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aus Jahresbericht 2004<br />
Untersuchungen zur Körperzusammensetzung<br />
von Reptilien<br />
Petra Kölle, Geraldine Kopsch, Ellen Kienzle<br />
Bei Reptilien in Menschenobhut sind<br />
etwa zwei Drittel aller auftretenden<br />
Erkrankungen ernährungsbedingt.<br />
Während klinische Erkankungen als<br />
Folge von Nährstoffmängeln oder -<br />
imbalancen, wie z.B. Skorbut, Pellagra<br />
oder Rachitis beim Menschen<br />
und seinen Haustieren äußerst selten<br />
geworden sind, treten sie bei Reptilien<br />
nach wie vor regelmäßig auf<br />
(Abb. 1). Daneben gibt es noch eine<br />
Reihe von Erkrankungen bei diesen<br />
Spezies, welche im Verdacht stehen,<br />
durch Nährstoffmängel oder -imbalancen<br />
mit verursacht zu werden,<br />
ohne dass der betreffende Nährstoff<br />
benannt werden kann.<br />
Beim Menschen und den Haustieren<br />
können fehlerhafte Rationen anhand<br />
von Empfehlungen zur Nährstoffzufuhr<br />
bilanziert werden, um Mangel-<br />
erscheinungen zu verhindern. Insbesondere<br />
haben sich für Heimtiere<br />
wie Hunde und Katzen sogenannte<br />
Alleinfutter bewährt, die ohne weitere<br />
Zusätze zu benötigen den Nährstoffbedarf<br />
decken. Voraussetzung<br />
sowohl für die Rationskorrektur als<br />
auch für die Herstellung von Alleinfuttern<br />
sind zweifelsfrei Empfehlungen<br />
zur Nährstoffzufuhr, die es für Reptilien<br />
nicht gibt. Zur Herleitung von solchen<br />
Empfehlungen haben sich bei<br />
den Haustieren Analysen zur Körperzusammensetzung<br />
in verschiedenen<br />
Lebensstadien bewährt. Ist beispielsweise<br />
der Calciumgehalt von<br />
frischgeschlüpften, heranwachsenden<br />
und adulten Schildkröten mit<br />
normal entwickeltem Panzer sowie<br />
die zu erwartende Wachstumsgeschwindigkeit<br />
bekannt, so kann<br />
der für das Wachstum benötigte<br />
Abb. 1: Griechische Landschildkröte mit tödlichem Calcium- und Vitamin-D-Mangel.<br />
Der Panzer ist weich und deformiert.<br />
Bedarf an bioverfügbarem Calcium<br />
berechnet werden.<br />
Daten zur Zusammensetzung von<br />
Organen, wie z.B. der Leber bzw.<br />
des Gesamtkörpers, sind außerdem<br />
bei der Einschätzung des Versorgungsstatus<br />
mit Nährstoffen äußerst<br />
hilfreich. So sind beispielsweise die<br />
Gehalte an verschiedenen Spurenelementen<br />
in Haaren, Federn, Leber<br />
oder Knochen bei Haustieren geeignet,<br />
um eine Diagnose hinsichtlich<br />
der Versorgung zu stellen. Diese<br />
Gehalte weisen bereits zwischen<br />
Haustierspezies erhebliche tierartliche<br />
Unterschiede auf, so dass für<br />
Reptilien eigene Standards erstellt<br />
werden müssen. Es ist zu erwarten,<br />
dass dadurch einerseits Hinweise<br />
auf bisher unklare, möglicherweise<br />
ernährungsbedingte Erkrankungen<br />
gewonnen werden können, andererseits<br />
aber auch neue Erkenntnisse in<br />
der vergleichenden Ernährungsphysiologie.<br />
Zu diesem Zweck werden daher in<br />
den laufenden Untersuchungen verstorbene<br />
oder eingeschläferte Reptilien<br />
seziert, ihre Organe gewogen<br />
und vermessen und anschließend<br />
chemisch analysiert. Aus Arten- und<br />
Tierschutzgründen werden für diese<br />
Untersuchungen beim derzeitigen<br />
Erkenntnisstand zur Körperzusammensetzung<br />
der Reptilien keine<br />
gesunden Tiere geopfert. Die Reptilien<br />
stammen aus dem Handel, von<br />
Tierärzten oder aus dem Privatbesitz.<br />
Krankheiten, Ernährungszustand,
Sektionsbefunde werden festgehalten,<br />
um diese eventuellen Besonderheiten<br />
den Analysenergebnissen<br />
zuordnen zu können.<br />
Bereits hinsichtlich des Körperfettgehaltes<br />
ergaben sich bei der Analyse<br />
von Schildkrötenspecies interessante<br />
Aspekte. So wiesen die<br />
fleischfressenden Wasserschildkröten<br />
deutlich höhere Körperfettgehalte<br />
auf als die überwiegend pflanzenfressenden<br />
Landschildkröten, und zwar<br />
ohne dass die Wasserschildkröten<br />
auffallend hohe Mengen an makroskopisch<br />
sichtbarem Speicherfettgewebe<br />
zeigten. Dies könnte zum<br />
einen Probleme hinsichtlich der Energieversorgung<br />
bei Landschildkröten<br />
in Menschenobhut widerspiegeln,<br />
es könnte sich aber auch um einen<br />
echten Speziesunterschied handeln,<br />
wonach die Fleischfresser eine höhere<br />
Fettspeicherkapazität aufweisen<br />
als die Pflanzenfresser, deren Nahrung<br />
im Gegensatz zu Beutetieren<br />
i.d.R. kontinuierlich vorhanden ist, so<br />
dass weder erhebliche Mengen an<br />
Speicherfett noch eine intensive Fettmobilisation<br />
erforderlich sind.<br />
Aus vergleichender Sicht ist von<br />
besonderem Interesse, dass die Länge<br />
des Darms in Relation zur Körpermasse<br />
bei fleischfressenden Reptilienarten<br />
größer ist als bei pflanzenfressenden,<br />
sich also umgekehrt<br />
verhält wie bei den Haustieren.<br />
Einen weiteren interessanten Befund<br />
stellen die Wassergehalte im Pan-<br />
Abb. 2: Pyramidenbildung an den Rückenschildern einer griechischen Landschildkröte<br />
bei Haltung auf zu trockener Einstreu<br />
zer dar, die bei Landschildkröten bei<br />
Schlüpflingen 70-80 % betragen.<br />
Sie gehen bei juvenilen Schildkröten<br />
auf 50-60 % zurück, bei semiadulten<br />
und adulten auf 40 %. Damit liegt der<br />
Wasserhaushalt im Panzer der Landschildkröten<br />
höher als in vergleichbaren<br />
Horngebilden, wie z.B. Hufen,<br />
Hörnern, Klauen, Krallen und Haaren<br />
von Haustieren. Der hohe Wassergehalt<br />
besitzt möglicherweise beim<br />
Panzerwachstum eine wichtige physiologische<br />
Bedeutung. So wurde in<br />
einer Untersuchung der Wiener Tierärztlichen<br />
Universität gezeigt, dass<br />
bei geringer Luft- und Bodenfeuchtigkeit<br />
ein erhöhtes Risiko für Panzerdeformationen,<br />
wie z.B. sogenannte<br />
Pyramidenbildung der Rückenschilder<br />
(Abb. 2) besteht. Bei Wasserschildkröten<br />
ist der Wassergehalt<br />
des Panzers mit etwa 30 % niedriger<br />
als bei Landschildkröten.<br />
Das Panzergewicht betrug bei adulten<br />
und semiadulten Schildkröten<br />
ca. 30 % der Körpermasse, wobei<br />
ein systematischer Unterschied zwischen<br />
Wasser- und Landschildkröten<br />
bisher nicht erkennbar war. Schlüpf-<br />
linge hatten dagegen ein Panzergewicht<br />
von nur 20 % der Körpermasse.<br />
Um den Calciumgehalt trotz<br />
unterschiedlicher Wassergehalte<br />
unmittelbar vergleichen zu können,<br />
wurde dieser Parameter auf die<br />
Trockenmasse bezogen. Der Calciumgehalt<br />
stieg im Panzer während<br />
der Entwicklung vom Schlüpfling zur<br />
juvenilen Schildkröte deutlich an,<br />
während des weiteren Wachstums<br />
war dagegen nur noch eine geringfügige<br />
Zunahme des Calciumgehaltes<br />
zu verzeichnen. Bei Wasserschildkröten<br />
lag der Calciumgehalt im Panzer<br />
höher als bei Landschildkröten.<br />
Auf weitere Ergebnisse sind wir<br />
äußerst gespannt. ■<br />
Institut für Physiologie, Physiologische<br />
Chemie und Tierernährung<br />
Schönleutnerstr. 8<br />
85764 Oberschleißheim<br />
Tel.: 089/2180-78700<br />
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