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BERLlN - Berliner Anstoß - DKP Berlin

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„Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt drauf an, sie zu verändern.“ K. Marx<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong><br />

Zeitung Der DeutSchen kommuniStiSchen partei (Dkp) berlin | September 2011<br />

50 Cent Spende<br />

mogelpackung ÖbS<br />

Was ist vom „Öffentlichen Beschäftigungsektor“<br />

des SPD/LINKE-Senats<br />

zu halten? Seite 3<br />

„Die linke“ unD Der 13. auguSt<br />

Der 50. Jahrestag der Sicherung<br />

der DDR-Staatsgrenze – ein Tag der<br />

Abrechnung. Seite 5<br />

Werben für‘S Sterben<br />

Der Landeslehrerausschuss erklärt<br />

<strong>Berlin</strong>s Schulen „militärfrei“ – der<br />

Senat hält dagegen. Seite 9<br />

Sauber bleiben<br />

Mit der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>DKP</strong> ist bei den <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wahlen am 18.<br />

September eine antikapitalistische Stimme wählbar –<br />

nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.<br />

Wahlkampfzeiten wie jetzt in<br />

<strong>Berlin</strong> offenbaren ein Mal mehr<br />

die Grenzen der Demokratie in<br />

diesem parlamentarischen System.<br />

Denn all die Slogans der etablierten<br />

Parteien wie „Da müssen wir<br />

ran!“ (Grüne), „<strong>Berlin</strong> verstehen“<br />

(SPD) oder „Damit sich was ändert“,<br />

an denen Werbeagenturen<br />

wahrscheinlich Tage und Nächte<br />

gefeilt haben, drücken durch ihre<br />

Richtig rot<br />

wählen:<br />

<strong>DKP</strong><br />

Beliebigkeit eigentlich nur eines<br />

aus: Diese Parteien haben die<br />

Aufgabe, den Blick der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Mehrheit, die sich gegen Mietsteigerungen<br />

und Privatisierungen in<br />

Umfragen ausspricht, den Blick zu<br />

vernebeln bis zum 18. September.<br />

Selbst die Slogans der LINKEN, die<br />

ansatzweise den Charme einer Positionierung<br />

versprühen, verkommen<br />

angesichts der realen Regierungspolitik<br />

der Partei in den letzten Jahren zur<br />

Karikatur. Es gehört jedenfalls schon<br />

eine ganze Portion Ignoranz, Arroganz<br />

oder beides dazu, nach Privatisierungsorgien,<br />

sozialen Streichkonzerten<br />

und Mietenexplosionen als LINKE<br />

in <strong>Berlin</strong> zu verkünden: „Für das<br />

soziale <strong>Berlin</strong>.“<br />

Doch der neue Tiefstand des politischen<br />

Niveaus in <strong>Berlin</strong> hat auch etwas für<br />

sich: Er gibt eine relativ sichere Auskunft<br />

darüber, was die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong>innen und <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

nach den Wahlen am 18. September<br />

erwartet. Denn egal, welche Parteien im<br />

Regierungssessel Platz nehmen wird:<br />

Der zukünftige Senat wird sich<br />

weiterhin weigern, den faktischen<br />

Wohnungsnotstand in <strong>Berlin</strong> offiziell<br />

anzuerkennen – eine wesentliche<br />

Ursache für den drastischen Mietanstieg<br />

wie ihn der jüngste Mietspiegel<br />

deutlich macht (siehe <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong>,<br />

Juli 2011).<br />

Der zukünftige Senat wird seine<br />

Gespräche mit dem Energiekonzern<br />

RWE fortsetzen, ihm seine Anteile an<br />

den <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wasserbetrieben (BWB)<br />

abzukaufen, anstatt die Verträge zur<br />

Teilprivatisierung der BWB mit<br />

Gewinngarantien für RWE (und<br />

Veolia) endlich anzufechten und die<br />

Konzerne entschädigungslos aus dem<br />

öffentlichen Betrieb rauszuwerfen.<br />

Der zukünftige Senat wird weiterhin<br />

darauf hinarbeiten, sowohl die Charité<br />

und Vivantes in profitorientierte<br />

Aktiengesellschaften umzuwandeln<br />

als auch die S-Bahn zu zerschlagen.


02 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />

Zur Sache:<br />

Lenin im O-Ton<br />

Ihr nennt Euren Staat frei, in Wirklichkeit aber ist Euer Staat, solange das Privateigentum<br />

besteht, und sei er auch eine demokratische Republik, nichts anderes<br />

als eine Maschine in den Händen der Kapitalisten zur Unterdrückung der Arbeiter,<br />

und je freier der Staat ist, um so deutlicher kommt das zum Ausdruck.<br />

Über den Staat, Juli 1919, Werke Bd. 29, S. 377/378<br />

Wenn Engels meint, daß in einer demokratischen Republik der Staat „nicht<br />

minder“ als in der Monarchie eine „Maschine zur Unterdrückung einer Klasse<br />

durch eine andere“ bleibt, so bedeutet das durchaus nicht, daß die Form<br />

der Unterdrückung dem Proletariat gleichgültig sei, wie manche Anarchisten<br />

„lehren“. Eine breitere, freiere, offenere Form des<br />

Klassenkampfes und der Klassenunterdrückung bedeutet<br />

für das Proletariat eine riesige Erleichterung<br />

im Kampf um die Aufhebung der Klassen überhaupt.<br />

Staat und Revolution, August–September 1917,<br />

Werke Bd. 25, S. 467<br />

Der „Kampf gegen den Opportunismus“ in der<br />

Form, daß man auf die Ausnutzung der von der<br />

Bourgeoisie geschaffenen und von der Bourgeoisie<br />

zum Zerrbild gemachten demokratischen Einrichtungen<br />

in der gegebenen, kapitalistischen Gesellschaft<br />

verzichtet, ist gleichbedeutend mit der völligen<br />

Kapitulation vor dem Opportunismus.<br />

Antwort an P. Kijewski (J. Pjatakow), August–<br />

September 1916,<br />

Werke Bd. 23, S. 15<br />

stellen lassen, warum wir uns an einer<br />

Abstimmung beteiligen, bei der letztendlich<br />

nur entschieden wird, welche Parteien<br />

im Zuge der sog. „Schuldenbremse“<br />

in Zukunft in <strong>Berlin</strong> sparen werden „bis<br />

es quietscht“, wie es der ehemalige Wirtschaftssenator<br />

und jetzige Vollzeitrassist<br />

Sarrazin zu sagen pflegt.<br />

In unserem Wahlprogramm nehmen<br />

wir zu dieser Frage eindeutig Stellung,<br />

wenn wir sagen: „Wir (...) haben keinerlei<br />

Illusionen darüber, was Wahlen<br />

derzeitig bewirken können. Die Voraussetzungen<br />

eines erfolgreichen Abwehrkampfes<br />

für soziale und demokratische<br />

Rechte werden nicht im <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Abgeordnetenhaus<br />

geschaffen, sondern in<br />

den Betrieben, in den Kiezen, Schulen<br />

und Universitäten.“ Wir versprechen<br />

also NICHT, dass mit einem Kreuz bei<br />

der <strong>DKP</strong> die Angriffe gegen die Mehrheit<br />

der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Bevölkerung „abwählbar“<br />

seien. Die <strong>DKP</strong> zu wählen, heißt aber,<br />

eine konsequent antikapitalistische<br />

Stimme ins Abgeordnetenhaus zu<br />

wählen – eine Stimme „im Interesse der<br />

Arbeiter und Angestellten, der Erwerbslosen,<br />

Rentner und Jugendlichen – eine<br />

Stimme gegen Krieg, Nationalismus und<br />

Rassismus.“ Insofern kann ein Kreuz<br />

bei der <strong>DKP</strong> auch keine verschenkte<br />

Stimme sein, denn sie bleibt trotz<br />

alledem ein zählbarer Ausdruck für den<br />

Einsicht in die Notwendigkeit, den Widerstand<br />

gegen den Klassenkampf von<br />

oben in den Betrieben, Kiezen, Schulen<br />

und Universitäten aufzunehmen. Nicht<br />

mehr – aber auch nicht weniger.<br />

Senatspolitik heiSSt<br />

Profitabsicherung<br />

Wer feststellt, dass auf die etablierten<br />

Parteien kein Verlass ist, sagt nur die<br />

halbe Wahrheit. Die Parteien in <strong>Berlin</strong>,<br />

die in der Vergangenheit im Senat saßen<br />

und zukünftig sitzen werden, verfolgen<br />

sehr wohl einen roten Faden in ihrer<br />

Politik: Eine Politik zur Profitabsicherung<br />

deutscher Banken und Konzerne – eine<br />

Politik, die deshalb zwangsläufig gegen<br />

Erwerbslose und Lohnabhängige in <strong>Berlin</strong><br />

gerichtet sein muss. Um die Art und<br />

Weise zu erkennen, wie das deutsche<br />

Großkapital sich seine Interessen in Regierungskreisen<br />

sichert, reicht ein Blick<br />

nach Baden-Württemberg, wo Ex-Ministerpräsident<br />

Mappus (CDU) für seine<br />

Arbeit jüngst mit einem lukrativen Beraterposten<br />

beim Pharmakonzern Merck<br />

belohnt wurde. Die Beispiele ließen sich<br />

endlos fortführen, wobei die Grenzen<br />

zwischen verdeckter Manipulation und<br />

offener Korruption verschwimmen. Klar<br />

wird hingegen: Die Führung der LINKEN<br />

in <strong>Berlin</strong> ist anscheinend unfähig, sich<br />

vernünftig zu verkaufen. Denn während<br />

CDU-Politiker ihren Marktwert sehr gut<br />

kennen, begnügen sich Lederer, Wolf<br />

& Co. damit, für einen Hauch Anerkennung<br />

der gesellschaftlichen Eliten den<br />

politischen Ausverkauf ihrer Partei voranzutreiben.<br />

Dabei liegt auf der Hand:<br />

Der Beitrag, den die LINKE im Senat<br />

zur Lähmung von antikapitalistischem<br />

Widerstand in dieser Stadt geleistet hat,<br />

ist eigentlich unbezahlbar.<br />

Warum <strong>DKP</strong>?<br />

Mit der Kandidatur der Deutschen<br />

Kommunistischen Partei zu den <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Wahlen, müssen auch wir uns die Frage<br />

Die taz glaubte uns entlarven zu können,<br />

als sie die Besprechung unseres Wahlprogramms<br />

mit „Die <strong>DKP</strong> kämpft Tag<br />

und Nacht“ betitelte. Wir verstehen es<br />

hingegen als Kompliment. Denn wenn<br />

selbst die taz uns bescheinigt, dass wir<br />

rund um die Uhr kämpfen, sieht vielleicht<br />

auch der eine oder andere <strong>DKP</strong>-Wähler<br />

nach den Wahlen einen Sinn darin, uns<br />

im 24-Stunden-Widerstandsdienst ein<br />

bisschen unter die Arme zu greifen. Damit<br />

hätte unsere Wahlbeteiligung schon ihren<br />

Zweck erfüllt. Und zu tun gibt es genug:<br />

Das S-Bahn-Volksbegehren muss weiter<br />

vorangetrieben werden, der nächste Naziaufmarsch<br />

will blockiert werden und die<br />

nächste Hausbesetzung braucht politische<br />

Solidarität, um den Druck gegen Mietsteigerungen<br />

zu erhöhen.<br />

Männe Grüß


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />

03<br />

Mogelpackung<br />

ÖBS<br />

Der Öffentliche Beschäftigungssektor<br />

(ÖBS) bildet das Flagschiff im Wahlkampf<br />

der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> LINKEN. Doch was<br />

wurde damit im Interesse der Lohnabhängigen<br />

und Erwerbslosen erreicht?<br />

Wenn es um Mietenpolitik und<br />

Privatisierung geht, ist die LINKE im<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Wahlkampf gut beraten,<br />

sich ganz schnell zu ducken. Was ihr<br />

in der Wahlagitation aber bleibt, ist<br />

ihr Lieblingsprojekt mit Namen „Öffentlicher<br />

Beschäftigungssektor“ mit<br />

dem die LINKE in <strong>Berlin</strong> 1-Euro-Jobs<br />

den Kampf ansagen will.<br />

Die Bilanz, die die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> LINKE in<br />

ihrem Wahlprogramm vorstellt, lässt<br />

sich dabei durchaus sehen: „DIE LINKE<br />

ist in <strong>Berlin</strong> angetreten, den Einstieg in<br />

den ÖBS auf Landesebene zu organisieren.<br />

Nach den letzten Wahlen haben wir<br />

uns mit dem Koalitionspartner darauf<br />

verständigt, 2500 öffentlich geförderte<br />

Stellen bis 2011 einzurichten. Tatsächlich<br />

gelang es uns, weitaus mehr ÖBS-Stellen<br />

zu schaffen.“<br />

Das hört sich toll an – aber was genau<br />

sind ÖBS-Stellen und in wie weit sind<br />

sie eine Alternative zu 1-Euro-Jobs,<br />

die zu Recht zurückgedrängt werden<br />

müssen?<br />

Angetreten war die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> LINKE mit<br />

dem ÖBS als ein Projekt, dass zum<br />

Ziel hat bis zu zehntausend reguläre<br />

Arbeitsplätze für Langzeiterwerbslose<br />

zu schaffen. Bei einer Bewertung der<br />

geschaffenen ÖBS-Stellen ist somit ein<br />

Minimal-Anspruch, dass dieser Beschäftigungssektor<br />

ein realer Fortschritt im<br />

Vergleich mit MAE-Stellen (Mehrbeschäftigungsaufwand<br />

– besser bekannt<br />

als 1-Euro-Jobs) sein müsste und eben<br />

einem Vergleich mit regulären Arbeitsplätzen<br />

Stand hält.<br />

Wie sieht dieser Vergleich nun aus?<br />

ÖBS-Stellen sind meistens auf zwei<br />

Jahre befristet. Danach ist eine weitere<br />

Beschäftigung unter Fortzahlung einer<br />

Alimentierung von privatwirtschaftlich<br />

organisierten Arbeitgebern in Höhe von<br />

bis zu 75% des Bruttolohnes möglich.<br />

Bei ÖBS-Arbeitsplätzen wird gerne auf<br />

die arbeitsrechtlichen Vorzüge hingewiesen<br />

wie:<br />

Anspruch auf Lohnfortzahlung<br />

im Krankheitsfall<br />

Aktive und passive Teilnahme an<br />

der betrieblichen Mitbestimmung<br />

Anspruch auf bezahlte Urlaubstage


04 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />

Der Arbeitskreis Sozialund<br />

Gewerkschaftspolitik<br />

des Landesvorstandes<br />

der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>DKP</strong> lädt zur<br />

Podiumsdiskussion ein:<br />

<strong>Berlin</strong> –<br />

Hauptstadt der<br />

prekären<br />

Beschäftigung<br />

Auf dem Podium<br />

diskutieren Marion Drögsler<br />

vom Arbeitslosenverband <strong>Berlin</strong><br />

und der <strong>DKP</strong>-Landesvorsitzende<br />

Rainer Perschewski.<br />

Moderation: Gert Julius<br />

Termin:<br />

Mittwoch, 7. September 2011<br />

Ort: ND-Haus,<br />

Franz-Mehring-Platz 1,<br />

Friedrichshain, Seminarraum II<br />

Beginn: 19.00 Uhr<br />

Diese Vorzüge sollten nicht unterschlagen<br />

werden. Unterschlagen werden<br />

sollten aber auch nicht die materiellen<br />

Vergünstigungen für ALG-II-Empfänger,<br />

die auch unter den Bedingungen der<br />

Aufwandsentschädigung für MAE-<br />

Beschäftigte in Anspruch genommen<br />

werden können. Hierzu zählen u.a.:<br />

Soziale Ermäßigungen im Kultur-,<br />

Sport- und Sozialbereich<br />

BVG-Sozialticket u.a.<br />

keine Qualifizierungsmaßnahmen,<br />

die in der Praxis häufig reine<br />

Schikane sind<br />

Vor allem im Vergleich mit regulären<br />

Arbeitsplätzen fällt aber auf: Bei ÖBS-<br />

Jobs wird zwar Renten-, Pflege- und<br />

Kranken- aber KEINE Arbeitslosenversicherung<br />

abgeführt. Das heißt: Nach zwei<br />

Jahren landet ein ÖBS-Beschäftigter ohne<br />

Weiterbeschäftigung gleich wieder auf<br />

Hartz IV – trotz Vollzeitarbeit.<br />

Stundenlohn unter MAE-Niveau<br />

Bei der Bewertung des ÖBS wird als<br />

positiver Faktor häufig die Bezahlung<br />

angeführt: 1.300 brutto, was für einen<br />

größeren Teil der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Bevölkerung<br />

tatsächlich ein Verdienst ist, von dem<br />

sie träumen. Die Perversität der ÖBS-<br />

Bezahlung wird aber sichtbar, wenn der<br />

Verdienst auf einen Stundenlohn umgerechnet<br />

wird. Ergebnis: Ein Empfänger<br />

von ALG II mit einem 1-Euro-Job in<br />

<strong>Berlin</strong> würde auf einen Stundenlohn (je<br />

nach Höhe der angemessenen Wohnkosten)<br />

von ca. 6,94 Euro kommen. Ein<br />

Beschäftigter im ÖBS mit 1.300,00 brutto<br />

käme auf 6,46 Euro Stundenlohn!<br />

Damit ist auch klar,<br />

dass selbst derjenige,<br />

der lebenslang<br />

im ÖBS untergebracht<br />

wäre, mit<br />

Eintritt ins Rentenalter<br />

auf dem direkten<br />

Weg in der Grundsicherung<br />

und damit<br />

in der Altersarmut<br />

landet.<br />

ÖBS = Hartz V<br />

Die Gewinner des<br />

ÖBS sind ohne<br />

Zweifel private<br />

Arbeitgeber. Dank<br />

des Programms<br />

„Beschäftigungszuschuss“<br />

(BEZ) können<br />

sie, wie bereits<br />

angeführt, einen<br />

Lohnkostenzuschuss von bis zu 75% des<br />

Bruttolohns erhalten. Die Lohnkosten der<br />

Arbeitgeber der Privatwirtschaft belaufen<br />

sich in diesem Fall also de facto auf 325<br />

Euro pro Monat, was einem Stundenlohn<br />

von 1,88 Euro brutto entspricht.<br />

Diverse weitere Anreize wie zeitlich<br />

befristete Qualifizierungspauschalen (bis<br />

zu 200 Euro monatlich) und nicht näher<br />

definierte Investitions- bzw. Anschaffungskosten<br />

bleiben dabei unberücksichtigt.<br />

Ein mehr als lohnenswertes Geschäft für<br />

Arbeitgeber.<br />

Unzweifelhaft ist, dass im Niedriglohnsektor<br />

für die Unternehmer diesbezügliche<br />

Lohnkosten immer mehr zur Zielmarge<br />

werden. Daher kann es auch keinen verwundern,<br />

dass Deutschland, neben Großbritannien,<br />

den größten Niedriglohnsektor<br />

in der EU hat und der Reallohnverlust im<br />

Niedriglohnsektor (letzte Statistiken sprechen<br />

von über 20% seit 1998) von Jahr zu<br />

Jahr größer wird.<br />

In <strong>Berlin</strong> wurde dem noch ein Sahnehäubchen<br />

aufgesetzt. Der SPD-LINKE-<br />

Senat hat ein zusätzliches Programm,<br />

In diesem Sinne „optimiert“<br />

der ÖBS die Repression<br />

arbeitsmarktpolitischer<br />

Instrumente<br />

und dies ist durchaus<br />

eine neue Qualität und<br />

Vorbereitung auf weitere<br />

Gesetze – also Hart V.<br />

wohl um darzulegen, wo der Aufschwung<br />

ankommt, für Qualifizierungs-<br />

und Beschäftigungsträger, sowie<br />

gemeinwohl-orientierte Unternehmen<br />

aufgelegt, dass 100 Prozent des Arbeitsentgelts<br />

übernimmt.<br />

Unterm Strich bleibt zu vermerken, dass<br />

der Niedriglohnsektor durch arbeitsmarktpolitische<br />

Instrumente wie ÖBS nicht<br />

bekämpft, sondern ausgebaut wird. Auch<br />

eine Entlastung der<br />

Kommunen tritt<br />

nicht ein, im Gegenteil<br />

führen sie<br />

langfristig zu einer<br />

weiteren Belastung<br />

kommunaler<br />

Haushalt.<br />

Hinzu kommt ein<br />

weiterer Aspekt.<br />

Was zwar in den<br />

bisherigen Hartz-<br />

Gesetzen schon<br />

als Möglichkeit<br />

verankert, aber<br />

nicht umgesetzt<br />

werden konnte,<br />

soll jetzt erfolgen:<br />

Konsequent sollen<br />

Erwerbslose gegen<br />

ihren Willen dazu<br />

gezwungen werden<br />

in jedweder Tätigkeit für ihre bloße<br />

Existenz zu schuften. „Unwillige“ sollen<br />

durch Sanktionen aus dem Arbeitslosengeld-II-Bezug<br />

gedrängt werden. Wie<br />

lässt sich der Begriff „Zwangsarbeit“,<br />

bei Androhung der Straffe des Verhungerns,<br />

dann noch umgehen bzw. wie<br />

soll man es sonst nennen?<br />

In diesem Sinne „optimiert“ der ÖBS die<br />

Repression arbeitsmarktpolitischer Instrumente<br />

und dies ist durchaus eine neue<br />

Qualität. Man kann den ÖBS und die<br />

Propagierung seiner „Erfolge“ durchaus<br />

als Testlauf und unmittelbare Vorbereitung<br />

weiterer noch repressiverer Gesetze<br />

bezeichnen – also als Hartz-V.<br />

Klaus Meinel<br />

Veranstaltungshinweis:<br />

„Mogelpackung ÖBS“ – Roter Stammtisch der<br />

<strong>DKP</strong> Friedrichshain-Kreuzberg mit Klaus<br />

Meinel am Do, 1. September in der Kneipe<br />

„Zum Franziskaner“ (Dresdener Str. 17, Kreuzberg,<br />

U-Kottbusser Tor); Beginn: 19.30 Uhr


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />

05<br />

Wir sagen an dieser Stelle der Tageszeitung<br />

junge Welt und den Grenzsoldaten der Deutschen<br />

Demokratischen Republik einfach noch mal:<br />

Danke<br />

„Die Linke“<br />

und der 13.August<br />

Auch für führende Kreise der Partei "DIE LINKE" war der 50. Jahrestag der<br />

Sicherung der DDR-Staatsgrenze ein Tag der Abrechnung.<br />

Der Tag war gut vorbereitet. Fernsehserien<br />

und „Tatort“, „authentische“<br />

Berichte und „Dokumentationen“,<br />

Politiker mit theatralischer Betroffenheit<br />

und salbungsvollen Reden, Dichter,<br />

Denker und Pfaffen – alles wurde<br />

in Monate langem Crescendo aufgefahren<br />

zum Jubiläum des Hassobjektes.<br />

Das ganze Land lag unter dem<br />

Mehltau der Lügen und Hetze gegen<br />

eine seit 20 Jahren nicht mehr existierende<br />

Republik. Das ganze Land?<br />

Nein. Für einen Moment wurde die<br />

„junge Welt“ zu unserem gallischen<br />

Dorf. Mit ihrem „Danke für 28 Jahre!“<br />

setzte sie einen polemischen und<br />

provokativen Kontrapunkt, der bis<br />

in die Welt der Bourgeoisie seinen<br />

Widerhall fand und für den sich die<br />

<strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> ausdrücklich bedankt.<br />

Denn natürlich ist die vorgebliche<br />

Trauer über die Maueropfer durch und<br />

durch verlogen. Sonst hätte man ein<br />

ähnliches Wort zu den Tausenden von<br />

Toten an den Außengrenzen der EU,<br />

der mörderischen Grenzbefestigung<br />

zwischen den USA und Mexiko oder<br />

der völkerrechtswidrigen Mauer, die<br />

Israel auf palästinensischem Gebiet<br />

errichtet, gehört oder ein Wort über die<br />

weltpolitische Konstellation, die zu den<br />

Maßnahmen der Grenzsicherung führten<br />

oder über das permanente Bestreben der<br />

Adenauer-Regierung, unter Ausnutzung<br />

der eigenen ökonomischen Stärke die<br />

„Brüder und Schwestern“ der ”Sowjetzone“<br />

„heim ins Reich“ zu holen.<br />

Nicht die „junge Welt“ verhöhnt die<br />

Maueropfer, sondern eher diejenigen,<br />

die sie instrumentalisieren für die Aufrechterhaltung<br />

einer gesellschaftlichen<br />

Ordnung, in der immer mehr Menschen<br />

keine Perspektive mehr sehen.<br />

Kapitalvertreter haben, wie so oft,<br />

ein genaueres Klassenbewusstsein als<br />

mancher Linker und wissen deshalb<br />

sehr genau, weshalb sie mit steigender<br />

Verbissenheit auf die verblichene DDR<br />

einschlagen. 40 Jahre Entmachtung<br />

des Kapitals liegen ihnen schwer im<br />

Magen. Die nackte Angst davor, dass<br />

sich Entmachtung und Ausplünderung<br />

großer Bevölkerungsteile, Kriegspolitik<br />

und die Existenz einer nichtsnutzigen,<br />

parasitären Schicht von Couponabschneidern<br />

nicht länger legitimieren<br />

lassen, die nackte Angst davor, dass<br />

immer mehr Menschen dämmern<br />

könnte, dass die Kommunisten


06 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Kahlschlags-<br />

Telegramm, Teil 1<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Zeitmanagement<br />

Wartezeiten in den so genannten<br />

Bürgerämtern nehmen immer<br />

weiter zu. Die Forderungen wieder<br />

mehr Personal zu beschäftigen<br />

stoßen auf taube Ohren. Der<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Finanzsenator Nußbaum<br />

besuchte vor einigen Wochen<br />

ein Bürgeramt in Lichtenberg<br />

und meinte es sei nur ein Frage<br />

des Timings, wenn zu wenig Mitarbeiter<br />

eingesetzt seien. Senator<br />

Nußbaum ging noch weiter „Die<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> müssen nicht immer auf<br />

den letzten Drücker kommen“,<br />

so seine Diagnose. Er weiß eben<br />

Bescheid, der Senatsvertreter.<br />

Steuerschlupflöcher<br />

stopfen!<br />

Laut einer Bedarfsberechnung<br />

der Verwaltung fehlen 700<br />

Mitarbeiter in der Steuerprüfung.<br />

Einer dieser Mitarbeiter kostet<br />

etwa 70.000 Euro, erwirtschaftet<br />

aber 530.000 Euro, da gründlichere<br />

Prüfungen möglich sind.<br />

Zu wenig Mitarbeiter sind auch<br />

eine Folge von gestrichenen<br />

Ausbildungsplätzen und so soll<br />

nun wieder ausgebildet werden.<br />

Eine späte Erkenntnis.<br />

Richtig rot wählen –<br />

richtig rot feiern!<br />

Das Sommerfest der <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> rückt in<br />

greibare Nähe. Am Samstag den 10. September<br />

wird die <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> gemeinsam mit<br />

ihren Bündnispartnern und Freunden ihr<br />

Sommerfest 2011 in Neukölln begehen. In<br />

diesem Jahr findet das Fest auf dem Höhepunkt<br />

des Wahlkampfes zu den Abgeordneten-<br />

und BVV-Wahlen statt.<br />

Um 14 Uhr wird der Landesvorsitzender<br />

der <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong>, Rainer Perschewski, die<br />

vielleicht nicht so ganz falsch lagen in<br />

ihrem Herangehen an die Frage der politischen<br />

Macht, treibt sie zu maßloser<br />

Hysterie.<br />

Wenn Gesine Lötzsch zaghaft an die<br />

Zusammenhänge erinnert, die zu<br />

den Maßnahmen des 13. August 1961<br />

führten, wird sie von Mitgliedern der<br />

eigenen Partei zurechtgewiesen und<br />

die staatstragenden Medien halten es<br />

für angebracht,<br />

Verbotsfantasien<br />

des CSU-<br />

Generalsekretärs<br />

herauszustellen.<br />

Der außerparteiliche<br />

Druck von<br />

rechts und der<br />

innerparteiliche<br />

„antistalinistische<br />

Grundkonsens“,<br />

den DIE LINKE<br />

von der PDS<br />

übernommen hat<br />

und der die Partei<br />

wehrlos gegen die<br />

antikommunistische<br />

Staatsraison<br />

macht, führt zu<br />

einem Schlingerkurs<br />

zwischen<br />

Widerständigkeit<br />

und Anpassung.<br />

So brachte es der<br />

Kovorsitzende<br />

Ernst fertig, ein<br />

Glückwunschschreiben<br />

an Fidel<br />

(dessen Geburtstag<br />

auch auf den<br />

13. August gefallen<br />

ist) zu unterzeichnen,<br />

in dem die<br />

Errungenschaften der kubanischen<br />

Revolution gewürdigt werden, und<br />

praktisch zeitgleich an der zentralen<br />

Gedenkveranstaltung der Kommunismushasser<br />

teilzunehmen.<br />

Die prononcierte Gegenansage der<br />

„jungen Welt“ war für "freiheitliche<br />

Sozialisten“, „emanzipatorische<br />

Linke“ und karrieregeile Funktionäre<br />

eine willkommene Gelegenheit –<br />

sich die Sprüche der Herrschenden<br />

zu eigen machend – Sanktionen<br />

gegen die ungeliebte Bastion der<br />

marxistischen Linken zu fordern. Ein<br />

auch vom Fraktionsvorsitzenden Gysi<br />

Die prononcierte Gegenansage<br />

der „jungen Welt“<br />

war für „freiheitliche<br />

Sozialisten“, „emanzipatorische<br />

Linke“ und<br />

karrieregeile Funktionäre<br />

eine willkommene Gelegenheit<br />

– sich die Sprüche<br />

der Herrschenden zu<br />

eigen machend – Sanktionen<br />

gegen die ungeliebte<br />

Bastion der marxistischen<br />

Linken zu fordern.<br />

unterstützter Anzeigenboykott zielt<br />

auf eine ökonomische Schwächung<br />

der Zeitung.<br />

So sieht ihr Meinungspluralismus also<br />

aus: Kein TV-Sender oder Drecksblatt<br />

aus dem Hause Springer ist ihnen zu<br />

schade für ihre Selbstdarstellung; doch<br />

die einzige Tageszeitung, die in der<br />

gesellschaftlichen Auseinandersetzung<br />

konsequent auf der Seite der arbeitenden<br />

Menschen,<br />

der Ausgegrenzten<br />

und der für<br />

eine bessere<br />

Zukunft kämpfenden<br />

Menschen<br />

steht, würden<br />

sie am liebsten<br />

zum Schweigen<br />

bringen.<br />

Wir haben Interesse<br />

an einer<br />

starken Linkspartei.<br />

Doch sie wird<br />

in dem Maße<br />

überflüssig, wie<br />

sie den Anschluss<br />

an das antikapitalistische,<br />

linksradikale und<br />

kommunistische<br />

Potenzial in unserer<br />

Gesellschaft<br />

verliert. Die „junge<br />

Welt“ ist einer<br />

seiner wichtigsten<br />

Artikulationsorte.<br />

Würden sich<br />

hier die Wünsche<br />

der Rechten in<br />

der Linkspartei<br />

erfüllen, grübe<br />

sich DIE LINKE in diesem Sinne selbst<br />

das Wasser ab, was sie für ihre Weiterexistenz<br />

mit dem Selbstverständnis<br />

als sozialistische Partei benötigt. Aber<br />

das wäre dann wohl nicht mehr unser<br />

Problem.<br />

Helmut Dunkhase<br />

Mehr Infos:<br />

Unter www.dkp-berlin.info hat die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

<strong>DKP</strong> eine umfangreiche Sammlung an Texten<br />

zum 13. August 1961 zusammengestellt. Die<br />

Textsammlung ist auch als Ausgabe der Zeitschrift<br />

„konsequent“ bei der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>DKP</strong> zu<br />

beziehen (Kontakt siehe Impressum).


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />

07<br />

Anknüpfungspunkt:<br />

Antimuslimischer<br />

Rassismus<br />

„Pro Deutschland“ setzt auf Sarrazins Thesen.<br />

Mit den Parteien „Pro Deutschland“ und „Die Freiheit“ treten gleich zwei<br />

Gruppierungen zur Wahl des <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Abgeordnetenhauses am 18. September<br />

an, die vor allem auf Stimmungsmache gegen Muslime setzen. Ihre Chancen,<br />

tatsächlich in das Landesparlament der Bundeshauptstadt einzuziehen, sind<br />

jedoch eher gering.<br />

Um überhaupt mediale Beachtung zu<br />

finden, gehen die beiden rechtspopulistischen<br />

Kleinstparteien nunmehr<br />

in die Wahlkampfoffensive.<br />

„Pro Deutschland“ trommelte für<br />

das letzte Augustwochenende zu<br />

einem sogenannten Antiislamisierungskongreß<br />

samt Aufmarsch. So<br />

wollten die extremen Rechten „für<br />

die Bewahrung des abendländischen<br />

Charakters unseres Landes Gesicht<br />

und Flagge zu zeigen“.<br />

Anstelle der angekündigten 1000 Personen<br />

nahmen jedoch nur etwas mehr als<br />

150 Rechte an dem „Antiislamisierungskongreß“<br />

teil, den die Partei am Sonntag<br />

samt einer Demonstration unter<br />

freiem Himmel in <strong>Berlin</strong> veranstaltete.<br />

Unter den 150 Rassisten befanden sich<br />

zudem Sympathisanten, die extra aus<br />

Nordrhein-Westfalen angereist waren.<br />

massiv übertriebene Teilnehmerzahlen<br />

angekündigt, die sich im Nachhinein<br />

als vollkommen unrealistisch<br />

herausstellten.<br />

Für bundesweites Aufsehen sorgten die<br />

extremen Rechten im September 2008,<br />

als sie ihre Anhängerschaft zu einem<br />

sogenannten „Antiislamisierungskongress“<br />

nach Köln mobilisierten, der<br />

jedoch aufgrund mannigfaltiger Proteste<br />

von antifaschistischen Gruppen, der Zivilgesellschaft<br />

und auch der etablierten<br />

Politik erfolgreich verhindert werden<br />

konnte. Auch die Neuauflage der rassistischen<br />

Zusammenkunft am 9. Mai<br />

2009 wurde von massiven antifaschistischen<br />

Protesten begleitet und kam<br />

auch aufgrund mangelnder Teilnahme<br />

von „pro“-Sympathisanten nicht über<br />

eine Veranstaltung einer Splittergruppe<br />

hinaus.<br />

neofaschistischen NPD verwendet<br />

worden war. Bei einer Veranstaltung<br />

im Jahr 2006 soll der frühere CDU-<br />

Politiker Zeugenaussagen zufolge gesagt<br />

haben, Patriotismus werde gebraucht,<br />

„um endlich vom Schuldkult runterzukommen“<br />

und damit „Deutschland nie<br />

wieder von Multi-Kulti-Schwuchteln in<br />

<strong>Berlin</strong> regiert wird“. 2003 sorgte Nitzsche<br />

für Aufsehen, als er erklärte, dass<br />

einem Muslim eher die Hand abfaule,<br />

als dass er CDU wähle.<br />

Keine nennenswerten Wahlerfolge<br />

Vor allem Gruppierungen wie „pro<br />

Deutschland“ oder deren Schwesterpartei,<br />

die selbsternannte nordrhein-westfälische<br />

Bürgerbewegung „pro NRW“,<br />

verspüren ob des gesellschaftlichen<br />

Zuspruchs für antimuslimische Hasstiraden<br />

Oberwasser. Zwar gilt Muslimfeindlichkeit<br />

bei Rechten und Neofaschisten<br />

nicht erst seit der Schweizer Volksabstimmung,<br />

bei der eine Mehrheit der<br />

Wahlberechtigten 2009 den Bau von<br />

weiteren Minaretten ablehnte, als politisches<br />

Erfolgskonzept.<br />

Schwerpunktmäßig muslimfeindlichen<br />

Gruppierungen und Parteien gelang<br />

es im Gegensatz zum europäischen<br />

Ausland in der Bundesrepublik jedoch<br />

bisher nur selten, bei Wahlen nennenswerte<br />

Erfolge zu erringen. Zwar ist es<br />

lokalen Strukturen der „pro“-Bewegung<br />

gelungen, bei der letzten NRW-Kommunalwahl<br />

2009 mancherorts – wie<br />

unter anderem etwa in Köln, Leverkusen<br />

und Gelsenkirchen – in Stadträte<br />

einzuziehen. Trotz alledem fehlt es den<br />

angeblichen Bürgerbewegten an der<br />

Basis vielerorts an aktionsfähigem und<br />

kompetentem Personal.<br />

Noch vor Beginn der Auftaktkundgebung<br />

von „pro Deutschland“ hatten<br />

sich mehr als Hundert Nazigegner am<br />

Potsdamer Platz versammelt und gegen<br />

antimuslimische Hetze demonstriert.<br />

Auch der Aufmarsch der Rechtspopulisten,<br />

der von insgesamt etwa 500<br />

Polizeibeamten abgeschirmt wurde,<br />

wurde durchweg von antifaschistischen<br />

Protesten begleitet.<br />

Bereits bei ähnlich gelagerten Veranstaltungen<br />

der antiislamischen Rassisten,<br />

hatte die rechte Kleinstpartei im Vorfeld<br />

Im Rahmen der früheren sogenannten<br />

Antiislamisierungskongresse arbeitete<br />

„pro“ indes nicht nur mit Muslimfeinden<br />

aus dem europäischen Ausland,<br />

sondern auch mit dem ehemaligen<br />

CDU-Politiker und früheren Bundestagsabgeordneten<br />

Henry Nitzsche<br />

zusammen, der nunmehr Vorsitzender<br />

des „Bündnis Arbeit, Familie, Vaterland“<br />

ist. Nitzsche hatte im Bundestagswahlkampf<br />

2005 auf Plakaten mit<br />

der Parole „Arbeit, Familie, Vaterland“<br />

geworben, die auch schon von der


08 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />

Sommerfest 2011<br />

Das Sommerfest der <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> rückt in greifbare Nähe. Am Samstag den 10.<br />

September wird die <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> gemeinsam mit ihren Bündnispartnern und<br />

Freunden ihr Sommerfest 2011 in Neukölln begehen. In diesem Jahr findet<br />

das Fest auf dem Höhepunkt des Wahlkampfes zu den Abgeordneten- und<br />

BVV-Wahlen statt.<br />

Um 14 Uhr wird der Landesvorsitzender der <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong>, Rainer Perschewski,<br />

die Veranstaltung eröffnen. Direkt im Anschluss stehen in dem neu renovierten<br />

Salvador-Allende-Club die Genossen Fritz Strelitz und Heinz Keßler zu ihrem<br />

Buch „Ohne die Mauer hätte es Krieg geben“ dem interssierten Publikum Frage<br />

und Antwort. In der Jonasstraße selbst stellen über 20 Vereine und Organisationen<br />

– u.a. der Förderverein zum Gedenken an die Naziverbrechen um<br />

und auf dem Tempelhofer Feld e.V. – ihre Arbeit vor. Auf der Bühne vor der<br />

Altenbraker Straße spielt derweil Isabel Neuenfeldt auf dem Akkordeon Lieder<br />

von Erich Mühsam und anderen, während in der Zeit zwischen den Lesungen<br />

im Salvador-allende-Club eine Fotoausstellung von Aleksandre Sladkevich mit<br />

dem Titel „Das habe ich gesehen“ Porttraitfotos von Veteranen des Großen<br />

Vaterländischen Krieges zu sehen sind.<br />

Zur Teilnahme an Diskussionsrunden auf der Bühne und im Ladenlokal der<br />

Chile-Freundschaftsgesellschaft zu aktuellen politischen Themen wird eingeladen<br />

– so zu Fragen der Krise in der EU, zum Antifaschismus in <strong>Berlin</strong> und den<br />

jüngsten Anschlagswellen der Faschisten sowie zur Mietenproblematik und<br />

Verdrängung ärmerer Einkommensschichten aus dem Innenstadtring. Wenn in<br />

der Nachmittagszeit draußen der Grill heiß läuft oder man sich bei Kaffee und<br />

Kuchen stärkt, fühlt Dr. Seltsam den Kandidatinnen und Kanidaten der <strong>DKP</strong> zu<br />

den Wahlen zum Abgeodnetenhaus auf den Zahn. Musikalisch geht es weiter<br />

mit lateinamerikanischen Rythmen von Lautaro Valdes. Klaus Steiniger wird<br />

die Nelkenrevolution in Portugal beleuchten und aktuelle Fragen zu Entwicklungen<br />

auf der iberischen Halbinsel beantworten.<br />

Schließlich wird ab dem frühen Abend das Strassenfest auf seinen Höhepunkt<br />

zugehen: Achim Bigus sorgt für klassenkämpferische Lieder. Anschließend<br />

spielen das venezulanisch-peruanisch-kolumbianische Trio Palmera auf, gefolgt<br />

von Incredible Herrengedeck mit einer unkonventioneller Mischung aus Rock,<br />

Punk und weiteren Genres. Zum Abschluss werden von Sabrosa Sabrosura<br />

noch einmal allen Gästen lernen, die Tanzbeine zu schwingen.<br />

<strong>DKP</strong>-Sommerfest: Sa, 10. September 2011, Jonasstraße,<br />

Neukölln (U-Bahn Leinestraße), 14.00 bis 22.00 Uhr<br />

Mehr Infos: www.dkp-berlin.info<br />

Richtig rot<br />

wählen –<br />

richtig rot<br />

feiern!<br />

Zwar sind die „pro“-Aktivisten noch immer<br />

bemüht, sich in der Öffentlichkeit ein<br />

halbwegs bürgerliches Antlitz zu geben.<br />

Nicht wenige der (früheren) Funktionäre<br />

waren jedoch bereits in der Vergangenheit<br />

in rechtsextremen bzw. neofaschistischen<br />

Parteien wie den „Republikanern“, der<br />

NPD oder anderen ähnlich gelagerten<br />

Gruppierungen aktiv bzw. engagierten<br />

sich in der rechten Szene.<br />

Zu nennen wären unter anderem der<br />

frühere rechtsextreme Multifunktionär<br />

und ehemalige Geschäftsführer der<br />

Kölner „pro“-Stadtratsfraktion und<br />

Spitzenkandidat zur <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Abgeordnetenhauswahl,<br />

Manfred Rouhs, der<br />

Rechtsanwalt Markus Beisicht (früher<br />

Deutsche Liga für Volk und Heimat) und<br />

Judith Wolter, die 2002 ein Grußwort<br />

auf dem Bundeskongress der neofaschistischen<br />

NPD-Jugendorganisation<br />

„Junge Nationaldemokraten“ (JN) hielt.<br />

Sowohl die „pro“-Bewegung als auch<br />

ideologisch ähnlich aufgestellte Parteien<br />

wie etwa die vom ehemaligen CDU-<br />

Politiker René Stadtkewitz gegründete<br />

„Die Freiheit“ werden unterdessen nur<br />

dann erfolgreich an den gesellschaftlichen<br />

Mainstream und den dort vorhandenen<br />

antimuslimischen Ressentiments<br />

andocken können, wenn sie Neofaschisten<br />

– etwa aus den Reihen der NPD – auf<br />

weit möglichster Distanz halten. Mit<br />

weichgespülten Parolen wie „Abendland<br />

in Christenhand“ („pro NRW“) können<br />

die Kulturkrieger zwar mit einigen<br />

Chancen auf Dummenfang gehen. Wohl<br />

aber kaum mit bei der Bevölkerung<br />

zu aggressiv anmutenden „Ausländer<br />

raus!“- und ähnlich gelagerten Parolen<br />

wie zum Beispiel dem von der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

NPD im Abgeordnetenhauswahlkampf<br />

2011 verwandten Slogan „Gas geben!“,<br />

bei dem sich die nazistischen und antisemitischen<br />

Mord- und Lynchphantasien<br />

der Urheber kaum verbergen lassen.<br />

Das Bündnis „Gegen Rassismus und<br />

Sozialchauvinismus“ und auch die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

<strong>DKP</strong> rufen indes zu Protesten gegen<br />

einen Auftritt des niederländischen<br />

Rechtsextremisten Geert Wilders am 3.<br />

September in <strong>Berlin</strong> auf, an der auch<br />

der amerikanische Islamgegner Robert<br />

Spencer, der die rassistische Internetseite<br />

Jihadwatch betreibt, teilnehmen soll.<br />

Markus Bernhardt


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />

09<br />

Werben<br />

für’s Sterben<br />

<strong>Berlin</strong>s Senat hält „Schule ohne Militär“ für nicht vereinbar<br />

„mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag“ der<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Schulen.<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

Kahlschlags-<br />

Telegramm, Teil 2<br />

Haushaltentwurf 2012 / 2013<br />

Der Senat hat einen Haushaltsentwurf<br />

für die Jahre 2012<br />

und 2013 beschlossen. Neuere<br />

Wirtschaftsdaten machen schon<br />

jetzt deutlich, dass auf Sand<br />

gebaut wurde. Der Etat geht von<br />

steigenden Einnahmen durch<br />

eine wachsende Wirtschaft aus.<br />

Doch das letzte Wort über diesen<br />

Etat wird sowieso erst nach<br />

den Wahlen gesprochen.<br />

Die Bundeswehr steckt in einem<br />

Dilemma: Einerseits bietet die<br />

Aussetzung der Wehrpflicht Möglichkeiten,<br />

nicht zuletzt neue finanzielle<br />

Spielräume zu haben, um im weltweiten<br />

Krieg um Rohstoffe, Absatzmärkte<br />

und billige Arbeitskräfte für<br />

den deutschen Imperialismus vorne<br />

mitzuspielen. Andererseits war die<br />

Wehrpflicht bis dato ein entscheidendes<br />

Instrument, um junge Männer<br />

als Berufssoldaten für die Truppe zu<br />

werben und in der jungen Generation<br />

insgesamt die Akzeptanz für<br />

Kriegseinsätze wie in Afghanistan<br />

(und vielleicht auch demnächst in<br />

Libyen) zu erhöhen.<br />

Die Lösung liegt auf der Hand: Die<br />

Bundeswehr-Agitation unter Jugendlichen<br />

muss erhöht werden. Die Marschrichtung<br />

dafür gab u.a. Bundespräsident Christian<br />

Wulff auf der öffentlichen Rekrutenvereidigung<br />

vor dem Reichstag im Juli dieses<br />

Jahres vor: „Die Bundeswehr gehört in<br />

unsere Mitte, in unsere Schulen und<br />

Hochschulen“. Dass es den Militärs mit<br />

dieser Orientierung ernst ist, zeigt nicht<br />

nur der alljährliche Bundeswehrstand auf<br />

der Jugendmesse YOU in <strong>Berlin</strong>, sondern<br />

auch die steigende Werbetätigkeit der<br />

Nachwuchsoffiziere an <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Schulen.<br />

So stieg die Anzahl der Bundeswehr-Werbeauftritte<br />

an <strong>Berlin</strong>s Schulen zwischen<br />

2009 und 2010 von 166 auf 183.<br />

„Schule ohne Militär“<br />

Nicht nur vom Verfassungsschutz<br />

beobachtete Organisationen wie die<br />

Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend<br />

(SDAJ) haben diesem „Werben für’s<br />

Sterben“ an <strong>Berlin</strong>s Schulen den Kampf<br />

angesagt. Es sind Organisationen wie<br />

die GEW <strong>Berlin</strong>, die dem Treiben der<br />

Truppe unter <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Schülerinnen und<br />

Schüler ein Ende setzen wollen, und<br />

es sind nicht zuletzt die Jugendlichen<br />

selbst, die sich gegen Bundeswehrauftritte<br />

an Schulen in <strong>Berlin</strong> gewehrt<br />

haben. Der jüngste Vorstoß kam Anfang<br />

April vom <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Landeslehrerausschuss,<br />

der sich ohne wenn und aber<br />

für eine „Schule ohne Militär“ und gegen<br />

jegliche Zusammenarbeit inklusive<br />

Kooperationsverträgen etc. aussprach.<br />

Die Reaktion des SPD/LINKE-Senats<br />

auf diesen wichtigen Beschluss zur<br />

Behinderung der Bundeswehragitation<br />

unter Jugendlichen fiel – wie in anderen<br />

Politikfeldern auch – ernüchternd aus.<br />

Der Senat betrachtet die Beschlüsse als<br />

irrelevant und unzulässig, wie aus einer<br />

kleinen Anfrage des Grünen-Abegordneten<br />

Özcan Mutlu ersichtlich wurde.<br />

Damit leistet die Führung der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong><br />

LINKEN auch an der friedenspolitischen<br />

Front in ihrer Bundespartei ganze Arbeit:<br />

Die Glaubwürdigkeit der LINKEN<br />

als Friedenspartei wird gezielt demontiert,<br />

indem sich die <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> LINKE in<br />

der Regierung weigert, die Bundeswehr<br />

an ihrer Achillesferse zu treffen – ihrem<br />

steigenden Bedarf an Kanonenfutter<br />

für Besatzungs- und Angriffskriege<br />

weltweit.<br />

Männe Grüß<br />

Flickenschusterei<br />

in der Bildung<br />

Lehrermangel ist in <strong>Berlin</strong><br />

deutlich sichtbar. In Pankow<br />

holte ein Gymnasium inzwischen<br />

Pensionäre zurück um den<br />

Unterricht zu gewährleisten. In<br />

Treptow holt man Lehramtsstudenten<br />

oder Quereinsteiger als<br />

Aushilfslehrer. Doch auch diese<br />

Maßnahmen werden nach Meinung<br />

des Landeselternausschusses<br />

nichts daran ändern, dass<br />

Unterrichtsausfall auch im kommenden<br />

Schuljahr zum Standard<br />

an <strong>Berlin</strong>s Schulen wird. Wenn<br />

überhaupt wird es in Bezirken<br />

wie Pankow keinen Mangel an<br />

Sportlehrkräften geben. Der<br />

Grund: Viele Sporteinrichtungen<br />

der Schulen sind renovierungsbedürftig<br />

und deshalb eh nicht<br />

nutzbar.<br />

Bundeswehr nicht<br />

willkommen an Gymnasium<br />

Der Beschluss des Schöneberger<br />

Robert-Blum-Gymnasium, keine<br />

Veranstaltungen mit Bundeswehroffizieren<br />

durchzuführen,<br />

ruft den Zorn der Senatsbildungsverwaltung<br />

hervor. Eine<br />

solche Festlegung sei mit dem<br />

Bildungs- und Erziehungsauftrag<br />

der Schule nicht vereinbar, meint<br />

der Staatssekretär Nevermann<br />

von der SPD. Werben für's<br />

Sterben ist somit im Verständnis<br />

der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> SPD also durchaus<br />

vereinbar mit dem Bildungsauftrag<br />

der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Schulen.


10 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />

Sie habe was gerissen, tönt die LINKE in<br />

ihrem Wahlwerbespot. Der ist dann auch<br />

ziemlich reißerisch – im ersten Teil. Ich<br />

war geradezu hingerissen.<br />

Düster hingegen der Teil zwei. Da kommt<br />

der Wolf ins Bild. Der seinen Anteil habe<br />

am Verschlingen der vielen Rotkäppchen<br />

in der seinerzeitigen PDS, wird kolportiert.<br />

Also kam der große böse Wolf ins Bild.<br />

Erklärt dem drögen Wahlbürger, was die<br />

LINKE noch so reißen werde. Akkurat,<br />

am politischen Reißbrett, sozusagen. Auf<br />

unnachahmliche Weise; mit dem Charme<br />

einer überlagerten Rolle Dachpappe. So<br />

was reizt zum „Reiß-aus-nehmen“!<br />

Bei einem Reisgericht fällt mir ein, dass<br />

die LINKE tatsächlich heftig am Reißen<br />

war. Mehr freilich am Abreißen. Beispielsweise<br />

Abriss des <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Sozialen<br />

Wohnungsbau.<br />

Weshalb der Wolf auch eher wie das<br />

Cheflein eines Abbruchunternehmens rüber<br />

kommt. Abbruchunternehmen haftet<br />

bekanntlich die Aura des Dubiosen an.<br />

Wie also ist die ausdrucksstarke Mimik<br />

der wolfschen unbeweglichen Gesichtsmuskeln<br />

zu deuten? Haben auch Wolf &<br />

Co die Asbestkontaminierung ihres politischen<br />

Hauses unter den Teppich fauliger<br />

Ausreden gekehrt? Das wäre ziemlich<br />

gerissen!<br />

In der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Morgenpost vom 18.8.<br />

beruhigt uns sein PDL-Kollege Uwe<br />

Genosse Gerald Schwember<br />

hat das Wort Der Kommentar<br />

Eine Geschichte<br />

vom Reißen<br />

Döring wortreich. Kurz gefasst: Man habe<br />

beim Wohnraumgesetz Schlimmeres<br />

verhindert.<br />

Klaro, da sind sie wieder; die Schlimmeres-Verhüter<br />

und ihre Verhüterli-Partei! Der<br />

Part spielten schon andere; er ist geklaut<br />

und endet bei Gerhard Schröder, Joschka<br />

Fischer, Kriegsbeteiligung und Hartz IV!<br />

Das macht den Schlimmeres-Verhüter-<br />

Strategen aber nichts aus. Haben ohnehin<br />

Wichtigeres zu tun. Müssen erstmal<br />

Anzeigenaufträge für die »junge Welt«<br />

und Geburtstagsglückwünsche für Fidel<br />

Castro zerreißen.<br />

Die Schleimspur der Anpassung von<br />

Schlimmeres-Verhüter-Fraktionen in den<br />

Anus des Mainstreams ist noch nicht abgerissen.<br />

Null Ahnung wie eine stummzerrissene<br />

Basis das sieht.<br />

Zwischenworte:<br />

Wie ich so beim Schreiben bin, meldet<br />

sich mein innerer Bedenkenträger.<br />

Meine Mahn- und Gedenkstätte für<br />

reißerische Satiren.<br />

So ginge es nicht, säuseln schmalzige<br />

Konsenssucher in mein Ohr. So könne<br />

kommunistischer Mensch nicht über<br />

potentiellen Bündnispartnern herziehen,<br />

sekundiert knarrend der Chor der<br />

Gerechten.<br />

Also gut, ich reiße mich zusammen.<br />

Wende mich den anderen Verhütern zu.<br />

Den Trägern des Konsens aller Demokraten<br />

– Kommunismus verhüten! Zu denen<br />

oben genannte Verhüter so gerne gehören<br />

würden, wenn sie nur dürften.<br />

Schluss damit, in <strong>Berlin</strong> „tobt“ schließlich<br />

der Wahlkampf!<br />

Mit Renate, zum Beispiel. Das grüne<br />

Pendant zum Wolf. Während sein Lächeln<br />

eher auf den Genuss von Bitterstoffen<br />

hinweist, lacht Frau Kühnast auch schon<br />

mal. Manchmal auch laut, zu laut.<br />

Ihr wird ja auch nachgeredet, dass sie<br />

die weibliche Inkarnation eines erzgebirglichen<br />

Nussknackers sei. Ich denke,<br />

derartige Schmähungen reißen sie nicht<br />

um. Und die Niederschrift solcher Lästereien<br />

hat hier ohnehin nur chronistischen<br />

Charakter.<br />

Im Übrigen hat die die grüne FDP<br />

ihre eigenen Probleme. Der Erfolgsfaden<br />

ist gerissen. Umfragewerte im<br />

Abwärtstrend.<br />

Fukushima ist zwar noch immer tödlich,<br />

bringt aber keine grünen Punkte mehr.<br />

Die Stuttgart 21 – Hype endet in einer<br />

Null- und Lachnummer. Des schwäbischen<br />

Bäuerleins Liebling Kretschmar<br />

macht den Landesvater. Und Frau Merkel<br />

macht den Atomausstieg. Peng!<br />

Kostet das sicher geglaubte Stimmen?<br />

Natürlich nicht bei den „Müttern vom<br />

Kollwitzplatz“! Macht nichts, Frau K. hat<br />

einen warmen Platz im Bundestag.<br />

Den hat der CDU-Henkel nicht. Kennen<br />

tut ihn auch keiner. Weshalb ihm<br />

der Geduldsfaden riss. Soll sich – so<br />

behaupten jedenfalls ganz böse Zungen<br />

– den Briefbomben-Kinderkracher selbst<br />

geschickt haben. Oder geschickt lassen<br />

haben. Hier sind Verschwörungstheoretiker<br />

gefragt! Der Wahlkampf „tobt“!<br />

Da gibt der Wowi eben den Wowi. Mit<br />

einem schnörkellosen „Hier bin ich,<br />

hier bleibe ich.“! Reicht der SPD doch<br />

allemal, um noch mehr Wähler auf zu<br />

reißen, denkt sie.<br />

Und die frei-demagogischen…? Werden<br />

aller Schwiegermütter Lieblinge – Philipp,<br />

Christian, Daniel und Patrick, die<br />

jung-dynamische Quadriga des versandeten<br />

liberalen Aufbruchs – Blau-Gelb<br />

aus dem Sumpf rausreißen? Fragen sich<br />

in banger Erwartung Hunderttausende!<br />

Der Wahlkampf „tobt“!<br />

Renatchen buhlt um einen Platz an<br />

Wowis Seite. Die LINKE setzt auf Wölfchens<br />

hinreißendes Charisma. Die Piraten<br />

fischen im Trüben, vom Entern weit<br />

entfernt. Auch alle anderen machen ihr<br />

Ding. Mit anderen Worten:<br />

Der Wahlkampf „tobt“! Und jetze?<br />

Kann Mensch ja vielleicht mal die<br />

Reißleine ziehen! Unter Liste 20 auf dem<br />

Wahlzettel ist der Reißring zu finden. Je<br />

mehr daran ziehen, um so mehr haben<br />

WIR gerissen! Alles klar?


<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />

11<br />

Serie<br />

Spurensuche<br />

Sofort kamen Kindheitserinnerungen<br />

hoch. Die Erzählungen meines Vaters.<br />

Von den vielen Menschen die ihre<br />

Miete nicht mehr zahlen konnten. Und<br />

sich seit 1913 sich in kleine Lauben<br />

„auf Kuhle Wampe“ retteten. Von den<br />

6 Monaten in einem kleinen Verschlag<br />

hinter der Laube eines Freundes auf<br />

dem Zeltplatz Kuhle Wampe. Das war<br />

1942. Er versteckte sich dort vor den<br />

Nazis. Wie viele andere Genossen<br />

auch. Er erzählte oft den nächtlichen<br />

Razzien der Gestapo – von der Angst<br />

und dem Hunger. Und dass viele<br />

Menschen ohne die Zufl ucht „Kuhle-<br />

Wampe“ den Krieg nicht überlebt<br />

hätten.<br />

Der <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> auf den Spuren<br />

der Arbeiterbewegung in <strong>Berlin</strong><br />

kuhle Wampe -<br />

oDer Wem gehÖrt Die Welt?<br />

Die kleine proletarische Insel am Müggelsee<br />

bzw. an der großen Krampe<br />

Manchmal gerät man auch auf Spuren, indem man sich einfach verläuft.<br />

Wenn man auf der Suche nach ein paar raren Sonnenstrahlen auf unbekannten<br />

Pfaden in Müggelheim landet und plötzlich vor einem Schild steht „Kleingartenanlage<br />

Kuhle-Wampe 1,2 km“.<br />

Aber auch Erinnerungen an den<br />

grandiosen Film „Kuhle Wampe“der<br />

zu großen Teilen auf dem Zeltplatz<br />

gedreht wurde. An das Freilicht - Kino<br />

in der Pionierrepublik Werbellinsee wo<br />

ich als Westberliner Thälmann-Pionier<br />

mit Pionieren aus sehr vielen Ländern<br />

zusammen den Kuhle-Wampe-Film<br />

ansehen durfte. Die Liebesgeschichte<br />

war mir damals noch ziemlich egal.<br />

Aber nicht die grandiose Schluss-Szene<br />

in der Bahn. Der Streit darum, wer die<br />

Welt verändern könnte. Na die, denen<br />

die Welt nicht gefällt ! Klar – wer sonst.<br />

Das leuchtete uns sofort ein. Und das<br />

Solidaritätslied haben alle begeistert<br />

mit gesungen.<br />

Der Film „Kuhle Wampe“ wurde nach<br />

vielen Schwierigkeiten im Mai 1932<br />

im Kino Atrium aufgeführt und dann<br />

in 13 weiteren Kinos in <strong>Berlin</strong> gezeigt.<br />

Berthold Brecht hatte große Teile des<br />

Drehbuches geschrieben und Hans<br />

Eisler die Filmmusik.<br />

Aber schon Ende 1932 wurde der Film<br />

wegen angeblicher Beleidigung des<br />

Reichspräsidenten und der Religion<br />

verboten. Nach Protesten durfte er<br />

vorübergehend wieder gezeigt werden.<br />

Aber im März 1933 war aber endgültig<br />

Schluss.<br />

Brecht schrieb dazu: Der Inhalt und die<br />

Absicht des Films geht am besten aus<br />

der Aufführung der Gründe hervor, aus<br />

denen die Zensur ihn verboten hat"<br />

Nach dem 2. Weltkrieg war der Film<br />

erst einmal verschollen und tauchte<br />

dann in den 50er Jahren in der DDR<br />

wieder auf und wurde dann ab 1968<br />

auch in der BRD und Westberlin<br />

gezeigt.<br />

Aus dieser Zeit gibt auch die Kuhle-<br />

Wampe Motorrad-Clubs in vielen Städten,<br />

die als Teil der antifaschistischen<br />

Szene wirken.<br />

Aber was ist geblieben von „Kuhle<br />

Wampe“ - der kleinen proletarischen<br />

Insel? Erst einmal ist „Kuhle Wampe“<br />

nicht mehr am Müggelsee sondern an<br />

der großen Krampe. (Straße zur Krampenburg).Und<br />

wirkt ehrlich gesagt, sehr<br />

wenig revolutionär. Kleine Häuschen,<br />

gepflegte Gärten, der Duft nach Kaffee<br />

und Kuchen.<br />

Es gibt am Eingang ein nettes kleines<br />

Gartenlokal. Und eine Gedenktafel, die<br />

an die Mitarbeit Bert Brechts an den<br />

Film erinnert. Das Bier ist gut und das<br />

Eis sehr lecker. Und der junge Mann,<br />

der das Bier bringt weiß viel über die<br />

Geschichte von „Kuhle Wampe“Wir<br />

trafen dort ein nettes junges Paar.<br />

Touristen aus Australien. Die hatten<br />

sich auch verlaufen. Aber sie kannten<br />

den Film „Kuhle Wampe“ und waren<br />

ganz begeistert wirklich am Ort des<br />

Geschehens zu sein. Wir haben ihnen<br />

die Sache mit dem Ortswechsel nicht<br />

verraten. Und mit ihnen über die Frage<br />

„Wem gehört die Welt“ diskutiert.<br />

Nach drei Bier waren wir dann einer<br />

Meinung.<br />

Ingeborg Lohse-Geserick


12 <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong> | September 2011<br />

23 gute Gründe ...<br />

aus dem<br />

... für die Wahl der <strong>DKP</strong> bei den<br />

Abgeordnetenhauswahlen 2011<br />

Auf der Landesliste der Deutschen<br />

Kommunistischen Partei für die<br />

Abgeordnetenhauswahlen 2011 in<br />

<strong>Berlin</strong> kandidieren:<br />

1. Perschewski, Rainer<br />

2. Richter, Wera<br />

3. Baum, Erika<br />

4. Fendt, Sinem Julia<br />

5. Koschmieder, Dietmar<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Deutsche Kommunistische Partei<br />

(<strong>DKP</strong>), Landesverband <strong>Berlin</strong><br />

Anschrift der Redaktion und<br />

des Herausgebers:<br />

<strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong>, Franz-Mehringplatz 1,<br />

10243 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030. 29783132<br />

Mail: berliner.anstoss@web.de,<br />

info@dkp-berlin.info<br />

www.anstoss.dkp-berlin.info<br />

www.dkp-berlin.info<br />

V.i.S.d.P.:<br />

R.Perschewski<br />

Franz-Mehring-Platz 1, <strong>Berlin</strong><br />

Auflage: 1.000<br />

Druck: Eigendruck<br />

Satz: red & proud<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />

können von der Auffassung<br />

der Redaktion abweichen.<br />

Spenden an den „<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> <strong>Anstoß</strong>“<br />

bzw. die <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong> bitte an:<br />

<strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong><br />

Konto-Nr.: 004 341 31 37<br />

BLZ: 100 500 00<br />

<strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Sparkasse<br />

Nächste Ausgabe:<br />

28. September 2011<br />

Redaktionsschluss:<br />

20. September 2011<br />

6. Türbedarogla, Onur<br />

7. Keßler, Heinz<br />

8. Larenas Ojeda, Nancy<br />

9. Dr. Beckmann, Frank<br />

10. Wolter, Alexander<br />

11. Erler, Tunia Ute<br />

12. Julius, Gert<br />

13. George, Sven<br />

14. Schönfeld, Renate<br />

15. Wegner, Peter<br />

16. Matthias, Elfriede Ruth<br />

17. Kramer, Gerd Willi<br />

18. Lohse-Geserick,<br />

Ingeborg Elli Margarete<br />

19. Czech, Michael<br />

20. Grüß, Michael<br />

21. Horneber, Daniel<br />

22. Thiessen, Dieter<br />

23. Schumacher, Gerhard<br />

Gruppentermine der <strong>DKP</strong>-<strong>Berlin</strong><br />

Friedrichshain-Kreuzberg<br />

Termin: Jeder zweite und vierte<br />

Dienstag im Monat<br />

Beginn: 19.30 Uhr<br />

Ort: Chuechliwirtschaft, Grünberger<br />

Straße 68, Friedrichshain<br />

Lichtenberg<br />

Termin: Jeder dritte Dienstag im Monat<br />

Beginn: 19.00 Uhr<br />

Ort: ND-Haus, Franz-Mehringplatz 1,<br />

Friedrichshain, Raum 341<br />

Mitte<br />

Termin: Jeder zweite und vierte<br />

Montag im Monat<br />

Beginn: 19.30 Uhr<br />

Ort: Club der Volkssolidarität,<br />

Torstraße 203–205, Mitte<br />

Neukölln<br />

Termin: Jeder erste und dritte<br />

Donnerstag im Monat<br />

Beginn: 19.30 Uhr<br />

Ort: Chile Freundschaftsgesellschaft,<br />

Jonasstraße 29, Neukölln<br />

Wahlprogramm<br />

der <strong>DKP</strong> <strong>Berlin</strong><br />

Wir <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Kommunistinnen und Kommunisten<br />

standen und stehen mitten in<br />

den Kämpfen gegen Sozialabbau, gegen<br />

die Schwächung der Gewerkschaften,<br />

gegen die wachsende staatliche Repression,<br />

gegen Neofaschismus, Rassismus<br />

und Militarisierung. Wir unterscheiden<br />

uns von diesen Bewegungen durch<br />

unsere Konsequenz in den Kämpfen und<br />

dem Bewusstsein, dass die Überwindung<br />

der gesellschaftlichen Probleme<br />

und Missstände im Rahmen des Kapitalismus<br />

nicht möglich ist.<br />

Wir Kommunistinnen und Kommunisten<br />

verbergen nicht unsere Ansichten und<br />

erkaufen auch nicht unsere gesellschaftliche<br />

Anerkennung durch eine Distanzierung<br />

und Leugnung unserer Geschichte. Wir<br />

sagen offen: Der Kapitalismus in seiner<br />

imperialistischen Phase bedeutet für die gesamte<br />

Menschheit eine Existenzgefährdung.<br />

Pankow<br />

Termin: Jeder zweite und vierte<br />

Montag im Monat<br />

Beginn: 19.00 Uhr<br />

Ort: ND-Haus, Franz-Mehringplatz 1,<br />

Friedrichshain<br />

Tempelhof-schöneberg<br />

Termin: Jeder zweite und vierte<br />

Donnerstag im Monat<br />

Beginn: 19.00 Uhr<br />

Ort: Café „Harmonie“, Leuthener<br />

Straße / Ecke Cherusker Straße<br />

Treptow-Köpenick<br />

Termin: Jeder erste Montag im Monat<br />

Beginn: 19.00 Uhr<br />

Ort: Begegnungsstätte PRO, Kiefholzstraße<br />

275, Treptow

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