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Mobbing am Arbeitsplatz

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<strong>Mobbing</strong> <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong><br />

1


1 Einleitung 5<br />

1.1 Der Autor 5<br />

2 <strong>Mobbing</strong> – was ist das? 6<br />

2.1 Definition 6<br />

3 Ausmaß von <strong>Mobbing</strong> 10<br />

3.3 <strong>Mobbing</strong>quote nach Geschlecht 12<br />

3.4 <strong>Mobbing</strong>quote nach Alter 12<br />

4 <strong>Mobbing</strong>handlungen 14<br />

4.1 Angriffe auf die Möglichkeiten, sich mitzuteilen 16<br />

4.2 Angriffe auf die sozialen Beziehungen 17<br />

4.3 Angriffe auf das soziale Ansehen 18<br />

4.4 Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation 19<br />

4.5 Angriffe auf die Gesundheit 20<br />

4.6 Katalog der 100+... <strong>Mobbing</strong>handlungen 21<br />

5 Charakteristika von Mobbern 21<br />

6 Ursachen für die Entstehung von <strong>Mobbing</strong> 22<br />

6.1 Einleitung 22<br />

6.2 Arbeitsorganisatorische Mängel 22<br />

6.3 Führungsverhalten von Vorgesetzten 23<br />

6.4 Umstrukturierungen und wirtschaftliche Situation 25<br />

6.5 Soziale Stellung des Betroffenen 26<br />

6.6 Der Arbeitsethos 28<br />

6.7 Konkurrenzverhalten 28<br />

2


7 Phasen des <strong>Mobbing</strong>s 29<br />

7.1 Einleitung 29<br />

7.2 Phase 1: Der Konflikt als Auslöser des <strong>Mobbing</strong>s 30<br />

7.3 Phase 2: Beginn der <strong>Mobbing</strong>handlungen 31<br />

7.4 Phase 3: Arbeitsrechtliche Maßnahmen 34<br />

7.5 Dauer des <strong>Mobbing</strong>prozesses 35<br />

8 Auswirkungen von <strong>Mobbing</strong> 36<br />

8.1 Auswirkungen auf den/die Betroffenen 36<br />

8.2 Auswirkungen auf den/die Mobber 39<br />

8.3 Auswirkungen auf das direkte Arbeitsumfeld 40<br />

7.4 Auswirkungen auf das Unternehmen und die<br />

Gesellschaft 41<br />

8.4.1 Auswirkungen auf das Unternehmen 41<br />

8.4.2 Auswirkung auf die Gesellschaft 43<br />

9 Rechtliche Bewertung von <strong>Mobbing</strong> 45<br />

9.1 Strafrechtliche Bewertung 45<br />

9.2 Zivil- und arbeitsrechtliche Bewertung 47<br />

10 Anti- <strong>Mobbing</strong>strategie 49<br />

10.1 Präventive Maßnahmen 49<br />

10.1.1 Durchführen einer Bestandsaufnahme 49<br />

10.1.2 Auswählen und Qualifizieren von Führungskräften 50<br />

10.1.3 Fördern der sozialen Beziehungen 51<br />

10.1.4 Weiterbildungsangebote für Betriebsangehörige 52<br />

10.1.5 Verbessern der Arbeitsorganisation und –abläufe 53<br />

10.1.6 Einrichten einer Konfliktberatungsstelle 54<br />

3


10.1.7 Systematisches Einführen neuer Mitarbeiter 55<br />

10.1.8 Abschließen einer Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung 56<br />

10.2 Die Intervention 57<br />

10.2.1 Einleitung 57<br />

10.2.2 Das Erstgespräch 57<br />

10.2.3 Die Situationsanalyse 59<br />

10.2.4 Die Konfliktbearbeitung 60<br />

10.2.5 Die <strong>Mobbing</strong>intervention 62<br />

10.3 Vorgehensweise bei unbekannten Tätern 63<br />

11 Schlusswort 65<br />

12 Abkürzungsverzeichnis 67<br />

13 Literaturverzeichnis 68<br />

14 Anlagen 70<br />

14.1 Katalog der 100+... <strong>Mobbing</strong>handlungen 70<br />

14.2 Leitsätze des LAG Thüringen 75<br />

14.3 Urteile 78<br />

14.3.1 Beweiswert eines ärztlichen Beschäftigungsverbots 78<br />

14.3.2 Schmerzensgeld wegen Persönlichkeitsverletzung 79<br />

14.3.3 Arbeitnehmer haftet für Entlassung... 81<br />

14.3.4 Kündigung eines <strong>Mobbing</strong>täters 82<br />

14.3.5 Kündigung eines <strong>Mobbing</strong>opfers während der Probezeit 83<br />

14.4 <strong>Mobbing</strong>- Fragebogen 84<br />

14.5 Entwurf einer Muster- Betriebsvereinbarung 88<br />

14.6 Offener Brief der Ford Motor Company 93<br />

4


1 Einleitung<br />

Die vorliegende Arbeit gibt einen aktuellen Stand zum Thema <strong>Mobbing</strong> <strong>am</strong><br />

<strong>Arbeitsplatz</strong> unter Berücksichtigung der neuesten Studie „Der <strong>Mobbing</strong>report“ 2002<br />

der Sozialforschungsstelle Dortmund wieder.<br />

Die verwendeten Zahlen und die grafischen Darstellungen basieren auf dieser<br />

Studie. 1<br />

Das Logo zu dieser Arbeit setzt sich aus dem Schriftzug „MoB“ für <strong>Mobbing</strong><br />

zus<strong>am</strong>men, wobei das „M“ für die Masse steht, die untätig zuschaut;<br />

das „B“ für die/den verfolgten Betroffenen und das „o“ für den organisierten Mobber,<br />

der unserem „B“ zusetzt.<br />

1.1 Der Autor<br />

Diese Arbeit wurde erstellt von<br />

Horst Reulecke<br />

Dipl.- Verwaltungswirt<br />

Betriebswirt mit Schwerpunkt Personalwesen<br />

Immobilienfachwirt<br />

- Einsatztrainer und Dozent -<br />

1<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

5


2 <strong>Mobbing</strong> – was ist das?<br />

2.1 Definition<br />

Das Wort <strong>Mobbing</strong> hat seinen Ursprung im Englischen „to mob = anpöbeln; über<br />

jemanden herfallen“ und im Schwedischen „mobba = Streit“, wurde von Konrad<br />

Lorenz im Rahmen seiner Verhaltensforschung in der Tierwelt geprägt und durch<br />

Leymann (1932-1999) auf die Arbeitspsychologie übertragen und ausgestaltet.<br />

Im angelsächsischen Raum wird der Begriff „Bullying“ verwendet.<br />

Als <strong>Mobbing</strong> bezeichnet man einen „Geschehensprozess in der Arbeitswelt, in dem<br />

destruktive Handlungen unterschiedlicher Art wiederholt und über einen längeren<br />

Zeitraum gegen Einzelne vorgenommen werden, welche von den Betroffenen als eine<br />

Beeinträchtigung und Verletzung ihrer Person empfunden werden und<br />

dessen ungebremster Verlauf für die Betroffenen grundsätzlich dazu führt, dass ihre<br />

psychische Befindlichkeit und Gesundheit zunehmend beeinträchtigt werden, ihre<br />

Isolation und Ausgrenzung <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> zunehmen, dagegen die Chancen auf eine<br />

zufriedenstellende Lösung schwinden und der regelmäßig im Verlust ihres bisherigen<br />

beruflichen Wirkbereichs endet.“ 2<br />

Nach einer Definition des Landesarbeitsgerichts Thüringen versteht man unter<br />

<strong>Mobbing</strong> im arbeitsrechtlichen Verständnis „fortgesetzte, aufeinander aufbauende<br />

oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung<br />

dienende Verhaltensweisen, die nach Art und Ablauf im Regelfall einer<br />

übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind<br />

und jedenfalls in ihrer Ges<strong>am</strong>theit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere<br />

ebenso zu schützende Rechte, wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen<br />

verletzen.<br />

Ein vorgefasster Plan ist nicht erforderlich. Eine Fortsetzung des Verhaltens unter<br />

schlichter Ausnutzung der Gelegenheiten ist ausreichend.<br />

Zur rechtlich zutreffenden Einordnung kann dem Vorliegen von falltypischen<br />

Indiztatsachen (mobbingtypische Motivation des Täters, mobbingtypischer<br />

2<br />

Esser, Wolmerath, „<strong>Mobbing</strong>. Der Ratgeber für Betroffene und ihre Interessenvertretung“, 2001, S.20<br />

6


Geschehensablauf, mobbingtypische Veränderung des Gesundheitszustands des<br />

Opfers) eine ausschlaggebende Rolle zukommen, wenn eine Konnexität zu den von<br />

dem Betroffenen vorgebrachten <strong>Mobbing</strong>handlungen besteht. Ein wechselseitiger<br />

Eskalationsprozess, der keine klare Täter-Opfer-Beziehung zulässt, steht regelmäßig<br />

der Annahme eines <strong>Mobbing</strong>sachverhaltes entgegen.“ 3<br />

Aus diesen Definitionen ergeben sich folgende Voraussetzungen:<br />

a) Es werden gegen eine Person destruktive Handlungen<br />

vorgenommen.<br />

Beispielhaft nennt das Thüringer LAG „Anfeindung, Schikane und<br />

Diskriminierung“. Im Folgenden gehen wir im Kapitel 4 detaillierter auf diese<br />

Handlungen ein.<br />

b) Ziel ist die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des<br />

Betroffenen, die Ehre und die Gesundheit, wobei sie nicht von der<br />

Rechtsordnung abgedeckt werden.<br />

Dies bedeutet, dass der Mobber das Opfer aus eigener Motivation angreift und<br />

sich unzulässiger Handlungen bedient.<br />

Diese Handlungen sind zum großen Teil in der<br />

Anlage 14.1 in den „100+... <strong>Mobbing</strong>handlungen“ erfasst und können sogar<br />

strafrechtlich relevante Taten darstellen, vgl. Kapitel 9.1.<br />

Die Motivation des Täters kann ebenfalls unterschiedlichster Natur sein.<br />

So kommen in Betracht:<br />

- ungelöste Konflikte<br />

- das Ausleben von Machtbedürfnissen<br />

- Ausschalten eines vermeintlichen Konkurrenten<br />

- Neid auf das Opfer aufgrund seiner Stellung oder seines Ansehens<br />

- erwünschter Stellenabbau<br />

- Antipathie<br />

3 , 01.02.02.<br />

7


c) Die Handlungen müssen wiederholt geschehen und sich über einen längeren<br />

Zeitraum erstrecken.<br />

Jede einzelne Handlung stellt für sich eine diskriminierende Tat dar. Sie<br />

können in der Anfangsphase durch den Mobber sogar unbewusst<br />

vorgenommen werden.<br />

"<strong>Mobbing</strong> entsteht durch die Ges<strong>am</strong>theit der aufeinander aufbauenden, bzw.<br />

ineinander übergreifenden diskriminierenden Handlungen". Daraus lässt sich<br />

schlussfolgern, dass dem Täter seine einzelnen Handlungen durchaus bewusst<br />

werden und er beginnt, zielgerichtet gegen das Opfer zu agieren.<br />

Dabei ist es gemäß dem o.g. Urteil unerheblich, ob er einen Plan entwickelt<br />

oder einfach sich ergebende Gelegenheiten nutzt.<br />

Die Zeiträume und die Häufigkeit der Handlungen wurden bisher nicht genau<br />

definiert.<br />

Leymann definierte den Zeitraum mit „über ein halbes Jahr oder länger“ 4<br />

Betrachtet man jedoch die Definition des LAG Thüringen, wonach bereits das<br />

Nutzen einer „Gelegenheit“ ausreicht, kommt man zwangsläufig zu dem<br />

Schluss, dass sich weder die Häufigkeit, noch die ges<strong>am</strong>te Dauer festlegen<br />

lässt.<br />

In dem 3. Leitsatz (vgl. Kapitel 14.2) des LAG Thüringen wird dem insofern<br />

Rechnung getragen, dass im Einzelfall auch ein „vorübergehender Zeitraum“<br />

ausreichend sein kann.<br />

Daraus folgt, dass die Gerichte die Intensität der Handlungen, deren<br />

Häufigkeit, den ges<strong>am</strong>ten Zeitraum des <strong>Mobbing</strong>s und die Folgen abzuwägen<br />

haben und den entsprechenden Einzelfall daraufhin bewerten.<br />

Auf die Bewertung der Handlungen seitens betrieblicher<br />

Ansprechpartner/innen wird im Kapitel 10.2.3 eingegangen.<br />

4<br />

Leymann , „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S.22 und 1995, S.17f.<br />

8


d) Täter-Opfer- Verhältnis<br />

Ebenso bleibt das Verhältnis der beteiligten Parteien zu prüfen.<br />

Das LAG Thüringen grenzt negativ zum „wechselseitigen<br />

Eskalationsprozess“ ab. Eine solche Situation liegt bspw. vor,<br />

wenn zwei Mitarbeiter sich jeden Morgen mit abfälliger Mimik<br />

oder gar abfälligen Worten begrüßen.<br />

In diesem Fall erfolgen ebenfalls wiederholt Angriffe über einen<br />

längeren Zeitraum, jedoch unterliegt hier keine Partei.<br />

Daher verweist das LAG Thüringen auf die mobbingtypische<br />

Motivation des Täters, den mobbingtypischen Geschehensablauf<br />

und die mobbingtypische Veränderung des Gesundheitszustands<br />

des Opfers. Die Motivation des Täters wurde bereits unter b)<br />

betrachtet.<br />

Der typische Geschehensablauf wird in Kapitel 7 „Phasen des <strong>Mobbing</strong>s“; die<br />

typische Gesundheitsbeeinträchtigung in Kapitel 8.1 „Auswirkungen auf die<br />

Betroffenen“ behandelt.<br />

Es kann jedoch vorweggeschickt werden, dass das Opfer im langandauernden<br />

<strong>Mobbing</strong>prozess seine Gegenwehr nicht aufrecht erhalten kann und unterliegt.<br />

9


3 Ausmaß von <strong>Mobbing</strong><br />

1992 wurde von Prof. Dr. Heinz Leymann, Professor der Arbeitswissenschaften an<br />

der Universität Umea, Schweden eine Untersuchung über <strong>Mobbing</strong> <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong><br />

durchgeführt.<br />

Befragt wurden rund 2.500 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren, die währen der<br />

letzten zwölf Monate Lohnarbeit geleistet hatten.<br />

Die Auswertung ergab, dass 3,5 Prozent der Befragten mindestens einmal die<br />

Woche, mindestens über ein halbes Jahr lang <strong>Mobbing</strong> ausgesetzt waren. 5<br />

Der „Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten“ des Europäischen<br />

Parl<strong>am</strong>ents veröffentlichte 2001 einen Bericht über <strong>Mobbing</strong> <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong>, der zu<br />

einer Entschließung des Europäischen Parl<strong>am</strong>ents über diese Thematik führte. 6<br />

Unter Berufung auf eine Europäische Direktbefragung von 21.500<br />

Arbeitnehmer/innen 7 1996 durch die Dublin- Stiftung k<strong>am</strong> man zu dem Ergebnis,<br />

dass die Quote der Beschäftigten, die in den letzten 12 Monaten <strong>Mobbing</strong> ausgesetzt<br />

waren, bei ca. 8% lag.<br />

Die erste repräsentative Untersuchung in Deutschland k<strong>am</strong> zu dem Ergebnis, dass<br />

von den Befragten 5,5% im Jahre 2000 betroffen und 2,2% Ende 2000 noch von<br />

<strong>Mobbing</strong> betroffen waren.<br />

Berücksichtigt man noch frühere <strong>Mobbing</strong>fälle, beträgt die Betroffenheitsquote<br />

insges<strong>am</strong>t 11,3% der Erwerbstätigen. 8<br />

Im Jahre 2001 waren lt. Berechnungen des Statistischen Bundes<strong>am</strong>tes in<br />

Deutschland 38,8 Millionen Menschen erwerbstätig. 9<br />

5<br />

Leymann, “<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S.84<br />

6<br />

EU- Bericht über <strong>Mobbing</strong> <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong>, bzw. Entschließung Nr. 2001/2339(INI) vom 16.07.2001<br />

7<br />

Zweite Europäische Erhebung über die Arbeitsbedingungen 1996, veröffentlicht 1997,<br />

Amt für <strong>am</strong>tliche Veröffentlichung der EG<br />

8<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

9<br />

, Stand 19.02.2002<br />

10


Dies bedeutet in Zahlen:<br />

2,7% = 1.047.600 Betroffene Ende 2000<br />

5,5% = 2.134.000 Betroffene Jahr 2000<br />

11,3 % = 4.384.400 Betroffene Ges<strong>am</strong>t*<br />

*ca. jeder 9. Erwerbstätige wird in seinem Arbeitsleben von <strong>Mobbing</strong> betroffen.<br />

11


3.1 <strong>Mobbing</strong>quote nach Geschlecht<br />

Von den aktuell (Ende 2000) betroffenen Erwerbstätigen waren 3,5% Frauen<br />

gegenüber 2,0% Männer.<br />

Das bedeutet, dass das aktuelle <strong>Mobbing</strong>risiko für Frauen um 75% höher liegt als für<br />

Männer!<br />

Darüber hinaus werden Männer überwiegend von Männern angegriffen, Frauen aber<br />

durch Männer und Frauen. 10<br />

3.2 <strong>Mobbing</strong>quote nach Alter<br />

Ein erhöhtes <strong>Mobbing</strong>risiko haben die über 55jährigen, jedoch sind die unter<br />

25jährigen <strong>am</strong> stärksten betroffen.<br />

Parallel weist in der Studie die Gruppe der Auszubildenden ein besonders hohes<br />

<strong>Mobbing</strong>risiko auf, was mit der Altersstruktur einhergeht.<br />

Auffällig ist, dass ihre Arbeit gerne massiv und ungerecht kritisiert und ihre Arbeitsleistung<br />

falsch bewertet wird. D<strong>am</strong>it einhergehend werden sie oft als unfähig<br />

10<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

12


dargestellt und es finden Sticheleien und Hänseleien statt, bis hin zu Beleidigungen,<br />

wobei als Akteure meist Kollegen im Alter von 25 – 44 Jahre auftreten.<br />

Ein Generationskonflikt, der <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> ausgetragen wird, ist daher<br />

unwahrscheinlich.<br />

Gleichzeitig wird ihnen jedoch keinesfalls Arbeit entzogen oder Informationen<br />

vorenthalten. Es scheint fast, als würden sie gemäß dem althergebrachten Spruch<br />

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ gezielt kritisiert und gedemütigt, quasi als<br />

Ausbildungsbestandteil.<br />

Erschreckend ist diese Erkenntnis insofern, dass die jungen Auszubildenden <strong>am</strong><br />

Anfang ihres Berufslebens stehen und diese Erfahrungen sie immer begleiten<br />

werden.<br />

Die Gruppe der über 55jährigen ist häufig von der Verweigerung wichtiger<br />

Informationen und insbesondere von Arbeitsentzug betroffen.<br />

Sie werden selten als unfähig dargestellt, was aufgrund ihrer Berufserfahrung auch<br />

kaum möglich sein dürfte.<br />

Ihnen soll offensichtlich signalisiert werden, dass sie nicht mehr gebraucht werden.<br />

Einhergehend d<strong>am</strong>it tritt als Mobber mit steigenden Alter zunehmend der Chef auf.<br />

13


4 <strong>Mobbing</strong>handlungen<br />

Obwohl Konflikte, Intrigen, Psychoterror oder Schikanierung überall auftreten<br />

können, bezeichnet man als <strong>Mobbing</strong> nur die Ges<strong>am</strong>theit von diskriminierenden<br />

Handlungen in der Arbeitswelt.<br />

Es ist aber wichtig anzumerken, dass nicht jeder Konflikt gleichbedeutend ist mit<br />

einer <strong>Mobbing</strong>handlung. Verschiedene Ansichten in beruflichen Fragen können sogar<br />

förderlich sein, wenn diese auf einer sachlichen Ebene bearbeitet werden, um die für<br />

das Unternehmen bestmögliche Lösung zu finden.<br />

Dies setzt natürlich Konflikt- und Kompromissfähigkeit der Beteiligten voraus.<br />

Werden diese Konflikte nicht gelöst, können Spannungen zwischen den beteiligten<br />

Parteien entstehen und neue Konflikte bedingen. Dies kann dann der Auslöser für<br />

<strong>Mobbing</strong> sein.<br />

Darüber hinaus können jedoch auch Konflikte bereits bestehen, bevor bspw. eine<br />

neue Stelle angetreten wird. Auf die einzelnen Ursachen für die Entstehung von<br />

<strong>Mobbing</strong> wird im Kapitel 6 noch detailliert eingegangen.<br />

Die <strong>Mobbing</strong>opfer werden von Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzten über<br />

einen längeren Zeitraum diskriminiert und zwangsläufig aus dem Kollegenkreis<br />

ausgegrenzt, bzw. isoliert.<br />

Unter Diskriminierung versteht man „jede Form von Benachteiligung,<br />

Nichtbeachtung, Ausschluss oder Ungleichbehandlung von einzelnen Menschen oder<br />

Gruppen auf Grund ihnen angedichteter oder in einem bestimmten Zus<strong>am</strong>menhang<br />

nicht relevanter Merkmale.“ 11 Diskriminierung hat also nicht diesen<br />

Verfolgungscharakter, kann aber Teil eines <strong>Mobbing</strong>prozesses sein.<br />

Es gibt verschiedene Arten, wie <strong>Mobbing</strong>opfer langfristig ausgegrenzt und psychisch<br />

labil gemacht werden können.<br />

11<br />

Magistrat der Stadt Wien: Antidiskriminierungsstelle – Definition von Diskriminierung<br />

, 16.01.02.<br />

14


Leymann teilte die Handlungen in fünf Gruppen ein:<br />

1. „Angriffe auf die Möglichkeiten, sich mitzuteilen<br />

2. Angriffe auf die sozialen Beziehungen<br />

3. Angriffe auf das soziale Ansehen<br />

4. Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation<br />

5. Angriffe auf die Gesundheit“ 12<br />

Die nachfolgende Grafik, bei der Mehrfachnennungen möglich waren, zeigt die<br />

häufigst angewandten <strong>Mobbing</strong>handlungen.<br />

Die Studie zeigt ebenfalls, dass Frauen eher auf der emotionalen Ebene und Männer<br />

eher auf der fachlichen Ebene angegriffen werden.<br />

Der Mobber wählt gezielt oder intuitiv die Mittel, mit denen er glaubt, möglichst<br />

effektiv sein Opfer schädigen zu können.<br />

12<br />

Leymann „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S. 23<br />

15


4.1 Angriffe auf die Möglichkeiten, sich mitzuteilen<br />

Dies kann der Mobber erreichen, indem er das Opfer nicht mehr ausreden lässt,<br />

ständig unterbricht, permanent kritisiert, den Zugang zu Informationen unterbindet<br />

oder gar nicht mehr mit ihm spricht, bzw. nur noch nonverbal kommuniziert.<br />

Während die generelle falsche Bewertung der Arbeitsleistung eher darauf abzielt,<br />

eine Karriere zu behindern, kann das massive ungerechte kritisieren geleisteter Arbeit<br />

dazu dienen, das Opfer „mundtot“ zu machen und sein Selbstbewusstsein negativ zu<br />

beeinflussen.<br />

16


4.2 Angriffe auf die sozialen Beziehungen<br />

Eine weitere Möglichkeit zu mobben besteht darin, soziale Beziehungen des Opfers<br />

im Unternehmen zu unterbinden bzw. erst gar nicht zuzulassen. Dies erreicht man<br />

durch Versetzung in ein abgelegenes Büro, schneiden und ignorieren der Person. Die<br />

Bedürfnisse nach sozialen Beziehungen <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> umfassen ein gutes<br />

Betriebsklima, Kollegialität, tolerante Vorgesetzte und Kommunikation <strong>am</strong><br />

<strong>Arbeitsplatz</strong>. 13 Die Betroffenen werden sowie von Arbeitsbesprechungen, als auch<br />

von sozialen Aktivitäten, wie Feiern, Ausflügen und anderen Anlässen gezielt<br />

ferngehalten.<br />

13<br />

vgl. Bedürfnispyr<strong>am</strong>ide nach Maslow in Christ, L<strong>am</strong>mert, Schneider, „Handlungsfeld<br />

Personalwirtschaft, 1996, S.325, Abb.10-5<br />

17


4.3 Angriffe auf das soziale Ansehen<br />

„Die Wertschätzung durch die Umgebung ist eine wesentliche Quelle des<br />

Selbstvertrauens. Nur wer sich als vollwertiges Mitglied einer Gemeinschaft<br />

empfindet, kann auch ein positives Selbstwertgefühl aufbauen.“ 14<br />

Um das Ansehen einer Person zu schädigen, kann man sich über deren Schwächen<br />

lustig machen, sie öffentlich bloßstellen und respektlos behandeln, Gerüchte<br />

verbreiten oder sogar vertrauliche Informationen über sie preisgeben. Mit dem<br />

Verlust der Wertschätzung durch die Umgebung wird das Ansehen der/des<br />

Betroffenen geschädigt, worunter das Selbstvertrauen zwangsläufig leidet.<br />

14<br />

Leymann „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S.28<br />

18


4.4 Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation<br />

Durch Übertragen von sinnlosen oder der beruflichen Stellung nicht adäquaten<br />

Aufgaben oder gar durch Entzug beruflicher Aufgaben wird die Qualität der<br />

Berufssituation beeinträchtigt.<br />

„Die Berufssituation eines Menschen ist heute zentral für sein ges<strong>am</strong>tes Leben“. 15<br />

Wer <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> mit <strong>Mobbing</strong> zu kämpfen hat, nimmt diese Probleme mit in seine<br />

Freizeit, d.h. sie werden ggfs. im F<strong>am</strong>ilien- und Freundeskreis erzählt. Genauer<br />

betrachtet bedeutet dies, dass Gefühle, wie Angst, Trauer, Wut, Selbstzweifel,<br />

Demotivation, Unsicherheit, etc. offenbart werden.<br />

Es kann jedoch vorkommen, dass der F<strong>am</strong>ilien- oder Freundeskreis mit diesen<br />

Gefühlen nicht umgehen kann, vielleicht auch, weil sie untypisch für die<br />

Betroffene/den Betroffenen sind oder sie stehen der Situation hilflos gegenüber, weil<br />

sie keine Interventionsmöglichkeiten in der Berufssituation des Opfers haben.<br />

Zu knapp 20% führen die Belastungen nach Angaben von Betroffenen zu Streit in<br />

der F<strong>am</strong>ilie bzw. in der Partnerschaft. 16<br />

15<br />

Leymann „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S.30<br />

16<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

19


Zur Qualität der Berufssituation kann auch die falsche Bewertung der Arbeitsleistung<br />

gezählt werden, wodurch insbesondere ein beruflicher Aufstieg be- bzw. verhindert<br />

werden kann.<br />

4.5 Angriffe auf die Gesundheit<br />

Neben psychosomatischen Erkrankungen als Folge von <strong>Mobbing</strong> können auch<br />

- Zwang zu gesundheitsschädlichen Arbeiten,<br />

- körperliche, bzw. sexuelle Übergriffe und<br />

- Nötigungen<br />

in der Arbeitswelt vorkommen. So erfährt das Opfer neben der psychischen<br />

Angriffen auch noch physische Gewalt.<br />

Leider wurden in der Fragestellungen der Studie der Sozialforschungsstelle diese<br />

Aspekte nicht berücksichtigt, so dass keine gesicherten Aussagen getroffen werden<br />

können.<br />

20


Natürlich lassen sich die Grafiken je nach Kontext anders zuordnen, wozu eine<br />

genauere Aufsplittung der Fragen erforderlich wäre.<br />

So könnten bspw. öffentliche Beleidigungen durchaus auch unter dem Punkt<br />

„Angriffe auf das soziale Ansehen“ gefasst werden.<br />

4.6 Katalog der 100+... <strong>Mobbing</strong>handlungen<br />

Leymann listete 45 Handlungen auf, von denen -Anfang der achtziger Jahre- 300<br />

interviewte Opfer berichteten. 17<br />

Wolmerath und Esser haben diesen Katalog erweitert und den „Katalog der 100+<br />

<strong>Mobbing</strong>handlungen“ entworfen, der im August 2000 veröffentlicht wurde. Dieser<br />

Katalog ist als Anlage 14.1 beigefügt. 18<br />

Aber auch diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, denn der<br />

Kreativität der Täter sind keine Grenzen gesetzt.<br />

5 Charakteristika von Mobbern<br />

Die Betroffenen werden zu knapp 60% von Männern gemobbt. Zu einem hohen Teil<br />

sind Vorgesetzte beteiligt (vgl. Kap. 6.3), wobei zu berücksichtigen ist, dass in der<br />

Führungsebene nach wie vor wesentlich mehr männliche Beschäftigte anzutreffen<br />

sind.<br />

Das Gros der Mobber liegt in der Altersgruppe von 35 bis 54 Jahre und befindet sich<br />

meist sechs Jahre und mehr im Unternehmen, d.h. sie gehören zur St<strong>am</strong>mbelegschaft.<br />

Überspitzt bedeutet dies, dass der typische Mobber ein im Betrieb langjährig<br />

beschäftigter männlicher Vorgesetzter zwischen 35 und 54 Jahren ist. 19<br />

17<br />

Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S.22, 33f.<br />

18<br />

Esser, Wolmerath, „<strong>Mobbing</strong>. Der Ratgeber für Betroffene und ihre Interessensvertretungen“, 2001, S.26f.<br />

19<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

21


6 Ursachen für die Entstehung von <strong>Mobbing</strong><br />

6.1 Einleitung<br />

Es gibt viele verschiedene Faktoren, die <strong>Mobbing</strong> zur Folge haben können.<br />

In der Regel liegt ein Konflikt zwischen Kollegen als Auslöser zugrunde. Dieser<br />

Konflikt wird nicht beigelegt, sondern schwelt im Laufe der Zeit immer weiter.<br />

Daraus können <strong>Mobbing</strong>prozesse, also systematischer Psychoterror gegen Personen,<br />

entstehen.<br />

Konflikte können jedoch auch schon für Antritt einer neuen Stelle vorhanden sein.<br />

Gründe dafür können abgelehnte interne Bewerber auf die Stelle oder aber Gerüchte<br />

sein, die der Person vorauseilen.<br />

Dieses Kapitel zeigt auf, wodurch Konflikte bis <strong>Mobbing</strong> begünstigt werden kann.<br />

6.2 Arbeitsorganisatorische Mängel<br />

Oftmals spielen arbeitsorganisatorische Mängel eine Rolle.<br />

Dazu zählen beispielsweise:<br />

- „unbesetzte Stellen<br />

- hoher Zeitdruck<br />

- starre Hierarchie<br />

- hohe Verantwortung bei geringem Handlungsspielraum<br />

- geringe Bewertung der Tätigkeit.“ 20<br />

20<br />

Deutscher Gewerkschaftsbund – DGB: <strong>Mobbing</strong>. ,<br />

Stand 29.09.2001.<br />

22


Die oben gezeigte Grafik spiegelt die Angaben von Betroffenen zur den arbeitsorganisatorischen<br />

Aspekten im Betrieb zum Zeitpunkt des <strong>Mobbing</strong>s wieder.<br />

6.3 Führungsverhalten von Vorgesetzten<br />

Leymann untersuchte im Rahmen seiner Studien ebenfalls, wer wen mobbt:<br />

Es kristallisiert sich deutlich die Beteiligung von Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern alleine<br />

oder in Kombination mit Vorgesetzten heraus. 21<br />

Aber gerade Vorgesetzte, welche die Verantwortung und Fürsorgepflicht für ihre<br />

Mitarbeiter tragen, sind in der Regel ihre ersten Ansprechpartner und<br />

Vertrauenspersonen.<br />

Führungskräfte sollten <strong>Mobbing</strong> schon im Ansatz erkennen können und frühzeitig<br />

unterbinden. Wenn nun aber gerade sie beteiligt sind, dürfte daran wenig Interesse<br />

bestehen.<br />

21<br />

Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S. 47<br />

23


Außer einer persönlichen Beteiligung <strong>am</strong> <strong>Mobbing</strong>geschehen können Vorgesetzte<br />

durch ihren Führungsstil entscheidend auf das Betriebsklima Einfluss nehmen.<br />

„Das soziale Klima ist in autoritativ geführten Unternehmungen leicht gespannt und<br />

nicht frei von Cliquenbildung“. 22<br />

Der autoritative Führungsstil spiegelt den Umgang mit Machtkomponenten, wie<br />

Anordnungen, Befehle, Gehors<strong>am</strong>... wieder.<br />

Der Stellenwert des Mitarbeiters beschränkt sich auf ein ausführendes Organ.<br />

Das Vorleben solcher Umgangsformen wirkt sich negativ auf das Betriebsklima aus.<br />

Insges<strong>am</strong>t 65,3% der Betroffenen bezeichnen das Arbeitsklima zum Zeitpunkt der<br />

<strong>Mobbing</strong>handlungen als schlecht. 23<br />

Die nachfolgende Grafik zeigt, dass bei <strong>Mobbing</strong>handlungen zu 51% Vorgesetzte<br />

aktiv beteiligt sind.<br />

Bei den <strong>Mobbing</strong>handlungen im Kollegenkreis kann vermutet werden, dass zudem<br />

ein hoher Teil der Vorgesetzten Kenntnis von den Vorgängen hat, aber nicht<br />

interveniert.<br />

22<br />

Christ, L<strong>am</strong>mert, Schneider Fachbuch für Wirtschaft, Handlungsfeld Personalwirtschaft, 1996, S. 321<br />

23<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

24


Besonders hervorgehoben wird durch die Betroffenen mit 60,9%, dass eine<br />

Gesprächsbereitschaft des Vorgesetzten nicht vorhanden und mit 42,2%, dass er<br />

eher konfliktscheu war.<br />

6.4 Umstrukturierungen und wirtschaftliche Situation<br />

Es liegt auch der Verdacht nahe, dass in Zeiten wirtschaftlichen Abschwungs von<br />

einigen Unternehmensleitungen <strong>Mobbing</strong> geduldet oder gefördert wird, da<br />

Mitarbeiter, die freiwillig aus dem Unternehmen ausscheiden, billiger sind als ein<br />

möglicher Sozialplan oder die Zahlung von Abfindungen. So wurde bspw. Niedl im<br />

Rahmen einer Präsentation zum Thema <strong>Mobbing</strong> von drei Teilnehmern darauf<br />

angesprochen, wie man bei <strong>Mobbing</strong> richtig vorgehen könne – ob es so etwas wie<br />

eine Anleitung gäbe. Hintergrund war, dass alle drei kostengünstig Personal<br />

abzubauen hatten. 24<br />

Nach den Defiziten in der Arbeitsorganisation und im Führungsverhalten folgen<br />

strukturelle Veränderungen und die wirtschaftliche Situation als Begründung.<br />

Die macht deutlich, wie sensibel das Thema Umstrukturierung im Betrieb behandelt<br />

werden sollte.<br />

24<br />

Niedl in „Der neue <strong>Mobbing</strong>bericht“, Hrsg. Heinz Leymann, 1995, S.61<br />

25


6.5 Soziale Stellung des Betroffenen<br />

„Für die Entstehung der <strong>Mobbing</strong>situation kann es ausreichen, dass eine Person in<br />

einer bestimmten Gruppe aufgrund ihrer Persönlichkeit, ihres Geschlechts, Hautfarbe,<br />

kulturellen oder nationalen Identität in eine sozial herausgehobene Stellung geraten<br />

ist“. 25<br />

Leymann führte 1992 eine repräsentative Untersuchung über die <strong>Mobbing</strong>situation<br />

von Behinderten als Gewerkschaftsmitglieder in gemeinnützigen Organisationen in<br />

Schweden durch.<br />

Während die Behinderten zu 22 Prozent von <strong>Mobbing</strong> betroffen waren, lag die Quote<br />

bei den übrigen Angestellten gerade bei 4 Prozent. 26<br />

Eine weitere Untersuchung wurde 1993 durch Lindroth, Siv, Heinz und Leymann über<br />

„<strong>Mobbing</strong> von Männern in einem Beruf, der von Frauen dominiert wird“ in einer<br />

schwedischen Stadt durchgeführt.<br />

Bei der Gruppe handelte es sich um 2.000 Kindergärtnerinnen und Kindergärtner.<br />

Darunter befanden sich lediglich 115 Männer, die befragt werden konnten. Genauso<br />

viele Kolleginnen wurden als Vergleichsgruppe befragt. Die Befragung ergab, dass<br />

unter den Frauen 4 Prozent <strong>Mobbing</strong>opfer waren, bei den Männern jedoch 8<br />

Prozent. 27<br />

Dieses Resultat erinnert stark an die Situation der ersten Frauen in<br />

männerdominierten Berufen.<br />

Uns ist keine Studie bekannt, in der die <strong>Mobbing</strong>situation „gesellschaftlicher<br />

Randgruppen, bzw. „Personen einer sozial exponierten Stellung“ umfassend<br />

beleuchtet wird.<br />

Die o.g. Beispiele bestärken uns jedoch in der Annahme, dass sog. Randgruppen<br />

oder vermeintlich Schwächere öfter von Diskriminierung und <strong>Mobbing</strong> betroffen sind,<br />

als andere.<br />

25<br />

Resch „<strong>Mobbing</strong> und Konflikte <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong>“, 03/1997, S.15<br />

26<br />

Leymann, “<strong>Mobbing</strong>“, S.98,184<br />

27<br />

Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“, S.101f., 184<br />

26


Folgende Gruppen kommen dabei in Betracht:<br />

- Frauen in männerdominierten Berufen und umgekehrt<br />

- Alleinerziehende<br />

- Personen mit Behinderungen/Einschränkungen aller Art<br />

- Ausländische Arbeitnehmer, bzw. Arbeitnehmer ausländischer<br />

Abst<strong>am</strong>mung und/oder anderer Religionsangehörigkeit<br />

- Homosexuelle<br />

- Personen, die aufgrund ihrer Persönlichkeitsmerkmale für schwach gehalten<br />

werden<br />

- Lebensältere, etc.<br />

Gründe für eine Ablehnung dieser Personen können sein:<br />

- Vorurteile aufgrund Informationsdefizite,<br />

- Vorurteile aufgrund religiöser oder politischer Einstellung,<br />

- Machtbestreben, Konkurrenzverhalten,<br />

- Neid (bes. bei Sonderzahlungen) und<br />

- Angst vor dem Unbekannten.<br />

Gerade die unter 25jährigen vermuten als Motiv des/der Mobber(s) nach den<br />

Aspekten Arbeitsstil, Herhalten als Sündenbock und unzureichende Leistungsfähigkeit<br />

als Neuling insbesondere Kritik an ihrem Lebensstil, Geschlecht, Aussehen,<br />

Nationalität und sexuelle Orientierung. 28<br />

Interessanterweise liegt das Risiko, von <strong>Mobbing</strong> betroffen zu werden in den sozialen<br />

Berufen (Sozialarbeiter, Pädagogen, Pfleger, etc.) 2,8fach höher, gefolgt von<br />

Verkaufspersonal und Bank- und Versicherungsfachleuten mit einem doppelt so<br />

hohen Risikofaktor als der Durchschnitt.<br />

28<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

27


6.6 Der Arbeitsethos<br />

<strong>Mobbing</strong> wird aber auch durch eine schlechte „betriebliche Moral“ gefördert.<br />

Beschäftigte können unbewusst zu Handlangern des Mobbers werden, indem sie als<br />

Mitläufer ebenfalls gegen das Opfer agieren, ohne es so wahrzunehmen.<br />

Der Mobber kann als informeller Führer das Wort in der Gruppe übernehmen. Andere<br />

ordnen sich ihm im Gruppengefüge unter und imitieren sein Handeln, um seine<br />

Sympathie zu erlangen.<br />

Knapp drei Viertel der Betroffenen gaben an, dass das <strong>Mobbing</strong> zunächst nur von<br />

einer Person ausging, sich aber im weiteren Verlauf andere Personen anschlossen, 29<br />

woraus folgert: Je länger der <strong>Mobbing</strong>prozess andauert, desto mehr Beschäftigte<br />

sind involviert.<br />

Wer versucht, sich der Gruppendyn<strong>am</strong>ik zu entziehen, kann schnell selbst als<br />

Außenseiter gelten und Betroffene/Betroffener von diskriminierenden Handlungen<br />

oder <strong>Mobbing</strong> werden.<br />

Leymann zitiert eine norwegische Studie, in der 20% von 2.200 befragten Personen<br />

angaben, dass an ihrem <strong>Arbeitsplatz</strong> auch andere während der letzten 6 Monate<br />

gemobbt wurden. 30<br />

Es besteht zwingend die Notwendigkeit, die Hintergründe über <strong>Mobbing</strong> und<br />

Handlungsalternativen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu vermitteln, d<strong>am</strong>it<br />

<strong>Mobbing</strong>handlungen rechtzeitig erkannt und frühzeitig verhindert werden können.<br />

5.7 Konkurrenzverhalten<br />

Gut 60% der Befragten gaben an, dass sie gemobbt wurden, weil sie vom Mobber<br />

als Konkurrenz empfunden wurden und knapp 25% gaben an, dass der Mobber ihren<br />

Arbeitsbereich an sich ziehen wollte.<br />

<strong>Mobbing</strong> wird gegen die Betroffenen gezielt als Karrierestrategie eingesetzt.<br />

Auch hier kommt den Vorgesetzten eine hohe Verantwortung zu, die Fairness im<br />

betrieblichen Konkurrenzverhalten zu überwachen.<br />

29<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

30<br />

Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“ 1993, S.93<br />

28


7 Phasen des <strong>Mobbing</strong>s<br />

7.1 Einleitung<br />

In der Literatur wird der <strong>Mobbing</strong>prozeß, basierend auf die Einteilung nach Leymann,<br />

überwiegend in vier Phasen eingeteilt:<br />

- Konflikte bleiben ungelöst<br />

- Übergang zu <strong>Mobbing</strong> und Psychoterror<br />

- Rechtsbrüche durch Über- und Fehlgriffe der Personalverwaltung<br />

- Ausschluss aus der Arbeitswelt 31<br />

Grundlage dieser Einteilung waren Erkenntnisse, die Leymann aus seinen<br />

wissenschaftlichen Untersuchungen erlangt hatte.<br />

In einem neueren Werk von Esser/Wolmerath wird eine Dreiteilung vorgenommen:<br />

Die <strong>Mobbing</strong>phase steht für sich, wobei es eine Vorlaufphase und einen Endzustand<br />

gibt.<br />

In der Erläuterung zur Vorlaufphase wird jedoch ersichtlich, dass diese identisch mit<br />

den ungelösten Konflikten und die Endphase mit dem Ausschluss aus der Arbeitswelt<br />

nach Leymann ist.<br />

Die Phase der Rechtsbrüche durch Über- und Fehlgriffe der Personalverwaltung wird<br />

nicht gesondert ausgewiesen. 32<br />

Nachfolgend wird ebenfalls ein 3 Phasenmodell vorgestellt, wobei lediglich die dritte<br />

und vierte Phase nach Leymann zu einem Block „Arbeitsrechtliche Maßnahmen“<br />

zus<strong>am</strong>mengefasst wird.<br />

31<br />

vgl. Prof. Dr. Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“ 1993, Schaubild S.59<br />

32<br />

vgl. Dr. Axel Esser/Dr. Martin Wolmerath, „<strong>Mobbing</strong>. Der Ratgeber für Betroffene und ihre<br />

Interessenvertretungen“, 1997, 4. Auflage 2001, Schaubild S.39, Erläuterung S.40<br />

29


7.2 Phase 1: Der Konflikt als Auslöser des <strong>Mobbing</strong>s<br />

Konflikte sind manchmal für ein vernünftiges Arbeiten notwendig, denn nur durch<br />

Meinungsverschiedenheiten werden Probleme offensichtlich.<br />

In einer sachlich geführten Auseinandersetzung können sie diskutiert werden und<br />

günstigstenfalls einigt man sich gemeins<strong>am</strong> auf eine Lösung. Konflikte können aber<br />

auch Auslöser für <strong>Mobbing</strong>handlungen sein, wenn sie nicht offen ausgetragen<br />

werden, sondern zwischen den Betroffenen weiter schwelen. So entsteht ein<br />

angespanntes Verhältnis zwischen dem späteren Opfer und dem Täter, welches<br />

einen <strong>Mobbing</strong>prozess begünstigen kann.<br />

Es ist wichtig, den Unterschied zwischen einfachen Konflikten und gezielten<br />

<strong>Mobbing</strong>handlungen zu verdeutlichen:<br />

Konflikten kann eine ungelöste Diskussion über eine Sachfrage zu Grunde liegen,<br />

während beim Täter im <strong>Mobbing</strong>prozess die systematische Schädigung des Opfers im<br />

Vordergrund steht und das Sachproblem allenfalls vorgeschoben wird. Natürlich wird<br />

auch versucht, die persönlichen Konflikte als Sachkonflikte nach außen darzustellen.<br />

Aber nicht nur ungelöste Konflikte können zu <strong>Mobbing</strong> führen, sondern auch einfach<br />

gestörte zwischenmenschliche Beziehungen.<br />

Es kann vorkommen, dass zwei Personen nicht „auf einer Wellenlänge liegen“, also<br />

sich von Beginn an unsympathisch sind. Passiert so etwas auf privater Ebene,<br />

können sich die beteiligten Menschen aus dem Weg gehen, im Arbeitsleben ist dies<br />

weitaus schwerer und oftmals nicht zu realisieren.<br />

Noch problematischer wird es, wenn die Antipathie nicht auf Gegenseitigkeit beruht,<br />

sondern nur vom späteren Täter so empfunden wird. So kann der Mobber zunächst<br />

unauffällig agieren. Diese erste Phase des <strong>Mobbing</strong>prozesses ist schwer erkennbar,<br />

da die wiederkehrenden Konflikte noch nicht den Verfolgungscharakter<br />

verdeutlichen. Ungefähr ein Viertel der Betroffenen äußert, die erste Phase nicht<br />

bemerkt zu haben. 33 Denkbar ist auch, dass Betroffene die ständigen<br />

Reibungspunkte verdrängen.<br />

33<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

30


7.3 Phase 2: Beginn der <strong>Mobbing</strong>handlung<br />

Die <strong>Mobbing</strong>handlungen waren für das Opfer anfangs nicht als bewusster Terror<br />

gegen die eigene Person erkennbar. Nun tritt der ungelöste Konflikt in den<br />

Hintergrund und gegen den Betroffenen wird seitens des Mobbers systematisch<br />

vorgegangen.<br />

Der Gemobbte kann verschiedene Bewältigungsstrategien anwenden 34 35 wie z.B.<br />

Direkte Gegenwehr:<br />

- Klärungsversuch<br />

Eine Eigeninitiative durch Ansprechen des Mobbers dürfte in dieser Phase in<br />

der Regel scheitern, da im Vordergrund nicht mehr die Sachfrage steht,<br />

sondern die Beziehungsebene. Der Täter hat ein Interesse, der/dem<br />

Betroffenen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu schaden. Moralische<br />

Bedenken treten hinter dieses Bedürfnis zurück.<br />

- Gegenwehr<br />

Eine Gegenwehr kann ebenfalls unterschiedlich geartet sein.<br />

Es kommt insbesondere die situative Gegenwehr direkt gegen den Täter oder<br />

die Gegenwehr mit Unterstützung offizieller Stellen, wie der<br />

Personalvertretung in Betracht.<br />

Je nach Intensität des Angriffs fällt die direkte Gegenwehr unterschiedlich<br />

stark aus. Oftmals erfolgen diese Angriffe aber versteckt, so dass sie den<br />

Kolleginnen und Kollegen oder den Vorgesetzten im Arbeitsumfeld nicht<br />

auffallen, wohl aber das -für den außenstehenden Betrachter- auffallende<br />

Verteidigungsverhalten des Opfers. Dies kann dem Opfer auf Dauer seitens<br />

der anderen Beschäftigten oder der Unternehmensleitung negativ ausgelegt<br />

werden. 36<br />

34<br />

vgl. Dr. Martin Wolmerath, „<strong>Mobbing</strong> . Der Ratgeber für Betroffene und ihre Interessensvertretung“, 1997,<br />

4. Auflage 2001, S.54<br />

35<br />

vgl. Prof. Dr. Heinz Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S.69<br />

36<br />

vgl. Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S.61f.<br />

31


Entscheidet man sich sehr spät zu einer Intervention über die Interessensvertretungen<br />

oder über Vorgesetzte kann es sein, dass man bereits einen<br />

bestimmten „Ruf weg hat“. Die Aussichten auf Erfolg schwinden d<strong>am</strong>it.<br />

Die Verhaltensänderungen beim Opfer werden im Kapitel 8.1 näher betrachtet.<br />

Es ist leicht zu erkennen, dass Opfer schnell in einen Teufelskreis geraten<br />

können, aus dem sie ohne Hilfe und Unterstützung nicht mehr<br />

herauskommen.<br />

Indirekte Gegenwehr:<br />

- Suche nach Rückhalt und Bestätigung<br />

Dies kann auf verschiedenste Art und Weise geschehen, z.B.:<br />

Die/der Betroffene versucht, möglichst viel und gut zu arbeiten um<br />

Anerkennung und Bestätigung von den Kolleginnen/Kollegen und Vorgesetzten<br />

zu erlangen.<br />

Oder es wird versucht, andere Kolleginnen/Kollegen und Vorgesetzte auf die<br />

eigene Seite zu ziehen.<br />

In beiden Fällen sind die Bemühungen zum Scheitern verurteilt, wenn die<br />

Kolleginnen/Kollegen und/oder der Vorgesetzte involviert sind, bzw. die<br />

<strong>Mobbing</strong>situation billigen.<br />

- Fluchtverhalten<br />

Hier kommen z.B. Unterordnungsversuche und Vermeidungsverhalten in<br />

Betracht.<br />

Mit Vermeidungsverhalten ist hier gemeint, dass das Opfer dem Täter aus dem<br />

Weg geht. Da der Täter aber nur auf eine Gelegenheit wartet zuschlagen zu<br />

können, wird das Opfer auch d<strong>am</strong>it keinen Erfolg haben.<br />

Der Versuch, sich unterzuordnen bedeutet, dass das Opfer nachgibt und den<br />

Täter als den „Stärkeren“, bzw. als den informellen Führer akzeptiert und ihm<br />

dies signalisiert. Dadurch wird der Täter u.U. sogar angespornt, da er zum<br />

einen das Opfer ungestraft erfolgreich schädigen kann.<br />

37<br />

vgl. Esser, Wolmerath, „<strong>Mobbing</strong>. Der Ratgeber für Betroffene und ihre Interessenvertretung, 4. Auflage,<br />

32


Zum anderen verfolgt der Täter nicht das Ziel der Unterwerfung, sondern der<br />

Ausgrenzung, der Entfernung des Opfers aus dem Arbeitsumfeld. 37<br />

Die nachfolgend dargestellte Grafik macht deutlich, dass ein hoher Teil der<br />

Betroffenen versucht, durch direkte Gegenwehr die <strong>Mobbing</strong>handlungen zu stoppen.<br />

Lediglich 12,7% unterließen eine Gegenwehr, weil bspw. das <strong>Mobbing</strong> von<br />

Vorgesetzten ausging, Angst vor Verlust des <strong>Arbeitsplatz</strong>es bestand, die Situation als<br />

hoffnungslos eingeschätzt wurde oder Resignation eintrat.<br />

Leider waren nur 7,7% der Betroffenen mit dieser Strategie erfolgreich.<br />

Bei 83,1% der Betroffenen wurden Klärungsversuche blockiert bzw. unterdrückt und<br />

9,2% sind sich über die Wirkungsweise ihrer Strategie unsicher. 38<br />

2001, S.91<br />

38<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

33


7.4 Phase 3: Arbeitsrechtliche Maßnahmen<br />

Durch das <strong>Mobbing</strong> wird das Opfer in seinem Verhalten beeinflusst.<br />

Es kann durch das genannte Verteidigungsverhalten, durch krankheitsbedingte<br />

Fehlzeiten oder durch vermehrte Fehler in den Arbeitsergebnissen negativ auffallen.<br />

Sofern Vorgesetzte nicht selbst als Täter aktiv waren, können sie unbewusst zum<br />

„Mittäter“ werden, denn fehlen ihnen die Kenntnisse über das Phänomen <strong>Mobbing</strong>,<br />

rechnen sie das oben geschilderte Verhalten nur dem Opfer zu und betrachten ihre<br />

arbeitsrechtlichen Maßnahmen ihm gegenüber als die „Lösung einer<br />

Disziplinarfrage“. 39<br />

Typische Fehler, die seitens des Arbeitgebers begangen werden, sind:<br />

- „Verstöße gegen das Recht, gehört zu werden<br />

In vielen Fällen wird dem oder der Betroffenen das Recht genommen, seine<br />

oder ihre Version des Geschehens darzulegen. Man wird verurteilt, ohne<br />

gehört zu werden. Der Zeuge, der Ankläger, und der Richter sind ein und<br />

dieselbe Person.<br />

- Sich weigern, Mitteilungen entgegenzunehmen<br />

Zum Beispiel die Annahme von schriftlichen Stellungnahmen des Opfers<br />

verweigern oder ihren Sinn verdrehen.<br />

- Keine Aufklärung über die Rechtslage<br />

...oder über Möglichkeiten von Auswegen für das Opfer geben.<br />

- Absprachen hinter dem Rücken des Opfers<br />

Nicht selten kommt es vor, dass Arbeitgeber und Gewerkschaftsvertreter<br />

Absprachen treffen, von denen das Opfer nichts weiß.“ 40<br />

39<br />

vgl. Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S.65<br />

40<br />

Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S.64<br />

34


Aus der <strong>am</strong>erikanischen Erhebung „U.S. Hostile Workplace Survey 2000“ geht hervor,<br />

dass Vorgesetzte die Mobber in 42% der Fälle aktiv unterstützten, in 40% der Fälle<br />

untätig blieben und nur in 7% der Fälle gegen den/die Mobber vorgingen.<br />

In 36% der Fälle richteten sich ihre Maßnahmen gegen das Opfer. 41<br />

Mit diesen oder auch anderen Fehlern von Vorgesetzten und Personalabteilungen<br />

kann die Situation nur noch verschärft werden, d.h. die geschilderten Fehler häufen<br />

sich, da die Belastung des Opfers zunimmt. Als letzte Maßnahme bleibt nur noch der<br />

Ausschluss aus der Arbeitswelt. Dies kann bedeuten: 42<br />

- die Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis, auch durch Abfindung oder<br />

Vorruhestandsregelungen,<br />

- das Abschieben in ein entlegenes Büro, u.U. ohne oder mit sinnlosen<br />

Arbeitsaufträgen, oder<br />

- fortlaufende Versetzungen<br />

Die aktuelle Studie belegt, das in ca. drei Viertel der Fälle das <strong>Mobbing</strong> erst mit dem<br />

Entfernen des Gemobbten aus dem Arbeitsbereich beendet wurde, d.h. durch eigene<br />

Kündigung, Versetzung bzw. zwangsweise durch den Arbeitgeber oder aufgrund<br />

Vorruhestand, Rente oder Vertragsablauf. 43<br />

6.5 Dauer der <strong>Mobbing</strong>handlungen 44<br />

Mehr als die Hälfte der Befragten erlebte sogar die letzte Phase des <strong>Mobbing</strong>prozesses.<br />

Für ca. ein Drittel dauerte der <strong>Mobbing</strong>prozess weniger als 6 Monate.<br />

Die Dauer der einzelnen Phasen wurde individuell sehr unterschiedlich angegeben.<br />

Dies bedeutet, dass je nach Bemerken der <strong>Mobbing</strong>handlungen und deren Intensität<br />

ein Richtwert nicht vorgegeben werden kann.<br />

Hinsichtlich der Intensität ist jedoch festzustellen, dass bei Langzeitbetroffenen (drei<br />

und mehr Jahre) zu dem ursprünglich auf der Fachebene betriebenen <strong>Mobbing</strong><br />

41<br />

, Stand 09.03.2002<br />

(Online- Erhebung 01.03.- 30.05.2000 mit 1..335 Teilnehmern)<br />

42<br />

vgl. Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S.65f.<br />

43<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

44<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

35


Angriffe auf der kommunikativen Ebene, wie Beleidigungen, Hänseleien und<br />

Gerüchte streuen, hinzukommen.<br />

Denkbar ist, dass die erfolglosen Angriffe auf der Fachebene langfristig den Mobber<br />

veranlassen, zusätzliche Maßnahmen gegen das Opfer zu ergreifen.<br />

7 Auswirkungen von <strong>Mobbing</strong><br />

8.1 Auswirkungen auf die Betroffenen<br />

<strong>Mobbing</strong>betroffene werden vom Täter unter Stress gesetzt.<br />

Schon nach kurzer Zeit treten erste psychosomatische Symptome des Unwohlseins,<br />

wie Magen- Darmprobleme, Rückenschmerzen, leichte Depressionen, Schlafstörungen,<br />

Kopfschmerzen etc. 45 auf. Diese Symptome könnten schnell wieder<br />

abklingen, wenn die belastende Situation beendet würde und die Anspannung<br />

nachläße.<br />

Eine <strong>Mobbing</strong>situation ist jedoch auf Ausgrenzung des Opfers ausgelegt und dauert<br />

länger an, d.h. die ständigen Übergriffe erzeugen beim Opfer dauerhaft Stress. 46<br />

Die Untersuchungen Leymanns ergaben, dass bei Personen, die über einem halben<br />

Jahr <strong>Mobbing</strong>handlungen ausgesetzt waren, behandlungsbedürftige Posttraumatische<br />

Belastungsstörungen vorlagen, d.h. PTSD (post-traumatic-stress-disorder) wurde<br />

diagnostiziert. 47 Übersetzt bedeutet PTSD „Stressbelastung nach einem Trauma“.<br />

Dazu zählen Merkmale wie die o.g. körperlichen Symptome und:<br />

„Müdigkeit, Schreckhaftigkeit, Unausgeglichenheit, vermehrte Reizbarkeit,<br />

Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten, Unfähigkeit Frustration zu ertragen,<br />

Gefühle der Hilflosigkeit, des Kontrollverlustes und der existenziellen Bedrohung“. 48<br />

Bei einem Trauma handelt es sich in der Psychologie um einen psychischen,<br />

seelischen Schock. 49<br />

45<br />

vgl. Leymann, „Der neue <strong>Mobbing</strong>bericht“, 1995, S.139<br />

46<br />

Ebenda, S. 47f.<br />

47<br />

Leymann, „Der neue <strong>Mobbing</strong>bericht“, 1995, S.42<br />

48<br />

Leymann, „Der neue <strong>Mobbing</strong>bericht“, 1995, S.140<br />

49<br />

Bünting, „Deutsches Wörterbuch“, 1996<br />

36


Dies bedeutet, dass die/der Betroffene eine derart bedrohliche Situation erlebt hat,<br />

dass sie/er eine intensive Lebens- oder Existenzgefahr verspürt, also Angst um das<br />

eigene Leben, um die eigene Existenz.<br />

Leymanns Analysen brachten zutage, dass die Langzeit gemobbten Personen immer<br />

Maximalwerte bei den PTSD- Untersuchungen zeigten! 50<br />

Zu Beachten ist, dass die auslösende Situation auf andere, Unbeteiligte, durchaus<br />

nicht so bedrohlich wirken kann und keinen Schock auslöst. Es kommt also auch auf<br />

das persönliche Bewältigungsvermögen an. Neben der Intensität der Belastung<br />

spielen auch Erfahrungswerte dabei eine Rolle.<br />

Der mögliche Personenkreis erstreckt sich von Opfern oder Zeugen eines Unfalles<br />

oder einer Straftat (Primär-/Sekundäropfer) bis hin zu Betroffenen eines Krieges, des<br />

Holocaust oder von Naturkatastrophen.<br />

Das besondere bei <strong>Mobbing</strong> ist die Tatsache, dass die Betroffenen der belastenden<br />

Situation nicht nur einmal ausgesetzt sind, sondern ständig, wenn auch in<br />

verschiedener Intensität! Daher erklären sich auch die genannten Maximalwerte des<br />

PTSD.<br />

<strong>Mobbing</strong> als Ursache von Krankheiten wurde 1998 in die deutschen Lehrbücher der<br />

Psychotraumatologie aufgenommen. 51<br />

PTSD wurde in das psychiatrische Diagnosebild der Weltgesundheitsorganisation<br />

WHO aufgenommen (ICD.10, 1991).<br />

Leymann beobachtete auch Reaktionen bei Betroffenen, die ca. 1-2 Jahre diesen<br />

Situationen ausgesetzt waren, (Durchschnittswert 1,25 J.).<br />

„Die/der Betroffene scheint sich dann in einem generellen Angstzustand zu<br />

befinden....“ 52<br />

Es liegen uns keinerlei Zahlen über Behandlungskosten der geschädigten Opfer vor.<br />

Diese statistisch zu erfassen dürfte unmöglich sein, da nicht jede <strong>Mobbing</strong>situation<br />

als Ursache erkannt wird.<br />

In der Fachzeitschrift „Deutsches Ärzteblatt, Heft 27“ 53 wird von den Autoren<br />

geschildert, wie <strong>Mobbing</strong>betroffene von Ärzten, die sich mit der <strong>Mobbing</strong>problematik<br />

50<br />

Leymann, „Der neue <strong>Mobbing</strong>bericht“, 1995, S.45f.<br />

51<br />

Fischer, Riedesser, „Lehrbuch der Psychotraumatologie“, 1998, Reinhard- Verlag, aus:<br />

, Stand 08.03.2002<br />

52<br />

Leymann, „Der neue <strong>Mobbing</strong>bericht“, 1995, S. 48<br />

53<br />

Bämayr, Argeo, im dt. Ärzteblatt 1998, Heft 27 vom 06.07.2001, Seite A-1811<br />

„<strong>Mobbing</strong>: Hilflose, Helfer in Diagnostik und Therapie“<br />

37


nicht auskennen, als selbst verantwortlich für ihren Zustand hingestellt und falsche<br />

Diagnosen gestellt werden, wodurch ihnen wieder Unrecht wiederfährt.<br />

Eine -nicht repräsentative- schwedische Untersuchung aus 1986 ergab, dass sich<br />

mindestens 100, vermutlich aber 300 Menschen wegen der Verhältnisse <strong>am</strong><br />

<strong>Arbeitsplatz</strong> das Leben nahmen.<br />

In dem gleichen Zeitraum k<strong>am</strong>en 65 Menschen aus „klassischen“, also<br />

sicherheitsbedingten Gründen ums Leben. 54<br />

54<br />

vgl. Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S. 121,f.<br />

38


8.2 Auswirkungen auf den/die Mobber<br />

Der Mobber wird sich vielleicht in seiner Rolle wohl fühlen.<br />

So ist er nicht lange alleine und vers<strong>am</strong>melt eine Schar Mitläufer um sich, die im<br />

schlimmsten Fall die <strong>Mobbing</strong>aktivitäten unterstützen.<br />

Selbst Kollegen, die seine Handlungen nicht gutheißen, werden sich voraussichtlich<br />

aus Angst nicht einmischen, um nicht selbst Opfer zu werden. So solidarisieren sie<br />

sich ungewollt mit dem Täter, da sie die Taten durch „wegsehen“ tolerieren.<br />

<strong>Mobbing</strong> ist vermutlich aber auch für den Täter nerven- und zeitaufwendig, denn er<br />

muss ständig auf der Hut sein, um ja keine Gelegenheit zu verpassen, das Opfer zu<br />

schädigen.<br />

Darüber hinaus muss er sich gegenüber den Vorgesetzten ins rechte Licht setzen um<br />

einen Vertrauensvorschuss zu erlangen/bewahren und sich der Loyalität der Mitläufer<br />

versichern.<br />

So kann sich der Mobber nicht sicher sein, wie er tatsächlich von den anderen<br />

gesehen wird. Möchte er eine Veränderung des selbstgewählten Images erwirken,<br />

liegt ein langer und harter Weg vor ihm. Zum einen muss er hierbei sein Gesicht vor<br />

seinen „Anhängern“ wahren, zum anderen ist die Reintegration in die Gruppe der<br />

„Mitläufer“ auf Grund des Vertrauensverlustes nicht gewährleistet.<br />

Psychosomatische Erkrankungen des Mobbers sind also ebenfalls denkbar. 55<br />

55<br />

vgl. Dr. Axel Esser, Dr. Martin Wolmerath, „<strong>Mobbing</strong>. Der Ratgeber für Betroffene und ihre<br />

Interessensvertretung“, 4. Auflage 2001, S. 51<br />

39


8.3 Auswirkungen auf das direkte Arbeitsumfeld<br />

Neben dem Opfer und vielleicht auch dem Täter kann die ges<strong>am</strong>te Belegschaft unter<br />

dem <strong>Mobbing</strong> leiden.<br />

War das Betriebsklima früher noch kollegial, so arbeitet man nun in einem<br />

gespannten Betriebsklima. Neben der eigenen Ansicht über den/die Täter könnte<br />

auch Unzufriedenheit über die eigene Person entstehen, wenn man weggesehen und<br />

nicht in den <strong>Mobbing</strong>prozeß eingegriffen hat. Eine Verschlechterung des<br />

Betriebsklimas wird von den Beschäftigten durchaus wahrgenommen.<br />

Fehlzeiten und Minderleistungen des Opfers müssen von der restlichen Belegschaft<br />

kompensiert werden. Mehrarbeit bei gleichem Gehalt ist die Folge.<br />

Darüber hinaus könnte sich auch durchaus Misstrauen entwickeln, wenn an früheren<br />

<strong>Mobbing</strong>handlungen Vorgesetzte beteiligt waren, denn es dürfte die Frage<br />

aufkommen, ob man noch in der Gunst der Führungskraft steht oder ob man nicht<br />

ebenfalls auf diese Art und Weise „wegrationalisiert“ werden soll.<br />

Unzufriedenheit, Demotivation, Personalfluktuation, verringerte Effektivität und<br />

Produktivität, zunehmende Kooperationsprobleme, aber auch wachsende Kritik an<br />

und mangelndes Vertrauen in die Geschäftsleitung können daraus resultieren. 56<br />

Ebenso kann sich das <strong>Mobbing</strong>, dass innerhalb einer Abteilung stattfand, im<br />

Unternehmen herumsprechen und Schwierigkeiten nach sich ziehen, offene Stellen<br />

neu zu besetzen.<br />

Das <strong>Mobbing</strong> keineswegs ein Einzelfall ist, zeigt die nachfolgende Grafik.<br />

Die Betroffenen gaben an, dass <strong>Mobbing</strong> vor ihnen, parallel und auch nach ihnen<br />

wieder vork<strong>am</strong>.<br />

56<br />

vgl. EU- Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten „Bericht über <strong>Mobbing</strong> <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong>,<br />

Nr. 2001/2339(INI) vom 16.07.2001, S.14<br />

40


8.4 Auswirkungen auf das Unternehmen und die Gesellschaft<br />

8.4.1 Auswirkungen auf das Unternehmen<br />

Es kann zwischen direkten und indirekten Kosten unterschieden werden: Direkte<br />

Kosten sind die Aufwendungen, die für die Einstellung einer neuen<br />

Mitarbeiterin/eines neuen Mitarbeiters anfallen, wie bspw. Insertionswerbung,<br />

Auswahlverfahren, Einarbeitung, etc. 57<br />

Die indirekten Kosten sind jedoch schwer messbar, wie bspw. die Kosten für die<br />

Arbeitszeit, die von den Parteien für <strong>Mobbing</strong> oder für dessen Bewältigung<br />

aufgewendet wird (u.a. Gespräche mit Vorgesetzten, Interessensvertretungen, etc.)<br />

oder für Produktionsstörungen, Ausschuss, etc. 58<br />

In Leymanns Buch wird die Schätzung einer deutschen Unternehmensberatungsfirma<br />

zitiert, die versuchte, die Kosten einer Fluktuation<br />

verschiedener Hierarchieebenen zu konkretisieren.<br />

57<br />

vgl. Leymann, „Der neue <strong>Mobbing</strong>bericht“, 1995, S.73<br />

58<br />

vgl. Leymann, „Der neue <strong>Mobbing</strong>bericht“, 1995, S. 73<br />

41


Die Fluktuation kostet demnach (Stand 1985) für<br />

- eine Lagerarbeiterin/ Facharbeiterin, bzw.<br />

eine Facharbeiterin/eines Facharbeiters: 7.500€<br />

- eine Sekretärin, bzw. einer mittleren<br />

Facharbeiterin/eines mittleren Facharbeiters: 12.500€<br />

- eine höhere qualifizierte Facharbeiterin/eines<br />

höher qualifizierten Facharbeiters: 25.000€<br />

- eine Führungskraft mit einem Jahreseinkommen<br />

von 60.000€: 200.000€ 59<br />

In einer norwegischen Untersuchung gaben 27 % der Befragten an, dass <strong>Mobbing</strong><br />

<strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> ihre Effektivität sehr reduziert. 60<br />

Die genannten Erkenntnisse sollen verdeutlichen, dass selbst für das Unternehmen<br />

hohe Kosten durch <strong>Mobbing</strong>prozesse entstehen.<br />

Dies kann sich für ein Unternehmen allenfalls dann rentieren, wenn ein zügiger<br />

Stellenabbau erwünscht ist und <strong>Mobbing</strong> dafür akzeptiert wird.<br />

Unberücksichtigt bleiben hier Auswirkungen, dass ein Prestigeverlust denkbar ist,<br />

wenn sich die Vorgänge auf dem Markt herumsprechen oder eine Wiederholung von<br />

<strong>Mobbing</strong>vorgängen, auch wenn diese u.U. gar nicht mehr erwünscht sind.<br />

59<br />

Harlander, 1985, S. 375, aus: Leymann, „Der neue <strong>Mobbing</strong>bericht“, 1995, S. 73<br />

Angaben von DM in Euro, vereinfacht 1:2<br />

60<br />

Matthiesen, Raknes, Rökkum, „<strong>Mobbing</strong> pa arbeidsplassen. Tidskrift for Norsk Psykologforening“,<br />

1989, S. 26; 761-774 in „<strong>Mobbing</strong>“, Leymann, 1993, S.93.<br />

42


8.4.2 Auswirkungen auf die Gesellschaft<br />

Nicht nur der Betrieb wird mit Kosten belastet, auch die Gesellschaft hat für die<br />

Folgeschäden, wie medizinische und psychologische Heilbehandlungen,<br />

Arbeitslosigkeit, Berufsunfähigkeit, bzw. Frühverrentung tief in die Tasche zu greifen.<br />

„Groeblinghoff beispielsweise schätzt, dass die durch <strong>Mobbing</strong> bedingten<br />

Behandlungskosten ca. 50.000,00€ bis 65.000,00€ 61 je Fall (bei einer<br />

Behandlungsdauer von drei bis vier Jahren) betragen (vgl. Groeblinghoff, S. 142).<br />

Gemäß einer Hochrechnung von Resch werden aufgrund <strong>Mobbing</strong> jährlich zwischen<br />

12.000 und 25.000 Personen frühverrentet, wodurch Kosten zwischen 1,5 und 3<br />

Milliarden Euro pro Jahr entstehen (Resch, Seite 127).“ 62 „Ein Prozent Krankenstand<br />

kostet für ein Unternehmen mit ca. 1.000 Mitarbeiter 200.000€ jährlich“. 63<br />

Leymann errechnete in dem authentischen <strong>Mobbing</strong>fall „Lena- die Schweißerin“ die<br />

ungefähr entstandenen Kosten bei Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung (hier 24<br />

Jahre). Die Ges<strong>am</strong>tkosten betrugen umgerechnet 700.000€. 64<br />

Bei den genannten Angaben handelt es sich um Schätzung, die verdeutlichen, wie<br />

sozial schädlich sich <strong>Mobbing</strong> <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> auswirken kann.<br />

61<br />

Angaben von DM in Euro, vereinfacht 1:2<br />

62<br />

Esser/Wolmerath, “<strong>Mobbing</strong>. Der Ratgeber für Betroffene und ihre Interessenvertretungen”, 2001<br />

63<br />

DGB „<strong>Mobbing</strong>“ 2000 in , Stand 29.09.2001<br />

64<br />

Leymann, „<strong>Mobbing</strong>“, 1993, S.125f.<br />

43


Nachstehende Grafik verdeutlicht die zu erwartenden <strong>Mobbing</strong>folgen und lässt<br />

erahnen, dass jeder <strong>Mobbing</strong>fall die Gesellschaft immense Kosten bereitet.<br />

44


9 Rechtliche Bewertung von <strong>Mobbing</strong><br />

9.1 Strafrechtliche Bewertung<br />

Der Begriff <strong>Mobbing</strong> taucht im Strafrecht nicht auf, da er sich aus vielen einzelnen<br />

Handlungen zus<strong>am</strong>mensetzt, von der jede einzelne auf strafrechtliche Aspekte hin<br />

betrachtet werden kann. Durch einzelne<br />

Handlungen im <strong>Mobbing</strong>prozeß können u.a. folgende Straftaten verwirklicht werden:<br />

- Beleidigung, § 185 StGB (trotz Wahrheitsbeweises: § 192 StGB)<br />

- üble Nachrede, § 186 StGB<br />

- Verleumdung, § 187 StGB<br />

- Nötigung, § 240 StGB<br />

- Bedrohung, § 241 StGB<br />

- Körperverletzung, § 223ff. StGB<br />

- Diebstahl/Unterschlagung, §§ 242ff., 248 StGB<br />

- Sachbeschädigung, § 303 StGB, u.v.m.<br />

Zu Beachten ist, dass - außer bei der Nötigung- ein Strafantrag erforderlich ist 65 , der<br />

innerhalb von 3 Monaten - nach Kenntniserlangung der Tat- 66 bei der Polizei oder<br />

Staatsanwaltschaft zwecks Strafverfolgung gestellt werden muss.<br />

Es handelt sich bei den o.g. Taten um Vergehenstatbestände.<br />

„Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren<br />

Freiheitsstrafe (Anm.: als Verbrechen mit 1 Jahr Mindestmaß) oder die mit Geldstrafe<br />

bedroht sind“. 67<br />

Eine strafrechtliche Bewertung erfolgt anhand bestimmter Fakten, z.B.: A schlägt B<br />

<strong>am</strong> soundso vielten um soundso viel Uhr in x- Stadt.<br />

Hier kann ein Körperverletzungsdelikt strafrechtlich geprüft werden.<br />

Einzelne Körperverletzungsdelikte im <strong>Mobbing</strong>prozess erfüllen diese Nachprüfbarkeit.<br />

Problematisch ist eine Einstufung des ges<strong>am</strong>ten <strong>Mobbing</strong>prozesses als<br />

65<br />

vgl. §§ 194, 230, 248a, 303c, i.V.m. § 77 StGB<br />

66<br />

§ 77(2) StGB<br />

67<br />

§ 12(2) StGB<br />

45


Körperverletzung, da er wiederum in einzelne fassbare Handlungen auseinanderdividiert<br />

werden muss.<br />

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Staatsanwaltschaft jeweils öffentliches<br />

Interesse zur Verfolgung der Tat bejaht. Dies dürfte z.B. bei einer Beleidigung i.d.R.<br />

erst der Fall sein, wenn sie über die Beteiligten hinaus von anderen Personen<br />

wahrgenommen und dadurch die/der Geschädigte in besonderer Weise herabgesetzt<br />

wurde.<br />

Im Falle einer Gerichtsverhandlung muss das Opfer die Tat(en) nachweisen können,<br />

beispielsweise durch Aufzeichnungen und Zeugenaussagen, was sich insbesondere<br />

dann schwierig gestaltet, wenn aus dem Kollegenkreis <strong>Mobbing</strong> betrieben wird und<br />

sich keine Zeugen zur Verfügung stellen.<br />

Wurde schließlich eine rechtswidrige Tat, bspw. eine Beleidigung bejaht, wird ein<br />

entsprechendes Strafmaß festgelegt.<br />

Da aber der <strong>Mobbing</strong>prozeß nicht als solcher im Strafgesetzbuch erfasst ist, wird die<br />

einzelne Tat bestraft, wobei sich das Strafmaß an der schwere der Tat und an den<br />

persönlichen Daten des Täters orientiert (Vorstrafen). Liegen keine Vorstrafen vor,<br />

kann das Gericht nach seinem Ermessen das Verfahren wegen Geringfügigkeit<br />

einstellen oder bspw. eine Geldstrafe verhängen.<br />

Schadensersatzansprüche, bzw. Schmerzensgeld von Opfern werden zunächst nicht<br />

berücksichtigt.<br />

In Frankreich kann <strong>Mobbing</strong> seit Mai 2001 mit bis zu einem Jahr Gefängnis, bzw. mit<br />

einer Geldstrafe von bis zu 15.000€ geahndet werden.<br />

Bemerkenswert ist insbesondere, dass die Beweislast umgekehrt wurde, d.h. die<br />

Beweislast liegt beim Angeklagten. Er muss nachweisen, dass sein Verhalten kein<br />

gezieltes <strong>Mobbing</strong> war. 68<br />

Erfahrungswerte bezüglich strafrechtlicher Verfolgung von <strong>Mobbing</strong>handlungen in<br />

Deutschland liegen uns nicht vor.<br />

Aus den o.a. Aspekten und der im Kapitel 9.2 genannten aktuellen Rechtsprechung<br />

erscheinen uns zivil- und arbeitsrechtliche Schritte sinnvoller.<br />

68<br />

, Stand 16.02.2002<br />

46


9.2 Zivil- und arbeitsrechtliche Bewertung<br />

Es kommen auch zivil- bzw. arbeitsrechtliche Mittel in Betracht, wie<br />

- Schadenersatz wegen unerlaubter Handlung, § 823 BGB<br />

- Widerruf und Unterlassen ehrverletzender Äußerungen,<br />

analog §§ 1004, 823 BGB<br />

- Unterlassen von <strong>Mobbing</strong>handlungen, analog §§ 1004, 823 BGB<br />

- Schmerzensgeld, § 847 BGB<br />

- Entschädigung wegen Verletzung des allg. Persönlichkeitsrechts,<br />

Art.1(1), Art.2(1)GG<br />

Bis April 2001 konnten Unterlassungsverfügungen, Schadensersatz- oder<br />

Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht werden, wobei -wie im Strafrecht- die<br />

Beweislast beim Opfer lag.<br />

Im Arbeitsrecht überwog bisher die Zahl der Klageabweisungen, bzw. der<br />

Gerichtsentscheide mit negativem Ausgang für <strong>Mobbing</strong>betroffene, ebenfalls wegen<br />

mangelnder Beweisbarkeit. 69<br />

Ein Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts (LAG) vom 10.04.2001 stellt einen<br />

Meilenstein in der Rechtsprechung dar, da darin die Beweislast zugunsten des<br />

Arbeitnehmers im Verfahren auf den Arbeitgeber verlagert wurde.<br />

Es stellte u.a. 6 Leitsätze auf, in denen<br />

- <strong>Mobbing</strong> definiert wird<br />

- der Arbeitgeber verpflichtet wird, keine Eingriffe in das allgemeine<br />

Persönlichkeitsrecht oder in die Freiheitssphäre des Arbeitnehmers zu dulden,<br />

bzw. vorzunehmen (Fürsorgepflicht)<br />

- der Arbeitgeber verpflichtet wird, Maßnahmen zu ergreifen, d<strong>am</strong>it eine<br />

Verletzung des allg. Persönlichkeitsrechts ausgeschlossen ist sowie einen<br />

69<br />

Wolmerath in „Der Personalrat“ 12/2001, S.536<br />

47


menschengerechten <strong>Arbeitsplatz</strong> zur Verfügung zu stellen und die<br />

Arbeitnehmerpersönlichkeit zu fördern (Prävention)<br />

- der Arbeitgeber kurzfristige Eingriffe in diese Rechte , bzw. Eingriffe ohne<br />

finanzielle Nachteile für den Arbeitnehmer nicht als Rechtfertigung anführen<br />

kann<br />

- der Beweisnot des Betroffenen Rechnung getragen und der Parteienanhörung<br />

vor Gericht Beweiskraft gegeben wurde.<br />

Daraus folgt, dass der Arbeitgeber mit bekannt werden einer <strong>Mobbing</strong>situation in der<br />

Pflicht ist, tätig zu werden und dagegen Maßnahmen einzuleiten, da er ansonsten<br />

haftbar gemacht und zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt werden kann.<br />

Darüber hinaus hat der Arbeitgeber präventive Maßnahmen gegen <strong>Mobbing</strong><br />

durchzuführen und Hilfen zur Lösung akuter Konfliktsituationen bereitzuhalten.<br />

Dies bedeutet für <strong>Mobbing</strong>betroffene, dass sie lediglich ein Unterlassen des<br />

Arbeitgebers und einen durch <strong>Mobbing</strong> entstandenen Schaden nachweisen müssen.<br />

Ein Schaden in diesem Sinne kann gem. Leitsatz auch der Totalentzug der<br />

Beschäftigung oder eine nicht vertragsgemäße Beschäftigung sein.<br />

Bezüglich des Nachweises hat das Gericht der Parteianhörung ein starkes Gewicht<br />

eingeräumt, d.h. als Beweis wird die glaubhafte Schilderung der/des<br />

<strong>Mobbing</strong>betroffenen zugelassen.<br />

Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitnehmer die Initiative ergreift und den<br />

Sachverhalt über die innerbetrieblichen Ansprechpartner, über die Betriebsleitung<br />

oder über außerbetriebliche Beratungsstellen aktenkundig macht.<br />

Die Anrufung des Arbeitsgerichtes sollte derart frühzeitig geschehen, dass das<br />

Beschäftigungsverhältnis nicht gefährdet wird, also spätestens wenn der Betrieb die<br />

<strong>Mobbing</strong>handlungen nicht erkennt, untätig bleibt oder sich gar mit arbeitsrechtlichen<br />

70 71<br />

Maßnahmen gegen das Opfer wendet.<br />

Die entscheidenden 6 Leitsätze sind dieser Arbeit als Anlage 14.2 beigefügt.<br />

70<br />

vgl. Wolmerath, Artikel. „Rechtschutz bei <strong>Mobbing</strong>“ in „Der Personalrat“ 12/2001, S..535f.<br />

71<br />

vgl. Georg Lorenz, Rechtsreferent, Artikel „<strong>Mobbing</strong> <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> – Handlungsmöglichkeiten<br />

von Betroffenen, Arbeitgeber und Personalrat“ in „Der Personalrat“ 02/2002, S.65f.<br />

48


10 Anti- <strong>Mobbing</strong>- Strategie<br />

10.1 Präventive Maßnahmen gegen <strong>Mobbing</strong><br />

10.1.1 Durchführen einer Bestandsaufnahme<br />

Ziel einer Bestandsaufnahme ist es, die Arbeitsbedingungen und das soziale Klima zu<br />

erfassen und anschließend mit geeigneten Maßnahmen zu verbessern. Es bietet sich<br />

an, im Rahmen von Organisationsveränderungen Mitarbeiterbefragungen durchzuführen.<br />

Der Schwerpunkt sollte auf betriebliche Defizite, Führungsprobleme und<br />

Sozialbeziehungen liegen.<br />

Die Befragung gibt im Ergebnis die Stimmung im Unternehmen wieder und kann als<br />

„Frühwarnsystem“ dienen. Sie sollte anonym angelegt sein und das nicht nur<br />

bezüglich des Absenders. Formulierungen wie „mit wem arbeiten Sie besonders<br />

gerne“ oder „mit wem arbeiten Sie nicht gerne“ sollten tunlichst unterbleiben. 72<br />

Bei einer intakten Gruppe könnte dies u.E. als Denunziantentum aufgefasst werden<br />

und dementsprechend zu einem Boykott führen.<br />

Um ein genaueres Bild über die Konflikte zu gewinnen, kann sich diese Befragung<br />

über eine bestimmte Zeitspanne erstrecken, entweder durch eine Befragung über<br />

einen bestimmten Zeitraum (Tagesprotokolle) oder durch eine wiederholte punktuelle<br />

Befragung, da <strong>Mobbing</strong> sich nicht an einem einzigen Konflikt festmachen lässt.<br />

Ein Muster- Fragebogen ist als Anlage 14.4 beigefügt.<br />

72<br />

vgl. Kratz, „<strong>Mobbing</strong>: Erkennen, ansprechen, vorbeugen“ 2. Auflage 2000, S.56<br />

49


10.1.2 Auswählen und Qualifizieren von Führungskräften<br />

Grundsätzlich steht die Unternehmensleitung vor der Wahl, eine Führungskraft nach<br />

fachlicher oder sozialer Kompetenz auszusuchen.<br />

Während früher oftmals Führungskräfte überwiegend nach ihrer Fachkompetenz<br />

ausgewählt wurden, gewinnt die Sozialkompetenz heute mehr Bedeutung bei der<br />

Auswahl.<br />

Bei einer ausgeprägten Sozialkompetenz ist es einfacher und vermutlich auch<br />

preiswerter, das spezielle Fachwissen für die zukünftige Abteilung zu vermitteln, als<br />

Fähigkeiten, wie Konfliktlösungen, Kommunikation und soziale Integration künftigen<br />

Führungskräften nahe zu bringen. Ohne jegliche persönliche Disposition kann auch<br />

bezweifelt werden, ob das Erlernen - im Sinne von Praktizieren – der sozialen<br />

Elemente überhaupt möglich ist.<br />

Von den Betroffenen gaben 60,9% an, dass eine Gesprächsbereitschaft des<br />

Vorgesetzten nicht vorhanden war und 42,2%, dass ihr Vorgesetzter eher<br />

konfliktscheu war. 73 Hier wird deutlich, welchen Stellenwert die soziale Kompetenz<br />

einer Führungskraft hat.<br />

Gerade die mittlere und untere Führungsebene steht im direkten Kontakt zu den<br />

Mitarbeitern und benötigt ein fundiertes Wissen und Können, um Konflikteskalationen<br />

und <strong>Mobbing</strong>handlungen zu verhindern, denn sie sind es, die als Erste mit diesen<br />

Entwicklungen konfrontiert werden.<br />

Empfehlenswert sind Seminare in Kommunikation, Te<strong>am</strong>arbeit, Stress- und<br />

Konfliktbewältigung, Büro- und Zeitmanagement, Mitarbeiterführung, etc.<br />

Die Qualifizierungsmaßnahmen sollten möglichst vor Antritt einer neuen Stelle<br />

durchgeführt werden, d<strong>am</strong>it die Führungskräfte von Anfang an in der Lage sind,<br />

Defizite zu erkennen und wichtige Korrekturen einleiten zu können.<br />

Vorgesetzte, die Konflikte methodisch lösen und nach der win-win- Strategie 74 lösen<br />

können, dürften auch aufgrund dessen in der Belegschaft an Ansehen gewinnen.<br />

73<br />

Meschkutat, Stackelbeck, Langenhoff, „Der <strong>Mobbing</strong>report“, Wirtschaftsverlag NW, Dortmund 2002<br />

74<br />

Win-win- Strageie: Beide Konfliktparteien einigen sich durch Zugeständnisse. Es gibt kein Sieger-<br />

Verlierer – Verhältnis nach der Konfliktlösung.<br />

50


10.1.3 Fördern der sozialen Beziehungen<br />

Neben Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit durch Minimieren von<br />

Organisationsmängeln, Optimierung von Arbeitsabläufen, Beteiligung von<br />

Mitarbeitern und Schaffen einer Eigenverantwortlichkeit ist ein entscheidender Aspekt<br />

die Förderung des Gemeinschaftsgefühls und des Vertrauens untereinander.<br />

Zunächst ist es unabdingbar, dass die Geschäftsleitung einen freundlichen und fairen<br />

Umgang vorlebt und dies auch von der Belegschaft einfordert, d.h. es wird ein<br />

„moralischer Standard“ geschaffen, der Grundlage eines guten Betriebsklimas ist.<br />

Darüber hinaus gibt es jedoch viele Möglichkeiten, das Betriebsklima zu verbessern,<br />

z.B.<br />

- Lob und Anerkennung<br />

Wann haben Sie das letzte Mal einen Mitarbeiter oder ihren<br />

Kollegen bewusst gelobt?<br />

In der Regel unterbleiben Anerkennungen, weil „ja alles läuft“.<br />

Ist etwas nicht in Ordnung, ist man oft mit negativer Kritik<br />

schnell zur Stelle und das meist ohne Verbesserungsvorschläge.<br />

Wenn etwas optimal läuft, was aber nur der Fall sein kann, wenn jeder<br />

seinen Beitrag dazu leistet, ist dies ein Fall für Anerkennung.<br />

Dies betrifft nicht nur Führungskräfte.<br />

- Feierlichkeiten und Jubiläen<br />

Diese sollten explizit in einem bestimmten Rahmen gestattet und<br />

gefördert werden, denn es gibt Gelegenheiten, wie „runde<br />

Geburtstage“, „Nachwuchs“, Firmenjubiläen, etc., die es verdienen,<br />

gewürdigt zu werden. Außer einem „Glückwunsch“ und<br />

„shake hands“ darf man sich durchaus auch einer Rede bedienen<br />

und d<strong>am</strong>it Wertschätzung vorleben.<br />

- Förderung von Betriebsausflügen<br />

Nicht immer stehen Betriebsausflüge an oberster Stelle in der<br />

Beliebtheitsskala. Um sie abwechslungsreich zu gestalten sollte<br />

51


jeder, auch die Geschäftsleitung Infos für mögliche Ziele geben.<br />

Auch inhaltlich können Betriebsausflüge Vertrauen fördern, wenn<br />

beispielsweise die Teilnehmer auf gegenseitige Unterstützung angewiesen<br />

sind, so z.B. bei „Flussfahrten mit Booten“ oder jedem bekannte<br />

„Schnitzeljagden“.<br />

- Förderung des Gesundheitsschutzes<br />

Nicht nur wegen der täglichen Arbeitsbelastung gibt es in asiatischen<br />

Unternehmen Entspannungsübungen bis Sportangebote während der<br />

Arbeitszeit. Gemeins<strong>am</strong> durchgeführte Übungen mit gegenseitiger<br />

Unterstützung oder aber auch Ballspiele erfordern ein<br />

Zus<strong>am</strong>menspiel, das wiederum das Vertrauen untereinander<br />

stärkt.<br />

Dies sind nur ein paar Beispiele, wie Gemeins<strong>am</strong>keiten geschaffen oder je nach<br />

Angebot neu geschaffen werden können. Prämien, Zulagen und Gratifikationen allein<br />

reichen nicht aus, Vertrauen aufzubauen und ein persönliches Wohlbefinden<br />

herbeizuführen.<br />

10.1.4 Weiterbildungsangebote für Betriebsangehörige<br />

Für die Betriebsangehörigen sollten Informationsveranstaltungen und Seminare zum<br />

Thema <strong>Mobbing</strong> angeboten werden.<br />

Nur wenn die Mitarbeiter befähigt werden, <strong>Mobbing</strong>strukturen zu erkennen und zu<br />

verstehen, können sie aktiv dagegen agieren, statt wegzusehen und zu schweigen.<br />

Daneben sollten Informationsmaterialien allen Betriebsangehörigen einfach<br />

zugänglich sein, beispielsweise an Broschürenständern.<br />

Zusätzliche Seminare in Kommunikation, Te<strong>am</strong>arbeit, Stress- und Konfliktbewältigung<br />

sowie Büro- und Zeitmanagement können das Entstehen von <strong>Mobbing</strong> verhindern<br />

und die Arbeitszufriedenheit erhöhen.<br />

52


10.1.5 Verbessern der Arbeitsorganisation und -abläufe<br />

Durch Stellenabbau insbesondere auf den Führungsebenen haben Vorgesetzte<br />

oftmals eine zu große Führungsspanne, d.h. sie sind für zu viele Mitarbeiter<br />

verantwortlich.<br />

Werden die Führungskräfte nun mit zusätzlichen Aufgaben belastet und exzessiv<br />

Gesprächstermine anberaumt, geht ihnen leicht die Kontrolle über ihre Arbeitseinheit<br />

verloren.<br />

Es steht ihnen keine Zeit mehr für die Belange der Mitarbeiter zur Verfügung und ein<br />

Überblick über die täglichen Abläufe wird ebenfalls erschwert, da ihnen immer<br />

weniger Zeit für ihre Führungsaufgabe zur Verfügung steht.<br />

Es sollte eine angemessene Führungsspanne beibehalten werden, die Vor-gesetzte<br />

nicht überfordert und ihnen Gelegenheit gibt, ihrer Führungsverantwortung gerecht<br />

zu werden.<br />

Unseres Erachtens sollte die Führungsspanne 10 bis maximal 15<br />

Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter betragen.<br />

Darüber hinaus sollte darauf geachtet werden, dass die Hierarchie stimmig ist und<br />

Mitarbeiter nicht von verschiedenen Vorgesetzten u.U. noch widersprüchliche<br />

Anweisungen erhalten.<br />

Die Optimierung von Arbeitsabläufen liegt schon aus wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten im ureigensten Interesse eines Unternehmens, da Mängel zu<br />

Produktionsverzögerungen und Ausschuss führen, also Verluste bedeuten.<br />

Eine Verbesserung der Arbeitsabläufe kann zudem zu mehr Arbeitszufriedenheit<br />

führen, gerade dann, wenn die Mitarbeiter daran beteiligt werden.<br />

Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass die dazu erforderlichen Besprechungen<br />

einem Controlling unterzogen und nicht zu einem Selbstzweck werden.<br />

53


10.1.6 Einrichten einer Konfliktberatungsstelle<br />

Hierbei sind zwei Faktoren wichtig, die Örtlichkeit und die Anforderungen an den/die<br />

Ansprechpartner.<br />

Die Beratungsstelle sollte möglichst so gelegen sein, dass sie leicht aufgesucht<br />

werden kann, ohne ganze Abteilungen auf dem Weg dorthin durchqueren zu<br />

müssen. D<strong>am</strong>it soll die Hemmschwelle vor dem Aufsuchen des Ansprechpartners<br />

möglichst gering gehalten werden.<br />

Für diese Aufgabe dürfen nur vertrauenswürdige und kompetente Personen<br />

angenommen werden. Optimal wäre sicherlich die Beauftragung von zwei<br />

Ansprechpartnern, um eine Vertretungsregelung zu schaffen und dem einzelnen<br />

Ansprechpartner die Möglichkeit der Meinungsfindung und des Austauschs zu geben.<br />

Dies können innerbetriebliche Ansprechpartner, z.B. Personen des Betriebs-<br />

/Personalrats, Frauenbeauftragte oder Schwerbehindertenbeauftragte sein. Der<br />

Vorteil besteht hier zudem in den bereits bestehenden Strukturen und Kompetenzen,<br />

die nicht neu eingerichtet werden müssten. Sie genießen spezielle Rechte , wie z.B.<br />

- das Recht auf Teilnahme an speziellen Schulungs- und<br />

Bildungsveranstaltungen auf Kosten des Arbeitgebers unter Fortzahlung<br />

ihres Entgelts gem. § 37 BetrVG/§§ 44, 46 BPersVG<br />

- der besondere Schutz vor Benachteiligungen und Kündigungen, vgl. §§<br />

37, 78, 103 BetrVG/§§ 46, 47 BPersVG, § 15 KSchG.<br />

- die Anschaffung spezieller Sachmittel (z.B. Literatur) auf Kosten des<br />

Arbeitgebers, § 40 BetrVG/§ 44 BPersVG<br />

Auf jeden Fall sollten die Rechte des Ansprechpartners in der Betriebs- bzw.<br />

Dienstvereinbarung festgehalten werden, um seine Arbeit beispielsweise bei einem<br />

Wechsel der Geschäftsleitung weiterhin sicherzustellen.<br />

Handelt es sich um ein kleines Unternehmen, in dem kein Betriebsrat vorhanden ist<br />

und auch kein Ansprechpartner eingerichtet werden kann, ist auf außerbetriebliche<br />

Ansprechpartner hinzuweisen, bspw. auf Rechtsanwälte, Psychotherapeuten, (Ärzte-)<br />

K<strong>am</strong>mern, Gewerkschaften, Selbsthilfegruppen und Vereine.<br />

54


10.1.7 Systematisches Einführen von Mitarbeitern<br />

Tritt eine Person eine neue Stelle an, ist sie in der Regel unsicher, da sie in ein<br />

bestehendes Beziehungsgefüge hineinkommt und die anderen Kolleginnen und<br />

Kollegen und ihre Einstellung zum neuen Mitarbeiter zunächst unbekannt ist.<br />

In der Einführungsphase ist es für den Neuzugang ein Leichtes, ungeschickt<br />

aufzutreten, also „in ein Fettnäpfchen zu treten“.<br />

Andererseits wird ein neuer Mitarbeiter von den etablierten Kollegen genau<br />

beobachtet. Es können ihm sehr schnell Steine in den Weg gelegt werden, wenn er<br />

den Erwartungen der etablierten Mitarbeiter nicht entspricht.<br />

Ein sich daraus entwickelndes <strong>Mobbing</strong> kann durch eine strukturierte Einführung<br />

eines neuen Mitarbeiters verhindert werden.<br />

Dies beinhaltet die Information und Begleitung des neuen Mitarbeiters, als auch der<br />

etablierten Kollegen.<br />

Bereits eine eindeutige Stellenbeschreibung legt den ersten Grundstein, denn darin<br />

sollten neben den Anforderungen an den Stelleninhaber und Angabe der Hierarchie<br />

die Aufgaben und Kompetenzen klar niedergelegt sein.<br />

Werden diese Kompetenzen mit dem neuen Mitarbeiter und seinen zukünftigen<br />

Kollegen durchgegangen, können Abgrenzungskämpfe im Vorfeld minimiert werden.<br />

Darüber hinaus empfiehlt es sich, den neuen Mitarbeiter hinsichtlich seines<br />

bisherigen Werdegangs vorzustellen, womit seine fachliche Kompetenz unterstrichen<br />

werden kann. Eine persönliche Vorstellung des neuen Mitarbeiters darf dadurch<br />

jedoch nicht ersetzt werden.<br />

Mit der Abarbeitung der Aufgaben und Kompetenzen ist es jedoch noch nicht getan.<br />

Ein weiterer entscheidender Faktor sind die gewachsenen Gruppennormen, also<br />

meist ungeschriebene Handlungsweisen nach dem Motto „das macht man hier so“.<br />

Der neue Mitarbeiter soll auch in dieser Hinsicht vor „Fettnäpfen“ bewahrt bleiben.<br />

Dies lässt sich bewerkstelligen, wenn ihm für die Einführungsphase ein „Pate“ zur<br />

Seite gestellt wird, der ihn begleitet und für Fragen zur Verfügung steht. 75<br />

Die Kreativität des Neuen soll d<strong>am</strong>it keineswegs untergraben werden.<br />

75<br />

Christ, L<strong>am</strong>mert, Schneider „Handlungsfeld Personalwirtschaft“, 1996, S.189<br />

55


Nach Kennenlernen der Normen obliegt es der Geschicklichkeit und Diplomatie des<br />

Neuen, seine Ideen und Vorstellungen zu verwirklichen.<br />

10.1.8 Abschließen einer Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung<br />

Betriebs- oder Dienstvereinbarungen haben zum einen Regelungscharakter. Darin<br />

verdeutlicht, wie sich der einzelne Arbeitnehmer gegenüber seinen Arbeitskollegen<br />

und seinem Arbeitgeber zu verhalten hat (Verhaltenscodex) und an wen er sich<br />

wenden kann, wenn er Hilfe benötigt. Aber auch die Stellung des Ansprechpartners<br />

und das entsprechende Equipment wird darin festgeschrieben.<br />

Zum anderen beinhalten sie eine präventive Komponente, denn die Prä<strong>am</strong>bel gibt die<br />

Unternehmensphilosophie wieder und das weitere Regelwerk die zu erwartenden<br />

Sanktionen bei Verstößen.<br />

Um einen verbindlichen Charakter herzustellen sollten auf neutrale oder pauschale<br />

Formulierungen, wie „man sollte“ bewusst verzichtet werden.<br />

Die Vereinbarung ist unmissverständlich, für jeden nachvollziehbar und in<br />

persönlicher Anrede zu formulieren, d<strong>am</strong>it sie nicht nur eine Alibifunktion erfüllt,<br />

sondern von den Mitarbeitern angenommen wird.<br />

D<strong>am</strong>it geht jedoch einher, dass eine abgeschlossene Betriebs- oder<br />

Dienstvereinbarung allen Mitarbeitern zur Kenntnis gegeben wird.<br />

Es empfiehlt sich, jedem Mitarbeiter ein persönliches Exemplar zukommen zu lassen.<br />

Mit dem Abschluss und der Zustellung der Betriebs- oder Dienstvereinbarung darf es<br />

jedoch nicht getan sein.<br />

Die in der Betriebsvereinbarung aufgeführten präventiven Maßnahmen zur<br />

Verhinderung von <strong>Mobbing</strong> müssen langfristig umgesetzt werden.<br />

Selbst wenn alle bisher genannten Maßnahmen umgesetzt und viele Seminare<br />

durchgeführt wurden bleibt zu beachten, dass neue Mitarbeiter oder Führungskräfte<br />

ebenfalls geschult werden und die etablierten Arbeitnehmer und der Arbeitgeber<br />

Auffrischungsseminare erhalten. Der soziale Umgang ist ebenfalls als<br />

Qualitätsstandard zu sehen, den es zu halten gilt.<br />

56


10.2 Die Intervention<br />

10.2.1 Einleitung<br />

Unter Punkt 10.1.6 „Einrichten einer Konfliktberatungsstelle“ wurde bereits auf die<br />

Auswahl der Ansprechpartner eingegangen.<br />

Bevor sie ihre Arbeit aufnehmen sollten sie durch Weiterbildungsseminare in<br />

Kommunikation und Stress- und Konfliktbewältigung geschult werden. Sie müssen<br />

befähigt werden, mit den verschieden stark ausgeprägten Sachverhalten von der<br />

Bewältigung von Konflikten bis zu extremen <strong>Mobbing</strong>handlungen umgehen zu<br />

können.<br />

Das bedeutet nicht, dass sie immer die ges<strong>am</strong>te Bandbreite alleine bis zum Ende des<br />

Konflikts lösen können.<br />

Vielmehr sind sie zunächst „Ersthelfer“, indem sie den Betroffenen zuhören, sie<br />

beraten und ihnen angepasst auf die jeweiligen Bedürfnisse Vorschläge machen. Bei<br />

Konflikten können Beratungsgespräche oder Konfliktbearbeitungen erforderlich, bei<br />

<strong>Mobbing</strong>fällen Konfliktbearbeitungen bis zu arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen den<br />

Agitator notwendig sein.<br />

9.1.2 Das Erstgespräch<br />

In der vorliegenden Arbeit benutzten wir vorwiegend den Begriff des „Opfers“. Dies<br />

ist im Hinblick auf die erlittene psychische, strukturelle, ggfs. sogar physische Gewalt<br />

und den daraus resultierenden Folgen, wie dem PTSD durchaus gerechtfertigt.<br />

In den Gesprächen mit Ratsuchenden sollte der Ausdruck ihnen gegenüber u.E.<br />

möglichst nicht gebraucht werden, da er mit Unterlegenheit und Hilflosigkeit in<br />

Verbindung gebracht wird, was den Betroffenen unangenehm sein könnte und sie<br />

negativ bestärkt.<br />

Beim Erstgespräch besteht ihre Aufgabe als Ansprechpartner zunächst darin, dem<br />

Beschwerdeführer zuzuhören, wobei u.U. viel Zeit benötigt wird. Der Umfang des<br />

zugrunde liegenden Falles ist noch unbekannt.<br />

57


Es kann vorkommen, dass ein Mitarbeiter sie direkt aus einer für ihn belastenden<br />

Situation aufsucht und emotional aufgewühlt ist.<br />

Daraus ergeben sich folgende Empfehlungen:<br />

Das Gespräch sollte ungestört und im Sitzen stattfinden.<br />

Ist der Beschwerdeführer aufgeregt, sollte ihm Gelegenheit gegeben werden, sich<br />

abreagieren zu können, indem er ausführlich ausreden kann. Dabei können Sie durch<br />

die Methode des aktiven Zuhörens eine Vertrauensbasis schaffen.<br />

Ständiges Nachfragen engt zu sehr ein und sollte unterbleiben.<br />

Ein <strong>Mobbing</strong>opfer ist psychischer und/oder physischer und/oder struktureller Gewalt<br />

ausgesetzt.<br />

Wichtig ist es, den vorgetragenen Sachverhalt nicht zu negieren, zu bagatellisieren<br />

oder herunterzuspielen, da der Betroffene dies ebenfalls als Gewalt empfindet und<br />

wieder in die Opferrolle gedrängt wird (Sekundärviktimisierung).<br />

Meist wird zuerst der „Auslöser“ für die Aufregung geschildert. Die Hintergründe<br />

kommen oft erst später im Verlaufe der Unterhaltung oder in weiteren Gesprächen<br />

zutage.<br />

Bewerten Sie nicht die Situation. Offensichtlich ist, dass ein Konflikt vorhanden ist.<br />

Ob es sich um <strong>Mobbing</strong> handelt oder nicht, ist nicht entscheidend.<br />

Der Begriff wird zum Teil inflationär verwandt; lassen Sie sich daher auch nicht auf<br />

diesen Wortgebrauch festlegen.<br />

Hat sich der Gesprächspartner beruhigt, kann begonnen werden seine Bedürfnisse zu<br />

ermitteln. Möchte er eine einmalige Beratung, eine Konfliktbearbeitung, weitere<br />

Unterstützung durch sie oder durch andere?<br />

Die Ziele sollten gemeins<strong>am</strong> formuliert werden, da sie Grundlage für Ihr weiteres<br />

Vorgehen sind.<br />

58


10.2.3 Die Situationsanalyse<br />

Liegt tatsächlich <strong>Mobbing</strong> vor?<br />

Prüfen Sie anhand der Schilderungen, ob die <strong>Mobbing</strong>definition erfüllt ist. Dazu<br />

gehört die Häufigkeit, der Zeitraum der Handlungen, deren Intensität und ob der<br />

Mobber seine Absicht(en) zu erkennen gegeben hat, wie bspw. eine beabsichtigte<br />

Ausgrenzung des Opfers.<br />

Legen Sie die Erkenntnisse schriftlich fest. Sie dienen ggfs. später als Grundlage für<br />

arbeitsrechtliche Maßnahmen. Dies gilt natürlich auch, wenn nach der Definition kein<br />

<strong>Mobbing</strong> vorliegt.<br />

Benötigt die/der Betroffene sofort weitere Unterstützung?<br />

Ergibt der erste Schritt, dass <strong>Mobbing</strong> vorliegt, sollte in den Gesprächen betrachtet<br />

werden, ob das Opfer psychosomatische Erscheinungen schildert und weitere Hilfe<br />

benötigt.<br />

Gibt es Krankheitssymptome, besteht die Möglichkeit, ihr/ihm Kontaktmöglichkeiten<br />

zu Ärzten, bzw. ausgebildeten Therapeuten auszuhändigen.<br />

Wie geschildert, können selbst Ärzte bei der Diagnose Fehler machen und das Opfer<br />

für gestört halten. Daraus ergibt sich, Kontaktadressen von geeigneten<br />

Ärzten/Therapeuten vorzuhalten, die bspw. über die in der Anlage aufgelisteten<br />

Anlaufstellen ermittelt werden können. 76<br />

Uns erscheint dieser Aspekt als erste Reaktion auf das Erstgespräch <strong>am</strong> wichtigsten.<br />

Opfer einer Straftat oder eines Verkehrsunfalls erfahren erste Hilfe. Genau dies sollte<br />

<strong>Mobbing</strong>opfern ebenfalls ermöglicht werden. Ein Spezialist in medizinischer Hinsicht<br />

sind Sie als Ansprechpartner jedoch nicht!<br />

Sollten bereits arbeitsrechtliche, bzw. disziplinarische Maßnahmen gegen das Opfer<br />

eingeleitet worden sein, sollte die/der Betroffene ebenfalls auf die Möglichkeit der<br />

Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes hingewiesen werden. Darüber hinaus sollte<br />

dem Opfer Informationsmaterial ausgehändigt werden, d<strong>am</strong>it es in Ruhe etwas über<br />

die Hintergründe und Abläufe lesen und somit einordnen kann, was gerade mit ihm<br />

passiert.<br />

76<br />

vgl. Anlage 11.8<br />

59


Wer sind die Beteiligten?<br />

Befragen Sie die/den Betroffene(n), wer involviert ist.<br />

Wer ist Akteur und begeht die Angriffe; wer ist unbeteiligt?<br />

Diese Erkenntnisse werden sie benötigen, um Ihre Strategie zu planen.<br />

Im Erstgespräch werden Sie schon erfahren haben, wer der Hauptakteur ist, doch<br />

spielt für die Beurteilung der weiteren Vorgehensweise ebenfalls eine Rolle, ob<br />

mehrere Personen gemeinschaftlich gegen das Opfer vorgehen und ob eine<br />

Führungskraft an den Handlungen beteiligt ist. Raten Sie dem Opfer, sich<br />

ausführliche Notizen über die entsprechenden Handlungen zu machen.<br />

Dazu kann er sich der folgender Frage bedienen:<br />

Wer hat was, wann, wo, mit wem, wie und wieso gemacht; wer war Zeuge?<br />

Die Beweisführung ist für die Beurteilung der <strong>Mobbing</strong>entwicklung sinnvoll.<br />

10.2.4 Die Konfliktbearbeitung<br />

Liegt ein Konflikt zugrunde, kommt ein Konfliktgespräch in Betracht, zu dem Sie<br />

beide Parteien einladen.<br />

Ihre Rolle ist die eines Moderators. Sie geben beiden Parteien Gelegenheit, ihren<br />

Standpunkt ungestört darzustellen und versuchen, das zugrunde liegende Problem<br />

möglichst genau herauszufiltern und zu beschreiben.<br />

Verdeutlichen Sie ihre Rolle und dass Sie eine gemeins<strong>am</strong>e Lösung für das Problem<br />

anstreben, wobei es keinen „Gewinner“ und keinen „Verlierer“ gibt, sondern die<br />

Beteiligten in der Pflicht sind, aktiv an einer Lösung mitzuarbeiten.<br />

Anschließend s<strong>am</strong>meln Sie von beide Parteien Vorschläge für mögliche Lösungen. Die<br />

Vorschläge werden nicht diskutiert, sondern nur ges<strong>am</strong>melt (Brainstorming). Dabei<br />

können auch phantasievolle Vorschläge gemacht werden.<br />

Nun suchen Sie gemeins<strong>am</strong> nach Lösungswegen. Diese heißt u.U., dass beide Seiten<br />

Kompromisse eingehen. Sie erhalten die Möglichkeit, Einwände gegen einen<br />

Lösungsvorschlag auszudiskutieren.<br />

D<strong>am</strong>it grenzen Sie die Vorschläge auf die beste Lösung ein.<br />

60


Ist eine Lösung gefunden, werden konkrete Schritte zur praktischen Umsetzung<br />

festgelegt und auf beide Parteien verteilt, so dass sie gleichermaßen daran beteiligt<br />

sind.<br />

Diese Vereinbarung halten Sie schriftlich fest und vereinbaren mit den Beteiligten<br />

einen Termin für eine Nachbesprechung, um zu prüfen, ob der Konflikt dadurch<br />

beigelegt werden konnte.<br />

Wichtig für die Konfliktlösung ist, dass Sie eine Legitimation haben.<br />

Liegt keine Betriebs- oder Dienstvereinbarung vor, nach der sich die Beteiligten<br />

vertraglich verpflichtet haben, bei Konflikten an einem Schlichtungsverfahren<br />

teilzunehmen, sollten Sie sich das Mandat von den beteiligten Parteien einholen. 77<br />

Dies ist umso wichtiger, wenn der Konflikt sich auf verschiedenen Hierarchieebenen,<br />

zwischen Untergebenen und Vorgesetzten, abspielt.<br />

Wird die Legitimation nicht erteilt, sollte der nächsthöhere Vorgesetzte angerufen<br />

werden.<br />

Lässt sich ein Konflikt nicht einvernehmlich lösen, besteht je nach Ausgestaltung des<br />

Schlichtungsverfahrens in der Betriebs- oder Dienstvereinbarung die Möglichkeit, die<br />

Geschäftsleitung abschließend eine Entscheidung fällen zu lassen oder einen<br />

externen Konfliktberater einzuschalten.<br />

Auch diese Maßnahmen sollten auf ihre Wirks<strong>am</strong>keit hin überprüft werden, denn<br />

wurde der Konflikt nicht beigelegt und schwelt weiter vor sich hin, könnte sich ein<br />

<strong>Mobbing</strong>prozess daraus entwickeln. Haben alle Maßnahmen zur Konfliktbearbeitung<br />

nicht genutzt, müssen in letzter Konsequenz arbeitsrechtliche Maßnahmen bei<br />

weiteren Verstößen eingeleitet werden.<br />

77<br />

vgl. Leymann, “<strong>Mobbing</strong>”, 1993, S. 152f.<br />

61


10.2.5 Die <strong>Mobbing</strong>intervention<br />

Liegt Ihrer Ansicht nach ein <strong>Mobbing</strong>prozess zugrunde, sollten Sie nach<br />

dem Erstgespräch, der Situationsanalyse und Einleitung der „1. Hilfe-<br />

Maßnahmen“ prüfen, ob die Beteiligten zu einer einvernehmlichen<br />

Konfliktlösung bereit sind. Ist das der Fall, kann eine Konfliktbearbeitung (s.o.)<br />

angegangen werden.<br />

Ist eine einvernehmliche Lösung nicht zu erwarten oder wurden bereits<br />

arbeitsrechtliche Schritte gegen das Opfer eingeleitet, sollte unverzüglich eine<br />

Kommission einberufen werden.<br />

In Literatur und div. Betriebs- oder Dienstvereinbarungen gibt es verschiedene<br />

Bezeichnungen für die Kommission.<br />

Sie sollte aus dem Ansprechpartner als Vorsitzenden, aus je einem Vertreter der<br />

Arbeitgeberseite und der Arbeitnehmerseite (Betriebs-/Personalrat) bestehen.<br />

Dort werden die beteiligten Personen und die Erkenntnisse des Ansprechpartners<br />

gehört.<br />

Die Kommission beurteilt den Sachverhalt, unterbreitet einen Lösungsvorschlag und<br />

zeigt die Konsequenzen weiteren Fehlverhaltens auf.<br />

Sanktionen können bei Bedarf verhängt werden, d.h. je nach Schwere des<br />

Fehlverhaltens sofort oder aber nach erfolglosen Lösungsversuchen.<br />

Die Sitzungen der Kommission sollten limitiert sein, d<strong>am</strong>it verbindlich eine<br />

Lösung gefunden wird, d.h. führen bspw. drei Sitzungen mit den Beteiligten nicht zur<br />

Einstellung der <strong>Mobbing</strong>handlungen, kommen nur noch Sanktionen in Betracht. Die<br />

Abstände der Treffen sollten ebenfalls festgeschrieben werden und bei max. 4<br />

Wochen liegen.<br />

Sanktionen können Abmahnungen, Versetzungen und notfalls verhaltensbedingte<br />

fristgemäße oder fristlose Kündigungen sein.<br />

Der Betriebsrat ist durch seinen Vertreter in der Kommission ständig informiert und<br />

an den Entscheidungen beteiligt.<br />

Die Kommission kann selbstverständlich auch einen externen Konfliktberater<br />

hinzuziehen.<br />

62


Leitsatz der angestrebten Lösung sollte „Einsicht vor Sanktion“ sein, da die<br />

Wahrscheinlichkeit einer dauerhaften Verhaltensänderung durch Einsicht höher ist als<br />

durch Sanktionen.<br />

Sanktionen allein können für den Mobber Gesichtsverlust bedeuten und ihn in seiner<br />

negativen Einstellung gegenüber dem Opfer bestärken.<br />

Eine Konflikt- oder <strong>Mobbing</strong>bearbeitung kann u.U. nur kurz- bis mittelfristig wirken.<br />

Wie bereits geschildert, können auch andere Personen, ggfs. später als neues Opfer<br />

auserkoren werden.<br />

Daher empfehlen wir, parallel zur beschriebenen Bearbeitung präventive Maßnahmen<br />

einzuleiten. So sollte spätestens jetzt mit der in Kapitel 10.1.2 und 10.1.4 genannten<br />

Schulung von Führungskräften und Beschäftigten begonnen<br />

und diese langfristig angeboten werden.<br />

Dabei dürfen Sachverhaltsschilderungen keine N<strong>am</strong>en oder Fakten beinhalten, von<br />

denen man auf die beteiligten Personen schließen könnte.<br />

Dies würde den geschilderten Gesichtsverlust und letztends „Gegenmobbing“<br />

bedeuten.<br />

10.3 Vorgehensweise bei unbekannten Tätern<br />

Erstaunlicherweise konnte nichts zu unbekannten Tätern aus dem Arbeitsumfeld<br />

gefunden werden.<br />

<strong>Mobbing</strong> bedeutet nicht unbedingt, dass der Täter entlarvt wird.<br />

Es kann auch vorkommen, dass<br />

- Beschäftigte wiederholt beleidigende Nachrichten auf dem Schreibtisch<br />

vorfinden<br />

- private Sachen aus dem Büro entwendet werden<br />

- wichtige Unterlagen aus dem Büro verschwinden<br />

- der PC manipuliert wird<br />

- der PKW auf dem Firmenparkplatz beschädigt wird<br />

- zusätzlich des Nachts Telefonterror betrieben wird, etc.<br />

63


Wie schon eingangs geschildert – der Kreativität eines Täters sind keine Grenzen<br />

gesetzt.<br />

Die Auswirkungen sind die gleichen wie bei <strong>Mobbing</strong>handlungen, bei denen der Täter<br />

ausgemacht wurde.<br />

Zudem sind in den hier genannten Fällen Misstrauen gegen alle Kolleginnen und<br />

Kollegen, bis zu Verfolgungsängsten denkbar.<br />

Da der Täter nicht bekannt ist, kann eine klassische Intervention nicht stattfinden. Es<br />

können trotzdem Grenzen aufgezeigt werden.<br />

So kann ein „offener Brief“ durch die Geschäftsleitung und den Betriebsrat gefertigt<br />

und ausgehängt werden, der die Vorgänge (ohne N<strong>am</strong>ensnennung) beschreibt, die<br />

Handlungen verurteilt und die zu erwartenden Sanktionen nennt. Dies stellt einen<br />

wichtigen Beitrag zur Meinungsbildung und Missbilligung in der Belegschaft dar und<br />

zeigt dem Täter, dass er sich nicht auf ein Wegsehen der Masse verlassen kann.<br />

So schickte Alex Trotman von Ford Motor Company 1997 ein Schreiben an alle<br />

Beschäftigten weltweit, in dem die Unternehmensethik geschildert und die Einhaltung<br />

des Verhaltenscodex eingefordert wurde. 78<br />

Darüber hinaus können die schon erwähnten Weiterbildungsmaßnahmen eingeleitet<br />

werden, um auch den Beschäftigten den Raum und die Zeit für eine Diskussion und<br />

Meinungsbildung zu geben.<br />

Führen diese Maßnahmen nicht zur Beendigung der Übergriffe, bestehen<br />

untersuchungs- bzw. überwachungstechnische Möglichkeiten zur Ermittlung eines<br />

Täters, auf die wir hier im Einzelnen jedoch nicht eingehen.<br />

78<br />

vgl. Anlage 14.6<br />

64


11 Schlusswort<br />

Im Februar 2002 stellte Landesarbeitsminister Harald Schartau das Projekt<br />

„Gemeinschaftsinitiative Gesünder Arbeiten e.V. (GiGA)“ vor.<br />

Dabei handelt es sich um ein Netzwerk, in dem sich u.a. die Landesregierung,<br />

Unternehmen, kirchliche Beratungsstellen und Krankenkassen zus<strong>am</strong>men geschlossen<br />

haben, um ein modernes Verständnis von Arbeits- und Gesundheitsschutz<br />

verstärkt in der Öffentlichkeit zu verankern und in Betrieben umzusetzen. Die<br />

K<strong>am</strong>pagne ist auf drei Jahre angelegt und wird mit Plakaten, Veranstaltungen,<br />

Broschüren, Artikeln und Radiospots öffentlichkeitswirks<strong>am</strong> begleitet. Unter einer<br />

zentralen Hotline, Nummer 0180-3100113, können auch <strong>Mobbing</strong>opfer Experten um<br />

Rat befragen. 79<br />

Da sich insbesondere Personen ohne fundierte Ausbildung aus wirtschaftlichen<br />

Interessen dieser Thematik widmen und sich als „Berater“ anbieten, sollte darauf<br />

geachtet werden, dass möglichst offizielle Ansprechpartner empfohlen werden, die<br />

auch im Kontakt mit entsprechend geschulten Therapeuten und Medizinern stehen.<br />

Die Bundesregierung wird die EU-Richtlinien "zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes<br />

ohne Unterschied der Rasse oder ethnischen Herkunft" und<br />

"zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der<br />

Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf" durch ein zivilrechtliches und ein<br />

arbeitsrechtliches Antidiskriminierungsgesetz in deutsches Recht umsetzen.“ 80<br />

Die Umsetzung dieses Gesetzes ist verbindlich vorgeschrieben, d.h. ab der<br />

vorgeschriebenen Umsetzungsfrist in nationales Recht hat ein Betroffener/eine<br />

Betroffene die Möglichkeit, bei der Europäischen Kommission Beschwerde<br />

einzureichen, die sich allerdings gegen die deutsche Regierung richten muss<br />

(unterlassene Umsetzung) und zum Ziel ggfs. eine Einzelfallregelung durch deutsche<br />

Gerichte nach sich ziehen kann.<br />

Durch dieses Gesetz soll auch die Verbandsklage ermöglicht werden, d.h. Vereine<br />

und Verbände sollen die Möglichkeit erhalten, stellvertretend für ihre Mitglieder<br />

Rechte einklagen zu können, was <strong>Mobbing</strong>betroffenen ebenfalls zugute kommen<br />

79<br />

vgl. , Stand 19.02.2002<br />

80<br />

, Stand 14.03.2002<br />

65


dürfte, die selbst oftmals keine Kraft mehr für zivil- oder arbeitsrechtliche Prozesse<br />

haben.<br />

Die „GIGA“- K<strong>am</strong>pagne könnte sich zu einem großen Netzwerk entwickeln, deren<br />

Mitglieder sich bestimmter Standards zum Gesundheits- und Arbeitsschutz<br />

verpflichten. Dies ist u.E. ebenfalls ein richtiger Schritt und zukunftsweisend für das<br />

Arbeitsverhältnis in Wirtschaft und Verwaltung.<br />

Darüber hinaus kann jede/r Einzelne durch ihr/sein persönliches Engagement, durch<br />

Position beziehen, Zivilcourage zeigen und wertschätzenden Umgang verhindern,<br />

dass <strong>Mobbing</strong> entsteht!<br />

66


12 Abkürzungsverzeichnis<br />

Abs.<br />

Absatz<br />

Art.<br />

Artikel<br />

Az.<br />

Aktenzeichen<br />

BAG<br />

Bundesarbeitsgericht<br />

bes.<br />

besonders<br />

BetrVG<br />

Betriebsverfassungsgesetz<br />

BGB<br />

Bürgerliches Gesetzbuch<br />

BPersVG<br />

Bundespersonalvertretungsgesetz<br />

bspw.<br />

beispielsweise<br />

bzw.<br />

beziehungsweise<br />

ca.<br />

circa<br />

DAG<br />

Deutsche Angestelltengewerkschaft<br />

DGB<br />

Deutscher Gewerkschaftsbund<br />

d.h.<br />

das heißt<br />

div.<br />

diverse<br />

DM<br />

Deutsche Mark<br />

dt.<br />

deutsch(e/s)<br />

etc.<br />

et cetera<br />

EUR/€<br />

Euro<br />

Evtl.<br />

eventuell<br />

f. folgend(e)<br />

ggfs.<br />

gegebenenfalls<br />

gem.<br />

gemäß<br />

GG<br />

Grundgesetz<br />

Hrsg.<br />

Herausgeber<br />

i.V.m.<br />

in Verbindung mit<br />

J. Jahre<br />

KDA<br />

Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt<br />

Kfm.<br />

Kaufmännisch(e)<br />

KSchG<br />

Kündigungsschutzgesetz<br />

LAG<br />

Landesarbeitsgericht<br />

MuSchG<br />

Mutterschaftsschutzgesetz<br />

Nr.<br />

Nummer<br />

o.g.<br />

oben genannte<br />

s.S.<br />

siehe Seite<br />

sog.<br />

sogenannte<br />

StGB<br />

Strafgesetzbuch<br />

u.a.<br />

unter anderem<br />

u.E.<br />

unseres Erachtens<br />

usw.<br />

und so weiter<br />

u.U.<br />

unter Umständen<br />

vgl.<br />

vergleiche<br />

WDR<br />

Westdeutscher Rundfunk<br />

z.B.<br />

zum Beispiel<br />

ZPO<br />

Zivilprozessordnung<br />

67


13 Literaturverzeichnis<br />

Andersson<br />

Europäisches Parl<strong>am</strong>ent. Bericht über <strong>Mobbing</strong> <strong>am</strong><br />

<strong>Arbeitsplatz</strong> (2001/2339(INI)), Brüssel, 2001<br />

Anger/Bracey/Christ/ Handlungsfeld Personalwirtschaft, Köln, 1996<br />

Müller<br />

Beck- Texte - Arbeitsgesetze, 57. Auflage, Beck, Nördlingen, 2000<br />

- Bürgerliches Gesetzbuch, 45. Auflage, Beck,<br />

Nördlingen, 2000<br />

- Strafgesetzbuch, 32. Auflage, Beck, Nördlingen,<br />

1998<br />

DAG<br />

Esser/Wolmerath<br />

Grund/Jahn/Dick/Möckel, Leymann in <strong>Mobbing</strong>:<br />

Psychoterror <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong>, 5. Auflage,<br />

H<strong>am</strong>burg, 1999<br />

<strong>Mobbing</strong>. Der Ratgeber für Betroffene und ihre<br />

Interessenvertretungen, 4. Auflage, Frankfurt/Main,<br />

2001<br />

Kistner IG Metall. <strong>Mobbing</strong>, 3. Auflage, Frankfurt/Main, 1999<br />

Kratz<br />

Leymann<br />

<strong>Mobbing</strong>. Erkennen. Ansprechen. Vorbeugen,<br />

2. Auflage Wien, 2000<br />

<strong>Mobbing</strong>. Psychoterror <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> und wie man sich<br />

dagegen wehren kann; Reinbek, 1993<br />

Leymann (Hrsg.) Der neue <strong>Mobbing</strong>bericht, Reinbek, 1995,<br />

(zitiert: Leymann 1995)<br />

Meschkutat/Stackelbeck/ Der <strong>Mobbing</strong>report. Repräsentativstudie für die<br />

Langenhoff Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftsverlag NW, 2002<br />

Zeitschrift Deutsches Ärzteblatt 98, Heft 27 vom 06.07.2001,<br />

Zeitschrift Der Personalrat, Heft 12/2001 und 02/2002<br />

68


Online:<br />

http://private.addcom.de/<strong>Mobbing</strong>/, Stand 16.01.2002<br />

http://www.magwien.gv.at/queerwien/diskr.htm, Stand 16.01.2002<br />

http://www.netzzeitung.de/servlets/page?section=784&item=145334, Stand<br />

16.01.2002<br />

http://www.netzzeitung.de/servlets/page?section=784&item=138724<br />

Stand 16.01.2002<br />

http://www.praxis11.de/infoserv/lag_thueringen.htm, Stand 01.02.2002<br />

http://www.praxis11.de/infoserv/, Stand 01.02.2002<br />

http://www.baua.de/term/dd10_02.htm, Stand 16.02.2002<br />

http://www.dgb.de/themen/mobbing_einfuehr.htm, Stand 29.09.2001<br />

http://www.sfs-dortmund.de/Forschung/P9006750/body_p9006750.html, Stand<br />

16.01.2002<br />

http://www.mobbing-net.de/, Stand 29.09.2001<br />

http://www.bullybusters.org/home/twd/bb/res.html, Stand 10.02.2002<br />

http://www.gesuender-arbeiten.de/g7fr<strong>am</strong>eset.html, Stand 19.02.2002<br />

http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2001/2001_220/01.html, Stand 14.03.2002<br />

http://www.cdu.de/politik-a-z/recht/kape4.htm, Stand 14.03.2002<br />

http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2002/p0010031.htm,<br />

Stand 19.02.2002<br />

http://www.unics.uni-hannover.de/meyer-heithuis/angginfo_03_97.htm,<br />

Stand 29.09.2001<br />

http://www.sfs-dortmund.de/Forschung/<strong>Mobbing</strong>befragung/mobbingbefragung.html,<br />

Stand 14.03.2002<br />

69


14 Anlagen<br />

14.1 Katalog der 100+… <strong>Mobbing</strong>handlungen 81<br />

A) Angriffe gegen die Arbeitsleistung und das Leistungsvermögen<br />

-„Sabotage: Beschädigung, Diebstahl, Manipulation von Arbeitsmitteln<br />

- „Unterschlagung“ von Arbeitsergebnissen (z. B. Unterlagen, Dateien sind „weg“)<br />

- Manipulation von Arbeitsergebnissen (z. B. gezielt Fehler einfügen)<br />

- Erzeugen von Störungen (z. B. unsinnige Telefonate, Unterbrechungen)<br />

- Vorenthalten und/oder Fälschen von arbeitsrelevanten Informationen<br />

- Gezielte Unterdrückung von Informationen über Besprechungen, (End-)Terminen<br />

- Anordnung von sinnlosen Tätigkeiten (z. B. ausgemusterte Ordner sortieren)<br />

- Anordnung, keine Tätigkeit während der Arbeitszeit auszuüben<br />

- Anordnung von systematisch überfordernden Tätigkeiten<br />

- Zuweisung von Arbeiten, die der Betroffene nicht mag oder die ihm nicht „liegen“<br />

- Zuweisung von objektiv zu viel Arbeit („Zuschütten“)<br />

- Willkürlich auf liegengebliebener Arbeit (z. B. wegen Urlaub, Betriebsratstätigkeit)<br />

sitzen lassen<br />

- Ungünstige Lage des <strong>Arbeitsplatz</strong>es (z. B. laut, Störungen, ungeschützt, exponiert)<br />

- Anordnung von systematisch unterfordernden Tätigkeiten<br />

- Anordnungen so gestalten, dass unvermeidlich Fehler gemacht werden<br />

- Manipulierte Arbeitszuweisung (z. B. nur unbeliebteste, schlechteste, schmutzigste)<br />

- Kappen üblicher Informationskanäle (z. B. kein Telefon, kein Fax, keine E-Mail)<br />

- Blockade von gemeins<strong>am</strong>er Tätigkeit („Mit dem nicht!“)<br />

- Verweigerung von Hilfe, Unterstützung, Rat (obwohl es möglich wäre)<br />

- Überraschendes Zurückziehen von verbindlich zugesagter Unterstützung<br />

- Geistiger Diebstahl, Aneignung von Arbeitsergebnissen<br />

- Beschneidung der Zuständigkeit (z. B. fachlich unberechtigt, willkürlich)<br />

- Dienst nach Vorschrift (z. B. gezieltes Nicht-Mitdenken, gezielte Unflexibilität)<br />

- Entscheidungen oder Kompetenzen werden permanent angezweifelt<br />

81<br />

Esser/Wolmerath, „<strong>Mobbing</strong>. Der Ratgeber für Betroffene und ihre Interessenvertretung”,<br />

2001, S.26f.<br />

70


- Anweisungen werden (offen oder verdeckt) nicht ausgeführt oder sabotiert<br />

- Anweisungen werden wortwörtlich ausgeführt (offensichtliche Fehler einbezogen)<br />

- Willkürlich erzeugter Zeitdruck<br />

- Überraschungsangriffe (z. B. plötzliche Änderungen der Arbeitsaufträge, Termine)<br />

- Ständige Entmutigung<br />

B) Angriffe gegen den Bestand des Beschäftigungsverhältnisses<br />

- Behaupten von Fehlverhalten (z. B. Urlaubszettel „verschwindet“)<br />

- Fehler und negative Vorfälle werden Betroffenem in die Schuhe geschoben<br />

- Willkürliche Abmahnungen (d. h. die Gründe werden an den Haaren<br />

herbeigezogen)<br />

- Willkürliche Umsetzung und/oder Versetzung (sowie Versuche dazu)<br />

- Willkürliche Kündigung(en) (d. h. die Gründe werden „an den Haaren“<br />

herbeigezogen)<br />

- Manipulation der Arbeitszeiterfassung<br />

- Strafbare Handlungen werden unterstellt (z. B. Diebesgut wird untergeschoben)<br />

- Berufliche Qualifikation wird ständig in Frage gestellt<br />

- Willkürliches Zurückhalten des Entgelts (z. B. Urlaubsgeld, Spesen)<br />

- Absichtlich schlechte berufliche Beurteilung; Behauptung von Schlechtleistungen<br />

- Betrieblich übliche Beförderungen, angestrebte Position werden blockiert<br />

- Fort- und Weiterbildungsvorhaben werden gezielt behindert<br />

C) Destruktive Kritik<br />

- Demütigende, unsachliche, überzogene, gnadenlose Kritik<br />

- Aufbauschen einzelner Vorfälle oder Fehler („Maus zum Elefanten machen“)<br />

- Generalisierung von Fehlern; pauschale Kritik (z. B.: „Sie machen alles falsch!“)<br />

- Kritik von Fehlern, die durch Anweisungen des Mobbers provoziert wurden<br />

- Ständige (harsche) Kritik<br />

- Unterdrückung von Verbesserungsvorschlägen und –bemühungen<br />

- Ständige Entmutigung; Ausbremsen der Motivation (z. B.: „Das schaffen Sie nie!“)<br />

71


D) Angriffe gegen die soziale Integration <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong><br />

- Räumliche Isolation (z. B. abgelegener <strong>Arbeitsplatz</strong>)<br />

- Unterdrückung von Meinungsäußerungen des Betroffenen (z. B. „Mund verbieten“)<br />

- Gespräche hinter dem Rücken (z. B. Tuscheln, Tratschen, Gerüchte verbreiten)<br />

- Anspielungen, zweideutige Bemerkungen<br />

- Engagement des Betroffenen wird als getarnter Egoismus diff<strong>am</strong>iert<br />

- Mögliche Bündnispartner, Freunde des Betroffenen werden versetzt<br />

- Mögliche Bündnispartner, Freunde des Betroffenen werden eingeschüchtert<br />

- Ausschließen aus der Alltagskommunikation („Wie Luft behandeln“)<br />

- Ausschließen aus informellen/geselligen Treffen („Tür-Zu-Methode“)<br />

- Ausschließen aus üblichen gegenseitigen Freundlichkeiten im Kollegenkreis<br />

(z. B. Brötchen oder Süßigkeiten mitbringen, Kaffee kochen, Blumen gießen)<br />

- Demonstratives Schweigen im Beisein des Betroffenen<br />

- Ignorieren von Fragen, Gesprächswünschen, Hilfeersuchen, Kooperationsangeboten<br />

- Demonstrativ aus dem Weg gehen, nicht an einem Tisch sitzen, in einem Raum<br />

sein<br />

E) Angriffe gegen das soziale Ansehen im Beruf<br />

- Gezielte Verleumdung, Rufmord in der betrieblichen Öffentlichkeit<br />

- Gerüchte verbreiten oder gezielt weiterleiten<br />

- Dem Betroffenen wider besseren Wissens Böswilligkeit/Fahrlässigkeit unterstellen<br />

- Provokation, um die emotionale Reaktion des <strong>Mobbing</strong>betroffenen auszuschlachten<br />

- Beleidigung und Demütigung im Beisein Dritter<br />

- Verraten von persönlichen Informationen („Geheimnisse“ an Dritte)<br />

- Lächerlich machen (z. B. verbal, mit Mimik, mit Gestik, durch Karikatur)<br />

- In der betrieblichen Öffentlichkeit unglaubwürdig machen, bl<strong>am</strong>ieren, bloßstellen<br />

- Gezielte negative Sonderbehandlung („nur der <strong>Mobbing</strong>betroffene wird so<br />

behandelt“)<br />

- Demonstrative scheinbar positive Sonderbehandlung (z. B. „Totloben“)<br />

- Psychische Erkrankung wird unterstellt<br />

72


- Beschwerden durch Dritte werden erfunden (z. B. gefälschte Briefe, Anrufe,<br />

E-Mails)<br />

- Fingierte Schreiben des oder an den Betroffenen werden öffentlich gemacht<br />

F) Angriffe gegen das Selbstwertgefühl<br />

- Demütigung, Erniedrigung, Bl<strong>am</strong>age, Häme, Abwertung (verbal und/oder<br />

nonverbal)<br />

- Unterdrückung durch verbale Dominanz (z. B. Anschreien)<br />

- Ruppige Redeweise mit dem Betroffenen<br />

- Menschliche Qualifikation („Charakter“) wird bestritten<br />

- Unterstellung böser Absichten, Dummheit, Unehrenhaftigkeit etc.<br />

- Verunsicherung, Kränkung, Beleidigung, Schmähung<br />

- Gezieltes Attackieren und Ausnutzen von persönlichen Unsicherheiten<br />

- Persönliche Schwächen werden publik gemacht<br />

- Aufbauschen von Fehlern und Unzulänglichkeiten („Herumreiten“)<br />

- Gezielte Ungleichbehandlung (z. B. negative Sonderrolle, Ungerechtigkeiten)<br />

- Dauerkontrolle, übertriebene Kontrolle, berufliche Entmündigung<br />

G) Angst, Schreck und Ekel erzeugen<br />

- Angst und Schrecken erzeugen (z. B. Einsperren des Betroffenen, Spinnen in den<br />

Schreibtisch legen, tote Tiere im Büro ablegen, elektrischen Kurzschluss<br />

herbeiführen)<br />

- Ekel erzeugen (z. B. Stinkbomben sowie verdorbene Lebensmittel werden im Büro<br />

versteckt)<br />

- Einschüchtern, Bedrohen, Nötigen (z. B. Drohen mit dem <strong>Arbeitsplatz</strong>verlust,<br />

Körperliche Gewaltandrohung)<br />

- Anordnung, zum Arzt zu gehen, um die psychische Gesundheit prüfen zu lassen<br />

73


H) Angriffe gegen die Privatsphäre<br />

- (Nächtlicher) Telefonterror<br />

- Anrufe oder Besuche zur Kontrolle<br />

- Bedrängende Aufforderungen, aus dem Urlaub und/oder aus der krankheitsbedingten<br />

Arbeitsunfähigkeit zurück zu kommen<br />

- Schlechtmachen des Betroffenen bei F<strong>am</strong>ilienangehörigen, Freunden etc.<br />

- F<strong>am</strong>ilienangehörige ängstigen, angreifen, belästigen<br />

- Sachbeschädigung an privaten oder beruflich genutzten Gegenständen<br />

- Zuweisung schlechter Urlaubstermine<br />

- Kurzfristige Zurücknahme zugesagten Urlaubs oder Freizeitausgleichs<br />

- Unterschlagung von Anträgen (z. B. wegen Urlaub, Bildung)<br />

- Ständiges Abwerten privater Vorlieben, Interessen und Tätigkeiten<br />

- Ständiges Abwerten religiöser, politischer, weltanschaulicher Überzeugungen<br />

I) Angriffe gegen die Gesundheit und körperliche Unversehrtheit<br />

- Offene körperliche Übergriffe, Gewaltanwendung<br />

- Als Zufall oder Missgeschick getarnte Verletzungen beifügen<br />

- Gezielte Anordnung von gesundheitsschädlichen Tätigkeiten<br />

- Sabotage von Sicherheitsmaßnahmen; Verschwinden lassen von Schutzmitteln<br />

- Sexuelle Belästigung<br />

- Heimliche Verabreichung von Medik<strong>am</strong>enten und/oder Suchtmitteln<br />

(z. B. Alkohol bei einem abstinenten Alkoholiker)<br />

- Ungenießbarmachung oder Verunreinigung von Lebensmitteln<br />

- Herbeiführen von gesundheitlichen Beeinträchtigungen (z. B. Zugluft, Kälte, Hitze,<br />

Lautstärke, Vibration, Tabakqualm, Sprays, Stinkbomben)<br />

- Ausnutzen von gesundheitlichen Handikaps und Krankheiten gegen Betroffene<br />

- Betroffenen zum Suizid auffordern<br />

74


K) Versagen von Hilfe<br />

- Ignorieren von <strong>Mobbing</strong>situation (z. B. Wegschauen, Weggehen)<br />

- Verharmlosen, Lächerlichmachen von Beschwerden<br />

- Vorwürfe, Schuldzuweisung gegenüber dem Betroffenen<br />

- Dulden von <strong>Mobbing</strong>vorgängen<br />

- Unterlassene Hilfeleistung“<br />

14.2 Leitsätze des LAG Thüringen 82<br />

„Die 5. K<strong>am</strong>mer des LAG Thüringen hat unter dem AZ: 5 SA 403/00 <strong>am</strong> 10.04.2001<br />

u.a. 6 Leitsätze aufgestellt, die nachfolgend aufgeführt werden.<br />

Zugrunde liegender Sachverhalt:<br />

Beschäftigungsanspruch während der Kündigungsfrist einer Änderungskündigung.<br />

Vorwegnahme der Rechtswirkungen einer (rechtswidrigen) Änderungskündigung<br />

durch eine in den Lauf der Kündigungsfrist fallende (rechtswidrige) Versetzung auf<br />

einen 6 Gehaltsstufen niedriger bewerteten <strong>Arbeitsplatz</strong>.<br />

Grundsatz des fairen Verfahrens beim „<strong>Mobbing</strong>- Rechtsstreit“<br />

Leitsätze:<br />

1 . Der Arbeitgeber ist verpflichtet, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei ihm<br />

beschäftigten Arbeitnehmer nicht selbst durch Eingriffe in deren Persönlichkeit, oder<br />

Freiheitssphäre zu verletzen, diese vor Belästigungen durch Mitarbeiter oder Dritte,<br />

auf die er einen Einfluss hat, zu schützen, einen menschengerechten <strong>Arbeitsplatz</strong> zur<br />

Verfügung zu stellen und die Arbeitnehmerpersönlichkeit zu fördern.<br />

Zur Einhaltung dieser Pflichten kann der Arbeitgeber als Störer nicht nur dann in<br />

Anspruch genommen werden, wenn er selbst den Eingriff begeht oder steuert,<br />

sondern auch dann, wenn er es unterlässt, Maßnahmen zu ergreifen oder seinen<br />

82<br />

, Stand 01.02.2002<br />

75


Betrieb so zu organisieren, dass eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts<br />

ausgeschlossen wird.<br />

2. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des<br />

Arbeitnehmers kann nicht nur im Totalentzug der Beschäftigung, sondern auch in<br />

einer nicht arbeitsvertragsgemäßen Beschäftigung liegen. Eine solche<br />

Rechtsverletzung liegt vor, wenn der Totalentzug oder die Zuweisung einer<br />

bestimmten Beschäftigung nicht bloß den Reflex einer rechtlich erlaubten<br />

Vorgehensweise darstellt, sondern diese Maßnahmen zielgerichtet als Mittel der<br />

Zermürbung eines Arbeitnehmers eingesetzt werden, um diesen selbst zur Aufgabe<br />

seines <strong>Arbeitsplatz</strong>es zu bringen.<br />

3. Aus dem Umstand, dass bloß für einen vorübergehenden Zeitraum in das<br />

allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingegriffen wird oder dem<br />

Arbeitnehmer dadurch keine finanziellen Nachteile entstehen, kann kein diesen<br />

Eingriff rechtfertigendes, überwiegendes schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers<br />

hergeleitet werden.<br />

4. Bei dem Begriff "<strong>Mobbing</strong>" handelt es sich nicht um einen eigenständigen<br />

juristischen Tatbestand. Die rechtliche Einordnung der unter diesen Begriff<br />

zus<strong>am</strong>menzufassenden Verhaltensweisen beurteilt sich ausschließlich danach, ob<br />

diese die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rechtsvorschrift erfüllen, aus<br />

welcher sich die gewünschte Rechtsfolge herleiten lässt.<br />

Die juristische Bedeutung der durch den Begriff "<strong>Mobbing</strong>"<br />

gekennzeichneten Sachverhalte besteht darin, der Rechtsanwendung<br />

Verhaltensweisen zugänglich zu machen, die bei isolierter Betrachtung der einzelnen<br />

Handlungen die tatbestandlichen Voraussetzungen von<br />

Anspruchs- Gestaltungs- und Abwehrrechten nicht oder nicht in einem der Tragweite<br />

des Falles angemessenen Umfang erfüllen können.<br />

5. Ob ein Fall von "<strong>Mobbing</strong>" vorliegt, hängt von den Umständen des<br />

Einzelfalles ab. Dabei ist eine Abgrenzung zu dem im gesellschaftlichen<br />

76


Umgang im allgemeinen üblichen oder rechtlich erlaubten und deshalb<br />

hinzunehmenden Verhalten erforderlich. Im arbeitsrechtlichen Verständnis erfasst der<br />

Begriff des "<strong>Mobbing</strong>" fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander<br />

übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende<br />

Verhaltensweisen, die nach Art und Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von<br />

der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer<br />

Ges<strong>am</strong>theit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere ebenso geschützte<br />

Rechte, wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen. Ein vorgefasster<br />

Plan ist nicht erforderlich.<br />

Eine Fortsetzung des Verhaltens unter schlichter Ausnutzung der Gelegenheiten ist<br />

ausreichend.<br />

Zur rechtlich zutreffenden Einordnung kann dem Vorliegen von falltypischen<br />

Indiztatsachen (mobbingtypische Motivation des Täters, mobbingtypischer<br />

Geschehensablauf, mobbingtypische Veränderung des Gesundheitszustands des<br />

Opfers) eine ausschlaggebende Rolle zukommen, wenn eine Konnexität zu den von<br />

dem Betroffenen vorgebrachten <strong>Mobbing</strong>handlungen besteht.<br />

Ein wechselseitiger Eskalationsprozess, der keine klare Täter-Opfer-Beziehung<br />

zulässt, steht regelmäßig der Annahme eines <strong>Mobbing</strong>sachverhaltes entgegen.<br />

6. Die vielfach dadurch entstehende Beweisnot des Betroffenen, dass dieser allein<br />

und ohne Zeugen Verhaltensweisen ausgesetzt ist, die in die Kategorie <strong>Mobbing</strong><br />

einzustufen sind, ist durch eine Art 6 Abs. 1 der Europäischen<br />

Menschenrechtskonvention (EMRK) und d<strong>am</strong>it den Grundsätzen eines fairen und auf<br />

Waffengleichheit achtenden Verfahrens entsprechende Anwendung der §§ 286, 448,<br />

141 Abs. 1 Satz 1 ZPO auszugleichen. Dabei muss die im Zweifel erforderliche<br />

Anhörung einer Partei bei der gerichtlichen Überzeugungsbildung berücksichtigt<br />

werden.“<br />

83<br />

, eingestellt 14.02.2002; Stand 05.03.2002<br />

77


14.3 Urteile 83<br />

14.3.1 Beweiswert eines ärztlichen Beschäftigungsverbots<br />

Pressemitteilung Nr. 19/01<br />

Inhalt:<br />

BAG, Urteil vom 21. März 2001 - 5 AZR 352/99 -<br />

LAG Düsseldorf, Urteil vom 1. April 1999 - 5 Sa 1598/98 -<br />

„Die Beklagte betreibt eine Spedition. Die Klägerin ist bei ihr als<br />

Sachbearbeiterin im Bereich Export/Import beschäftigt. Im Jahre 1997 wurde<br />

die Klägerin schwanger. Dies teilte sie der Beklagten im Oktober 1997 mit<br />

und nannte als voraussichtlichen Entbindungstermin den 8. Juni 1998. Vom<br />

7. Januar bis Anfang Februar 1998 war die Klägerin nach Maßgabe einer<br />

ärztlichen Bescheinigung arbeitsunfähig. Im Anschluss daran legte sie der<br />

Beklagten ein ärztliches Attest vom 4. Februar 1998 vor, in welchem erklärt<br />

wurde, für sie gelte ein unbefristetes Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1<br />

MuSchG. Durch eine Rückfrage bei den ausstellenden Ärzten erhielt die<br />

Beklagte die Auskunft, die Klägerin habe über Probleme mit Vorgesetzen und<br />

Arbeitskollegen geklagt. Die Beklagte hielt dies für vorgeschoben und stellte<br />

die Gehaltszahlungen ein. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Vergütung bis<br />

zum Beginn der Mutterschutzfrist. Sie hat behauptet, im Betrieb sei sie<br />

"<strong>Mobbing</strong>" und "Psychoterror" ausgesetzt. Das Arbeitsgericht hat<br />

der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht die Klage nach<br />

Beweisaufnahme abgewiesen.<br />

Die Revision der Klägerin hat zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur<br />

Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht geführt.<br />

Dieses ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Beweislast für das<br />

Bestehen eines Beschäftigungsverbots im Rahmen von Ansprüchen nach §<br />

78


11 Abs. 1 MuSchG bei der Arbeitnehmerin liegt. Es hat jedoch das Ergebnis<br />

der Beweisaufnahme nicht vollständig gewürdigt. Es hat nicht geprüft, ob auf<br />

Grund einer psychisch verursachten Ausnahmesituation<br />

eine Gefahrenlage für Mutter oder Kind bestand, und hat diesen<br />

Aspekt im Vorbringen der Klägerin und in den Aussagen der Ärzte<br />

nicht berücksichtigt.<br />

Hervorhebungen durch uns.“<br />

14.3.2 Schmerzensgeld wegen Persönlichkeitsverletzung (Auszug):<br />

Presseerklärung vom 27.09.2001<br />

LAG Rheinland- Pfalz, Urteil vom 16.08.2001, Aktenzeichen: 6 Sa 415/01<br />

„Der Kläger, der bis zur Fusion der Raiffeisenbank G. mit der Volksbank G. im<br />

Juli 1992 haupt<strong>am</strong>tliches Vorstandsmitglied der Raiffeisenbank gewesen ist,<br />

bekleidet auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom April 1992 bei der<br />

Volksbank G. die Stellung eines Prokuristen. Er ist berechtigt, den Titel<br />

"Bankdirektor" zu führen.<br />

Der Beklagte ist der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers und<br />

Vorstandsmitglied der Volksbank G. Nach mehreren Rechtsstreiten, in denen<br />

der Kläger Arbeitsanweisungen der Volksbank G. auf deren Vereinbarkeit mit<br />

seinem Arbeitsvertrag hat überprüfen lassen (wobei der Kläger jeweils auch in der<br />

Berufungsinstanz erfolgreich geblieben ist), fordert er mit seiner Klage,<br />

welche <strong>am</strong> 03.08.2000 beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, Schadenersatz<br />

vom Beklagten.<br />

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld<br />

deshalb verurteilt, weil dieser nach der Fusion der Bank als jetziger<br />

Vorgesetzter fortgesetzt und in schwerwiegender Weise das<br />

Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt hat. Die Höhe des<br />

Schmerzensgeldes ist vom Arbeitsgericht mit DM 51.900,-- festgesetzt<br />

79


worden, wobei auf das Nettogehalt des Klägers und den Zeitraum der<br />

Verletzungshandlungen abgestellt worden ist.<br />

Der Beklagte hat beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und erreicht,<br />

dass das zuerkannte Schmerzensgeld auf DM 15.000,-- reduziert wurde. Das<br />

Berufungsgericht hat dem Grunde nach, ebenso wie das Arbeitsgericht, eine<br />

mehrjährige Verhaltensweise des Beklagten erkannt, die aufgrund der<br />

Schwere der Vorwürfe, die dem Beklagten zu machen sind, einen<br />

Schmerzensgeldanspruch des Klägers ausnahmsweise auch begründen<br />

können.<br />

Dabei liegt die Besonderheit des entschiedenen Falles darin, dass der<br />

Beklagte fast alle Maßnahmen, die er im Hinblick auf den Kläger ergriffen hat, durch<br />

Anordnungen schriftlich dokumentierte und auch deren Umsetzung leicht feststellbar<br />

waren. Die in derartigen Verfahren auftauchenden Probleme der Beweisbarkeit der<br />

Vorwürfe, die der "Gemobbte" sonst üblicherweise hat, waren für den Kläger nicht<br />

aufgetaucht.<br />

Das Berufungsgericht hat sich bei der Höhe des Schmerzensgeldes wegen<br />

etlicher Persönlichkeitsverletzungen nicht <strong>am</strong> Gehalt des "Gemobbten",<br />

sondern an der Rechtsprechung der Zivilgerichte bei Herabwürdigungen und<br />

Körperverletzungen orientiert.<br />

Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen.“<br />

80


14.3.3 Arbeitnehmer haftet für wirtschaftliche Folgen eines<br />

<strong>Arbeitsplatz</strong>verlustes gegenüber dem entlassenen Kollegen bei<br />

unberechtigter Anschwärzung<br />

Presseerklärung Nr. 11/2001 (Landesarbeitsgericht H<strong>am</strong>m)<br />

LAG H<strong>am</strong>m, Urteil vom 30. Nov. 2000, Az.: 8 Sa 878/00<br />

„Die 8. K<strong>am</strong>mer des Landesarbeitsgerichts H<strong>am</strong>m hat mit Urteil vom 03. November<br />

2000 eine Vorarbeiterin im Reinigungsgewerbe dazu verurteilt, der entlassenen<br />

Reinigungskraft den Verdienstausfall bis zum Auffinden eines neuen <strong>Arbeitsplatz</strong>es zu<br />

zahlen.<br />

Die Vorarbeiterin hatte der Reinigungskraft eine Beschwerde über die<br />

Arbeitsbedingungen und die Beschimpfung der Arbeitgeberin als "Sklaventreiberin"<br />

gegenüber einer Kundin ihres Arbeitgebers in den Mund gelegt. Nach Kenntnis der<br />

vermeintlichen Einlassung der Reinigungskraft hat die Arbeitgeberin das zuvor<br />

unbefristet eingegangene Arbeitsverhältnis ordentlich aufgekündigt. Weil es sich<br />

hierbei aus der Sicht der Reinigungskraft um eine unberechtigte Beendigung des<br />

Arbeitsverhältnisses<br />

gehandelt habe, verlangte sie von der anschwärzenden Vorarbeiterin Schadenersatz.<br />

Diesen hat ihr die 8. K<strong>am</strong>mer aus den Rechtsgründen des<br />

§ 824 BGB zugesprochen.<br />

Die 8. K<strong>am</strong>mer des Landesarbeitsgericht H<strong>am</strong>m hält zwar an der vom BAG im Urteil<br />

vom 04. Juni 1998 - 8 AZR 786/96 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass allein<br />

der Verlust des <strong>Arbeitsplatz</strong>es nicht wie ein Eingriff in das<br />

Persönlichkeitsrecht "absolut" geschützt ist und deshalb nicht ohne weiteres eine<br />

Schadenersatzpflicht auslöst. Wer aber wahrheitswidrig Beleidigungen über den<br />

Arbeitgeber bzw. Kreditschädigungen behauptet und hierüber den<br />

Arbeitsverlust eines Mitarbeiters "rechtswidrig" veranlasst, der haftet für den hieraus<br />

entstandenen Schaden. Aufgrund später vorgenommener korrigierender Erklärungen<br />

hat die frühere Arbeitgeberin richtig gestellt, dass allein die vermeintlichen negativen<br />

Äußerungen zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hätten. Die<br />

81


Arbeitgeberin hat außerdem klar gestellt, dass sie die vermeintlichen negativen<br />

Äußerungen über ihre Vorarbeiterin, der Beklagten, zur Kenntnis genommen habe.<br />

Die beklagte<br />

Vorarbeiterin musste im Verlaufe des Rechtsstreits eingestehen, dass die Klägerin<br />

diese von ihr weiter geleiteten Äußerungen nicht gemacht hat.<br />

Die so begründete Schadensersatzpflicht entfiel nicht deshalb, weil die frühere<br />

Arbeiterin gegebenenfalls aufgrund fortlaufender Schlechtarbeit das Arbeitsverhältnis<br />

hätte beenden können.<br />

Für die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin auch aus anderen Gründen<br />

vorzeitig beendet worden wäre, die unwahre Behauptung folglich nicht ursächlich für<br />

den Verdienstausfall war, ist die "mobbende" Vorarbeiterin beweispflichtig. Diese<br />

Beweisführung ist ihr nicht gelungen.<br />

Die frühere Arbeitgeberin hat ihre Kündigungsabsicht allein auf die weitergeleiteten<br />

unwahren Behauptungen gestützt.<br />

Sonstige Gründe waren für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht<br />

ursächlich.<br />

Im Übrigen, so hebt die 8. K<strong>am</strong>mer hervor, würde ihre Schadenersatzpflicht nicht<br />

schon dann entfallen, wenn die erfundene Beleidigung nur mitursächlich für die<br />

vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewesen wäre.“<br />

14.3.4 Kündigung eines <strong>Mobbing</strong>-Täters<br />

Arbeitsgericht Frankfurt; Az.: 7 Ca 532/01)<br />

„Die wiederholte Störung des Betriebsfriedens<br />

ist auch bei ansonsten sehr guten Arbeitsleistungen ein Kündigungsgrund.<br />

Das hat das Arbeitsgericht Frankfurt in einem Urteil festgestellt.<br />

Die Richter befanden d<strong>am</strong>it die fristgerechte Kündigung eines Einkäufers<br />

bei einem Metallbau-Unternehmen für zulässig.<br />

Die zusätzlich ausgesprochene fristlose Kündigung<br />

wurde vom Gericht allerdings für gegenstandslos erklärt<br />

82


Der Arbeitnehmer hatte immer wieder Streit<br />

mit seinen Kollegen begonnen und deren Leistungen<br />

in beleidigender Weise kritisiert.<br />

Als er auch nach einer Abmahnung einen neuen Kollegen beschimpfte,<br />

wurde er von der Firma entlassen.<br />

Laut Urteil muss sich ein Unternehmen nicht die andauernde Störung<br />

des Betriebsfriedens bieten lassen, auch wenn ein Arbeitnehmer ansonsten gute<br />

Arbeit leiste.“<br />

14.3.5 Kündigung eines <strong>Mobbing</strong>opfers während der Probezeit<br />

Arbeitsgericht Frankfurt; Az.: 6 Ca 6976/99<br />

„Die Kündigung eines "<strong>Mobbing</strong>-Opfers" innerhalb der Probezeit ist nicht<br />

grundsätzlich als "sittenwidrig" anzusehen und somit zulässig. Im<br />

vorliegenden Fall war noch vor Ablauf der sechsmonatigen Probezeit<br />

gekündigt worden, nachdem es im Betrieb zu Spannungen zwischen dem<br />

Gekündigten und seiner Vorgesetzten gekommen war. Der Mitarbeiter fühlte<br />

sich durch <strong>Mobbing</strong> ausgegrenzt und erklärte vor Gericht, dass er vergeblich<br />

versucht habe, mit der Vorgesetzten über deren Führungsstil ein Gespräch zu<br />

führen. Stattdessen habe man ihm gekündigt. Das Gericht befand, dass der<br />

"Soziale Bestandsschutz" eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich erst nach<br />

dem Ende der Probezeit besteht. Vorher darf ein Arbeitgeber auch dann<br />

kündigen, wenn sich <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> z.B. "<strong>Mobbing</strong>" abgespielt hat. Eine<br />

"Sittenwidrigkeit" kann dabei nur in "ganz extremen Ausnahmefällen"<br />

angenommen werden, da Spannungen zwischen Arbeitnehmern und<br />

Vorgesetzten mittlerweile (leider) zum Berufsalltag gehören.“<br />

83


14.4 <strong>Mobbing</strong>- Fragebogen 84<br />

A) Wie viele soziale Konflikte <strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong> haben Sie heute erlebt?<br />

(keinen, einen, zwei, drei, vier, mehr als vier) 1<br />

B) Wo war der Ort des Konflikts ?<br />

(im Büro des/der Vorgesetzten; auf dem Gang; im Besprechungsraum;<br />

an meinem <strong>Arbeitsplatz</strong>; beim Essen in der Kantine; sonstiges) 1<br />

C) Wodurch war der Konflikt bedingt? 1<br />

- durch die Umstände/anderes Ereignis<br />

- durch mich selbst<br />

- durch den unglücklichen Zufall<br />

- durch andere Personen:<br />

(Vorgesetzte, Kolleginnen/Kollegen, Untergebene, sonstige)<br />

D) Waren neben diesem Konflikt noch andere Personen anwesend,<br />

die nicht mit der Verursachung des Konflikts in Verbindung stehen<br />

und nicht daran beteiligt waren? (ja/nein)<br />

E) Wenn ja, welche Position/Rolle haben die anwesenden, aber nicht-<br />

beteiligten Personen? 1<br />

(Vorgesetzte, Kolleginnen/Kollegen, Untergebene, sonstige)<br />

F) Bitte schildern Sie kurz in eigenen Worten, worum es bei diesem<br />

Konflikt ging: (max. 5 Zeilen)<br />

G) Bei dem Konflikt mit dieser/n Person/en handelt es sich um 1<br />

- einen erstmaligen oder neuen Konflikt<br />

- eine Fortsetzung eines unterschwelligen Konflikts<br />

- die Fortsetzung eines offenen Konflikts<br />

84<br />

vgl. Johann Wolfgang Goethe- Institut, Institut für Psychologie, « Tagebuch zur Analyse sozialer Konflikte «<br />

84


H) Der Konflikt 1 - blieb unterschwellig/ - wurde offen ausgetragen<br />

I) Der Konflikt ist in dieser Situation immer schlimmer geworden (ja/nein)<br />

J) Der Konflikt ist vorher über längere Zeit immer schlimmer geworden<br />

(ja/nein)<br />

K) Der Konflikt wurde in dieser Situation beigelegt/gelöst (ja/nein)<br />

L) Der Konflikt wurde im Verlauf des Arbeitstages beigelegt/gelöst<br />

(ja/nein)<br />

M) Auftreten von folgenden Handlungen vor, während oder nach der<br />

Konfliktsituation:<br />

- Ungerechte organisatorische Maßnahmen (ja/nein)<br />

(Zuteilung von über-/unterfordernden, bzw. keinen Aufgaben, - Entzug<br />

von Tätigkeitsbereichen, Kompetenzstreitigkeiten, etc.)<br />

- Soziale Isolierung (ja/nein)<br />

(nicht mehr mit Ihnen sprechen, Sie meiden, Sie ausgrenzen, sich<br />

nicht mehr von Ihnen ansprechen lassen, etc.)<br />

- Angriffe auf Ihre Person und Privatsphäre (ja/nein)<br />

(sich über Sie lächerlich machen, Sie imitieren, Witze über Sie<br />

reißen, „spitze Bemerkungen“ über Sie machen, etc.)<br />

- Verbale Drohungen, bzw. verbale Aggressionen (ja/nein)<br />

(anschreien, beschimpfen, kritisieren, demütigen, drohen, etc.)<br />

- Körperliche Gewalt, bzw. Misshandlungen (ja/nein)<br />

(androhen, ausüben, etc.)<br />

- Schädigung Ihres Ansehens (ja/nein)<br />

(Verbreiten von Gerüchten, feindselige Stimmungsmache,<br />

anschwärzen hinter Ihrem Rücken, etc.)<br />

- Sexuelle Annäherung (ja/nein)<br />

(verbale sexuelle Angebote und sexuelle Belästigung)<br />

85


N) Beurteilen Sie den Konflikt bezüglich der 2<br />

- Chance, die Situation ohne eigenes Zutun zu verbessern<br />

- Chance, die Situation zum Guten beeinflussen zu können<br />

- Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens des Konflikts<br />

- Vorhersehbarkeit der Situation/des Ereignisses<br />

- Unklarheit der Situation<br />

- eigene Unterlegenheit in der Situation<br />

O) Persönliche Bedeutung des Konflikts 3<br />

- Diesen Konflikt habe ich als eine Herausforderung gesehen<br />

- Diesen Konflikt habe ich als bedrohlich erlebt<br />

- Dieser Konflikt hat mir geschadet/Verlust mit sich<br />

gebracht<br />

P) Verantwortlichkeit 3<br />

- Dieser Konflikt erfolgte absichtlich und böswillig<br />

- Die Folgen des Konflikt wurden billigend in Kauf genommen<br />

- Der Konflikt entstand unbedacht und fahrlässig<br />

- Der Konflikt wurde unbeherrscht oder impulsiv herbeigeführt<br />

- Der Konflikt entstand zufällig und unfreiwillig<br />

- Der Konflikt entstand trotz bester Bemühungen von allen Seiten<br />

Q) Wie fühlten Sie sich während des Konflikts? 4<br />

(Auflistung von ca. 20 verschiedenen Gefühlen)<br />

R) Was waren Ihre hauptsächlichen Ziele bei diesem Konflikt? 3<br />

- eine gemeins<strong>am</strong>e Lösung zu finden<br />

- der anderen Person nachzugeben<br />

- meine eigenen Ziele durchzusetzen<br />

- einen Kompromiss zu finden<br />

- den Konflikt zu vermeiden<br />

- mein inneres Gleichgewicht wieder zu erlangen/herzustellen<br />

86


- mir selber klar zu werden, was vor sich ging<br />

- mein eigenes Verhalten zu ändern<br />

- mein Selbstwertgefühl wieder zu erlangen/herzustellen<br />

- jemanden zu suchen, mit dem ich darüber sprechen kann<br />

S) Beschreiben Sie Ihr momentanes Befinden auf den erlebten Konflikt 4<br />

(wie Q)<br />

Durchführung der schriftlichen Befragung täglich, abends.<br />

Schilderung bezogen auf den belastendsten Konflikt<br />

1 = ankreuzen<br />

2 = Skala von 5 bis 1 (5= sehr hoch, 4= hoch, 3= mittel, 2= niedrig,<br />

1= gar keine)<br />

3 = Skala von 5 bis 1 (5= trifft sehr stark zu, 4= trifft stark zu, 3= trifft etwas<br />

zu, 2= trifft kaum zu, 1= trifft gar nicht zu)<br />

4 = Skala von 5 bis 1 (5= sehr stark, 4= stark, 3= etwas, 2= kaum,<br />

1= gar nicht)<br />

87


14.5 Entwurf einer Musterbetriebsvereinbarung 85<br />

Muster-Betriebsvereinbarung zwischen<br />

Geschäftsleitung<br />

und<br />

Ges<strong>am</strong>tbetriebsrat<br />

zum<br />

„Schutz vor Diskriminierung, <strong>Mobbing</strong> und sexueller Belästigung<br />

<strong>am</strong> <strong>Arbeitsplatz</strong>“<br />

(Entwurf orientiert an der BV der Ford-Werke)<br />

Prä<strong>am</strong>bel<br />

Geschäftsleitung und Ges<strong>am</strong>tbetriebsrat sind sich darüber einig, dass im<br />

Unternehmen ein Arbeitsklima bestehen muss, das es Menschen ermöglicht, frei von<br />

Diskriminierung, <strong>Mobbing</strong> und sexueller Belästigung ihrer Arbeit nachzugehen.<br />

Alle Beschäftigen sind aufgefordert, an der Gestaltung eines Arbeitsklimas auf allen<br />

Ebenen mitzuwirken, das gekennzeichnet ist von gegenseitiger Achtung, Toleranz<br />

und Wahrung der menschlichen Würde <strong>am</strong> Arbeitplatz.<br />

In diesem Sinne schließen Geschäftsleitung und Ges<strong>am</strong>tbetriebsrat diese<br />

Vereinbarung.<br />

Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass sonstige gesetzliche Bestimmungen<br />

wie das BetrVG, Kündigungsschutzgesetz, Beschäftigtenschutzgesetz und<br />

strafrechtliche Bestimmungen hiervon unberührt bleiben.<br />

§ 1 Geltungsbereich<br />

Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Beschäftigten des Betriebes, Mitarbeiter und<br />

Mitarbeiterinnen von Fremdfirmen und im Umgang mit Kunden und Kundinnen.<br />

Sinngemäß findet sie auch Anwendung auf freiberufliche Mitarbeiter und<br />

Mitarbeiterinnen.<br />

§ 2 Belästigungsverbot<br />

(1) Geschäftsleitung und Ges<strong>am</strong>tbetriebsrat sind sich einig darüber, dass in unserem<br />

85<br />

Deutscher Gewerkschaftsbund in: , Stand 08.03.2002<br />

88


Unternehmen keiner Person wegen ihrer Abst<strong>am</strong>mung, Weltanschauung,<br />

Nationalität, Herkunft, Alter, Geschlecht, sexuelle Identität und sexuelle Orientierung<br />

oder sonstiger persönlicher Eigenheiten Nachteile entstehen dürfen.<br />

(2) Geschäftsleitung und Ges<strong>am</strong>tbetriebsrat sehen eine wichtige Aufgabe darin, die<br />

freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer und<br />

Arbeitnehmerinnen zu schützen und zu fördern.<br />

(3) Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Unternehmens haben daher<br />

Maßnahmen zu unterlassen, die die Entfaltung der Persönlichkeit Einzelner<br />

beeinträchtigen können oder als Beleidigung oder Belästigung im Sinne des<br />

Beschäftigungsschutzgesetzes empfunden werden können.<br />

Insbesondere ist darauf zu achten, dass<br />

• niemand in seinem oder ihrem sozialen Ansehen geschädigt wird.<br />

• niemand durch Wort, Bild, Gesten oder Handlungen sexuell belästigt oder<br />

diskriminiert wird.<br />

• niemand durch die ihm oder ihr zugewiesenen Arbeitsaufgaben diskriminiert<br />

oder gedemütigt wird.<br />

§ 3 Sanktionen<br />

(1) Unabhängig von den im Folgenden genannten Vorgehensweisen zur<br />

Verhinderung von Belästigungen und Beeinträchtigungen kommen Geschäftsleitung<br />

und Ges<strong>am</strong>tbetriebsrat überein, dass sie Handlungen nach § 2 als ernsthafte<br />

Verletzung des Betriebsfriedens betrachten.<br />

(2) Gegen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die trotzdem solche<br />

Vorgehensweisen ausüben, werden geeignete disziplinarische Maßnahmen<br />

eingeleitet, die bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen können.<br />

(3) Strafrechtliche Maßnahmen werden ggf. eingeleitet.<br />

(4) Werden Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen durch betriebsfremde Personen <strong>am</strong><br />

<strong>Arbeitsplatz</strong> durch Handlungen gemäß § 2 belästigt, wird die Geschäftsleitung ihre<br />

rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um dies zu sanktionieren<br />

und künftig zu verhindern.<br />

Alternativ:<br />

Bei Handlungen gemäß § 2 durch betriebsfremde Personen wird die Geschäftsleitung<br />

ihre rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um dies zu<br />

sanktionieren und künftig zu verhindern.<br />

89


§ 4 Betriebliches Beschwerderecht<br />

(1) Betroffene werden ausdrücklich aufgefordert, ein Fehlverhalten im Sinne dieser<br />

Betriebsvereinbarung nicht hinzunehmen, sondern sich dagegen zur Wehr zu setzen<br />

und der betreffenden Person oder dem Unternehmen deutlich zu machen, dass<br />

deren Verhalten unerwünscht ist und als verletzend oder missachtend empfunden<br />

wird.<br />

(2) Jede(r) Beschäftigte gemäß § 1, die/der sich vom Unternehmen oder einzelnen<br />

Mitarbeitern bzw. Mitarbeiterinnen benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in<br />

sonstiger Weise belästigt fühlt, hat das Recht zur Beschwerde gemäß §5 dieser<br />

Vereinbarung. Nachteile dürfen ihr/ihm daraus nicht entstehen. Betroffene können<br />

wählen, an welches Mitglied der Beratungsstelle gemäß § 6 sie sich wenden.<br />

§ 5 Beschwerdebehandlung<br />

(1) Die Mitarbeiterin der Beratungsstelle nimmt die Beschwerde entgegen, ermittelt<br />

den Sachverhalt und leitet bei Bedarf erste angemessene<br />

Unterstützungsmaßnahmen ein. Dies können z.B. Gespräche mit dem / der<br />

Betroffenen und oder die Vermittlung an externe Fachkräfte (z.B. Ärzte und<br />

Ärztinnen) sein.<br />

(2) Wird ein Gespräch der beteiligten Parteien seitens der Beratungsstelle für sinnvoll<br />

gehalten, sollte dieses unter Leitung eines Mitgliedes der betrieblichen<br />

Beratungsstelle innerhalb von einer Woche nach Eingang der Beschwerde<br />

stattfinden.<br />

(3) Kommt das Gespräch nicht zustande oder kommen beide Konfliktgegner auch in<br />

diesem Gespräch nicht zu einer Einigung oder besteht der ursprüngliche Missstand<br />

fort, wird die Angelegenheit innerhalb von weiteren zwei Wochen von der<br />

betrieblichen Beratungsstelle bearbeitet.<br />

90


(4) Auf Wunsch des / der Beschäftigten können auch eine Person seines/ ihres<br />

Vertrauens, Vertreter oder Vertreterinnen des Betriebsrates, der<br />

Schwerbehindertenvertretung, der Personalabteilung oder der Gleichstellungsstelle<br />

hinzugezogen werden.<br />

§ 6 Zus<strong>am</strong>mensetzung der betrieblichen Beratungsstelle<br />

(1) Die Beratungsstelle ist ein ständige Einrichtung und setzt sich paritätisch aus<br />

jeweils mindestens zwei Mitgliedern der Geschäftsleitung und der<br />

Arbeitnehmervertretung zus<strong>am</strong>men. Hierbei ist darauf zu achten, dass keiner der<br />

jeweiligen Konfliktgegner bzw. keine der jeweiligen Konfliktgegnerinnen Mitglied des<br />

Gremiums ist. Der Vertreter der Geschäftsleitung lädt unter Bekanntgabe des<br />

Tagesordnungsvorschlags ein.<br />

(2) Es sollte die einvernehmliche Hinzuziehung eines externen Sachverständigen<br />

vorgenommen werden.<br />

(3) Die Mitglieder dieser Beratungsstelle sind entsprechend geschult.<br />

(4) Den Beschäftigten ist eine feste Anlaufstelle bekannt zu geben.<br />

§ 7 Aufgaben der betrieblichen Beratungsstelle<br />

(1) Die betriebliche Beratungsstelle hat folgende Aufgaben:<br />

• Beratung der/des Betroffenen<br />

• Entgegennahme und Bearbeitung der Beschwerden<br />

• Vermittlung an externe Stellen<br />

• Dokumentation der Beratungsanlässe und -ergebnisse<br />

• Transparenz über Stand, Schritte und Ausgang des Verfahrens gegenüber den<br />

betroffenen Personen<br />

• Initiieren von vorbeugenden Maßnahmen und Fortbildungen, insbesondere<br />

Konfliktbewältigungstrainings für alle Ebenen<br />

• Maßnahmen zur Förderung der Kommunikation<br />

• Kontakte und Vernetzung mit externen Stellen<br />

(2) Die Beratungsstelle spricht auf Basis eines Mehrheitsbeschlusses der<br />

Geschäftsleitung Empfehlungen für erforderliche Maßnahmen aus.<br />

(3) Zur Verbesserung des Klimas im Betrieb können neben Informationen auch<br />

kulturelle Veranstaltungen analog zu den in § 2 erwähnten Merkmalen gehören.<br />

(4) Vorgetragene Anliegen werden gemäß § 5 unverzüglich behandelt. Die Mitglieder<br />

der Beratungsstelle sind hinsichtlich der ihnen in dieser Tätigkeit bekannt werdenden<br />

Angelegenheiten über die Zeit ihrer Ernennung hinaus zum Stillschweigen<br />

verpflichtet.<br />

91


§ 8 Aufgabe der Geschäftsleitung<br />

(1) Die Geschäftsleitung trifft ihre Entscheidung unverzüglich auf der Basis der<br />

Empfehlung der betrieblichen Beratungsstelle und ist für die Umsetzung<br />

verantwortlich.<br />

(2) Entscheidungen, die von der Empfehlung der betrieblichen Beratungsstelle<br />

abweichen, bedürfen einer schriftlichen Begründung.<br />

(3) Alle anfallenden Kosten trägt das Unternehmen.<br />

§ 9 Schlussbestimmungen<br />

(1) Diese Vereinbarung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.<br />

(2) Diese Betriebsvereinbarung oder einzelne ihrer Bestimmungen können jederzeit<br />

im Wege von Vereinbarungen zwischen Geschäftsleitung und Ges<strong>am</strong>tbetriebsrat<br />

abgeändert oder ergänzt werden.<br />

(3) Die Vereinbarung kann mit einer Frist von ...... zum ......., erstmals zum<br />

.......gekündigt werden.<br />

(4) Die Mitglieder der Beratungsstelle sind allen Mitarbeitern / Mitarbeiterinnen<br />

durch geeignete Mittel bekannt zu machen.<br />

Sollten einzelne Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung ganz oder teilweise<br />

unwirks<strong>am</strong> sein oder werden, bleibt die Wirks<strong>am</strong>keit der übrigen Bestimmungen oder<br />

Teile solcher Bestimmungen unberührt. Anstelle der unwirks<strong>am</strong>en oder fehlenden<br />

Bestimmungen treten die jeweiligen gesetzlichen Regelungen.<br />

(Unterschrift)<br />

(Unterschrift)<br />

Allgemeine Anmerkung:<br />

Unternehmen die nicht über eine geeignete Beratungsstelle verfügen, sind<br />

verpflichtet, eine geeignete externe Anlaufstelle zu benennen.<br />

92


14.6 Bekanntmachung vom 16.10.97<br />

von Alex Trotman (Ford Motor Company)<br />

(Übersetzung)<br />

An alle Lohn- und Gehaltsempfänger<br />

Betr.:<br />

Keine Toleranz gegenüber allen Formen der persönlichen<br />

Herabwürdigung<br />

Die Menschen sind das Wertvollste unseres Unternehmens. Es sind erstklassige<br />

Mitarbeiter, die aus Ford ein Weltklasse- Unternehmen machen und es sind unsere<br />

vereinten Talente, die dieses Unternehmen groß machen. Deshalb möchte ich die<br />

Verpflichtung der Firma -und meine persönliche Verpflichtung- zu keinerlei Duldung<br />

jeglicher Art der persönlichen Herabwürdigung wiederholen.<br />

Das Unternehmen hat sein Entgegentreten gegenüber persönlichen<br />

Herabwürdigungen zwar erstmals <strong>am</strong> 11. Juni 1979 zum Ausdruck gebracht, möchte<br />

diese Haltung jedoch wegen der Bedeutung des Themas nochmals bekräftigen.<br />

Jeder von uns hat eine Aufgabe zu erfüllen bei der Schaffung und Aufrechterhaltung<br />

einer Arbeitsumgebung, die alles einschließt und allen Mitarbeitern erlaubt, zum<br />

Geschäftserfolg der Ford Motor Company voll beizutragen. Ethnische<br />

Verunglimpfungen, rassistische Bemerkungen oder sexuelle<br />

Herabwürdigungen oder ein sonstiger provozierender Sprachgebrauch<br />

verstoßen ganz klar gegen diese Firmenpolitik.<br />

Das Unternehmen hat seine Beziehungen zu seinen Mitarbeitern in<br />

Geschäftsgrundsätzen niedergelegt. Darin wird deutlich gemacht, dass das<br />

Verhältnis zu den Beschäftigten und den Bewerbern um einen <strong>Arbeitsplatz</strong><br />

nicht-diskriminierend ist in bezug auf Rasse, Hautfarbe, Religion, Alter, Geschlecht,<br />

sexuelle Orientierung, nationale Herkunft und den Behindertenstatus. Die<br />

Verpflichtung unseres Unternehmens zur Wertschätzung der Vielfältigkeit unter den<br />

Mitarbeitern ist seit langem ein durchgehender Grundsatz in unseren<br />

Geschäftsbedingungen und -regeln.<br />

Viele Unterschiede im Denken und Handeln werden mit an den <strong>Arbeitsplatz</strong><br />

getragen. Wir müssen aber sicherstellen, dass der Geist und die Absicht der<br />

Firmenpolitik verstanden und dass ein respektloser Sprachgebrauch oder<br />

unangemessenes Benehmen nicht stillschweigend geduldet werden. Deshalb wird<br />

die Verletzung angemessener Verhaltensregeln als ernstes Vergehen angesehen und<br />

in Übereinstimmung mit den bestehenden Regelungen zur Mitarbeiterdisziplin<br />

geahndet.<br />

Für den Fall eines offenbaren Fehlverhaltens muss dieses unverzüglich der<br />

zuständigen Personalverwaltung berichtet werden, d<strong>am</strong>it eine rechtzeitige und<br />

gründliche Untersuchung durchgeführt werden kann. Außerdem hat das<br />

Management dafür zu sorgen, dass es zu keinen Repressalien gegenüber Personen<br />

kommt, die ein Fehlverhalten melden oder sich an der anschließenden Untersuchung<br />

beteiligen. Dies ist ein integraler Bestandteil der Selbstverpflichtung des<br />

Unternehmens. Dies geht uns alle an- Beschäftigte, Zulieferer und Händler. Es geht<br />

um die Achtung der Menschen. Es geht um Zus<strong>am</strong>menarbeit zwischen jedermann,<br />

um aus Ford ein Unternehmen zu machen, auf das wir alle stolz sein können.<br />

93

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