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Stellungnahme Reutin eingleisig Insel Dez_20111x - Lindau

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VWI VERKEHRSWISSENSCHAFTLICHES INSTITUT<br />

STUTTGART GMBH<br />

Wirkungen einer einseitigen Anbindung <strong>Lindau</strong>-<strong>Insel</strong><br />

In der Diskussion um die zukünftige Gestaltung der Schienenanbindung <strong>Lindau</strong>s hat die CSU-<br />

Stadtratsfraktion <strong>Lindau</strong>s die Variante eines Hauptbahnhofs <strong>Reutin</strong> mit einer einseitigen <strong>Insel</strong>anbindung<br />

wieder als Alternative in die Diskussion eingebracht. Obwohl diese Variante bereits 2009 mit eindeutigen<br />

<strong>Stellungnahme</strong>n der Gutachter sma (für BEG und DB AG) und VWI (für Stadt <strong>Lindau</strong>), als die deutlich<br />

schlechtere Alternative verworfen wurde, wird nun anhand neuer Zahlen diese Variante als „wirtschaftli-<br />

chere und zumindest kostengleiche“ Lösung dargestellt.<br />

Die Aussagen basieren auf einer neuen Ausarbeitung zur Kostenermittlung von Mailänder Consult. In<br />

dieser Ausarbeitung werden zwei Varianten einer einseitigen <strong>Insel</strong>anbindung dargestellt:<br />

- die Durchbindung der Regionallinie der ÖBB zur <strong>Insel</strong> und<br />

- eine vom Betrieb des Bahnhofs <strong>Reutin</strong> losgelöste Shuttle-Verbindung von <strong>Reutin</strong> zur <strong>Insel</strong>.<br />

Die Investitionen werden mit 12,5 Mio. € bzw. 9,25 Mio. € angegeben. Obwohl keine detaillierten Kos-<br />

tenansätze ausgewiesen werden, liegen diese Investitionsaufwendungen in vergleichbarer Höhe zu den<br />

bereits 2010 veröffentlichten Investitionsaufwendungen für den einseitigen <strong>Insel</strong>anschluss, die mit 15,6<br />

Mio. € benannt wurden.<br />

Die Differenz zwischen 15,6 und 12,5 Mio. € ergibt sich aus der deutlichen Reduktion der Bahnsteiganla-<br />

gen auf der <strong>Insel</strong>. War 2010 auf der <strong>Insel</strong> noch ein zweigleisiger Bahnhof vorgesehen, wird in der nun zu<br />

Grunde gelegten Planung von einem Haltepunkt mit einem Gleis ausgegangen. Hieraus resultieren zusätz-<br />

liche Einsparungen durch Wegfall der Weiche und eine erhebliche Reduzierung der Signaltechnik.<br />

Allerdings ist die Frage zu stellen, inwieweit die damit konzipierte Anbindung der <strong>Insel</strong> noch ihren ver-<br />

kehrlichen Zweck erfüllt. Die Studie von Mailänder Consult weist aus, dass von einem Stundentakt auf<br />

die <strong>Insel</strong> ausgegangen wird. Dies bedeutet eine starke Einschränkung der Erreichbarkeit der <strong>Insel</strong> <strong>Lindau</strong><br />

im Schienenverkehr. Bei der Variante der Durchbindung der Regionallinie der ÖBB fährt nur jeder zweite<br />

Zug zur <strong>Insel</strong>. Die verkehrliche Wirksamkeit dieser Lösung ist damit fraglich, auf jeden Fall ist sie zu-<br />

mindest sehr stark eingeschränkt. Da laut Aussage der BEG rund ¾ aller Fahrten nach <strong>Lindau</strong> aus Westen<br />

bzw. Norden kommen ist damit nicht nur der Umsteigezwang für die Mehrheit der Fahrgäste gegeben,<br />

dieses Umsteigen wird durch die nur stündliche Bedienung der <strong>Insel</strong> darüber hinaus erheblich verschlech-<br />

tert. Inwieweit die im Zuge der Alternative vorgelegten Umsteigezeiten für diese einseitige Anbindung<br />

der <strong>Insel</strong> noch Gültigkeit haben ist dahingehend zu prüfen, ob die unterstellten Reisezeiten auch bei einer<br />

nur stündlichen Bedienung der <strong>Insel</strong> noch Gültigkeit haben.<br />

Die Variante des Shuttle-Betriebs von <strong>Reutin</strong> zur <strong>Insel</strong> weist zwar die geringsten Investitionsaufwendun-<br />

gen auf, ist aber sowohl aus verkehrlicher als auch aus wirtschaftlicher Sicht abzulehnen. Die Investiti-<br />

onsaufwendungen verringern sich durch die Verkürzung der Bahnsteige um rd. 2/3 auf nur noch 50 m<br />

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sowie den weitgehenden Entfall der Aufwendungen für die Signaltechnik (nur die Schlüsselweiche in<br />

<strong>Reutin</strong> ist noch signaltechnisch gesichert). Dies bedeutet jedoch auf der anderen Seite, dass für alle Zu-<br />

kunft der Betrieb mit nur einem Fahrzeug durchgeführt werden kann, das zwischen <strong>Reutin</strong> und der <strong>Insel</strong><br />

pendelt. Die weiteren Überlegungen hinsichtlich zusätzlicher Reduzierungen der Investitionsaufwendun-<br />

gen wie Rücknahme der Haltestelle auf der <strong>Insel</strong> bis zur Thierschbrücke oder der Verzicht auf die Elektri-<br />

fizierung zeigen, dass bei den Überlegungen die „Optik“ der Investitionsaufwendungen allein im Vorder-<br />

grund steht, wobei das Motto gilt „es wird gespart, egal was es kostet“. So wird bei Verzicht auf die E-<br />

lektrifizierung die Erfordernis zur Einrichtung einer Tankanlage verschwiegen und kostenmäßig nicht<br />

erfasst, wobei die Frage zu stellen ist, inwieweit eine solche Tankanlage für ein Fahrzeug allein wirt-<br />

schaftlich zu rechtfertigen ist? Die Rücknahme der <strong>Insel</strong>haltestelle bis zur Thierschbrücke reduziert die<br />

Investitionsaufwendungen durch die Einsparung einiger hundert Meter Gleisinfrastruktur, gleichzeitig<br />

vergrößert sich die Entfernung z.B. für den Übergang von der Schiene auf die Bodenseeschifffahrt erheb-<br />

lich und wird damit unattraktiv.<br />

Verkehrlich bedeutet die Shuttle-Lösung, dass 100 % der Fahrgäste zur <strong>Insel</strong> in <strong>Reutin</strong> umsteigen müs-<br />

sen, also nochmals eine deutliche Verschlechterung gegenüber der schon schlechten Lösung der Durch-<br />

bindung der Regionalzüge der ÖBB.<br />

Die Stadt als Infrastrukturunternehmen mit dieser sehr kurzen Schienenstrecke tritt dabei in vollem Um-<br />

fang in die Unterhaltung und Gewährleistung des sicheren Bahnbetriebes ein und übernimmt eine große<br />

finanzielle Verantwortung.<br />

Die in einem ergänzenden Papier vorgelegten Finanzierungsüberlegungen sind hinsichtlich der Annah-<br />

men ebenfalls zu prüfen. So wird bei den Einnahmen aus Trassengebühren und Stationsnutzungsgebühren<br />

von einem Halbstundentakt ausgegangen, während der Ermittlung der Investitionsaufwendungen ein<br />

Stundentakt zu Grunde liegt (passt nicht zusammen). Darüber hinaus wird unterstellt, dass ein Infrastruk-<br />

turunternehmen Stadt <strong>Lindau</strong> dieselben Trassengebühren erzielen kann wie die DB AG. Dies ist in ver-<br />

gleichbaren Fällen nicht in dieser Form realisiert.<br />

Insgesamt stellen die Mehrkosten der einseitigen <strong>Insel</strong>anbindung in Verbindung mit deren verkehr-<br />

lichen Nachteilen eine deutlich schlechtere Alternative als die Kombi-Lösung dar.<br />

Stuttgart, 06.12.2011<br />

Prof. Dr.-Ing. Harry Dobeschinsky<br />

7. <strong>Dez</strong>ember 2011 Seite 2

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