Vorlesung - Wolfgang-Loch-Stiftung
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(Dazwischen hatte sie dem Kind eröffnet, daß sie den Seemann heiraten wird,<br />
und daß er sein Vater werden wird.)<br />
Sie denkt, ihrer Verzweiflung Herr zu werden, indem sie Ryuji herbeiruft:<br />
Ich werde Papa rufen, damit er Dich bestraft. Und zum Seemann, der zur Tür hereinkommt:<br />
Ich verlange, daß Sie ihn bestrafen! Wenn Sie ihn nicht schlagen, wird dieses<br />
Kind nicht von seinen bösen Empfindungen befreit. Er ist in diese Kommode gekrochen<br />
und hat unser Bett durch ein <strong>Loch</strong> ausgespäht.<br />
Entgegen aller Erwartung wendet sich der Seemann verständnisvoll und nachsichtig<br />
an Noboru:<br />
Was Du getan hast, ist nicht gut, wirklich nicht gut; ich verlange von Dir, daß Du Dein<br />
Wissen Deiner Arbeit widmest […]. Du bist kein Kind mehr und eines Tages werden<br />
wir zusammen lachen können und uns wie drei Erwachsene darüber verständigen, was<br />
geschehen ist. […]. Ich werde morgen das <strong>Loch</strong> zunageln und wir werden allmählich<br />
diesen unangenehmen Abend vergessen. […]<br />
Noboru hörte zu und glaubte jeden Augenblick zu ersticken.<br />
Wie kann ein Mann wie dieser da so etwas sagen? Ein Mann, der zuvor so erstaunlich,<br />
so wunderbar war. […]<br />
Dieser Mann sagte Dinge, die er besser nicht gesagt hätte. Mit honigsüßer Stimme gab<br />
er Obszönitäten von sich. Schmutzige Worte, die bis zum jüngsten Gericht niemals über<br />
seine Lippen hätten kommen dürfen (Y. Mishima 1986, 167).<br />
Von nun an ist das Schicksal des Seemannes beschlossene Sache. Er wird umgebracht<br />
wie die Katze. Der Anführer wird sagen:<br />
Er ist zur widerwärtigsten Sache auf Erden geworden: ein Vater (Mishima 1986, 172).<br />
(Und dann:) Die erforderlichen Handgriffe haben wir schon bei der Katze geübt. Hier<br />
wird es das Gleiche sein, also macht euch keine Sorgen. Nur etwas mehr Arbeit, das ist<br />
alles, und wahrscheinlich wird es ein bißchen schlechter riechen (Mishima 1986, 174).<br />
Wir wissen, daß Hiro-Hito, der Kaiser von Japan, der sich mit Hitler und Mussolini<br />
verbündete und mit ihnen die Achse Rom – Berlin – Tokio schuf, wie ein<br />
unsterblicher Gott angesehen wurde. Am 15. August 1945 unterzeichnete er die<br />
Waffenstillstandserklärung, die das Kriegsende bedeutete: die letzte Macht dieser<br />
Achse kapitulierte jedoch erst nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima<br />
und Nagasaki. Daraufhin erklärte der Kaiser von Japan, daß er kein Gott sei.<br />
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