Ausgewählte Dokumente während der - Fundacja Polsko ...
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Ausgewählte Dokumente während der Repression unter der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg und Zeugnisse des Alltagslebens Formale Merkmale und geschichtlicher Hintergrund Auf der Grundlage der Archivbestände der Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung Fundacja „Polsko-Niemieckie P OJEDNANIE” Stiftung „Polnisch-Deutsche AU SSÖHNUNG”
- Seite 3 und 4: Ausgewählte Dokumente während der
- Seite 5 und 6: Über die Archivbestände der Stift
- Seite 7 und 8: I. Einwohnererfassung der Besatzung
- Seite 9 und 10: Kennkarte - Warschau, GG (Vorlage f
- Seite 11 und 12: II. Zwangsarbeiter DAS Arbeitsbuch
- Seite 13 und 14: Gebiet an der Ostseeküste wurde es
- Seite 15: Staatsangehörigkeit Polen, die aus
- Seite 18 und 19: Ersatzkarte fűr Arbeitsbuch - vier
- Seite 20 und 21: Formell war die Arbeitskarte ein zw
- Seite 22 und 23: Ausweis der Hirth Motoren G.M.B.H.
- Seite 24 und 25: Baudienstpass - GG (Vorlage Nr. 2)
- Seite 26 und 27: Arbeitsvertrag - dieses Dokument ha
- Seite 28 und 29: Lohnsteuerkarte - Das Hauptmerkmal
- Seite 30 und 31: Seifenkarte - Kattowitz (Katowice)
- Seite 32 und 33: Fűhrerschein - Kreis Arnswalde (Ch
- Seite 34 und 35: Bescheinigung - über die Registrie
- Seite 36 und 37: Passierschein des Staatlichen Repat
- Seite 38 und 39: Zwangsarbeit in der Landwirtschaft,
- Seite 40 und 41: Verpflichtungsschein - war ein Doku
- Seite 42 und 43: einhaltete auch Anweisungen über d
- Seite 44 und 45: IV. Häftlinge der Konzentrationsla
- Seite 46 und 47: Sterbeurkunde - KZ Auschwitz (ausge
- Seite 48 und 49: Brief eines Häftlings - des KZs Sa
- Seite 50: Projekt został zrealizowany przez:
<strong>Ausgewählte</strong> <strong>Dokumente</strong> <strong>während</strong><br />
<strong>der</strong> Repression unter <strong>der</strong> deutschen<br />
Besatzung im Zweiten Weltkrieg<br />
und Zeugnisse des Alltagslebens<br />
Formale Merkmale und geschichtlicher Hintergrund<br />
Auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Archivbestände <strong>der</strong> Stiftung<br />
„Polnisch-Deutsche Aussöhnung<br />
<strong>Fundacja</strong> „<strong>Polsko</strong>-Niemieckie P OJEDNANIE”<br />
Stiftung „Polnisch-Deutsche AU SSÖHNUNG”
<strong>Ausgewählte</strong> <strong>Dokumente</strong> <strong>während</strong><br />
<strong>der</strong> Repression unter <strong>der</strong> deutschen<br />
Besatzung im Zweiten Weltkrieg und<br />
Zeugnisse des Alltagslebens<br />
Formale Merkmale und geschichtlicher Hintergrund<br />
Auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Archivbestände <strong>der</strong> Stiftung<br />
„Polnisch-Deutsche Aussöhnung“<br />
Warschau 2009
Herausgeber:<br />
Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“<br />
00-921 Warszawa, ul. Krucza 36<br />
Tel. +48 22 695 99 41, Fax: +48 22 629 52 78<br />
E-mail: informacja@fpnp.pl, www.fpnp.pl<br />
Auswahl und graphische Bearbeitung <strong>der</strong> Archivmaterialien<br />
Satz und Layout:<br />
Tomasz Kubaczyk<br />
Vorbereitet im Rahmen des Projektes Online-Archiv <strong>der</strong> NS-Opfer<br />
Mitfinanziert vom<br />
Ministerium für Kultur und Nationalerbe<br />
<strong>Fundacja</strong> <strong>Polsko</strong>-Niemieckie<br />
POJEDNANIE<br />
Stiftung Polnisch-Deutsche<br />
AUSSÖHNUNG
Über die Archivbestände <strong>der</strong> Stiftung „Polnisch-<br />
Deutsche Aussöhnung“<br />
Die Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“ wurde am 27. November 1991 auf <strong>der</strong> Grundlage<br />
des Abkommens zwischen den Regierungen <strong>der</strong> Republik Polen und <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Deutschland gegründet.<br />
Sie ist eine Non-Profit-Organisation, die sich für überlebende Opfer des Dritten Reiches und die<br />
deutsch-polnische Verständigung engagiert. Sie ist in gesellschaftlichen, humanitären und Bildungsbereichen<br />
tätig. Die Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“ sieht ihre Aufgabe darin, den<br />
überlebenden NS-Opfern Hilfe zu leisten, Wissen über den Zweiten Weltkrieg und die deutsche<br />
Besatzung Polens zu verbreiten sowie aktiv für eine deutsch-polnische Aussöhnung einzutreten.<br />
Während ihrer bisherigen Tätigkeit in den Jahren 1992-2009 wurden im Archiv <strong>der</strong> Stiftung<br />
<strong>Dokumente</strong> von über einer Million Menschen, die aufgrund nationalsozialistischer Verfolgung<br />
<strong>während</strong> des Zweiten Weltkriegs eine humanitäre Finanzleistung beantragt haben, angesammelt.<br />
Diese <strong>Dokumente</strong> beinhalten in <strong>der</strong> Regel eine ausführliche Beschreibung des Einsatzortes<br />
und <strong>der</strong> herrschenden Bedingungen dort, belegt durch zusätzliche Zeugenberichte sowie<br />
den Originalen o<strong>der</strong> Kopien von Amtsdokumenten. Sie werden durch Fotographien und<br />
an<strong>der</strong>e ikonographische Materialien ergänzt. Typische <strong>Dokumente</strong> (Originale sowie Kopien),<br />
die sich im Archiv <strong>der</strong> Stiftung befinden, sind <strong>während</strong> des Krieges o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />
entstanden. Es handelt es sich auch um Bescheinigungen und Beglaubigungen und <strong>Dokumente</strong><br />
verschiedener Institutionen, die die Archivalien aus <strong>der</strong> Kriegszeit aufbewahren. Die erste<br />
Gruppe dieser Materialien umfasst u.a. <strong>Dokumente</strong>, die:<br />
• durch den nationalsozialistischen Verwaltungsapparat <strong>während</strong> des Zweiten Weltkriegs,<br />
• durch deutsche Betriebe und Arbeitsstätten, die Zwangs- und Sklavenarbeiter verschiedener<br />
Nationalitäten eingesetzt haben,<br />
• von den Alliierten <strong>während</strong> des Krieges o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />
ausgestellt wurden.<br />
Die zweite Gruppe <strong>der</strong> Materialien ist mengenmäßig eindeutig zahlreicher vorhanden. Dabei<br />
handelt es sich u.a. um Bescheinigungen, die von:<br />
• Hauptkommission (o<strong>der</strong> Bezirkskomissionen) zur Verfolgung von Verbrechen gegen<br />
die Polnische Nation am Institut des Nationalen Gedenkens [Glówna Komisja<br />
Badania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu - Instytut Pamieci Narodowej],<br />
3
• Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen,<br />
• Agenda des Roten Kreuzes - Internationales Komitee o<strong>der</strong> Landeskomitees,<br />
• staatlichen Museen <strong>der</strong> Konzentrationslager,<br />
• dem Jüdischen Historischen Institut,<br />
• Staats- und Landesarchiven - polnischen, deutschen und an<strong>der</strong>en,<br />
• Zeugenberichte, mit ihren beglaubigten Unterschriften,<br />
• Kombattantenbescheinigungen, Ausweise, Bescheide des Amts für Kombattanten<br />
sowie Versicherungsnachweise <strong>der</strong> Verfolgten (ZUS, KRUS und an<strong>der</strong>e)<br />
ausgestellt wurden.<br />
In den Antragsdokumenten <strong>der</strong> Leistungsempfänger kann man weiteres Quellmaterial aus privatem<br />
Besitz finden, wie z.B.: Korrespondenz aus <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Repressionen, Tagebücher und<br />
an<strong>der</strong>e Erinnerungsstücke. Im Archiv <strong>der</strong> Stiftung befinden sich tausende persönliche Berichte<br />
und Erinnerungen <strong>der</strong> NS-Opfer, die als Antwort auf die Appelle o<strong>der</strong> Wettbewerbe <strong>der</strong> Stiftung<br />
zugesandt wurden.<br />
Die Stiftung bewahrt auch <strong>Dokumente</strong> auf, die zum Archiv von Kombattanten und NS-Opfern –<br />
von Filialen des Verbandes <strong>der</strong> durch das Dritte Reich geschädigten Polen - übergeben werden.<br />
In Anbetracht <strong>der</strong> territorialen Reichweite kann das angesammelte Material sowohl europäischer<br />
als auch lokal-regionaler historischer Forschung dienen. Es erlaubt sowohl den Verlauf<br />
<strong>der</strong> Nazi-Repressionen in einzelnen Län<strong>der</strong>n zu erörtern als auch Einblick in das Schicksal <strong>der</strong><br />
vielen Menschen zu erlangen, die auf dem ganzen besetzten Gebiet des Dritten Reiches verstreut<br />
waren. Unter dem lokal-regionalen Aspekt geben sie Informationen über die Verfolgung<br />
in den einzelnen Landkreisen, Städten und Dörfern, die oft <strong>der</strong> Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Historiographie<br />
entgehen. Es ist möglich das Material bei <strong>der</strong> Erforschung von Kriegsschicksalen <strong>der</strong><br />
verschiedenen Gesellschaftsgruppen wie Elite, Bauern, Arbeiter.<br />
In <strong>der</strong> vorliegenden Abhandlung, die im Rahmen des vom Ministerium für Kultur und Nationales<br />
Erbe mitfinanzierten Projektes „Internetarchiv <strong>der</strong> NS-Opfer“ entstanden ist, präsentieren<br />
wir eine Auswahl <strong>der</strong> charakteristischen <strong>Dokumente</strong> <strong>der</strong> Repression und Zeugnisse des Alltagslebens<br />
<strong>der</strong> polnischen Sklaven- und Zwangsarbeiter, die für die Wirtschaft des Dritten Reiches<br />
eingesetzt waren, aus dem Archiv <strong>der</strong> Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“. Wir hoffen,<br />
dass diese Arbeit zum besseren Verständnis <strong>der</strong> Schicksale <strong>der</strong> polnischen Bürger <strong>während</strong> des<br />
Zweiten Weltkriegs, beiträgt.<br />
Team<br />
4
I. Einwohnererfassung <strong>der</strong> Besatzungszeit<br />
Anmeldung zum polizeilichen Einwohnererfassung – kurz: Einwohnererfassung,<br />
o<strong>der</strong> umgangssprachlich: „palcówka” („palec“ – <strong>der</strong> Finger). Der Fingerabdruck, <strong>der</strong> auf diesem<br />
Dokument gemacht wurde, sollte das Foto des Registrierten ersetzen und zu seiner Identifikation<br />
dienen. „Palcówka” war ein doppelseitiges Dokument mit <strong>der</strong> Funktion eines Personalausweises,<br />
das teilweise in den polnischen Gebieten angewendet wurde, die ins Reich<br />
einverleibt wurden (im Wahrteland und in <strong>der</strong> Provinz Oberschlesien). Die Vor<strong>der</strong>seite des<br />
Dokuments beinhaltete die wichtigsten Kontaktdaten und war ein detaillierter Fragebogen,<br />
in dem je<strong>der</strong> seine Personaldaten und zusätzliche Informationen angeben musste. Dies waren<br />
einerseits Informationen über die Konfession, die Nationalität und die Sprache, die registrierte<br />
Person zu Hause sprach, an<strong>der</strong>erseits Informationen über den Militärdienst in <strong>der</strong> polnischen<br />
Armee, den Beruf und den Arbeitsplatz. Außerdem sollte die Person angegeben, wie lange sie<br />
Anmeldung zum polizeilichen<br />
Einwohnererfassung –<br />
kurz Einwohnererfassung po<strong>der</strong><br />
umgangssprachlich<br />
„palcówka” (palec – Finger),<br />
Kreis Wreschen (Września),<br />
Wartheland<br />
5
ereits in den einverleibten Gebieten wohnte, ob sie ein Grundbesitzer ist, ob sie Immobilien<br />
o<strong>der</strong> ein Unternehmen besitzt und wie viele Kin<strong>der</strong> unter 12 Jahren in demselben Haushalt wie<br />
sie wohnen. Das „Nicht-Ausfüllen“ <strong>der</strong> Anmeldung o<strong>der</strong> die Angabe falscher Informationen<br />
standen unter Strafe. Die Unterschrift und <strong>der</strong> Fingerabdruck wurden in Anwesenheit <strong>der</strong> Polizei-Funktionäre<br />
entgegengenommen. Der Funktionär beglaubigte das Dokument durch einen<br />
Siegel. Die ausgefüllte Anmeldung diente als Personalausweis. Wenn jemand ein Arbeitsbuch<br />
besaß o<strong>der</strong> bekommen hatte, wurde diese Information in Form eines Stempels mit <strong>der</strong> Angabe<br />
<strong>der</strong> Nummer des Arbeitsbuches ebenfalls in die Anmeldung eingetragen.<br />
Kennkarte – war ein Personalausweis, <strong>der</strong> <strong>während</strong> <strong>der</strong> Besatzungszeit angewandt wurde.<br />
Es gab getrennte Vorlagen <strong>der</strong> Kennkarten, die <strong>der</strong> Verwaltungsstruktur des Landes und <strong>der</strong><br />
Glie<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> Nationalität entsprachen. Diese wurden vom deutschen Besatzer eingeführt.<br />
In den einverleibten Gebieten waren die Kennkarten ein zweiseitiges Büchlein mit den<br />
Personaldaten, dem Foto, dem Fingerabdruck und <strong>der</strong> Unterschrift des Registrierten. Im Falle<br />
<strong>der</strong> Personen deutscher Nationalität o<strong>der</strong> <strong>der</strong>jenigen, die die Volksliste unterschrieben hatten<br />
o<strong>der</strong> in diese eingetragen wurden, hatten die Kennkarten einen senkrechten Streifen. Dazu<br />
wurden Eintragungen wie „Reichsdeutscher“, „Volksdeutscher“ gemacht, und manchmal<br />
auch die „Deutsche Staatsangehörigkeit“ eingetragen. Im Generalgouvernement (GG) gab es<br />
ein dreiseitiges, zweisprachiges Büchlein, und die sich darin befindenden Informationen wurden<br />
mit Meldedaten und einem Vermerk über Konfession ergänzt. Kennkarten wurden auf<br />
eine bestimmte Zeit ausgestellt. Jede Registrierung war mit <strong>der</strong> Vergabe einer Kennnummer<br />
verbunden. Im GG wurde die Kennkarte mit <strong>der</strong> Verordnung vom 26. Oktober 1939 eingeführt,<br />
aber die Ausgabe lief noch bis zum Jahre 1943. Die Kennkarten-Pflicht betraf alle im Alter ab<br />
15 Jahren. Um eine Kennkarte zu bekommen, sollte <strong>der</strong> Bürger im Einwohnermeldeamt einen<br />
entsprechenden Antrag stellen, die Geburtsurkunde, eventuell eine Heiratsurkunde und die<br />
Anmeldungsbestätigung einreichen; im Falle <strong>der</strong> nicht jüdischen Polen und einigen an<strong>der</strong>en<br />
Kennkarte – aus Kamienica<br />
Polska, Kreis Blachownia,<br />
Provinz Oberschlesien (für<br />
polnische Bürger). Die gute,<br />
polnische Rechtschreibung in<br />
<strong>der</strong> Eintragungen ist bemerkenswert.<br />
Kennkarte, ausgestellt<br />
in Ostoberschlesien, wo<br />
die Einführung <strong>der</strong> Volksliste<br />
ohne Zwang vorging<br />
6
Kennkarte – Warschau, GG<br />
(Vorlage für polnische Bürger)<br />
Nationalitäten auch eine Bescheinigung über die arische Abstammung. Der Vorkriegspersonalausweis<br />
wurde nicht obligatorisch als Anhang zum Antrag verlangt, weil in <strong>der</strong> Zweiten<br />
Republik Polen das Besitzen eines Personalausweises ein Recht des Bürgers, aber nicht seine<br />
Pflicht war. Es ist hinzuzufügen, dass in <strong>der</strong> Anfangszeit <strong>der</strong> Besatzung die Personalausweise<br />
auch als zweisprachige Formulare (in deutscher und polnischer Sprache) ausgegeben wurden.<br />
Bei <strong>der</strong> Aushändigung <strong>der</strong> Kennkarte wurde <strong>der</strong> Fingerabdruck genommen und das Dokument<br />
unterschrieben. Beglaubigt wurde es durch ein Siegel und die Unterschrift eines Vertreters<br />
<strong>der</strong> Polizei. Die Kennkarten im GG unterschieden sich durch eine Farben- und Buchstabenkennzeichnung,<br />
die für die nationalen Min<strong>der</strong>heiten angewendet wurden. Die Kennkarten <strong>der</strong><br />
Polen waren grau, die <strong>der</strong> Juden und Roma gelb, die <strong>der</strong> Ukrainer, <strong>der</strong> Weißrussen, <strong>der</strong> Russen<br />
und an<strong>der</strong>er Min<strong>der</strong>heiten blau. Die <strong>Dokumente</strong> <strong>der</strong> Juden wurden zusätzlich mit dem Buchstaben<br />
„J“, die <strong>der</strong> Roma mit „Z“, die <strong>der</strong> Ukrainer mit „U“, die <strong>der</strong> Weißrussen mit „W“ und<br />
die <strong>der</strong> Russen mit „R“ versehen. Neben dem „bunten“ Dokument, das dem Besitzer ausgegeben<br />
wurde, fertigte man ein Duplikat in weißer Farbe an, das den polizeilichen Behörden<br />
zur Verfügung stand. Im Falle des Verdachts <strong>der</strong> Fälschung o<strong>der</strong> beim Verdacht, dass sich eine<br />
Person mit falschen Personalien ausgab, wurde auf das Duplikat zurückgegriffen. Die Kennkarten<br />
wurden sowohl mit <strong>der</strong> Maschine, als auch mit <strong>der</strong> Handschrift ausgefüllt. Sie wurden<br />
aus einer speziellen Papierart angefertigt, <strong>der</strong>en Oberflächenstruktur sich immer verän<strong>der</strong>te,<br />
wenn versucht wurde, frühere Eintragungen auszuradieren o<strong>der</strong> abzukratzen. Trotzdem war<br />
die Kennkarte eines <strong>der</strong> am häufigsten gefälschten <strong>Dokumente</strong> im GG.<br />
7
Anmeldung und Abmeldung bei <strong>der</strong> polizeilichen Meldebehörde – Die Völkerbewegung<br />
stand sowohl in den einverleibten Gebieten, als auch im GG unter einer streng polizeilichen<br />
Kontrolle. Die <strong>Dokumente</strong>, die das bestätigten, waren normalerweise zweiseitige<br />
Formulare in polnischer und deutscher Sprache. Als historische Quelle dokumentieren sie die<br />
Dislokationen repressiven Charakters. Es ist ein Dokument abgebildet, das die Deportationen<br />
zur Zwangsarbeit und die Zwangsaussiedlung bestätigt.<br />
Polizeiliche Anmeldung –<br />
Gemeinde Duraczów, Kreis<br />
Końskie, GG. Das Dokument<br />
bestätigt die Anmeldung <strong>der</strong><br />
Zwangsaussiedler aus Warschau<br />
nach dem Warschauer<br />
Aufstand. Auf dem Gebiet des<br />
GGs konnten sich formal nur<br />
Mütter mit kleinen Kin<strong>der</strong>n,<br />
Kin<strong>der</strong> unter 16 Jahre, kranke<br />
und ältere Personen aufhalten.<br />
Der Rest <strong>der</strong> Warschauer Bürger<br />
wurde außerhalb des GGs<br />
in Konzentrationslager und zur<br />
Zwangsarbeit deportiert<br />
Abmeldung bei <strong>der</strong> polizeilichen<br />
Meldebehörde – Litzmannstadt<br />
(Łódź), Wartheland. Das Dokument<br />
bestätigt die Abmeldung<br />
<strong>der</strong> Person aus Litzmannstadt<br />
und ihre Versetzung zur<br />
Zwangsarbeit nach Bremen<br />
8
II. Zwangsarbeiter<br />
DAS Arbeitsbuch – wurde im III. Reich als Pflichtdokument mit einem Gesetz vom 26. Februar<br />
1935 eingeführt und die registrierte Anstellung von Erwachsenen. Es wurde aber schon<br />
bereits Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts in Preußen in manchen Wirtschaftszweigen benutzt (Bergbau,<br />
Handel). Nach dem Gesetz über die Arbeitsbuch-Einführung, erließ die deutsche Regierung<br />
am 26. Mai 1935 die Verordnung über die Arbeitspflicht für deutsche Bürger. Dieses Gesetz von<br />
1935 war eine rechtliche Konsequenz <strong>der</strong> Bildung eines totalitären Staates, in dem je<strong>der</strong> Bürger<br />
die Pflicht hatte, zu arbeiten. So wurden die Menschen für die auf Krieg eingestellte Wirtschaft<br />
ausgenutzt. Drei Jahre später, im Juni 1938, wurden zwei weitere Verordnungen erlassen: die<br />
erste begrenzte die Freiheit zum Wechsel des Arbeitsplatzes, die zweite ermöglichte es dem<br />
Staat, konkrete Personen im Rahmen <strong>der</strong> Dienstverpflichtung auch außerhalb des festen Wohnsitzes<br />
zur Arbeit zu schicken. Ab dem 1. September 1938 konnte ein Arbeitsvertrag nur noch mit<br />
Erlaubnis des Arbeitsamtes aufgelöst werden. Die Verwaltung und Verteilung <strong>der</strong> Arbeitskräfte<br />
gehörten im Gesamten zu den Aufgaben <strong>der</strong> Landesarbeitsämter, die kraft einer Verwaltungsentscheidung<br />
im August 1943 in Gauarbeitsämter umgewandelt wurden. Noch vor dem Kriegsausbruch<br />
wurden die Landesämter <strong>der</strong> Grenzprovinzen Schlesien, Brandenburg, Ostpreußen<br />
und Pommern verpflichtet, sich auf die Einrichtung von Nie<strong>der</strong>lassungen vorzubereiten, die<br />
parallel zum Voranschreiten <strong>der</strong> deutschen Armee auf dem polnischen Gebiet gegründet werden<br />
sollten. So waren die Arbeitsämter die ersten Zivilverwaltungen, die von Deutschen auf<br />
den polnischen Gebieten eingerichtet wurden. Am 3. September nahm das erste Arbeitsamt in<br />
Schlesien in Rybnik die Arbeit auf. Am Ende dieses Monats waren es schon 70, im Oktober 115.<br />
Die Errichtung <strong>der</strong> Arbeitsämter war auch mit einer gewissen Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> bisherigen Arbeitsverhältnisse<br />
verbunden. Der Zwangscharakter wurde mehr und mehr deutlich. Diese rechtlichen<br />
Än<strong>der</strong>ungen wurden durch die Besatzungsmacht allmählich eingeführt und schränkten<br />
die Rechte <strong>der</strong> polnische Bevölkerung, aber mehr noch <strong>der</strong> Bevölkerung jüdischer Abstammung<br />
Schritt für Schritt ein. Infolgedessen wurde <strong>der</strong> Arbeitszwang die politisch-rechtliche Grundregel<br />
für die Beschäftigung (für Deutsche war dies die „Arbeitspflicht“).<br />
n einem Teil <strong>der</strong> Gebiete, die direkt in das III. Reich einverleibt wurden, wurde die Personenerfassung<br />
für die Arbeitsämter noch im Jahre 1939 durchgeführt. In den Arbeitsämtern wurden<br />
die folgenden zwei Register geschaffen: eines für Beschäftigte, die eine Beschäftigungskarte<br />
(später Arbeitsbuch) besaßen und eines für Arbeitslose, die eine Meldekarte o<strong>der</strong> Ausweiskarte<br />
bekamen. Sowohl für Beschäftigte, als auch für Arbeitslose wurden Erfassungskarten ausgestellt,<br />
mit Daten wie Alter, Wohnort und Berufsqualifikationen. Diese Daten wurden ständig<br />
überprüft. Das Arbeitsamt ließ die Beschäftigten mit <strong>der</strong> Beschäftigungskarte und <strong>der</strong> Bestätigung<br />
<strong>der</strong> über den letzten Lohn zu sich kommen. Gleichzeitig wurden die Arbeitgeber verpflichtet,<br />
die Listen <strong>der</strong> beschäftigten Arbeiter vorzulegen. Die Arbeitslosen wurden dazu gezwungen,<br />
täglich o<strong>der</strong> alle paar Tage mit <strong>der</strong> Meldekarte beim Arbeitsamt (o<strong>der</strong> in einer seiner<br />
Nie<strong>der</strong>lassungen) zu erscheinen. Die Erfahrungen aus den einverleibten Gebieten wurden dann<br />
im GG genutzt. Für die Beschäftigungspolitik waren hier die Arbeitsabteilung bei <strong>der</strong> Regierung<br />
des GG und auf <strong>der</strong> unteren Ebene die Arbeitsabteilungen in Ämtern <strong>der</strong> Gouverneure <strong>der</strong> Distrikte<br />
verantwortlich.<br />
9
Formal war das Arbeitsbuch ein Dokument, das an den Grenzen zwischen dem Arbeitsamt, dem<br />
Arbeitgeber und dem Arbeiter funktionierte. Es bestand aus einem guten Dutzend in Rubriken<br />
eingeteilte Seiten, in die Personal- und Adressdaten, Informationen über Familienstand, Kin<strong>der</strong>,<br />
frühere und aktuelle Beschäftigungen, Arbeitsgruppen, Berufsausbildungen usw. eingetragen<br />
wurden. Es gab zwei Vorlagen <strong>der</strong> Arbeitsbücher. Eine mehr detaillierte Vorlage (38 Seiten),<br />
die bereits mit dem erwähnten Gesetz vom 26. Februar 1935 eingeführt wurde. Diese wurde<br />
vor dem September 1939 als ein gewöhnliches Dokument gebraucht, das die Beschäftigung<br />
in Deutschland bestätigte. Diese Fassung des Arbeitsbuches wurde <strong>während</strong> des Krieges zum<br />
Schriftstück, das auch an die Zwangsarbeiter ausgegeben wurde. Die Pflicht für Polen, die zur<br />
Zwangsarbeit in Deutschland bestimmt wurden, das Arbeitsbuch zu besitzen, wurde mit einer<br />
Verordnung vom 22. Mai 1942 eingeführt. Mit einem Befehl vom 1. Mai 1943 wurde eine vereinfachte<br />
Vorlage des Arbeitsbuches (36 Seiten) für Auslän<strong>der</strong>, die zur Arbeit im Reich deportiert<br />
wurden, ausgegeben – das Arbeitsbuch für Auslän<strong>der</strong>. Auf dem Gebiet <strong>der</strong> Freien Stadt Danzig<br />
wurde das Arbeitsbuch weiterhin nach <strong>der</strong> Vorlage aus dem Jahre 1935 verwendet. In diesem<br />
Arbeitsbuch – Vorlage aus<br />
dem Jahr 1935, Lentschütz<br />
(Łęczyca), Arbeitsamt<br />
Litzmannstadt (Łódź), Wartheland.<br />
Stempel Nicht Reichsdeutscher<br />
und Eintragung<br />
Pole bestätigen polnische<br />
Nationalität des Arbeitsbuch-<br />
Besitzers<br />
10
Gebiet an <strong>der</strong> Ostseeküste wurde es wie<strong>der</strong>um mit einer Verordnung vom 1. Juni 1938 eingeführt.<br />
Es hatte eine an<strong>der</strong>e graphische Gestaltung: das Wappen des Dritten Reichs wurde durch<br />
das Wappen <strong>der</strong> Freien Stadt Danzig ersetzt. Die Pflicht, ein Arbeitsbuch zu besitzen, wurde auf<br />
den polnischen Gebieten schrittweise verwirklicht. Am frühesten im Oktober 1939 in Schlesien,<br />
im Juli 1942 in Pommern und in Großpolen im Dezember 1943. Im GG entsprach die Arbeitskarte<br />
dem Arbeitsbuch (Verordnung vom 20. Dezember 1940), erstellt nach <strong>der</strong> Vorlage des bereits<br />
im Reich existierenden Arbeitsbuches. Trotz an<strong>der</strong>en Namens hatte die Arbeitskarte aus dem<br />
GG als ein Dokumenttyp die gleiche Form (Buch) und eine innere Gestaltung wie das Arbeitsbuch.<br />
Sie wurde im GG allmählich bis 1942 eingeführt, zuerst in den für die Kriegsführung wichtigen<br />
Industriebetrieben, am Ende bekamen sie die Personen, die in <strong>der</strong> Verwaltung beschäftigt<br />
waren. Keine Arbeitskarten besaßen im GG Deutsche aus dem Reich, für die das Arbeitsbuch<br />
ein Pflichtdokument war, sowie Lohnarbeiter, Kin<strong>der</strong> im Grundschulalter und auch Personen,<br />
die in Fischerei, Forstwirtschaft und Landwirtschaft beschäftigt waren. Die verfügbaren Landwirtschaftsarbeiter<br />
im GG waren in den durch die Arbeitsämter geführten Landwirtschaftlichen<br />
Betriebskarteien immer erfasst und konnten so je nach „Nachfrage“ zwischen den landwirtschaftlichen<br />
Betrieben hin und her versetzt werden, um sie am gewinnbringendsten einzusetzen<br />
und die Produktion abzusichern. In den <strong>Dokumente</strong>n <strong>der</strong> Arbeitskräfte waren Daten <strong>der</strong><br />
Betriebe, wie Größe des Bauernhofes, die Art <strong>der</strong> Einrichtung und die Zahl <strong>der</strong> dort wohnenden<br />
o<strong>der</strong> arbeitenden Personen verzeichnet.<br />
Das Arbeitsbuch wurde auf Antrag ausgestellt. Auf <strong>der</strong> ersten Seite des Arbeitsbuches trug<br />
das Arbeitsamt eine doppelte Nummer ein. Ihr erster Teil war die Nummer des Arbeitsamtes,<br />
11
<strong>der</strong> zweite war die Nummer <strong>der</strong> Erfassungskarte in <strong>der</strong> Kartei des Arbeitsamtes. So hat das<br />
abgebildete „Arbeitsbuch für Auslän<strong>der</strong>“ einer deportierten Zwangsarbeiterin die Nummer:<br />
„65/2257”. Dabei betreffen die Ziffern „65” das Arbeitsamt in Prenzlau, und die Ziffern „2257”<br />
bilden die Nummer <strong>der</strong> Erfassungskarte <strong>der</strong> Person, für die das Arbeitsbuch ausgestellt wurde.<br />
Beim Beginn <strong>der</strong> Arbeit sollten die Arbeiter dem Betriebsbesitzer das Arbeitsbuch (im GG<br />
die Arbeitskarte) geben, dieser trug folgende Informationen ein: Datum des Arbeitsbeginns,<br />
Charakter <strong>der</strong> Beschäftigung, Wohnort und seine eventuellen Wechsel und das Datum des<br />
Arbeitsschlusses. Der Betriebsbesitzer benachrichtigte das Arbeitsamt über jede Eintragung,<br />
das Arbeitsamt trug diese neuen Daten in Erfassungskarten <strong>der</strong> Beschäftigten ein, die sich in<br />
seiner Kartei befanden. Wenn eine Person bei mehr als einem Arbeitgeber beschäftigt war,<br />
befand sich das Arbeitsbuch beim ersten Arbeitgeber. In den Pausen in <strong>der</strong> Beschäftigungszeit<br />
sollte man das Arbeitsbuch beim Arbeitsamt deponieren. Die Arbeitenden durften aber nicht<br />
zwei Arbeitsbücher besitzen. Es war jedoch erlaubt, eine Arbeitskarte und ein Arbeitsbuch zu<br />
besitzen. Im Fall <strong>der</strong> zur Zwangsarbeit aus dem GG Deportierten, wurden die gewöhnlichen<br />
Arbeitsbücher ausgegeben. Im Fall <strong>der</strong> nach Deutschland Deportierten, blieb das Arbeitsbuch<br />
dem Arbeitgebers zur Verfügung und das ganze Verfahren seiner Ausstellung verlief zwischen<br />
dem Arbeitgeber und dem Arbeitsamt (es kam vor, dass <strong>der</strong> Zwangsarbeiter kein Dokument<br />
„in die Hand“ bekam). Deshalb verfügen wir heute über viele Arbeitsbücher, die im guten Zustand<br />
erhalten geblieben sind, weil sie den Zwangsarbeitern erst nach dem Krieg ausgegeben<br />
wurden o<strong>der</strong> weil sie die <strong>Dokumente</strong> erst dann „bekamen“, nachdem <strong>der</strong> deutsche Arbeitgeber<br />
gegen Ende des Krieges sein Haus o<strong>der</strong> Unternehmen verließ. Deutsche Vorschriften aus<br />
<strong>der</strong> Zeit des Krieges verboten den ausländischen Arbeitern jegliche Dokumentation über ihre<br />
Beschäftigung mit nach Hause zu nehmen. Die Verordnung vom 18. November 1941 regelte<br />
dies im Fall <strong>der</strong> Polen. Diese Vorschrift betraf aber nicht die Arbeitsbücher <strong>der</strong> Polen, die auf<br />
den ins Reich einverleibten Gebieten wohnten.<br />
Als historische Quellen sind die Arbeitsbücher eine sehr wertvolle Dokumentation, weil sich<br />
mit ihrer Hilfe <strong>der</strong> „Beschäftigungslebenslauf“ eines Zwangsarbeiters rekonstruieren lässt.<br />
Das Arbeitsbuch war ein zwischen dem Arbeitsamt, dem Arbeitgeber und dem Arbeiter „wan<strong>der</strong>ndes<br />
Dokument“. In den Arbeitsbüchern gibt es einerseits Spuren <strong>der</strong> formalen Eintragungen<br />
des Arbeitsamtes, des Unternehmens bzw. des Unternehmers und an<strong>der</strong>erseits hat<br />
manchmal <strong>der</strong> „Besitzer“ selbst Än<strong>der</strong>ungen im Dokument in <strong>der</strong> Nachkriegszeit gemacht.<br />
Es geht hier u.a. um selbst geschriebene Eintragungen über Beschäftigung, für den Fall, dass<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber sie nicht gemacht hat (weil er geflüchtet ist und sich davor geweigert hat).<br />
Dazu zählen auch das Ausmerzen o<strong>der</strong> Beschmieren <strong>der</strong> nationalsozialistischen Symbole (Hakenkreuze,<br />
Reichsadler). Letzteres machten auch die alliierten Besatzungsmächte o<strong>der</strong> die<br />
polnische Nachkriegsverwaltung (z.B. im Polnischen Repatriierungsamt – PUR). Manchmal<br />
rissen die „Besitzer“ ihre Fotografien vom Arbeitsbuch ab, weil es manchmal die einzigen Fotografien<br />
waren, die von ihnen <strong>während</strong> <strong>der</strong> Kriegszeit gemacht wurden und deshalb sie sehr<br />
wertvoll sie für waren. Obwohl die Fotografien in Arbeitsbüchern nur Porträts sind, die <strong>der</strong><br />
Identifikation dienten, sind sie auch eine wichtige historische Informationsquelle. Oft wurden<br />
dort „Momente“ festgehalten. So finden sich in Arbeitsbüchern Fotos, die gleich nach dem<br />
Verlassen des Lagerbades gemacht wurden – die Menschen sind nass, halb nackt, mit kurz<br />
geschorenen Haaren o<strong>der</strong> sie sehen verängstigt aus. Es gibt auch Fotografien von Kin<strong>der</strong>, die<br />
nicht zur Zwangsarbeit bestimmt waren und denen das Arbeitsbuch als ein Identitätsdokument<br />
ausgegeben wurde, weil sie zusammen mit den Eltern in Durchgangslagern für deportierte<br />
Zwangsarbeiter waren und deshalb registriert wurden.<br />
12<br />
Die Daten, die in Arbeitsbüchern (o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en <strong>Dokumente</strong>n <strong>der</strong> Zwangsarbeit, sowie in<br />
Personaldokumenten) von <strong>der</strong> Besatzungsmacht eingetragen wurden, spiegeln den rechtlichpolitischen<br />
Status <strong>der</strong> polnischen Staatsbürger im damals besetzen Land, sowie dessen neue<br />
Verwaltungsstruktur wie<strong>der</strong>. So betraf die Eintragung „Schutzangehörige“ in <strong>der</strong> Rubrik
Staatsangehörigkeit Polen, die aus den Gebieten stammten, die mit dem Dekret Hitlers vom<br />
8. und 12. Oktober 1939 ins Reich einverleibt wurden (Schlesien, die Wojewodschaft Posen mit<br />
dem Gebiet um Lodz, Pommern, Nordmasowien und das Gebiet um Suwałki – so genannte<br />
eingeglie<strong>der</strong>te Ostgebiete). Offiziell ging es hier um Personen, die zur Eindeutschung nicht geeignet<br />
waren. Im Falle <strong>der</strong> polnischen Arbeiter, die aus dem GG deportiert wurden, trug man<br />
in diese Rubrik staatlos ein. Diese Menschen wurden theoretisch als Personen mit polnischer<br />
Staatsangehörigkeit betrachtet, aber diese wurde ihnen abgenommen bzw. nicht bestätigt,<br />
weil das Dritte Reich den polnischen Staat nicht anerkannte. Im Falle <strong>der</strong> Personen mit einer<br />
an<strong>der</strong>en als <strong>der</strong> deutschen Nationalität, die aus dem Distrikt Galizien und aus Białystok umgesiedelt<br />
wurden, kamen manchmal Eintragung wie ungeklärt vor. Einen noch an<strong>der</strong>en Status<br />
hatten polnische Staatsbürger aus dem östlichen Grenzland <strong>der</strong> zweiten Republik Polen, das<br />
nach dem Beginn des Krieges mit <strong>der</strong> UdSSR unter <strong>der</strong> deutschen Besatzung war. Hier war die<br />
Regel <strong>der</strong> Deutschen gültig, laut <strong>der</strong> alle Personen, die vor dem 22. Juni 1941 auf dem Gebiet<br />
<strong>der</strong> UdSSR wohnten als Ostarbeiter gehalten wurden, unabhängig davon, welche Nationalität<br />
sie deklariert haben (Ausnahme waren Deutsche) und von ihrer Staatsangehörigkeit vor September<br />
1939. Diese Regel betraf die Bewohner <strong>der</strong> Ostseerepubliken, des Bezirks Białystok<br />
und des Distriktes Galizien.<br />
Die Rubrik <strong>der</strong> Volkszugehörigkeit im Arbeitsbuch für Auslän<strong>der</strong> muss allerdings differenziert<br />
betrachtet werden, da die Eintragungen manchmal nicht <strong>der</strong> Wirklichkeit entsprachen. Polnische<br />
Staatsbürger, die z.B. vom Distrikt Galizien zur Zwangsarbeit deportiert wurden, gaben<br />
absichtlich die ukrainische Nationalität an, weil sie wussten, dass die ukrainischen Arbeiter in<br />
Deutschland besser behandelt wurden als polnische Bürger. Manchmal hat die ukrainische Verwaltung<br />
die Polen o<strong>der</strong> Personen, die ihre Nationalität nicht bestimmen konnten, absichtlich<br />
„ukrainisiert“, um auf diese Weise ihre ethnische Überlegenheit auf bestimmten Gebiet zu beweisen.<br />
Wie<strong>der</strong>um fuhren die Polen aus dem Generalbezirk Litauen zur Zwangsarbeit als Litauer<br />
und wurden wie ausländische Arbeiter aus den Län<strong>der</strong>n, mit denen das Dritte Reich keinen<br />
Krieg führte, behandelt (Restriktionen gegen diese Personen erfolgten erst 1944). Eine an<strong>der</strong>e<br />
Nationalität deklarierten auch Personen jüdischer Nationalität, um auf diese Weise Repressionen<br />
und Tod zu entfliehen. Für sie war die Entscheidung über die Fahrt zur Zwangsarbeit ein<br />
Versuch, vor dem Tod zu flüchten.<br />
Es kam oft vor, dass die Menschen <strong>während</strong> <strong>der</strong> Registrierung einen an<strong>der</strong>en Beruf angaben,<br />
als den wirklich von ihnen ausgeübten. Am meisten vermied man die Angabe des Berufs eines<br />
Landwirtes, weil dies mit <strong>der</strong> Deportation zur Zwangsarbeit enden konnte. Einen an<strong>der</strong>en Beruf<br />
deklarierten auch vor allem auch Menschen, die durch ihr gewöhnlich nach gegangenem<br />
Metier höchst wahrscheinlich <strong>der</strong> deutschen Rüstungsindustrie nützlich waren.<br />
Mit Personaldaten in Arbeitsbüchern (o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en <strong>Dokumente</strong>n, die die Zwangsarbeit<br />
<strong>während</strong> <strong>der</strong> Deportation bestätigen) muss man vorsichtig sein. In den eingetragenen polnischen<br />
Nachnamen und Eigennamen (fonetische Schreibweise), sowie in den Geburtsdaten<br />
usw. kommen häufig Fehler vor.<br />
Arbeitsbücher können die Vermerke <strong>der</strong> alliierten und polnischen Institutionen aus dem Jahr<br />
1945 und den Jahren danach haben. Die <strong>Dokumente</strong> <strong>der</strong> Personen, die in den von PUR organisierten<br />
Transporten in die Heimat zurück kamen, wurden an Kontrollpunkten gestempelt. Es<br />
kam auch vor, dass die Arbeitgeber weitere Beschäftigung <strong>der</strong> Personen nach dem Kriegsende<br />
in Arbeitsbüchern bestätigten, so lassen sich auch Eintragungen mit einem Datum nach Mai<br />
1945 finden<br />
13
Arbeitsbuch fűr Auslän<strong>der</strong> –<br />
„książka pracy dla obcokrajVorlage<br />
aus dem Jahr 1943,<br />
Arbeitsamt Prenzlau. Auf <strong>der</strong><br />
Seite 26 sind Informationen<br />
über den Aufenthalt im Durchgangslager<br />
für Zwangsarbeiter<br />
in Frankfurt (O<strong>der</strong>) und über<br />
eine ärztliche Untersuchung<br />
vor dem Beginn <strong>der</strong> Arbeit, <strong>der</strong><br />
sich die Person unterziehen<br />
musste<br />
15
Ersatzkarte fűr Arbeitsbuch – vierseitige Ersatzkarte, wurde vom Arbeitsamt anstelle<br />
des Arbeitsbuches ausgestellt. Sie beinhaltete weniger Personaldaten und auch nicht so viele<br />
Daten über die Beschäftigung. Sie wurde auf begrenzte Zeit und bis zu einem angesetzten<br />
Termin ausgegeben. Bei <strong>der</strong> Rückgabe des alten o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Ausstellung des neuen Arbeitsbuches,<br />
sollte sie sofort an das Arbeitsamt übergeben werden. Der Arbeitgeber musste sich<br />
an dieselben Vorschriften halten, die im Fall des Arbeitsbuches erwähnt wurden. Alle Bemerkungen<br />
und Eintragungen in <strong>der</strong> Ersatzkarte sollten im Mitwissen des Arbeitsamts gemacht<br />
werden und mussten ihm gemeldet werden. Im GG stellten die Arbeitsämter den Beschäftigten<br />
statt <strong>der</strong> Arbeitskarten (die im GG den Arbeitsbüchern entsprachen) und die meist <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber aufbewahrte, spezielle Bescheinigungen aus, die so genannten Beschäftigungsnachweise.<br />
Ersatzkarte fűr Arbeitsbuch<br />
– Arbeitsamt Gel<strong>der</strong>n<br />
16
Arbeitskarte – war ein doppelfunktionales Dokument: sie bestätigte die Anstellung vom<br />
Auslandsarbeiter und funktionierte gleichzeitig als Pass und Personalausweis. Die Notwendigkeit<br />
des Besitzes einer Arbeitskarte wurde durch die Anordnung vom 8. März 1940 geregelt.<br />
Ihre Ausstellung erfor<strong>der</strong>te die Zusammenarbeit von zwei Behörden: des Arbeitsamtes und<br />
<strong>der</strong> lokalen Polizeimacht (Auslän<strong>der</strong>amt). Die Beschäftigung vom Auslandsarbeiter in Deutschland<br />
bedurfte nämlich einer beson<strong>der</strong>en Genehmigung. Ein solcher Antrag musste vom Arbeitgeber<br />
bei dem richtigen Arbeitsamt gestellt werden; an<strong>der</strong>erseits musste <strong>der</strong> Arbeiter selbst<br />
den Antrag auf die Genehmigung in <strong>der</strong> Polizeiaufsichtseinheit stellen, dies konnte auch <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber tun, als Vertretung des Arbeiters. Die Polizei sendete den Antrag nach seiner Akzeptanz<br />
ins Arbeitsamt weiter. 1942 wurde die Prozedur, wegen <strong>der</strong> vermehrten Zahl von Auslandsarbeitern<br />
vereinfacht. Die Arbeitsstätte o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitgeber stellte einen allgemeinen<br />
Antrag bei dem Arbeitsamt auf Arbeiterzuteilung. Es wurde auf den Antrag des Arbeiters auf<br />
Arbeitsbewilligung in <strong>der</strong> Polizeibehörde verzichtet. Ab diesem Zeitpunkt beschäftigte sich das<br />
Arbeitsamt nach <strong>der</strong> Arbeiterzuteilung zum konkreten Arbeitsplatz, auch mit dem Arbeitsgenehmigungsformular<br />
und schickte dieses zur Polizeieinheit. Nach den Anmeldungsformalitäten,<br />
die mit <strong>der</strong> Abgabe des Fingerabdrucks verbunden waren, wurde die Arbeitskarte dem<br />
Arbeiter übergeben. Die Daten, die von <strong>der</strong> Polizei bei <strong>der</strong> Arbeitskartenausstellung gewonnen<br />
wurden, blieben am Ort enthalten, Duplikate sind in die Zentralkartei <strong>der</strong> zwangsbeschäftigten<br />
Polen und Ostarbeiter, beim Hauptamt des Reichssicherheitsdienstes gelangt. Die Kartei<br />
funktionierte bis Ende 1943 o<strong>der</strong> Anfang 1944, als sie von einem Alliierten-Luftangriff vernichtet<br />
wurde (darüber informierte <strong>der</strong> Reichsführer SS in einem Rundschreiber vom 5. Februar<br />
1944). Der Arbeiter war verpflichtet, die Arbeitskarte immer bei sich zu tragen. Sie wurde für<br />
unbestimmte Zeit ausgegeben, und für ihre Verlängerung hatte <strong>der</strong> Arbeitgeber zu sorgen. Die<br />
Arbeitskarte war nur gültig für einen bestimmten Arbeitsplatz, dies erleichterte das Einfangen<br />
von Flüchtlingen <strong>während</strong> Polizeikontrollen.<br />
Arbeitskarte – „karta pracy”,<br />
Arbeitsamt Waldenburg Schlesien<br />
(Wałbrzych)<br />
17
Formell war die Arbeitskarte ein zweiseitiges Formular. Die erste Seite musste mit dem Foto,<br />
dem Zeigefingerabdruck und mit <strong>der</strong> Unterschrift des Arbeiters ausgestellt werden. Die Erstellung<br />
dieser Hälfte des Dokuments war Arbeit <strong>der</strong> Polizei. Im Februar 1944 gab es eine<br />
Anordnung über die Notwendigkeit <strong>der</strong> Platzierung eines roten Stempels auf dieser Seite:<br />
kennzeichenpflichtig, d.h. „P“ im Fall <strong>der</strong> Polen o<strong>der</strong> „O“ für die Ostarbeiter. Dies trug zur<br />
leichteren Unterscheidung von Weißrussen und Ukrainern <strong>während</strong> Polizeikontrollen im GG<br />
bei, denn diese Nationalitäten waren von <strong>der</strong> Kennzeichnungspflicht befreit. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Seite <strong>der</strong> Karte wurde das Arbeitsamtsformular mit genauen Personendaten des Arbeiters und<br />
Informationen über seine Anstellung angeklebt. Im Falle einer Arbeitsfortsetzung, konnte an<br />
dieses Formular ein weiteres angeklebt werden, wenn das erste nicht mehr gültig war. Im Gegenteil<br />
zu Arbeitsbüchern, die aufgrund ihrer Buchform von Hand ausgefüllt waren, wurden<br />
die Arbeitskarten oft mit <strong>der</strong> Schreibmaschine erstellt. Ähnlich wie Arbeitsbücher, enthielten<br />
die Arbeitskarten auch Spuren <strong>der</strong> Alliierten, polnischer Nachkriegsverwaltung o<strong>der</strong> von Hilfsorganisationen.<br />
Die Arbeitskarte war manchmal mit <strong>der</strong> Bescheinigung über eingezahlte Lohnersparnisse verbunden.<br />
In <strong>der</strong> Praxis wurde dies allerdings selten dokumentiert. Lohnersparnisse verschiedener<br />
Geldbeträge und ihre Deponierung bei dem Arbeitgeber waren eine Art und Weise <strong>der</strong><br />
„Anbindung“ <strong>der</strong> Arbeiter an ihren Arbeitsplatz. Der Plan <strong>der</strong> deutschen Verwaltung war es,<br />
<strong>der</strong> Flucht vom Arbeitsplatz vorzubeugen. In <strong>der</strong> Praxis erwies es sich meistens nicht als erfolgreich<br />
.<br />
Arbeitskarte – Arbeitsamt<br />
Wismar (die Vorlage vorbereitet<br />
speziell für die Arbeiter aus<br />
dem GG). Auf <strong>der</strong> Rückseite<br />
ist das erste (ältere) Formular<br />
sichtbar, das sich hinter dem<br />
oberen Formular befindet. Es<br />
enthält die Bestätigung <strong>der</strong><br />
früheren Beschäftigung<br />
18
Ausweis, Werkausweis, Personenausweis – es handelt sich hierbei um Ausweise verschiedensten<br />
Typus – Identitätsdokumente, die mit dem Beschäftigungsort verbunden waren.<br />
Sie wurden von den größeren Betrieben o<strong>der</strong> Unternehmen ausgestellt, die eine eigene Erfassungskartei<br />
führten. Sie erfüllten die Rolle des Personalausweises, bzw. eines Passierscheines<br />
für den Beschäftigungsort und seiner Umgebung. Der Ausweis musste dem Werkschutz<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Polizei bei Kontrollen vorgelegt werden. Er beinhaltete Informationen über die Art<br />
<strong>der</strong> Beschäftigung, die Nationalität (z.B. durch den Buchstaben „P“) und die Unterbringung.<br />
Manchmal, wenn das Foto des Besitzers fehlte, war <strong>der</strong> Ausweis erst gültig, wenn er mit einem<br />
an<strong>der</strong>en Dokument mit Foto vorgezeigt wurde. Weil <strong>der</strong> Ausweis am Beschäftigungsort<br />
schnell beschädigt werden konnte, wurde er manchmal durch Folie o<strong>der</strong> einen zusätzlichen<br />
Metallumschlag geschützt. Im GG bewahrte das Besitzen eines Ausweises (o<strong>der</strong> einer Arbeitskarte),<br />
<strong>der</strong> vom Betrieb ausgestellt wurde, vor <strong>der</strong> Deportation zur Zwangsarbeit, z.B.<br />
<strong>während</strong> einer Straßenrazzia o<strong>der</strong> einer zufälligen Polizeikontrolle. 1943 gab es bereits so viel<br />
gefälschte Werksausweise, dass die Besatzungsmacht dieses Dokument bei <strong>der</strong> Kontrolle<br />
nicht mehr berücksichtigte, so schützte ein Ausweis ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vor <strong>der</strong><br />
Deportation ins Reich. Es gab auch eine einfache Möglichkeit <strong>der</strong> Verifizierung seiner Echtheit<br />
durch die Überprüfung <strong>der</strong> Informationen, die sich auf dem Ausweis befanden, denn ähnliche<br />
Daten waren auch in <strong>der</strong> Kartei des Arbeitsamtes verzeichnet. Wie auch an<strong>der</strong>e mit Zwangsarbeit<br />
in Verbindung stehende <strong>Dokumente</strong>, konnten die Ausweise ebenfalls Bemerkungen aus<br />
<strong>der</strong> Nachkriegszeit, Bemerkungen <strong>der</strong> alliierten Mächte, <strong>der</strong> polnischen Verwaltung o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Hilfsorganisationen haben.<br />
Werks-Ausweis Pertrix<br />
Werke GMBH<br />
A-Ausweis Arado<br />
Flugzeug-Werke G.m.b.H.<br />
19
Ausweis <strong>der</strong> Hirth Motoren<br />
G.M.B.H. – Stuttgart/Zuffenhausen<br />
Personenausweis – Ostbahn<br />
20
Personalauweis –<br />
Siemens & Halskie AG<br />
Ausweis <strong>der</strong> Staatlichen<br />
Saline Friedrichshall<br />
21
Baudienstpass – GG (Vorlage<br />
Nr. 2)<br />
Baudienstpass – Ausweis im GG für Angehörige des Baudienstes, in den zwischen Mai 1940<br />
und Sommer 1944 Männer eingesetzt wurden und dessen Vorbild <strong>der</strong> Reichsarbeitsdienst war.<br />
In Wirklichkeit war <strong>der</strong> Baudienst aber eine Art <strong>der</strong> Sklavenarbeit. Sein Funktionieren wurde<br />
durch zwei Verordnungen geregelt, einer vom 1. Dezember 1940 und einer weiteren vom 22.<br />
April 1942. Der Baudienst dauerte ein Jahr lang und betraf viele junge Männer, die bei öffentlichen<br />
Arbeiten, Arbeiten zu Gunsten <strong>der</strong> Armee und auch bei <strong>der</strong> Bestattung <strong>der</strong> Opfer von<br />
Massenexekutionen zwangsweise helfen mussten. Zu Spitzenzeiten beschäftigte Baudienst<br />
45 Tausend Personen (Januar 1944). Die im Baudienst Beschäftigten wohnten in Lagern. Diese<br />
Isolierung sollte verhin<strong>der</strong>n, dass sie sich in konspirative Tätigkeit engagieren. Jedes Vergehen<br />
und jede Flucht wurde mit dem Transport in spezielle Straflager des Baudienstes in <strong>der</strong> Nähe<br />
von Krakau (Steinbruch „Liban“) o<strong>der</strong> nach Solec an <strong>der</strong> Weichsel bestraft.<br />
Baudienstpass – GG (Vorlage<br />
Nr. 1)<br />
22
Lagerausweis – ein Dokument, das für die Zwangsarbeiter ausgestellt wurde, die nach <strong>der</strong><br />
Deportation ins Reich in speziellen Gemeinschaftslagern einquartiert wurden. Der abgebildete<br />
Lagerausweis beinhaltet außer <strong>der</strong> Identitätsdaten auch Informationen über den Beschäftigungsort.<br />
Auf <strong>der</strong> Rückseite sind Notizen über den Erhalt von Tabak, Seife und über weitere<br />
Son<strong>der</strong>zuteilungen. Ein solches Gemeinschaftslager wurde oft von einem Delegierten <strong>der</strong><br />
Deutschen Arbeitsfront (DAF) beaufsichtigt, <strong>der</strong> meist auch über gewisse Polizeikompetenzen<br />
verfügte. Das Sammeln <strong>der</strong> Arbeitskräfte in Sammellagern war üblich für große Industriegebiete<br />
und Städte. Meist wurden diese Gemeinschaftslager in leer stehenden öffentlichen o<strong>der</strong><br />
industriellen Gebäuden eingerichtet. Es konnten ehemalige Tanz- und Kinosäle, Feuerwachen<br />
o<strong>der</strong> geschlossene Industriebetriebe sein. Weil die ausgewählten Gebäude früher allerdings<br />
einem an<strong>der</strong>en Zweck dienten, waren die Bade- und Waschräume, sowie die Waschküchen,<br />
aber auch die Küchen nicht ausreichend vorhanden o<strong>der</strong> ausgestattet. Die Inneneinrichtung<br />
bestand generell nur aus sehr einfachen Geräten bzw. Möbeln. Es kam auch vor, dass Decken<br />
zum Schlafen fehlten, so litten die Lagerbewohner an Kälte. Im Sommer herrschte lästige Hitze<br />
und Mief in Baracken. Immer größere Kriegszerstörungen, fehlende Reparatur- und Baumaterialien<br />
und zunehmen<strong>der</strong> Bedarf an billigerer Arbeitskraft verursachten, dass gegen Ende<br />
des Krieges in den Gemeinschaftslagern große Überfüllung herrschte. Ein lästiges Problem<br />
waren auch die Insekten. Diese Schwierigkeit war sogar unter <strong>der</strong> deutschen Bevölkerung bekannt.<br />
Weiterhin wurden die Sammellager mit Stacheldraht umgeben, dadurch ähnelten sie<br />
den Straflagern. Weil in den Lagern eben diese schlechten Bedingungen herrschten und sie<br />
den Anschein von Sklavenarbeit erweckten, weigerten sich einige Unternehmen, Zwangsarbeiter<br />
aus Westeuropa in diese Sammellager einzuquartieren.<br />
Lagerausweis – Sammellager<br />
Berlin-Rudow<br />
23
Arbeitsvertrag – dieses Dokument hat den Charakter eines zweiseitigen Vertrags, <strong>der</strong> zwischen<br />
dem polnischen Landwirtschaftsarbeiter und dem deutschen Arbeitgeber geschlossen<br />
wurde. Er enthält beidseitige Verpflichtungen.<br />
Das abgebildete Dokument wurde auf dem Gebiet des „alten Reiches“ in Deimern, Kreis Soltau<br />
nie<strong>der</strong>geschrieben. Die Pflichten des Arbeiters auf dem Bauernhof sind ziemlich genau geregelt<br />
(die Zahl des ihm anvertrauten Inventars, die Hilfe eines zusätzlichen Arbeiters bei <strong>der</strong> Reinigung<br />
<strong>der</strong> Landwirtschaftsgebäuden usw.). Im vierten Punkt wird genau formuliert, dass je<strong>der</strong> dritte<br />
Samstag, gerechnet vom 19. Dezember 1943 ein freier Tag sein soll. In nächsten Punkt ist die Rede<br />
über die Entlohnung. Im sechsten Punkt wurde die Kündigungsfrist auf vier Wochen bestimmt.<br />
Aus <strong>der</strong> Inhaltsanalyse des Vertrags lässt sich schließen, dass die Seiten als gleichberechtigte Partner<br />
auftreten und es gibt den Anschein, dass es eine gewisse Freiheit in <strong>der</strong> Gestaltung des Arbeitsverhältnisses<br />
gab. Jedoch bestimmte <strong>der</strong> Arbeitgeber die Pflichten des Beschäftigten genau.<br />
Eine <strong>der</strong> rechtlichen Hauptvorschriften, die die polnischen Arbeiter in ihrer Position diskriminierte,<br />
war die Anordnung, kraft <strong>der</strong>en sie kein Recht dazu hatten, einen Arbeitsvertrag selbst<br />
abzuschließen, den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zu beeinflussen o<strong>der</strong> ihn gar zu kündigen.<br />
Mit den Polen aus den einverleibten Gebieten schloss man keine Arbeitsverträge ab. Ihnen<br />
wurde ein Arbeitsverhältnis amtlich zugewiesen, wenn ein Arbeitsgeber den Bedarf an Beschäftigten<br />
im Arbeitsamt meldete. Diese Polen hatten keine Möglichkeit, den Arbeitsort auszuwählen<br />
o<strong>der</strong> die Arbeitsdauer selbst zu bestimmen. Sie konnten das Arbeitsverhältnis auch<br />
nicht kündigen, dies konnte nur <strong>der</strong> Arbeitgeber mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist tun<br />
(<strong>der</strong> abgebildete Vertrag spricht allerdings von vier Wochen). Die Kündigung durch den Arbeitgeber<br />
musste dem Arbeitsamt aber gemeldet und von ihm akzeptiert werden. Das Amt<br />
war aber auch in <strong>der</strong> Lage, den Antrag auf Entlassung des Arbeiters abzulehnen o<strong>der</strong> bei einer<br />
positiven Entscheidung, die Entsendung neuer Arbeitskräfte auszusetzen.<br />
Arbeitsvertrag – Deimern,<br />
Kreis Soltau<br />
24
Quittungskarte – war auf dem Reichsgebiet und in den einverleibten Gebieten im Rahmen<br />
<strong>der</strong> obligatorischen Invalidenversicherung in Benutzung, die sowohl beschäftigte Deutsche,<br />
als auch Polen betraf. Die Quittungskarte enthielt Informationen über die Entrichtung<br />
entsprechen<strong>der</strong> Versicherungsbeiträge. So machten spezielle Bestätigungsmarken, die einmal<br />
die Woche an <strong>der</strong> Rückseite <strong>der</strong> Quittungskarte angeklebt wurden, deutlich, dass ein Beitrag<br />
in einer bestimmten Höhe eingezahlt worden war. Seit Juli 1942 sollte die Quittungskarte Informationen<br />
über den Zeitraum <strong>der</strong> Entrichtung <strong>der</strong> Beiträge, über ihre Höhe, über die Zielkrankenkasse,<br />
sowie über den Arbeitgeber haben. Nach einem Jahr, spätestens aber nach<br />
drei Jahren sollten die Krankenkasse o<strong>der</strong> Versicherungsanstalt die Quittungskarten an das für<br />
Rentenversicherung verantwortliche Amt übergeben. Am Anfang des Krieges wurden in den<br />
einverleibten Gebieten auch polnische Vorkriegsformulare <strong>der</strong> Quittungskarten benutzt, was<br />
dank <strong>der</strong> Ähnlichkeiten im polnischen und deutschen Versicherungssystem <strong>der</strong> Vorkriegszeit<br />
möglich war. Die Quittungskarte besaß auf <strong>der</strong> Kopfseite die Zeichen <strong>der</strong> Versicherungsanstalt<br />
und auf <strong>der</strong> Rückseite eine Information über die Krankenkasse (hier AOK – Allgemeine Ortskrankenkasse),<br />
sowie einen Siegel o<strong>der</strong> eine Eintragung über den Arbeitsort bzw. Arbeitgeber.<br />
Das Dokument war zwei Jahre nach <strong>der</strong> Ausstellung gültig. Eine neu ausgestellte Quittungskarte<br />
hatte auch eine Information über das Stempeldatum <strong>der</strong> letzen Versicherungsmarke auf<br />
<strong>der</strong> vorherigen Quittungskarte. Im Fall von Arbeitgeberwechseln konnte eine Quittungskarte<br />
weiter benutzt werden. Sie bestätigte gleichzeitig die Fortsetzung o<strong>der</strong> Erneuerung <strong>der</strong> Versicherung.<br />
Der versicherte Arbeiter konnte eine Aufstellung <strong>der</strong> entrichteten Beiträge in Form<br />
eines Sammelbuches bekommen.<br />
Quittungskarte<br />
– Braunschweig<br />
25
Lohnsteuerkarte – Das Hauptmerkmal <strong>der</strong> Entlohnung <strong>der</strong> polnischen Zwangsarbeiter<br />
war, dass ihre Löhne im Vergleich zu den Deutschen trotz gleicher schwerer Arbeit nur 70-80%<br />
betrugen (in <strong>der</strong> Landwirtschaft nur 60-65%). Diese Finanz- und Sozialpolitik basierte auf einer<br />
Verordnung des Reichsfinanzministers vom 10. Februar 1940 und wurde von dort an wie folgt<br />
praktiziert. Der Arbeitgeber war verpflichtet, den Polen die Lohnsteuer nach dem zweit höchsten<br />
Steuersatz, <strong>der</strong> normalerweise nur für Alleinstehende und kin<strong>der</strong>lose Ehepaare galt, zu berechnen.<br />
Außerdem erhielten die Polen ihre Löhne ohne alle Sozial- o<strong>der</strong> Familienzuschüsse.<br />
Am 5. August 1940 wurde eine spezielle finanzielle Belastung für Polen aus den einverleibten<br />
Gebieten und dem Reich eingeführt. So mussten sie einen Tribut leisten - die so genannte Sozialausgleichsabgabe<br />
o<strong>der</strong> Polenabgabe. Die Polen waren gezwungen 15% ihres Bruttolohns abzuführen.<br />
Ausgeschlossen davon waren die in <strong>der</strong> Landwirtschaft Beschäftigten, weil die Löhne<br />
in diesem Sektor ohnehin drastisch niedrig waren (allerdings galt in diesem Bereich ein an<strong>der</strong>er<br />
diskriminieren<strong>der</strong> Lohntarif für Polen).<br />
Lohnsteuerkarte – Nienburg-<br />
Weser<br />
26
Lebensmittelkarten – wurden von den Deutschen bereits am Anfang des Krieges eingeführt.<br />
Mit <strong>der</strong> Zeit waren sie für den Erhalt <strong>der</strong> meisten Grundlebensmittel nötig geworden.<br />
So gab es Lebensmittelkarten für Brot – die Reichsbrotkarte, für Marmelade (aus Möhren und<br />
Rüben) – die Lebensmittelkarte für Zucker und Brotaufstrich, für Zigaretten – die Raucherkarte,<br />
für Seife – die Seifenkarte, für Webstoffe und Textilwaren (Kleidung) – die Spinnstoffkarte<br />
usw. Lebensmittelkarten wurden von den Verpflegungsabteilungen <strong>der</strong> Gemeinden und Magistrate<br />
ausgestellt. Die Lebensmittelkarten für Personen in den einverleibten Gebieten und<br />
im „alten“ Reich wurden mit Information über den Sitz des entsprechenden Landesversicherungsamt<br />
(LVA) versehen. Seit 1942 durften Lebensmittelkarten in den einverleibten Gebieten<br />
nur noch gegen Vorlage einer Bescheinigung, die die Beschäftigung bestätigte, ausgegeben<br />
werden. Diese Bescheinigungen wurden dann zu den Arbeitsämtern zurückgeschickt, damit<br />
die entsprechenden Informationen in <strong>der</strong> Dokumentation <strong>der</strong> betreffenden Person vermerkt<br />
werden konnten.<br />
Reichsbrotkarte – Lebensmittelkarte<br />
für Brot (und Mehl)<br />
für Selbstversorger, Danzig<br />
(Gdańsk)<br />
Lebensmittelkarte fűr Zucker<br />
und Brotaufstrich – Lebensmittelkarte<br />
für Zucker und<br />
Marmelade (aus Möhren und<br />
Rüben), Danzig (Gdańsk)<br />
Die Menge, Größe und Art <strong>der</strong> zugestandenen Lebensmittel waren unterschiedlich. Die Zuteilungsmenge<br />
hing von <strong>der</strong> Nationalität ab – die größten Zuteilungen bekamen Deutsche<br />
und Volksdeutsche (im GG waren sie zwei- bis dreimal größer als die für Polen); von <strong>der</strong> Art<br />
<strong>der</strong> Arbeit, die die Person verrichtete – höhere Zuteilungen bekamen z.B. Arbeiter <strong>der</strong> Rüstungsindustrie.<br />
In den ins Reich annektierten Gebieten, im Bezirk Ciechanów (Ziechenau) und<br />
in Oberschlesien bekamen Beschäftigte größere Zuteilungen als Arbeitslose. Die Größe hing<br />
auch vom Alter ab, so wurden beson<strong>der</strong>s Kin<strong>der</strong> unter 14 Jahren benachteiligt, obwohl sie die<br />
gleiche Arbeit wie Erwachsene leisteten. Weiterhin war auch das Geschlecht entscheidend –<br />
Spinnstoffkarten wurden deshalb eingeteilt in: Karten für Frauen, Männer, Knaben, Mädchen<br />
und Kin<strong>der</strong> im Alter unter einem Jahr. Es gab auch territoriale Unterschiede, nicht nur zwischen<br />
Provinzen o<strong>der</strong> Gauen, son<strong>der</strong>n auch innerhalb eines Verwaltungsgebiets. Im GG z.B. waren<br />
die Zuteilungen <strong>der</strong> Lebensmittel in Warschau ein bisschen höher als in an<strong>der</strong>en Städten. Im<br />
Jahre 1940 wurde die Größe <strong>der</strong> Verpflegung durch die Einführung von einheitlichen Kalorienmengen<br />
angeglichen. Unterschiede in Größe und Art <strong>der</strong> Zuteilungen gab es aber immer noch,<br />
sie hingen z.B. von den örtlichen Vorräten und Jahreszeiten ab.<br />
27
Seifenkarte – Kattowitz<br />
(Katowice)<br />
Raucherkarte – Bezugskarte<br />
für Zigaretten, Münster<br />
Spinnstoffkarte fűr Polen<br />
(Frauenkarte) – Bezugskarte<br />
für Webstoffe und Textilwaren<br />
(Kleidung) für Polen, Version<br />
für Frauen, Kattowitz<br />
(Katowice)<br />
Die Lebensmittelzuteilungen im GG betrafen nur Beschäftigte und <strong>der</strong>en Familien in den<br />
Städten (bzw. Personen, die als arbeitsunfähig klassifiziert wurden). Allerdings war das Brot<br />
schlecht, weil es im Jahre 1940 verboten wurde, Weizenmehl zum Backen zu benutzen, das<br />
Fleisch hatte ebenfalls eine schlechte Qualität, es wurde sogar Pferdefleisch verteilt. Die Dorfbevölkerung<br />
war von den Lebensmittelzuteilungen nicht betroffen, son<strong>der</strong>n musste sich selbst<br />
mit Nahrung versorgen. Die Zuteilung <strong>der</strong> Kleidung verlief mit Hilfe <strong>der</strong> Bezugsscheine, die<br />
von Kreis- und Stadtverwaltungen ausgegeben wurden. Seifenzuteilungen waren sehr klein.<br />
Die Lebensmittelrationen wurden beson<strong>der</strong>s im GG mit <strong>der</strong> Zeit immer kleiner. So bemerkten<br />
Funktionäre <strong>der</strong> Besatzungsmacht im Jahre 1943, dass Beschäftigte im GG viel schlechter als<br />
ausländische Arbeiter im Reich, aber auch als polnische und sowjetische Kriegsgefangene arbeiteten,<br />
weil sie viel schlechter versorgt waren. Es wurde noch im selben Jahr versucht, ihre<br />
Situation ein wenig zu verbessern. Weil es an Allem fehlte und die gesamte Versorgung reglementiert<br />
war, blühte <strong>der</strong> Schwarzmarkt, wo praktisch alles erhältlich war: nie<strong>der</strong>ländische<br />
Möbel, französisches Parfüm (von den aus Frankreich zurückkehrenden deutschen Soldaten)<br />
und an<strong>der</strong>e Luxuswaren. Das Ausmaß des illegalen Handels lässt sich nur erahnen. Es muss<br />
aber unwahrscheinlich groß gewesen sein, denn es ist dokumentiert, dass selbst die deutschen<br />
Truppen ihre Proviantmängel durch Einkäufe auf dem Schwarzmarkt ausglichen. Auch<br />
die habsüchtige deutsche Verwaltung war bestechlich und machte riesigen Profit mit illegalem<br />
Güterverkehr.<br />
28
Spinnstoffkarte fűr Polen<br />
(Knabenkarte) – nBezugskarte<br />
für Webstoffe und Textilwaren<br />
(Kleidung) für Polen, Version<br />
für Knaben,<br />
Bresslau (Wrocław)<br />
Fahhradschein, Fűhrerschein – Das Benutzen von Transportmitteln, beson<strong>der</strong>s auch<br />
von öffentlichen Verkehrsmitteln, wurde <strong>während</strong> des Krieges sehr erschwert, vor allem durch<br />
die deutschen Rassengesetze. So wurde auf dem Gebiet des Reiches das Fahrrad als Fortbewegungsmittel<br />
für polnische Staatsbürger unzugänglich gemacht. Die Polizei in Stettin verbot<br />
das Benutzen von Fahrrä<strong>der</strong>n endgültig. Im Wartheland war das Benutzen von Fahrrä<strong>der</strong>n<br />
nur möglich, wenn man eine Erlaubnis <strong>der</strong> Polizei hatte, die allerdings bei einem Arbeitsweg<br />
von unter zwei Kilometern nicht erteilt wurde. Die Fahrrä<strong>der</strong> <strong>der</strong> Polen mussten gelegentlich<br />
auch bestimmte Markierungen haben - in Lissa (Leszno) zum Beispiel musste <strong>der</strong> Rahmen und<br />
das hintere Schutzblech weiß bestrichen werden. Solche Einschränkungen wurden in den einverleibten<br />
Gebieten - in Schlesien und Pommern - nicht angewandt. Allerdings wurde das Benutzen<br />
von Fahrrä<strong>der</strong>n indirekt eingeschränkt, so bekamen die polnischen Bürger nur wenig<br />
Bereifung zugeteilt. Im letzten Kriegsjahr konnte man ein Rad nur bekommen, wenn <strong>der</strong> Weg<br />
zur Arbeit fünf bis zehn Kilometer betrug. Die Anstellung in einem Fuhrbetrieb o<strong>der</strong> in einem<br />
Unternehmen mit einem Bestand an Transportmitteln erfor<strong>der</strong>te einen Führerschein. Der Unternehmer<br />
konnte seine Arbeiter auf einen Berufskurs schicken. Ein solcher Kurs wurde von<br />
Ämtern bzw. dazu berechtigten Unternehmen organisiert. Berufsschulungen jedoch mussten<br />
von den Arbeitern zwangsweise besucht werden. An solchen Schulungen sollte teilgenommen<br />
werden, wenn ein Angestellter zusätzliche Qualifikationen benötigte, um in einer höheren Position<br />
zu arbeiten, so konnte z.B. <strong>der</strong> Helfer eines Fahrers selbst zum Fahrer werden.<br />
Fahhradschein – Vogelfeld,<br />
Kreis Kalisch, Wartheland<br />
29
Fűhrerschein – Kreis Arnswalde<br />
(Choszczno)<br />
Briefwechsel – Während <strong>der</strong> ganzen Zeit des Krieges unterlag die Korrespondenz <strong>der</strong><br />
Zwangsarbeiter, die nach Deutschland deportiert wurden, einer strengen Kontrolle. Bis 1940<br />
wurde diese stichprobenartige Kontrolle durch die Gestapo durchgeführt. 1941 entstand in<br />
jedem Administrationsbezirk eine Auslandsbriefprüfstelle, die mit <strong>der</strong> Polizei zusammenarbeitete.<br />
Es wurde beson<strong>der</strong>s auf Informationen über das Militär, Schutzobjekte und die Atmosphäre<br />
im Reich geachtet. Es war auch verboten, über die Bedingungen <strong>der</strong> Zwangsarbeit zu<br />
berichten. In <strong>der</strong> Praxis befolgten die Arbeiter aber beson<strong>der</strong>s die im letzten Punkt genannte<br />
Regel nicht. Als in Polen dadurch bekannt wurde, wie die „Arbeit“ im Deutschen Reich wirklich<br />
aussieht, meldeten sich kaum noch Polen freiwillig zur Arbeit im Reich. Der Ton in vielen Briefen<br />
war ziemlich frei und es fehlte nicht an bissigen Bemerkungen über die deutschen Arbeitgeber.<br />
Größer war die Korrespondenzfreiheit bei denen, die außerhalb <strong>der</strong> Sammellager o<strong>der</strong><br />
in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Fabriken untergebracht waren. Dort war häufig nur das Verschicken von einem<br />
Brief pro Monat erlaubt. Manchmal wurden auch zweiteilige Postkarten an die Zwangsarbeiter<br />
verteilt. Diese „Formulare“ waren auch gleichzeitig für die Antwortschreiben bestimmt, d.h.<br />
die gleiche Postkarte kam mit einer kurzen Antwort im dafür vorbereiteten Feld zurück. Diese<br />
Praxis erinnerte stark an den Briefwechsel in Gefangenen- o<strong>der</strong> Konzentrationslagern. Auf<br />
solche Postkarten konnte man nur eine eingeschränkte Anzahl von Wörtern schreiben. Den<br />
Polen wurde es auch verboten, Ansichtskarten zu verschicken, wobei sie auch dieses Gesetz<br />
oft nicht respektierten. Eine zusätzliche Verschärfung <strong>der</strong> Regelungen war das Zerstören von<br />
Briefen und Postkarten, wenn sie undeutlich o<strong>der</strong> unleserlich waren. Dadurch kam ein Teil <strong>der</strong><br />
Sendungen nie bei den Adressaten an. Für viele Deportierte, die nur die Grundschule besucht<br />
hatten und im Alltag die Schrift nicht benutzten, d.h. für Personen die dem Schreiben noch<br />
nicht mächtig waren, bedeutete dies den Kontaktabbruch mit <strong>der</strong> Familie; ähnlich war dies<br />
bei Kin<strong>der</strong>n.<br />
Postkarte – einer Zwangsarbeiterin<br />
aus Calw, Schwarzwald<br />
an ihren Vater, <strong>der</strong> sich in Sochaczew<br />
aufhielt, GG (mit <strong>der</strong><br />
Zustimmung <strong>der</strong> Rücksendung<br />
an den Sen<strong>der</strong>)<br />
30
Rückseite einer Ansichtskarte –<br />
verschickt durch eine Zwangsarbeiterin<br />
aus Steinbach am<br />
Attersee zu ihren Nächsten in<br />
Lowitsch (Łowicz), GG<br />
Ein interessantes Dokument ist das abgebildete Telegramm. Aufgegeben wurde<br />
es aus dem Kreis Ostrowo an eine Zwangsarbeiterin, die auf dem Landgut Bonfeld im Kreis<br />
Heidenheim angestellt war. Das Telegramm informierte sie über den Tod ihres Vaters und<br />
den angesetzten Termin <strong>der</strong> Beerdigung (Donnerstag 8 Uhr nachmittags). Der Absen<strong>der</strong> war<br />
ihre Mutter. Unten befindet sich eine Aufschrift: Beglaubigt <strong>der</strong> Amtskommissar Görsch. Auf<br />
Grundlage <strong>der</strong> in Deutschland geltenden Gesetze für polnische Zwangsarbeiter, konnte eine<br />
Benachrichtigung per Telegramm über den Tod einer nahe stehenden Person <strong>der</strong> Grund für<br />
beson<strong>der</strong>en Urlaub sein. So ein Telegramm musste jedoch einen Vermerk <strong>der</strong> Polizei o<strong>der</strong><br />
Gestapo aus dem Wohnort des Absen<strong>der</strong>s haben. Dieser galt als Bestätigung des Todesfalls<br />
(Beglaubigung vom Amtskommissars Görsch). Dabei herrschte allerdings Willkür <strong>der</strong> Polizei<br />
o<strong>der</strong> Gestapo, denn diese richteten sich bei einer eventuellen Zustimmung nach <strong>der</strong> politischen<br />
Beurteilung des Verstorbenen bzw. nach <strong>der</strong> Beurteilung seiner Familie. Es wurde keine<br />
Bestätigung ausgestellt, wenn <strong>der</strong> Tod Ergebnis <strong>der</strong> deutschen Repression o<strong>der</strong> des Handeln<br />
<strong>der</strong> Wehrmacht bzw. SS war. Sogar im Falle einer positiven Beurteilung <strong>der</strong> Polizei konnte das<br />
Arbeitsamt den Urlaub ablehnen. Urlaub dieser Art wurde nur selten erteilt.<br />
Telegramm – das eine in<br />
Bonfeld im Kreis Heidenheim<br />
angestellte Zwangsarbeiterin<br />
über den Tod ihres Vaters und<br />
den Termin <strong>der</strong> Beerdigung<br />
informiert<br />
31
Bescheinigung – über die Registrierung<br />
und den Aufenthalt<br />
im Lager Mackensen für DPs,<br />
Karlsruhe<br />
Die Nachkriegsdokumente <strong>der</strong> alliierten Mächte – das Ende des Krieges war verbunden<br />
mit <strong>der</strong> Ausstellung von <strong>Dokumente</strong>n, <strong>der</strong>en Aussteller die in Deutschland Aufsicht<br />
führenden alliierten Mächte waren. Dies waren vor allem Anmeldebestätigungen, Passierscheine,<br />
vorläufige Identifikationsdokumente, Ausweise usw. Hilfe für Millionen von Menschen,<br />
die sich bei Ende des Krieges auf Gebieten Deutschlands befanden, kam von internationalen<br />
Organisationen, sowie den Militärs <strong>der</strong> Alliierten. Die Hilfe für die alliierten Län<strong>der</strong>, die<br />
am meisten durch den Krieg betroffen waren, wurde teilweise durch das am 9.November 1943<br />
berufene Programm United Nations Relief and Rehabilition Administration (UNRRA) geleistet,<br />
das bis 1947 arbeitete (ab 1945 im Rahmen <strong>der</strong> UNO). Die Tätigkeiten <strong>der</strong> UNRRA beinhalteten<br />
unter an<strong>der</strong>em Versorgung mit Nahrung und an<strong>der</strong>e materielle Hilfe, die Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
und wirtschaftlichen Strukturen o<strong>der</strong> die Organisation von speziellen Lagern<br />
für so genannte Displaced Persons (DP). DPs waren Personen, die sich infolge <strong>der</strong> Kriegshandlungen<br />
außerhalb ihrer Heimat befanden, aber dorthin zurückkehren bzw. sich neu ansiedeln<br />
wollten, dies jedoch ohne fremde Hilfe nicht tun konnten. Die Nachkriegsdokumente <strong>der</strong> Alliierten<br />
enthalten häufig Vermerke des Staatlichen Repatriierungsamts (PUR) bzw. <strong>der</strong> Institutionen<br />
<strong>der</strong> sozialen Fürsorge.<br />
Zeitweilige Registrierungskarte<br />
– einer Person durch die<br />
alliierten Besatzungsmächte<br />
Passierschein für zwangsverschickte<br />
Personen – eines<br />
Lager für DPs, Heilbronn<br />
32
Registrierungskarte – für die<br />
DPs<br />
Passierschein des Staatlichen<br />
Repatriierungsamts (PUR) –<br />
(Vorlage Nr. 1)<br />
<strong>Dokumente</strong> des Staatlichen Repatriierungsamts (PUR) – Die Aufgabe dieses Amtes<br />
war es, nach dem Krieg, die Repatriierungen <strong>der</strong> polnischen Bevölkerung in die Heimat zu<br />
organisieren (nicht nur aus deutschen Territorien). Weiter war es auch für die Umsiedlungen<br />
<strong>der</strong> „Fremdbevölkerung“ aus Polen verantwortlich, z.B. nach Deutschland o<strong>der</strong> in die Sowjetunion.<br />
Dieses Amt musste den Repatriierten und Umgesiedelten also den Transport, Verpflegung,<br />
eine Unterkunft, medizinische Fürsorge, sowie sanitäre Einrichtungen bis zur Ankunft<br />
absichern. Das PUR wurde auf Grund des Dekrets vom 7. Oktober 1944 berufen und war dem<br />
Vorsitz des Polski Komitet Wyzwolenia Narodowego (PKWN, zu deutsch: Polnisches Komitee<br />
<strong>der</strong> Nationalen Befreiung) untergeordnet. Ab dem 7. Mai 1945 jedoch, war es dem Ministerium<br />
für öffentliche Verwaltung untergeordnet. Am 13. Dezember 1945 wurde das PUR dem<br />
Ministerium <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gewonnenen Gebiete eingeglie<strong>der</strong>t. Nachdem dieses Ministerium wie<strong>der</strong>um<br />
im Januar 1949 aufgelöst wurde, war das PUR von April 1949 bis Ende März 1951 dem<br />
Premierminister unterstellt. Das PUR stellte viele <strong>Dokumente</strong> aus, dies half gleichzeitig bei<br />
<strong>der</strong> Erfassung <strong>der</strong> rückkehren Bevölkerung. Am häufigsten waren dies Passierscheine und Bescheinigungen,<br />
die zur kostenlosen Durchreise bis zum Zielort berechtigten. Diese <strong>Dokumente</strong><br />
waren später auch die Grundlage für die Ausstellung eines Personalausweises. Die Anmeldung<br />
33
Passierschein des Staatlichen<br />
Repatriierungsamts (PUR) –<br />
(Vorlage Nr. 2)<br />
Bescheinigung des Staatlichen<br />
Repatriierungsamts (PUR) – ermöglichte<br />
einem Repatriierten<br />
eine ermäßigte Fahrt<br />
34<br />
erfolgte an Stellen, die verteilt an den Län<strong>der</strong>grenzen waren (Repatriierungspunkte), obwohl<br />
die Verwaltung des PURs auch auf dem Territorium des Kreises funktionierte. Der Übergang<br />
durch die Repatriierungspunkte wurde durch Vermerke und mit einem Stempel auf den <strong>Dokumente</strong>n<br />
<strong>der</strong> angemeldeten Personen durch das PUR bestätigt. Diese Bescheinigungen wurden<br />
auch durch die alliierten Mächte ausgestellt. In Polen beschäftigte sich <strong>der</strong> Generalbevollmächtigte<br />
<strong>der</strong> Regierung für Repatriirung mit <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong> Heimkehr. Ab dem Zeitpunkt<br />
seiner Ernennung wurden die Aufgaben des PURs eingeschränkt und so war es nur noch für<br />
die Organisation <strong>der</strong> Transporte im polnischen Territorium verantwortlich.
Fotografien – im Falle <strong>der</strong> Zwangsarbeiter kann in die institutionelle und in die nicht institutionelle<br />
Fotodokumente eingeteilt werden. Institutionelle Fotografien sind hauptsächlich<br />
durch die deutschen Arbeitsämter und polizeilichen Organe gemacht worden. Es handelt<br />
sich um Porträts, also Identifikationsfotos (ihre Eigenschaften wurden im Punkt Arbeitsbuch<br />
bereits angesprochen), Personalausweise und <strong>Dokumente</strong> über die Beschäftigung. Nicht institutionelle<br />
<strong>Dokumente</strong> sind meist Fotografien „<strong>der</strong> Opfer“, also Fotos, die den Alltag <strong>der</strong><br />
Zwangsarbeiter dokumentieren. Sie wurden häufig von den Arbeitgebern o<strong>der</strong> Aufsehern gemacht.<br />
Von „den Opfern“ selbst gemachte Fotos, kommen eher selten vor, denn die in das<br />
Reich Deportierten durften keine Fotoapparate besitzen.<br />
Zwangsarbeiter, Beschäftigte<br />
<strong>der</strong> Stahlwerke, Linz,<br />
Februar 1944 – April 1945<br />
Arbeit zugunsten <strong>der</strong> Deutschen<br />
Reichsbahn, Gegend um<br />
Tarnopol<br />
35
Zwangsarbeit in <strong>der</strong> Landwirtschaft,<br />
Hildesheim<br />
Zwangsarbeit in einer Baufirma,<br />
Feldkirch<br />
36
III. Jeńcy wojenni<br />
Personalkarte – Die Personalkarte eines Kriegsgefangenen bestätigte seine Registrierung<br />
im Strafgefangenenlager (Stalag). Sie enthielt außer den Personalien und <strong>der</strong> Lagernummer<br />
(die bei <strong>der</strong> Aufnahme in ein an<strong>der</strong>es Lager geän<strong>der</strong>t wurde) Informationen über das Datum<br />
und den Ort <strong>der</strong> Gefangennahme, die militärische Zuteilung, den Beruf, Informationen über<br />
den Gesundheitszustand und die Adressen <strong>der</strong> Familienmitglie<strong>der</strong>. Weitere Bezeichnungen<br />
des Stalags, sowie die Lagernummern, wurden in <strong>der</strong> rechten oberen Ecke <strong>der</strong> Karte eingetragen.<br />
Die Personalkarte wurde immer nach dem gleichen Schema angefertigt und „folgte“ dem<br />
Gefangenen, wenn er in ein an<strong>der</strong>es Stalag o<strong>der</strong> Offizierslager (Oflag) kam. Aufbewahrt wurde<br />
sie in einer Kartei. Der Gefangene konnte die Personalkarte erst nach <strong>der</strong> Befreiung <strong>der</strong> Lager<br />
durch die Alliierten o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Flucht des deutschen Personals erhalten.<br />
Es ist eine Personalkarte eines Jugendlichen abgebildet. Einem Soldat <strong>der</strong> Heimatarmee, <strong>der</strong><br />
auch Teilnehmer des Warschauer Aufstands war, <strong>der</strong> zuerst in das Gefangenenlager in Lamsdorf<br />
(Łambinowice) kam (Stammlager 318, 344) und danach in das Stalag IVB (Mühlberg-Elbe).<br />
Auf <strong>der</strong> Rückseite <strong>der</strong> Karte befinden sich Anmerkungen über die Überweisung des Gefangenen<br />
zur Arbeit im Rahmen des Arbeitskommandos (K.D Chemnitz) und über den Namen seines<br />
Arbeitsplatzes. Das internationale Recht genehmigte es die gefangenen Soldaten zur Arbeit<br />
zu schicken, jedoch unter <strong>der</strong> Bedingung, dass die Arbeit nicht über ihre Kräfte ging und nicht<br />
mit <strong>der</strong> Kriegsführung verbunden war. Die Gefangenen konnten also nicht in <strong>der</strong> Rüstungsindustrie,<br />
auf Truppenübungsplätzen o<strong>der</strong> beim Transport <strong>der</strong> Munition arbeiten. In Wirklichkeit<br />
wurden diese Regeln jedoch oft gebrochen. So wurden im Falle <strong>der</strong> Warschauer Aufständischen<br />
in Chemnitz in <strong>der</strong> Munitionsfabrik V1 Soldatinnen <strong>der</strong> Heimatarmee angestellt, außerdem<br />
arbeiteten jugendliche Gefangene in Goslar in einer Glasfabrik, wo gläserne Mäntel für die<br />
Rumpfnase von Flugzeugen gefertigt wurden.<br />
Personalkarte – eines Häftlings<br />
des Gefangenenlager Stammlager<br />
318, 344 in Lamsdorf um<br />
des Stalags IVB (Mühlberg-<br />
Elbe)<br />
37
Verpflichtungsschein – war ein Dokument, das für Schützen und Unteroffiziere ausgestellt<br />
wurde. Sie wurden aus den Stalags entlassen, um in die Zwangsarbeit zu geschickt zu<br />
werden. Formal wurde diese Aktion durch ein Dekret Hitlers im Mai 1940 initiiert und dauerte<br />
bis Ende dieses Jahres. Je<strong>der</strong> Entlassene musste die Verpflichtung unterschreiben, dass er<br />
nach dem Verlassen des Stalags im Reich bleibt und sich dem Arbeitsamt zur Verfügung stellt.<br />
Diese theoretisch freie Erklärung wurde praktisch jedoch zum Zwang. Mit dem Versprechen<br />
höherer Löhne, <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Verpflegung, <strong>der</strong> Möglichkeit des Urlaubs und des Besuchs<br />
bei Verwandten und Freunden versuchte man den Gefangenen zum Unterschreiben des<br />
Verpflichtungsscheins zu überreden. Wenn <strong>der</strong> „Noch-Häftling“ nicht einwilligte, kam es zu<br />
Schikanen und es wurde sogar geprügelt. Mit dem Einverständnis mit den von den Deutschen<br />
vorgeschlagenen Bedingungen, verlor <strong>der</strong> Gefangene zum einen die Kriegsgefangenenrechte<br />
und zum an<strong>der</strong>en auch die Fürsorge des Roten Kreuzes, außerdem das Privileg, Pakete zu erhalten.<br />
Oft lehnten die Soldaten die Bestimmungen des Verpflichtungsscheins aber auch aus<br />
patriotischen Beweggründen ab. Das Handeln <strong>der</strong> deutschen Verwaltung stand in Wi<strong>der</strong>spruch<br />
mit <strong>der</strong> Genfer Konvention aus dem Jahr 1929, die von <strong>der</strong> Reichsregierung im Jahr 1934 ratifiziert<br />
wurde. Die Bereitstellung einer so großen Anzahl von Personen zur freien Verfügung <strong>der</strong><br />
Arbeitsämter, war eine große Unterstützung <strong>der</strong> Reichswirtschaft, denn <strong>der</strong> fehlte es langsam<br />
an Arbeitskräften. Die Erfassung in den Arbeitsämtern machte auch die polizeiliche und administrative<br />
Kontrolle über die Entlassenen leichter und entlastete außerdem die Wehrmacht,<br />
unter <strong>der</strong>en Verwaltung sich damals die Kriegsgefangenenlager befanden.<br />
Verpflichtungsschein – Dokument<br />
<strong>der</strong> Entlassung aus <strong>der</strong><br />
Kriegsgefangenschaft, unter<br />
<strong>der</strong> Bedingung des Übergangs<br />
zum Status eines Zivilarbeiters,<br />
Stalag IIIA Luckenwalde<br />
38<br />
Briefwechsel – Es gibt zwei Arten von Briefen <strong>der</strong> Kriegsgefangenen. Zum einen Briefe mit<br />
amtlichen und zum an<strong>der</strong>en mit einem amtlich-privaten Charakter. Eine Todesanzeige ist ein gutes<br />
Beispiel amtlicher Briefsendungen. Dieses Dokument, das an das Standesamt in Wołownia<br />
im Kreis Suwałki gerichtet war (damals zu Ostpreußen eingeglie<strong>der</strong>t), informiert über den Tod<br />
eines im Militärkrankenhaus in Lötzen verstorbenen Kriegsgefangenen. Die Todesanzeige betrifft<br />
einen Soldaten, <strong>der</strong> im September 1939 <strong>während</strong> des Einmarsches <strong>der</strong> Deutschen in Polen<br />
gekämpft hat (in Gefangenenlagern und –krankenhäuser kamen 10000 Veteranen ums Leben,
die <strong>während</strong> <strong>der</strong> Verteidigungskämpfe beim Überfall auf Polen verletzt wurden). Außer den<br />
Personendaten und <strong>der</strong> Todesursache, gibt das Dokument auch Aufschluss über die Verwandten<br />
des Verstorbenen, sowie darüber, welchem Truppenteil er angehörte.<br />
Todesanzeige – eines Kriegsgefangenen,<br />
<strong>der</strong> im Notmilitärlazarett<br />
in Lötzen (Giżycko)<br />
behandelt wurde, gerichtet an<br />
des Standesamt in Wołownia,<br />
Kreis Suwałki (damals eingeglie<strong>der</strong>t<br />
zu Ostpreußen)<br />
Private Briefe <strong>der</strong> Gefangenen sind viel mehr eine Mischform amtlicher und privater Bestandteile.<br />
Ihr offizieller Teil besteht in <strong>der</strong> Formalisierung des Schriftstücks, sowie in <strong>der</strong> Beschränkung,<br />
die die Korrespondenzprinzipien vorschreiben. Nach <strong>der</strong> ersten Anmeldung im Stalag<br />
wurde den Kriegsgefangenen eine spezielle Karte verteilt. Auf dieser waren auf Polnisch und<br />
auf Deutsch Information für die Verwandten des Gefangenen abgedruckt. Es stand darauf geschrieben,<br />
dass ihr Angehöriger in Gefangenschaft geraten ist. Weiterhin wurde noch über<br />
seinen Gesundheitszustand berichtet. Außer des Namens, des Vornamens und dem Truppenteil,<br />
dem <strong>der</strong> Gefangene einst angehörte, wurde nichts weiter auf dieses Stück Papier eingetragen.<br />
Das war <strong>der</strong> erste Brief des Soldaten aus dem Lager, oft war das gar <strong>der</strong> erste Kontakt,<br />
seitdem er in Gefangenschaft geraten war, weil in Durchgangslagern die Möglichkeit, Briefe<br />
zu senden, nicht bestand. Danach durfte er einmal in <strong>der</strong> Woche eine spezielle Karte bzw. einen<br />
zusammengeklappten Briefvordruck mit sieben o<strong>der</strong> 25 Linien für den Inhalt bekommen.<br />
1940 wurde das Briefformular zum zweiteiligen Druck vereinheitlicht. Es hatte 21 Linien, auf<br />
denen <strong>der</strong> Empfänger auch gleichzeitig die Antwort schreiben konnte. Ein solches Formular<br />
39
einhaltete auch Anweisungen über die Art und Weise des Antwortgebens und wurde ohne<br />
Umschlag verschickt. Die Briefformulare wurden aus Kreidepapier hergestellt, was die Erkennung<br />
von eventuellen Eintragungen mit Geheimtinte erleichtern sollte. Der Briefinhalt stellte<br />
den individuellen Bestandteil dar, <strong>der</strong> allerdings aufgrund vieler Regeln und Einschränkungen<br />
stark verkürzt war. Im Gegenteil zu Briefen aus Konzentrationslagern wurden Schreiben aus<br />
den Gefangenenlagern in <strong>der</strong> Muttersprache verfasst. Jedoch unterlagen auch diese Briefe <strong>der</strong><br />
Zensur, die von Deutschen, Volksdeutschen o<strong>der</strong> manchmal auch Ukrainern durchgeführt wurde.<br />
Briefe mit Informationen über die Lagersituation, die Ausstattung o<strong>der</strong> militärische Angelegenheiten<br />
wurden konfisziert und vernichtet. Die Kriegsgefangenen konnten aber auch für die<br />
Weitergabe solcher Informationen zur Verantwortung gezogen werden. Zensierte Briefe wurden<br />
mit dem Stempel „Geprüft“ gekennzeichnet. Der runde Stempel <strong>der</strong> Lagerkommandantur<br />
zeugte von zusätzlichen Stichprobekontrollen, die <strong>der</strong> Untersuchung <strong>der</strong> Stimmungen im<br />
Lager, aber auch <strong>der</strong> Kontrolle <strong>der</strong> Zensoren diente. Sendungen von Außen gingen auch durch<br />
die Prüfung. Briefe aus Oflags und Stlags waren durch die Aufschrift „Kriegsgefangenenpost“<br />
von <strong>der</strong> Gebühr befreit. Wenn die Gefangenen außerhalb des Lagers in einem Arbeitskommando<br />
arbeiteten, nahmen ihre Briefe den Weg über das Stammlager.<br />
Antwort-Postkarte – eines<br />
Oflag-Gefangenen (<strong>der</strong><br />
abgebildete Teil ist vom Briefformular<br />
– dem Schreiben<br />
des Gefangenen – abgetrennt<br />
worden und diente als Antwortformular)<br />
Briefkarte – eines Kriegsgefangenen,<br />
Stalag XI/B<br />
Fallingbostel<br />
40<br />
<strong>Dokumente</strong> <strong>der</strong> Alliierten aus <strong>der</strong> Nachkriegszeit – im Fall <strong>der</strong> Kriegsgefangenen<br />
entsprachen diese teilweise den <strong>Dokumente</strong>n, die den Zwangsarbeitern ausgegeben wurden.<br />
Mit <strong>der</strong> Organisation des Aufenthaltes <strong>der</strong> ehemaligen Soldaten in Deutschland beschäftigten<br />
sich die Verwaltungsstellen <strong>der</strong> (alliierten) Militärs. Soldaten wurden in beson<strong>der</strong>en Militärlagern<br />
einquartiert. Als typisches Dokument eines ehemaligen Stalag-Gefangenen galt <strong>der</strong> „Ausweis<br />
eines ehemaligen Kriegsgefangenen“. Er funktionierte auch als Passierschein.
Ausweis – eines ehemaligen<br />
Kriegsgefangenen aus dem<br />
Stalag IXA Ziegenheim<br />
Passierschein – aus dem Polnischen<br />
Militärlager, Hannover-<br />
Stöcken<br />
<strong>Dokumente</strong> des staatlichen Repatriierungsamts (PUR) – Die <strong>Dokumente</strong> die das<br />
PUR den ehemaligen Gefangenen ausstellte, ähnelten stark denen, die auch den heimkommenden<br />
Zwangsarbeitern und an<strong>der</strong>en Repatriierten ausgestellt wurden. Für Personen mit<br />
militärischer Vergangenheit gab es <strong>während</strong> <strong>der</strong> Registrierung durch das PUR spezielle Verhöre<br />
durch Beamte des polnischen Amts für Staatssicherheit. Dies betraf beson<strong>der</strong>s die Soldaten<br />
<strong>der</strong> polnischen Armee, die im Westen zusammen mit den Alliierten gekämpft haben, Angehörige<br />
<strong>der</strong> Heimatarmee aus dem Untergrund und jene, die in <strong>der</strong> Vorkriegszeit im Geheimdienst<br />
tätig waren. An <strong>der</strong> Vorbereitung und Durchführung <strong>der</strong> Repatriierungen ehemaliger Soldaten<br />
nach Polen waren auch die polnische Militärvertretungen beteiligt.<br />
41
IV. Häftlinge <strong>der</strong> Konzentrationslager<br />
Häftlings-Personal-Karte – sie wurde im Moment <strong>der</strong> Aufnahme ins Lager in <strong>der</strong> Aufnahme-<br />
und Entlassungsstelle ausgestellt und in <strong>der</strong> Lagerkartei aufbewahrt. Abgebildet ist<br />
eine Karte eines Häftlings des KZs Gross-Rosen. Sie enthielt Personendaten, Information über<br />
die Nationalität, die Häftlingsnummer (die in einem an<strong>der</strong>en Lager verän<strong>der</strong>t wurde) und den<br />
Winkel, also die Kategorie des Häftlings (hier: Sch vom Schutzhaftbefehl), die Familienadresse,<br />
eine Personenbeschreibung, einige Polizeidateien, eventuelle Daten über Aufenthalte in<br />
an<strong>der</strong>en KZs. Bei <strong>der</strong> Beispielkarte wurden viele Fel<strong>der</strong> nicht ausgefüllt, weil Daten fehlten. Die<br />
Häftlings-Personal-Karte hatte Standardmuster und sie war ein Dokument, das dem Häftling<br />
„hinterher wan<strong>der</strong>te”, wenn er in an<strong>der</strong>e Lager deportiert wurde. In den Besitz dieser Karte<br />
konnte <strong>der</strong> Gefangene nach dem Krieg nur durch Zufall gelangen, z.B. im Zeitpunkt <strong>der</strong> Befreiung<br />
des Lagers, weil damals Chaos herrschte.<br />
Häftlings-Personal-Karte - KZ<br />
Gross-Rosen<br />
42<br />
Entlassungsschein – Bestätigung <strong>der</strong> Entlassung eines Häftlings. Entlassungen aus dem<br />
Konzentrationslager gab es sehr selten. Sie konnten z.B. im Fall <strong>der</strong> Aufhebung eines Schutzhaftbefehls<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vorbeugehaft durch Gestapo o<strong>der</strong> Kripo bedingt werden. Wenn sich eine<br />
<strong>der</strong> beiden Polizeistellen für eine Aufhebung entschied, wurde im Lager die Entlassungsprozedur<br />
durchgeführt. Über diesen Prozess wachte die Aufnahme- und Entlassungsstelle und<br />
sie fertigte die entsprechenden <strong>Dokumente</strong> an. Über den Termin <strong>der</strong> Entlassung wurden die<br />
entsprechenden Polizeistellen im Heimatort des Häftlings informiert, weil <strong>der</strong> Entlassene noch<br />
weiterhin beobachtet werden sollte. Der Entlassene musste sich (zunächst) bei einer bestimmten<br />
Gestapostelle melden. Im Beispielfall musste <strong>der</strong> aus dem KZ Mauthausen Entlassene in<br />
Stapoaußenstelle in Gnesen (Gniezno) erscheinen.
Entlassungsschein – KZ Mauthausen<br />
Oft kannte <strong>der</strong> Häftling die Gründe seiner Entlassung nicht. Manchmal war diese Resultat <strong>der</strong><br />
Bemühungen <strong>der</strong> Familie außerhalb des Lagers, entsprechende Gestapo- o<strong>der</strong> Kripofunktionäre<br />
zu erreichen und sie mittels Bestechung dazu zu „überreden“, den Schutzhaftbefehl o<strong>der</strong><br />
die Vorbeugehaft aufzuheben. Darum bemühten sich auch wichtige internationale Organisationen.<br />
Vor dem Verlassen des Lagers standen die Häftlinge unter Quarantäne, in <strong>der</strong> sie besser<br />
behandelt wurden. Sie mussten sich auch einer ärztlichen Untersuchung unterziehen, die die<br />
Entlassung verspäten konnte, wenn sie zu sehr geschwächt o<strong>der</strong> verletzt waren. Bei <strong>der</strong> Entlassung<br />
wurde den Häftlingen die Kleidung ausgegeben, die ihnen bei <strong>der</strong> Aufnahme ins Lager<br />
weggenommen wurde. Sie mussten sich auch schriftlich dazu verpflichten, dass sie das, was<br />
sie im Lager gesehen hatten, geheim halten. Daran erinnerte man die Freigelassenen auch immer<br />
wie<strong>der</strong> <strong>während</strong> <strong>der</strong> Besuche bei <strong>der</strong> Gestapo im Wohnort. Die Strenge <strong>der</strong> polizeilichen<br />
Aufsicht ließ nach <strong>der</strong> Aufnahme einer Arbeit, zu <strong>der</strong> die Entlassenen verpflichtet waren, nach.<br />
Die Entlassung war eine gewöhnliche Prozedur für die Erziehungshäftlinge, die nach 56-tägigen<br />
Strafe im KZ für die Verletzung <strong>der</strong> Arbeitsordnung aus dem Lager entlassen wurden.<br />
Danach kamen sie zu ihrem Arbeitsort zurück o<strong>der</strong> blieben dem Arbeitsamt zur Verfügung.<br />
Sterbuerkunde – Dieses Beispieldokument wurde vom Standesamt des KZs Auschwitz<br />
ausgestellt und bestätigt den Tod eines dort isolierten Häftlings. Weil man die wirkliche Rolle<br />
<strong>der</strong> KZs verheimlichen wollte, gab es innerhalb dieser Lager Verwaltungsorgane, die die Aufgaben<br />
und Kompetenzen <strong>der</strong> entsprechenden Institutionen außerhalb des Lagers übernahmen.<br />
In <strong>der</strong> Anfangsphase des Bestehens vom KZ Auschwitz beschäftigte sich das Standesamt<br />
in Bielsk mit den zivilen <strong>Dokumente</strong>n <strong>der</strong> Häftlinge. Es stellte u.a. Sterbeurkunden aus<br />
und benachrichtigte die Familien über den Tod eines Häftlings. Im Jahre 1943 entstand aber<br />
ein eigenes Standesamt auf dem Lagergebiet. Es wurde vom Unteroffizier SS mit dem Titel<br />
des Standesbeamten geleitet. Die am meisten ausgebaute Abteilung des Lagerstandesamtes<br />
war die Abteilung für Todesfälle. Diese Abteilung führte chronologisch das Todesbuch und<br />
die Kartei <strong>der</strong> verstorbenen Häftlinge, auf Grund <strong>der</strong>er <strong>Dokumente</strong> für die Familie, staatliche<br />
und kirchliche Verwaltung ausgestellt wurden. Seine Rolle bestand auch in <strong>der</strong> Ausstellung gefälschter<br />
<strong>Dokumente</strong> über den Tod <strong>der</strong> Häftlinge (am häufigsten wurde <strong>der</strong> natürliche Tod als<br />
Todesursache angegeben). Über direkt in die Gaskammer geschickten Personen wurde nicht<br />
Buch geführt.<br />
43
Sterbeurkunde – KZ Auschwitz<br />
(ausgestellt vom<br />
Lagersstandesamt)<br />
44<br />
Briefwechsel – ähnlich wie im Fall <strong>der</strong> Briefsendungen, die aus den Sammellagern und<br />
den Gefangenenlagern geschickt wurden, gab es in Konzentrationslagern zum einen Briefe<br />
mit amtlichen (v.a. Sterbeurkunden) und zum an<strong>der</strong>en Schreiben mit einem amtlich-privaten<br />
Charakter (Briefe von Häftlingen – vgl. auch Briefwechsel von Kriegsgefangenen). Der Briefwechsel<br />
wurde jedoch aufgrund <strong>der</strong> Lagervorschriften sehr stark formalisiert. In den Lagern<br />
gab es eigene Poststellen. Den Häftlingen wurde das Senden und Empfangen von Briefen o<strong>der</strong><br />
Postkarten einmal in zwei Wochen erlaubt. Eine Ausnahme gab es für die Gefangenen, die erneut<br />
inhaftiert waren, sie hatten lediglich das Recht zu nur einem Brief pro Monat. Einschränkungen<br />
betrafen auch Juden. Das Verbot, Briefe zu bekommen und vor allem zu senden betraf<br />
sowjetische Kriegsgefangene, Personen, die durch Vorgehen <strong>der</strong> SS o<strong>der</strong> Gestapo gegen den<br />
Wi<strong>der</strong>stand im Untergrund inhaftiert wurden und Personen, <strong>der</strong>en Familien in den von den<br />
Deutschen befreiten Gebieten wohnten. Ein solches Verbot konnte auch durch Behörde, die<br />
den Häftling in das KZ eingewiesen hatte o<strong>der</strong> durch die Lagerleitung als Regelstrafe verhängt<br />
werden. Die Adresse, an die die Postsendungen eines Häftlings gerichtet waren, wurde vom<br />
Gefangenen <strong>während</strong> <strong>der</strong> Aufnahme zu Protokoll gegeben und konnte nicht ohne Einverständnis<br />
des Lagerleiters verän<strong>der</strong>t werden. Um einen Brief zu senden, sollte sie ein Briefvordruck<br />
und eine Briefmarke in <strong>der</strong> Lagerkantine gekauft werden. Das Geld für den Kauf dieser<br />
Dinge konnte <strong>der</strong> Gefangene aus <strong>der</strong> Lagerdepotkammer abholen, vorausgesetzt, er hat im<br />
Moment <strong>der</strong> Aufnahme ins Lager dort Geld hinterlassen. Wenn die Häftlinge kein Geld besaßen,<br />
mussten sie ihr Brot gegen Geld an<strong>der</strong>er Häftlinge eintauschen, um „Briefpapier“ und<br />
Briefmarken zu erstehen. Manchmal kam es vor, dass ältere Häftlinge Briefvordrucke sowie
Telegramm – in dem die<br />
Ehefrau eines verstorbenen<br />
Häftlings über seinen Tod im<br />
KZ Auschwitz informiert wird<br />
Briefmarken für die Zugänge organisierten, damit diese ihren Familien so schnell wie möglich<br />
über ihr Schicksal Bescheid geben konnten. Die Briefe wurden nur in deutscher Sprache verfasst.<br />
Häftlinge, die dieser Sprache nicht mächtig waren, mussten sich auf einige einfachste<br />
Wendungen beschränken o<strong>der</strong> sie waren auf die Hilfe ihrer Kollegen angewiesen, die Deutsch<br />
schrieben. Die Blockältesten erinnerten die Häftlinge daran, dass sie am Briefende den Satz<br />
„Ich bin gesund und fühle mich gut.“ schreiben mussten. In den KZs wurden verschiedene<br />
Briefdrucke verwandt und bis 1943 hatte eigentlich jedes Lager eigene Muster. Eine Gemeinsamkeit<br />
aller Formulare war allerdings eine abgedruckte Information über Vorschriften des<br />
Briefeschreibens für den Häftling und auch <strong>der</strong> Aufdruck des Lagernamens. Briefvordrucke<br />
waren liniert. In je<strong>der</strong> Linie durfte nur eine beschränkte Zahl von Wörtern geschrieben werden.<br />
Wenn die Familie eine Antwort senden wollte, musste auch sie diese Vorschriften berücksichtigen.<br />
So durfte die Antwort auf einen Brief aus dem Lager im Jahr 1942 lediglich 15 Linien haben.<br />
Der Brief musste mit deutlicher Handschrift ebenfalls in Deutsch geschrieben werden. 1943<br />
wurde das Briefvordrucksystem vereinheitlicht und von allen KZs gleichermaßen angewandt.<br />
Es gab ab diesem Zeitpunkt ein zweiseitiges Formular. Auf <strong>der</strong> Außenseite dieser Klappkarte<br />
wurden Adressdaten des Empfängers und des Häftlings, sowie <strong>der</strong> Name des Lagers von<br />
Hand geschrieben. Die Innenseite war dem Briefinhalt vorbehalten. Auf dem Formular wurde<br />
<strong>der</strong> Lagername nicht vorgedruckt. Das neue Formular war auch nur halb so groß wie das früher<br />
gebräuchliche. Der Brief durfte nicht mit Bleistift geschrieben werden, son<strong>der</strong>n musste<br />
mit Tinte zu Papier gebracht werden. Wenn <strong>der</strong> Briefdruck leserlich ausgefüllt war und keine<br />
Durchstreichungen enthielt, lieferte ihn <strong>der</strong> Blockälteste in <strong>der</strong> Kanzlei ab, wo er in die Hände<br />
<strong>der</strong> Zensoren gelangte. Abhängig vom verwendeten Formular, schnitt <strong>der</strong> Zensor verdächtige<br />
Stellen aus o<strong>der</strong> kreiste diese mit einem Stift ein. Danach wurden diese Briefe mit dem Stempel<br />
Geprüft versehen. Durch das neue Formular wurden ab 1943 nur Markierungen gemacht, weil<br />
das Ausschneiden nicht mehr möglich war. Die Zahl <strong>der</strong> gesendeten und empfangenen Briefe<br />
wurde in <strong>der</strong> jeweiligen Blockkartei und in <strong>der</strong> Zensurkartei erfasst. Das Verfassen von Inhalt,<br />
<strong>der</strong> als verdächtig betrachtet wurde, konnte ein Ermittlungsverfahren und eine Strafe zur Folge<br />
haben. Mit dem Versand des Briefes beschäftigte sich die Lagerpost. Die ankommenden<br />
Briefe liefen den umgekehrten Weg und mussten auch die Lagerzensur passieren.<br />
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Brief eines Häftlings – des KZs<br />
Sachsenhausen an seine Verwandten,<br />
verfasst auf einem<br />
Briefformular nach <strong>der</strong> Vorlage<br />
von 1943<br />
Nachkriegsdokumente <strong>der</strong> alliierten Besatzungsmächte – Nachkriegsdokumente<br />
<strong>der</strong> alliierten Besatzungsmächte – vgl. mit <strong>Dokumente</strong>n <strong>der</strong> Alliierten für Zwangsarbeiter<br />
und Kriegsgefangene. Die ehemaligen Häftlinge <strong>der</strong> KZs wollten eine beson<strong>der</strong>e Stellung<br />
im Gegensatz zu an<strong>der</strong>en Deportierten haben. Weil sie so gelitten hatten, wurden sie mit beson<strong>der</strong>er<br />
Fürsorge behandelt. Die Überreste <strong>der</strong> <strong>Dokumente</strong> aus damaliger Zeit sind z.B. hier<br />
abgebildete Ausweise <strong>der</strong> KZ-Häftlinge.<br />
<strong>Dokumente</strong> des Staatlichen Repatriierungsamtes (PUR) – vgl. <strong>Dokumente</strong> des<br />
PUR für Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene.<br />
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Personalausweise – ausgestellt<br />
für die ehemaligen weiblichen<br />
Häftlinge <strong>der</strong> deutschen KZs<br />
vom Polnischen Verband <strong>der</strong><br />
ehemaligen KZ-Häftlinge – für<br />
die Mutter, inhaftiert im KZ<br />
Ravensbrück und KZ Bergen-<br />
Belsen und die Tochter, die<br />
im KZ Bergen-Belsen kurz vor<br />
seiner Befreiung zur Welt kam<br />
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Projekt został zrealizowany przez:<br />
<strong>Fundacja</strong> <strong>Polsko</strong>-Niemieckie<br />
POJEDNANIE<br />
Stiftung Polnisch-Deutsche<br />
AUSSÖHNUNG<br />
Wsparcie finansowe:<br />
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