsprüfungs8, oder ein Selbstständiger-<br />

rverbender seine bisherige Täligkeit aufgibt und si<strong>ch</strong> auf eine Tätigkeit als<br />

Unselbstständigerwerbender vorbereitet und Ausbildungsmassnahmen und<br />

Berufsberatung, z.B. im Rahmen der Frühinterventionse, benötigt.<br />

B. Kapitalhilfe<br />

1. Allgemeines<br />

<strong>Eingliederung</strong>sfähigen invaliden Versi<strong>ch</strong>erten mit Wohnsitz in der S<strong>ch</strong>weiz<br />

kann eine Kapitalhilfe zur Aufnahme oder zum Ausbau einer Tätigkeit als Selbst-<br />

stärrdigerwerbender sowie zur Finanzierung aon inaaliditätsbedingten betriebli-<br />

clrcn l.lmstellungen gewährt werdeneo. Eine selbstständige Erwerbstätigkeit<br />

liegt vor, wenn der Versi<strong>ch</strong>erte die AHV-re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Voraussetzungen zur<br />

Erfassung als Selbstständigerwerbender erfüllt. Bei vom Versi<strong>ch</strong>erten be-<br />

herrs<strong>ch</strong>ten Aktiengesells<strong>ch</strong>aften wird das Erfordernis der selbstständigen<br />

Erwerbstätigkeit verneint und ein "Dur<strong>ch</strong>griff" abgelehntel.<br />

Ob die Voraussetzungen einer Kapitalhilfe gegeben sind, ist <strong>von</strong> Amtes we-<br />

gen abzuklären, wenn hinrei<strong>ch</strong>ende Indizien bestehen. Sol<strong>ch</strong>e liegen vor,<br />

wenn der Versi<strong>ch</strong>erte, der seine selbstständigerwerbende Tätigkeit als Bäcker/Konditor<br />

aufgegeben hat und als Transportunternehmer tätig ist, gel-<br />

tend ma<strong>ch</strong>t, er sei in der neuen Tätigkeit zur Zeit mit maximal 40 % bes<strong>ch</strong>äf-<br />

tigt, in der Regel brau<strong>ch</strong>e ein sol<strong>ch</strong>er Ges<strong>ch</strong>äftsaufbau bis zu fünf Jahre Zeit,<br />

und habe bislang kein Einkommen erzielen können, weil die Ausgaben hö-<br />

her als die Einnahmen seiene2.<br />

uli<br />

89<br />

90<br />

91<br />

Vgl. Urteil BGer vom 18.09.2009 (9C-49312009) E. 6 und ZAK 7977, 5.325.<br />

Vgl. Art.7d Abs.2lVC.<br />

Vgl. Art. 18b IVC und Art. 7 Abs. 1 IVV.<br />

Vgl. ZAK 7974,5.366, und 1984, S.91.<br />

92 Vgl. Urteil BGer vom 28.01.2008 (9C_858/2007) E. 2.2.2


HARDY LANDoLT / BEAT NYDEGGER<br />

2. Ungenügende berufli<strong>ch</strong>e <strong>Eingliederung</strong><br />

Die Kapitalhilfe setzt als berufli<strong>ch</strong>e <strong>Eingliederung</strong>smassnahme voraus, dass<br />

der Versi<strong>ch</strong>erte als Folge des erlittenen Gesundheitss<strong>ch</strong>adens ni<strong>ch</strong>t hinrei-<br />

<strong>ch</strong>end berufli<strong>ch</strong> eingegliedert iste3. Ein bestimmter Mindestinvaliditätsgrad<br />

wird jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t verlangtea. Versi<strong>ch</strong>ertery die vor Eintritt der Invalidität in<br />

einem Anstellungsverhältnis standen, kann nur dann eine Kapitalhilfe gewährt<br />

werden, wenn die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit<br />

invaliditätsbedingt notwendig ist. Ist hingegen die Ausübung einer un-<br />

selbstständigen Erwerbstätigkeit mögli<strong>ch</strong> und zumutbar, besteht kein An-<br />

spru<strong>ch</strong> auf Kapitalhilfess. Die Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit<br />

als Verkaufs<strong>ch</strong>auffeur ist beispielsweise einem Versi<strong>ch</strong>erten mit<br />

Wohnsitz in einer Region ausserhalb des Engadins seit Eröffnung des Verei-<br />

na-Tunnels zumutbare6. Hat die lY bzw. letztinstanzli<strong>ch</strong> das EVG bei der<br />

Invaliditätsbemessung erwogen, dass der Versi<strong>ch</strong>erte seine Resterwerbsfähigkeit<br />

in einer unselbstständigerwerbenden Tätigkeit besser verwerten<br />

könne, kann keine Kapitalhilfe gewährt werdery wenn der Versi<strong>ch</strong>erte wei-<br />

terhin als Selbstständigerwerbender arbeiteteT.<br />

3. lnvaliditätsbedingte Notwendigkeit<br />

Eine Kapitalhilfe für einen beabsi<strong>ch</strong>tigten Berufswe<strong>ch</strong>sel bzw. betriebli<strong>ch</strong>e<br />

Umstellungen setzt voraus, dass diese inaaliditätsbedingt erforderli<strong>ch</strong> sindes.<br />

Im Gegensatz zu den selbstamortisierenden Darlehen an Stelle eines Hilfs-<br />

mittelsee können Kapitalhilfen ni<strong>ch</strong>t für die Amortisation bestehender Anla-<br />

93<br />

g:1<br />

95<br />

96<br />

97<br />

98<br />

54<br />

Vgl. Art.8 Abs. 1 IVG sowie EVGE 1961, S.249, und ZAK1969,5.371.<br />

Siehe dazu Urteil EVG vom 03.12.1973 (1267173).<br />

Vgl. Urteil BGer vom 23.72.2009 (9C_23U2009) E. 3.1 und AHI 2002 S. 180; ferner EVCE<br />

7962,5.59, und ZAK 7962,5.735.<br />

Vg1. Urteil EVC vom 05.03.2002 (1122101) E. 2.<br />

Vg1. Urteil EVG vom 24.07.2006 (I 179106) E. 2.2.<br />

Vgl. Urteil EVG vom 28.03.2001 (I 304/00) E. 3.<br />

Inir a Ziff er IIIID I 2l i|i.


li<br />

iii<br />

,li<br />

i,l<br />

'iir<br />

ril'<br />

itl<br />

'ii,<br />

: -t ,ece'ung <strong>von</strong> Seloststandigerwerbenden<br />

iei'. oder die \euans<strong>ch</strong>aftung einer der invaliditätsbedingten Notwendigkeit<br />

.r..gepassten Anlage, z.B. eine Rohrmelkmas<strong>ch</strong>ine, die eine bestehende An-<br />

.;ce, z.B. eine Eimermelkmas<strong>ch</strong>ine, ersetzt, verwendet werdenlo0.<br />

r..eine invaliditätsbedingte Notwendigkeit besteht, wenn der Versi<strong>ch</strong>erte als<br />

::lt'stständigerwerbender dieselben Tätigkeiten ausfuhrt, die er als Un-<br />

-lbstständigerwerbender ausgefuhrt hat101, oder die Ans<strong>ch</strong>affung neuer<br />

Geräte oder Mas<strong>ch</strong>inen hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> der Betriebsrationalisierung bzw. der<br />

Erhaltung des Betriebes dienen1o2. Eine invaliditätbedingte Notwendigkeit<br />

'resteht<br />

demgegenüber bei einem Landwirt, der an Rückenbes<strong>ch</strong>werden<br />

leidet, für ein Dosiergerät für Heu und einen speziellen Traktorsitzl03. Be-<br />

.teht eine invaliditätsbedingte Notwendigkeit, ist unerhebli<strong>ch</strong>, ob die An-<br />

glei<strong>ch</strong>zeitig au<strong>ch</strong> betriebswirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> vorteilhaft oder erwüns<strong>ch</strong>t<br />

'<strong>ch</strong>aifung<br />

ist: J. Eine Kapitalhilfe kann ferner für den Erwerb einer Werkstatt gewährt<br />

-,\'erden, wenn der We<strong>ch</strong>sel der Erwerbstätigkeit invaliditätsbedingt not-<br />

''r'endig wa1105.<br />

Erforderli<strong>ch</strong> ist ferner die Zweckmässigkeit des Berufswe<strong>ch</strong>sels bzru. der betriebli-<br />

:kn l,lmstellungen. Diese ist anzunehmen, wenn der Versi<strong>ch</strong>erte für die ge-<br />

samte no<strong>ch</strong> zu erwartende Arbeitsdauer in fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er und <strong>ch</strong>arakterli<strong>ch</strong>er<br />

Hinsi<strong>ch</strong>t für eine selbstständige Erwerbstätigkeit geeignet, die wirts<strong>ch</strong>aftli-<br />

;hen Voraussetzungen für eine dauernde existenzsi<strong>ch</strong>ernde Tätigkeit gege-<br />

ben sind und für eine ausrei<strong>ch</strong>ende Finanzierung Gewähr geboten ist106. Der<br />

r1<br />

vgl. urteil Bcer vom 25.01.2008 (9c_59212007) E.3.2. Die Ans<strong>ch</strong>affung einer Mil<strong>ch</strong>absauganlage<br />

dur<strong>ch</strong> einen rückenges<strong>ch</strong>ädigten Landwirt ist demgegenüber als Kapitalhilfe<br />

und ni<strong>ch</strong>t als Hilfsmittel na<strong>ch</strong> Art. 21 IVG abzugeben (vgl. Urteil VerwCer SZ vom<br />

7e.02.7987 IVGE 92l8s] =ECVSZ 1987, S. s0).<br />

Vgl. Urteil BGer vom 23.72.2009 (9C23112009) E. 3.2 (Treuhänder mit Handelsdiplom<br />

und KV-Abs<strong>ch</strong>luss).<br />

Vgl. Urteil BGer vom 15.10.2009 (9C-64412009) E.3.3.<br />

Siehe Urteil EVG vom 21.06.2001 (I 29101) E. A.<br />

Vgl. ZAK 1977,5.707.<br />

vgl. urteil VerwGer LU vom 10.09.1974 = LGVE 1974 II Nr. 110 E.2 (Kapitalhilfe <strong>von</strong><br />

CHF 40'000.- für Garagebetrieb).<br />

Vgl. Art. 18 Abs.2IVC und Art. 7 Abs. 1IW.<br />

55


HARDY LANDoLT / BEAT NYDEGGER<br />

Gesundheitszustand des Versi<strong>ch</strong>erten ist für die Beurteilung der Eignung<br />

bzw. Dauerhaftigkeit des erstrebten <strong>Eingliederung</strong>serfolges massgebendl0T.<br />

Ni<strong>ch</strong>t geeignet ist z.B. ein Reisephotograph, der eine Erwerbstätigkeit nur<br />

sitzend ausüben kann und dessen Herzleiden si<strong>ch</strong> sukzessive vers<strong>ch</strong>lim-<br />

mern wird108. Im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit müs-<br />

sen s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> die Höhe der Kapitalhilfe und der voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Nutzen<br />

bzw. das voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Einkommen in einem vernünftigen Verhältnis<br />

zueinander stehenloe.<br />

4. Existenzsi<strong>ch</strong>erung<br />

Der angestrebte Nutzen der Kapitalhilfe besteht darin, dem Versi<strong>ch</strong>erten als<br />

Selbstständigerwerbendem ein douerndes existenzsi<strong>ch</strong>erndes Einkommen zu<br />

vers<strong>ch</strong>affen. Ein sol<strong>ch</strong>es liegt vor, wenn der Versi<strong>ch</strong>erte während der ihm<br />

verbleibenden Aktivitätsdauer in der Lage ist, dur<strong>ch</strong> seine selbstständige<br />

Erwerbstätigkeit ein Einkommen in der Höhe des Mittelbetrages zwis<strong>ch</strong>en<br />

Minimurn und Maxirnum der ordentli<strong>ch</strong>en Altersrente eines Alleinstehenden zu<br />

erwirts<strong>ch</strong>aftenll0. Dem Anspre<strong>ch</strong>er zustehende Taggelder oder Invalidenrenten<br />

dürfen bei der Prüfung des existenzsi<strong>ch</strong>ernden Erwerbseinkommens<br />

ni<strong>ch</strong>t in Betra<strong>ch</strong>t gezogen werden111. Steht fest, dass die Versi<strong>ch</strong>erte bisher<br />

mit ihrem Betrieb (i.c. Hundesalon) in keinem der drei Ges<strong>ch</strong>äftsjahre ein<br />

existenzsi<strong>ch</strong>erndes Einkommen errei<strong>ch</strong>t hat und au<strong>ch</strong> keine begründete<br />

Aussi<strong>ch</strong>t auf die mittelfrisiige Erzielung eines sol<strong>ch</strong>en besteht, kann keine<br />

Kapitalhilfe gewährt werdenlr2. Keine Existenzsi<strong>ch</strong>erung bietet au<strong>ch</strong> eine<br />

Autospenglerei, deren Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittsgewinn si<strong>ch</strong> auf CHF 19'201.50 beläuft;<br />

107<br />

1t)lJ<br />

109<br />

110<br />

111<br />

lt2<br />

56<br />

Vgl. BCE 97 V 762E.7.<br />

Y g,l. ZAK 1963, S. 773.<br />

Vgl. BCE 97 V 162E.2.<br />

Vg1. BGE 97 V 762 sowie ferner Urteile EVG vom 18.12.2001 (l 154/00) E. 1b/aa, vom<br />

31.01.2001 (I 349/00) E. 1 f. und vom 29.01.1992 (I 390190) sowie VerwGer VS vom<br />

25.02.7966 i.S. L.P. = RVJ 7967, S. 78 E. 2.<br />

Vgl. Urteil EVC vom 24.07.2006 (1179106) E. 2.1 und 2AK1969,5.527.<br />

Vgl. Urteil EVG vom 18.12.2001 (I 154/00) E. 1blee.


.:>.h\\'erend kommt hinzu, dass der Sohn des Versi<strong>ch</strong>erten eine Anlehre<br />

-..'l>t-r['iert und na<strong>ch</strong> dem Lehrabs<strong>ch</strong>luss den Betrieb ni<strong>ch</strong>t selbst führen darf<br />

::..i zudem marktkonform entlöhnt werden müsstel13'<br />

5. Leistungsformen<br />

Die Kapitalhilfe kann ohne Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t oder als zinsloses oder aerzinsli-<br />

;:::: Dnrlelten gewährt werden. Sie kann au<strong>ch</strong> in Form <strong>von</strong> Betriebseinri<strong>ch</strong>tun-<br />

.'.-,: oder Gnrnntieleistungen erbra<strong>ch</strong>t werdenlla. Der Verwaltung steht in Be-<br />

z,.ig auf Höhe und Form der Kapitalhilfe ein Ermessensspielraum zu, wobei<br />

;iese den betriebxttirts<strong>ch</strong>nftli<strong>ch</strong>en und finanziellen Gegebenheiten des Einzelfalles<br />

::,it cler Wahl der Form der Kapitalhilfe Re<strong>ch</strong>nung zu tragen hat. Eine Kür-<br />

znng der Kapitalhilfe aus Gründen des Konkurrenzs<strong>ch</strong>utzes ist ni<strong>ch</strong>t zuläs-<br />

siq :r. Bei der Wahl der Abgabeform ist eine Prognose der Einkommensent-<br />

',.'icklung na<strong>ch</strong> Ges<strong>ch</strong>äftseröffnung oder behinderungsbedingter Betriebs-<br />

:mstellung vorzunehmen, wobei zu berücksi<strong>ch</strong>tigen ist, dass na<strong>ch</strong> der<br />

-\r-rfnahme einer selbstständigen Ges<strong>ch</strong>äftstätigkeit im Rahmen der Autbau-<br />

','hase in der Regel keine grossen Gewinne zu erzielen sind116.<br />

Zinslose Darlehen oder Geldleistungen ohne Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t können<br />

nur ausnahmsweise zugespro<strong>ch</strong>en werden, wenn die finanziellen Verhältnisse<br />

dies als angezeigt ers<strong>ch</strong>einen lassen. Geldleistungen ohne Rückzah-<br />

Iungspfli<strong>ch</strong>t sind im Allgemeinen nur bis zu einem Hö<strong>ch</strong>stbetrag <strong>von</strong><br />

cHF 15'000.- auszuri<strong>ch</strong>ten. wenn sti<strong>ch</strong>haltige Gründe vorliegen, kann die-<br />

ser Betrag ausnahmsweise übers<strong>ch</strong>ritten oder <strong>von</strong> einer Verzinsung abgese-<br />

hen werden. Von einer Verzinsung ist abzusehen, wenn der versi<strong>ch</strong>erten<br />

Person zwar die Rückzahlung, ni<strong>ch</strong>t aber no<strong>ch</strong> eine zusätzli<strong>ch</strong>e finanzielle<br />

Belastung zumutbar istl 17.<br />

Vgl. Urteil EVG vom 24.07.2006 (1179106) E.2.<br />

Vgl. Art. 7 Abs.2IVV.<br />

Vgl. Urteil EVG vom 05.10.1994 (1354193).<br />

Vgl. urteile EVG vom 13.03.2003 (1123102)E.2.2f., vom 18.12.2001 (l 154/00) E.2.2und<br />

vom 14.03.1997 (l 140196).<br />

Siehe Urteil EVG vom 13.03.2003 (1123102) E. 2.2 ff .


HARDY LANDOLT / BEAT NYDEGGER<br />

Gibt der versi<strong>ch</strong>erte die selbstständige Errt'erbstätigkeit vor -\b.aui der<br />

Amortisationsdauer der zugespro<strong>ch</strong>enen Geldleistungen ohne Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t<br />

auf, hat er die Kapitalhilfe als unre<strong>ch</strong>tmässig bezogene LeistunS<br />

zurückzuerstatten, ungea<strong>ch</strong>tet des Umstandes, dass die Leistung "ohne<br />

Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t" verfügt wurde]18.<br />

C. Ums<strong>ch</strong>ulung<br />

1. Allgemeines<br />

Der Versi<strong>ch</strong>erte hat Anspru<strong>ch</strong> auf Ums<strong>ch</strong>ulung auf eine neue Erwerbstätigkeit<br />

oder Wiedereins<strong>ch</strong>ulung in den bisherigen Beruf1le, wenn die Ums<strong>ch</strong>u-<br />

lung bzw. wiedereins<strong>ch</strong>ulung infolge Invalidität notwendig ist und dadur<strong>ch</strong><br />

die Erwerbsfähigkeit voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> erhalten oder verbessert werden<br />

kann120.<br />

2. lnvaliditätsbedingte Notwendigkeit<br />

Selbstständigerwerbende und Unselbstständigerwerbende, die früher selbstständig<br />

erwerbstätig gewesen sind, können si<strong>ch</strong> auf eine (andere) selbst-<br />

ständig oder unselbstständig erwerbende Tätigkeit, z.B. vom Tennislehrer<br />

zum sozialpädagogen121, ums<strong>ch</strong>ulen lassen, wenn die bisherige Erwerbstätigkeit<br />

invaliditätsbedingt ni<strong>ch</strong>t mehr ausgefuhrt werden kann. Eine invali-<br />

ditätsbedingte Notwendigkeit liegt vor, wenn der Gesundheitss<strong>ch</strong>aden eine<br />

Art und S<strong>ch</strong>were errei<strong>ch</strong>t hat, wel<strong>ch</strong>e die Ausübung der bishetigen Erwerbstätigkeit<br />

ganz oder teilweise unzumutbsr ma<strong>ch</strong>t122. Ein bloss geringfügiger Invali-<br />

ditätsgrad genügt ni<strong>ch</strong>t; er muss ein bestimmtes erhebli<strong>ch</strong>es Mass errei<strong>ch</strong>en.<br />

118<br />

i19<br />

120<br />

721<br />

122<br />

58<br />

Vgl. EVGE 7969,5.152.<br />

Der Ums<strong>ch</strong>ulung auf elne neue Erwerbstätigkeit ist die wiedereins<strong>ch</strong>ulung in den<br />

bisherigen Beruf glei<strong>ch</strong>gestellt (vgl. Art. 17 Abs. 2 IVC)<br />

Vgl. Art. 17 Abs. 1 IVG.<br />

Vgl. Urteil EVG vom 29.03.2001 (I 611/00) E. 2 und 4.<br />

Siehe dazu Urteil EVG vom 21.10.2003 (I 15/03) 4.1 (r-rnselbstständig und selbstständig<br />

erwerbend tätig gewesener S<strong>ch</strong>reiner mit Asthma).


\:;:. cer Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung ist dies der Fail, $-enn der Versi<strong>ch</strong>erte in den ohne<br />

: -:':tzli<strong>ch</strong>e berut1i<strong>ch</strong>e Ausbildung no<strong>ch</strong> zumutbaren Erwerbstätigkeiten123<br />

=::.e bleit'ende oder längere Zeit dauernde Eruerbseinbusse uon etzon 20 Pro-<br />

:,-,:: erleidet;:-r. Der Mindestinvaliditätsgrad muss dabei im Erwerbsberei<strong>ch</strong> -<br />

,::.; ni<strong>ch</strong>t bezügli<strong>ch</strong> der Gesamtinvalidität - erfullt seinl2s'<br />

3cr fulbstständigerwerbenden, die mit einer unselbstständigen Erwerbstä-<br />

:.:keit mindestens 80 % ihres bisherigen Erwerbseinkommens erzielen<br />

.\,r..r1ten, besteht deshalb keine invaliditätsbedingte Notwendigkeit' Der<br />

.i..:ss<strong>ch</strong>iuss einer Ums<strong>ch</strong>ulung ist problematis<strong>ch</strong>, wenn die bisherige selbst-<br />

-:ändiger$,erbende Tätigkeit im Aufbau begriffen war oder vorübergehend<br />

:us konjunkturellen Gründen ein tiefes Erwerbseinkommen erzielt worden<br />

,s: In sol<strong>ch</strong>en Fällen sollte eine invaliditätsbedingte Notwendigkeit trotz<br />

irr,er unter 20 % liegenden Erwerbseinbusse bejaht werden, da der Versi-<br />

--r-.erte Anspru<strong>ch</strong> darauf hat, eine qualitatiu glei<strong>ch</strong>wertige Erwerbstätigkeit aus-<br />

:uiiben. Wie bei der vom Versi<strong>ch</strong>erten abgelehnten, aber <strong>von</strong> der Verwal-<br />

:;ng befürworteten Ums<strong>ch</strong>ulung sollte au<strong>ch</strong> bei einer vom Versi<strong>ch</strong>erten<br />

reantragten, <strong>von</strong> der Verwaltung infolge Unters<strong>ch</strong>reitens des Mindestinva-<br />

.r.'litätsgrads aber abgelehnten ums<strong>ch</strong>ulung eine Glei<strong>ch</strong>wertigkeitsbeurteilu:rg<br />

erfolgen. Einem 36-jährigen selbstständigerwerbenden Bauspengler<br />

.inel unqualifizierte Hilfsarbeiten, au<strong>ch</strong> dann, wenn er (no<strong>ch</strong>) ein bes<strong>ch</strong>eide-<br />

:.es Erwerbseinkommen erzielt hat, ni<strong>ch</strong>t zumutbarl26'<br />

Bei einer Versi<strong>ch</strong>erten, die das studium der Re<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aften mit dem Lizentiat<br />

abges<strong>ch</strong>lossen hat uncl als selbstständigerwerbende Re<strong>ch</strong>tsanwältin tätig sein wollte, ist<br />

sowohl beim ums<strong>ch</strong>ulungs- als au<strong>ch</strong> beim Rentenanspru<strong>ch</strong> <strong>von</strong> einer zumutbaren Tätigkeit<br />

als Ceri<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>reiberin auszugehen. weder selbstständigerwerbende wirtsÄaftsanwältin<br />

no<strong>ch</strong> angestellte Ri<strong>ch</strong>terin sind überwieg;end wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> (v91' Urteil<br />

EVG vom 28.70.20021I 428/011 E. 2 und 3)'<br />

Vgl.z.B.BGE130V48BE.4.3.2und124v771E.2bsowieUrteilEVGvom20.09.2006<br />

(I 81U05) E. 3 f. (selbstständigerwerbender Teppi<strong>ch</strong>händler)'<br />

Vgl. Urteil EVG vom 77 .05.2004 (I 88/03) E 3'3'<br />

Vgl. Urteil EVG vom 05.03.2003 (1761102) E' 3'3'<br />

59


HARDY LANDoIT BEÄT NY)EGGER<br />

3. Glei<strong>ch</strong>wercigkeit zwis<strong>ch</strong>en bisheriger und neuer Erwerbstatigkeit<br />

Zwis<strong>ch</strong>en der bisherigen und der neuen Erwerbstätigkeit muss eine ntmä-<br />

hernde Glei<strong>ch</strong>wertigkeif bestehen. Der Begriff der "annähernden Glei<strong>ch</strong>wertig-<br />

keit" bezieht si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t in erster Linie auf das Ausbildungsniveau als sol<strong>ch</strong>es,<br />

sondern auf die na<strong>ch</strong> erfolgter <strong>Eingliederung</strong> zu erwartende Verdienstmögli<strong>ch</strong>keitl27.<br />

In der Regel besteht nur ein Anspru<strong>ch</strong> auf die dem jeweiligen<br />

<strong>Eingliederung</strong>szweck angemessenen, notwendigen Massnahmen, ni<strong>ch</strong>t aber<br />

auf die na<strong>ch</strong> den gegebenen Umständen bestmögli<strong>ch</strong>en Vorkehren128.<br />

Die Beurteilung der Glei<strong>ch</strong>wertigkeit einer selbstständigerwerbenden mit<br />

einer anderen selbstständigerwerbenden oder einer unselbstständigerwer-<br />

benden Erwerbstätigkeit ist ein Ermessensentsclrcid. Bei einer selbstständigerwerbenden<br />

Werbeberaterin ist eine Ums<strong>ch</strong>ulung zur Naturheilpraktikerin<br />

zulässig, wenn diese geeignet und erforderli<strong>ch</strong> ist, die Erwerbsfähigkeit<br />

voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> zu erhalten oder wesentli<strong>ch</strong> zu verbessernl2e. Annähernd<br />

glei<strong>ch</strong>wertig sind beispielsweise die Ums<strong>ch</strong>ulung eines bisher selbstständi-<br />

gerwerbend gewesenen Plattenlegers zum te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Kaufmann bzw. Web<br />

Publisher SIZ an der Betriebs- und Verwaltungss<strong>ch</strong>ule GmbH, St. Gallen,r30,<br />

die Ums<strong>ch</strong>ulung eines gelernten Ko<strong>ch</strong>s, der vers<strong>ch</strong>iedene, teils unselbststän-<br />

dige, teils selbstständige Erwerbstätigkeiten als Skilehrer, Hüttenwart, Bergführer<br />

und Maurer ausführte, zL\m S<strong>ch</strong>nitzerl3l, und ein Na<strong>ch</strong>diplomstudium<br />

im Berei<strong>ch</strong> Personalmanagement bei einer Versi<strong>ch</strong>erten, die das Studium<br />

der Re<strong>ch</strong>tswissens<strong>ch</strong>aften mit dem Lizentiat abges<strong>ch</strong>lossen hat und als<br />

selbstständigerwerbende Re<strong>ch</strong>tsanwältin tätig sein wolltel32.<br />

127<br />

128<br />

129<br />

130<br />

131<br />

132<br />

60<br />

Vg1. z.B. BGE122v 79 E.3blbb.<br />

Vgl. BCE 727V 260 E. 2c, 118 V 212E.5c und 110 V 1'02F.2.<br />

Vgl. Urteil EVG vom 17.05.2004 (l 88/03) E. 3.3.<br />

Siehe Urteil EVG vom 08.08.2002 (I 681/01).<br />

Vgl. Urteil EVG vom 28.04.2003 (1297102).<br />

Vgl. Urteil EVG vom 28.L0.2002 (I 428101) E. 2 und 3.


--:: i'e:si<strong>ch</strong>erte muss auf Grund seines Gesunhdheitss<strong>ch</strong>adens objektiv in<br />

:=: La:e sein, einerseits die ums<strong>ch</strong>ulung zu absolvieren und andererseits<br />

:-.' :eue Enverbstätigkeit während der verbleibenden Aktivitätsphase aus-<br />

::;':en. s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> muss der versi<strong>ch</strong>erte au<strong>ch</strong> subjektiv ums<strong>ch</strong>ulungswillig<br />

i.-: Die objektive und subjektive ums<strong>ch</strong>ulungsfähigkeit sind beispielsweise<br />

:=: einem selbstständigerwerbenden sanitärinstallateur zu verneinen, der<br />

:::i .iem Ausbildungsziel eines Informatik-Anwenders überfordert und<br />

::r,en einjährigen Ausbildungsgang ni<strong>ch</strong>t gewa<strong>ch</strong>sen ist sowie auf Grund<br />

.erner Persönli<strong>ch</strong>keit eine <strong>Eingliederung</strong> als Arbeitnehmer in einen Betrieb<br />

:;lehntirr.<br />

5. <strong>Eingliederung</strong>swirksamkeit<br />

Die Gewährung <strong>von</strong> <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen setzt s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> einen<br />

-rbern'iegend wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>en <strong>Eingliederung</strong>serfolg voraus. Der wortlaut<br />

','trn Art.8 Abs. 1 IVG verdeutli<strong>ch</strong>t, dass ein minimnler <strong>Eingliederung</strong>serfolg,<br />

nithin bereits eine "Verbesserung" des behinderungsbedingten Funktions-<br />

.lefizits genügtl3a. Eine qualifizierte <strong>Eingliederung</strong>swirksamkeit wird bei den<br />

medizinis<strong>ch</strong>en Massnahmen verlangt, indem nur eine "dauernde und we-<br />

.sentli<strong>ch</strong>e" Verbesserung oder die Verhinderung einer "r.r'esentli<strong>ch</strong>en" Beein-<br />

trä<strong>ch</strong>tigung genügt13s. Bei den berufsnotwendigen Hilfsmitteln muss eben-<br />

ialls ein qualifizierter <strong>Eingliederung</strong>serfolg gegeben sein136.<br />

Bei der ums<strong>ch</strong>ulung wurde na<strong>ch</strong> dem bis zum 31. Dezember 2003 gültig<br />

gewesenen Wortlaut ebenfalls explizit ein wesentli<strong>ch</strong>er <strong>Eingliederung</strong>serfolg<br />

gefordert, seit der 4. IV-Revision genügt eine aoraussi<strong>ch</strong>tti<strong>ch</strong>e Erhalttmg oder<br />

verbesserung der Eruterbsfähigkeitttz. Die zur früheren Re<strong>ch</strong>tslage ergangene<br />

133<br />

135<br />

136<br />

137<br />

Vgl. Urteil EVG vom 19.02.2001. (I 108/00) E. 2b<br />

Vgl. Art.8 Abs. 1 lit. a IVG.<br />

Vgl. Art. 12 Abs. I IVC.<br />

Dazu infra Ziffer D.<br />

Vgl. Art. 17 Abs. 1 IVG.<br />

67


HARDY LANDoLT I BEAT NYDEGCER<br />

Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung, die in der neuen Tätigkeit ein rentenrelevantes, mithin<br />

rentenauss<strong>ch</strong>liessendes bzw. -reduzierendes Erwerbseinkommen verlangt<br />

hat138, gilt insoweit ni<strong>ch</strong>t mehr. Ein minimaler <strong>Eingliederung</strong>serfolg <strong>von</strong><br />

rund 10 T" der Erwerbseinbusse genügt, au<strong>ch</strong> in Betra<strong>ch</strong>t des Umstandes,<br />

dass bei tiefen Invaliditätsgraden die mit einer Ums<strong>ch</strong>ulung verbundenen<br />

Kosten die auszuglei<strong>ch</strong>ende Erwerbseinbusse regelmässig um ein Vielfa<strong>ch</strong>es<br />

übersteigenl3e.<br />

D. Hilfsmittel und Dienstleistungen Dritter<br />

1. Hilfsmittel<br />

i. Allgemeines<br />

Unter einem Hilfsmittel ist ein Gegenstand zu verstehery dessen Cebrau<strong>ch</strong><br />

den Ausfall gewisser Teile oder Funktionen des Körpers zu ersetzen vermag110.<br />

Der Versi<strong>ch</strong>erte hat Anspru<strong>ch</strong> auf die in den jeweiligen Hilfsmittellisten<br />

aufgeführten Hilfsmittellal, unabhängig da<strong>von</strong>, ob er das fragli<strong>ch</strong>e<br />

Hilfsmittel oder ein glei<strong>ch</strong>wertiges Hilfsmittel bereits anges<strong>ch</strong>afft hat1a2. Die<br />

Hilfsmittellisten, insbesondere die im Anhang zur HVI enthaltene Liste, sind<br />

insofern abs<strong>ch</strong>liessend, als sie die in Frage kommenden Hilfsmittelkategorien<br />

aufzählen. Dagegen ist bei jeder Hilfsmittelkategorie zu prüfen, ob die<br />

Aufzählung der einzelnen Hilfsmittel (innerhalb der Kategorie) ebenfalls<br />

abs<strong>ch</strong>liessend oder bloss exemplifikativ ist113.<br />

Die jeweiligen Hilfsmittel können entweder in natura - leihweise oder zu<br />

Eigentum - abgegebenll4 oder es können hiefür - im Berei<strong>ch</strong> der Invalidenund<br />

Militärversi<strong>ch</strong>erung - Geldleistung (Amortisationsbeiträge, Ersatzleis-<br />

138<br />

139<br />

t40<br />

141<br />

142<br />

143<br />

14,1<br />

62<br />

Vgl. BGE 122V 77 E. 3b/cc.<br />

Vgl. BCE 130 V 488 E.4.3.2.<br />

Vgl. BGE 1.15Y 1.94E.2c.<br />

Vgl. Art.2l f. IVG und HVI, Art. l1UVG und HVUV, Art.21 MVG<br />

Vgl. Art. 2 Abs. 5 HVI.<br />

Vgl. BGE 727V 260 E. 2b und Art. 2 Abs. 5 HVI.<br />

Vgl. Art.21 Abs. 3IVG.


Eintiiederung <strong>von</strong> SelbststandiSerwerbenden<br />

rung bz\\'. Ents<strong>ch</strong>ädigung fur Dienstleistungen Dritter)]as ausgeri<strong>ch</strong>tet wer-<br />

.'ien. Seit der.l. IVG-Revision können Versi<strong>ch</strong>erten, die eine Erwerbstätigkeit<br />

in einem Landwirts<strong>ch</strong>afts- oder Gewerbebetrieb ausführen und Anspru<strong>ch</strong><br />

auf ein kostspieliges Hilfsmittel haberU selbstamortisierende Darlehen ge-<br />

rr'ährt r.verden116.<br />

ii. Berufsnotwendige Hilfsmittel der lnvalidenversi<strong>ch</strong>erung<br />

Die Hilfsmittel der Invaliden- und Militärversi<strong>ch</strong>erung bezwecken ni<strong>ch</strong>t nur<br />

t'iie Kompensation <strong>von</strong> Funktionsdefiziten in Bezug auf alltägli<strong>ch</strong>e Lebensberei<strong>ch</strong>e,<br />

z.B. Fortbewegung, Herstellung des Kontaktes mit der umwelt<br />

ocler Selbsts orge1a7, sondern sollen au<strong>ch</strong> die Ausübung einer Eruerbstätigkeit<br />

bzrv. einer Tätigkeit im Aufgabenberei<strong>ch</strong> fördernl48.<br />

Die HVI sieht folgende berufsnotwendige Hilfsmittel vor:<br />

-<br />

10.01*<br />

Motorfahrzeugeundlnvalidenfahrzeuge<br />

für Versi<strong>ch</strong>erte, die voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> dauemd eine existenzsi<strong>ch</strong>emde<br />

Erwerbstätigkeit ausüben und zur Überwindung des Arbeitsweges auf<br />

ein persönli<strong>ch</strong>es Motorfahrzeug angewiesen sind.<br />

Der jährli<strong>ch</strong>e Amortisationsbeitrag beträgt 480 Franken für zweirädrige<br />

und 2500 Franken für drei- und vierrädrige Motorfahrräder.<br />

I0.02* KI ei nmo to r r äder un d Mot orr äder :<br />

Der jährli<strong>ch</strong>e Amortisationsbeitrag beträgt 750 Franken.<br />

10.04* Autontobile:<br />

Der jährli<strong>ch</strong>e Amortisationsbeitrag beträgt 3000 Franken. Der Beitrag an<br />

einen automatis<strong>ch</strong>en Garagentoröffner beträgt 1500 Franken.<br />

10.05 Inu al idit ä t sb e din gt e Ab änder un geil an Mo t orfnhrzetr ge n<br />

Vgl. Art. 21t" Abs. l und 2lVG sowie Art. 21 Abs.2-4 MVC.<br />

Vgl. Art. 21bi' Abs. 2b" IVC.<br />

vgl. Art. 21 Abs.2 IVG und Art. 2 Abs. 1 HVI. Der in Art. 21 Abs.2 IVG geregeiten<br />

<strong>Eingliederung</strong>smassnahme für s<strong>ch</strong>wer Behinderte kommt der Charakter einer Sozialrehabilitation<br />

zu, was in der Invalidenversi<strong>ch</strong>erung bei volljährigen versi<strong>ch</strong>erten eine<br />

grosse Ausnahme darstellt (vgl. BCE 727 V 121 E 3b).<br />

Vgl. Art.21 Abs. 1 IVG und Art. 2 Abs. 2 HVI.


HARDY LANDOLT / BEAT NYDEGGER<br />

I<br />

l<br />

I<br />

Hilfsmittel für Blinde und ho<strong>ch</strong> grad ig Sehs<strong>ch</strong>rr'acl^..<br />

13.01* ]<br />

64<br />

13.05*<br />

Ab sp iel ger ät e fär T o n t r ä ger,<br />

sofernslefürBlindeundho<strong>ch</strong>gradigSehbehindertebeiderAusübung<br />

einer Erwerbstätigkeit oder einer Tätigkeit im Aufgabenberei<strong>ch</strong> invali<br />

J aitatt!".!t"gt notwendiS sind' Die Abgabe erfolgt leihweise'<br />

Hilfsmittel am ArbeitsPlatz,<br />

Ausbildung sowie bauli<strong>ch</strong>e<br />

beitsweges<br />

h*ffi<br />

im Aufgabenberei<strong>ch</strong>, zur S<strong>ch</strong>ulung und<br />

Vorkehren zur Ürberwindung des Ar-<br />

H rrrrl-k gr*t r r** Zr Lsnt ze i n r i <strong>ch</strong>t u t t gc n,<br />

Zusntzgerüte und AnpnsstLngen für die Bedienung aon Appnrnten urd Mn-<br />

s<strong>ch</strong>inen:<br />

B"i d". Abgabe <strong>von</strong> Geräten, die au<strong>ch</strong> eine gesunde Person in gewöhnli<strong>ch</strong>er<br />

Ausführung benötigt, hat si<strong>ch</strong> die versi<strong>ch</strong>erte Person an den<br />

Kosten zu beteiligen. Hilfsmittel, deren Ans<strong>ch</strong>affungskosten den Betrag<br />

<strong>von</strong> 400 Franken ni<strong>ch</strong>t übersteigen, gehen zulasten der versi<strong>ch</strong>erten<br />

Der Behinderung indiuidtrell an Sitz-, L und Stehaor<br />

n"i a", Abgabe <strong>von</strong> Geräten, die au<strong>ch</strong> eine gesunde Person in gewöhnli<strong>ch</strong>er<br />

Ausführung benötigt, hat si<strong>ch</strong> die versi<strong>ch</strong>erte Person an den<br />

Kosten zu beteiligen. Hilfsmittel, deren Ans<strong>ch</strong>affungskosten den Betrag<br />

<strong>von</strong> 400 Franken ni<strong>ch</strong>t übersteigen, gehen zulasten der versi<strong>ch</strong>erten<br />

Person.<br />

Der Behinclerttng indiaiduetl nngepasste Arbeitsflö<strong>ch</strong>en:<br />

g"f d". AbC"b" "." G"räten, die au<strong>ch</strong> eine gesunde Person in gewöhnli<strong>ch</strong>er<br />

Ausführung benötigt, hat si<strong>ch</strong> die versi<strong>ch</strong>erte Person an den<br />

Kosten zu beteiligen. Hilfsmittel, deren Ans<strong>ch</strong>affungskosten den Betrag<br />

<strong>von</strong> 400 Franken ni<strong>ch</strong>t übersteigen, gehen zulasten der versi<strong>ch</strong>erten<br />

Person<br />

Inu alidi t ät sb edi ngt e b nul i<strong>ch</strong>e And er u n gen nm Arbeitsplntz wrd im Aufgnben'<br />

bereiclr<br />

ftrbrbfihrm trnd Treppenlit'te sotpie Beseitigtmg oder Anderung pon bauli<strong>ch</strong>en<br />

Hindernissen im tmd tun den Wohn-, Arbeits-, Ausltildtotgs- wtd S<strong>ch</strong>ulungs-<br />

berei<strong>ch</strong>,<br />

-f".rl au-lt al" Ütf"rwindung des Weges zur Arbeits-' Ausbildungsoder<br />

S<strong>ch</strong>ulungsstätte oder die Tätigkeit im Aufgabenberei<strong>ch</strong> ermögli<strong>ch</strong>t<br />

wird. Die erfolgt leihweise.


. Qualifiziene <strong>Eingliederung</strong>swirksamkeir<br />

i -g,e


HARDY LANDoIT BEÄT NYDEGGER<br />

sä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> ein Motorfahrzeug benutzt hat, um seinen Arbeitsrveg zu ut'enr'in-<br />

den, ohne dass er na<strong>ch</strong> den Umständen darauf angewiesen gewesen wärer53.<br />

Bei Motorfahrzeugen wird ferner vorausgesetzt, dass der Versi<strong>ch</strong>erte aorntrs-<br />

si<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> douernd eine existenzsi<strong>ch</strong>ernde Erwerbstätigkeif ausüben wird. Der Ver-<br />

si<strong>ch</strong>erte muss in der Lage sein, während längerer Zeit monatli<strong>ch</strong> ein Ein-<br />

kommen in der Höhe des Mittelbetrages zwis<strong>ch</strong>en Minimum und Maximum<br />

der ordentli<strong>ch</strong>en einfa<strong>ch</strong>en Altersrente zu erzielenlsa. Dass die Einkünfte<br />

diese Grenze in einzelnen Monaten, namentli<strong>ch</strong> bei Arbeitsbeginn, geringfü-<br />

gig unters<strong>ch</strong>ritten haben, ist unerhebli<strong>ch</strong>, weil eine voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> dauernde<br />

existenzsi<strong>ch</strong>ernde Erwerbstätigkeit au<strong>ch</strong> dann anzunehmen ist, wenn die<br />

massgebende Einkommensgrenze invaliditätsbedingt vorübergehend unter-<br />

s<strong>ch</strong>ritten wird, aber damit gere<strong>ch</strong>net werden kann, dass sie innert verhält-<br />

nismässig kurzer Zeit wieder errei<strong>ch</strong>t wird155.<br />

Bet Versi<strong>ch</strong>erten, die unentgeltli<strong>ch</strong> im Betrieb des Ehegatten mitarbeiten, stellt si<strong>ch</strong><br />

die Frage, ob si<strong>ch</strong> die Beurteilung der <strong>Eingliederung</strong>swirksamkeit berufs-<br />

notwendiger Hilfsmittel na<strong>ch</strong> den Regeln für Erwerbs- oder Ni<strong>ch</strong>terwerbstä-<br />

tige ri<strong>ch</strong>tet. Wird die unentgeltli<strong>ch</strong>e Mitarbeit im Betdeb des Ehegatten als<br />

Tätigkeit im Aufgabenberei<strong>ch</strong> qualifiziert, muss ni<strong>ch</strong>t nur das fragli<strong>ch</strong>e<br />

Hilfsmittel unter dem Gesi<strong>ch</strong>tspunkt der <strong>Eingliederung</strong>swirksamkeit für die<br />

Ausübung der Tätigkeit notwendig, sondern zusätzli<strong>ch</strong> die Tätigkeit selbst<br />

<strong>von</strong> existentieller Bedeutung sein1s6. Diese Voraussetzung wäre ni<strong>ch</strong>t erfüllt,<br />

wenn die Mitarbeit im Betrieb nur gerade 10 % des gesamten Aufgabenbe-<br />

rei<strong>ch</strong>s ausma<strong>ch</strong>en würde157. Wird demgegenüber - wie bei der Rentenbe-<br />

messunglss - <strong>von</strong> einer Erwerbstätigkeit ausgegangery sind die vorerwähnten<br />

Regeln und insbesondere massgebli<strong>ch</strong>, ob der Lohn, der einem Dritten<br />

für die Mitarbeit im Betrieb bezahlt werden müsste, existenzsi<strong>ch</strong>ernd ist.<br />

153<br />

154<br />

155<br />

156<br />

157<br />

158<br />

66<br />

Vg1. Urteil BCer vom 23.77.2007 (l 809/06) E. 5.1.<br />

Vgl. BCE 722V 2l2E.4blaa und 118 V 203 E. 2c.<br />

Vg1. BCE 118 V 203 E. 3a und ZAK 7989, S. 562.<br />

Vgl. BCE 122V 21,2 E. 3 und 4.<br />

Vgl. BGE 122V 212 E.4claa und ZAK 7992,5.437.<br />

Siehe Art. 27bk lVV.


li<br />

t,<br />

j<br />

i<br />

ii9<br />

,60<br />

;61<br />

I t'2<br />

r63<br />

16.1<br />

I Dienstleistungen Dritter<br />

Allgemeines<br />

.:', aliden-::' und Militärversi<strong>ch</strong>erunglil sehen einen Anspru<strong>ch</strong> auf Dienst-<br />


HARDY LANDOLT / BEAT NYDEGGER<br />

sieren, um den Versi<strong>ch</strong>erten zu befähigen, den Arbeitsrr.e:. Z::-:;^zr-rlegen<br />

oder berufli<strong>ch</strong>e Funktionen zu verri<strong>ch</strong>tenl65'<br />

Bei Bürohilfskräften ist zu unters<strong>ch</strong>eiden, ob die Hilfskraft an stelle eines<br />

Hilfsmittels, das einen behinderungsbedingten Funktionsausfall des Versi-<br />

<strong>ch</strong>erten, z.B. den Verlust der Sehkraft, substituiert, tätig ist oder nur Tätig-<br />

keiten ausführt, die der nur no<strong>ch</strong> teilerwerbsfähige Versi<strong>ch</strong>erte trotz Behin-<br />

derung no<strong>ch</strong> ausführen könnte bzw. ausgeführt hätte. Letztere Tätigkeiten<br />

stellen, au<strong>ch</strong> wenn sie unter der Anleitung und Aufsi<strong>ch</strong>t des Versi<strong>ch</strong>erten<br />

erfolgen und zeitli<strong>ch</strong> relativ kurz sind, z.B. ca. zwei Wo<strong>ch</strong>enstunden, keine<br />

Dienstleistung Dritter darr66.<br />

Das Kreiss<strong>ch</strong>reiben (KHMI) erwähnt insbesondere folgende berufsnotwen-<br />

digen Dienstleistungen Dritter16T'<br />

-<br />

Trnnsport Ltnd Begteitung uon Behinderten uom wohn- zum Arbeitsort an<br />

stelle eines Motorfahrzeuges oder eines Blindenführhundes auf dem<br />

Arbeitsweg, insbesondere au<strong>ch</strong> Taxikosten,<br />

, Vorlesen aon berufsnotwendigen Texten zur Ermögli<strong>ch</strong>ung der Berufs-<br />

-<br />

ausübung im Falle <strong>von</strong> Blindheit oder ho<strong>ch</strong>gradiger sehbehinde-<br />

rungr6s'<br />

Dolmets<strong>ch</strong>en zton speziell anspru<strong>ch</strong>nollem Gesprä<strong>ch</strong>s-lLernstoff, wenn dies<br />

für die Berufsausübung oder den s<strong>ch</strong>ulbesu<strong>ch</strong> im Falle <strong>von</strong> Gehörlo-<br />

sigkeit oder s<strong>ch</strong>werer Hörbehinderung notwendig ist'<br />

Eine Leistungspfli<strong>ch</strong>t für die Kosten eines Gebärdendolmets<strong>ch</strong>ers besteht bei<br />

einem tauben Versi<strong>ch</strong>erten, der eine Ko<strong>ch</strong>lehre absolviert und eine besser<br />

bezahlte stelle als Kü<strong>ch</strong>en<strong>ch</strong>ef in einem Hotel angetreten hat, weil Bespre-<br />

<strong>ch</strong>ungen mit hörenden Mitarbeitern und Kunden nur mögli<strong>ch</strong> sind, wenn<br />

ein Gebärdendolmets<strong>ch</strong>er anwesend ist16e. Kein sol<strong>ch</strong>er Anspru<strong>ch</strong> besteht<br />

165<br />

166<br />

167<br />

168<br />

Vg1. BGE 112 V 11 E. 1b und 96V 84.<br />

Vgl. BGE 1'72V 77 E. 2 und 96 V 84.<br />

Vgl. Rz. 1037 KHMI.<br />

Sielre dazu Urteil BGer vom 18'09.2009 (9C-49312009) E' 5'2-2'3<br />

Vgl. Urteil BGer vom 28.01.2008 (9C-75912007) E.4'


- -; ece--n; rcr Se css'.andrgeruerbenden<br />

:::.i.1s einer inlaliditätsbedingten \otrtendigkeit bei tauben Versi<strong>ch</strong>erten,<br />

:,: :e:eiis eine Berufslehre absolviert haben und in der Folge als Lehrer an<br />

:.:.: Taubstummens<strong>ch</strong>ule tätig sind bzw. si<strong>ch</strong> dazu ausbilden lassen mö<strong>ch</strong>-<br />

:.: -. Die Kosten eines Gebärdenspra<strong>ch</strong>kurses eines seit der Geburt tauben<br />

:--::lgisis<strong>ch</strong>en Staatsangehörigen, der in die S<strong>ch</strong>weiz gekommen ist, sind<br />

.:er.falls ni<strong>ch</strong>t <strong>von</strong> der Invalidenversi<strong>ch</strong>erung zu finanzieren, weil das<br />

- ::ktionsdefizit vor der Wohnsitznahme in der S<strong>ch</strong>weiz eingetreten ist171.<br />

Selbstamortisierende Darlehen<br />

:-::ben Versi<strong>ch</strong>erte für die Erwerbstätigkeit in einem Landutirts<strong>ch</strong>afts- oder<br />

.:--.':rl,eltetrieb Anspru<strong>ch</strong> auf ein kostspieliges Hilfsmittel, das <strong>von</strong> der Invali-<br />

::rr-ersi<strong>ch</strong>erung ni<strong>ch</strong>t zurückgenommen oder nur s<strong>ch</strong>wer wieder abgege-<br />

:.r n'erden kann, so kann an Stelle des vom Versi<strong>ch</strong>erten anges<strong>ch</strong>afften<br />

,lilfsmittels ein selbstamortisierendes Dnilehen ausgeri<strong>ch</strong>tet werden172. Die<br />

larlehenssumme verringert si<strong>ch</strong> jährli<strong>ch</strong>, je na<strong>ch</strong> Abs<strong>ch</strong>reibungsdauer der<br />

-r.,'estitionen. Fallen die Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen vor Ablauf der Ab-<br />

.:hreibungsdauer dahin, ist die versi<strong>ch</strong>erte Person gegenüber der Invali-<br />

-i e :rversi<strong>ch</strong>erung zur Rückzahlung der Rests<strong>ch</strong>uld verpfli<strong>ch</strong>tetl 23.<br />

3. Kostenbeteiligung<br />

Jer Versi<strong>ch</strong>erte hat für eingesparte Kosten, z.B. Arbeitswegkosten, bzw.<br />

Chrrehinkosten eine Kostenbeteiligung zu tragenlTa. Ohnehinkosten sind die<br />

i(osten für Gegenstände, Werkzeuge oder Mas<strong>ch</strong>inen, die einer betriebsübli-<br />

,,:t'rt Ausstatfurg entspre<strong>ch</strong>en, wozu insbesondere EDV-Anlagen (inkl. CAD)<br />

Vgl. Urteile BCer 22.07.2008 (9C_78612007) E. 5, vom 23.01.2008 (9C_67512007) E. 5 und<br />

vom 23.01.2008 (9C,34612007) E. 4 sowie EVG vom 30.08.2004 (I 10/03) E. 3.<br />

Vgl. Urteil EVG vom 29.10.2007 (I 418i01) E.4.<br />

Vgl. Art. 21bis Abs. 2bi. IVC.<br />

Vgl. Urteil BGer vom 25.01.2008 (9C_59212007) E. 3.2 und Bots<strong>ch</strong>aft vom 21.02.2001 über<br />

die 4. Revision des Bundesgesetzes über die Invalidenversi<strong>ch</strong>erung = BBI 2001,<br />

s. 3205 ff.,3264.<br />

Vgl. Art.21 Abs. 3lVG.


HARDY L^T'DOLT BET,T NYD:GG.1<br />

zählenl75. Zu den eigentli<strong>ch</strong>en intnliditätsltedingtert Jlclrri-.'s:i': Sei-...ren die<br />

Kosten für ni<strong>ch</strong>t betriebsübli<strong>ch</strong>e Ausstattungen, erfolglose Anpassungenl:"<br />

und einen besonderer Support in Form <strong>von</strong> Ein- bzw. Na<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ulung, Wei-<br />

terberatung, Hilfeleistung bei Problemlösungen (letztere Kosten in der Regel<br />

längstens während eines Jahres na<strong>ch</strong> Abgabe des Hilfsmittels;tzz.<br />

Die Hilfsmittelliste (Anhang HVI) listet je Hilfsmittelkategorie die Selbstbe-<br />

halte awf , ab deren Errei<strong>ch</strong>en die Leistungspfli<strong>ch</strong>t bestehtl78, äussert si<strong>ch</strong> aber<br />

ni<strong>ch</strong>t zur Bemessung det Kostenbeteiligutrg bei gegebener Leistungspfli<strong>ch</strong>t.<br />

Als Kostenbeteiligung sind der Wiederbes<strong>ch</strong>affungsurert der bestehenden An-<br />

lage und aUfällige Rationalisierungseffekte anzure<strong>ch</strong>nenlTe. Ist die tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />

Nutzungsdauer der invaliditätsbedingt zu ersetzenden Anlage überwiegend<br />

wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> bedeutend länger als die betriebswirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>-te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e,<br />

ist an die Kostenbeteiligung die summe aus dem Zeitwefi und den Abs<strong>ch</strong>reibungen<br />

auf der Einri<strong>ch</strong>tung bezogen auf die tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Nutzungs-<br />

dauer anzure<strong>ch</strong>nen. Dazu kommen atlfällige Rationalisierungseffekte, wel-<br />

<strong>ch</strong>e zu kapitalisieren sind. Im Sinne einer widerlegbaren Vermutung ist der<br />

Zeitwert der zu ersetzenden Anlage dem um die Summe der betriebswirt-<br />

s<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>-te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Abs<strong>ch</strong>reibungen bis zum Gesu<strong>ch</strong>szeitpunkt gekürz-<br />

ten Wiederbes<strong>ch</strong>af fungswert glei<strong>ch</strong>zusetzen<br />

t76<br />

177<br />

17E<br />

179<br />

1U0<br />

70<br />

Vg1. Rz. 13.01.3* f. KHMI. In der Landwirts<strong>ch</strong>aft gehören Anlagen für das Einbringen,<br />

verteilen und die Entnahme <strong>von</strong> Raufutter, insbesondere Heu, im stallgebäude zur<br />

Standardausrirstung eines Bauernbetriebes <strong>von</strong> der Grösse des Hofes des Bes<strong>ch</strong>werdegegners<br />

(13,4 ha Land mit Futterrübenanbau und Mil<strong>ch</strong>wirts<strong>ch</strong>aft [16 Kühe, 6 Rinder<br />

und 3 Kälberl sowie Kalbermast) (siehe urteil BGer vom 25.01.2008 l9c_59212007)E.4).<br />

Vgl. Rz. 13.01.5- KHMI.<br />

Vgl. Rz. 13.01.6* KHMI.<br />

Für Hilfsmittel am Arbeitsplatz, im Aufgabenberei<strong>ch</strong>, zur s<strong>ch</strong>ulung und Ausbildung<br />

sowie für bauli<strong>ch</strong>e Vorkehren zur Überwindung des Arbeitsweges gehen Ans<strong>ch</strong>affungskosten<br />

bis CHF 400.- zu Lasten des Versi<strong>ch</strong>erten (vgl. Zifi 13 01* ff.).<br />

Vgl. Rz. 13.01.9- KHMI und Urteil BGer vom 25.01.2008 (9C,59212007) E. 5.1 ff.<br />

1 80.<br />

Vg1. Urteil BGer vom 25.01.2008 (9C 59212007) 8.5.2.2.


E. Abgrenzung dervers<strong>ch</strong>iedenen <strong>Eingliederung</strong>smassnahmen<br />

Die -\bgrenzung der vers<strong>ch</strong>iedenen Massnahmen ist aufgrund der unter-<br />

.<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen und dem ebenfalls differierenden<br />

Leistungsumfang und der Modalität der Leistungsausri<strong>ch</strong>tung in der praxis<br />

<strong>von</strong> grosser Bedeutung. Aufgrund der ausführli<strong>ch</strong>en Bestimmungen (Ge-<br />

setz, Verordnung und Ausführungsbestimmungen) bereitet die Differenzierung<br />

an si<strong>ch</strong> keine wesentli<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>wierigkeiten. Trotzdem bestanden und<br />

bestehen teilweise weiterhin erhebli<strong>ch</strong>e Unsi<strong>ch</strong>erheiten bei der Abgrenzung,<br />

vrrr allem zwis<strong>ch</strong>en den Kapitalhilfen und den selbstamortisierenden Darlehen,<br />

wel<strong>ch</strong>e glei<strong>ch</strong>zeitig die im Zusammenhang mit der <strong>Eingliederung</strong><br />

Selbstständigerwerbender am häufigsten genannten Leistungen darstellen.<br />

So hat au<strong>ch</strong> das Bundesgeri<strong>ch</strong>t vers<strong>ch</strong>iedentli<strong>ch</strong> die beiden sowohl <strong>von</strong> der<br />

Zrr-eckbestimmung wie au<strong>ch</strong> den Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen und den Mo-<br />

.ialitäten der Ausri<strong>ch</strong>tung her grundvers<strong>ch</strong>iedenen Leistungen vermis<strong>ch</strong>tlsl.<br />

Selbstamortisierende Darlehen können als Ersatzleistung für Hilfsmittel nur<br />

zugespro<strong>ch</strong>en werdery wenn ein substitutionsfähiger Anspru<strong>ch</strong> auf ein ent-<br />

spre<strong>ch</strong>endes Hilfsmittel besteht. Bezügli<strong>ch</strong> der Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen<br />

.ind somit die gesetzli<strong>ch</strong>en Bestimmungen für Hilfsmittel am Arbeitsplatzls2<br />

analog anwendbar. Au<strong>ch</strong> die Zweckbestimmung ist dieselbe. Hilfsmittel am<br />

.{rbeitsplatz dienen der Beseitigung oder Milderung der Auswirkungen<br />

eines Gesundheitss<strong>ch</strong>adens auf die Erwerbsfähigkeit einer versi<strong>ch</strong>erten Perion.<br />

Hierbei wird die Wiedereingliederung in die bereits vor Eintritt der<br />

Behinderung ausgeübte Tätigkeit angestrebt. Kapitalhilfen dienen im Ge-<br />

qensatz dazu der Aufnahme, der Wiederaufnahme oder dem Ausbau einer<br />

selbstständigerwerbenden Tätigkeit sowie der Finanzierung <strong>von</strong> behinde-<br />

rungsbedingten betriebli<strong>ch</strong>en Umstellungen. Mit Kapitalhilfen wird dem-<br />

na<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t die <strong>Eingliederung</strong> in die angestammte Tätigkeit, sondern die<br />

Verbesserung der Erwerbsfähigkeit der versi<strong>ch</strong>erten Person dur<strong>ch</strong> die Auf-<br />

nahme einer selbstständigerwerbenden Tätigkeit oder die Umstellung eines<br />

bestehenden Betriebes angestrebt.<br />

Vgl. Urteile BGer vom 27.02.2007 (1233106) E.6 und vom 21.06.2001 (129101).<br />

Vgl. Art.21 IVC und Art. 14 IVV sowie FIVI.<br />

/l


HARDY LANDOLT BEÄT NYtrEGG:R<br />

Die folgende tabellaris<strong>ch</strong>e Darstellung<br />

der beiden Leistungen in geraffter Form<br />

Knpitalhilfe<br />

zeigt die<br />

auf :<br />

Se/bsfrltttorhs trt't':.;;<br />

Darlehen<br />

Rerufli<strong>ch</strong>e Massnahme Oberbegriff Hilfsmittel<br />

Art.18b IVG Gesetzli<strong>ch</strong>e Grundlage Art. 21bi'Abs. 2bis IVG<br />

Starthilfe für eine grundlegende<br />

berufli<strong>ch</strong>e Neuorientierung<br />

Selbstständigerwerbende<br />

Zinslos / Verzinsli<strong>ch</strong><br />

mit/ohne/bedingte<br />

Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t<br />

Limitierung auf<br />

Fr.100'000.-<br />

Ni<strong>ch</strong>t vorgesehen<br />

,*"t."0 -<br />

Zweck<br />

Eins<strong>ch</strong>ränkung des Bezügerkreises<br />

Modalitäten der<br />

Leistungsausri<strong>ch</strong>tung<br />

Kostenbeteiligung der<br />

versi<strong>ch</strong>erten Person<br />

Obligatoris<strong>ch</strong>e Aktenunterbreitung<br />

an das BSV<br />

lV. Würdigung der Massnahmen aus der Si<strong>ch</strong>t der Praxis<br />

A. Ums<strong>ch</strong>ulung<br />

Weiterführung der bisherigen<br />

Erwerbstätigkeit<br />

Erwerbstätige in einem<br />

Landwirts<strong>ch</strong>afts- oder<br />

Gewerbebetrieb<br />

Keine Verzinsung<br />

Bedingt rückzahlbar<br />

Keine absolute Limitierung<br />

des Darlehensbetrages<br />

Für definierte Situationen<br />

vorgesehen<br />

Ni<strong>ch</strong>t vorgesehen<br />

Die Ums<strong>ch</strong>ulung stellt bei Selbstständigerwerbenden in den meisten Fällen<br />

die ultima ratio dar, da eine sol<strong>ch</strong>e Massnahme in der Regel mit der Aufgabe<br />

der selbstständigerwerbenden Tätigkeit verbunden ist. In seltenen Fällen<br />

kann dur<strong>ch</strong> eine Ums<strong>ch</strong>ulung ein weiteres finanzielles Standbein neben<br />

einer allenfalls an die gesundheitli<strong>ch</strong>en Bedürfnisse adaptierten selbststän-<br />

digerwerbenden Tätigkeit aufgebaut werden und dadur<strong>ch</strong> eine Verbesse-<br />

rung oder Erhaltung der Erwerbsfähigkeit errei<strong>ch</strong>t wetden183. Da Selbststän-<br />

I83 Ums<strong>ch</strong>ulung eines selbstständigerwerbenden Landwirts, der aufgrund <strong>von</strong> Knie- und<br />

72<br />

Rückenproblemen die Mil<strong>ch</strong>viehhaltung aufgeben musste, zum Car<strong>ch</strong>auffeur. Umstel-<br />

Iung des Betriebes auf Mutterkuhhaltung und Verwertung der freiwerdenden Arbeitszeit<br />

a1s Car<strong>ch</strong>auffeur im Zuerwerb.


: ri ,ece.vni vcn folbsßlandrgerwerbenden<br />

:::e:.,1'erbende oft sehr stark mit dem eigenen Gen'erbe verbunden sind und<br />

j:e n.rit diesem Statr.rs verbundenen Freiheiten nur sehr ungern aufgeben,<br />

r-,r.n€o Ums<strong>ch</strong>ulungen <strong>von</strong> Selbstständigerwerbenden oft nur realisiert<br />

.'. erden, n-enn der Leidensdruck sehr gross und die Weiterführung der bis-<br />

-.nsen Enr.erbstätigkeit objektiv au<strong>ch</strong> aus Si<strong>ch</strong>t der versi<strong>ch</strong>erten Person<br />

::--ht mehr mögli<strong>ch</strong> ist.<br />

--rrerbei ist aufgrund des Erfordernisses der Glei<strong>ch</strong>wertigkeit der Erwerbstä-<br />

::keit und der Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzung einer 20 "Äigen Erwerbsunfähigreri,<br />

bezogen auf das der versi<strong>ch</strong>erten Person ohne <strong>Eingliederung</strong>smass-<br />

::hmen zur Verfügung stehende Berufsfeld, der Anspru<strong>ch</strong> auf Ums<strong>ch</strong>u-<br />

,-;ngsmassnahmen oft in Frage gestellt. KMU weisen häufig tiefe Gewinne<br />

:-:s. Entspre<strong>ch</strong>end tief sind au<strong>ch</strong> die relevanten Erwerbseinkommen der<br />

, e:si<strong>ch</strong>erten Personen aus der selbstständigerwerbenden Tätigkeit, womit<br />

:re Erzielung eines glei<strong>ch</strong>wertigen Einkommens aus einer unqualifizierten<br />

-;ligkeit ermögli<strong>ch</strong>t wird. In sol<strong>ch</strong>en Fällen besteht wohl ein Anspru<strong>ch</strong> auf<br />

:.-i' t i tsttermittlun g, ni<strong>ch</strong>t jedo<strong>ch</strong> auf eine Ums<strong>ch</strong>ulung.<br />

3eantragt eine bisher unselbständigerwerbende Person Ums<strong>ch</strong>ulungsmass-<br />

:.ahmen als Vorbereitung auf eine selbstständigerwerberde Tätigkeit, ist vorgän-<br />

:ig in jedem Fall zu prüfen, ob eine adäquate erwerbli<strong>ch</strong>e Verwertung der<br />

::n-orbenen Kenntnisse und Fähigkeiten in der angestrebten selbstständi-<br />

:er*'erbenden Tätigkeit realistis<strong>ch</strong> ist. Ansonsten ist einer unselbstständi-<br />

ierrverbenden Tätigkeit der Vorzug zu geben, sofern dort die Chancen einer<br />

-,.'irts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> genügenden Verwertung der Restarbeitsfähigkeit besser sind.<br />

B. Arbeitsvermittlung<br />

Bei Selbstständigerwerbenden sind Massnahmen der Arbeitsvermittlung<br />

näufig genügend und erfolgverspre<strong>ch</strong>ender als Ums<strong>ch</strong>ulungsmassnahmen.<br />

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Kenntnisse, Fähigkeiten und Be-<br />

ziehungsnetze aus der bisherigen Erwerbstätigkeit weiter genutzt werden


HARDY LANDOLT / BEAT NYDEGGER<br />

köru1en184. Allenfalls no<strong>ch</strong> vorhandene Wissenslücken können im Rahmen<br />

einer Anlern- oder Einarbeitungszeitls5 ges<strong>ch</strong>lossen werden. Oftmals be-<br />

s<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong> der Anspru<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> ledigli<strong>ch</strong> auf Arbeitsvermittlung, da ein<br />

Anspru<strong>ch</strong> auf Ums<strong>ch</strong>ulungsmassnahmen aufgrund der Glei<strong>ch</strong>wertigkeit<br />

oder wegen des Erfordernisses der 20 %igen Erwerbsunfähigkeit verneint<br />

werden muss.<br />

C. Kapitalhilfen<br />

Unter dem Titel Kapitalhilfe versteht man berufli<strong>ch</strong>e <strong>Eingliederung</strong>smass-<br />

nahmen, wel<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong> die Ausri<strong>ch</strong>tung <strong>von</strong> Geld- oder Garantieleistungen<br />

eingliederungsfähigen invaliden Versi<strong>ch</strong>erten die Aufnahme, Wiederaufnahme<br />

oder den Ausbau einer selbstständigerwerbenden Tätigkeit ermögli-<br />

<strong>ch</strong>en sollen. Diese Geldleistungen können ohne Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t oder<br />

nur bedingt rückzahlbar, verbunden mit einer zwingenden Amortisation,<br />

verzinsli<strong>ch</strong> oder unverzinsli<strong>ch</strong>, ausgeri<strong>ch</strong>tet werden. Hierbei bes<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong><br />

ein allfälliger Anspru<strong>ch</strong> ausdrückli<strong>ch</strong> auf selbstständigerwerbende Personen<br />

oder sol<strong>ch</strong>e, die eine selbstständigerwerbende Tätigkeit aufnehmen wollen.<br />

Sowohl die Zweckbestimmung wie au<strong>ch</strong> die Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen der<br />

Kapitalhilfe beinhalten vers<strong>ch</strong>iedene Elemente, wel<strong>ch</strong>e deren Anwendung in<br />

der Praxis ers<strong>ch</strong>weren und deren <strong>Eingliederung</strong>swirksamkeit s<strong>ch</strong>mälern:<br />

-<br />

-<br />

185<br />

Kapitalhilfen können nur an Selbstständigeruerbende ausgeri<strong>ch</strong>tet wer-<br />

den, wobei einzig der beitragsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Status der versi<strong>ch</strong>erten Per-<br />

son massgebli<strong>ch</strong> ist. In- oder Teilhaber <strong>von</strong> GmbH oder Aktiengesell-<br />

s<strong>ch</strong>aften sind somit ausges<strong>ch</strong>lossen.<br />

Unverzinsli<strong>ch</strong>e, nur bedingt rückzahlbare Geldleistungen können nur<br />

bis zu einem Maximalbeitrag aon CHF 15'000.- ausgeri<strong>ch</strong>tet werden.<br />

So kann ein ehemals selbstständigerwerbender Bodenleger mit Rückenproblemen na<strong>ch</strong><br />

einer Einarbeitungszeit seine Fa<strong>ch</strong>kenntnisse als Berater und Verkäufer in einem Baumarkt<br />

weiter verwerten und ein rentenauss<strong>ch</strong>liessendes Einkommen erzielen.<br />

Vgl. Art. 18a IVG (Einarbeitungszus<strong>ch</strong>uss).


-<br />

-<br />

:ingrrede.Lng vOn Selbstsü ffierbenden<br />

Diesen Betrag übersteigende Leistungen sind zwingend zu amortisie-<br />

ren und zu verzinsen, n obei der Zinssatz 4,25 % beträgt1s6.<br />

Eine Kapitalhilfe kann nur ausgeri<strong>ch</strong>tet werden, wenn der Gesund-<br />

heitszustand und die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Aussi<strong>ch</strong>ten Gezuähr für eine länger.fristige<br />

und existenzsi<strong>ch</strong>ernde Eingliederuns bietenrsT. Hierbei muss<br />

zusammen mit der Kapitalhilfe eine ausrei<strong>ch</strong>ende und angemessene<br />

Finanzierung längerdauernd gesi<strong>ch</strong>ert seinl88.<br />

Anspru<strong>ch</strong> auf eine Kapitalhilfe besteht ledigli<strong>ch</strong>, wenn eine unselbst-<br />

ständigerwerbende Tätigkeit aus invaliditätsbedingten Gründen ni<strong>ch</strong>t<br />

mehr zumutbar ist und die Aufnohme einer selbstständigerwerbenden Tä-<br />

tigkeit glei<strong>ch</strong>zeitig die einfa<strong>ch</strong>ste und zweckmässigste zielfültende Eingliede-<br />

rungsmassnahme darstellt. Zusätzli<strong>ch</strong> muss si<strong>ch</strong> die versi<strong>ch</strong>erte Person<br />

sowohl in fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er wie au<strong>ch</strong> <strong>ch</strong>arakterli<strong>ch</strong>er Hinsi<strong>ch</strong>t für die ange-<br />

strebte selbstständigerwerbende Tätigkeit eigenenlse.<br />

\\'ollen bisher unselbstständigerwerbende Personen zwecks <strong>Eingliederung</strong><br />

ins Erwerbsleben eine selbstständigerwerbende Tätigkeit aufnehmen, kann<br />

dies nur dann einen Anspru<strong>ch</strong> auf eine Kapitalhilfe begründen, wenn die<br />

-\ufnahme einer selbsfsf ändig erwerbenden Tätigkeit einfa<strong>ch</strong>er und zweckmässiger<br />

:st als die <strong>Eingliederung</strong> in einen Beruf, der im Angestelltenverhältnis ausgeübt<br />

rr-erden könnte,e0. Dieser Fall ist äusserst selten und muss vor allem vor dem<br />

Hintergrund der Zweckmässigkeit, wel<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong> am voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Einqliederungserfolg<br />

misst, relativiert werden.<br />

Ist diese voraussetzung ni<strong>ch</strong>t erfüllt, könnte die Aufnahme einer selbststän-<br />

e'ligerwerbenden Tätigkeit als <strong>Eingliederung</strong> ins Erwerbsleben allenfalls<br />

befürwortet werden, sofern eine Erwerbstätigkeit in einem Angestelltenver-<br />

hältnis ni<strong>ch</strong>t mehr mögli<strong>ch</strong> oder zumutbar ist (was oftmals au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> den<br />

Vgl. Rz 6013 KSBE.<br />

SieheZAK 1972,5.356.<br />

Vgl. Rz 6004 KSBE.<br />

Vgl. Art. 7 Abs. 1 IVV.<br />

Vgl. AHI 7999,5. 129.


HAR]Y LA\DOIT BEAT NYDECG:R<br />

umstand begründet wird, dass die versi<strong>ch</strong>erte Person einer. :-.::...:.: -\r-<br />

beitgeber ni<strong>ch</strong>t mehr zumutbar sei). wel<strong>ch</strong>e Gründe au<strong>ch</strong> immer rur eine<br />

sol<strong>ch</strong>erart fehlende Zumutbarkeit einer unselbstständigerwerbenden Tätigkeit<br />

spre<strong>ch</strong>en, bedingen diese zwingend eine sorgfältige Prüfung der Auswirkungen<br />

dieser Eins<strong>ch</strong>ränkungen oder Eigenheiten der versi<strong>ch</strong>erten Per-<br />

son auf eine allfällige selbstständigerwerbende Tätigkeit. Dabei ist zu be-<br />

rücksi<strong>ch</strong>tigen, dass eine selbstständigerwerbende Tätigkeit im Normalfall<br />

höhere Ansprü<strong>ch</strong>e an die Belastbarkeit, Bewegli<strong>ch</strong>keit, Zuverlässigkeit und<br />

Kommunikationsfähigkeit stellt als eine an die Behinderung adaptierte un-<br />

selbstständi gerwerbende Tätigkeit.<br />

Der Gesundheitszustand und die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Aussi<strong>ch</strong>ten müssen Gewähr<br />

für eine längerfristige und existenzsi<strong>ch</strong>ernde Erwerbstätigkeif bieten' Die<br />

existenzsi<strong>ch</strong>ernde Erwerbstätigkeit wird definiert dur<strong>ch</strong> ein längerfristig<br />

erzielbares dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>es Bruttoeinkommen, wel<strong>ch</strong>es mindestens dem<br />

Mittelbetrag zwis<strong>ch</strong>en Minimttm und Mnximum der ordentli<strong>ch</strong>en einfa<strong>ch</strong>en Alters-<br />

rente entspri<strong>ch</strong>t (aktuell cHF 20'520.- jährli<strong>ch</strong>lel)-Die Beurteilung des aoraus-<br />

si<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Erfolges hat prospektiv ztt erfolgen, dies bezogen<br />

auf einen längerfristigen Zeitraum. Hierfür wird in der Regel ein detaillier-<br />

ter Business Plan verlangt. sofern ein sol<strong>ch</strong>er effektiv erstellt und vorgelegt<br />

werden kann, ist dessen Interpretation bezügli<strong>ch</strong> der Realisierbarkeit do<strong>ch</strong><br />

mit erhebli<strong>ch</strong>en Unsi<strong>ch</strong>erheiten belastet. Grundsätzli<strong>ch</strong> ist hier eine strenge<br />

praxis zu befürworten, zeigt si<strong>ch</strong> do<strong>ch</strong>, dass die Markt<strong>ch</strong>ancen mehrheitli<strong>ch</strong><br />

deutli<strong>ch</strong> übers<strong>ch</strong>ätzt werden.<br />

Kapitalhilfen können ledigli<strong>ch</strong> für eine selbstständigerwerbende Tätigkeit<br />

geu,ährt werden. sofern eine sol<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t bereits vor Eintritt der Behinderung<br />

ausgeübt wurde, muss die geplante Erwerbstätigkeit die entsPle<strong>ch</strong>enden<br />

Anforderungen erfüllen1e2 und die versi<strong>ch</strong>erte Person muss <strong>von</strong> der<br />

zuständigen Ausglei<strong>ch</strong>skasse den entspre<strong>ch</strong>enden beitragsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Status<br />

erhalten. Oftmals wird die Anerkennung als Selbstständigerwerbender - vor<br />

allem wenn Zweifel bezügli<strong>ch</strong> der Kriterienerfüllung bestehen - vom BSV<br />

191<br />

192<br />

Vgl. Anhang 1 KHMI.<br />

Siehe Rz 1013 ff. Wegleitung über den massgebenden Lohn'


" --r Bervilligung der Kapitalhilfe r-erlangt. Dies bringt für die versi<strong>ch</strong>erte<br />

l=:st n rliederum erhebli<strong>ch</strong>e Probleme mit si<strong>ch</strong>, da sie oftmals auf die Kapi-<br />

::.hilfe angen'iesen ist, um die Ges<strong>ch</strong>äftstätigkeit aufzunehmen, die Aus-<br />

:.ei<strong>ch</strong>skasse rviederum die Anerkennung als Selbstständigerwerbender vom<br />

\;<strong>ch</strong>rleis einer Ges<strong>ch</strong>äftstätigkeit abhängig ma<strong>ch</strong>t.<br />

i11e diese Umstände führen dazu, dass Kapitalhilfen für die Aufnahme ei-<br />

:=r selbstständigen Erwerbstätigkeit systembedingt selten zur Anwendung<br />

:.1angen. Sofern bereits eine selbstständigerwerbende Tätigkeit ausgeübt<br />

....:rde und diese mittels einer Kapitalhilfe ausgebaut oder diversifiziert<br />

r". errlen soll, werden sowohl das Abklärungsverfahren vereinfa<strong>ch</strong>t als au<strong>ch</strong><br />

: .e Erfol gs<strong>ch</strong>ancen grösser.<br />

r,-rmmt nun tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> eine Kapitalhilfe zur Auszahlung, so steht bezügli<strong>ch</strong><br />

-:er daraus der versi<strong>ch</strong>erten Person erwa<strong>ch</strong>senden Verpfli<strong>ch</strong>tungen eine<br />

', relzahl <strong>von</strong> Mögli<strong>ch</strong>keiten offen. Grundsätzli<strong>ch</strong> kann si<strong>ch</strong> der auszuzah-<br />

.tr.'1e Betrag in zwei Teile gliedern:<br />

G eldleist ungen ohne Rü ckzahluttgspfl i<strong>ch</strong>t : Sol<strong>ch</strong>e können zu gespro<strong>ch</strong>en<br />

werden, wenn die finanziellen Verhältnisse dies im Einzelfall als an-<br />

gezeigt ers<strong>ch</strong>einen lassenle3. Wenn die selbstständige Erwerbstätigkeit<br />

r'vährend einer dur<strong>ch</strong> die IV-stellen festzusetzenden Mindestdauer<br />

aufgegeben wird, werden au<strong>ch</strong> die Geldleistungen ohne Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t<br />

zurückgefordertlel. Der Betrag dieser Geldleistungen oh-<br />

ne Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t ist begrenzt auf maximal CHF 15'000.-1e5.<br />

- Dsrlehen; Darlehen sind in der Regel zu einem Zinssatz <strong>von</strong> 4,25 "/"<br />

verzinsli<strong>ch</strong> und rückzahlbar. In Sonderfällery wo wohl eine Rückzahlung,<br />

ni<strong>ch</strong>t aber eine Verzinsung tragbar ist, kann <strong>von</strong> einer sol<strong>ch</strong>en<br />

abgesehen werden. Mögli<strong>ch</strong> ist au<strong>ch</strong> eine Kombination <strong>von</strong> unverzins-<br />

li<strong>ch</strong>en und verzinsli<strong>ch</strong>en Darlehen. Zudem ist ein Aufs<strong>ch</strong>ub der Zins-<br />

vgl. Rz 6009 KSBE.<br />

vgl. Rz 6010 KSBE.<br />

vgl,<br />

Rz 6020 KSBE.


HARDY LANDoLT / BEAT NYDEGGER<br />

erhebung während der Aufbauphase des Untemehmens hjr marimal<br />

2 Jahre mögli<strong>ch</strong>reo.<br />

Der Gessmtbetrag der Knpitalhilfe ist bes<strong>ch</strong>ränkt auf maximal CHF 100'000.-1e7,<br />

wobei innerhalb dieses Maximalbetrages eine Kombination <strong>von</strong> Geldleis-<br />

tungen ohne Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t und Darlehen mögli<strong>ch</strong> ist.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass die Anforderungen und das finanzielle Risiko<br />

einer selbstständigerwerbenden Tätigkeit vor allem <strong>von</strong> Personen, wel<strong>ch</strong>e<br />

diesbezügli<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> über keine Erfahrung verfügen, oft unters<strong>ch</strong>ätzt werden.<br />

Neben der Belastung dur<strong>ch</strong> den Aufbau eines Unternehmens, wel<strong>ch</strong>es bereits<br />

eine gesunde Person oft an die Grenzen ihres Leistungsvermögens<br />

bringt, kommen zusätzli<strong>ch</strong> die finanziellen Forderungen der Invalidenversi<strong>ch</strong>erung<br />

in Form der zwingenden Amortisation und der Zinszahlungen.<br />

Dies führt in einer Mehrzahl der Fälle zu Zahlungsrückständen und allen-<br />

falls zu Rückforderungen des Darlehens inklusive der ausstehenden Zinsbe-<br />

trägetua.<br />

Erhebungen des BSV im ]ahr 2000 haben ergeben, dass die Erfolgsquote der<br />

zugespro<strong>ch</strong>enen Kapitalhilfen unter 30 % lag. Demna<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>eitern mittelfristig<br />

zruei aon drei <strong>Eingliederung</strong>saersu<strong>ch</strong>en mittels Kapitnlhilfen Hierbei stellte si<strong>ch</strong><br />

als grösster Risikofaktor fehlendes Fa<strong>ch</strong>wissen im Berei<strong>ch</strong> der Ces<strong>ch</strong>äftsführung<br />

heraus. Die ungenügende <strong>Eingliederung</strong>swirksamkeit in Verbindung<br />

mit den hohen Auflagen, wel<strong>ch</strong>e an ein Gesu<strong>ch</strong> um Kapitalhilfe geknüpft<br />

sindlee, führen dazu, dass diese Leistung einerseits <strong>von</strong> den Versi<strong>ch</strong>erten nur<br />

selten beantragt wird und andererseits dur<strong>ch</strong> die lV-Stellenbzw. dur<strong>ch</strong> das<br />

BSV im Rahmen der obligatoris<strong>ch</strong>en Aktenunterbreitung restriktiv bewilligt<br />

wird. So wurden in den |ahren 2007-2009 gesamthaft nur 14 Fälle dem BSV<br />

unterbreitet, wo<strong>von</strong> zehn <strong>von</strong> der Aufsi<strong>ch</strong>tsbehörde au<strong>ch</strong> gutgeheissen<br />

wurden.<br />

196<br />

t97<br />

198<br />

199<br />

78<br />

Vgl. Rz 6011 ff. KSBE.<br />

Vgl. Rz 6021 KSBE.<br />

Vg1. Rz 6034 ff KSBE.<br />

Vgl. BSV-Runds<strong>ch</strong>reiben Nr. 166 vom 22.12.2000 inklusive Checkliste.


Erngliederung <strong>von</strong> Selbststandigerwerbenden<br />

). Hilfsmiael<br />

1 Allgemeines<br />

',','.:i der Fokus auf die <strong>Eingliederung</strong> <strong>von</strong> Selbstständigerwerbenden ins<br />

l:-,.'erbsleben gelegt, sind die Hilfsmittel am Arbeitsplatz gemäss Ziffer 73"<br />

i','-l r-on besonderer Bedeutung. Hierbei muss betont werden, dass im Ge-<br />

:.:',satz zu den Kapitalhilfen diese Leistungen ni<strong>ch</strong>t an einen bestimmten<br />

:=r:ragsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Status geknüpft sind, sondern ledigli<strong>ch</strong> an die Ausübung<br />

:.r.er Errverbstätigkeit20tj bzw. in Sonderfällen an die Erzielung eines exis-<br />

:= :.zsi<strong>ch</strong>emden Erwerbseinkommens2ol.<br />

l': es si<strong>ch</strong> bei Ziffer 13* HVI ledigli<strong>ch</strong> um eine beispielhafte Aufzählung<br />

-::.delt, besteht einbreiter Ermessensspielrnum, wel<strong>ch</strong>e Hilfsmittel unter die-<br />

-:<br />

Kategorie zu subsummieren sind. Dieser Ermessenspielraum erlaubt die<br />

-:.rrbeitung fallbezogener und individueller <strong>Eingliederung</strong>slösungen, wobei<br />

::.::rer darauf zu a<strong>ch</strong>ten ist, dass die Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen für die<br />

:.:.zelne Massnahme erfüllt werden müssen202. Glei<strong>ch</strong>zeitig bes<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong><br />

:.: Anspru<strong>ch</strong> auf Hilfsmittel jedo<strong>ch</strong> auf die <strong>Eingliederung</strong> in die bereits bisher<br />

-...;cillrte Erwerbstätigkeit.<br />

.: rr-el<strong>ch</strong>er Form ein Hilfsmittel abgegeben wird, sei es in natura zu Eigen-<br />

:-::n oder leihweise beziehungsweise als Ersatzleistung in Form einer reinen<br />

(,,rstenabgeltung, ist aufgrund der Eigens<strong>ch</strong>aften des Hilfsmittels und der<br />

. -.rkreten Umstände des Einzelfalles zu ents<strong>ch</strong>eiden. In jedem Fall be-<br />

..;iränken si<strong>ch</strong> die Leistungen der Invalidenversi<strong>ch</strong>erung auf die rein ge-<br />

. .'t,llrcitli<strong>ch</strong> begründeten Kosten des Hilfsmittels. Kosten, wel<strong>ch</strong>e au<strong>ch</strong> bei guter<br />

-esundheit der versi<strong>ch</strong>erten Person angefallen wären (sog. Ohnehinkosten),<br />

.-:rd dementspre<strong>ch</strong>end dur<strong>ch</strong> die versi<strong>ch</strong>erte Person zu tragen. Anstelle ei-<br />

-:s Hilfsmittels können au<strong>ch</strong> Ersatzleistungen erbra<strong>ch</strong>t werden. Ein An-<br />

Siehe Rz 1017 KHMI (jährli<strong>ch</strong>es Mindesteinkommen in der Höhe des Mindestbeitrages<br />

für Ni<strong>ch</strong>terwerbstätige gemäss Art. 10 Abs. 1 AHVG [aktuell CHF 4'554.-]).<br />

Vgl. Rz 1023 KHMI (jährli<strong>ch</strong>es Mindesteinkommen entspre<strong>ch</strong>end dem Mittelbetrag<br />

zwis<strong>ch</strong>en Minimum und Maximum der ordentli<strong>ch</strong>en Altersrente [aktuell<br />

cHF 20's20.-l).<br />

Vgl. Art.8 Abs. 1 lit. b IVC.<br />

79


HARDY LANDOLT / BEAT NYDEGGER<br />

spru<strong>ch</strong> auf diese Ersatzleistungen besteht nur, sofern ein aktueller, substitu-<br />

tionsfähiger Re<strong>ch</strong>tsanspru<strong>ch</strong> auf ein Hilfsmittel ausgen'iesen ist. Die Ersatzleistungen<br />

treten anstelle der Hilfsmittel, sofern funktionell derselbe<br />

gliederungszweck errei<strong>ch</strong>t wird wie dur<strong>ch</strong> die Abgabe des Hilfsmittels.<br />

2. Selbstamortisierende Darlehen<br />

Bei bestimmten kostspieligen Hilfsmitteln ist eine Rücknahme dur<strong>ch</strong> die IV<br />

mit ans<strong>ch</strong>liessender Lagerung in lV-Depots zwecks erneuter Abgabe ni<strong>ch</strong>t<br />

mögli<strong>ch</strong>, da diese Einri<strong>ch</strong>tungen auf die individuellen Betriebsverhältnisse<br />

zuges<strong>ch</strong>nitten und/oder fest mit der Gebäudehülle verbunden sind. Es käme<br />

jedo<strong>ch</strong> einer ungere<strong>ch</strong>tfertigten Bevorzugung der Betroffenen glei<strong>ch</strong>, wenn<br />

diese ihre kostspieligery <strong>von</strong> der IV mitfinanzierten Einri<strong>ch</strong>tungen au<strong>ch</strong> bei<br />

Wegfall der Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen ohne finanzielle Folgen weiter be-<br />

halten könnten.<br />

Zur Lösung dieser Problematik wurde die spezielle Abgabeform der selbst-<br />

amortisierenden Darlehen entwickelt. Hierbei bes<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong> die Kosten-<br />

gutspra<strong>ch</strong>e wie vorgehend bereits bes<strong>ch</strong>rieben auf die invaliditätsbedingten<br />

Mehrkosten, wobei au<strong>ch</strong> finanzielle Vorteile gegenüber ni<strong>ch</strong>tbehinderten<br />

Berufskollegen, wel<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong> das Hilfsmittel generiert werden, <strong>von</strong> einer<br />

Kostengutspra<strong>ch</strong>e der Invalidenversi<strong>ch</strong>erung in Abzug gebra<strong>ch</strong>t werden2O3.<br />

Wie der Name sagt, handelt es si<strong>ch</strong> bei dieser Leistung um Darlehen der<br />

Invalidenversi<strong>ch</strong>erung an die versi<strong>ch</strong>erte Person, wobei diese im Gegensatz<br />

zu den Kapitalhilfen in jedem Fall unuerzinsli<strong>ch</strong> und nur bedingt rückzrthlbsr<br />

sind. Ledigli<strong>ch</strong> wenn die Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen vor Ablauf der Amortisationsdauer<br />

dahinfallen, ist die versi<strong>ch</strong>erte Person gegenüber der Invali-<br />

denversi<strong>ch</strong>erung zur Rückzahlung der Rests<strong>ch</strong>uld verpfli<strong>ch</strong>tet. Ges<strong>ch</strong>uldet<br />

wird der Restbetrag des Darlehens zum Zeitpunkt, an wel<strong>ch</strong>em die An-<br />

spru<strong>ch</strong>svoraussetzungen dahinfallen. Im Todesfall der versi<strong>ch</strong>erten Person<br />

geht die Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t auf die Erben über.<br />

Vgl. 13.01.8* ff. HVI


3 Drenstleistungen Dritter<br />

i'-:e::r die 'ersi<strong>ch</strong>erte Person Anspru<strong>ch</strong> auf ein bestimmtes Hilfsmittel hat,<br />

:'=.:er.t die \lögli<strong>ch</strong>keit, anstelle des Hilfsmittels Dienstleistungen Dritter zu<br />

::guten: 'r. Diese Dienstleisfungen können übernommen werden, wenn sie<br />

::zu dienen,<br />

- den weg zur Arbeit, s<strong>ch</strong>ulung oder Ausbildung zu überwinden,<br />

- den Beruf auszuüben oder<br />

- Fähigkeiten zu erwerben, wer<strong>ch</strong>e die Aufre<strong>ch</strong>terhaltung des Kontakts<br />

mit der Umwelt ermögli<strong>ch</strong>en.<br />

):e \lögli<strong>ch</strong>keit, vergütungen für Dienstleistungen Dritter fur die Aus-<br />

-:'rung des Berufs auszuri<strong>ch</strong>ten, eröffnet ein breites spektrum an Anwen-<br />

:'.rngsmögli<strong>ch</strong>keiten bezügli<strong>ch</strong> der <strong>Eingliederung</strong> selbstständigerwerbender.<br />

Jies immer unter dem vorbehalt, dass ein aktueller, substitutionsfähiger<br />

i:clttsnttspru<strong>ch</strong> auf ein entspre<strong>ch</strong>endes Hilfsmiffel besteht. Die Ents<strong>ch</strong>ädigung<br />

'''on Dienstleistungen Dritter ma<strong>ch</strong>t sinn, wenn die Ans<strong>ch</strong>affung des Hilfs-<br />

:rittels für die versi<strong>ch</strong>erte Person bzw. die Kostenbeteiligung der versi<strong>ch</strong>er-<br />

:en Person dur<strong>ch</strong> die Auss<strong>ch</strong>eidung ni<strong>ch</strong>t behinderungsbedingter Kostenan-<br />

:eile ni<strong>ch</strong>t tragbar wäre oder der Invaridenversi<strong>ch</strong>erung dur<strong>ch</strong> die Ans<strong>ch</strong>affung<br />

höhere Kosten entstehen würden. Bedingung ist zudem, dass die<br />

entspre<strong>ch</strong>ende Dienstleistung im umfeld der versi<strong>ch</strong>erten person au<strong>ch</strong> ver-<br />

fügbar ist. Könnten objektiv Dienstleistungen Dritter in Anspru<strong>ch</strong> genom-<br />

men werden und wären diese einfa<strong>ch</strong>er und zweckmässiger als die Ans<strong>ch</strong>affung<br />

des Hilfsmittels, besteht keine wahlmögli<strong>ch</strong>keit der versi<strong>ch</strong>erten per-<br />

son. Es können in jedem Fall nur die Kosten der einfa<strong>ch</strong>en und zweck-<br />

mässigen Massnahme übernommen werden.<br />

E. Fazit<br />

Die <strong>Eingliederung</strong> <strong>von</strong> bisher unselbstständigerwerbenden personen in eine<br />

selbstständige Erwerbstätigkeit dürfte nur in den wenigsten Fällen zum<br />

erhofften <strong>Eingliederung</strong>serfolg führen. Die physis<strong>ch</strong>e und psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Belas-<br />

:0,1<br />

Vgl. Art.21bi. Abs. 2IVC, Art. 14 lit. c. IVV und Art. 9 HVI<br />

81


HARDY LANDotT / BEAT NYDEGGER<br />

tung dur<strong>ch</strong> die selbstständige Erwerbstätigkeit wird mehrheitli<strong>ch</strong> <strong>von</strong> den<br />

versi<strong>ch</strong>erten Personen und teils au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die <strong>Eingliederung</strong>sfa<strong>ch</strong>personen<br />

der Invalidenversi<strong>ch</strong>erung unters<strong>ch</strong>ätzt. Kenntnisse der Ges<strong>ch</strong>äftsführung<br />

fehlen oft ebenso wie grundlegendes betriebswirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es wissen. Kapitalhilfen<br />

dürften in sol<strong>ch</strong>en Fällen deshalb selten angebra<strong>ch</strong>t sein, wie die<br />

tiefe Erfolgsquote dieses <strong>Eingliederung</strong>sinstruments au<strong>ch</strong> klar aufzeigt.<br />

wenn die Aufnahme einer selbstständigerwerbenden Tätigkeit trotzdem<br />

angestrebt wird, sollte si<strong>ch</strong> die <strong>Eingliederung</strong> ni<strong>ch</strong>t ledigli<strong>ch</strong> auf die vermittlung<br />

<strong>von</strong> Darlehen zu eher unvorteilhaften Bedingungen bes<strong>ch</strong>ränken. Min-<br />

destens ebenso wi<strong>ch</strong>tig wäre die Begleitung der versi<strong>ch</strong>erten person dur<strong>ch</strong><br />

einen Coa<strong>ch</strong> mit Erfahrung bezügli<strong>ch</strong> Firmengründungen.<br />

Das Instrument der Kapitalhilfe sollte - wenn überhaupt - in erster Linie bei<br />

der <strong>Eingliederung</strong> bereits vor Eintritt der Behinderung selbstständigerwerbender<br />

Personen Anwendung finden. Au<strong>ch</strong> hier sollte der prospektiven<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Existenzbeurteilung erhebli<strong>ch</strong>e Bedeutung beigemessen<br />

werden. Grundsätzli<strong>ch</strong> sollte die Belastung der versi<strong>ch</strong>erten person dur<strong>ch</strong><br />

Amortisation und Verzinsung des Darlehens mögli<strong>ch</strong>st tief gehalten werden.<br />

Dies dur<strong>ch</strong> eine konsequente Kostenoptimierung des projektes, wodur<strong>ch</strong><br />

si<strong>ch</strong> die Kapitalhilfe womögli<strong>ch</strong> auf die Auss<strong>ch</strong>öpfung der Geldleis-<br />

tungen ohne Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t bes<strong>ch</strong>ränkt. Bevor eine verzinsli<strong>ch</strong>e, rückzahlbare<br />

Kapitalhilfe beantragt wird, sollten allenfalls andere Finanzierungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

geprüft werden. Eine vorsi<strong>ch</strong>tige und restriktive praxis<br />

bei der <strong>Eingliederung</strong> mittels Kapitalhilfen ma<strong>ch</strong>t angesi<strong>ch</strong>ts der tiefen Er-<br />

folgsquote in jedem Fall Sinn.<br />

Sofern eine <strong>Eingliederung</strong> in die bisher ausgeübte Tätigkeit mögli<strong>ch</strong> und<br />

sirrnvoll ist, steht mit den Hilfsmitteln gemäss Art.27 IVG ein Instrument<br />

zur verfügung, wel<strong>ch</strong>es vielfältig anwendbar ist und fallbezogene, individuelle<br />

<strong>Eingliederung</strong>slösungen ermögli<strong>ch</strong>t. Au<strong>ch</strong> hier erwä<strong>ch</strong>st der versi-<br />

<strong>ch</strong>erten Person je na<strong>ch</strong> Situation eine finanzielle Restbelastung. Diese ist<br />

jedo<strong>ch</strong> einmalig und klar kalkulierbar. Eine Tragbarkeitsbeurteilung und<br />

eine entspre<strong>ch</strong>ende Beratung dur<strong>ch</strong> die Fa<strong>ch</strong>personen der Invalidenversi-<br />

<strong>ch</strong>erung haben au<strong>ch</strong> hier zu erfolgen.<br />

82


Anwendungsbeispiele<br />

Beispiel 1 (Kapitalhilfe)<br />

Herr Muster / Jahr<br />

29.03.1996<br />

Lehre als Elektriker. Abs<strong>ch</strong>luss 1973<br />

Eingr reCerung <strong>von</strong> Selbststandigerwerbenden<br />

Selbstständigerwerbender Landwirt seit 1985<br />

Arthrose OSG na<strong>ch</strong> mehrmaligen Operationen.<br />

Längeres Cehen, vor allem unter Last und in unebenem<br />

Gelände, ist ni<strong>ch</strong>t mehr mögli<strong>ch</strong>, ebenso Arbeit auf Leitern.<br />

----:r \luster ist Elektromonteur mit Lehrabs<strong>ch</strong>luss und arbeitete na<strong>ch</strong> einer<br />

: : :spre<strong>ch</strong>en den Zusatzausbildung während 4 Jahren als Tonte<strong>ch</strong>niker. Na<strong>ch</strong><br />

:-r.prn Unfall des Vaters übernahm er 1985 den elterli<strong>ch</strong>en Landwirts<strong>ch</strong>afts-<br />

:"::rieb. Auf einer Flä<strong>ch</strong>e <strong>von</strong> 13 Hektaren wurde Ackerbau, Gemüsebau<br />

::.J Landwirts<strong>ch</strong>aft betrieben. Kurz na<strong>ch</strong> der Betriebsübernahme wurde die<br />

l' ll<strong>ch</strong>viehhaltung zugunsten der Pferdehaltung aufgegeben. Die Stallungen<br />

..'. -:rden entspre<strong>ch</strong>end angepasst. Reitunterri<strong>ch</strong>t und Pensionspferdehaltung<br />

:.,.ien einen eigenständigen Betriebszweig. Der Versi<strong>ch</strong>erte war in allen<br />

3erei<strong>ch</strong>en des Betriebes tätig und arbeitete nebenbei no<strong>ch</strong> zu rund 10 % als<br />

!.ektriker. Die Ehefrau arbeitet vor allem im Reitbetrieb mit und ist zu rund<br />

i I oo äuss€rhalb des Betriebes angestellt. Das Valideneinkommen des Versi-<br />

::,erten beträgt CF{F 53'262.-.<br />

:lerr Muster kann aufgrund seiner Gehbehinderung den Beruf des Elektro-<br />

:ronteurs ni<strong>ch</strong>t mehr ausüben. Im Reitbetrieb kann er nur no<strong>ch</strong> instruieren-<br />

.ie Tätigkeiten ausführen. Der Ackerbau ist gut me<strong>ch</strong>anisiert und kann<br />

nehrheitli<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> selber erledigt werden. Die Anstellung einer Hilfsperson<br />

:m Reitbetrieb ist auf Dauer finanziell ni<strong>ch</strong>t tragbar. Die Ehefrau kann den<br />

R.eitbetrieb alleine in dieser Grösse ni<strong>ch</strong>t aufre<strong>ch</strong>terhalten. Sowohl die Auf-<br />

gabe des Reitbetriebes wie au<strong>ch</strong> die vollzeitli<strong>ch</strong>e Mitarbeit der Ehefrau auf<br />

elem Betrieb führen ohne entspre<strong>ch</strong>ende Kompensation der entfallenden<br />

Einkommen zur Gefährdung der wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Existenz. Die Liegens<strong>ch</strong>aft<br />

ist seit dem Stallumbau bis zur Belehnungsgrenze mit Hypotheken belastet.


HARDY LANDoLT, BEAT NYDEGGER<br />

Da der Hof immer no<strong>ch</strong> dem bäuerli<strong>ch</strong>en Bodenre<strong>ch</strong>t untersteht, liegt die<br />

Kreditgrenze bei 135 % des amtli<strong>ch</strong>en wertes. Grundpfandgesi<strong>ch</strong>erte Kredi-<br />

te können ni<strong>ch</strong>t mehr aufgenommen werden. Eine Liquidierung des Betrie-<br />

bes ist aufgrund der finanziellen Belastung und der hierbei fälligen Rückzahlung<br />

zinsloser Darlehen der Agrarkreditkasse ebenfalls kaum realisier-<br />

bar.<br />

Zusammen mit der lV-stelle wird folgende <strong>Eingliederung</strong>svariante favori-<br />

siert und realisiert:<br />

Redimensionierung des Reitbetriebes auf eine Grösse, wel<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong> die<br />

Ehefrau bewältigt werden kann. Extensivierung des Landwirts<strong>ch</strong>aftsbetrie-<br />

bes auf ein Niveau, wel<strong>ch</strong>es die Bere<strong>ch</strong>tigung für den Bezug <strong>von</strong> Direktzahlungen<br />

und die Anerkennung als landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es Gewerbe ni<strong>ch</strong>t ge-<br />

fährdet. Ausbau des ungenutzten Da<strong>ch</strong>stocks der S<strong>ch</strong>eune in ein Kleintierheim<br />

mit 35 Plätzen für Katzen. Die umbaukosten belaufen si<strong>ch</strong> gemäss<br />

Offerten auf CHF 89'225.-.<br />

Für die Beurteilung des Anspru<strong>ch</strong>s auf eine Kapitalhilfe muss der versi<strong>ch</strong>er-<br />

te folgende Unterlagen unterbreiten:<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

-<br />

Ges<strong>ch</strong>äftsabs<strong>ch</strong>lüsse und Auszug aus dem Betreibungsregister,<br />

detaillierte Umbaupläne und Offerten,<br />

Na<strong>ch</strong>weis fehlenderalternativerFinanzierungsmögli<strong>ch</strong>keiten,<br />

Bewilligung des BVet für den Betrieb eines Kleintierheims,<br />

Marketing-Konzept,<br />

Na<strong>ch</strong>weis <strong>von</strong> Kundeninteressen,<br />

Businessplan.<br />

Folgende Leistungen wurden ausgeri<strong>ch</strong>tet:<br />

-<br />

-<br />

Geldleistungen ohne Rückzahlungspfli<strong>ch</strong>t: CHF 15'000._<br />

Darlehen: CHF 74'225.- (verzinsung zu 4,2s %, Amortisation um ein<br />

Jahr aufges<strong>ch</strong>oben innerhalb <strong>von</strong> 20 Jahren).<br />

Die Massnahmen wurden wie geplant dur<strong>ch</strong> den versi<strong>ch</strong>erten umgesetzt.<br />

Innerhalb <strong>von</strong> drei Jahren konnte die dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nittli<strong>ch</strong>e Belegung des Klein-<br />

tierheims <strong>von</strong> 60 "/" auf 89 % gesteigert werden und hat si<strong>ch</strong> seither auf die-<br />

84


Ernglrederung <strong>von</strong> Selbststandiqerwerbenden<br />

-.-:: ,\ert stabilisiert. Das erzielbare Einkommen war während der ersten<br />

--:.-:. rentenallss<strong>ch</strong>liessend. Seit 2006 wird aufgrund einer Vers<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>te-<br />

:-:: j.es Gesundheitszustandes und dem dadur<strong>ch</strong> notwendigen vermehrten<br />

:-:.::: r'on bezahltem Hilfspersonal eine Viertelsrente ausbezahlt. Das<br />

r. :-::.rierheim ist jedo<strong>ch</strong> unverändert gut belegt und wird weiterhin dur<strong>ch</strong><br />

'r'eisi<strong>ch</strong>erten geführt.<br />

Beispiel 2 (Kapitalhilfe)<br />

:::: ahe rtef: Herr Blau I Jahrg,ang 1962<br />

1q:l9lls<br />

.:rldung:<br />

13.0 r .2000<br />

Lehre als Elektromonteur abgebro<strong>ch</strong>en<br />

S<strong>ch</strong>weisskurse, Sprengbrevet, Tau<strong>ch</strong>brevet, LKW-<br />

Ausweis<br />

::fstätigkeit: Unterwasserarbeiten, Tiefbau<br />

selbstständigerwerbend seit 1992, Ein-Mann-Unternehmen<br />

ideneinkommen Gemäss Bu<strong>ch</strong>halhrng: CHF 53'600.-<br />

t.undheitss<strong>ch</strong>aden: Offene Unters<strong>ch</strong>enkelfraktur 1,2.1,998<br />

Tragen <strong>von</strong> Lasten über 20 kg sollte vermieden werden.<br />

Gehen auf unebenem Untergrund nur mit hohen S<strong>ch</strong>uhen<br />

mögli<strong>ch</strong>. Tau<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t mehr zumutbar, da das<br />

kalte Wasser Krämpfe auslöst.<br />

antragte Leistung: Kostengutspra<strong>ch</strong>e für die Ans<strong>ch</strong>affung eines Occasionslastwagens<br />

mit Anhänger.<br />

sten semäss Offerte: cHF 35'700.-<br />

,-:crr Blau war hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> im Berei<strong>ch</strong> Unterwasserbauten und Tau<strong>ch</strong>ar-<br />

:":iten aller Art aktiv. Während der im Tau<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>äft auftragss<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>en<br />

:'-.mmerzeit arbeitete er als Unterakkordant bei vers<strong>ch</strong>iedenen Tiefbauun-<br />

:e:nehmen. Es bestehe ein weit verzweigtes Beziehungsnetz zu Bauunter-<br />

:ehmern. Es werde eine minimale Infrastruktur unterhalten. Die Tau<strong>ch</strong>er-<br />

-:'-isrüstung werde in der Garage gelagert. Ein Bagger werde bei Bedarf ge-<br />

:'.ietet.<br />

85


HARDY LANDoLT BEÄT NYDEGGEF.<br />

Der Versi<strong>ch</strong>erte könne infolge der Kälteintoleranz ni<strong>ch</strong>t mehr ::':clen und<br />

verliere dadur<strong>ch</strong> 70 "k des jährli<strong>ch</strong>en Umsatzes. Dur<strong>ch</strong> eine Verlagerung der<br />

Ces<strong>ch</strong>äftstätigkeit auf den Berei<strong>ch</strong> Tiefbau, wo er vor allem im Berei<strong>ch</strong> Aus-<br />

hub aktiv sei, wolle er diesen Ausfall kompensieren. Hierzu benötige er ein<br />

Startkapital für die Ans<strong>ch</strong>affung eines Occasionslastwagens und eines An-<br />

hängers für den Transport des Baggers, wel<strong>ch</strong>en er leasen werde.<br />

Ents<strong>ch</strong>eid der IV:<br />

Der Versi<strong>ch</strong>erte bes<strong>ch</strong>äftigt keine Angestellten, die betriebli<strong>ch</strong>e Infrastruktur<br />

ist verna<strong>ch</strong>lässigbar, die Kapitalbelastung ist gering. Im Rahmen der ange-<br />

strebten selbstständigerwerbenden Tätigkeit würde die Funktion eines Mas<strong>ch</strong>inisten<br />

und LKW-Chauffeurs wahrgenommen. Der Versi<strong>ch</strong>erte verfügt<br />

über ein weit verzweigtes Beziehungsnetz in der Baubran<strong>ch</strong>e.<br />

Es besteht kein Crund, wieso der Versi<strong>ch</strong>erte die unbestrittenermassen vor-<br />

liegende kaum verminderte Arbeitsfähigkeit als Mas<strong>ch</strong>inist und Chauffeur<br />

in einer selbstständigerwerbenden Tätigkeit verwerten müsste. Eine Anstellung<br />

wäre jederzeit mögli<strong>ch</strong> und realisierbar, was der Versi<strong>ch</strong>erte au<strong>ch</strong> be-<br />

stätigt, jedo<strong>ch</strong> aus persönli<strong>ch</strong>en Gründen ablehnt.<br />

Kann eine versi<strong>ch</strong>erte Person ihre erwerbli<strong>ch</strong>e Beeinträ<strong>ch</strong>tigung in zumutbarer<br />

Weise selber beheben, so liegt keine Invalidität vor. Somit besteht im<br />

vorliegenden Fall weder ein Anspru<strong>ch</strong> auf eine Kapitalhilfe no<strong>ch</strong> auf Arbeitsvermittlung,<br />

da der Versi<strong>ch</strong>erte auf dem Arbeitsmarkt als Mas<strong>ch</strong>inist<br />

und Chauffeur uneinges<strong>ch</strong>ränkt vermittelbar ist.<br />

86


3e spiel 3 (Selbstamonisierendes Darlehen)<br />

Herr Müller i Jah<br />

:._üun 20.06.2008<br />

errEr recerung yon S€ibsrstandigerwerbenden<br />

7960<br />

Landwirt mit Meisterorüfu<br />

.:: : : iieit: Selbstständieerwerbender Landwirt seit 1990<br />

: j:.eitss<strong>ch</strong>aden: Lumbale Bes<strong>ch</strong>werden bei zweimaliger operativer<br />

Sanierune einer Diskushernie und Spinalkanalstenose<br />

,'erhältnisse: Vielseitiger Betrieb in der voralpinen Hügelzone.<br />

Landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Nutzflä<strong>ch</strong>e 35 ha. Mil<strong>ch</strong>kontingent<br />

170'000 kg. Arbeitskräfte: Versi<strong>ch</strong>erter, Lehrlin6;,<br />

Ehefrau.<br />

::i:einkommen: cHF 52',100.-<br />

Kostensutsora<strong>ch</strong>e an einen Drehkr ifer<br />

cF{F 46'.979.-<br />

==:: \Iüller kann die meisten auf dem gut me<strong>ch</strong>anisierten Betrieb anfallen-<br />

:.: .\rbeiten au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Eintritt des Gesundheitss<strong>ch</strong>adens no<strong>ch</strong> selber erle-<br />

: :=r. Die Ein- und Auslagerung des Dürrfutters ist jedo<strong>ch</strong> mit repetitiven<br />

- :=:.ten'egungen des Rumpfes und erhebli<strong>ch</strong>en Rückenbelastungen in er-<br />

. :lrrnis<strong>ch</strong> ungünstiger Haltung verbunden. Diese Arbeit fällt während des<br />

.:.zen Jahres regelmässig an und ist für den Betrieb <strong>von</strong> existenzieller Be-<br />

,::'ri'Jfl9. Eine Delegation dieser Arbeiten an den Lehrling oder die Ehefrau<br />

.: .liesen infolge der Verfügbarkeit und des konstitutionellen Leistungs-<br />

=::lrögens auf Dauer ni<strong>ch</strong>t zumutbar. Im Moment würden diese Arbeiten<br />

-::r<strong>ch</strong> den Lehrling oder eine Aushilfe erledigt, wel<strong>ch</strong>e hierfür mit CHF 25.-<br />

:: -. Stunde ents<strong>ch</strong>ädigt werde.<br />

l:e Voraussetzungen für den Anspru<strong>ch</strong> auf ein Hilfsmittel am Arbeitsplatz<br />

: :..1 erfüllt. Da eine Rücknahme und Weitervermittlung der Greiferanlage<br />

:=i Entfallen der Anspru<strong>ch</strong>svoraussetzungen ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong> wäre, wird ein<br />

-.lt'stamortisierendes Darlehen gemäss Art. 21bis {fs. luis ausgeri<strong>ch</strong>tet. Hier-<br />

:ri n'erden Kostenanteile in Abzug gebra<strong>ch</strong>t, wel<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t behinderungsbe-<br />

-::ngt sind. So namentli<strong>ch</strong> Ersatzinvestitionen und finanzielle Vorteile, wel-<br />

::.e auf die Ans<strong>ch</strong>affung des Hilfsmittels zurückzufuhren sind (beispiels-<br />

'.'.'eise Zeitgewinn, entfallende Mietkosten, entfallende Mas<strong>ch</strong>inenkosten).


HARDY LANDoLT / BEAT NYDEGGER<br />

Bere<strong>ch</strong>nung des Darlehensbetrages:<br />

Gestehungskosten des<br />

Greifers inkl. Montage<br />

c,HF 46'979.-<br />

Jährli<strong>ch</strong>er Zeitgewinn: 67 Stunden<br />

Arbeitsverdienst pro<br />

Stunde gem. Bu<strong>ch</strong>haltung:<br />

cHF 13.75<br />

Entfallende variable<br />

Kosten Gebläse:<br />

Zttsätzh<strong>ch</strong>e variable<br />

Kosten Greifer:<br />

Finanzielle Vorteile<br />

Greifer:<br />

cHF 150.-<br />

cHF 450.-<br />

Zeitgewinn 67 Std. x CHF 13.75 = cHF 927.-<br />

Variable Kosten Cebläse: cHF 150.cHF<br />

1'071.-<br />

,/. finanzielle Na<strong>ch</strong>teile Greifer: cHF 450.-<br />

Jährli<strong>ch</strong>e finanzielle Vorteile:<br />

Kapitalisierung<br />

_9r?r 4!9<br />

CHF 621,_<br />

cHF 7'763.-<br />

(Abs<strong>ch</strong>reibun g 5 7", Y erzinsung 3 %):<br />

8<br />

Abzug Rationalisieru<br />

Abzug, Ersatz Gebläse (75 % des Wiederbes<strong>ch</strong>affungswertes):<br />

Darlehensbetr<br />

Ents<strong>ch</strong>eid:<br />

CFIF 7'763.cHF<br />

13',500.-<br />

ctIF 25',716.-<br />

Gewährung eines selbstamortisierenden, zinslosen Darlehens zu einem Be-<br />

trag <strong>von</strong> CIHF 25'71'6.-. Das Darlehen amortisiert si<strong>ch</strong> innerhalb <strong>von</strong> 8 |ahren<br />

selber. Die jährli<strong>ch</strong>e Amortisation beträgt CHF 3'215.-. Das Darlehen ist<br />

zweckgebunden und dient der Ans<strong>ch</strong>affung eines Drehkrangreifers.<br />

88


3erspiel 4 (Dienstleisrungen Driaer)<br />

Herr Meier I Jahrgang 1952<br />

15.07.2008<br />

Landwirt mit Fähigkeitsausweis<br />

ErnSlrederung <strong>von</strong> Selbststandigerwerbenden<br />

Selbstständigerwerbender Landwirt seit 1992<br />

: :-... :.r'erhältnisse: Mil<strong>ch</strong>produktionsbetrieb in der Bergzone. Landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Nutzflä<strong>ch</strong>e 15 ha. Mil<strong>ch</strong>verwertung über<br />

Kälbermast. Arbeitskräfte: Versi<strong>ch</strong>erter, Ehefrau, s<strong>ch</strong>ulpfli<strong>ch</strong>tige<br />

Kinder.<br />

I ': i ll € l:9F\\-l flll<br />

=..,".*"it*t ua"*-<br />

:t:i:tragte Leisfung:<br />

gem. Offerte: cHF 75'000.-<br />

CHF 48'000.- (mehrjä Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nitt)<br />

OSG Arthrodese li (Versteifung des Sprunggelenks),<br />

Cehen in unebenem Gelände ist nur no<strong>ch</strong> ers<strong>ch</strong>wert<br />

Kostengutspra<strong>ch</strong>e an einen Hanggeräteträger mit<br />

Mähwerk.<br />

-::.rlge der Gehbehinderung im steilen Gelände kann Herr Meier das Grün-<br />

:'::ter ni<strong>ch</strong>t mehr mit dem <strong>von</strong> Hand geführten Motormäher mähen.Einzig<br />

1'..gli<strong>ch</strong>e Me<strong>ch</strong>anisierung dieser Arbeit wäre aufgrund der ausgeprägten<br />

.-:nglage der Einsatz eines Hanggeräteträgers mit Mähwerk. Die Voraus-<br />

>r::zung€n für den Anspru<strong>ch</strong> auf ein Hilfsmittel am Arbeitsplatz sind erftillt.<br />

\a<strong>ch</strong> Auss<strong>ch</strong>eidung der ni<strong>ch</strong>t behinderungsbedingten Kostenanteile könnte<br />

::ir selbstamortisierendes Darlehen in der Höhe <strong>von</strong> CHF 35'000.- ausgeri<strong>ch</strong>-<br />

:er n'erden. Ein bena<strong>ch</strong>barter Landwirt verfügt über eine entspre<strong>ch</strong>ende<br />

\las<strong>ch</strong>ine, kann diese jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t voll auslasten. Er ist bereit, die Mäharbei-<br />

:en auf dem Betrieb des Versi<strong>ch</strong>erten gegen eine marktübli<strong>ch</strong>e Ents<strong>ch</strong>ädi-<br />

iung zu übernehmen. Würden die Mäharbeiten dur<strong>ch</strong> den Na<strong>ch</strong>barn erle-<br />

;igt und gemäss marktübli<strong>ch</strong>en Tarifen ents<strong>ch</strong>ädigt, würde dies jährli<strong>ch</strong>e<br />

Kosten in der Höhe <strong>von</strong> CHF 2'000.- bis CHF 2'200.- verursa<strong>ch</strong>en.<br />

89


HARDY LANDoLT / BEAT NYDEGGER<br />

Ents<strong>ch</strong>eid:<br />

Cewährung <strong>von</strong> Dienstleistungen Dritter anstelle eine Hilfsmittels zu einem<br />

Betrag <strong>von</strong> maximal cHF 2'200.-jährli<strong>ch</strong>. Die Vergütung der Kosten erfolgt<br />

na<strong>ch</strong> jährli<strong>ch</strong>er Re<strong>ch</strong>nungsstellung dur<strong>ch</strong> den versi<strong>ch</strong>erten. Die in Re<strong>ch</strong>nung<br />

gestellten Kosten sind detailliert zu belegen.

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