Gitarren Case - MUSIC STORE professional
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INSIDE<br />
<strong>Gitarren</strong> <strong>Case</strong><br />
Den Firmen Fender, Suhr, PRS, Tom Anderson, Don<br />
Grosh, Carvin, Tyler, Music Man, G&L, B.C. Rich, Jackson,<br />
Charvel, Sadowsky, Rickenbacker, Schecter, LsL<br />
und Dutzenden anderen Herstellern ist eines gemeinsam:<br />
Sie greifen gerne auf die Erzeugnisse der in Los<br />
Angeles beheimateten Firma G&G zurück, um sich<br />
dort teils sehr individuelle Behältnisse für ihre <strong>Gitarren</strong><br />
und Bässe schneidern zu lassen. G&G ist der geschichtsträchtigste<br />
Erzeuger von <strong>Case</strong>s, vor allem für<br />
die E-Gitarre. Einer der beiden Inhaber, Ben Germain,<br />
war der Mann, der in Zusammenarbeit mit Leo Fender<br />
den Koffer für Stratocaster und Telecaster entwickelte<br />
und so einen unschätzbaren Standard für alle folgenden<br />
E-<strong>Gitarren</strong> Generationen leistete.<br />
Efren Guzman und Gerry Germain<br />
Edle <strong>Gitarren</strong> sind ohne den entsprechenden hochwertigen<br />
Koffer irgendwie nur halb so sexy. Ein <strong>Case</strong><br />
ist nicht nur Schutz, Aufbewahrungsort oder Transportbehälter,<br />
sondern es bildet mit dem dazugehörigen<br />
Instrument eine Einheit. Für echte Gearfreaks<br />
sind Aussehen, Haptik und sogar der Geruch des Koffers<br />
ein wichtiger Bestandteil des <strong>Gitarren</strong>erlebnisses.<br />
Von Leonardt Breuken<br />
Lebensgeschichte<br />
Ben Germain bezeichnet den Beginn des Zweiten Weltkrieges,<br />
den er als Vierzehnjähriger in Litauen erlebte,<br />
als das Ende seiner Jugend. Er hatte als Mensch jüdischen<br />
Glaubens das ungeheuere Glück, trotz seiner Internierung<br />
im Konzentrationslager Bergen-Belsen,<br />
diese grauenvolle Zeit zu überstehen. 1947 emigrierte<br />
er in die USA, da er wusste, dass sein Onkel in Kalifornien<br />
lebte. Da aber kein direkter Kontakt bestand, ließ<br />
er ihn über Zeitungsanzeigen suchen. Glücklicherweise<br />
bekam Ben drei Monate später einen Brief von<br />
seinem Onkel, der ihn in seinem Haus aufnahm. Los<br />
Angeles wurde seine neue Heimat, voll integriert<br />
kämpfte er sogar für Amerika im Koreakrieg, aus dem<br />
er 1953 zurückkehrte. In dieser Zeit lernte er seine zukünftige<br />
Frau kennen, deren Vater in einer Fabrik für<br />
Reise- und Instrumenten-Koffer arbeitete. Dort stieg<br />
Ben ein und avancierte zu einem wichtigen Mitarbeiter<br />
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Schon bei meiner Ankunft ein Hof voller Koffer. Die Lieferungen<br />
für Fender und Carvin müssen raus.<br />
der Victoria Luggage Company, in der auch sein späterer<br />
Geschäftspartner, der aus New Mexico stammende<br />
Efren Guzman, beschäftigt war. 1976 wechselte die<br />
Victoria Company den Besitzer. Da der neue Eigentümer<br />
wenig Ahnung hatte von dem, was er tat, kündigten<br />
Ben und Efren und gründeten 1978 die G&G <strong>Case</strong><br />
Company. Wichtige Kunden, allen voran Fender, folgten<br />
Ben und Efren, die ja schon von Beginn an mit Leo<br />
selbst zusammengearbeitet hatten.<br />
Der Woodshop<br />
Zuerst wird eine<br />
geschlossene Holzkiste<br />
gebaut, die erst später<br />
in Deckel und Unterteil<br />
zersägt wird.<br />
Koffergeschichte<br />
Heute ist G&G der wichtigste und traditionsreichste<br />
amerikanische Holzkoffer-Hersteller. Ben Germain genießt<br />
sein Leben als Großvater mit neun Enkelkingrand<br />
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INSIDE<br />
Koffer bekommen ihre Außenhaut.<br />
dern, Efren Guzman ist immer noch täglich in der<br />
Firma und kümmert sich vor allem um die Wartung<br />
der Maschinen, und Gerry Germain, Bens Sohn, leitet<br />
das Unternehmen. Bei einem Rundgang durch die Fabrikation<br />
fand sich Zeit für einige Fragen.<br />
grand gtrs: Gerry, bei euch wirkt alles noch genauso<br />
ursprünglich wie in den 1950er Jahren, obwohl G&G<br />
erst 1978 gegründet wurde, wie kommt das?<br />
Gerry Germain: Klar, bei uns läuft es auch wie damals,<br />
es hat sich wenig verändert, seit mein Vater und Efren<br />
bei der Victoria Luggage Company arbeiteten, schließlich<br />
haben sie von dort diese Tradition mitgebracht.<br />
Auch hier entsteht alles in Handarbeit und die wenigen<br />
Maschinen, die wir nutzen, sind sehr betagt. Unsere älteste<br />
Maschine stammt von 1893 und die modernste<br />
von 1907, da kann man wirklich von Vintage sprechen.<br />
Spaß bei der Arbeit. Hier werden Zargen für Thermometer <strong>Case</strong>s gebogen.<br />
Im Gegensatz zum industriellen <strong>Gitarren</strong>bau ist es bei<br />
uns auch kaum möglich, etwas zu automatisieren.<br />
grand gtrs: Was wird bei euch hauptsächlich produziert?<br />
Gerry Germain: Den größten Anteil haben unsere<br />
Rechteck-Koffer für <strong>Gitarren</strong> und Bässe, die sind genau<br />
so, wie mein Vater und Leo Fender sie sich ausgedacht<br />
haben. Daneben machen wir die klassischen Thermometer<br />
<strong>Case</strong>s und auch solche mit gebogenen Zargen<br />
und gewölbten Deckeln für Les-Paul-Style- und Akustik-<strong>Gitarren</strong>.<br />
Natürlich ebenso Koffer für Harps, auf<br />
Wunsch auch für Akkordeons oder fast jedes andere Instrument.<br />
grand gtrs: Gibt es Unterschiede zwischen einem <strong>Case</strong><br />
von heute und einem aus den Fünfzigern?<br />
Vernähen der Lederenden,<br />
übrigens durch das Holz!<br />
Vielfalt für das Innenleben.<br />
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Gerry Germain: Eigentlich nicht, der Produktionsprozess<br />
und alle Zutaten sind identisch, wir verzichten auf die<br />
Lackierung der Tweedkoffer, denn dieser Lack ist als gesundheitsschädlich<br />
eingestuft worden, ansonsten überall<br />
das Gleiche. Birkenholz für die Korpusse, Tweed, Leder<br />
oder Kunstleder für die Bezüge, und der Plüsch für das<br />
Innenleben kommt aus Polen, das ist ziemlich teuer, aber<br />
die machen dort einfach den besten. Geklebt wird nur<br />
mit heißem Knochenleim.<br />
grand gtrs: Der Geruch, der einem beim<br />
Öffnen eines euerer Koffer in die Nase<br />
steigt, kommt doch nicht vom Knochenleim,<br />
oder?<br />
Gerry Germain: Nein, unser Trick ist, dem Leim beim Erhitzen<br />
immer etwas Vanillepulver zuzufügen, daher der<br />
angenehmere Geruch.<br />
grand gtrs: Wie schwer ist es, sich als amerikanischer Betrieb<br />
gegen die Konkurrenz aus Fernost zu behaupten?<br />
Gerry Germain: Das ist ein ständiger Kampf. Produkte<br />
aus China etwa sind natürlich deutlich billiger und wir<br />
Das Interieur entsteht.
INSIDE<br />
werden dadurch gezwungen, weniger zu verlangen, als<br />
wir eigentlich müssten, der Preisdruck ist enorm. Aber<br />
vergleiche mal diese Koffer mit unseren, das ist viel<br />
schlechtere Qualität, unsere halten Jahrzehnte und<br />
sind aus umweltverträglichen Zutaten unter menschenwürdigen<br />
Bedingungen erzeugt, ich hoffe, dass<br />
die Leute das zu schätzen wissen.<br />
Jede Menge Designs möglich.<br />
Die Beschläge sind an der Reihe.<br />
grand gtrs: Viele kleine und große amerikanische <strong>Gitarren</strong>hersteller<br />
halten euch doch die Treue?<br />
Gerry Germain: Sicherlich, für Große wie Carvin und<br />
Fender ist es ein Teil ihrer eigenen Tradition und für<br />
die anderen, vor allem aus Kalifornien, gehört ein G&G<br />
Koffer zum guten Ton. Wir bieten natürlich auch den<br />
Vorteil, dass man eine sehr kleine Serie oder sogar Einzelstücke<br />
bekommen kann.<br />
grand gtrs: Gerry, du hast mir die Geschichte deines<br />
Vaters erzählt, für mich als Deutschen bleibt da immer<br />
die Frage, ob jemand wie er einem Menschen meiner<br />
Nationalität unbelastet gegenüberstehen kann?<br />
Gerry Germain: Mein Vater ist ein sehr positiver, offener<br />
Mensch, der nicht in der Vergangenheit lebt. Er ist sich<br />
klar darüber, dass die heutige Generation der Deutschen<br />
nichts mit den Verbrechen von damals zu tun hat und ich<br />
habe ihn nie ein schlechtes Wort sagen hören. Früher war<br />
er gläubig, diesen Glauben hat er jedoch in Bergen-Belsen<br />
völlig verloren, aber nicht seinen Glauben an das Gute im<br />
Menschen, und ich denke, das ist deutlich wichtiger.<br />
Auf dem Dachboden existieren Muster von jedem gebauten Koffer, um diesen, wenn nötig, genau<br />
reproduzieren zu können.<br />
grand gtrs: Vielen Dank für deine Zeit, die aufschlussreiche<br />
Führung und viel Erfolg für eure wunderbaren<br />
<strong>Gitarren</strong>koffer!<br />
■<br />
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