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gibts den ganzen Bericht als PDF-Datei zum ... - Privilege-Sharing

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Das Glück, frei zu sein und zu schenken<br />

Ein Gespräch mit Kurt Sauter<br />

Fächerübergreifende Zeitschrift Psihologija Mums (Psychologie für Uns)<br />

#2 (l5) / Februar 2005, Lettland<br />

Ein barfüssiges Freiheitsgefühl in Rücksicht auf alle, auch die allerkleinsten Lebewesen und Persönlichkeiten –<br />

gerade dieses verbleibt in einem nach dem Treffen mit dem Schweizer Kurt Sauter. Als wenn man über einen<br />

zugefrorenen Fluss läuft, fühlt man beinahe gottesfürchtigen Schauer vor der unten fliessen<strong>den</strong> Tiefe und der<br />

vom Frost geschenkten Weite, und einen Augenblick lang möchte man Schuhe ausziehen und barfuss bleiben –<br />

man weiss nicht, warum, man kann einfach nicht anders… genauso unmöglich ist es, Kurt’s einfaches und<br />

aufrichtiges Lächeln nicht zu erwidern. Es scheint, dass auch Kurt Sauter’s Seele vor jedem, der ihr begegnet<br />

die Schuhe auszieht. Wenn man weiss, wie viele Menschen in Lettland und anderen Ländern er beeinflusst hat,<br />

möchte man ihn Seelenheiler nennen… So gut wäre es, an andere keine Worte, sondern das von Kurt fliessende<br />

Gefühl des Befreitseins weiterzugeben…<br />

Kurt Sauter mag nicht, dass man über ihn Legen<strong>den</strong> erzählt, doch… klingt eine der durchaus wahren<br />

Legen<strong>den</strong> in etwa so.<br />

Ein erfolgreicher Unternehmer, auch ein anerkannter und gefragter Fotograf ist einmal zu der<br />

Erkenntnis gelangt, dass weder Reichtum, noch gesellschaftliche Anerkennung und Beliebtheit einem<br />

Glück und Freiheit bringen. Auf der Suche nach seinem Selbst und dem verlorenen Glückszustand ist er<br />

zur Erkenntnis gelangt, dass Offenheit und freiwilliges Teilen ins Glück verhilft. Jetzt verdient Kurt sein<br />

tägliches Brot durch Pflege von betagten Leuten in einem Altersheim; in der restlichen Zeit bereist er für<br />

das verdiente Geld diverse (meistens – arme) Länder, das Privileg des Teilens geniessend.<br />

Die von Kurt am meisten gestellte Frage „kannst du deinen Vater und deine Mutter umarmen?“ ist kein<br />

Handgriff einer moralischen Folter, sondern ein sehr bedeutsamer Schritt in Richtung Seelenheilung.<br />

Um Kurt Sauter’s jetzige Lebensweise und damit fest verbun<strong>den</strong>e Bewegung “<strong>Privilege</strong>-<strong>Sharing</strong>” zu verstehen,<br />

muss man einen Blick in seine Vergangenheit werfen…<br />

Ich hatte alles, was man sich in materieller Hinsicht wünschen kann, doch wur<strong>den</strong> meine inneren Probleme und<br />

Schmerzen immer grösser. Ein sehr wesentliches Element, doch nur ein Teil des Gesamtbildes war der<br />

unerwartete Tod meines Vaters – später habe ich verstan<strong>den</strong>, dass er in ungeweinten Tränen erstickt ist. Ich<br />

habe mich zu dem Gedanken durchgefun<strong>den</strong>, dass nicht nur ich selbst, sondern auch meine Familie in<br />

verdrängtem Schmerz lei<strong>den</strong> und habe die Suche nach dem Anfang dieser Schmerzen begonnen. Meine<br />

Lebensanschauung wurde krass von einer grundlegen<strong>den</strong> Erkenntnis geändert: in mir habe ich, von einer Seite,<br />

ein absolut unabhängiges tiefes Glücksgefühl festgestellt, das mir bis <strong>zum</strong> Alter von 17 Jahren eigen war, und,<br />

von der anderen Seite, die Tatsache, dass ab meinem achtzehnten Lebensjahr ich in mir sogenannte<br />

„Schutzmauern” zu bil<strong>den</strong> angefangen habe. Diese “Schutzmauern” waren eine Reaktion, quasi ein Spiegel der<br />

Schmerzen und Verletzungen, die ich erlitten hatte. Wenn ich das verstan<strong>den</strong> hatte, hat sich mein Leben<br />

angefangen allmählich ohne jeglichen Zwang zu ändern. Ich fing an zu verstehen, wie viel an psychischem<br />

Ballast ich während meiner kapitalistischen Unternehmertätigkeit verdrängt hatte. Alle Werte, die in der<br />

Gesellschaft wie eine Fahne hochgehalten wer<strong>den</strong> – Arbeit, materieller Erfolg, Geld – waren für mich eine Art<br />

Droge gewor<strong>den</strong>. Mit diesen Drogen hatte ich meine inneren Probleme aus dem Bewusstsein verdrängt und <strong>den</strong><br />

Reichtum des Herzens zugemauert.<br />

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Die Schweiz wird <strong>als</strong> eines der freiesten Länder der Welt betrachtet, doch… Menschen in diesem freien Land<br />

ersticken oft in selbstauferlegten Zwängen. Auch der lettische Staat und somit auch deren Menschen wer<strong>den</strong><br />

angeblich freier, demokratischer, doch die Gesellschaft insgesamt sowie jeder Einzelne legen sich selbst immer<br />

mehr Zwang auf, wie: Man muss arbeiten, man muss ein Haus, einen Job, ein Auto usw. haben, man muss<br />

soziale Pflichten haben, man braucht viel Geld… der Mensch will immer mehr und mehr, noch und nöcher, und<br />

versteht nicht, dass es auch mehr Unfreiheit, mehr Abhängigkeit bedeutet. Klar, dass auch unser Körper <strong>als</strong> ein<br />

Geschenk anzusehen ist, und er hat seine Bedürfnisse, doch es soll eine vernünftige Balance geben. Für mich<br />

selbst formuliere ich das so: sich auf das Notwendigste zu beschränken… sich der Vergänglichkeit fügen. Auch<br />

“<strong>Privilege</strong>-<strong>Sharing</strong>” hat mit der Erkenntnis über das Glücksgefühl und die Schutzmauern“ angefangen – in<br />

demselben Augenblick habe ich <strong>zum</strong> ersten Mal wirklich begriffen, wie hochprivilegiert ich bin. Gleich darauf<br />

habe ich auch verstan<strong>den</strong>, dass in dem tiefsten Glück der Mensch Einheit mit allem ist – dann ist Liebe nicht<br />

mehr so oberflächlich wie das, was ich bis dann mit diesem Wort bezeichnet hatte – Gefühle, die mit Bindungen<br />

an konkrete Dinge, konkrete Menschen verbun<strong>den</strong> sind; ich habe verstan<strong>den</strong>, dass im Glück Liebe einer Blume<br />

ähnlich ist, die für alle blüht und duftet. In diesem Zustand konnte ich nicht anders handeln <strong>als</strong> meine<br />

Privilegien mit anderen zu teilen. Und ziemlich bald habe ich bemerkt: je weniger ich habe, desto mehr kann<br />

ich geben – das ist die Logik der Liebe. Eines der asiatischen Völker hat einen wunderbaren Spruch – alles, was<br />

nicht verschenkt ist, ist verloren. Beim Geben befreie ich mich immer mehr von rein egoistischen Genüssen, von<br />

der „äusseren Hülse”. Natürlich, bin ich noch von sehr vielem abhängig, doch hat mein Leben jetzt eine neue<br />

Richtung angenommen: nach und nach werde ich immer unabhängiger. Je weniger Ansprüche ich dem Leben<br />

gegenüber habe, und je weniger ich von ihm bekommen möchte, je kleiner ist der Druck, dass ich dies und jenes<br />

unbedingt erreichen soll. Weil die grössten Terroristen, meines Erachtens, Ängste und Selbstzwang sind. Diese<br />

Ängste und Zwänge sind auch das Fundament all unserer “Schutzmauern”.<br />

Sie haben sich angeblich auch von vielen Alltagsbequemlichkeiten abgesagt – Handy, Computer… ist es<br />

nicht eine Übertreibung?<br />

Im Moment waren diese Dinge nicht mehr notwendig. Ich werde oft missverstan<strong>den</strong>: na ja, der Kurt… der lebt<br />

wie ein Asket. Nein – ich lebe nicht wie ein Asket. In meinem Verständnis ist Askese ein statischer Zustand,<br />

doch für mich bedeutet der Weg eine Bewegung. Wenn die Dinge eine Notwendigkeit erzeugen, werde ich sie<br />

selbstre<strong>den</strong>d nach Möglichkeit beschaffen.<br />

Die Reduktion befreiet allmählich von angesammeltem psychischen Ballast. Diese Befreiung ist aber auch mit<br />

Schmerzen, Tränen, Lei<strong>den</strong>, Einsamkeit verbun<strong>den</strong>… der Schmerz aber, der bei dem Verarbeitungsprozess des<br />

Ballasts entsteht, ist sehr fruchtbar. Ich fliehe nicht vor Schmerzen – wende ihnen mein Gesicht zu. Und<br />

meistens erhalte ich durchaus bald, auf die eine oder andere Weise, sehr viel Lohn. Das Wichtigste auf diesem<br />

Weg ist die Erkennung der tiefsten Zusammenhänge, <strong>den</strong> Verbindungen zwischen Dingen und Erscheinungen.<br />

Ob Ihres Erachtens alle Menschen so handeln sollten – sich lossagen, <strong>den</strong> Schmerzen entgegenschreiten?<br />

Es ist mir klar, dass ich nur mich selbst ändern kann, und dass Lei<strong>den</strong> der erste Schritt <strong>zum</strong> Glück ist. Ich habe<br />

bemerkt: wenn ich mich selbst ändere, ändern sich auch Leute um mich selbst. Sie fühlen sich verstan<strong>den</strong> und<br />

brauchen keine Ängste und „Schutzmauern“ aufzubauen. Ich kann keinem grundsätzlich helfen, da ich <strong>den</strong><br />

Glücksweg eines anderen nicht anstelle von ihm gehen kann. Doch, meines Erachtens, sind diese Gesetze<br />

allgemeingültig – genauso wie “Gott”, Wahrheit, Gerechtigkeit… ich <strong>den</strong>ke, dass sich jeder diesen Weg<br />

aussuchen kann, um genau dieselben Erfahrungen auf ihm zu machen. Weil die Glückssprache, in der sich<br />

Antworten auf alle Fragen fin<strong>den</strong>, in jedem Menschen ist. Das Glück kann man weder kaufen, erlernen noch<br />

erglauben – es ist ein empirischer Weg, ein Erfahrungsweg. Es gibt einen Witz: es treffen sich auf der Strasse<br />

zwei Psychologen, und einer von ihnen sagt: „Dir geht es gut, aber wie geht es mir?” Das ist eine typische<br />

Situation: der Mensch <strong>den</strong>kt oft, dass er <strong>den</strong> anderen kennt, doch eigentlich weiss er gar nichts über sich selbst.<br />

Ich glaube, dass es wichtig ist, sich selbst erkennen und verstehen zu lernen. Meistens aber wollen wir andere<br />

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Menschen ändern. Aber wie soll sich die Welt verändern, wenn alle nur andere, und keiner sich selbst ändern<br />

möchte?<br />

Sie sind der Meinung, dass der unbefreite psychische Ballast sowohl das Selbstwertgefühl des Menschen, <strong>als</strong><br />

auch seine physische Gesundheit beeinträchtigt?<br />

Ich glaube, dass der ganze Körper – jedes Organ, auch jeder Gedanke und jede Handlung, genauso wie jede<br />

Krankheit, eine Schutzfunktion hat. Ich glaube, dass jede Krankheit in direkter oder indirekter Weise mit<br />

ungeweinten Tränen oder ungeweinten Problemen zu tun hat. In der modernen Gesellschaft, die auf Erfolg, auf<br />

soziale Realisierung usw. basiert, hat der Mensch des Öfteren keine Zeit für Ruhe, Demut und Tränen. In dieser<br />

Egomanie, von Hedonismus und Stress leidet der gesamte Organismus – das Verdauungssystem, Stoffwechsel<br />

sowie der Rest. Schritt für Schritt wird immer mehr und mehr auch die Psyche (auch Seele genannt) belastet.<br />

Nur, wenn wir die wahre Ursache einer Krankheit zu begreifen imstande sind, verschwin<strong>den</strong> die Symptome<br />

derselben. Der Mensch ist grundsätzlich nicht krank, weil es ihm an Arznei, an Medikamenten oder an einer<br />

Therapie gemangelt hätte. Jede Krankheit ist ein Spiegel eigener unschuldiger Verletztheit.<br />

Gesundheitsprobleme weisen darauf hin, dass man etwas in seinem Verhalten ändern kann.<br />

Schon die Bewusstwerdung dieser Polarität – das unabhängige Glück und unschuldiger Schutz – alleine erlaubt<br />

einem sich in eine bessere Gesundheit zu bewegen. Dieses Verstehen entspricht auch der Homöopathie, wo man<br />

ähnliches mit ähnlichem behandelt – die Krankheit fühlt sich verstan<strong>den</strong>, und hat keinen Grund, sich zu<br />

verteidigen. Sowohl im Leben, <strong>als</strong> auch in Medizin sollten wir immer mehr begreifen, dass wir alle aus<br />

demselben Urkern stammen. Wir alle sind eigentlich Brüder und Schwestern, ein Teil eines Ganzen. Wenn ich<br />

Menschen verurteile und bestrafe, dann verurteile und bestrafe ich mich selbst, meine Seele (Psyche). Die<br />

Gesundheit aber ist einer Blume ähnlich, die nur ohne Zwänge erblühen kann.<br />

Im Allgemeinen nenne ich diese Weltanschauung Psychosophie – ein Phänomen, das Medizin, Philosophie und<br />

Psychologie in sich vereinigt.<br />

Sie gehen Ihrer Freiheit entgegen, indem Sie <strong>als</strong> Pfleger in einem Altersheim arbeiten. Was gibt Ihnen diese<br />

Arbeit?<br />

Auch ich brauche Geld <strong>zum</strong> Leben, ich bin immer noch von materiellen Sachen abhängig. Das ist eine<br />

Halbtagsarbeit, und das war keine Initiative von mir – die Situation im Leben hat sich selbst angeboten, und ich<br />

habe beim Roten Kreuz eine sechsmonatige Ausbildung <strong>als</strong> Alters– und Psychiatriepfleger absolviert.<br />

Bei der Arbeit im Altersheim sehe ich, wie meine Erfahrungen und Erkenntnisse durch die Praxis bestätigt<br />

wer<strong>den</strong>. Ich bekomme sehr viel von diesen Leuten – ich glaube, dass Achtsamkeit, Behutsamkeit und<br />

Einfühlungsvermögen die wichtigsten Werte in Beziehungen mit Mitmenschen sind.<br />

Ich habe auch viel mit depressiven Leuten gesprochen, die sich öfters selbst verletzen, sich die Venen<br />

aufschnei<strong>den</strong>. Als ich ihnen sagte: „Eigentlich seid ihr nicht krank, ihr seid gefüllt mit ungeweinten Tränen; das,<br />

was ihr tut ist nur ein Spiegel eurer eigenen Verletztheit”. In demselben Augenblick fühlen sie sich verstan<strong>den</strong><br />

und öffnen ihr Herz.<br />

Kein Arzt oder Forscher kennt die tiefsten Gründe der Krankheiten. Alle ahnen oder nehmen nur an, dass diese<br />

mit der Psyche (Seele) verbun<strong>den</strong> sind. Ich habe viel sowohl mit Patienten, <strong>als</strong> auch mit Ärzten und Forschern<br />

gesprochen, und, <strong>als</strong> ich die Frage stellte: „Könnte es sein, dass die Ursache aller Krankheiten und Probleme im<br />

Menschen mit ungeweinten Tränen zu tun hat? – war ihre erste Reaktion immer die Antwort: „Ja, ganz sicher.”<br />

Ärzte formulieren es etwas anders, sie sagen: „Ja, in ungeweinten Problemen“.<br />

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Ich pflege auch Millionäre. Und sie ersticken innerlich aus Einsamkeit und Krankheiten. Als ich über<br />

Verletzung, Schutzmechanismus und ungeweinte Tränen spreche, gleich fühlen sie sich verstan<strong>den</strong> und sagen:<br />

ja, so ist es…<br />

Die Einsicht, dass Schutz immer ein Spiegel der eigenen Verletztheit ist, war für mich selbst eine der grössten<br />

und wertvollsten von allen. Im Rahmen dieser Erkenntnis gibt es keine moralische Wertung mehr. So betrachtet<br />

ist es sehr leicht, Menschen zu verstehen. Wir sind wie unschuldige Naturelemente – wie Stürme, die oft grosse<br />

Schä<strong>den</strong> anrichten.<br />

In der letzten Zeit verbreiten sich zunehmend solche Erkrankungen wie Alzheimer, Depression, sadistische oder<br />

masochistische Neigungen, auch Bulimie und die ganz konträre Magersucht. Ich <strong>den</strong>ke, dass die Entstehung und<br />

Behandlung dieser Krankheiten fest mit dem Beziehungsdreieck Vater-Mutter-Kind verbun<strong>den</strong> ist. Ich nenne<br />

dies Quellenfrie<strong>den</strong>: Versöhnung mit <strong>den</strong> eigenen Wurzeln, weil genetisch wir alle sowohl Vater <strong>als</strong> auch Mutter<br />

in uns tragen. Wenn wir keinen tiefen Frie<strong>den</strong> und Versöhnung mit ihnen, mit unserer Quelle durch Verstehen<br />

haben, dann entstehen unschuldige Spannungen und Probleme in uns. Wenn es kein Verständnis und Liebe<br />

zwischen Eltern und Kindern gibt, suchen wir nach individuellem notwendigem Liebes- und Glücksersatz.<br />

Also sind die obengenanten Krankheiten mit Mangel an Liebe und Harmonie in der Familie verbun<strong>den</strong>?<br />

Ja, sicher… unschuldigst… auch Mangel an Erkenntnis.<br />

Ich habe einen Freund, der überzeugt ist, dass man alles mit physischer Kraft-, mit Gewalt lösen kann. Er ist<br />

permanent bereit, einen Angriff abzuwehren, und zur Erhaltung dieser Bereitschaft wird so viel Zeit und Kraft<br />

aufgewendet, dass zu wenig davon übrig bleibt, um sich einfach glücklich zu fühlen. Wie wür<strong>den</strong> Sie eine solche<br />

Einstellung kommentieren?<br />

Dieser Mensch ist in seiner Jugend stark gekränkt wor<strong>den</strong> – er ist verletzt wor<strong>den</strong>, wenn schon die<br />

Notwendigkeit entstan<strong>den</strong> ist, eine solche Verteidigungsstellung und Ignoranz <strong>als</strong> Lebensposition anzunehmen<br />

entgegen der Glückssprache von Liebe, Mitgefühl und Demut. Dies hat selten Platz in der kapitalistischen<br />

Gesellschaft. Ich traf neulich einen Mörder, der gerade aus dem Gefängnis entlassen war – einen physisch<br />

äusserst starken Mann, der ganze Körper tätowiert – und sagte zu ihm: „Ich fühle, dass du ein wunderschönes<br />

Herz hast.” Er schrak auf und meinte: „Keiner hat jem<strong>als</strong> so was zu mir gesagt…” und es waren keine fünf<br />

Minuten vergangen, <strong>als</strong> dieser Mann mich umarmte, sein Gesichtsausdruck und Verhalten änderten sich, weil es<br />

nicht mehr nötig war, Angst zu fühlen – er hat gleich seine „Schutzmauer” abgebaut… vielleicht ist Ignoranz –<br />

nicht <strong>als</strong> Unwissenheit, sondern <strong>als</strong> das Nichtwollen zu wissen – eines der grössten Schutzmechanismen im<br />

Menschen überhaupt. Ich bin überzeugt, dass dein Freund nicht im Frie<strong>den</strong> mit seinem Vater steht. Hast du ihn<br />

gefragt, ob er sich mit seinem Vater versöhnt hat?<br />

Er lebt nur mit seiner Mutter…<br />

Na siehst du. Durch Schutz ersetzt er <strong>den</strong> mangeln<strong>den</strong> Quellenfrie<strong>den</strong> mit seinem Vater. Schutz ist für ihn ein<br />

Glücksersatz. Er trägt viele ungeweinte Tränen in sich.. Er ist so schroff, weil er zuwenig Liebe und Verständnis<br />

von Mutter und Vater hat. Das ist sehr wichtig: eins plus eins ist zwei. Alles ist sehr einfach, nur wir selbst<br />

machen es kompliziert. Auch Bildung hat übrigens eine notwendige Schutzfunktion.<br />

Ist es wirklich so einfach – man schlisst Quellenfrie<strong>den</strong> mit seinen Eltern, und das Glück ist da?<br />

Dem Quellenfrie<strong>den</strong> allein durch Verstehen mit Eltern wird allmählich Friede mit Tieren und mit Pflanzen<br />

folgen, und du wirst dich immer glücklicher fühlen. Früher habe ich Fleisch gegessen, danach aber verstan<strong>den</strong>,<br />

dass es in Widerspruch steht zu Liebe, Mitgefühl und Demut, in Widerspruch zu meinem Glück. Beim Essen<br />

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von Tieren verspeisen wir unsere Nächsten, unsere eigenen Vorfahren. Man sollte sich aber nichts aufzwingen.<br />

Das Glück ist unabhängig und kennt auch keine Zwänge. Alles kann nur <strong>als</strong> Weg Schritt für Schritt zwanglos ins<br />

Glück führen.<br />

Sobald ich etwas tue, was dem Glück konträr ist, fühle ich mich gleich krank… auch jetzt, wenn ich nach 3<br />

Monaten Reisestress erkältet bin, fange ich an, mein Herz zu spüren, und es ist sehr wichtig, sich zurück in die<br />

Ruhe zu begeben. (Kurt schnaubt sich wieder mal in sein Taschentuch, und legt die Hand ausdrucksvoll aufs<br />

Herz.) Glück bedeutet vollkommene Ruhe… du bist einfach glücklich. Keine Aktionen – nur Reaktionen auf<br />

das, was einem begegnet. Nur wenn ich nach ethischen Grundsätzen handle, kann meine Psyche (Seele) frei sein.<br />

Ich unterscheide zwischen fruchtbarem harmonischem – und schmerzvollem disharmonischem Schutz.<br />

Ich kann mir nicht die Frage verweigern – verdienen Sie <strong>als</strong> Halbtagskraft im Altersheim wirklich genügend für<br />

Ihre Reisen, wobei Sie ja überall grosszügig geben und schenken…<br />

In der Schweiz ist dieser Beruf verhältnismässig gut bezahlt. Aber das hat keine Bedeutung. Jetzt brauche ich<br />

sehr wenig Geld. Ich arbeite sieben oder acht Monate im Jahr, und in dieser Zeit hebe ich Geld auf für meine<br />

Reisen. In der Schweiz gehe ich selten in Restaurants, mein Leben ist sehr einfach, dafür aber habe ich sehr viele<br />

Freunde.<br />

Und wie fühlen Sie sich im Vergleich zur Vergangenheit, wenn Sie viel Geld hatten, wichtige<br />

Geschäftstermine, Prominentengesellschaft und grosse Ausgaben?<br />

Natürlich, besser, viel besser – ich fühle mich frei, sehr frei. (Lächelnd breitet Kurt seine Arme aus – weit und<br />

wahrhaftig frei.) Immer unabhängiger, immer freier! Das ist wunderbar!<br />

Mit Kurt Sauter sprach Linda Lemhena (Dolmetscher Zigurds Skäbardis)<br />

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