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Flachsfaser Leinen oder Flachs (altgr. linon und lat. linum ,Lein') ist ...

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<strong><strong>Flachs</strong>faser</strong><br />

<strong>Leinen</strong> <strong>oder</strong> <strong>Flachs</strong> (<strong>altgr</strong>. <strong>linon</strong> <strong>und</strong> <strong>lat</strong>. <strong>linum</strong> ,Lein‘) <strong>ist</strong> die Faser aus der Lein- <strong>oder</strong> <strong>Flachs</strong>pflanze,<br />

insbesondere auch daraus gefertigte Gewebe <strong>oder</strong> Tuch. Synonym wird für das<br />

Fertigprodukt Leinwand <strong>oder</strong> Linnen benutzt. Seit dem späten 19. Jahrh<strong>und</strong>ert wurde <strong>Leinen</strong> fast<br />

völlig durch Baumwolle verdrängt, gewinnt aber als ökologische Naturfaser wieder an Bedeutung.<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1 Die Faser<br />

2 Ernte<br />

3 Gewinnung der Fasern<br />

4 Textile Weiterverarbeitung<br />

4.1 Spinnen<br />

4.2 Weben<br />

5 Eigenschaften<br />

5.1 Textilfaser<br />

5.2 Technische Faser<br />

6 Verwendung<br />

6.1 <strong>Leinen</strong><br />

6.2 Dämmstoff<br />

6.3 Naturfaserverb<strong>und</strong>werkstoffe<br />

7 Bezeichnung <strong>und</strong> Qualität<br />

8 Wirtschaft <strong>und</strong> Ökologie<br />

9 Geschichte<br />

10 Museen<br />

11 Literatur<br />

12 Weblinks<br />

13 Einzelnachweise<br />

<strong><strong>Flachs</strong>faser</strong><br />

Fasertyp<br />

Herkunft<br />

Eigenschaften<br />

Naturfaser<br />

Gemeiner Lein<br />

Einzelfaser 9-70,<br />

Faserlänge durchschnittlich 33 mm;<br />

Faserbündel 25-120 cm<br />

5-38 µm, durchschn.<br />

Faserdurchmesser<br />

19 µm<br />

Dichte 1,4 g/cm 3


Zugfestigkeit<br />

Spezifische<br />

Zugfestigkeit<br />

Elastizitätsmodul<br />

Spezifisches<br />

Elastizitätsmodul<br />

0,90 GPa<br />

0,60 GPa<br />

85 GPa<br />

71 GPa<br />

Bruchdehnung 1,8…3,3 %<br />

Wasseraufnahme 7 %<br />

Produkte<br />

Textilien<br />

Verarbeitung der <strong><strong>Flachs</strong>faser</strong>/schematisch<br />

Brechen, Schwingen, Hecheln<br />

<strong><strong>Flachs</strong>faser</strong>n


<strong>Flachs</strong>: Stroh, Garn <strong>und</strong> Seile<br />

Die Faser<br />

Die <strong>Flachs</strong>- <strong>oder</strong> <strong>Leinen</strong>faser wird aus den Stängeln der <strong>Flachs</strong>pflanze gewonnen, auch Bast <strong>oder</strong><br />

Bastfasern genannt. Die <strong>Leinen</strong>fasern bilden Bündel, im Gegensatz zu Samenfasern wie Baumwolle,<br />

die aus unverb<strong>und</strong>enen Einzelfasern bestehen. Die 2,5 bis 6 Zentimeter langen Elementarfasern<br />

aus Zellulose sind durch Pektine zu den 50 bis 90 Zentimeter langen Faserbündeln, den technischen<br />

Fasern, verb<strong>und</strong>en.<br />

Weitere Bestandteile der Faser sind Hemicellulose <strong>und</strong> Lignin. Die Menge der einzelnen Bestandteile<br />

<strong>ist</strong> abhänging vom Reifegrad der Faser, durchschnittlich besteht eine <strong><strong>Flachs</strong>faser</strong> zu 71 % aus<br />

Cellulose, 18,6 % - 20,6 % Hemicellulose, 2,3 % Pektin <strong>und</strong> 2,2 % Lignin <strong>und</strong> etwa 1,7 % Wachs,<br />

welches zum größten Teil auf der Faseroberfläche zu finden <strong>ist</strong>.<br />

Durch Kottonisierung können diese Bündel chemisch in Elementarfasern zerlegt werden. Der so<br />

erzeugte Flockenbast <strong>ist</strong> der Baumwolle sehr ähnlich, wird aber wegen der aufwändigeren<br />

Bearbeitung kaum hergestellt.<br />

Ernte<br />

Bei der Ernte werden die Leinpflanzen mittels spezieller Maschinen mit den Wurzeln aus dem<br />

Boden gerauft, das heißt ausgerissen, da beim Mähen die Fasern zerstört würden. Die Ernte erfolgt<br />

bei Gelbreife, dann sind im unteren Drittel die Blätter bereits abgefallen. Das Stroh wird in<br />

Schwadlage auf dem Boden abgelegt <strong>und</strong> parallel ausgerichtet. Beim anschließenden Trocknen reißt<br />

die Epidermis auf, so dass hier später Mikroorganismen eindringen können. Durch das Riffeln werden<br />

die Samenkapseln entfernt. Das Riffeln kann auch nach der Rösteerfolgen. Bei der Röste <strong>oder</strong> Rotte<br />

wird durch Bakterien <strong>und</strong> Pilze die Bindung zwischen den Faserbündeln <strong>und</strong> dem sie umgebenden<br />

Gewebe gelöst. Die Rotte muss zum richtigen Zeitpunkt unterbrochen werden, um eine Schädigung<br />

der Fasern zu verhindern.


Die heute vorherrschende Röstmethode <strong>ist</strong> die Tauröste, die auf r<strong>und</strong> drei Vierteln der Anbauflächen<br />

weltweit angewendet wird, vor allem in Gebieten mit ozeanischem Klima, da hierzu Taufeuchte<br />

benötigt wird. Dabei wird das <strong>Flachs</strong>stroh auf den Feldern liegengelassen. Durch die Taufeuchte<br />

bauen Bakterien <strong>und</strong> Pilze die Pektine ab. Dieses Verfahren <strong>ist</strong> re<strong>lat</strong>iv umweltfre<strong>und</strong>lich, auch<br />

gelangen die Nährstoffe während der Röste teilweise wieder in den Boden zurück. Nachteile sind die<br />

Witterungsanfälligkeit <strong>und</strong> die lange Dauer. In manchen Gebieten, wie in Osteuropa, Belgien, China<br />

<strong>und</strong> Ägypten wird die Warmwasserröste eingesetzt. Hier wird das Stroh drei bis vier Tage in Bassins<br />

mit 28 bis 40° C warmem Wasser geröstet. Dies führt durch die Abwässer zu recht hohen<br />

Umweltbelastungen. Ein h<strong>ist</strong>orisches Verfahren <strong>ist</strong> die Kaltwasserröste, bei der das <strong>Flachs</strong>stroh in<br />

Teichen <strong>oder</strong> in Wassergräben geröstet wurde. Chemische Verfahren zur Röste haben sich nicht<br />

durchgesetzt, da sie me<strong>ist</strong> auch die <strong><strong>Flachs</strong>faser</strong>n angreifen. Enzymatische Verfahren haben sich aus<br />

Kostengründen nicht durchgesetzt.<br />

Gewinnung der Fasern<br />

Nach der Röste wird das Stroh wieder getrocknet <strong>und</strong> in die Verarbeitungsbetriebe (Schwingerei)<br />

gebracht. Hier wird das Stroh zunächstgebrochen: der Holzkern wird in kleine<br />

Stücke, Schäben genannt, zerkleinert. Beim anschließenden Schwingen werden die Schäben vom<br />

<strong>Flachs</strong> getrennt, dabei fällt auch der Schwungwerg an, kurze <strong><strong>Flachs</strong>faser</strong>n. Schäben <strong>und</strong> Schwungwerg<br />

werden in einer Wergreinigungsanlage voneinander getrennt. Der <strong>Flachs</strong> wird gehechelt <strong>und</strong> dabei<br />

parallelisiert <strong>und</strong> weiter gereinigt. Die <strong><strong>Flachs</strong>faser</strong>n, auch als Langfasern bezeichnet, verlassen die<br />

Schwingerei zu Zöpfen gedreht <strong>und</strong> werden so in die Spinnereien gebracht.<br />

Kurzfasern fallen entweder bei der Langfasergewinnung als Nebenprodukt an, <strong>oder</strong> die gesamte<br />

Produktion <strong>ist</strong> auf Kurzfasern ausgerichtet. Dann erfolgt die Verarbeitung in einer sogenannten<br />

Kurzfaserlinie: das Stroh wird nicht parallel liegend verarbeitet. Die dabei entstehenden Kurzfasern<br />

sind nicht so hoch gereinigt wie die Langfasern <strong>und</strong> werden vor allem für technische Zwecke<br />

verwendet.<br />

Textile Weiterverarbeitung<br />

Spinnen<br />

Beim Spinnen werden die Fasern zu Fäden versponnen. Lang- <strong>und</strong> Kurzfasern werden dabei<br />

unterschiedlich gehandhabt, es wird zwischen Trocken- <strong>und</strong> Nassspinnverfahren unterschieden.<br />

Langfasern werden vor dem Verspinnen zu einem Band vereinigt, mehrfach gestreckt <strong>und</strong> mit<br />

anderen Bändern vermischt (doubliert), um so eine möglichst homogene Qualität zu erreichen.<br />

Langfasern werden me<strong>ist</strong> nass zu hochwertigen Fäden versponnen. Die Bänder werden zu feinen,<br />

homogenen Fäden gestreckt. In einem Warmwasserbad bei 70° C lösen sich die Pektine, so dass sich<br />

die Fasern leichter gegeneinander verziehen. Nach dem Aufrollen auf Garnrollen wird das Garn bei<br />

r<strong>und</strong> 80° C getrocknet.<br />

Bei Kurzfasern wird durch Aufrauen (Kardieren) ein flächiges „Vlies“ produziert, das zu einem Band<br />

reduziert wird. Dieses Band wird gekämmt (gehechelt), um es von Schäben <strong>und</strong> zu kurzen Fasern zu<br />

reinigen. Dann wird das Band gestreckt <strong>und</strong> wie die Langfasern doubliert. Kurzfasern werden in der<br />

Regel trocken versponnen. Die entstehenden Garne sind rau <strong>und</strong> fühlen sich gleichzeitig weich an.<br />

Weben<br />

Gewebt wird <strong>Leinen</strong> in der klassischen Leinwandbindung, aber auch Jacquard, Köper <strong>und</strong> andere<br />

Bindungsarten sind üblich. Bat<strong>ist</strong>, Schleier<strong>und</strong> Linon wurden ebenfalls aus <strong>Flachs</strong> hergestellt, man<br />

zählte sie jedoch nicht zum <strong>Leinen</strong>gewebe. Beim Weben von <strong>Leinen</strong> muss für die Kettfäden ein sehr<br />

gleichmäßiges <strong>und</strong> damit teures Garn verwendet werden. Kettfäden mit den für <strong>Leinen</strong> typischen<br />

Unregelmäßigkeiten würden unter der Scheuerbelastung leiden <strong>und</strong> zu oft reißen.<br />

Halbleinen <strong>ist</strong> ein Gewebe mit einem Mindestgehalt an <strong>Leinen</strong>fasern, es wird typischerweise mit<br />

<strong>Leinen</strong> als Schuss <strong>und</strong> me<strong>ist</strong> Baumwolle-Kettfäden gewebt.


Eigenschaften<br />

Textilfaser<br />

Gegenüber anderen Bastfasern <strong>ist</strong> die <strong>Leinen</strong>faser gut teilbar <strong>und</strong> fein verspinnbar, was sie für<br />

Wäsche <strong>und</strong> Kleidung auszeichnet. Die <strong>Leinen</strong>faser <strong>ist</strong> g<strong>lat</strong>t <strong>und</strong> das <strong>Leinen</strong>gewebe schließt wenig<br />

Luft ein, so <strong>ist</strong> <strong>Leinen</strong> flusenfrei <strong>und</strong> wenig anfällig gegen Schmutz <strong>und</strong> Bakterien, die Faser <strong>ist</strong> von<br />

Natur bakteriozid, fast ant<strong>ist</strong>atisch <strong>und</strong> schmutzabweisend.<br />

<strong>Leinen</strong> nimmt bis zu 35 % Luftfeuchtigkeit auf <strong>und</strong> tauscht diese Feuchtigkeit auch schnell mit der<br />

Umgebungsluft aus, wirkt somit kühlend, <strong>ist</strong> dennoch trocken wärmend. Deswegen wird das Gewebe<br />

gern für Sommerbekleidung eingesetzt. Die Wasserhaltung auf der Oberfläche <strong>ist</strong> auch Ursache der<br />

ant<strong>ist</strong>atischen (<strong>und</strong> damit schmutzabweisenden) Eigenschaft. Die <strong>Leinen</strong>faser <strong>ist</strong> sehr reißfest <strong>und</strong><br />

extrem unelastisch. Aufgr<strong>und</strong> der geringen Elastizität <strong>ist</strong> <strong>Leinen</strong> knitteranfällig; die Reißfestigkeit<br />

macht das <strong>Leinen</strong> strapazierfähig <strong>und</strong> langlebig. <strong>Leinen</strong> <strong>ist</strong> stark <strong>und</strong> muss nicht wie Baumwolle<br />

nachgestärkt werden. Es hat natürlichen Glanz <strong>und</strong> Stärke.<br />

Anfällig <strong>ist</strong> <strong>Leinen</strong> jedoch gegenüber Reibung. Seine Scheuerfestigkeit <strong>ist</strong> geringer als die der<br />

Baumwolle; es sollte deswegen bei Wäsche der Schongang eingesetzt werden <strong>oder</strong> bei Handwäsche<br />

nur gestaucht <strong>und</strong> nicht gerieben werden.<br />

<strong>Leinen</strong> <strong>ist</strong> gegen Waschlaugen, Waschmittel, Kochwäsche, chemische Reinigung <strong>und</strong> hohe<br />

Temperaturen beim Bügeln unempfindlich. Trockene Hitze schädigt das Gewebe, daher muss es zum<br />

Bügeln noch leicht feucht sein, Wäschetrockner sind ungeeignet.<br />

Das Bleichen von <strong>Leinen</strong> <strong>ist</strong> problematisch. Vollbleiche führt zu Gewichtsverlusten von bis zu einem<br />

Fünftel. Das Färben von <strong>Leinen</strong> <strong>ist</strong> im Garn <strong>oder</strong> am Gewebe möglich. Das Blau der<br />

Berufsbekleidung <strong>ist</strong> auf das Färbeverhalten des <strong>Leinen</strong>s zurückzuführen, das mit Naturfarben nur<br />

mit Indigo einigermaßen echt gefärbt werden konnte. Dies liegt an der Eigenschaft von <strong>Leinen</strong> als<br />

Zellulosefaser, die beim Färben keine chemische Bindung ermöglicht. Möglich <strong>ist</strong> die Färbung neben<br />

den genannten Küpenfarbstoffen mit der Klasse der substantiven Farbstoffe, dabei wird das<br />

Farbstoffmolekül (nur mechanisch gefangen) in das Knäuel des polymeren Zellulosemoleküls<br />

eingebaut.<br />

Technische Faser<br />

Die technischen <strong><strong>Flachs</strong>faser</strong>n sind re<strong>lat</strong>iv steif <strong>und</strong> reißfest. Kombiniert mit ihrer geringen Dichte,<br />

ergibt sich somit eine sehr hohe spezifischen Festigkeit <strong>und</strong> Steifigkeit, vergleichbar mit Glasfasern.<br />

Die Qualität der Fasern hängt jedoch stark von den Anbaubedingungen <strong>und</strong> Aufschlussverfahren ab,<br />

wodurch sich eine re<strong>lat</strong>iv große Streuung der Eigenschaften ergibt. Durch<br />

konsequentes Qualitätsmanagement lassen sich diese Schwankungen aber kontrollieren.<br />

Verwendung<br />

<strong>Leinen</strong><br />

<strong>Leinen</strong>gewebe wurden traditionell für Bett- <strong>und</strong> Hauswäsche verwendet. In dieser Nutzung wurden<br />

sie von der billigeren Baumwolle verdrängt. Neue Einsatzgebiete wie Kleidung <strong>und</strong> Dekorationsstoffe<br />

kommen hinzu, besonders in Form handgewebter hochpreisiger Produkte. <strong>Leinen</strong> wird<br />

als Bezugsstoff für Bucheinbände verwendet, außerdem für Schuhe <strong>und</strong> Taschen. Namensgebend<br />

waren <strong>Leinen</strong>stoffe zum Bespannen für Leinwände in der Malerei. <strong>Leinen</strong>stroh findet zusehends eine<br />

große Bedeutung als Einstreu in der Pferdehaltung. Dazu verwendet man den holzigen Teil des<br />

<strong>Flachs</strong>stängels. Die Saugkraft <strong>ist</strong> zehnmal so hoch wie von gewöhnlichem Stroh, viermal so hoch wie<br />

bei Holzspänen. <strong>Leinen</strong>fasern finden auch für technische Gewebe sowie als Austauschstoff<br />

für Asbestfasern Verwendung.<br />

Dämmstoff<br />

Aus Kurzfasern, die als Nebenprodukt der <strong>Leinen</strong>gewinnung anfallen, werden Naturdämmstoffe in<br />

Form von Matten, P<strong>lat</strong>ten <strong>oder</strong> Stopfwolle hergestellt, gelegentlich wird ihnen zwecks höherer<br />

Stabilität noch etwas Polyester zugesetzt. <strong>Flachs</strong> we<strong>ist</strong> einen WLG-Wert von 040 auf <strong>und</strong> <strong>ist</strong> damit<br />

vergleichbar mit Holzfaser, Zellulose, Steinwolle <strong>oder</strong> auch Polystyrol <strong>und</strong> speichert bei<br />

einer Wärmekapazität von 1550 J/(kg x K) Wärme gut. Es wird in die Baustoffklasse B2 eingestuft, <strong>ist</strong><br />

also normal entflammbar . Zwar haben sich die entsprechenden Produkte als Wärmedämmstoffe<br />

etabliert, der Marktanteil von <strong>Leinen</strong> im Dämmstoffbereich liegt jedoch derzeit -gemeinsam mit Hanf


gerechnet- bei weniger als 0,5 %, selbst unter optimalen Bedingungen wird auch für die Zukunft mit<br />

einem Marktanteil von höchstens 5 % gerechnet.<br />

Naturfaserverb<strong>und</strong>werkstoffe<br />

Die <strong><strong>Flachs</strong>faser</strong> wird, auf Gr<strong>und</strong> ihrer guten mechanischen Eigenschaften <strong>und</strong> regionalen<br />

Verfügbarkeit, vermehrt als Verstärkungsfaser für Naturfaserverb<strong>und</strong>werkstoffe eingesetzt. Hinzu<br />

kommt, dass der Preis von deutlich unter einem Euro pro Kilogramm für technische Fasern in den<br />

letzten Jahren nur geringen Schwankungen unterworfen war. Eines der wichtigsten<br />

Anwendungsgebiete für flachsfaserverstärkte Kunststoffe <strong>ist</strong> die Automobilindustrie, fast zwei Drittel<br />

der hier eingesetzten Naturfasern sind <strong><strong>Flachs</strong>faser</strong>n. In den letzten Jahren gehören aber auch andere<br />

Industriezweige zu den Abnehmern.<br />

Die für die Produktion von naturfaserverstärkten Kunststoffen eingesetzten Fasern sind, preislich<br />

bedingt, vor allem Kurzfasern. Eines der wichtigsten Verarbeitungsverfahren für Naturfasern <strong>ist</strong><br />

das Formpressen, bei dem sogenannte Fasermatten zusammen mit duroplastischen <strong>oder</strong><br />

thermoplastischen Kunststoffen unter Temperatureinwirkung verpresst werden. <strong><strong>Flachs</strong>faser</strong>n finden<br />

sich aber auch in Kunststoffgranu<strong>lat</strong>en für die Spritzguss- <strong>und</strong> Extrusionsverarbeitung. Diese<br />

Werkstoffe zeichnen sich durch eine geringe Dichte kombiniert mit re<strong>lat</strong>iv hohen Festigkeiten <strong>und</strong><br />

Steifigkeiten aus. In Kombination mit der Nachhaltigkeit der Naturfasern, ihrer CO 2 -Neutralität <strong>und</strong><br />

der medizinischen Unbedenklichkeit ergeben sich große Einsparmöglichkeiten für glasfaserverstärkte<br />

<strong>und</strong> gefüllte Kunststoffe.<br />

Bezeichnung <strong>und</strong> Qualität<br />

Die CELC vergibt das masters of linen-Siegel, ein geschütztes Warenzeichen, an <strong>Leinen</strong>produkte aus<br />

westeuropäischem Anbau. Die vier Zeichen mit dem stilisierten „L“ stehen für Qualitäten von<br />

Reinleinen bis Halbleinen.<br />

In Deutschland gelten laut Textilkennzeichnungsgesetz (TKG) die Begriffe <strong>Flachs</strong> <strong>oder</strong> <strong>Leinen</strong> für<br />

Bastfasern aus den Stängeln des <strong>Flachs</strong>es (Linum usitatissimum) <strong>und</strong> Halbleinen für Erzeugnisse mit<br />

einer Kette aus reiner Baumwolle <strong>und</strong> einem Schuss aus reinem <strong>Leinen</strong>, bei denen der Anteil des<br />

<strong>Leinen</strong>s nicht weniger als 40 % des Gesamtgewichts desentschlichteten Gewebes ausmacht, wobei<br />

die Angabe „Kette reine Baumwolle - Schuss reines <strong>Leinen</strong>“ hinzugefügt werden<br />

muss. Reinleinen muss in Kette <strong>und</strong> Schuss reine <strong>Flachs</strong>garne enthalten. Das Kurzzeichen für den<br />

Faser-Rohstoff <strong>Flachs</strong>/ <strong>Leinen</strong> <strong>ist</strong> LI (Anteile von Rohstoffen in Mischgeweben); nur <strong>Leinen</strong> ohne<br />

andere Fasern darf als „<strong>Leinen</strong>, rein“ bezeichnet werden (sowohl Kette als auch Schuss nur aus<br />

<strong>Leinen</strong>).<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Ökologie<br />

Der Anteil des <strong>Leinen</strong>s am weltweiten Faseraufkommens liegt nur bei r<strong>und</strong> zwei Prozent. Die größten<br />

Anbaugebiete sind China mit 161.000, die EU mit 102.740 (v.a. Frankreich <strong>und</strong> Belgien), Russland mit<br />

89.210, Weißrussland mit 71.000, die Ukraine mit 23.600 <strong>und</strong> Ägypten mit 8.900 Hektar. In<br />

Deutschland mit 30 <strong>und</strong> Österreich mit 129 Hektar <strong>ist</strong> der Anbau bedeutungslos. Die Weltproduktion<br />

liegt bei r<strong>und</strong> zwei Millionen Tonnen jährlich.<br />

Der Großteil der Wertschöpfung beim Faserleinanbau erfolgt mit den Langfasern, die in der EU r<strong>und</strong><br />

88 Prozent des Umsatzes ausmachen. 2003 lag der Preis für die Tonne textile Langfasern bei 1.593<br />

Euro, für textile Kurzfasern bei 345 Euro, für Kurzfasern für Papier bei 170 Euro, <strong>und</strong> für Kurzfasern<br />

für Dämmstoffe <strong>oder</strong> Verb<strong>und</strong>werkstoffe bei 400 bis 500 Euro. Der Großteil der europäischen<br />

Langfaser-Produktion geht in den Export, vor allem nach China.<br />

Die <strong>Leinen</strong>produktion <strong>ist</strong> im Unterschied zur Baumwolle auf wenig Chemikalieneinsatz<br />

(Dünger, Pestizide) angewiesen. Auch ohne m<strong>oder</strong>ne Technik kann <strong>Leinen</strong> hergestellt werden, jedoch<br />

<strong>ist</strong> die Produktion der <strong>Leinen</strong>faser aufwendig <strong>und</strong> arbeitsintensiv. Baumwolle setzte sich erst mit<br />

der Industrialisierung durch, wobei dieser Trend zum Massenprodukt wiederum die Anbaumenge<br />

beeinflusste. Andererseits <strong>ist</strong> <strong>Leinen</strong> die einzige Naturfaser, die in kontrolliert biologischer Qualität<br />

aus heimischem Anbau (Westeuropa) auf dem Markt <strong>ist</strong>. Eine ökologische Herstellung von<br />

<strong><strong>Flachs</strong>faser</strong>n in größerem Umfang <strong>ist</strong> durch die Probleme der Ernte <strong>und</strong> der Taurotte begrenzt.<br />

Abwässer der Wasserrotte sind belastet, also <strong>ist</strong> die Taurotte empfohlen <strong>und</strong> wird gefördert.


Geschichte<br />

Es <strong>ist</strong> bekannt, dass unter anderem in Ägypten, Mesopotamien <strong>und</strong> Phönizien bereits vor 6000 bis<br />

7000 Jahren <strong>Leinen</strong> systematisch verarbeitet wurde. Ägyptische Mumien sind in <strong>Leinen</strong>streifen<br />

gehüllt. Möglicherweise ex<strong>ist</strong>ierte die <strong>Leinen</strong>verarbeitung schon vor 10 000 Jahren.<br />

Von der griechischen <strong>und</strong> römischen Antike bis ins europäische Mittelalter war <strong>Leinen</strong><br />

neben Wolle das Material für Kleidung. Seine Blütezeit hatte das <strong>Leinen</strong> im vorindustriellen Europa.<br />

Als Baumwolle noch nicht in großen Mengen importiert wurde, war <strong>Leinen</strong> (neben wenigen<br />

Ausnahmen) die einzige pflanzliche Faser. Bis Ende des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts waren 18 % der<br />

verarbeiteten Fasern aus <strong>Flachs</strong> <strong>und</strong> 78 % aus Wolle.<br />

Im Mittelalter wurde <strong>Leinen</strong> (im Gegensatz zu Wolle) durch die schmutzabweisende Eigenschaft<br />

bevorzugt für körpernahe Verwendung eingesetzt, auf Gr<strong>und</strong> seiner Stärke auch für Stoffpanzer. Da<br />

es schwer färbbar war, wurde es vorwiegend in blassen Tönen angeboten; deckende <strong>und</strong> dunkle<br />

Töne waren teuer. <strong>Leinen</strong> wurde lange Zeit nur in Handarbeit verarbeitet, später kamen<br />

auch industrielle Methoden hinzu. Bis ins 20. Jahrh<strong>und</strong>ert wurde handgesponnenes, aber auch<br />

maschinell versponnenes Garn in Heimarbeit auf Handwebstühlen gewebt. Verarbeitet wurde das<br />

<strong>Leinen</strong> hauptsächlich in Irland, Holland, Westfalen, Sachsen, Schlesien <strong>und</strong> Böhmen. Während<br />

des Zweiten Weltkriegs war Deutschland von Baumwoll-Importen abgeschnitten, daher wurde der<br />

Anbau von heimischem <strong>Flachs</strong> forciert. Dadurch stieg die Anbaufläche von <strong>Flachs</strong> von 5000 ha (1933)<br />

auf 100000 ha (1937). Zur Verarbeitung der Faser wurden <strong>Flachs</strong>werke gebaut.<br />

Folgenden Qualitäten werden h<strong>ist</strong>orisch unterschieden:<br />

<strong>Flachs</strong>leinwand - reiner Langfaserflachs in Leinwandbindung<br />

Wergleinwand <strong>oder</strong> Hedeleinen - gewebt mit Garn aus Hechelwerg<br />

halbflächsene <strong>oder</strong> Halbhedeleinen - gewebt mit Garn aus Langfaserflachs <strong>und</strong> Werg<br />

Halblaken - gewebt mit <strong>Flachs</strong>garn als Kette <strong>und</strong> Werggarn als Schuss.<br />

Halbbaumwolle <strong>oder</strong> Halbleinen - gewebt mit Garn aus Baumwolle <strong>und</strong> <strong>Leinen</strong><br />

irische <strong>oder</strong> irländische - gewebt mit Baumwolle als Kette <strong>und</strong> <strong>Flachs</strong>garn als Schuss, <strong>oder</strong> umgekehrt<br />

Hausleinwand - von Hand gewebt<br />

Weißgarnleinwand <strong>und</strong> Löwentlinnen - gewebt mit gebleichtem Garn<br />

Auch Gewebe aus Hanf in Leinwandbindung wurden als <strong>Leinen</strong> bezeichnet (Hanfleinwand).<br />

Mit der Perfektionierung der maschinellen Baumwollverarbeitung zu Anfang des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

wurde das <strong>Leinen</strong> zuerst in Amerika <strong>und</strong> später, mit wachsenden Baumwollimporten, in Europa<br />

zurückgedrängt. Nach einem erneuten Tiefpunkt Anfang der 1980er Jahre, steigt der Verbrauch<br />

langsam an, wobei der Trend zu Naturgeweben, handgewebte Artikel <strong>und</strong> hochpreisige<br />

Kunsthandwerkgewebe sowie kulturh<strong>ist</strong>orische Reproduktionen das Wachstum fördern.<br />

Literatur<br />

Frank Waskow: Hanf & Co. Die Renaissance der heimischen Faserpflanzen. Hrsg. vom Katalyse-<br />

Institut. Verlag die Werkstatt, Göttingen 1995, S. 93-144. ISBN 3-89533-138-4<br />

Alfons Hofer: Stoffe, 8. Auflage, Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main 2000 (Band 1, Rohstoffe:<br />

Fasern, Garne <strong>und</strong> Effekte), ISBN 3-87150-671-0<br />

Ursula Völker, Katrin Brückner: Von der Faser zum Stoff: textile Werkstoff- <strong>und</strong> Warenk<strong>und</strong>e, 32.<br />

Auflage, Verlag Dr. Felix Büchner - Verlag Handwerk <strong>und</strong> Technik, Hamburg 2001,ISBN 3-582-05112-9<br />

Hannelore Eberle: Fachwissen Bekleidung, 8. Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Leipzig 2005, ISBN 3-<br />

8085-6208-0<br />

H. L. Bos: The Potential of Flax Fibres as Reinforcement for Composite Materials. Dissertation,<br />

Department of Chemical Engineering, Technische Universiteit Eindhoven, Niederlande, 2004<br />

Michael Carus et al.: Studie zur Markt- <strong>und</strong> Konkurrenzsituation bei Naturfasern <strong>und</strong><br />

Naturfaserwerkstoffen (Deutschland <strong>und</strong> EU) Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), 2008<br />

Patricia Baines: Linen: hand spinning and weaving. London 1989<br />

Bert Dewilde: Flax in Flanders throughout the centuries. H<strong>ist</strong>ory, technical evolution, folklore. Tielt<br />

1999


Marianne Fasse: Von <strong>Flachs</strong> <strong>und</strong> <strong>Leinen</strong> in alter Zeit. Berichte <strong>und</strong> Bilder, Dokumente <strong>und</strong><br />

Überlieferungen. Rheda-Wiedenbruck 1989<br />

Max Flad: <strong>Flachs</strong> <strong>und</strong> <strong>Leinen</strong>: vom <strong>Flachs</strong>anbau, Spinnen <strong>und</strong> Weben in Oberschwaben <strong>und</strong> auf der<br />

Alb. Ravensburg 1984<br />

Klaus Freckmann, Gabriel Simons u. Konrad Grunsky-Peper: <strong>Flachs</strong> im Rheinland: Anbau <strong>und</strong><br />

Verarbeitung (Schriftenreihe des Freilichtmuseums Sobernheim; 6). Köln 1979<br />

Horst Hagen u. Hermann Tödter: Aus <strong>Flachs</strong> wird <strong>Leinen</strong>. Anbau <strong>und</strong> Verarbeitung von <strong>Flachs</strong>, ein<br />

altes bäuerliches Handwerk (Rotenburger Schriften Sonderband; 29). Rotenburg/ Wümme 1985<br />

Gabriele Harzheim: Das blaue W<strong>und</strong>er: Rheinische <strong>Flachs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Leinen</strong>produktion im 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert (Schriften des Rheinischen Freilichtmuseums - Landesmuseum für Volksk<strong>und</strong>e; 35). Köln<br />

1989<br />

Gabriele Harzheim: <strong>Leinen</strong>weberei <strong>und</strong> Bleiche (Landes- <strong>und</strong> volksk<strong>und</strong>liche Filmdokumentation; 5).<br />

Köln 1990<br />

Udelgard Körber-Grohne: Nutzpflanzen in Deutschland: Kulturgeschichte <strong>und</strong> Biologie. 3., unveränd.<br />

Aufl. Stuttgart 1987<br />

Eduard Schoneweg: Das <strong>Leinen</strong>gewerbe in der Grafschaft Ravensberg: ein Beitrag zur<br />

niederdeutschen Volks- <strong>und</strong> Altertumsk<strong>und</strong>e. Reprint nach d. 2. Aufl. v. 1923. Osnabrück 1985

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