Ausgabe 2 / 2010 - McKinsey & Company
Ausgabe 2 / 2010 - McKinsey & Company
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Akzente 2’10<br />
Consumer Industries & Retail Group<br />
Was<br />
Kunden<br />
morgen<br />
wollen<br />
Fünf Trends prägen das<br />
Kaufverhalten in den<br />
kommenden Jahren.<br />
Wer sich heute darauf<br />
einstellt, wird morgen<br />
gewinnen.<br />
Premiumprodukte<br />
Eine Studie zeigt,<br />
wie man Premiumprodukte<br />
richtig<br />
positioniert und real<br />
erlebbar macht –<br />
und das zahlt sich aus<br />
Interview<br />
Werner Wolf, Chef<br />
der Bitburger Braugruppe,<br />
über den<br />
Wettbewerb im<br />
schrumpfenden<br />
Biermarkt<br />
Lebensmittel online<br />
Jetzt starten viele<br />
Lebensmittelhändler<br />
den Verkauf via Internet<br />
– was sie von<br />
den britischen Pionieren<br />
lernen können<br />
Trade Budget<br />
Rapid Return: Ein<br />
Ansatz, mit dem<br />
sich Handelsinvestitionen<br />
der Konsumgüterhersteller<br />
rasch<br />
rechnen<br />
Wasser<br />
Der verantwortliche<br />
Umgang mit der<br />
knappen Ressource<br />
birgt Wettbewerbschancen<br />
für Konsumgüterhersteller
2<br />
Inhalt<br />
Titelthema: Händler und Hersteller sollten sich auf<br />
fünf Trends einstellen Seite 8<br />
Interview: Bitburger-Chef Werner Wolf über den Wettbewerb<br />
im schrumpfenden Biermarkt Seite 22<br />
Wasser: Ein Kommentar von Peter Brabeck-Letmathe,<br />
Präsident des Verwaltungsrats von Nestlé Seite 46<br />
4 <strong>McKinsey</strong> News:<br />
Word-of-Mouth-Marketing<br />
richtig steuern; Mehr Frauen ins<br />
Management; Profifußball als<br />
Wirtschaftsfaktor; Freiheit für<br />
Marketing manager; Wirtschaftsstandort<br />
Berlin; Buchtipp: The<br />
Price Advantage<br />
8 Titelthema: Was Kunden morgen<br />
wollen<br />
Kaufverhalten: Was, wo und wie wir<br />
in Zukunft einkaufen werden<br />
16 Premium auf dem Prüfstand<br />
Eine Studie zeigt, wie man Premiumprodukte<br />
erfolgreich positioniert<br />
22 „Seit wir die Nationalmannschaft<br />
sponsern, gewinnen wir stetig<br />
Marktanteile“<br />
Interview mit Dr. Werner Wolf,<br />
Chef der Bitburger Braugruppe<br />
28 www.lebensmittelaus-dem-internet.com<br />
Was europäische Online-<br />
Lebensmittelhändler von britischen<br />
Vorbildern lernen können<br />
36 Handelsinvestitionen:<br />
Rasche Rendite<br />
Ein Ansatz, wie sich Investitionen in<br />
das Trade Budget schnell auszahlen<br />
42 Weniger Wasser, mehr Wert<br />
Wettbewerbschancen durch<br />
verantwortungsvollen Umgang<br />
mit der knappen Ressource<br />
46 Von der Wasserknappheit zur<br />
globalen Nahrungsmittelkrise<br />
Kommentar von Peter Brabeck-<br />
Letmathe, Präsident des<br />
Verwaltungsrats von Nestlé<br />
48 Werkstatt<br />
Aktuelle <strong>McKinsey</strong>-Studien<br />
49 Impressum
Akzente<br />
2’10<br />
Editorial<br />
Die neue Online-Mobilität<br />
„Was Kunden morgen wollen“ ergründen meine Kollegen im<br />
Titelthema der aktuellen Akzente-<strong>Ausgabe</strong>. Einer der fünf Trends,<br />
die das künftige Nachfrageverhalten prägen, ist: die neue Online-<br />
Mobilität. Sie beschreibt die umfassende Online-Kompetenz der<br />
Ver braucher, die in Foren nach Produktinformationen suchen oder<br />
Produkte beurteilen und über Google Preise vergleichen, die ethisch<br />
fragwürdige Praktiken von Unternehmen in den Web Communities<br />
anprangern oder aber auf Unternehmenswebsites als hilfreiche<br />
„Prosumer“ (Producer + Consumer) neue Produkte mitentwickeln.<br />
Gemeinsam mit unserem neuen Joint-Venture-Partner, dem Informations-<br />
und Medien unternehmen Nielsen, ergründet <strong>McKinsey</strong> das<br />
Potenzial von Social Media für die Wirtschaft und beschreitet innovative<br />
Wege in dessen Nutzung. Nielsens Zahlen belegen, dass die neue<br />
Online-Mobilität schon Realität ist: Weltweit suchen mehr als zwei<br />
Drittel aller befragten Konsumenten Online-Diskussionsforen oder<br />
soziale Netzwerke im Internet auf, um dort Produktbesprechungen,<br />
Empfehlungen oder Warnungen zu lesen, bevor sie eine Kaufentscheidung<br />
treffen. Vier von zehn der befragten Verbraucher würden keine<br />
Unterhaltungselektronik, zwei von zehn keine Telekommunikationsdienste<br />
kaufen, ohne sich zuvor im Internet über die Erfahrungen<br />
anderer Konsumenten zu informieren.<br />
Facebook hat in diesem Sommer den fünfhundertmillionsten Teilnehmer<br />
begrüßt. Viele Konsumgütermarken und Einzelhändler haben<br />
schon ihre Pro le eingestellt und werben um Freunde. Markenkommunikation<br />
de niert sich neu. Wir lassen Sie auf dem Weg nicht allein.<br />
Anregende Lektüre wünscht Ihnen<br />
Klaus Behrenbeck,<br />
Herausgeber von Akzente,<br />
Leiter des europäischen<br />
Konsumgüter- und<br />
Handels sektors von<br />
<strong>McKinsey</strong><br />
klaus_behrenbeck<br />
@mckinsey.com<br />
3
4<br />
News<br />
Word-of-Mouth-<br />
Marketing messen<br />
und steuern<br />
Kunden vertrauen Foren<br />
und Blogs – Unternehmen<br />
müssen reagieren.<br />
Gegenüber der Kakofonie der klassischen<br />
Werbung sind viele Verbraucher<br />
längst abgestumpft, doch wenn ihnen ein<br />
Freund über ein Produkt berichtet, hören<br />
sie aufmerksam zu. „Word of Mouth“ löst<br />
zwischen 20 und 50 Prozent aller Kaufentscheidungen<br />
aus, am stärksten ist der<br />
Einfluss bei Erstkäufen und teuren<br />
Anschaffungen. Und die Bedeutung der<br />
Online-Mundpropaganda nimmt rasant<br />
zu: In Blogs, Foren und Beratungsrunden<br />
tauschen Verbraucher Erfahrungen und<br />
Empfehlungen aus, vor größeren Anschaffungen<br />
gehört die Recherche im<br />
Internet schon zur Routine.<br />
Umso wichtiger für alle Unternehmen,<br />
Word of Mouth richtig zu verstehen<br />
und aktiv zu nutzen. <strong>McKinsey</strong> hat drei<br />
Grundformen der Word-of-Mouth-<br />
Kommunikation identifiziert:<br />
„Experiential“: Diese Form ist die häufigste.<br />
Sie resultiert aus eigener – meist<br />
negativer – Erfahrung mit einem Produkt.<br />
Das Ansehen der Marke kann dabei beschädigt<br />
werden. Positive Erfahrungsberichte<br />
dagegen können einer Marke kräftig<br />
Rückenwind verschaffen.<br />
„Consequential“: Dies bezeichnet<br />
Reaktionen auf klassische Marketingkampagnen,<br />
etwa wenn Konsumenten<br />
Inhalte eines Werbespots oder einer<br />
Anzeige weitererzählen oder in Blogs und<br />
Foren einstellen.<br />
„Intentional“: Hier lösen Unternehmen<br />
eine Word-of-Mouth-Kampagne bewusst<br />
aus, indem sie Kernbotschaft und<br />
Mediamix entsprechend optimieren.<br />
Menge x Wirkung = Kapital<br />
Wer die drei Formen von Word of Mouth<br />
verstanden hat, will ihre Wirkung auf<br />
die Kaufentscheidung messen. <strong>McKinsey</strong><br />
hat eine einfache Formel entwickelt, um<br />
diese Wirkung grob abzuschätzen: Menge<br />
x Wirkung = Word-of-Mouth-Kapital.<br />
Es beginnt mit dem Zählen der positiven<br />
und der negativen Erwähnungen. Diese<br />
werden dann gewichtet: Wer sagt es –<br />
Freund oder Unbekannter? Was ist das<br />
Thema – kaufentscheidende Faktoren<br />
oder unwichtige Features? Wie verlässlich<br />
ist die Quelle und worauf basiert sie – auf<br />
eigener Erfahrung oder auf Hörensagen?<br />
NM Incite: Joint Venture analysiert,<br />
was soziale Medien leisten<br />
Auf Facebook, Youtube und Studi-<br />
VZ sind die Kunden von morgen<br />
unterwegs: Um Fakten über Social<br />
Media zu sammeln, haben <strong>McKinsey</strong><br />
und das Medien- und Informationsunternehmen<br />
Nielsen das Joint<br />
Venture NM Incite gegründet. Es<br />
misst die Wirkung von Marketingmaßnahmen<br />
von Unternehmen<br />
in sozialen Medien und liefert Verbesserungsvorschläge.<br />
Außerdem<br />
optimiert es Produkteinführungen<br />
sowie den Kundendienst via Social<br />
Media. Mehr Informationen auf<br />
www.nmincite.com und demnächst<br />
in Akzente.<br />
Empfehlungen sind glaubwürdiger als<br />
Werbung: Zwischen 20 und 50 Prozent<br />
aller Kaufentscheidungen werden von<br />
ihnen entscheidend beein usst.<br />
Als Apple etwa sein iPhone in Deutschland<br />
einführte, wurde das Produkt zwar<br />
von einem Drittel weniger Menschen<br />
diskutiert als der damalige Marktführer.<br />
Doch die iPhone-Fans waren die einflussreichsten<br />
unter den Bloggern und<br />
Forenmitgliedern und sie waren die<br />
eifrigsten. Ihre Wirkung lag beim Fünffachen<br />
der durchschnittlichen Wirkung –<br />
das iPhone startete mit starkem<br />
Rückenwind.<br />
WoM generiert doppelten Umsatz<br />
Wer weiß, welche Botschaften besonders<br />
häufig von Konsumenten weitergegeben<br />
werden, wird bald versuchen, Word of<br />
Mouth durch gezielte Kampagnen zu stimulieren.<br />
Das Handwerkszeug stammt<br />
aus dem klassischen Marketing.<br />
Am Anfang steht die Frage nach der<br />
richtigen Zielgruppe – wer sind die einflussreichsten<br />
Multiplikatoren? Dann<br />
kommt die Botschaft – welche Inhalte interessieren<br />
diese Menschen so sehr,<br />
dass sie sie weiterverbreiten? Und<br />
schließlich der Kanal – wie erreiche ich<br />
diese Menschen mit meiner Botschaft?<br />
Der Aufwand lohnt sich: <strong>McKinsey</strong><br />
hat errechnet, dass vom Marketing gestartete<br />
Word-of-Mouth-Kampagnen pro<br />
investierten Euro im Schnitt mehr als<br />
doppelt so viel Umsatz generieren wie<br />
klassische Marketingkampagnen. Mehr<br />
unter:<br />
www.mckinseyquarterly.com/a_new_<br />
way_to_measure_word-of-mouth_<br />
marketing_2567
Akzente<br />
2’10<br />
Weibliche Führungsqualitäten<br />
Mehr Frauen ins Management –<br />
die Studie „Women Matter 3“ zeigt:<br />
Topmanager rund um die Welt<br />
setzen auf weibliche Stärken.<br />
Mit einem höheren Frauenanteil auf Vorstandsebene<br />
steigt die Chance, dass ein<br />
Unternehmen die Krise gut bewältigt.<br />
Das ist die Einschätzung von Führungskräften,<br />
die <strong>McKinsey</strong> für die Studie<br />
„Women Matter 3“ befragte. Darin wurde<br />
untersucht, welche Fähigkeiten Unternehmen<br />
in und nach der Krise brauchen,<br />
um erfolgreich zu sein, und welche Führungsstile<br />
als entscheidend angesehen<br />
werden. Befragt wurden 763 Führungskräfte<br />
weltweit. Diese repräsentieren alle<br />
Regionen, Industrien und Funktionen.<br />
Ein wesentliches Ergebnis der Studie:<br />
Der richtige Mix der Geschlechter in den<br />
Managementpositionen sollte, bei Unternehmen<br />
eine strategische Priorität darstellen.<br />
Die befragten Entscheider halten die<br />
Fähigkeit zu führen für das wichtigste Kri-<br />
terium überhaupt, um ein Unternehmen<br />
erfolgreich durch Krisenzeiten und Veränderungen<br />
zu steuern.<br />
Zwei Führungsstile, die wesentlich öfter<br />
weiblichen als männlichen Führungskräften<br />
zugeschrieben werden, halten die<br />
Befragten für besonders wichtig, um<br />
durch die Krise und die Zeit danach zu<br />
führen: „Inspiration“ und „Erwartungen<br />
definieren/Belohnungen anbieten“. In der<br />
Krise sehen 48 Prozent, nach der Krise<br />
sehen 45 Prozent der Studienteilnehmer<br />
„Inspiration“ als wichtigste Führungsqualität<br />
an. 47 Prozent der Befragten finden<br />
„Erwartungen definieren/Belohnungen<br />
anbieten“ besonders wichtig.<br />
Die Umfrage zeigt, dass Unternehmen<br />
konsequenter versuchen sollten,<br />
mehr Frauen in ihre Führungsteams bis<br />
hinauf in den Vorstand zu holen.<br />
Frauen führen anders:<br />
Die Studie „Women<br />
Matter 3“ fand heraus,<br />
dass die Führungsstile<br />
„Inspiration“ und<br />
„Erwartungen de -<br />
nieren/Belohnungen<br />
anbieten“, die von<br />
Frauen überproportional<br />
häu g angewandt<br />
werden, in und nach<br />
Krisenzeiten besonders<br />
wertvoll sind.<br />
<strong>McKinsey</strong>-Studie:<br />
Pro fußball als<br />
Wirtschaftsfaktor aftsf<br />
Der Pro fußball erzeugt in Deutschland<br />
jährlich eine Wertschöpfung<br />
von mehr als 5 Milliarden Euro.<br />
Dies ist eines der Ergebnisse einer<br />
Studie von <strong>McKinsey</strong>, die die wirtschaftliche<br />
Bedeutung des Pro -<br />
fußballs in Deutschland untersucht.<br />
„Damit trägt der Fußball jeden<br />
fünfhundertsten Euro zum Bruttoinlandsprodukt<br />
in Deutschland bei.<br />
Dies entspricht dem Bruttoinlandsprodukt<br />
einer mittleren deutschen<br />
Großstadt“, sagt Klaus Behrenbeck,<br />
der bei <strong>McKinsey</strong> den europäischen<br />
Handels- und Konsumgütersektor<br />
leitet, zu dem auch die Freizeitbranche<br />
gehört.<br />
Rund 110.000 Jobs in Deutschland<br />
stehen im Zusammenhang mit<br />
professionellem Fußball. Bereinigt<br />
um Teilzeitkräfte und Aushilfen<br />
entspricht dies rund 70.000 Vollzeitbeschäftigten.<br />
Thomas Netzer, Leiter der Studie:<br />
„Durch die wirtschaftlichen<br />
Aktivitäten rund um den Pro fußball<br />
ießen dem deutschen Staat<br />
jährlich rund 1,5 Milliarden Euro<br />
netto an Steuern und Abgaben zu.<br />
Damit lassen sich beispielsweise die<br />
staatlichen Zuschüsse zu den fünf<br />
größten Universitäten des Landes<br />
nanzieren.“ Sämtliche staatlichen<br />
<strong>Ausgabe</strong>n für den Pro fußball sind<br />
dabei berücksichtigt und bereits<br />
abgezogen.<br />
5
6<br />
News<br />
Mehr Freiheit für Marketingmanager<br />
Markenmanager müssen zum Integrator werden. Dazu brauchen<br />
sie neue Fähigkeiten und schlankere Organisationen.<br />
Bei den meisten Markenartiklern ist die<br />
Zeit der omnipotenten Marketingmanager<br />
abgelaufen. Denn Konsumgüterunternehmen<br />
haben auf den grundlegenden<br />
Wandel von Verbraucherverhalten und<br />
Einzelhandelslandschaft reagiert, mit<br />
ihren Maßnahmen jedoch häufig ein<br />
Übermaß an Komplexität geschaffen. Die<br />
Veränderungen in ihrem Umfeld haben<br />
viele Unternehmen zu umfassenden<br />
strukturellen Neuerungen veranlasst und<br />
lassen sie scheinbar endlose Umorganisationen<br />
durchlaufen.<br />
Diese Neuerungen mögen gut<br />
gemeint sein, haben jedoch zur Folge,<br />
dass sich die Marketingabteilungen<br />
immer stärker spezialisieren und neue<br />
Kompetenzgefüge entstehen – zum<br />
Nachteil von Markenmanagern. Die<br />
meisten sind in komplexe Matrixorganisationen<br />
eingebunden, verbringen<br />
bis zu 80 Prozent ihrer Arbeitszeit in<br />
Meetings, verfügen über deutlich weniger<br />
Entscheidungsbefugnisse als<br />
früher und haben ihre alte Rolle als<br />
Integratoren verloren.<br />
Dieser Verlust hat deutliche Auswirkungen<br />
auf die Performance der Unternehmen:<br />
Spezialisierte Marketingorganisationen<br />
sind über 2 Prozentpunkte<br />
weniger effektiv und sogar 40 Prozent<br />
weniger effizient als Organisationen,<br />
die als Generalisten aufgestellt sind.<br />
Wie können sich Unternehmen aus<br />
diesem Dilemma befreien? In einem Artikel<br />
für das <strong>McKinsey</strong> Quarterly zeigen<br />
drei Berater der Organization Practice<br />
von <strong>McKinsey</strong> auf, wie Markenmanager<br />
die Fesseln abstreifen können. Um ihre<br />
Rolle als Integratoren aller relevanten<br />
Stufen von der Produktentwicklung bis<br />
zur Kundenbindung zurückzuerobern,<br />
Hierarchieebenen streichen, Kommunikation trainieren: Das entfesselt Marketingmanager,<br />
die heute ihr Potenzial nicht ausschöpfen können.<br />
schreiben die Autoren, müssen sie ihre<br />
Kommunikations- und Verhandlungsfähigkeiten<br />
ausbauen und gezielt Networking<br />
betreiben. Nur dann können sie ihre<br />
Funktion erfolgreich ausfüllen und den<br />
Anforderungen des neuen Umfelds gerecht<br />
werden.<br />
Um diese entscheidenden Fähigkeiten<br />
für den Erfolg zu entwickeln, müssen<br />
sich die Marketingmanager zunächst<br />
Freiräume schaffen. Das kann durch die<br />
Anwendung von Lean-Prinzipien auf die<br />
überkomplexe Organisation gelingen.<br />
Denn die Vielzahl gut gemeinter Neuerungen,<br />
so die Autoren, hat dazu geführt,<br />
dass sich die Verantwortlichkeiten der<br />
Marketingmanager überlappen, ihre Entscheidungskompetenzen<br />
unklar sind und<br />
sie übermäßig viel Zeit in Meetings verbringen<br />
– all dies zu Lasten ihrer Effektivität.<br />
Anhand von Fallstudien erläutern die<br />
Autoren, warum es oftmals möglich ist,<br />
auf mehrere Hierarchiestufen in einem<br />
Unternehmen zu verzichten und den Managern<br />
so die Freiräume zurückzugeben,<br />
die sie brauchen, um einen echten Wertbeitrag<br />
zu leisten.<br />
Schlagen die Unternehmen den von<br />
den Autoren skizzierten Weg ein, können<br />
sie für eine effektive Koordination sorgen,<br />
Ineffizienzen beseitigen und ihren Führungskräften<br />
Spitzenleistungen ermöglichen.<br />
Den ganzen Artikel und die Fallstudien<br />
gibt es im Download:<br />
www.mckinseyquarterly.com/retail_<br />
consumer_goods
Akzente<br />
2’10<br />
Wirtschaftsstandort Berlin:<br />
Wachstum mit Tourismus, Elektroautos,<br />
schnellem Internet und Gesundheit.<br />
Berlin kann in den nächsten zehn Jahren<br />
durch die gezielte Stärkung von Wachstumsfeldern<br />
bis zu 500.000 zusätzliche<br />
sozialversicherungspflichtige Jobs schaffen.<br />
Dies ist das Ergebnis der <strong>McKinsey</strong>-<br />
Studie „Berlin 2020. Wirtschaftliche Perspektiven<br />
durch neue Wachstumskerne“.<br />
Arbeitsplätze können vor allem im Tourismus,<br />
im Bereich Elektromobilität, in der<br />
Informations- und Kommunikationsbranche<br />
und in der Gesundheitswirtschaft<br />
entstehen. „Dieses Wachstumsziel ist<br />
ambitioniert, aber nicht unrealistisch“,<br />
sagt Katrin Suder, Leiterin des Berliner<br />
<strong>McKinsey</strong>-Büros.<br />
Engagement für Berlin<br />
„Berlin 2020“ ist ein Pro-bono-Engagement<br />
von <strong>McKinsey</strong>. Anfang des Jahres<br />
wurden dafür über 150 Gespräche mit<br />
Experten geführt. Die Ergebnisse sind<br />
eine detaillierte Bestandsaufnahme der<br />
wirtschaftlichen Situation Berlins und<br />
eine genaue Analyse ausgewählter<br />
Wachstumspotenziale.<br />
Allein in den Branchen Tourismus,<br />
Elektromobilität, Internet und Gesundheit<br />
können in den kommenden zehn Jahren<br />
bis zu 160.000 neue Arbeitsplätze entstehen,<br />
also bereits rund ein Drittel der langfristig<br />
auch für einen ausgeglichenen<br />
Haushalt benötigten 500.000 Jobs.<br />
„Durch jeden neu geschaffenen Arbeitsplatz<br />
wird unserer Erfahrung nach die Basis<br />
für zwei bis drei weitere Arbeitsplätze<br />
geschaffen“, schätzt Katrin Suder.<br />
Berlins größter Jobmotor ist der Tourismus.<br />
Schon heute beschäftigt die<br />
Branche rund 10 Prozent aller Erwerbstätigen<br />
in der Stadt. Wenn sich das Wachstum<br />
wie bisher fortsetze, könnten hier<br />
laut Studie bis 2020 mindestens weitere<br />
115.000 neue Jobs entstehen.<br />
Für die boomende Elektromobilität<br />
hat Berlin eine sehr gute Ausgangsposition.<br />
Ebenso gut sind die Chancen, sich<br />
als Standort für die Produktion und Fertigung<br />
von Lithium-Ionen-Batterien zu etablieren,<br />
wie sie für Elektroautos benötigt<br />
werden. Voraussetzung dafür sind der<br />
Studie zufolge ein wissenschaftliches<br />
Forschungs- und Entwicklungscluster<br />
sowie ein Businessplan für die Ansiedlung<br />
der Batteriezellenproduktion.<br />
Schöne Aussichten:<br />
Berlin hat Chancen<br />
in den Themenfeldern<br />
Tourismus,<br />
Elektro mobilität,<br />
schnelles<br />
Internet und<br />
Gesundheit.<br />
Exzellentes Pricing –<br />
so geht’s<br />
John Wiley & Sons, <strong>2010</strong>;<br />
ISBN 978-0-470-48177-6<br />
Intelligentes Pricing liefert den besten<br />
Hebel, um den Gewinn eines Unternehmens<br />
zu steigern. Trotzdem<br />
bleibt es „one of the most undermanaged<br />
functions“, schreiben die Autoren<br />
Walter Baker, Michael Marn<br />
und Craig Zawada. Mit der zweiten<br />
Au age von „The Price Advantage“,<br />
dem Gemeinschaftswerk der drei<br />
<strong>McKinsey</strong>-Pricing-Experten, bieten<br />
sie das nötige Handwerkszeug an,<br />
um dies zu ändern.<br />
Das Buch stützt sich auf umfangreiche<br />
praktische Erfahrungen aus<br />
Hunderten von Unternehmen – deren<br />
Pricingstrategien die Autoren<br />
intensiv analysierten. „The Price<br />
Advantage“ gibt Managern einen<br />
Leitfaden durch das Labyrinth der<br />
relevanten Themen und konzentriert<br />
sich auf die Übersetzung der Erkenntnisse<br />
in tatsächliche Ertragssteigerungen<br />
eines Unternehmens.<br />
Die Autoren untersuchen die<br />
neuesten Ansätze zur Analyse und<br />
Verbesserung der Pricing-Performance,<br />
illustrieren diese anhand<br />
realer Fallstudien und zeigen auf,<br />
wie Unternehmen exzellentes Pricing<br />
erreichen können. Denn in wirtschaftlich<br />
guten wie auch schlechten<br />
Zeiten sind Preisvorteile kritisch für<br />
den Erfolg und die Pro tabilität des<br />
Unternehmens.<br />
Mehr Informationen zum Buch:<br />
www.mckinsey.com/ideas/books<br />
7
8<br />
Konsumtrends<br />
Was Kunden morgen wollen<br />
Fünf Trends werden in den kommenden Jahren das<br />
Einkaufsverhalten prägen. <strong>McKinsey</strong> zeigt, wie Unternehmen<br />
die Auswirkungen solcher Trends frühzeitig<br />
ermitteln – und damit Wettbewerbsvorteile erzielen.
Akzente<br />
2’10<br />
Neuer Konsum:<br />
Wenn dieser Junge<br />
erwachsen ist, beein ussen<br />
Trends wie „Neuer<br />
Konsum“ und „Neue<br />
Verunsicherung“ sein<br />
Konsumverhalten.<br />
9
10<br />
Konsumtrends<br />
Von Florian Baumgartner, Peter Breuer<br />
und Dennis Spillecke<br />
Vorsprung durch Wissen: Erfolgreiche Hersteller und<br />
Händler fragen schon heute, was die Menschen in fünf<br />
bis zehn Jahren kaufen wollen – aber auch, wo und wie<br />
sie einkaufen werden. Denn künftige Verschiebungen bei<br />
Kundenpräferenzen und Konsumverhalten verlangen<br />
frühzeitige Anpassungen in der Unternehmensstrategie.<br />
Derzeit gibt es eine Reihe grundlegender konsumrelevanter<br />
Entwicklungen, die sich in fünf Megatrends zusammenfassen<br />
lassen. Diese fünf Trends sind zwar für sich<br />
genommen nicht neu, in ihrem Zusammenwirken werden<br />
sie jedoch die Kundenbedürfnisse in den nächsten Jahren<br />
deutlich verändern (Gra k 1).<br />
Neue Verunsicherung. Die Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
hat viele Menschen verunsichert und das Vertrauen in<br />
Institutionen erschüttert. Die Konsumenten reagieren<br />
darauf mit unterschiedlichen Strategien. Einige entdecken<br />
für sich eine „neue Bescheidenheit“, die im Über-<br />
uss keinen Mehrwert sieht, andere ziehen sich zurück<br />
in die leichter zu kontrollierende „Komfortzone“ des<br />
Privaten. An Bedeutung gewinnt zudem ein Konsum, der<br />
ethisch vertretbar ist und Anbieter favorisiert, die neben<br />
Pro tinteressen auch soziale Ziele verfolgen.<br />
Neue Online-Mobilität. Überall verfügbare, schnelle<br />
Breitbandzugänge und neue Formen der mobilen Kommunikation<br />
machen es möglich, jederzeit und überall<br />
ins Internet zu gehen und online einzukaufen. Im Zuge<br />
der Verschmelzung von virtueller und realer Identität<br />
wandelt sich auch der Konsument. So verlieren einseitige<br />
Werbebotschaften an Wirkung, während Dialog und Auseinandersetzung<br />
mit dem gut informierten Verbraucher<br />
immer wichtiger werden. Als „Prosumer“, der beispielsweise<br />
an Neuentwicklungen mitwirkt, wird der Konsument<br />
sogar produktiver Teil der Wertschöpfungskette.<br />
Neuer Öko-Zwiespalt. Viele Konsumenten schwanken<br />
zwischen der Einsicht, dass unsere natürlichen Lebensgrundlagen<br />
mehr Schutz benötigen, und dem Wunsch,<br />
sich persönlich möglichst wenig einzuschränken. Klimawandel<br />
und Ressourcenverknappung lassen Verbraucher<br />
verstärkt alte Gewohnheiten hinterfragen. Indizien dafür<br />
sind etwa die rasant gestiegene Nachfrage nach Bioprodukten<br />
oder der Zulauf zur LOHAS-Bewegung (Lifestyles<br />
of Health and Sustainability), die einen Lebensstil propagiert,<br />
der Ökologie und Nachhaltigkeit mit Genuss und<br />
Komfort versöhnt.<br />
Neuer Konsum. Im Spannungsfeld von knappen Ressourcen<br />
– in Bezug auf Zeit und Geld – sowie hohen<br />
Ansprüchen ist ein neues Konsumverhalten entstanden,<br />
das auf Lifestyle und Individualität ausgerichtet ist. So<br />
wird der Konsum selbst für immer mehr Menschen zu<br />
einem Teil ihres Lifestyles. Er bietet Ablenkung und/<br />
oder Selbstvergewisserung: Einkaufen soll ein Erlebnis<br />
sein, dabei aber bequem und einfach (Convenience). Der<br />
Lifestyle-Aspekt spiegelt sich auch im „hybriden“ Einkaufsverhalten<br />
wider: Teure Anschaffungen gehen einher<br />
mit Schnäppchenjagd, weil beides je nach Situation zum<br />
Lebensstil des Konsumenten passt.<br />
Neue Lebensmodelle. Dieser Trend ist eng mit dem soziodemogra<br />
schen Wandel verknüpft und umfasst zwei Aspekte:<br />
zum einen die Verzögerung der Lebensphasen und<br />
hier insbesondere das längere „Jungbleiben“, zum anderen<br />
die Fragmentierung der Gesellschaft durch Individualisierung,<br />
multikulturelle Bevölkerung sowie die Erosion<br />
von Familienbild und Geschlechterrollen. Diese seit Langem<br />
zu beobachtenden Entwicklungen haben sich zuletzt<br />
beschleunigt und werden auch künftig weitreichende<br />
Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten haben.<br />
Bei ihrer strategischen Planung stehen die Unternehmen<br />
vor einer doppelten Aufgabe: Zunächst geht es darum,<br />
den Ein uss der Trends auf Konsumentenverhalten und<br />
Markt genauer zu untersuchen. Auf Grund der so gewonnenen<br />
Erkenntnisse lässt sich dann das eigene Nutzenversprechen<br />
überprüfen und gegebenenfalls anpassen.<br />
Auswirkungen der Trends analysieren<br />
Im ersten Schritt können Hersteller und Händler mit<br />
Hilfe einer Konsumentenbefragung heraus nden, wie<br />
sich die Trends schon heute auf das Kundenverhalten<br />
auswirken. Diese Erhebung zielt ab auf die so genannten<br />
Kauftreiber, also auf jene Faktoren, die für den Kauf eines<br />
Produkts oder den Einkauf bei einem bestimmten Händler<br />
ausschlaggebend sind. Allerdings wird nicht nur nach<br />
herkömmlichen Kauftreibern wie Preis, Qualität oder<br />
Service gefragt, sondern auch nach trendbezogenen Faktoren<br />
wie etwa unternehmerischer Verantwortung des<br />
Anbieters oder Nachvollziehbarkeit der Produktherkunft.<br />
Aus den Umfrageergebnissen lassen sich wichtige Erkenntnisse<br />
ableiten: Erstens wird der gegenwärtige<br />
Ein uss der Trends auf den Kaufprozess transparent.<br />
Zweitens macht eine Zeitreihenanalyse (sofern Marktforschungsergebnisse<br />
für mehrere Jahre vorliegen) Trendverschiebungen<br />
im Zeitverlauf sichtbar. Und drittens
Akzente<br />
2’10<br />
1. Fünf Trends verändern das Konsumverhalten<br />
Wirtschaftliche<br />
Instabilität<br />
„Neue<br />
Verunsicherung“<br />
Neue<br />
Bescheidenheit<br />
• Freiwilliger Verzicht<br />
• Gut ist gut genug<br />
Bedürfnis nach der<br />
Komfortzone<br />
• Retro<br />
• Cocooning<br />
Ethisch vertretbarer<br />
Konsum<br />
Soziodemografischer<br />
Basistrend<br />
„Neue Lebensmodelle“<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong><br />
Technologischer<br />
Wandel<br />
„Neue Online-<br />
Mobilität“<br />
Digitalisiertes Leben<br />
• Social Software<br />
• Konvergenz von<br />
Privatem und<br />
Öffentlichem<br />
• „All apps on all<br />
screens“<br />
Neue Kundenmacht<br />
• Einflussreiche<br />
Netzwerke<br />
• Prosumer<br />
„Junge Alte“<br />
• Spätere Übernahme von<br />
Verantwortung<br />
• Längeres Jungbleiben<br />
zeigt eine Simulation, wie sich die zunehmende Bedeutung<br />
eines Trends auf das Kundenverhalten auswirken<br />
würde und in welchen Kauftreibern das größte Potenzial<br />
für ein Unternehmen liegt. Da diese Erhebung nicht nur<br />
für die eigenen Marken, sondern auch für die mehrerer<br />
Wettbewerber durchgeführt wird, kann das Management<br />
schließlich ermitteln, wie das Unternehmen heute im<br />
Vergleich zur Konkurrenz abschneidet und wie zukunftssicher<br />
der Marktauftritt mit Blick auf die Trends ist.<br />
Mögliche Ergebnisse einer solchen Marktforschung<br />
veranschaulicht Gra k 2 (Seite 12): <strong>McKinsey</strong> hat im<br />
Januar <strong>2010</strong> Konsumenten zu ihrem Einkaufsverhalten<br />
bei Lebensmitteleinzelhändlern befragt. Hierbei handelt<br />
es sich um eine kleine, aber sehr aufschlussreiche<br />
Stichprobe: Es hat sich gezeigt, dass die Megatrends<br />
schon heute fünf der zehn wichtigsten Kauftreiber bestimmen.<br />
Vor allem die Trends „Neue Verunsicherung“ und<br />
„Neuer Konsum“ haben großen Ein uss auf die Einkaufs-<br />
Ökologischer<br />
Wandel<br />
„Neuer Öko-<br />
Zwiespalt“<br />
Grünes Bewusstsein<br />
• Zurück zur Natur<br />
• Green & Clean<br />
LOHAS<br />
• Gesunder und<br />
nachhaltiger<br />
Lebensstil<br />
• Wunsch nach<br />
Genuss und<br />
Komfort<br />
Wertewandel<br />
„Neuer Konsum“<br />
Konsum als Lifestyle<br />
• Einkauf als Erlebnis<br />
und Genuss<br />
• Convenience<br />
(Auswahl, Benutzerfreundlichkeit)<br />
• Wellness,<br />
Körperkult<br />
Hybrider Konsument<br />
• Kombination von<br />
Discount und<br />
Premium<br />
Fragmentierte Gesellschaft<br />
• Individualisierung/Ich-Fokussierung<br />
• Kleinere Haushalte<br />
• Multikulturelle Gesellschaft<br />
• Angleichung der Geschlechterrollen<br />
stättenwahl – stärkster Anreiz überhaupt ist Convenience,<br />
also der Komfort beim Einkauf. Zudem ergab ein Vergleich<br />
der Ergebnisse mit einer Konsumentenbefragung von<br />
2006, dass die trendbezogenen Kauftreiber an Bedeutung<br />
gewinnen, während klassische Faktoren wie der Preis<br />
nicht mehr so stark ins Gewicht fallen. Fast jeder zweite<br />
Befragte legt heute mehr Wert auf regionale und exotische<br />
Angebote („Neue Lebens modelle“) als noch 2006.<br />
Besonders interessant sind die Auswertungen für einzelne<br />
Lebensmittelhändler in Deutschland: Wie gut gelingt<br />
es den verschiedenen Unternehmen, trendbezogene<br />
Kundenbedürfnisse zu befriedigen? Hier tut sich eine<br />
beträchtliche Kluft auf zwischen Verbraucher- und Supermärkten<br />
auf der einen und Discountern auf der anderen<br />
Seite. Während die Konsumenten die klassischen<br />
Händler und insbesondere Edeka positiv bewerten,<br />
schneiden Aldi & Co bei der Trendabfrage insgesamt<br />
unterdurchschnittlich ab und lassen auch untereinander<br />
11
12<br />
Konsumtrends<br />
2. Die Trends „Neue Verunsicherung“ und „Neuer Konsum“ zählen bereits zu<br />
den drei wichtigsten Kauftreibern<br />
Bedeutung aggregierter Kauftreiber, <strong>2010</strong><br />
Korrelation mit Aussage „Dort erledige ich den Großteil meiner Einkäufe“<br />
Convenience 0,44<br />
Neue Verunsicherung<br />
Neuer Konsum<br />
Sortiment<br />
Qualität<br />
Neuer Öko-Zwiespalt<br />
Neue Lebensmodelle<br />
Preis<br />
Neue Online-Mobilität<br />
Angebote<br />
Einkaufserlebnis<br />
Kundenkarte<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong><br />
kaum Differenzierung erkennen (Gra k 3). Mehr noch:<br />
Eine Zukunftssimulation deutet darauf hin, dass sich diese<br />
Kluft noch vergrößern wird und die Discounter massiv<br />
unter Druck geraten könnten.<br />
Zukunftsthesen entwickeln<br />
Um die Marktforschungsergebnisse zu validieren und das<br />
künftige Konsumentenverhalten genauer zu prognostizieren,<br />
emp ehlt sich im nächsten Schritt die Erarbeitung<br />
geschäftsbezogener Zukunftsthesen im Rahmen von<br />
Expertenworkshops. Die Teilnehmer übersetzen dabei<br />
die Auswirkungen von Trends in konkrete Aussagen<br />
zu Konsumenten und Märkten – und leiten daraus Konsequenzen<br />
für das Unternehmen ab.<br />
Sechs Zukunftsthesen und ihre potenziellen Folgen für<br />
Unternehmen illustrieren, wie das Resultat eines solchen<br />
Expertenworkshops am Beispiel des Lebensmitteleinzelhandels<br />
aussehen kann:<br />
0,20<br />
0,24<br />
0,27<br />
0,26<br />
0,30<br />
0,30<br />
0,30<br />
0,29<br />
0,34<br />
Trendbezug<br />
0,43<br />
0,43<br />
1. Keine Preisführerschaft ohne Kostenführerschaft. Diese<br />
These resultiert aus der neuen Fähigkeit des Konsumenten,<br />
bald per Handy jederzeit die Preise der Händler<br />
vergleichen zu können. Als Preisführer wird sich daher<br />
künftig pro lieren, wer nicht nur in der Wahrnehmung<br />
der Kunden, sondern tatsächlich die niedrigsten Preise<br />
bietet – und das gelingt nur mit minimalen Kosten. Konsequenz:<br />
Händler, die heute auf „gefühlte“ Preisführerschaft<br />
setzen, müssen entweder ihr Nutzenversprechen<br />
anpassen oder die Kostenführerschaft erlangen.<br />
2. Kundenkontaktpunkte werden allgegenwärtig. Der<br />
Handel wird dem Wunsch seiner Kunden nach Convenience<br />
mit immer mehr Kontaktpunkten entgegenkommen.<br />
Zugleich lässt die wachsende Bedeutung des<br />
Internets die Bereitschaft zum Online- und kanalübergreifenden<br />
Einkauf weiter steigen. Konsequenz: Lebensmittelhändler<br />
werden beim Kundenkontakt wie auch im<br />
Kaufprozess ideenreich oder zumindest anpassungsfähig
Akzente<br />
2’10<br />
3. Discounter schneiden insgesamt in den Trenddimensionen eher schwach ab<br />
und zeigen weniger Differenzierung untereinander<br />
Zustimmung zu ausgewählten trendbezogenen Aussagen<br />
Abweichung vom durchschnittlichen Top-2-Box-Rating 1 in Prozentpunkten<br />
Trend<br />
Neue<br />
Verunsicherung<br />
Neue<br />
Online-<br />
Mobilität<br />
Neuer<br />
Öko-Zwiespalt<br />
Neuer<br />
Konsum<br />
Neue<br />
Lebensmodelle<br />
Aussage<br />
Das Geschäft hält, was es verspricht<br />
Einkauf vermittelt Gefühl<br />
persönlicher Nähe<br />
Händler geht verantwortungsvoll mit<br />
Kundendaten um<br />
Händler nutzt moderne Technologie,<br />
um mir den Einkauf zu erleichtern<br />
Händler bietet gute Auswahl an Bioprodukten<br />
Händler bietet Produkte für Gesundheitsbewusste<br />
an<br />
Ich genieße es, in diesem Geschäft<br />
einzukaufen<br />
Händler bietet sowohl hochwertige als<br />
auch sehr günstige Produkte<br />
Die Geschäfte sind seniorenfreundlich<br />
Die Geschäfte sind kinder-<br />
und familienfreundlich<br />
1 Anteil der Befragten, die mit „stimme zu“ oder „stimme voll und ganz zu“ geantwortet haben<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong><br />
sein müssen. Dazu gehört auch, mögliche Kanalkon ikte<br />
zwischen Online- und Filialangebot zu lösen.<br />
3. Regionalisierung statt Standardisierung. Die fragmentierte<br />
Gesellschaft erfordert eine immer feinere<br />
Segmentierung – auch geogra sch. Händler mit regional<br />
und sogar lokal zugeschnittenen Angeboten erzielen<br />
bereits Erfolge. Konsequenz: Unternehmen werden sich<br />
bemühen, die Klientel vor Ort mit neuen, maßgeschneiderten<br />
Ladenformaten ebenso anzusprechen wie mit<br />
modularen Sortimenten (etwa mit spezi schen Ländermodulen<br />
in Gegenden mit hohem Migrantenanteil).<br />
4. Kunden vertrauen Kunden. Der zunehmende Ein uss<br />
von Kundenbewertungen sowie jederzeit und überall verfügbare<br />
Produktinformationen lassen die Autorität der<br />
Marken als Qualitätsgaranten schwinden. Konsequenz:<br />
Für die Unternehmen wird Mundpropaganda als Marketinginstrument<br />
immer bedeutsamer. Sie werden sich<br />
- 25% Ø<br />
+ 25%<br />
• Konsumenten<br />
schätzen Discounter<br />
in den<br />
Trend di men sio-<br />
nen insgesamt<br />
unterdurchschnittlich<br />
gut ein<br />
• Kein Anbieter<br />
differenziert sich<br />
klar vom Rest<br />
Discounter<br />
verstärkt um positive Kundenbewertungen und deren<br />
Verbreitung bemühen und auf negative Bewertungen<br />
offensiver reagieren. Umgekehrt können Händler<br />
die Kundenkommentare aber auch zur Sortimentsoptimierung<br />
nutzen.<br />
5. Rosinenpicken statt Kundenloyalität. Das Internet<br />
macht den Markt immer transparenter und erleichtert<br />
es so den Konsumenten, die besten Angebote zu nden.<br />
Dank der Ausweitung des Bestell- und Abholservices lassen<br />
sich zudem künftig mehrere Händler schnell und bequem<br />
nutzen. Konsequenz: Händler werden versuchen,<br />
ihre Kunden enger an sich zu binden, etwa mit attraktiveren<br />
Kundenkartenprogrammen, Aktionen wie Bündelpreisen<br />
oder Mengenrabatten und exiblen Lieferkosten.<br />
6. Vertrauen wird zum Preisfaktor. Die zunehmende<br />
Verunsicherung der Konsumenten macht Vertrauen zu<br />
einem kostbaren Gut, für das die Menschen auch bereit<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
13
14<br />
Konsumtrends<br />
„Ökologischer Wandel“: Hier kaufen die LOHAS – Bio-Supermarkt in Hamburg.<br />
sind, einen höheren Preis zu zahlen. So wollen sich die<br />
Kunden auf Qualität, Herkunft und Verträglichkeit der<br />
Produkte verlassen können. Konsequenz: Händler werden<br />
durch Formatveränderungen und Sortimentsanpassungen<br />
– etwa durch Fokus auf Produkte aus der Region<br />
oder Transparenz hinsichtlich Artikelherkunft und -zusammensetzung<br />
– einen Preisaufschlag erzielen können.<br />
Nutzenversprechen anpassen, Maßnahmen ableiten<br />
Auf Basis dieser Analysen gilt es schließlich, das Nutzenversprechen<br />
des Unternehmens zu überprüfen und<br />
gegebenenfalls an neue Anforderungen anzupassen. Das<br />
neue Wertversprechen bildet seinerseits den Rahmen,<br />
auf den sich künftig sämtliche Maßnahmen beziehen<br />
müssen. Diese Maßnahmen sind branchenindividuell zu<br />
entwickeln.<br />
Zur Erarbeitung kurzfristiger Maßnahmen bietet sich –<br />
um beim Beispiel des Lebensmitteleinzelhandels zu blei-<br />
ben – das „Handels-Pentagon“ an: Preis, Service, Convenience,<br />
Einkaufserlebnis und Sortiment. Für jedes dieser<br />
Elemente hilft die skizzierte quantitative Marktforschung<br />
zu ermitteln, welchen Nachholbedarf das Unternehmen<br />
gegenüber welchen Wettbewerbern hat.<br />
Grundlage für die Entwicklung langfristiger Maßnahmen<br />
ist ein Abgleich zwischen der bisherigen Positionierung<br />
und dem neuen Nutzenversprechen (Gap-Analyse), bei<br />
dem das Unternehmen Bereiche mit Anpassungsbedarf<br />
identi ziert. Die Maßnahmen selbst lassen sich dann<br />
anhand der vier zentralen strategischen Hebel gliedern:<br />
Vertriebskanäle. Wie möchten die Kunden am liebsten<br />
einkaufen (etwa in Filialen, von zu Hause aus oder mobil<br />
im Internet)?<br />
Filialnetz. Welche Filialdichte wird an welchen Standorten<br />
benötigt (etwa in Innenstadtlagen,in Bürovierteln)?
Akzente<br />
2’10<br />
Ladenformat. Mit welchem Filialtyp lassen sich die<br />
strategischen Ziele am besten erreichen (durch große<br />
Märkte, Klein lialen, Kioske, Discounter)?<br />
Markenpositionierung. Wo sollten die Prioritäten<br />
innerhalb des Handels-Pentagons liegen (in Sortiment,<br />
Service, Preis)?<br />
Ein solches ganzheitliches Vorgehen, das quantitative<br />
mit qualitativen Analysen kreativ kombiniert, hilft<br />
Unternehmen bei der schwierigen Aufgabe, ihr kurz-<br />
und langfristiges Handeln auf ein solides Fundament<br />
zu stellen. Denn nur wer neue gesellschaftliche Entwicklungen<br />
und Kundenwünsche frühzeitig erkennt<br />
und sein Geschäft darauf ausrichtet, wird sich in<br />
einem schärfer werdenden Wettbewerb behaupten.<br />
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen?<br />
Die Autoren freuen sich auf Ihre Zuschrift.<br />
Bitte E-Mail an: dennis_spillecke@mckinsey.com<br />
Autoren<br />
Kernaussagen<br />
1. Die wichtigsten konsumrelevanten<br />
Trends sind: die Verunsicherung<br />
vieler Menschen, das<br />
mobile Internet, ein geschärftes<br />
ökologisches Bewusstsein,<br />
die Lifestyle-Orientierung sowie<br />
neue Lebensmodelle.<br />
2. Hersteller und Händler können<br />
die Auswirkungen dieser und<br />
anderer Trends auf ihr Geschäft<br />
mit Hilfe quantitativer und<br />
qualitativer Analysen ermitteln.<br />
3. Auf Basis dieser Analysen<br />
lässt sich das Nutzenversprechen<br />
rechtzeitig anpassen – statt von<br />
Trends überrascht zu werden,<br />
pro tiert das Unternehmen vom<br />
veränderten Konsumverhalten.<br />
1 Dr. Florian Baumgartner ist Berater im Münchner Büro von <strong>McKinsey</strong>. Er ist Mitglied des<br />
deutschen Konsumgüter- und Handelssektors und berät Klienten in den Bereichen Strategie<br />
und Einkauf.<br />
2 Dr. Peter Breuer ist Partner im Kölner Büro und Leiter des deutschen Konsumgüter- und<br />
Handelssektors von <strong>McKinsey</strong>. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt im Bereich Strategieentwicklung<br />
und operative Verbesserungsprogramme.<br />
3 Dr. Dennis Spillecke ist Partner im Kölner Büro und Mitglied des Konsumgüter- und<br />
Handelssektors sowie der Marketing & Sales Practice von <strong>McKinsey</strong>.<br />
15
16<br />
Premiumprodukte<br />
Premium auf dem Prüfstand<br />
Mit Premium lässt sich gutes Geld verdienen – wenn<br />
die Produkte richtig positioniert und erlebbar<br />
gemacht werden. Eine Studie aus dem Automobilsektor<br />
zeigt, worauf es ankommt.<br />
Von Andreas Cornet, Christoph D. Erbenich und<br />
Jan-Christoph Köstring<br />
Das Wort „Premium“ hat für Konsumenten von jeher<br />
einen besonderen Klang. Wer es hört, denkt sogleich an<br />
exquisite Ausstattung und überlegenes Prestige. Doch<br />
die Wahrnehmung von Premium wird breiter: Die einen<br />
assoziieren bestimmte Markenwerte, andere ein edles<br />
Äußeres, wieder andere Hightech-Neuheiten.<br />
Was also ist „Premium“ im aktuellen Verständnis der<br />
Kunden? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine neue<br />
Studie von <strong>McKinsey</strong> aus dem Automobilsektor. In der<br />
empirischen Untersuchung wurden mehr als 9.000<br />
Neuwagenkäufer und 150 Experten befragt, um herauszu<br />
nden, was Premium treibt und wie diese Treiber beein<br />
usst werden können. Viele Erkenntnisse der Studie<br />
lassen sich auf den Konsumgütersektor übertragen.<br />
Die Studie liefert zugleich eine De nition von Premium,<br />
die alle Auffassungen eint: Premium de niert sich danach<br />
über die Bereitschaft der Kunden, für ein Modell<br />
mehr zu bezahlen, obwohl ein vergleichbares Fahrzeug<br />
im selben Segment günstiger zu haben wäre.<br />
Was Premium aus Kundensicht bedeutet<br />
Die Preisbereitschaft der Kunden korreliert nahezu linear<br />
mit ihrer Wahrnehmung von Premium. Die Kernfrage für<br />
Hersteller muss daher lauten: Was bringt Kunden dazu,<br />
ein Produkt als Premium einzuordnen, und wie lässt sich<br />
diese Wahrnehmung beein ussen? <strong>McKinsey</strong> hat in seiner<br />
Studie zunächst aus Kundensicht analysiert, welches<br />
die wichtigsten Gründe für die Wahrnehmung als Premium<br />
sind (Gra k 1, Seite 18):<br />
Design/Technologie. Für ein Drittel der Befragten hebt<br />
sich ein Premiumfahrzeug weiterhin durch wegwei-
Akzente<br />
2’10<br />
17<br />
Premium – keine Frage: Eine<br />
<strong>McKinsey</strong>-Studie analysiert,<br />
warum Kunden ein Produkt als<br />
Premium wahrnehmen.
18<br />
Premiumprodukte<br />
1. Viele Faktoren treiben die Premiumwahrnehmung<br />
Die wichtigsten Gründe für Neuwagenkunden, ein Preispremium zu zahlen<br />
in Prozent<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong><br />
Handel und Service<br />
• Exzellenter Service<br />
• Freundliche Mitarbeiter<br />
• …<br />
Exklusivität<br />
• Luxus<br />
• Statussysmbol<br />
• …<br />
sendes Design ab und setzt in puncto Technologie neue<br />
Maßstäbe. Dieser Treiber re ektiert stark das klassische<br />
Premiumverständnis im Automobilsektor, wonach ein<br />
Premiumprodukt vor allem durch Innovationen und<br />
technische Überlegenheit besticht.<br />
Markenbindung. Für knapp ein Viertel der Befragten<br />
ist der Begriff Premium untrennbar mit einer bestimmten<br />
Automarke verbunden. Oft schon aus ihrer Historie<br />
heraus verstehen es einige Hersteller, das Image ihrer<br />
Fahrzeuge so wertig zu gestalten, dass die Kunden sie a<br />
priori als Premium wahrnehmen. Markenbindung spielt<br />
bei den Kaufentscheidungen dieser Kunden eine zentrale<br />
Rolle. Steht ein Autokauf an, wird der favorisierte Hersteller<br />
oder sein Vertragshändler als Erstes aufgesucht.<br />
Exklusivität. 22 Prozent der Autokäufer sehen im Fahrzeug<br />
ein Statussymbol, das durch Luxus und Exklusivität<br />
ihre soziale Stellung widerspiegelt. Das Auto soll den Er-<br />
15<br />
22<br />
Jenseits der Ratio<br />
• Unvernünftiger Preis<br />
• Keine Nachlässe<br />
• …<br />
8<br />
23<br />
32<br />
Design/Technologie<br />
• Außen-/Innendesign<br />
• Fahrerlebnis<br />
• …<br />
Markenbindung<br />
• Bevorzugter Hersteller<br />
• Bereitschaft zum Wiederkauf<br />
• …<br />
folg seines Besitzers nach außen repräsentieren und sein<br />
Prestige heben. Der Faktor Exklusivität ist jedoch längst<br />
nicht mehr nur der Luxusklasse vorbehalten; immer<br />
häu ger ndet er sich auch in kleineren Modellklassen.<br />
Handel und Service. Ausgezeichnete Dienstleistungen<br />
machen für jeden sechsten Befragten den Unterschied<br />
in der Premiumwahrnehmung eines Modells aus.<br />
Käufer schätzen die persönliche Ansprache über den<br />
Kauf hi naus, wollen individuell beraten und umfassend<br />
betreut werden. Kompetenz und Freundlichkeit des<br />
Personals sind neben der Serviceleistung die wichtigsten<br />
Mehrwertfaktoren.<br />
Jenseits der Ratio. Premium kann auch das Gegenteil<br />
von Vernunft sein. Für 8 Prozent der Käufer wirken sich<br />
praktische Vorzüge wie ein sparsamer Verbrauch oder<br />
Preisnachlässe negativ auf das Premium eines Fahrzeugs<br />
aus. Bei zu vielen taktischen, vermeintlich „vernünftigen“
Akzente<br />
2’10<br />
2. Die Premiummatrix hilft Herstellern, ihre Marken zu positionieren<br />
Anonymisierte Abbildung einzelner Fahrzeugmodelle<br />
Index für<br />
Premiumpreis<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong><br />
Hoch<br />
Mittel<br />
Niedrig<br />
Argumenten ist also Vorsicht geboten: Sie können der<br />
Premiumwahrnehmung sogar schaden.<br />
Premiumprodukte richtig positionieren<br />
Die Kenntnis der wichtigsten Kriterien der Premiumwahrnehmung<br />
von Kunden bieten Herstellern Ansatzpunkte,<br />
um den Premiumaspekt in ihren Produkten<br />
noch besser herauszuarbeiten. Doch wie viel Premium<br />
steckt tatsächlich im einzelnen Produkt – und trifft sein<br />
Preis die Erwartung des Kunden? Basierend auf den Studienergebnissen<br />
hat <strong>McKinsey</strong> eine „Premium matrix“<br />
ent wickelt (Gra k 2). In ihr werden der tatsächliche<br />
Verkaufspreis und die relative Premiumwahrnehmung<br />
einzelner Fahrzeugtypen in ihrem jeweiligen Segment<br />
zueinander in Relation gesetzt. Der Premiumpreis –<br />
dargestellt als Index auf der y-Achse – bezeichnet die<br />
Preisprämie, die ein ausstattungsbereinigtes Fahrzeug<br />
gegenüber dem günstigsten Modell in seinem Segment<br />
erzielt. Die Premiumwahrnehmung der Kunden wie-<br />
„Spoiled Princess“ „Respected King“<br />
A<br />
B C<br />
F<br />
Z<br />
Y<br />
W<br />
X<br />
„Tough Knight“ „Sleeping Beauty“<br />
Niedrig<br />
D<br />
E<br />
V<br />
Index für Premiumwahrnehmung<br />
G<br />
H<br />
U<br />
Q<br />
R<br />
T<br />
Mittel Hoch<br />
derum – dargestellt auf der x-Achse – wurde mittels einer<br />
Skalenabfrage in der quantitativen Kundenforschung<br />
ermittelt. Langfristig sollen Wahrnehmung und tatsächliche<br />
Position natürlich übereinstimmen. Die „Ideallinie“<br />
für die Preispositio nierung von Modellen ist demnach<br />
die Diagonale.<br />
Darüber hinaus bildet die Matrix vier mögliche strategische<br />
Positionsfelder ab. Diese geben Aufschluss darüber,<br />
ob ein als Premium positioniertes Fahrzeug zu hoch oder<br />
zu niedrig bewertet, über- oder unterschätzt ist – oder ob<br />
es in seinem Preis und dem wahrgenommenen Premium<br />
den Erwartungen der Kunden entspricht:<br />
„Spoiled Princess“. Der Preis dieser Modelle steht im<br />
Missverhältnis zur Premiumwahrnehmung der Konsumenten.<br />
Mit anderen Worten: Kunden emp nden sie als<br />
zu teuer für das, was sie bieten, und könnten sie deshalb<br />
langfristig meiden.<br />
S<br />
N<br />
I<br />
K<br />
M<br />
P<br />
J<br />
L<br />
O<br />
19
20<br />
Premiumprodukte<br />
3. An verschiedenen Kontaktpunkten im Kaufprozess lässt sich die Premiumwahrnehmung<br />
der Kunden stimulieren<br />
Einfl uss der Kontaktdimension auf die Premiumwahrnehmung<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong><br />
• Mehr als 9.000 Neuwagenkäufer<br />
bewerteten<br />
24 Kontaktpunkte<br />
• Alle Kontaktpunkte fl ossen<br />
in die Faktorenanalyse ein<br />
• Die Analyse ermittelte<br />
7 zentrale Kontaktdimensionen<br />
„Respected King“. Modelle, die in der Matrix rechts oben<br />
rangieren, liegen in Preis und Prestige klar über dem<br />
Durchschnitt. Ihr Premiumversprechen wird voll eingelöst,<br />
der höhere Preis von der Kundschaft akzeptiert.<br />
„Tough Knight“. Modelle, die in der Matrix unten links<br />
angesiedelt sind, haben wenig Schillerndes an sich, in<br />
den Augen der Kunden sind sie „solide Arbeiter“. Trotzdem<br />
können sie sehr wohl stabile Ergebnisse einbringen,<br />
solange die Kostenposition dem geringeren Premiumpotenzial<br />
Rechnung trägt.<br />
„Sleeping Beauty“. In den „schlafenden Schönen“ der<br />
Premiummatrix steckt wahrscheinlich das größte Potenzial.<br />
Denn für ihr vergleichsweise hohes Premiumimage<br />
am Markt ist der Preis zu niedrig angesetzt. Manche<br />
Hersteller tun dies durchaus mit Bedacht, um beispielsweise<br />
ein neues Modell in den Markt einzuführen oder<br />
ein auslaufendes im Volumen zu stabilisieren.<br />
Nicht nur das Premium ihrer Modelle können Hersteller<br />
gezielt stärken, sondern auch die Premiumwahrnehmung<br />
Reales Erleben<br />
Digitales Erleben<br />
Word of Mouth<br />
Persönliches Verkaufsgespräch<br />
Traditionelle und neue Medien<br />
CRM-Interaktion<br />
Event-Erlebnis<br />
ihrer Kunden. <strong>McKinsey</strong> hat den Kaufprozess analysiert,<br />
um herauszu nden, an welchen Kontaktpunkten die<br />
Premiumwahrnehmung stimuliert wird und auf welche<br />
Kriterien der jeweilige Kontaktpunkt besonders wirkt.<br />
24 mögliche Kundenkontaktpunkte wurden hierzu überprüft<br />
und insgesamt sieben Dimensionen zugeordnet. An<br />
ihnen können Unternehmen ansetzen, um Kunden für<br />
ihr Premiumprodukt zu begeistern (Gra k 3).<br />
Premium erlebbar machen<br />
Zentral für die Entstehung einer Premiumwahrnehmung<br />
ist das reale Erleben. Ein solches Live-Erlebnis entsteht<br />
etwa bei der Besichtigung ausgestellter Modelle im<br />
Autohaus oder bei einer Probefahrt. Wenn ein Verkäufer<br />
bei solchen Gelegenheiten ein Gefühl des Besonderen<br />
vermitteln kann, intensiviert dies die Premiumwahrnehmung<br />
noch weiter.<br />
Fast genauso stark wirkt die „Digital Experience“ über<br />
das Internet: Konsumenten recherchieren heute extensiv<br />
im Netz, bevor sie sich zum Kauf entscheiden – das können<br />
Unternehmen nutzen. Die Skala digitaler Interakti-
Akzente<br />
2’10<br />
onsmöglichkeiten reicht von der Herstellerwebsite,<br />
auf der Produkteigenschaften im Detail präsentiert<br />
werden können, bis hin zu sozialen Netzwerken,<br />
in denen sich Informationen etwa über Neuheiten<br />
streuen lassen. Professionalität ist jedoch auch im<br />
Netz ein Muss: Schon ein schlechter Online-Kon gurator<br />
kann die Premiumwahrnehmung beschädigen.<br />
Die Studie hat deutlich gemacht: Mit Premium lässt<br />
sich nach wie vor gutes Geld verdienen – wenn die<br />
Produkte klar im Markt positioniert sind und ihr<br />
Premium vom Kunden hinreichend wahrgenommen<br />
wird. Hersteller sollten systematisch analysieren,<br />
wo ihre Produkte den relevanten Premiumkriterien<br />
entsprechen, und ebenso systematisch die Kontaktpunkte<br />
zu den Kunden auf dem Weg zum Kauf<br />
optimieren. Denn mit einem überzeugenden Premiumangebot<br />
lassen sich auch in Zukunft attraktive<br />
Preisprämien realisieren.<br />
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen?<br />
Die Autoren freuen sich auf Ihre Zuschrift.<br />
Bitte E-Mail an:<br />
jan-christoph_koestring@mckinsey.com<br />
Autoren<br />
Kernaussagen<br />
1. Innovation und Exklusivität<br />
sind die wichtigsten Treiber der<br />
Premiumwahrnehmung, doch<br />
das persönliche Erleben der<br />
Kunden sollte nicht unterschätzt<br />
werden – in der realen wie in<br />
der digitalen Welt.<br />
2. Mit Hilfe der Premiummatrix<br />
können Unternehmen die relative<br />
Premiumpositionierung ihrer<br />
Produkte je Segment überprüfen<br />
und mögliche Anpassungen in<br />
die Wege leiten.<br />
3. Durch aktives Management<br />
der Kundenkontaktpunkte lässt<br />
sich die Premiumwahrneh mung<br />
von Marken und Produkten<br />
gezielt verbessern.<br />
1 Dr. Andreas Cornet ist Partner im Münchner Büro von <strong>McKinsey</strong> und Leiter der Sales &<br />
Marketing Group im europäischen Automotive & Assembly Sector. Er berät vorwiegend Klienten<br />
aus der Automobilindustrie in Produktentwicklung und Vertrieb.<br />
2 Christoph D. Erbenich ist Partner im Frankfurter Büro von <strong>McKinsey</strong>. Innerhalb der europäischen<br />
Marketing & Sales Practice verantwortet er den Bereich B2C Sales & Channel.<br />
Er berät schwerpunktmäßig Unternehmen der Automobil- und der Konsumgüterindustrie.<br />
3 Dr. Jan-Christoph Köstring ist Berater im Münchner Büro von <strong>McKinsey</strong> und Leiter der Sales<br />
& Channel Initiative im Automotive & Assembly Sector. Er berät vorwiegend Klienten aus der<br />
Automobilindustrie in Strategie, Marketing und Sales.<br />
21
22<br />
Interview<br />
„Wenn die Nationalmannschaft<br />
spielt,<br />
sitzt die Kernzielgruppe<br />
vor dem<br />
Fernseher – das<br />
haben meine Vorgänger<br />
lange vor allen<br />
anderen erkannt“:<br />
Dr. Werner Wolf im<br />
Akzente-Interview.
Akzente<br />
2’10<br />
„Seit wir die National mannschaft sponsern,<br />
gewinnen wir stetig Marktanteile“<br />
Seinetwegen könnte jedes Jahr WM sein:<br />
Dr. Werner Wolf von der Bitburger Braugruppe<br />
über den Wettbewerb im schrumpfenden<br />
Biermarkt.<br />
Werner Wolf ist in der Voreifel aufgewachsen:<br />
„am Schnittpunkt zwischen Kölsch und Bitburger“.<br />
Den „genetischen Code von Bitburger“ hat der Sprecher<br />
der Geschäftsführung der Bitburger Braugruppe seitdem<br />
verinner licht: „Es ist wichtig, dass man weiß, wie<br />
das schmecken muss.“<br />
Mit Bitburger, König Pilsener, Köstritzer, Licher und<br />
Wernesgrüner verfügt das Unternehmen über starke<br />
Premiummarken – doch Wolf und seine Kollegen kämpfen<br />
in einem kontinuierlich schrumpfenden Markt:<br />
Seit den Siebziger Jahren ist der Pro-Kopf-Konsum von<br />
Bier in Deutschland um fast ein Drittel gefallen. Im<br />
Gespräch mit Akzente erklärt Werner Wolf, wie er<br />
Bitburger trotzdem voranbringen will, warum er die<br />
Fußball-Nationalmannschaft sponsert und wie<br />
seine Marketingtruppe an einem Super-Pre miumbier<br />
arbeitet.<br />
23
24<br />
Interview<br />
Akzente: Fußballweltmeisterschaften können den<br />
Brauern im Alleingang das Jahresergebnis retten.<br />
Wie ist es diesmal gelaufen?<br />
Wolf: Gegen den rückläu gen Trend hat sich der Bierkonsum<br />
im ersten halben Jahr <strong>2010</strong> insgesamt positiv<br />
entwickelt. Das spürt auch die Bitburger Braugruppe.<br />
Daher sind wir mit unserem Absatz im ersten Halbjahr<br />
sehr zufrieden. Wie sich diese Entwicklung auf das<br />
Gesamtjahr auswirkt, können wir zum jetzigen Zeit -<br />
punkt noch nicht sagen.<br />
Akzente: Wie haben Sie sich denn bei früheren Fußballgroßereignissen<br />
geschlagen?<br />
Wolf: Während des Turnierzeitraums der WM 2006<br />
erreichte Bitburger einen Marktanteil bei Pils von<br />
6,5 Prozent im Lebensmitteleinzelhandel und in Getränkeabholmärkten.<br />
Bei der Europameisterschaft 2008<br />
haben wir dann sogar 6,8 Prozent Marktanteil erreicht.<br />
Parallel haben wir unsere Bekanntheit als Sponsor der<br />
Nationalmannschaft gesteigert. Das liegt an unserem<br />
kontinu ierlichen Engagement als Partner des DFB und<br />
der deutschen Fußball-Nationalmannschaft.<br />
Akzente: Bitburger ist of zieller Sponsor der Nationalelf<br />
– was bringt das?<br />
Wolf: Wenn die deutsche Fußball-Nationalmannschaft<br />
spielt, sitzt die Kernzielgruppe der über 18-Jährigen<br />
fußballbegeisterten Männer vor dem Fernseher. Das<br />
haben meine Vorgänger schon erkannt, lange bevor die<br />
Wettbewerber das gesehen haben. Seitdem sind wir<br />
Feiernde WM-Fans: Eine Fußballweltmeisterschaft<br />
kann das Ergebnis<br />
eines ganzen Jahres herausreißen.
Akzente<br />
2’10<br />
„Ein Segment, das wächst, ist natürlich eine attraktive Sache für Marketingleute in einer<br />
Branche, die seit Jahren schrumpft.“<br />
Partner des DFB und der Nationalmannschaft. Und um<br />
die Bier trinker zu erreichen, haben wir bei der Fußball-<br />
WM <strong>2010</strong> das Presenting aller Live-Spiele auf ARD und<br />
ZDF übernommen.<br />
Akzente: Können Sie den Erfolg beziffern?<br />
Wolf: Wir können den Erfolg zwar nicht isoliert messen.<br />
Aber wir können ihn durch das ganze Geschäft durchdeklinieren:<br />
Bei einer Promotion im Handel macht es einen<br />
messbaren Unterschied, wenn Sie mit der Nationalmannschaft<br />
werben können. Und unsere WM-Pakete für die<br />
Gastronomie mit schwarz-rot-goldenen Hüten und Vuvuzelas,<br />
mit Girlanden, Schminke und Werbematerialien<br />
sind mit Nationalmannschaft natürlich auch attraktiver.<br />
Akzente: Ist gar nichts messbar?<br />
Wolf: Seit wir die Nationalmannschaft sponsern, haben<br />
wir kontinuierlich Marktanteile zugewonnen. Das liegt<br />
an der Qualität unseres Bieres, aber auch an der Reputation<br />
der Marke.<br />
Akzente: Sie agieren in einem stetig schrumpfenden<br />
Markt. Wo soll das künftige Wachstum herkommen?<br />
Wolf: In der Tat ist der Biermarkt in einer ständigen<br />
Rückwärtsbewegung, er schrumpft zwischen 1 und 2 Prozent<br />
im Jahr. Das hat noch nicht so viel mit der Demogra<br />
e zu tun – da werden wir die Auswirkungen erst in<br />
fünf oder sechs Jahren wirklich fühlen –, sondern mehr<br />
mit dem veränderten Lebensstil.<br />
Akzente: In der deutschen Gastronomie, die überproportional<br />
viel Bierabsatz verloren hat, sind Sie Markt führer.<br />
Hat Ihre Gruppe also überdurchschnittlich verloren?<br />
Wolf: Auch an der Bitburger Braugruppe ist diese<br />
Entwicklung nicht spurlos vorübergegangen. Trotzdem<br />
konnten wir unsere führende Position im Außer-Haus-<br />
Markt erneut ausbauen. Vor allem die bieraf ne Gastronomie<br />
hat allerdings enorm gelitten.<br />
Akzente: Woran liegt das?<br />
Wolf: Das hat mehrere Gründe: Da ist einerseits der<br />
Trend zur gesunden Lebensweise und vor allem das<br />
Rauchverbot in der Gastronomie. Das trifft nicht nur<br />
Kneipen, in denen etwa Skatspieler ausbleiben, weil<br />
sie sich lieber privat treffen, wo sie ungestört rauchen<br />
können. Auch die Restaurantbesitzer klagen, weil viele<br />
Raucher gleich nach dem Hauptgericht aufbrechen, statt<br />
noch einen Wein oder ein Bier zu trinken – dabei fängt es<br />
für den Gastronomen da erst an, Spaß zu machen. Auch<br />
der Trend zum Homing macht den Gastronomen zu schaffen<br />
– die Leute gehen deutlich weniger weg als früher.<br />
Akzente: Wie viel Absatz haben Sie 2009 verloren?<br />
Wolf: Insgesamt haben die Brauer 2009 rund 2,8 Prozent<br />
Absatzrückgang verzeichnet. Die Bitburger Braugruppe<br />
hat nur 1,1 Prozent verloren, wir haben also wieder<br />
Marktanteile gewonnen.<br />
Akzente: Ein mäßiger Trost – mehr Umsatz wäre<br />
schöner. Die Bierbranche erreicht die jungen Leute nicht<br />
mehr – gibt es da Ideen?<br />
Wolf: Die junge Generation müssen wir noch besser<br />
verstehen lernen. Nur 30 Prozent der unter 30-Jährigen<br />
Erwachsenen trinken regelmäßig Bier. Bei dem Versuch,<br />
sie zu erreichen, hat unsere Branche massiv in die Biermischgetränke<br />
überinvestiert. Ein Segment, das wächst,<br />
ist natürlich eine attraktive Sache für die Marketingleute<br />
in einer Branche, die schrumpft.<br />
Akzente: Ihre Gruppe tat sich schwer mit den Mischgetränken.<br />
Ist die Startschwäche jetzt überwunden?<br />
Wolf: Es stimmt, wir waren da erst spät unterwegs.<br />
Inzwischen sind wir aber gut aufgestellt.<br />
25
26<br />
Interview<br />
„Wir registrieren: Wenn die Menschen Spaß haben, dann ist es ihnen auch etwas wert und<br />
sie geben gern Geld dafür aus.“<br />
Akzente: Wie hoch ist der Anteil der Mischgetränke am<br />
Biermarkt?<br />
Wolf: Rund 5 Prozent, aber 3 Prozent kannten wir schon,<br />
die entfallen auf Bier mit Limonade oder mit Cola. Die<br />
Hoffnung, dass die Mischgetränke-Fans auf Pils umsteigen,<br />
wurde aber bislang enttäuscht.<br />
Akzente: Wenn Events wie die Fußball-WM Ihren<br />
Absatz be ügeln, liegt die Idee nahe, selbst Events zu<br />
schaffen, bei denen das Bier in Strömen ießt. Was<br />
unternehmen Sie auf diesem Feld?<br />
Wolf: Da probieren wir schon einiges aus.<br />
So haben wir uns zum Beispiel vom Erfolg der<br />
Kölner Variante des Oktoberfestes – da kommen<br />
die Damen im Dirndl und alle trinken<br />
Kölsch aus echten Maßkrügen – inspirieren<br />
lassen und für unsere Regionalmarke Licher in<br />
Hessen Bierzelte entwickelt, in die bis zu 5.000<br />
Personen passen. Veranstalter bekommen zum<br />
Zelt die ganze Infrastruktur für ein örtliches Oktoberfest<br />
geliefert. Das läuft gut, dabei lernen wir<br />
und haben uns jetzt entschlossen, die Idee auf<br />
die anderen Marken zu übertragen. Mit unserer<br />
Marke Bitburger sind wir in unserer Heimatregion<br />
auf dem Musiksektor aktiv. Das „Bitburger<br />
Musikfestival live on stage“ bringt Musiker für<br />
Live-Auftritte in die Kneipen. Wir registrieren:<br />
Wenn die Menschen Spaß haben, dann<br />
ist es ihnen auch etwas wert und sie geben<br />
gern Geld dafür aus.<br />
Akzente: Ansonsten schauen die Verbraucher<br />
aber scharf auf den Preis: Das Billigbier<br />
Oettinger ist die einzige Marke, die<br />
in Deutschland wächst. Sie hat sich eng an<br />
den Discounter Lidl gebunden, inklusive<br />
gemeinsamer Investitionen und Volumengarantie.<br />
Ist das auch ein denkbarer<br />
Weg für Ihre Marken?<br />
Wolf: Nein, unsere Strategie baut auf starke<br />
Premiummarken.<br />
Biermischgetränk von Bitburger:<br />
Zielgruppe sind junge Erwachsene.<br />
Akzente: Auch Premiumbiere kosten heute schon<br />
mal unter 10 Euro pro Kasten – lassen sich dabei<br />
noch auskömmliche Margen erzielen?<br />
Wolf: Nein, das ist nicht darstellbar. Da wird unsere<br />
mühsam erkämpfte Preiserhöhung pulverisiert. Denn<br />
wer einmal unter 10 Euro gekauft hat, wartet darauf,<br />
dass sein Bier wieder so billig angeboten wird.<br />
Akzente: Wo soll das künftige Wachstum herkommen,<br />
wenn Sie nicht auf der Billigschiene fahren wollen?<br />
Wolf: Wir haben den Ehrgeiz, einerseits organisch,<br />
andererseits aber auch durch Übernahme weiterer<br />
Premiummarken, die Geld verdienen, zu wachsen. Wir<br />
wollen den Biermarkt mitgestalten. Die Erfahrung<br />
bringen wir mit – die Eigentümerfamilie der Gruppe<br />
betreibt das Geschäft seit 193 Jahren.<br />
Akzente: Die Installation des Begriffs „Premium-<br />
Pils“ im Bewusstsein der Verbraucher vor<br />
20 Jahren gilt als letzte wirkliche Innovation<br />
in Ihrem Markt. Jetzt erodiert das Preisplus,<br />
Carlsberg versucht es schon mit „Super-<br />
Premium“. Haben Sie auch bald ein<br />
„Super-Pils“?<br />
Wolf: Das Premium-Pils hat unsere Marke<br />
König Pilsener erfunden. Die Erfolgschancen eines<br />
„Super-Premium“ mit entsprechendem<br />
Preis sind schwer zu beurteilen, es<br />
dürfte von der Menge her nicht allzu bedeutsam<br />
werden. Aber natürlich habe ich<br />
meine Marketingleute gebeten, darüber<br />
nachzudenken.<br />
Akzente: Sie haben sich vom Wettbewerb<br />
abgekoppelt und statt der Gemeinschafts-<br />
asche eine individuelle Bier asche für<br />
Bitburger entwickelt. Honorieren die Bierfreunde<br />
dieses teure Extra ?<br />
Wolf: Bitburger ist das einzige nationale Premiumbier,<br />
das 2009 nicht nur im Zusatz-,<br />
sondern auch im Basisabsatz zugelegt hat.<br />
Das ist ein Zeichen für die Stärke der Marke<br />
und wir sind davon überzeugt, dass dazu<br />
auch unsere besondere Flasche beiträgt.
Akzente<br />
2’10<br />
Das Problem mit den Pool aschen war doch, dass viele<br />
unappetitlich angelaufen sind – so möchten wir unser<br />
Pre miumbier nicht auf den Weg zum Verbraucher<br />
schicken. Wenn wir solche Flaschen auf eigene Kosten<br />
aussortieren, hilft es auch nichts, weil wir im nächsten<br />
Umlauf wieder jede Menge schlechter Flaschen zurückbekommen.<br />
Deshalb ist die Individual asche eine<br />
Investition, die sich lohnt.<br />
Akzente: Einige Biermarken haben einen erstaunlichen<br />
Aufschwung geschafft. Im Norden ist die schon fast<br />
verblichene Marke Astra parallel zum Kiezklub FC<br />
St. Pauli aufgestiegen, im Südwesten der Republik gilt<br />
Tannenzäp e als Szenegetränk, Bayern mögen gern das<br />
Export des Tegernseer Brauhauses. Was lässt sich aus<br />
derlei un erwarteten Erfolgen für die eigenen Marken<br />
lernen?<br />
Wolf: Diese Marken schreiben schöne Erfolgsgeschichten,<br />
aber wenn wir genauer hinschauen, relativiert<br />
sich das: Wir blicken in eine sehr enge Nische mit geringen<br />
Volumina. Zwar gibt es generell einen Trend der<br />
Verbraucher zu lokalem Konsum. Idealerweise kommt<br />
Dr. Werner Wolf (54)<br />
ist seit 2009 Sprecher der<br />
Geschäftsführung und Geschäftsführer<br />
Marketing<br />
und Vertrieb der Bitburger<br />
Braugruppe. Der promovierte<br />
Diplom-Psychologe startete seine<br />
Karriere bei Ireks-Arkady, ehe er in die<br />
Geschäftsleitung von Mars und später zu<br />
Intersnack Knabber-Gebäck wechselte.<br />
„Bitburger Musikfestival<br />
live on stage“: Ereignisse<br />
schaffen, bei denen die<br />
Menschen gern Bier trinken.<br />
alles vom Bauern um die Ecke – darf aber nicht teurer<br />
sein als beim Discounter.<br />
Akzente: In Deutschland gibt es immer noch rund<br />
1.300 Brauereien. Ist die Konsolidierung des atomisierten<br />
Markts nicht überfällig?<br />
Wolf: Der Biermarkt liefert ein Abbild der deutschen<br />
Industriestruktur – Mittelstand dominiert. Nach wie<br />
vor sind vor allem Familiengesellschaften im Geschäft,<br />
die meisten schon seit hundert Jahren oder noch<br />
länger. Im Ausland beneiden uns viele um diese mittelständische<br />
Struktur.<br />
Akzente: Aber ist es nicht überfällig, dass die globalen<br />
Braukonzerne wie AB InBev den Markt aufrollen?<br />
Wolf: In Deutschland hat das Thema Bier eine hohe<br />
Emotionalität. Den Bayern gilt es sogar als Teil der<br />
Kultur, Bier ist den Deutschen Heimat. Diese Bindung<br />
habe ich in keinem anderen Land erlebt. Und deshalb<br />
fassen auch internationale Konzerne so schwer Fuß<br />
bei uns. Trotzdem wird es zur Konsolidierung kommen –<br />
und dabei wollen wir eine aktive Rolle spielen.<br />
Zur Bitburger Braugruppe gehören<br />
neben der Bitburger Brauerei (Foto) unter<br />
anderem die König-Brauerei, die<br />
Köstritzer Schwarzbierbrauerei, die Licher<br />
Privatbrauerei, die Wernesgrüner Brauerei<br />
und zahlreiche Beteiligungen im<br />
Getränkefachgroßhandel. Insgesamt 1.800 Beschäftigte brauten und<br />
vertrieben 2009 etwa 7,3 Millionen Hektoliter Bier und Mischgetränke.<br />
Die Gruppe kam auf einen Umsatz von 763 Millionen Euro. Sie ist Marktführer<br />
in der deutschen Gastronomie und beliefert gut 70.000 Objekte.<br />
27
28<br />
Lebensmittel online<br />
www.lebensmittel-aus-dem-internet.com<br />
Europäische Lebensmitteleinzelhändler verkaufen<br />
bisher wenig per Internet. Doch jetzt ist der richtige<br />
Zeitpunkt, das zu ändern. Viele Anbieter wollen den<br />
Vorbildern in England folgen.<br />
Von Peter Breuer, Christoph Eltze,<br />
Alexander von Fritsch und Patrik Silén<br />
Der Online-Handel mit Elektrogeräten, Büchern und<br />
Kleidung oriert. So werden in Deutschland beispielsweise<br />
schon 21 Prozent aller Bücher über das Internet<br />
geordert. Doch anders als etwa die Briten oder auch die<br />
Schweizer kaufen die Deutschen, Spanier oder Italiener<br />
bislang kaum Lebensmittel online – mangels Angebot. In<br />
Frankreich wiederum starten die ersten großen Händler<br />
mit Online-Angeboten. Der Grund für die unterschiedliche<br />
Entwicklung in Europa: Einzelhändlern erscheint<br />
bislang das Geschäftsmodell eines webbasierten Angebots<br />
zu komplex, die Anfangsinvesti tion zu hoch und die<br />
Erfolgsaussicht zu ungewiss.<br />
Dabei gibt es keinen Grund, warum zum Beispiel deutsche<br />
Kunden Online-Angebote wie die der englischen<br />
Einzelhändler Tesco, ASDA oder Sainsbury’s nicht<br />
annehmen sollten: Breitband-Internetzugänge sind<br />
fast ebenso verbreitet wie in Großbritannien, die Kundendichte<br />
ist vielerorts vergleichbar und die größten Lebensmittelhändler<br />
erreichen ähnliche Marktanteile wie<br />
beispielsweise Tesco. Infrastruktur und Kunden sind also<br />
bereit – und sollte Deutschland bis 2015 den aktuellen<br />
Online-Marktanteil von Großbritannien erreichen (rund<br />
2,5 Prozent), dann entspräche dies mehr als 4 Milliarden<br />
Euro Umsatz pro Jahr bei hohen Wachstumsraten.<br />
Wer aber entwickelt in den großen europäischen Ländern<br />
das Gegenstück zu Tesco.com, dem wohl erfolgreichsten<br />
Online-Lebensmittelmarkt Europas? Das hängt davon<br />
ab, wer die besten Antworten auf die zentralen Fragen<br />
ndet und in die Tat umsetzt: Wie erreicht man die richtigen<br />
Kunden und wie können diese zur Bestellung großer<br />
Warenkörbe animiert werden? Wie sollen Warenangebot<br />
und Bestellvorgang im Onlineshop gestaltet werden?<br />
Wie und wo werden die Kundenaufträge kommissioniert?<br />
Wie schnell und von wo aus wird die Ware geliefert<br />
oder für den Kunden zur Abholung bereitgestellt? Die<br />
Antworten darauf wollen wohlüberlegt sein, denn eine<br />
Erweiterung des Angebots um den Vertriebskanal Internet<br />
erfordert eine Überprüfung der gesamten Wertschöpfungskette.<br />
Als schwierigstes Glied gelten dabei zu Recht die operativen<br />
Prozesse, ihre Ef zienz entscheidet über den Erfolg<br />
im Online-Geschäft. Allein die drei folgenden Kernthemen<br />
betreffen einen Kostenblock in Höhe von rund 20<br />
Prozent des Umsatzes:<br />
Das Logistik- und Angebotsmodell. Warenkörbe können<br />
entweder in bestehenden Märkten und/oder in Kommissionierungszentren<br />
zusammengestellt und danach an<br />
Kunden ausgeliefert oder selbst abgeholt werden.<br />
Die Kommissionierung der Ware (Picking & Packing).<br />
Hier lauern Kostenfallen: Eine um 50 Prozent langsamere<br />
Kommissioniergeschwindigkeit allein kann schon<br />
einen Gesamtkostennachteil von rund 5 Prozent vom<br />
Umsatz ausmachen.<br />
Die ef ziente Auslieferung (soweit diese angeboten<br />
wird). Auf diesen Prozess entfallen rund 45 Prozent der<br />
operativen Kosten des Online-Grocery-Geschäfts.<br />
Die Vorsicht der Händler ist angesichts der operativen<br />
Herausforderungen verständlich. Denn wer eine ächendeckende<br />
Belieferungslogistik aufbaut, hat schnell einen<br />
dreistelligen Millionenbetrag investiert – und Fehler<br />
sind schwer zu korrigieren. Andererseits zeigen die internationalen<br />
Vorbilder, dass die operativen Aufgaben<br />
lösbar sind, und bieten auch Orientierung bei den ersten<br />
Schritten.
Akzente<br />
2’10<br />
In England klappt’s schon:<br />
Dort liefern Einzelhändler<br />
wie beispielsweise Tesco den<br />
Kunden online bestellte Lebensmittel<br />
ins Haus.<br />
29
30<br />
Lebensmittel online<br />
1. Unterschiedliche Ansätze bei der Wahl des Logistikmodells<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong><br />
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 <strong>2010</strong><br />
Picking nur in Filialen Investition in<br />
1. Kommissionierungscenter<br />
Investition von<br />
4 Mio. GBP in<br />
Picking Center<br />
Investition von<br />
10 Mio. GBP in<br />
Picking Center<br />
Investition von<br />
3 Mio. CHF in<br />
Picking Center<br />
Schließung<br />
Picking<br />
Center<br />
Investition von<br />
200 Mio. GBP in<br />
Picking Center<br />
Picking ausschl. in Filialen<br />
Schließung<br />
Picking<br />
Center<br />
Das richtige Logistik- und Angebotsmodell wählen<br />
Hähnchenschenkel und Frischmilch werden anders verschickt<br />
als Bücher und CDs, Bestellungen von bis zu<br />
100 Lebensmittelartikeln laufen anders als die von zwei<br />
oder drei Kleidungsstücken. Darum bedarf es auch anderer<br />
Prozesse als im klassischen Versandhandel: Während<br />
Amazon im klassischen Non-Food-Geschäft für ganz<br />
Deutschland nur zwei Zentrallager unterhält und die<br />
Waren über Logistikdienstleister wie DHL verschickt,<br />
müssen Lebensmittelhändler für ein Komplettangebot<br />
schon aus Kostengründen die Warenkörbe nah beim Kunden<br />
zusammenstellen und direkt ausliefern (oder vom<br />
Kunden abholen lassen). Dafür wiederum gibt es zwei<br />
Optionen: die Kommissionierung in kundennahen Filialen<br />
oder in eigenen regionalen Kommissionierungszentren,<br />
die nur für den Online-Handel genutzt werden.<br />
Beide Modelle werden in Europa bereits erfolgreich<br />
angewandt. Sainsbury’s etwa stellt alle Lieferungen in<br />
Eröffnung des<br />
2. Picking<br />
Center<br />
2009: 1. Picking Center<br />
<strong>2010</strong>: 2. Picking Center<br />
Picking ausschl. in Filialen<br />
Ausschließlich Picking Center<br />
Ausschließlich Eröffnung des Picking Center<br />
2. Picking<br />
Center<br />
2 Picking Center<br />
und ~ 300 Filialen,<br />
weitere Picking<br />
Center in Planung<br />
Eröffnung des<br />
2. Picking Center<br />
in Enfield im<br />
Juli <strong>2010</strong><br />
Wachsendes<br />
Geschäft trotz<br />
Beschränkung auf<br />
Picking in Filialen<br />
Reiner Online-<br />
Anbieter, daher<br />
Entscheidung für<br />
Picking Center<br />
Reiner Online-<br />
Anbieter, gekauft<br />
von Migros<br />
den einzelnen Supermärkten zusammen (Store-based<br />
Picking), Ocado als reiner Online-Anbieter setzt dagegen<br />
auf Kommissionierungszentren (Picking Center). Tesco<br />
operiert mit beiden Modellen: Der Branchenführer startete<br />
2000 mit Kommissionierung in den Märkten; erst als<br />
eine kritische Masse – und Pro tabilität – erreicht war,<br />
eröffnete er Kommissionierungszentren, so genannte<br />
„dark stores“, die in Größe und Aufbau klassischen Laden<br />
ächen entsprechen, aber für den Publikumsverkehr<br />
geschlossen sind. Den ersten beiden Zentren sollen bei<br />
Tesco bald weitere folgen (Gra k 1).<br />
Während in Großbritannien (wie in den meisten europäischen<br />
Ländern) die Auslieferung an den Kunden das<br />
dominierende Modell ist, gehen französische Händler wie<br />
E.Leclerc einen anderen Weg: Nach der Online-Bestellung<br />
kommissionieren sie die Waren, lassen die Kunden<br />
sie dann aber selbst im Laden oder an separaten Stationen<br />
abholen. Der komplexe und teure Prozessschritt der
Akzente<br />
2’10<br />
2. Beispiellösungen für Gegenden mit unterschiedlicher Bevölkerungsdichte in Deutschland<br />
Nordrhein-<br />
Westfalen<br />
(Raum<br />
Köln):<br />
Auslieferungslager<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
(Raum<br />
Rostock):<br />
Lieferung<br />
ab Filiale<br />
Online-Simula tionstool<br />
für den Lebensmittel<br />
handel Begründung<br />
• Lieferung ab<br />
Auslieferungslager<br />
(Raum Köln)<br />
• Wert der umgeschlagenen<br />
Waren:<br />
~ 100 Mio. EUR<br />
• ~ 15.000 Kisten/Tag<br />
• Lieferung ab<br />
Filiale (Rostock)<br />
• Wert der umgeschlagenen<br />
Waren:<br />
7 Mio. EUR<br />
• ~ 1.100 Kisten/Tag<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong>, illustratives Beispiel für ein Netzoptimierungsmodell<br />
„letzten Meile“ bei der Belieferung entfällt – allerdings<br />
sehen viele Verbraucher dann auch nur einen begrenzten<br />
Kundennutzen. Trotzdem handelt es sich um eine zu beachtende<br />
Option, wie auch der gerade angekündigte Eintritt<br />
von Tesco in dieses Geschäftsmodell zeigt. Die Briten<br />
nennen es „click-and-collect“.<br />
An diesen Beispielen könnten sich auch europäische<br />
Lebensmitteleinzelhändler orientieren. In einer ersten<br />
Stufe könnten sie ihre Kunden aus den Märkten bedienen<br />
und dabei – bei begrenzten Investitionen – Erfahrungen<br />
sammeln. Später würde dann der Aufbau erster Kommissionierungszentren<br />
folgen. Die erforderlichen Mindestmengen<br />
für die Zentren könnten zunächst in Ballungszentren<br />
und Großstädten zusammenkommen. <strong>McKinsey</strong><br />
hat ein Modell entwickelt, das für eine prognostizierte<br />
Nachfrageentwicklung die richtige operative Umsetzung<br />
samt Kosten für ein solches Belieferungsangebot errechnet.<br />
Damit lassen sich für unterschiedliche Länder und<br />
Relevantes<br />
Distributionsgebiet<br />
• Stadtgebiet mit hoher Bevölkerungsdichte<br />
• Zahlreiche Kunden im direkten Dis tributionsgebiet,<br />
auf die die gesamten<br />
Fixkosten verteilt werden können<br />
• Höhere Transportkosten (ggü. Filialmodell)<br />
werden durch geringere<br />
Kommissionierkosten wettgemacht<br />
• Überwiegend ländliche Gegend<br />
mit geringer Bevölkerungsdichte<br />
• Wenige Kunden im direkten Distributionsgebiet,<br />
auf die die Fixkosten<br />
verteilt werden können<br />
• Entfernung zum nächsten Aus lieferungslager<br />
(Hamburg) zu groß, um<br />
Lieferung ab Lager zu rechtfertigen<br />
Bevölkerungsdichte<br />
Gering (< 165 Einw./km 2 )<br />
Mittel (> 165 Einw./km 2 )<br />
Hoch (> 555 Einw./km 2 )<br />
Regionen jeweils optimale operative Modelle ableiten.<br />
So würden in einem Beispielszenario langfristig bis zu 80<br />
Prozent der Waren von den zentralen Lagern und rund<br />
20 Prozent aus den Märkten kommissioniert. Die Belieferung<br />
aus den Filialen heraus bleibt die Basislösung und<br />
wird gerade für die weniger dicht besiedelten Regionen<br />
Deutschlands auch langfristig vorteilhaft sein (Gra k 2).<br />
Effi zientes Picking & Packing sicherstellen<br />
Ob im Kommissionierungszentrum oder im Markt: Bei<br />
der eigentlichen Zusammenstellung der Lieferungen<br />
kommt es auf Schnelligkeit und Genauigkeit an. Die<br />
Picking-Kosten machen rund 60 Prozent der gesamten<br />
operativen Kosten aus (insbesondere beim Store-based<br />
Picking, das in der Start-up-Phase das dominierende<br />
Modell sein wird).<br />
Bei Tesco versorgen Handscanner und große farbige<br />
Bildschirme die Mitarbeiter mit allen relevanten Infor-<br />
31
32<br />
Lebensmittel online<br />
mationen; dazu gehören Artikelliste, Laufroute, zeitliche<br />
Vorgaben, Vorschläge für Ersatzprodukte bei fehlender<br />
Ware oder Vorgaben für die Verpackungsweise. Das System<br />
weiß, wo genau sich der Regalplatz der einzelnen<br />
Artikel be ndet, und lotst den Kommissionierer gezielt<br />
von Artikel zu Artikel. Systematisch laufen die Mitarbeiter<br />
Gang für Gang ab. Die Einkaufswagen haben pro<br />
Auftrag eine Sammelkiste, die Kommissionierer bearbeiten<br />
bis zu sechs Aufträge gleichzeitig. Das führt beim<br />
Zusammenstellen der Aufträge zu einer deutlich höheren<br />
Geschwindigkeit als bei der Konkurrenz, die technisch<br />
weniger ausgefeilte Lösungen einsetzt und weniger<br />
systematisch vorgeht (Gra k 3, Seite 34).<br />
Durchdachte Ausstattung und unterstützende IT-<br />
Systeme tragen entscheidend dazu bei, dass die Kommissionierer<br />
ihre Aufträge schnell und mit niedriger<br />
Fehlerquote zusammenstellen können, ohne den laufen-<br />
Wie die britische Einzelhandelsgruppe Tesco ihre Prozesse in der<br />
Kommissionierung optimiert hat<br />
Beim Zusammenstellen der Online-Bestellungen kommt es auf Tempo und Genauigkeit an. Exzellente Prozesse<br />
zahlen sich aus: Beim so genannten Picking fallen 60 Prozent der gesamten operativen Kosten an.<br />
1. Die Kommissionierer<br />
gehen auf ihre Tour<br />
durch die Gänge des<br />
Supermarkts mit einem<br />
Wagen, der mit bis zu<br />
6 Kisten bestückt ist –<br />
je eine Kiste pro<br />
Bestellung.
Akzente<br />
2’10<br />
den Kundenverkehr im Laden zu stören. Da das Picking<br />
mehr als die Hälfte der operativen Kosten verursacht,<br />
kann der im positiven Fall resultierende Ef zienzvorteil<br />
den Unterschied zwischen einem pro tablen und einem<br />
unpro tablen Geschäftsmodell ausmachen.<br />
Doch selbst beim Branchenführer Tesco gibt es Verbesserungspotenzial:<br />
So müssen bei der Beladung der<br />
Auslieferungsfahrzeuge die Fahrer mehrfach Papiere<br />
2. Die Kisten unterscheiden<br />
sich durch farbliche<br />
Markierung.<br />
3. Kommissionierer bleiben<br />
während des gesamten<br />
Prozesses beim Wagen.<br />
überprüfen und die Warenkörbe vor und im Fahrzeug<br />
umsortieren, ehe alles in der richtigen Reihenfolge für die<br />
Auslieferung bereitsteht. Dieser Vorgang dauert bis zu 30<br />
Minuten pro Lieferwagen und bietet noch Einsparmöglichkeiten.<br />
Prozesse bei der Auslieferung optimieren<br />
Bei der Auslieferung kommt es auf zweierlei an: kurze<br />
Wege zwischen den belieferten Kunden und ein mög-<br />
4. Der Bildschirm leitet die<br />
Kom mis sionierer und gibt<br />
für jeden Artikel Hinweise<br />
zu Regal platz, möglichen<br />
Ersatz pro duk ten und ge -<br />
wünschter Verpackung.<br />
5. Der Computer teilt<br />
den Vor ge setzten mit,<br />
wenn Kom missionierer<br />
die Zeit vorga ben nicht<br />
einhalten.<br />
Die Kommissionierer<br />
werden mit Weg-<br />
und Zeitvorgaben<br />
durch die Be reiche<br />
(Trocken-, Frisch-,<br />
Kühl-, Tiefkühlware)<br />
geführt.<br />
33
34<br />
Lebensmittel online<br />
3. Optimierte Prozesse und Methoden können zu einer deutlich besseren<br />
Kommissionierleistung im Vergleich zu Wettbewerbern führen<br />
Beobachtete Kommissioniergeschwindigkeit, Artikel/Stunde<br />
Wettbewerber 1<br />
Wettbewerber 2 100<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong><br />
Appetitlich: Die Lebensmittel-Website<br />
des britischen Einzelhändlers Tesco<br />
bietet eine Auswahl wie ein Supermarkt.<br />
120<br />
130<br />
lichst kurzer Aufenthalt beim Kunden. Ein IT-basierter<br />
Logistikplaner hilft, die Route so zu wählen, dass der<br />
Fahrer möglichst wenig Zeit am Steuer verbringt. Ein<br />
Telematics-System in den Lieferwagen lotst den Fahrer<br />
von Kunde zu Kunde und achtet dabei noch auf einen<br />
ef zienten Fahrstil. Auch die Ausstattung des Lieferwagens<br />
birgt Vorteile: Bei Tesco können diese von der<br />
Seite be- und entladen werden, was den Prozessschritt<br />
beschleunigt.<br />
Mit diesen Methoden und Hilfsmitteln hat Tesco auch<br />
hier die Konkurrenz buchstäblich abgehängt. Die Entfernung<br />
zwischen den einzelnen Auslieferungsstellen ist<br />
nur halb so groß wie bei den Wettbewerbern – dadurch<br />
ergeben sich operative Kostenvorteile in Höhe von rund<br />
1,5 Prozent des Umsatzes. Zu den geringeren Fahrzeiten<br />
trägt natürlich neben der ef zienten Steuerung auch der<br />
deutlich größere Kundenstamm bei – ein weiterer Grund,<br />
schnell in das Geschäft einzutreten und sich den First-<br />
Mover-Vorteil zu sichern.<br />
Die Ausgestaltung von Logistikmodell, Kommissionierung<br />
und Auslieferung wirkt sich damit signi kant auf<br />
die Rendite aus. Der Spielraum für Fehler ist gering,<br />
wie diese Zahlenbeispiele zeigen: Ist ein Händler bei<br />
der Kommissionierung nur halb so schnell wie der beste<br />
Wettbewerber, steigen seine Gesamtkosten um rund<br />
5 Prozentpunkte. Sinkt die Auslastung seiner Lieferwagen<br />
um die Hälfte, büßt er 1,7 Prozentpunkte bei der<br />
Marge ein. Braucht der Fahrer anderthalbmal länger für<br />
die Auslieferung der Ware beim Kunden, gehen weitere<br />
0,6 Prozentpunkte Marge verloren. Das alles sind realis-
Akzente<br />
2’10<br />
tische Annahmen, wie sie bei Tesco-Wettbewerbern<br />
zu beobachten sind.<br />
In den Online-Handel mit Lebensmitteln einzusteigen<br />
ist eine Grundsatzentscheidung. Der Schritt<br />
sollte wohlüberlegt sein. Denn er erfordert ein neues<br />
Geschäftsmodell, das die gesamte Wertschöpfungskette<br />
betrifft. An den erfolgskritischen operativen<br />
Prozessen muss der Markteintritt aber nicht scheitern,<br />
denn dafür gibt es gute Lösungen, die es nur<br />
richtig anzuwenden gilt.<br />
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen?<br />
Die Autoren freuen sich auf Ihre Zuschrift.<br />
Bitte E-Mail an: christoph_eltze@mckinsey.com<br />
Autoren<br />
Kernaussagen<br />
1. Lebensmitteleinzelhändler in<br />
Europa können über Online-<br />
Angebote neue Ertragsfelder<br />
erschließen.<br />
2. Sie brauchen dafür ein komplett<br />
neues Geschäftsmodell, das<br />
die gesamte Wertschöpfungskette<br />
abdeckt.<br />
3. Erfolg oder Misserfolg entscheiden<br />
sich an der Qualität der<br />
operativen Prozesse – die Wahl<br />
des Logistikmodells, Kommissionierung<br />
und Auslieferung<br />
stehen für einen Kostenblock in<br />
Höhe von rund 20 Prozent des<br />
Umsatzes.<br />
1 Dr. Peter Breuer ist Partner im Kölner Büro und Leiter des deutschen Konsumgüter- und<br />
Handelssektors von <strong>McKinsey</strong>. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt im Bereich Strategieentwicklung<br />
und operative Verbesserungsprogramme.<br />
2 Christoph Eltze ist Partner im Kölner Büro und Mitglied des deutschen Konsumgüter- und<br />
Handelssektors von <strong>McKinsey</strong>. Zu seinen Schwerpunkten gehören strategische und operative<br />
Verbesserungsprogramme für Händler und Hersteller.<br />
3 Alexander von Fritsch ist Berater in <strong>McKinsey</strong>s Hamburger Büro und berät vor allem<br />
Konsumgüter- und Handelsunternehmen.<br />
4 Patrik Silén ist Berater bei <strong>McKinsey</strong> in London. Er berät Konsumgüter unternehmen und Händler<br />
vor allem zu Supply Chain Management, Logistik und Distribution.<br />
35
36<br />
Trade Budget<br />
Handelsinvestitionen: Rasche Rendite<br />
Konsumgüterhersteller stehen von zwei Seiten unter<br />
Druck: Die Eigentümer erwarten Wachstum, die<br />
Händler höhere Rabatte. Der Rapid-Return-Ansatz<br />
weist einen Weg aus der Zwickmühle.<br />
Von Thomas Tochtermann, Alexander Wellhöfer und<br />
Jens Weng<br />
Viele Konsumgüterhersteller stecken in einem strategischen<br />
Dilemma. Einerseits müssen sie, um die Wachstumsziele<br />
der Unternehmenseigner zu erfüllen, verstärkt<br />
in ihre Marken investieren. Andererseits verlangt der<br />
Handel immer höhere Rabatte – und drückt so weiter<br />
auf die Margen. Meist reicht das Geld nicht aus, um in<br />
Marketing und Handel gleichzeitig zu investieren. Angesichts<br />
des enormen Preiswettbewerbs geben viele Unternehmen<br />
dem Druck des Handels nach – und zweigen die<br />
Handelsinvestitionen kurzerhand aus ihren Marketingbudgets<br />
ab.<br />
Ein fataler Fehler: Höhere Handelsausgaben zwingen<br />
den Hersteller zur Beschneidung seines Marketingbudgets.<br />
Weniger Marketingaktivitäten wiederum schwächen<br />
die Marken und lassen die Nachfrage sinken. Die<br />
leistungsunabhängig gewährten zusätzlichen Konditionen<br />
geben dem Händler zugleich Spielraum für Preiskämpfe<br />
mit dem Wettbewerb: Er senkt die Verbraucherpreise<br />
und erhöht damit den Druck auf die Marken. Der<br />
Hersteller versucht, durch höhere Promotionausgaben<br />
gegenzuhalten, und belastet so weiter sein Budget. Ein<br />
Teufelskreis, der die eigenen Marken sukzessive in den<br />
Abgrund zieht und die Abhängigkeit vom Handel mehr<br />
und mehr erhöht (Gra k 1, Seite 38).<br />
Handelsinvestitionen richtig steuern – ein Fall für das<br />
Topmanagement<br />
Ein Durchbrechen der Abwärtsspirale gelingt nur, wenn<br />
das Problem von der Unternehmensführung selbst angegangen<br />
wird. Die Steuerung von Handelsinvestitionen<br />
ist Sache des Topmanagements. Erfolgreiche Hersteller<br />
meistern die Aufgabe, indem sie drei Prinzipien konsequent<br />
anwenden:<br />
Sie de nieren standardisierte Handelsbudgets entlang<br />
der Dimensionen Wachstum, Ef zienz, „4 P“-Management<br />
(Produktsortiment, Platzierung, Promotions, Preisarchitektur)<br />
und Volumen, die über alle Kanäle hinweg<br />
gesteuert und kontrolliert werden.<br />
Sie konzentrieren die <strong>Ausgabe</strong>n systematisch auf Produktkategorien,<br />
Kanäle und Handelsunternehmen mit<br />
Wachstumsperspektiven.<br />
Sie zielen ab auf höchstmögliche Ef zienz und Effektivität<br />
beim Einsatz aller Handelsinvestitionen, um einen maximalen<br />
Return on Investment (ROI) zu erwirtschaften; das<br />
impliziert die Festlegung klarer Standards und anspruchsvoller<br />
Gegenleistungen auf Basis von Best Practices.<br />
Die Methode des Rapid Return Trade ROI basiert auf<br />
diesen Standards. <strong>McKinsey</strong> entwickelte den Ansatz<br />
gemeinsam mit zwei Experten, die Topmanagement-<br />
Erfahrung aus jeweils mehr als 18 Jahren bei einem<br />
führenden internationalen Konsumgüterkonzern mitbringen.<br />
Er gibt Herstellern die Möglichkeit, ihre Ressourcen<br />
mit größtmöglicher Ef zienz einzusetzen und<br />
ihre Handelsausgaben gewinnbringend zu managen. Der<br />
Rapid-Return-Ansatz ermöglicht ein ähnlich professionelles<br />
Management der Handelsinvestitionen, wie es bei<br />
Marketingausgaben vielfach schon üblich ist.<br />
Die Anstrengung lohnt allemal: Im Schnitt geben Konsumgüterhersteller<br />
inzwischen rund 30 Prozent vom<br />
Umsatz für das Trade Budget aus, bei vielen bildet es<br />
schon den größten Kostenblock. Und bei den meisten<br />
entwickelt es sich dynamisch. Steigerungsraten von<br />
5 bis 7 Prozent sind üblich. Doch systematisches Management<br />
der Handelsinvestitionen ist bei den Herstellern<br />
noch allzu selten (siehe den Kommentar in Akzente 1’10:<br />
„In-Store-Marketing muss Chefsache sein“). Der Rapid<br />
Return Trade ROI liefert jetzt eine praxisnahe Methode,<br />
um dieses De zit zu beheben. Wer sie konsequent
Akzente<br />
2’10<br />
37<br />
Konditionen unter der Lupe:<br />
Rapid Return systematisiert<br />
alle <strong>Ausgabe</strong>n aus<br />
dem Trade Budget.
38<br />
Trade Budget<br />
1. Steigende Handelsinvestitionen führen die Hersteller in eine Abwärtsspirale<br />
Abwärtsspirale der Handelsinvestitionen<br />
1 Einzelhandel setzt beim<br />
Hersteller höhere<br />
Aus gaben<br />
durch<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong><br />
umsetzt, kann seinen Gewinn um bis zu 3 Prozent vom<br />
Umsatz steigern.<br />
Für den Rapid Return müssen viele Unternehmen<br />
gründlich umdenken. Ihnen fehlen bislang die Voraussetzungen,<br />
um diese Prinzipien adäquat umzusetzen. Ein<br />
Hauptproblem bei dem Versuch, Handelsinvestitionen<br />
effektiv zu gestalten, ist oft die mangelnde Transparenz<br />
der Vorgehensweisen im eigenen Unternehmen.<br />
Konsumgüterhersteller haben häu g keinen genauen<br />
Überblick über das bestehende Konditionengefüge,<br />
die tatsächlichen Gewinnmargen oder die eigentlichen<br />
Erfolgstreiber ihrer Aktivitäten. Gerade große Unternehmen<br />
laufen Gefahr, Blackbox-Strukturen auszubilden,<br />
in denen eingesetzte Mittel sinnlos versickern. Ein internationaler<br />
Lebensmittelkonzern beispielsweise besaß<br />
für seine 25 europäischen Länder weder einheitlich festgelegte<br />
Handelskonditionen noch eine eindeutige Zuordnung<br />
seiner Investitionen in der Bilanz. Die Folge solcher<br />
Intransparenzen sind verschwendete Mittel.<br />
1<br />
6 Einzelhandel<br />
verlangt höhere<br />
Aus gaben zur<br />
Stützung der Marke<br />
5 Markenwert und<br />
Wettbewerbsposition<br />
gegenüber Handelsmarken<br />
verschlechtern sich weiter<br />
5<br />
4<br />
6<br />
4 Hersteller investiert<br />
verstärkt in Promotions<br />
zur Kompensation<br />
2<br />
2 Hersteller kürzt Mar ketingbudget,<br />
um Er gebnis zu<br />
halten; Einzelhandel senkt<br />
Verkaufspreis<br />
3<br />
3 Markenwert sinkt<br />
und Wettbewerbsposition<br />
gegenüber<br />
Handels marken<br />
verschlechtert sich<br />
Verlust an Marken -<br />
wert schwächt die<br />
Verhandlungsposition<br />
des<br />
Herstellers gegenüber<br />
dem Handel<br />
Auch die Rabattpraxis vieler Unternehmen treibt die<br />
<strong>Ausgabe</strong>n unnötig in die Höhe. Noch immer verfolgt<br />
ein Großteil der Hersteller gegenüber dem Handel eine<br />
Konditionenpolitik, die nicht oder nur unzureichend<br />
an den Leistungen der jeweiligen Händler orientiert ist.<br />
Vergleichende <strong>McKinsey</strong>-Analysen haben ergeben, dass<br />
nicht einmal ein Viertel der gewährten Rabatte eine echte<br />
Performanceorientierung aufweisen. Bei rund der Hälfte<br />
lassen sich die Händlerleistungen nicht genau differenzieren.<br />
Den verbleibenden Anteil ihrer Rabatte – zum<br />
Teil mehr als ein Drittel – vergeben Hersteller ohne jede<br />
Performanceprüfung an ihre Händler. Doch nur leistungsbasierte<br />
Konditionen rechtfertigen die Investition<br />
in den Handel – und nur so können Hersteller und Händler<br />
gemeinsam wachsen.<br />
Eine weitere wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche<br />
Steuerung von Handelsinvestitionen ist das professionelle<br />
Management der „4 P“ und der Vertriebsmannschaft.<br />
Hierzu sollte die Unternehmensführung klare Leitlinien
Akzente<br />
2’10<br />
2. Die meisten Promotions dieses Konsumgüterherstellers bringen Verluste<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
0<br />
-50<br />
-50<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong><br />
Absatzzuwachs<br />
in Tsd. Einheiten<br />
Kernresultate der Analyse<br />
0 50 100<br />
Gewinnzuwachs in Tsd. Euro<br />
formulieren, die dann vom Key Account Management in<br />
seinen Verträgen mit dem Handel umgesetzt werden.<br />
Um solche Leitlinien zu entwickeln, sollten Unternehmen<br />
zunächst ihre eigenen Aktivitäten kritisch überprüfen<br />
und an den Best Practices im Markt messen. Den<br />
Nutzen eines solchen Vorgehens zeigt beispielhaft die<br />
Analyse von Promotionaktivitäten bei einem großen europäischen<br />
Lebensmittelhändler (Gra k 2): Tatsächlich<br />
generiert dort ein Großteil der Verkaufsförderungen zwar<br />
mehr Absatzvolumen, aber gleichzeitig auch Verluste,<br />
da die Kosten den Ertrag übersteigen. Die Lösung ist in<br />
diesem Fall eine Verlagerung der Investitionen von der<br />
reinen Verkaufsförderung vor Ort hin zu Medienkampagnen,<br />
die idealerweise noch speziell auf das einzelne<br />
Handelsunternehmen zugeschnitten sind. So pro tieren<br />
Hersteller und Händler gleichermaßen von den eingesetzten<br />
Mitteln.<br />
Gleiches gilt für die Bereiche Regal äche und Zweitplatzierung:<br />
Erfolgreiche Unternehmen de nieren Regal-<br />
Verbesserungsmaßnahmen<br />
• Budgetallokation neu justiert<br />
Investition von 800.000 Euro auf<br />
ertragreichere Mediaaktivitäten<br />
verlagert (auf den Händler zugeschnittener<br />
TV-Werbespot)<br />
• Verkaufsförderung angepasst<br />
- Promotionaktivitäten reduziert<br />
- Promotions am Verkaufspunkt besser<br />
mit Mediakampagnen abgestimmt<br />
• Effekte<br />
- Konstant hoher Gewinn durch<br />
Absatzwachstum (Volumen zu wachs<br />
von > 400% in 5 Wochen)<br />
- Steigerung Promotion-ROI um 10%<br />
• 800.000 EUR in margenmindernde Promotions investiert<br />
• 30% der Sonderaktionen nicht mit Mediakampagnen abgestimmt<br />
anteile und -positionen auf Basis von Kundenforschungsergebnissen<br />
und Kennziffern zur Rotationsef zienz. So<br />
wird eine optimale Regalbelegung und -gestaltung für<br />
Hersteller und Händler sichergestellt. Best Practice ist es<br />
auch hier, diese Vereinbarungen fest in den Handelsverträgen<br />
zu verankern, so dass die Leistungen mess- und<br />
kontrollierbar sind.<br />
Eine wichtige Instanz zur Kontrolle von Vertragsvereinbarungen<br />
vor Ort ist der Vertriebsaußendienst. Je besser<br />
dieser aufgestellt und organisiert ist, desto effektiver<br />
seine Arbeit. Die Realität sieht oft anders aus: In vielen<br />
Unternehmen herrschen historisch gewachsene, nicht<br />
mehr hinterfragte Strukturen, was Besuchsmuster,<br />
Frequenzen und Aufgaben des Außendienstes angeht.<br />
Optimierung tut auch hier in vielen Fällen not. Bewährt<br />
haben sich verbindlich festgelegte, nach Kundengröße<br />
und -bedeutung priorisierte Handelsbeziehungen, die<br />
auch vertraglich detailliert xiert sind – bis hin zu den<br />
39
40<br />
Trade Budget<br />
3. Die Trade ROI Heatmap zeigt für jedes Land Verbesserungspotenziale bei Investitionen<br />
in den Handel<br />
Heatmap der aktuellen Handelsperformance<br />
Land<br />
(Marktgröße)<br />
Deutschland<br />
(600 Mio.<br />
EUR)<br />
GB<br />
(450 Mio.<br />
EUR)<br />
Italien<br />
(400 Mio.<br />
EUR)<br />
Frankreich<br />
(200 Mio.<br />
EUR)<br />
Kategoriedurchschnitt<br />
Gesamt<br />
xx<br />
xx<br />
Quelle: <strong>McKinsey</strong>, illustratives Beispiel<br />
xx<br />
xx<br />
Produktkategorien<br />
Kategorie 1 Kategorie 2 Kategorie 3 Kategorie 4<br />
MarktBruttogeanteilwinnspanne + 1,2 % Pkt. + 5,2 % Pkt.<br />
KategorieHandelswachstuminvestitionen + 3,2 % Pkt. + 2,1 % Pkt.<br />
xx<br />
xx<br />
xx<br />
xx<br />
xx<br />
xx<br />
xx<br />
xx<br />
einzelnen P ichten der Partner, etwa in Bezug auf das<br />
Auffüllen von Regalen. Schließlich gilt es, dem Außendienst<br />
ein klares Erfolgszielbild für jedes Handelsformat<br />
zu vermitteln und dessen Realisierung sicherzustellen.<br />
Der schnellste Weg zum Rapid Return<br />
Der neue Ansatz Rapid Return Trade ROI schafft jetzt<br />
Abhilfe im Spannungsfeld zwischen Marketing- und<br />
Handelsinvestitionen: Seine Stärke liegt in der Kombination<br />
aus detaillierter Analyse (etwa von Verkaufszahlen<br />
und Verträgen) und pragmatisch umsetzbaren Ergebnissen.<br />
Mit der Trade ROI Heatmap etwa können Konsumgüterhersteller<br />
sich einen genauen Überblick über ihre<br />
aktuellen Handelsinvestitionen verschaffen, diese nach<br />
Ländern, Kunden und Produktkategorien differenzieren<br />
und sie ins Verhältnis zur relativen Performance im<br />
jeweiligen Markt setzen (Gra k 3).<br />
Marktanteil<br />
- 0,9 % Pkt.<br />
xx<br />
xx<br />
Bruttogewinnspanne<br />
- 2,4 % Pkt.<br />
KategorieHandelswachstuminvestitionen - 0,2 % Pkt. + 79 % Pkt.<br />
xx<br />
xx<br />
xx<br />
xx<br />
xx<br />
xx<br />
Kategorie 1<br />
in Deutschland<br />
• Überdurchschnittliches<br />
Wachstum/<br />
Profitabi litäts -<br />
steige rung<br />
• Überhöhte Handels<br />
investitionen,<br />
jedoch in eine<br />
schnell wachsende<br />
Kategorie<br />
Kategorie 3<br />
in Italien<br />
• Marktanteilsverlu ste<br />
und unterdurchschnittliche<br />
Profi ta bilität<br />
• Überhöhte Investitionen<br />
in eine stagnierende<br />
Kate gorie<br />
Erfolgreiche Hersteller schaffen diese Transparenz nicht<br />
nur einmalig, sondern kontinuierlich mit Hilfe standardisierter<br />
Prozesse und eines Reportingsystems, das die aktuellen<br />
Investitionen regelmäßig mit den Zielen abgleicht<br />
und den ROI der <strong>Ausgabe</strong>n länderübergreifend misst.<br />
Auf diese Weise lassen sich rasch Bereiche identi zieren,<br />
bei denen eine Verlagerung der eingesetzten Mittel auf<br />
neue Wachstumsfelder sinnvoll erscheint.<br />
Zugleich hilft der Rapid-Return-Ansatz, neue Potenziale<br />
bei der Ausgestaltung von Verträgen mit dem Handel, in<br />
der Vertriebsorganisation und beim Management der<br />
„4 P“ zu erschließen. Nicht zuletzt lassen sich interne Best<br />
Practices heraus ltern und mit externen Benchmarks<br />
vergleichen, um die eigenen Handelsinvestitionen noch<br />
ef zienter zu gestalten. Neben diesen kurzfristig umsetzbaren<br />
Maßnahmen liegt der wesentliche Vorzug des<br />
Ansatzes für Konsumgüterunternehmen vor allem in der
Akzente<br />
2’10<br />
langfristigen Stabilisierung der EBIT-Marge. Ein<br />
professionelles Management der Handelsinvestitionen<br />
ist essenziell für dauerhaftes Wachstum und<br />
eine starke Wettbewerbsposition.<br />
Rapid Return Trade ROI kann zur Optimierung<br />
wesentlich beitragen. Die Erfahrungswerte zahlreicher<br />
<strong>McKinsey</strong>-Studien belegen: Eine erfolgreiche<br />
Umsetzung des Rapid-Return-Ansatzes liefert den<br />
Unternehmen eine Pro tsteigerung von bis zu 3 Prozent<br />
ihres Umsatzes.<br />
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen?<br />
Die Autoren freuen sich auf Ihre Zuschrift.<br />
Bitte E-Mail an:<br />
alexander_wellhoefer@mckinsey.com<br />
Autoren<br />
Kernaussagen<br />
1. Die strategische Steuerung<br />
von Handelsinvestitionen<br />
und Vertragsgestaltungen ist<br />
Vorstandssache.<br />
2. Transparente Investitionen,<br />
strikte Regeln beim Mitteleinsatz,<br />
klare Standards und Best<br />
Practices sind der Schlüssel zum<br />
Erfolg.<br />
3. Wer den Rapid-Return-Ansatz<br />
in seinem Unternehmen konsequent<br />
umsetzt, kann seine<br />
Pro tabilität um bis zu 3 Prozent<br />
des Umsatzes steigern.<br />
1 Dr. Thomas Tochtermann ist Partner im Hamburger Büro von <strong>McKinsey</strong>. Er berät seit<br />
mehr als 20 Jahren globale Unternehmen der Konsumgüterindustrie zu Strategie, Organisation,<br />
Marketing und Vertrieb.<br />
2 Dr. Alexander Wellhöfer ist Berater im Hamburger Büro von <strong>McKinsey</strong>. Er unterstützt<br />
Konsum güterhersteller vor allem bei operativer Vertriebssteuerung und Internationalisierungsstrategien.<br />
3 Dr. Jens Weng ist Partner im Münchner Büro von <strong>McKinsey</strong>. Er leitet die Customer Management<br />
& Pricing Group im europäischen Konsumgütersektor.<br />
41
42<br />
Wasser<br />
Weniger Wasser, mehr Wert<br />
Wer Wasser vergeudet, kann inzwischen ebenso unter<br />
Druck geraten wie ein Luftverschmutzer. Doch Konsumgüterhersteller<br />
sollten das Thema nicht als Gefahr<br />
sehen, sondern als Chance zur Wertsteigerung.<br />
Von Merle Grobbel, Martin R. Stuchtey<br />
und Thomas Tochtermann<br />
Einige der mächtigsten Öko-Aktivisten kommen heute<br />
von der Wall Street. Zum Beispiel das Carbon Disclosure<br />
Project (CDP): Die von großen institutionellen Investoren<br />
getragene Organisation erhebt seit 2002 Unternehmensdaten<br />
zu CO 2 -Ausstoß und Reduktionszielen, woraus die<br />
weltweit größte Datenbank für Treibhausgasemissionen<br />
entstand. Kaum ein am Kapitalmarkt aktives Unternehmen<br />
kann es sich erlauben, dem CDP fernzubleiben.<br />
Vor einigen Wochen verschickte das CDP wieder einen<br />
Fragebogen an Großunternehmen in aller Welt, diesmal<br />
zum Umgang mit Wasser. Die Aktion ist ein Indiz mehr<br />
dafür, dass Wasser das nächste große ökonomischöko<br />
logische Thema sein wird. So nennen sechs von zehn<br />
US-Amerikanern in einer Gallup-Umfrage die Verschmutzung<br />
des Trinkwassers als ihre größte Sorge in<br />
Bezug auf die Umwelt – noch vor Luftverschmutzung<br />
und Abholzung der Regenwälder. Zugleich rechnen fast<br />
alle Wirtschaftszweige damit, dass Wasserknappheit<br />
die Unternehmen in den kommenden zehn Jahren zwingen<br />
wird, ihre strategische Planung, die Produktion und<br />
sogar ihre Geschäftsmodelle anzupassen.<br />
Doch Unternehmen sollten Wasser nicht nur als operatives<br />
und strategisches Risiko betrachten (siehe<br />
Akzente 1’10). Vielmehr ist Wasser auch ein Mittel zur<br />
Wertsteigerung. Denn Umweltaktivitäten und sozial<br />
verantwortungsvolles Management steigern den Unternehmenswert<br />
– das sagen immerhin zwei Drittel der<br />
Finanzvorstände und drei Viertel der Investoren in einer<br />
<strong>McKinsey</strong>-Umfrage, zitiert im Bericht des Committee<br />
Encouraging Corporate Philanthropy (CECP). Und immer<br />
öfter werden Unternehmen auch daran gemessen,<br />
was sie zur Lösung von gesellschaftlichen Problemen<br />
beitragen. Vieles spricht also dafür, dass Firmen gut<br />
daran tun, aus eigener Initiative auf die Erwartungen<br />
der Öffentlichkeit zu reagieren.<br />
Wasser schafft Wert<br />
Konsumgüterunternehmen bietet der sorgsame Umgang<br />
mit Wasser gleich mehrere Vorteile.<br />
Ökonomischen Wert schaffen. Wasser sparen heißt<br />
Kosten sparen. Wie viel das sein kann, zeigt das Beispiel<br />
China. Dort stehen jährlich 620 Milliarden Kubikmeter<br />
Wasser zur Verfügung, der Bedarf steigt jedoch bis zum<br />
Jahr 2030 auf etwa 820 Milliarden Kubikmeter pro Jahr.<br />
Sofern es China gelingt, den Verbrauch durch aggressive<br />
Programme und Regulierung zu senken, kann vor allem<br />
die Industrie bis zu 22 Milliarden US-Dollar jährlich einsparen.<br />
Der Schlüssel zu den Einsparungen liegt hier vor<br />
allem in der industriellen Abwasserverwertung. Weltweit<br />
entdecken Unternehmen zurzeit Einsparpotenziale.<br />
So hat eine große britische Supermarktkette ihre Kosten<br />
um rund 2,5 Millionen US-Dollar allein dadurch gesenkt,<br />
dass sie Lecks in Wasserleitungen stopfte und wassersparende<br />
Toiletten installierte. Ein führender US-Nahrungsmittelproduzent<br />
hat seinen Wasserverbrauch innerhalb<br />
von drei Jahren um mehr als ein Fünftel verringert (um<br />
gut 12 Millionen Kubikmeter). Und ein Chemiekonzern<br />
spart durch ef zienten Umgang mit Wasser in seinen<br />
Werken jährlich mehr als 4 Millionen US-Dollar.<br />
Sozialen Wert stiften. Das UN-Entwicklungsprogramm<br />
hat errechnet, dass afrikanische Frauen südlich der Sahara<br />
etwa 40 Milliarden Stunden jährlich mit Wasserholen<br />
verbringen– mehr als alle Arbeitsstunden, die in ganz<br />
Frankreich geleistet werden. Initiativen, die in solchen<br />
Gebieten Wasser leichter zugänglich machen oder helfen,<br />
es ef zienter zu nutzen, stiften sozialen Wert. Nestlé setzt<br />
mit seinem Programm „Creating Shared Value“ bei der
Akzente<br />
2’10<br />
Nutzung an: Das Unternehmen schult Bauern, die Nestlé<br />
beliefern, und zeigt ihnen, wie sie Felder besser bewässern<br />
und ihre Anbautechnik professionalisieren können.<br />
Das ist gut für die Bauern und gut für Nestlé, das von<br />
leistungsfähigeren Zulieferern pro tiert. Auch in Indien<br />
unterstützt Nestlé Farmer, hat außerdem die Wasserversorgung<br />
vieler Schulen verbessert und Ernährungsunterricht<br />
für junge Mädchen etabliert. Von den<br />
Inves titionen in Infrastruktur und Ausbildung pro tieren<br />
die Gemeindemitglieder über Gene rationen – und die<br />
Nestlé-Share holder wiederum von höherem Absatz.<br />
Nachfrage schaffen. Im Jahr 2000 waren erst 5 Prozent<br />
der Konsumenten an „grünen“ Produkten interessiert,<br />
heute sind es bereits 18 Prozent. Marktforschungen zeigen<br />
schon lange, dass sogar eine Mehrheit sich beim Einkauf<br />
stark an sozialen und ökologischen Faktoren orientieren<br />
würde, wenn damit kein zusätzlicher Aufwand und<br />
wenig Mehrkosten verbunden wären. Wer also – wie<br />
Rewe mit seinem „Pro Planet“-Siegel für nachhaltig hergestellte<br />
Produkte – ein entsprechendes Angebot macht,<br />
sorgt möglicherweise auch dafür, dass der Kunde unter<br />
„preiswert“ nicht immer nur „billig“ versteht.<br />
Reputation stärken. Wie nützlich es sein kann, sich bei<br />
Umweltthemen als Vorreiter zu positionieren, zeigt<br />
SABMiller eindrucksvoll in Südafrika. Der Bierbrauer<br />
verfolgt ein ambitioniertes Ef zienzziel: Um ein Viertel<br />
will er seinen Wasserverbrauch bis 2015 senken, obwohl<br />
er mit 4,3 Hektolitern Wasser pro Hektoliter Bier schon<br />
heute unter dem Durchschnitt liegt. Zudem engagiert<br />
sich SABMiller in zahlreichen Partnerschaften, etwa mit<br />
dem WWF oder im UNGC CEO Water Mandate, und<br />
p egt eine Reihe von Community-Programmen. Mit diesen<br />
Initiativen hat sich SABMiller einen Namen als umweltbewusstes<br />
Unternehmen gemacht, in dem Ökologie<br />
Chefsache ist. CEO Graham Mackay konstatiert: „Wasser<br />
Sauberes Wasser als Menschenrecht: Afrikas Frauen verbringen<br />
40 Milliarden Stunden jährlich mit Wasserholen – die<br />
Water Resources Group will jetzt Wasser besser verfügbar<br />
machen.<br />
wird weder konsistent gemanagt, noch wird sein wahrer<br />
Wert erkannt (...) Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen,<br />
Regierungen und NGOs ist der einzige Weg, um<br />
diese risikoreiche Situation zu ändern.“<br />
Regulierung vermeiden. Im vergangenen Jahr drohte<br />
der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger<br />
damit, Wasser zu rationieren, falls die Industrie den Verbrauch<br />
nicht freiwillig senken sollte. Ein globaler Brauereikonzern<br />
kommt solchen Sanktionen zuvor, indem er<br />
sämtliche Prozesse der Reinigung, Heizung und Kühlung<br />
so optimiert, dass dafür kaum noch Wasser von außen<br />
zugeführt werden muss.<br />
Wie die meisten sozialen und ökologischen Fragen sind<br />
auch Wasserprobleme zu komplex, als dass sie ein Unternehmen<br />
allein lösen könnte. Erfolgversprechender ist ein<br />
gemeinschaftlicher Ansatz: Er ermöglicht Verbesserungen,<br />
die kein Kooperationspartner allein erzielen würde.<br />
So nützt es beispielsweise wenig, wenn entlang eines<br />
Flusses nur eine Fabrik ihre Abwässer klärt – erst wenn<br />
43
44<br />
Wasser<br />
So arbeitet die Water<br />
Resources Group<br />
Im Zentrum der Bemühungen steht die Umsetzung<br />
(oftmals vorhandener) Programme zur<br />
nachhaltigen Gestaltung des Wassersektors<br />
inWasserkrisen ge bieten. Um betroffenen Ländern<br />
oder Regionen zu helfen, haben <strong>McKinsey</strong><br />
und der IFC ein Netzwerk aus Unternehmen,<br />
Behörden von Geberländern, Stake holdern und<br />
Nicht -Regierungs-Organisationen zusammengebracht,<br />
die nach folgenden Prinzipien arbeiten:<br />
• Starke Vernetzung unter Sektoren und<br />
Stakeholdern<br />
• Engagiertes Führungsteam mit einem<br />
gemeinsamen Ziel<br />
• Ausreichende Autorität für Planung und<br />
Umsetzung<br />
• Priorisierte Ziele auf Systemebene<br />
• Transparenz und Verantwortlichkeit gegenüber<br />
Stakeholdern<br />
• Aufbau von Best-Practice-Prozessen<br />
alle Firmen und Kommunen dies tun, wird das Gewässer<br />
wieder sauber.<br />
Eine neue Generation von Umweltprojekten<br />
Doch wie entstehen solche gemeinsamen Initiativen?<br />
Und was macht sie erfolgreich? Bislang bevorzugen<br />
CEOs, wie die zitierte CECP-Umfrage belegt, zumeist<br />
Unternehmen der eigenen Branche oder Wertschöpfungskette<br />
als Partner für solche Projekte. Regierungen<br />
und andere öffentliche Stellen sowie multilaterale<br />
Organisationen, also etwa NGOs, werden hingegen weit<br />
seltener genannt. Doch gerade die Zusammenarbeit all<br />
dieser Gruppen hat sich vielfach als besonders durchsetzungsstark<br />
und effektiv erwiesen.<br />
Ein solches Bündnis haben das Weltbanktochterunternehmen<br />
IFC, <strong>McKinsey</strong> und zahlreiche Unternehmen mit<br />
der 2030 Water Resources Group (WRG) geschmiedet.<br />
Sie präsentierte Ende 2009 „Charting our Water Future“,<br />
eine Faktenbasis und Toolbox gegen Wasserkrisen in der<br />
ganzen Welt, und hat sich beim WEF Davos verp ichtet,<br />
wasserarmen Ländern beim Aufbau eines nachhaltigen<br />
Wassermanagements zu helfen. Dabei ießen gezielt die<br />
Stärken des privaten Sektors ein. Die Prinzipien:<br />
Faktenbasiert arbeiten. Eine stabile Faktenbasis verdeutlicht<br />
nicht nur die Situation, sie erleichtert auch die<br />
Konsens ndung. In ihren Länderinitiativen analysiert<br />
die WRG zunächst, wie sich die Wasserbilanz in der Region<br />
entwickelt. So erfahren die Stakeholder, wer welchem<br />
Wasserrisiko ausgesetzt ist, wo die Probleme am größten<br />
sind, woran dies liegt und wie die Probleme sich möglichst<br />
günstig beheben lassen: Wächst vor allem die<br />
Nachfrage aus der Industrie? Oder die der Landwirtschaft?<br />
Wie entwickelt sich der häusliche Verbrauch?<br />
Welche Hebel gibt es beim Nachfragemanagement oder<br />
bei der Angebotserweiterung? Wie teuer sind diese Maßnahmen?<br />
Solche Infor mationen sind unverzichtbar für<br />
erste Gespräche und die De nition von Zielen.<br />
Systemorientiert vorgehen. Die Partnerschaft will nicht<br />
nur Symptome kurieren, sondern den Gesamtzustand<br />
verbessern. Darum betrachtet sie das gesamte System,<br />
also alle Sektoren, die für eine Reform des Wassersektors<br />
wichtig sind – Industrie, Landwirtschaft,<br />
Privathaushalte, Kommunen – und berücksichtigt neben<br />
der Nachfrageseite auch das Angebot. Die WRG entwickelt<br />
Szenarien, quanti ziert deren Auswirkungen auf<br />
die Sektoren und bezieht unterschiedliche Ein üsse ein.<br />
All dies hilft der gemeinsamen Initiative, sich auf einen<br />
Kurs zu einigen und eine gerechte Lösung zu nden.<br />
Stakeholder einbinden. Um wirksam agieren zu können,<br />
holt die WRG alle Beteiligten ins Boot. Zwar verantwortet<br />
die jeweilige Regierung die Transformation, aber jede<br />
Projektphase wird intensiv mit den Partnern aus Industrie,<br />
Landwirtschaft, Kommunen und NGOs abgestimmt.<br />
Denn nur wenn alle Akteure eine Maßnahme für<br />
notwendig halten, werden sie diese auch umsetzen.<br />
Erfahrungen nutzen. Jeder Bündnispartner bringt andere<br />
Erfahrungen und Fähigkeiten in die Zusammenarbeit<br />
ein. Es kommt darauf an, diese Fähigkeiten in jeder Phase<br />
optimal zu nutzen. In der WRG geschieht dies: Projektmanagement<br />
und Transformationen sind den Teilnehmern<br />
bekannt; sie verstehen es, Roadmaps zu entwerfen<br />
und ihnen zu folgen. Auch Performancemanagement ist<br />
ihnen vertraut und sie können dazu beitragen, es auch<br />
in Institutionen zu etablieren. Und die WRG hat die notwendigen<br />
Tools, mit denen sie die Situation strukturiert<br />
und bis ins Detail analysiert.<br />
Replizierbarkeit sicherstellen. Projekte werden durch<br />
Routine nicht nur effektiver und ef zienter, weil sich die<br />
Methode stetig verbessert – die Erfolge werden auch
Akzente<br />
2’10<br />
nachvollziehbar und vergleichbar. Auf diese Weise<br />
entwickelt sich ein replizierbares Vorgehen, das den<br />
Erfolg von Nachfolgeprojekten wesentlich wahrscheinlicher<br />
macht. Zudem können weitere Bündnispartner<br />
leichter einsteigen, wenn deren Rolle und<br />
Aufgaben klar sind.<br />
Wasserknappheit und Wasserverschmutzung stehen<br />
beispielhaft für Themen, die auf Grund ihrer Komplexität<br />
gemeinschaftliches Handeln erfordern. Statt<br />
unternehmerischer Einzelinitiative oder Warten auf<br />
die Politik ist hier eine neue Art von über greifender,<br />
professionell geführter Gemeinschafts initiative<br />
notwendig. Als Mitglieder von High-Performing<br />
Partnerships sorgen Unternehmen dafür, dass Wasserprobleme<br />
mit analytischer Schärfe an gegangen<br />
werden, nehmen als Quelle für Expertise und Investitionen<br />
ihre gesellschaftliche Verantwortung wahr.<br />
Der private Sektor nützt so der Gemeinschaft – und<br />
sich selbst.<br />
Den kompletten Report der 2030 Water Resources<br />
Group können Sie kostenfrei bestellen:<br />
2030waterresourcesgroup@mckinsey.com<br />
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen?<br />
Die Autoren freuen sich auf Ihre Zuschrift.<br />
Bitte E-Mail an: merle_grobbel@mckinsey.com<br />
Autoren<br />
Kernaussagen<br />
1. Konsumgüterhersteller können<br />
durch ökologisches und soziales<br />
Engagement ihren Unternehmenswert<br />
steigern.<br />
2. Um die Herausforderungen<br />
beim Thema Wasser zu bewältigen,<br />
sollten Firmen High-Performing<br />
Partnerships mit öffentlichen<br />
Stellen, NGOs und anderen<br />
Unternehmen vor Ort eingehen.<br />
3. Diese neuartigen Partnerschaften<br />
machen den Erfolg<br />
eines Umweltprojekts wahrscheinlicher,<br />
denn sie werden der<br />
Komplexität des Themas eher<br />
gerecht. Sie zeichnen sich aus<br />
durch faktenbasiertes Arbeiten,<br />
eine Systemorientierung, die<br />
Ein bindung aller relevanten<br />
Stakeholder, konsequente Nutzung<br />
vorhandener Stärken und<br />
Replizierbarkeit.<br />
1 Dr. Merle Grobbel ist Beraterin im Züricher Büro von <strong>McKinsey</strong>. Sie berät Unternehmen im<br />
Rahmen von <strong>McKinsey</strong>s Sustainability & Resource Productivity Initiative, hauptsächlich zum Thema<br />
Nachhaltigkeit, und ist verantwortlich für <strong>McKinsey</strong>s Water Service Line.<br />
2 Dr. Martin R. Stuchtey ist Partner im Münchner Büro von <strong>McKinsey</strong>, das er ebenso leitet wie<br />
den deutschen Travel, Transport & Logistics Sector. Zu seinen Beratungsschwerpunkten gehören<br />
Ressourcenproduktivität und Nachhaltigkeit. Er ist Initiator der 2030 Water Resources Group und<br />
Mitautor des Berichts „Charting our Water Future“.<br />
3 Dr. Thomas Tochtermann ist Partner im Hamburger Büro von <strong>McKinsey</strong>. Er berät seit<br />
mehr als 20 Jahren globale Unternehmen der Konsumgüterindustrie zu Strategie, Organisation,<br />
Marketing und Vertrieb.<br />
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46<br />
Kommentar<br />
Von der Wasserknappheit zur globalen<br />
Nahrungsmittelkrise ...<br />
... ist es nicht weit, warnt Peter Brabeck-Letmathe,<br />
Präsident des Verwaltungsrats von Nestlé.<br />
Wasser ist knapp? Für uns Mitteleuropäer<br />
ist das ein ungewohnter Gedanke. Und<br />
doch ist es so: Schon heute überstrapaziert<br />
der Mensch die globalen Wasserreserven.<br />
Nach Abzug der für eine intakte<br />
Umwelt erforderlichen Menge bleiben<br />
rund 4.200 Kubikkilometer Wasser für<br />
den menschlichen Gebrauch. Doch wir<br />
nutzen schon rund 4.500 Kubikkilometer<br />
Wasser – Tendenz steigend. Bis 2030<br />
könnte der Nachfrageüberhang auf über<br />
60 Prozent der verfügbaren, sich<br />
natürlich erneuernden Menge steigen.<br />
Dies ist ein Ergebnis der Studie der 2030<br />
Water Resources Group, einer Initiative<br />
von acht Unternehmen, dem Weltbank-<br />
Tochterunternehmen IFC und von<br />
<strong>McKinsey</strong>. Die Studie analysiert die<br />
Beim Wassereinsatz von Industrie und Landwirtschaft<br />
lässt sich noch viel sparen.<br />
Situa tion in den 154 weltweit wichtigsten<br />
Flussbecken und fasst die Lage in globalen<br />
Zahlen zusammen. Brisant sind die<br />
darauf basierenden Prognosen, denn<br />
die Landwirtschaft würde von der sich<br />
abzeichnenden Wasserkrise am härtesten<br />
getroffen. Die Autoren der Studie rech -<br />
nen vor, dass die weltweite Produktion<br />
von Grundnahrungsmitteln um rund<br />
30 Prozent zurückginge. Lokale Wasserprobleme<br />
würden dann zur globalen<br />
Hungersnot führen.<br />
Gleichzeitig beobachten wir vielerorts<br />
Mängel in der Versorgung mit munizipalem<br />
Trink- und Haushaltswasser in Entwicklungsländern.<br />
Zwar gab es Verbesserungen:<br />
Trotz einer rasch wachsenden<br />
Weltbevölkerung sank die Zahl der Menschen<br />
ohne Zugang zu sicherem Wasser<br />
von 1,2 Milliarden 1990 auf 850 Millionen<br />
im Jahr 2006. Aber 850 Millionen<br />
sind immer noch eine viel zu hohe Zahl –<br />
und die längerfristigen Aussichten sind<br />
ungewiss. Eines der Probleme: Viele Entwicklungsländer<br />
leisten sich Tarife, die<br />
häufig nicht einmal die Unterhaltskosten<br />
decken. Davon profitieren (meist wohlhabende)<br />
Bürgerinnen und Bürger mit<br />
einem Wasseranschluss im Haus. Die<br />
ärmsten Schichten zahlen hingegen ein<br />
Mehrfaches dieser Tarife für Wasser<br />
zweifelhafter Qualität aus Tanklastern.<br />
Die simple Idee, den Wasserverbrauch<br />
generell über höhere Preise auf ein<br />
verträgliches Maß zu drücken, greift zu<br />
kurz. Sie berücksichtigt nicht die verschiedenen<br />
Rollen von Wasser, das ein<br />
so ziales, ökologisches und ökonomisches<br />
Gut zugleich ist.<br />
Wohl am wichtigsten ist seine soziale Rolle:<br />
Der Anspruch auf sauberes Wasser<br />
wurde kürzlich zum Menschenrecht erklärt.<br />
Der Zugang zum Minimum – weltweit<br />
ein relativ bescheidenes Volumen<br />
von 60 bis 125 Kubikkilometern – sollte<br />
gewährleistet sein, auch wenn eine<br />
Familie nicht dafür bezahlen kann.
Akzente<br />
2’10<br />
Wasser ist zweitens ein ökologisches Gut.<br />
Bei den von Menschen genutzten Gewässern<br />
sollte eine Menge von bis zu 4.200<br />
Kubikkilometern für die Natur, Feuchtgebiete,<br />
Seen und Flüsse reserviert bleiben<br />
– ein Zielwert, der vielerorts bereits heute<br />
massiv unterschritten wird.<br />
Drittens ist Wasser auch ein ökonomisches<br />
Gut. Wir verbrauchen zurzeit rund<br />
4.400 Kubikkilometer als Haushaltswasser<br />
für Pools und Rasen, für Industrie und<br />
Dienstleistungen sowie für die landwirtschaftliche<br />
Produktion. Hier kann der<br />
Preis seine Steuerungsfunktion entfalten,<br />
denn ohne angemessenen Preis wird das<br />
Wasser schnell verschwendet.<br />
Nestlé engagiert sich in der Water Resources<br />
Group, weil das Unternehmen<br />
gleich mehrfach vom Thema betroffen ist:<br />
Wir stehen als Bindeglied zwischen<br />
Landwirtschaft und Konsumenten; wir<br />
ver arbeiten Nahrungsmittel, sind also<br />
abhängig von Bauern, die mit dem<br />
verfügbaren Wasser produzieren. Wir<br />
benötigen Wasser für unsere Fabriken.<br />
Und zur Zubereitung unserer Produkte<br />
brauchen Konsumenten Zugang zu<br />
sauberem Wasser.<br />
Wir engagieren uns seit Langem auf diesem<br />
Feld. Bereits in den Dreißiger Jahren<br />
wurde die erste Abwasserkläranlage der<br />
Nestlé-Gruppe in Betrieb genommen. Wir<br />
nutzen alle Einsparmöglichkeiten – der<br />
Wasserbezug wurde über die vergange-<br />
nen zehn Jahre von 5 Litern auf weniger<br />
als 1,5 Liter pro US-Dollar Umsatz reduziert<br />
– gegenüber mehreren Hundert<br />
Litern in anderen Branchen. Und wir beraten<br />
die Bauern – weltweit arbeiten wir<br />
mit etwa 600.000 direkt zusammen –<br />
zum sorgsameren Umgang mit Wasser.<br />
Solche Einzelmaßnahmen lösen natürlich<br />
das Gesamtproblem nicht. Nestlé beteiligt<br />
sich deshalb auch am Politikdialog.<br />
Die 2030 Water Resources Group macht<br />
konkrete Vorschläge, wie die sich<br />
abzeichnende Wasserkrise vermieden<br />
werden kann. Für jedes der untersuchten<br />
Flusseinzugsgebiete können damit<br />
die Behörden eine umfassende, faktenbezogene<br />
Strategie entwickeln, in<br />
Partnerschaft mit allen Stakeholdern im<br />
jeweiligen Gebiet. Die gute Nachricht:<br />
Der globale Wassernotstand lässt sich<br />
vermeiden – Wassernot und Hunger<br />
müssen nicht sein.<br />
Mehr Informationen unter:<br />
www.2030waterresourcesgroup.com<br />
Nestlé hat den Wassereinsatz<br />
pro US-Dollar<br />
Umsatz um zwei Drittel<br />
reduziert, schreibt Autor<br />
Peter Brabeck-Letmathe.<br />
47
48<br />
Werkstatt: aktuelle Themen<br />
Flüssigkeiten im Fokus<br />
Benchmarking-Initiative COBI gestartet<br />
Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel sowie Kosmetik und<br />
Getränke stehen im Zentrum der weltweiten „Consumer<br />
Operations Benchmarking Initiative“ (COBI) von <strong>McKinsey</strong>.<br />
Ziel der Vergleichsstudie ist es, sowohl den Status quo<br />
als auch Best Practices in der Produktion und Supply Chain<br />
von Flüssigprodukten zu ermitteln. Eine Reihe namhafter<br />
internationaler Konsumgüterhersteller nimmt an COBI<br />
teil. Bei der ersten Benchmarking-Runde im Frühjahr<br />
konnten für alle Produzenten von Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln<br />
(WPR) signi kante Verbesserungspotenziale<br />
identi ziert werden. Auf dieser Basis haben die ersten<br />
Werke bereits Aktionspläne entwickelt. Inzwischen läuft<br />
das erste Benchmarking der Getränkehersteller, die zweite<br />
WPR-Runde startet in diesen Tagen.<br />
Mehr Informationen bei frank_saenger@mckinsey.com<br />
oder hendrik_kohleick@mckinsey.com<br />
Beste Marketing-<br />
Doktorarbeit Europas<br />
ausgezeichnet<br />
Die European Marketing Academy<br />
(EMAC) und <strong>McKinsey</strong> haben die beste<br />
Marketing-Doktorarbeit in Europa ausgezeichnet.<br />
Den „EMAC <strong>McKinsey</strong> Marketing<br />
Dissertation Award <strong>2010</strong>“ erhielt<br />
Steven Sweldens für seine Doktorarbeit<br />
an der RSM Erasmus University in Rotterdam,<br />
Niederlande. Der Psychologe hat<br />
die verschiedenen Arten emotionaler Reaktionen<br />
untersucht, die die Einbettung<br />
einer Marke in einen bestimmten Kontext<br />
auslöst. Die Auszeichnung ist mit 7.000<br />
Euro dotiert.<br />
Bewerbungen für den „EMAC <strong>McKinsey</strong><br />
Marketing Dissertation Award 2011“<br />
sind möglich unter www.marketingdissertation-award.eu<br />
Einsendeschluss<br />
ist der 31. Januar 2011.<br />
Wie werden Flüssigprodukte optimal produziert, abgefüllt und<br />
ausgeliefert? Das Benchmarking-Projekt COBI gibt Antworten.<br />
Von Frauen für Frauen:<br />
<strong>McKinsey</strong> Women’s Day<br />
in Frankfurt<br />
Vor allem an Studentinnen und Doktorandinnen<br />
aller Fachrichtungen, die mehr<br />
über Frauen in der Beratung wissen<br />
möchten, wendet sich <strong>McKinsey</strong> mit dem<br />
Women’s Day am 5. und 6. November <strong>2010</strong><br />
in Frankfurt. Hier berichten <strong>McKinsey</strong>-<br />
Beraterinnen aller Karrierestufen von ihrer<br />
Arbeit und zeigen an Fallstudien die Herausforderungen<br />
auf. In einem interaktiven<br />
Training lernen die Teilnehmerinnen, wie<br />
sie ihre weiblichen Stärken im Berufsleben<br />
richtig einsetzen. Für den <strong>McKinsey</strong><br />
Women’s Day können sich nicht nur<br />
Studierende, die im und neben dem Studium<br />
Außergewöhnliches leisten, bewerben,<br />
sondern auch Young Professionals:<br />
www.womensday.mckinsey.de Bewerbungsschluss<br />
ist am 19. September <strong>2010</strong>.<br />
Haben Sie Fragen oder Anregungen? Wir freuen uns auf Ihre E-Mail: klaus_behrenbeck@mckinsey.com<br />
CSI Insights: Was<br />
asiatische Konsumenten<br />
zum Kauf reizt<br />
Eine neue Website von <strong>McKinsey</strong>s Consumer<br />
Shopper Insights (CSI) bietet jetzt<br />
wertvolle Einblicke in Vorlieben und<br />
Abneigungen asiatischer Konsumenten.<br />
Diese muss jedes Unternehmen verstehen,<br />
das auf den schnell wachsenden<br />
Märkten in Fernost erfolgreich verkaufen<br />
will. Website-Besucher nden Informationen<br />
zu einzelnen Ländern oder Wissen<br />
zu bestimmten Themenkomplexen,<br />
aufbereitet in Artikeln und Multimedia-<br />
Präsentationen. Dabei geht es um die<br />
Entwicklung der Nachfrage, den Markt<br />
für Luxusgüter, Konsumgüter oder elektronische<br />
Geräte, Mode und Bekleidung,<br />
aber auch um Themen wie Strategie und<br />
Wachstum. Mehr Informationen unter<br />
http://csia.mckinsey.com
Akzente<br />
1’10 49<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Dr. Klaus Behrenbeck<br />
<strong>McKinsey</strong> & <strong>Company</strong>, Inc.<br />
Consumer Industries & Retail Group<br />
Magnusstraße 11<br />
50672 Köln<br />
Tel.: +49 (0)221 208-7270<br />
Redaktion<br />
MEX – Medienbüro EXTERN GmbH,<br />
Hamburg<br />
www.mexmedien.de<br />
Druck<br />
Print- und Medienproduktion<br />
Hamburg GmbH<br />
Fotos/Illustrationen<br />
basic AG, Tom Bauer, Bitburger Brauerei,<br />
Daimler AG, iStock, Nestlé, stockbyte,<br />
Panther Media, Tesco, <strong>McKinsey</strong><br />
Hat sich Ihre Adresse geändert?<br />
Bitte E-Mail an: akzente@mckinsey.com<br />
www.akzente.mckinsey.de<br />
© <strong>McKinsey</strong> & <strong>Company</strong>, Inc.<br />
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