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38 Neue Forschung_Konfliktmanagement<br />
Spezialisten in die Programmorganisation einbin<strong>de</strong>n<br />
Je nach Projekt- bzw. Programmumfang kann es sinnvoll sein,<br />
einen Spezialisten o<strong>de</strong>r ein Spezialistenteam bis maximal drei<br />
Personen in die Programmstruktur einzubin<strong>de</strong>n. Diese Person<br />
o<strong>de</strong>r dieses kleine Spezialteam muss die Schnittstelle zu<br />
<strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>r Konzeptionierung und Umsetzung befassten Programm-Kernteam,<br />
<strong>de</strong>r Belegschaft bzw. <strong>de</strong>ren Interessenvertretern,<br />
<strong>de</strong>m Lenkungsausschuss und <strong>de</strong>r Personalabteilung<br />
darstellen (Krüger, 2009, S. 247 ff.).<br />
Vom Projektauftraggeber ist zu entschei<strong>de</strong>n, ob und mit<br />
welcher Kompetenzausstattung <strong>de</strong>r Externe in die Programmstruktur<br />
integriert wird. Der Konfliktmo<strong>de</strong>rator wird zweckmäßigerweise<br />
als Stabsstelle <strong>de</strong>s Lenkungsausschusses o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
Projektleitung in die Struktur integriert und kann auch vom<br />
Betriebsrat als wirtschaftlicher Sachverständiger beauftragt<br />
wer<strong>de</strong>n (Fitting et al., 2010, S. 1708 ff.).<br />
Der Konfliktmanager mit seinen spezifischen Entscheidungs-<br />
und Weisungsrechten wäre bei einfachen Projekten<br />
als Teilprojektleiter unterhalb <strong>de</strong>s Gesamtprojektleiters, bei<br />
komplexen Projekten (sog. Programmen) als einer von mehreren<br />
Projektleitern unterhalb <strong>de</strong>r Programmleitung in die<br />
Programm organisation einzuordnen.<br />
Ergänzend hierzu sollte <strong>de</strong>r Konfliktspezialist die Einrichtung<br />
eines Koordinationsgremiums vorsehen (z. B. Jour fixe,<br />
Soundingboard), in <strong>de</strong>m Vertreter aus Lenkungsausschuss und<br />
Mitbestimmungsgremien regelmäßig zusammenkommen, um<br />
spezifische Konfliktthemen zu behan<strong>de</strong>ln und einer Lösung<br />
zuzuführen. Ein solches Gremium erspart <strong>de</strong>m Konfliktspezialisten<br />
die sonst notwendige „Pen<strong>de</strong>ldiplomatie“ und kann in<br />
Konfliktfällen wie eine interne Einigungsstelle wirken.<br />
Ergebnis<br />
Die Praxis <strong>de</strong>r mitbestimmten Betriebsän<strong>de</strong>rungen gemäß<br />
§ 111 BetrVG zeigt, dass es <strong>de</strong>n Parteien häufig nicht gelingt, die<br />
zwangsläufig auftreten<strong>de</strong>n Interessengegensätze in konstruktiver<br />
Weise zu bewältigen. Die Folgen <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> und<br />
Reibungsverluste sind für bei<strong>de</strong> Seiten in je<strong>de</strong>r Hinsicht erheblich<br />
bis fatal, zumal sie über <strong>de</strong>n unmittelbaren Anlass hinaus<br />
die zukünftige Zusammenarbeit belasten. Umso erstaunlicher,<br />
dass <strong>de</strong>n Ursachen hierfür und möglichen Lösungsansätzen<br />
bisher in Theorie und Praxis nicht näher nachgegangen wur<strong>de</strong>.<br />
Ein Grund dürfte <strong>de</strong>r schwierige bis unmögliche Zugang zu empirischem<br />
Material auf diesem Feld sein. Die Autoren greifen<br />
stellvertretend hierfür auf eigene, mehrjährige Erfahrungen in<br />
<strong>de</strong>r Beratung bei<strong>de</strong>r Parteien bei Betriebsän<strong>de</strong>rungen zurück.<br />
Daraus lassen sich exemplarisch vier verschie<strong>de</strong>ne Schwachstellen<br />
und entsprechen<strong>de</strong> Forschungsfragen ableiten.<br />
Die hier entwickelten Lösungsansätze für die Praxis setzen<br />
zunächst dabei an, ein strukturiertes, integratives Vorgehensmo<strong>de</strong>ll<br />
zu entwickeln. Integrativ zum einen dadurch, dass im<br />
Gegensatz zum mängelbehafteten Vorgehen von Anfang an die<br />
Entwicklung eines unternehmensbezogenen Sachkonzepts <strong>de</strong>r<br />
Verän<strong>de</strong>rung mit <strong>de</strong>r Erarbeitung eines mitarbeiterbezogenen<br />
Akzeptanzkonzepts verbun<strong>de</strong>n wird. Integrativ aber auch insofern,<br />
als an <strong>de</strong>finierten Schnittstellen im Projektablauf die<br />
gesetzlich vorgesehenen Rechte <strong>de</strong>r Information, Beratung und<br />
Aushandlung zu einem geordneten Mitbestimmungsprozess<br />
führen.<br />
Sodann wird vorgeschlagen, die verschie<strong>de</strong>nen Aufgaben <strong>de</strong>r<br />
Analyse und Bewältigung <strong>de</strong>r Interessengegensätze und <strong>de</strong>r<br />
damit verbun<strong>de</strong>nen Aufgaben <strong>de</strong>r Information, Kommunikation,<br />
Beratung und Vermittlung in und zwischen <strong>de</strong>n Parteien<br />
wegen ihrer unbestreitbaren Be<strong>de</strong>utung in einer geson<strong>de</strong>rten<br />
Position <strong>de</strong>s Konfliktmanagements in <strong>de</strong>r Projektorganisation<br />
zu verankern.<br />
Der Träger dieser Aufgaben muss in je<strong>de</strong>m Fall das Vertrauen<br />
bei<strong>de</strong>r Seiten besitzen. Dies spricht dafür, dass zumin<strong>de</strong>st<br />
bei größeren Vorhaben auf <strong>de</strong>n Einsatz geeigneter externer<br />
Dienstleister zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n sollte. Im Gegensatz<br />
zur Rolle eines Mediators o<strong>de</strong>r Schlichters geht es also um<br />
Abb. 3: Die „Rollen“ im Konfliktmanagement<br />
Konfliktmanager Konfliktmo<strong>de</strong>rator Mediator Coach<br />
– Management beschreibt die Handhabung<br />
eines Sachverhalts, d. h. die<br />
kompetenz- und hierarchiegestützte<br />
Aufgabenerfüllung.<br />
– Ein Konfliktmanager erhält als (Teil-)<br />
Projektleiter Entscheidungs- und<br />
Weisungsrechte.<br />
– Mo<strong>de</strong>ration ist die Lenkung von Prozessen<br />
o<strong>de</strong>r Lenkung <strong>de</strong>r Kommunikation<br />
zwischen zwei Parteien.<br />
– Ein Konfliktmo<strong>de</strong>rator wird ähnlich<br />
einer Stabsstelle in die Projektorganisation<br />
integriert und verfügt über<br />
Informations- und Beratungsrechte.<br />
– Mediation ist ein Verfahren, bei <strong>de</strong>m<br />
Parteien freiwillig und eigenverantwortlich<br />
eine einvernehmliche<br />
Beilegung ihres Konflikts anstreben.<br />
– Der Mediator steht außerhalb <strong>de</strong>r<br />
Projektorganisation und ist rein<br />
vermittelnd tätig, ohne inhaltliche<br />
Aufgaben zu übernehmen.<br />
– Der Coach erbringt Dienstleistungen<br />
für eine Person o<strong>de</strong>r Gruppe mit<br />
<strong>de</strong>m Ziel, die Leistungsfähigkeit zu<br />
erhöhen.<br />
– Steht gleich <strong>de</strong>m Mediator außerhalb<br />
<strong>de</strong>r Projektorganisation und hat das<br />
Training und die Selbstreflexion <strong>de</strong>s<br />
Auftraggebers als Aufgabe.<br />
Quelle: Entwickelt nach Kets <strong>de</strong> Vries, 2010, S. 256 ff.; Schwertfeger, 2006, S. 13 ff.; Bun<strong>de</strong>sanzeiger (2011), S. 5 ff. und Bun<strong>de</strong>srat (2012), Drucksache 377/12; Kracht, 2009, S. 267 ff.;<br />
Ponschab/Dendorfer, 2009, S. 589 ff..<br />
personal<strong>quarterly</strong> 04 / 12