01.11.2013 Aufrufe

FREIE SICHT : Adam Jankowski - Jovis Verlag

FREIE SICHT : Adam Jankowski - Jovis Verlag

FREIE SICHT : Adam Jankowski - Jovis Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Adam</strong> <strong>Jankowski</strong><br />

Freie Sicht, oder die Welt wie sie ist<br />

Galerie nächst St. Stephan Wien 1969, Ausstellung<br />

»10 über 10«, 2 »Strukturelle Konstellationen« von<br />

<strong>Adam</strong> <strong>Jankowski</strong>, vorne Objekt von Uta Beckmann<br />

Bilder malen ist schön. Ausstellungen machen ist auch schön. Woher stammt jedoch meine<br />

Lust an dem Zusammenstellen und Aufbauen von Ausstellungen? Die Erklärung liefern –<br />

wie so häufig – vermutlich Erlebnisse des Künstlers aus seinen Anfängen, aus jener Zeit,<br />

als er als junger Mann noch lernte, ein Künstler zu sein. Im Jahre 1968 – ich war gerade<br />

20 Jahre alt und studierte im ersten Jahr an der Wiener Kunstakademie – suchte mich in<br />

meinem mir von der Akademie gestellten Atelier, das sich im 3. Bezirk in der Keinergasse<br />

befand, der Bildhauer Oswald Oberhuber 1 auf. Als Assistent von Monsignore Otto Mauer,<br />

des damaligen Leiters der Galerie Nächst St. Stephan, war er gerade dabei, für die damals<br />

höchst angesehene Galerie – sie agierte noch nicht als leblose Kommerzbude, sondern als<br />

intellektuell vitale Programmgalerie – eine Ausstellung mit Arbeiten der jungen Generation<br />

zusammenzustellen. Oswald, genannt Ossi, Oberhuber schaute sich kurz in meinem Atelier<br />

um, hielt die Nase in den eingetrockneten Kochtopf mit den gebackenen Bohnen, würdigte<br />

die sorgfältig aufgebauten Bilder nur eines flüchtigen Blickes und sagte im Weggehen: »In<br />

der Ausstellung bist du dabei - schickst zwei große Bilder und baust ein Objekt auf.« Von<br />

nun an war ich in Oswald Oberhubers Umfeld und verfolgte sein künstlerisches Treiben<br />

mit angemessener Neugier. 1969 sah ich die von ihm ausgerichtete thematische Gruppenausstellung<br />

»Kunst ohne Künstler: Surrealisten ohne Surrealismus, Surrealismus ohne<br />

Surrealisten«, war aufmerksamer Gast bei mehren »Internationalen Kunstgesprächen«<br />

und besuchte seine Einzelausstellungen, unter anderem auch die Ausstellung »Galerie in<br />

Ruhe«. Mit solchen Aktivitäten gelang es Oswald Oberhuber, die bis dahin vom biederen,<br />

missverstandenen Surrealismus verkrustete österreichische Kunstszene für internationale<br />

Kunstformen zu öffnen. Für mich wurde dadurch klar, dass ein diskursiv ausgerichteter<br />

Künstler seine künstlerischen Projekte auch in Form von Ausstellungsprojekten realisieren<br />

und vorantreiben konnte. In dieser Hinsicht war Oberhuber wieder mal ganz vorne, diesmal<br />

im Medium der Sozialen Plastik.<br />

Tobias Kasan Nasew 2012<br />

Öl auf Leinwand, 70 x 50 cm<br />

Seit meinen künstlerischen Anfängen habe ich also gern Ausstellungen konzipiert und inszeniert.<br />

Als Lehrender an einer Kunsthochschule war ich froh darüber, dass das Machen<br />

von Ausstellungen zu den Pflichtübungen der künstlerischen Lehre gehört (siehe auch den<br />

Anhang zur Lehre). In der Ausstellung »Freie Sicht«, mit der ich nach 26 Jahren meine<br />

Lehrtätigkeit an der HfG Offenbach beende, habe ich Künstler und Künstlerinnen versammelt,<br />

die erstens als treibende Persönlichkeiten in meiner Klasse tätig waren und die zweitens<br />

auch noch heute, trotz aller widrigen Umstände, als erfolgreiche Künstler agieren.<br />

Mit ihren Werken verfolgen sie in unterschiedlichen Medien scheinbar unterschiedliche<br />

Konzeptionen, die man grob als neue Wege des zeitgenössischen Realismus oder eines<br />

aktuellen Surrealismus, einer mehr oder weniger subversiven Antikunst und sogar eines<br />

künstlerisch verstandenen Kommunikationsdesigns ... einordnen kann. Alle künstlerischen<br />

Positionen sind dabei natürlich kontextuell auf das Zeitalter der elektronischen Medien<br />

bezogen, die die heutigen Bildproduktionen bestimmen. Diese stilistisch mannigfaltigen<br />

Künstlerpositionen stellen jeweils individuelle Narrationen über unsere »Welt, die nicht<br />

weiß, warum sie da ist« 2 dar. Gemeinsam ist ihnen, dass sie die aktuellen Wirklichkeiten<br />

reflektieren, also die Ambivalenzen der Welt so beschreiben, wie wir sie hervorbringen und<br />

zu verstehen versuchen. Mit unterschiedlichen Formen der innovativen Ästhetik gehen sie<br />

der Frage nach, ob zeitgenössische Künstler relevante Aussagen zu einer immer komplexer<br />

werdenden Welt, einer neuen Welt ohne kohärente und homogene Systeme überhaupt noch<br />

liefern können.<br />

12 Freie Sicht<br />

<strong>Adam</strong> <strong>Jankowski</strong> : Freie Sicht 13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!