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Dr. Karin Waringo Serbien – ein sicherer Herkunftsstaat ... - Pro Asyl

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Vorwort<br />

Als im Herbst 2012 in Deutschland die Zahl der <strong>Asyl</strong>suchenden aus <strong>Serbien</strong> und<br />

Mazedonien, die meisten unter ihnen Roma, zunahm, ging Bundesinnenminister Hans-Peter<br />

Friedrich am 12. Oktober 2012 an die Öffentlichkeit und bewertete die vermehrten<br />

<strong>Asyl</strong>anträge aus diesen <strong>Herkunftsstaat</strong>en pauschal als Rechtsmissbrauch. Seitdem wird von<br />

Seiten des Bundesinnenministeriums <strong>ein</strong>e rigorose Politik gegen diese Personengruppe<br />

betrieben mit dem Ziel, die <strong>Asyl</strong>antragsteller aus diesen Herkunftsländern durch <strong>ein</strong>e<br />

schnelle und pauschale Bearbeitung der <strong>Asyl</strong>anträge ohne Beachtung des individuellen<br />

Fluchtschicksals chancenlos zu stellen, sie so schnell wie möglich abzuschieben und sich<br />

durch weitere Maßnahmen des Themas möglichst dauerhaft zu entledigen. Kurz:<br />

Abschreckung durch <strong>ein</strong> von vornher<strong>ein</strong> auf Ablehnung ausgerichtetes Sonderverfahren.<br />

Die Strategie lässt sich in fünf Punkten zusammenfassen:<br />

1. <strong>Serbien</strong> und Mazedonien sollen per Gesetzgebungsverfahren als sichere<br />

<strong>Herkunftsstaat</strong>en <strong>ein</strong>gestuft werden.<br />

2. Durch <strong>ein</strong>e Ergänzung des <strong>Asyl</strong>bewerberleistungsgesetzes sollen <strong>Asyl</strong>antragsteller aus<br />

solchen sicheren <strong>Herkunftsstaat</strong>en weniger Barleistungen erhalten.<br />

3. Die Bundesländer sollen dies durch Leistungs<strong>ein</strong>schränkung und die weitgehende<br />

Gewährung lediglich von Sachleistungen flankieren.<br />

4. Auf EU-Ebene hat die Bundesregierung ihren <strong>Dr</strong>uck auf die Europäische Kommission mit<br />

dem Ziel verstärkt, <strong>ein</strong>e Abänderung der Visumbestimmungen zu erreichen, um <strong>ein</strong>e<br />

zeitweilige Aussetzung der Visafreiheit zu ermöglichen. Damit verstärkt sie auch den <strong>Dr</strong>uck<br />

auf die Balkanstaaten, Wanderungsbewegungen stärker zu kontrollieren, indem sie<br />

Personen, die als potenzielle <strong>Asyl</strong>bewerberInnen identifiziert werden, an der Ausreise<br />

hindert.<br />

5. Die Bearbeitung der <strong>Asyl</strong>verfahren von BürgerInnen aus <strong>Serbien</strong>, Mazedonien und<br />

anderen Balkanstaaten von Seiten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wurde<br />

beschleunigt. Im vergangenen Jahr hat das Bundesamt über Monate ausschließlich über<br />

<strong>Asyl</strong>anträge aus den Balkanstaaten entschieden, die bis auf wenige Ausnahmen alle<br />

abgelehnt wurden.<br />

Die Tatsache, dass die Mehrzahl der <strong>Asyl</strong>bewerberInnen aus <strong>Serbien</strong> und Mazedonien<br />

Roma sind, wurde k<strong>ein</strong>eswegs als Resultat der existenzgefährdenden Ausgrenzung<br />

anerkannt, denen sie ausgesetzt sind, sondern Ausgangspunkt für <strong>ein</strong>e Debatte mit mehr<br />

oder minder rassistischen Untertönen. Anlässlich der Enthüllung des Denkmals für die rund<br />

500.000 ermordeten Roma und Sinti in Berlin am 24. Oktober 2012 wies PRO ASYL darauf<br />

hin, dass nicht nur dieser Völkermord historisch mangelhaft aufgearbeitet worden ist. Auch<br />

heute werden Roma in Europa ausgegrenzt und rassistisch diskriminiert. In vielen Staaten<br />

gehört Antiziganismus zur Alltagskultur. Im Rahmen klassischer Sündenbockstrategien<br />

werden Roma immer wieder an den Pranger gestellt <strong>–</strong> auch in Deutschland. Eine politische<br />

Strategie, die Angehörige der am stärksten diskriminierten Minderheit Europas hierzulande<br />

wiederum <strong>ein</strong>em diskriminierendem <strong>Asyl</strong>sonderverfahren aussetzt, spielt mit dem Feuer der<br />

auch in Deutschland massiv vorhandenen antiziganistischen Ressentiments.<br />

Zur Handlungsstrategie des Bundesinnenministers im Umgang mit <strong>Asyl</strong>suchenden aus<br />

<strong>Serbien</strong> und Mazedonien hat PRO ASYL in <strong>ein</strong>em eigenen Papier im November 2012<br />

Stellung genommen und sie als „Populismus aus dem Bundesinnenministerium“ kritisiert. Im<br />

März 2013 warnte PRO ASYL vor <strong>ein</strong>er wachsenden Kriminalisierung der <strong>Asyl</strong>suchenden in<br />

den Herkunftsländern.<br />

Der hier vorgelegte Text beschäftigt sich mit dem ersten Aspekt dieser Strategie: der<br />

Absicht, <strong>Serbien</strong> als sicheren <strong>Herkunftsstaat</strong> <strong>ein</strong>stufen zu wollen. Voraussetzung für <strong>ein</strong>e<br />

solche Einstufung wäre, dass der Bundestag <strong>ein</strong>em entsprechenden Gesetzesvorhaben<br />

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