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Der Reitwagen Juli 1986

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Lärmbelastung durch. Die Rücklaufquote<br />

der Fragebögen war derart exorbitant<br />

hoch, als ob es ein Jahr Urlaub zu<br />

gewinnen gäbe: Von zirka 720.000 Wiener<br />

Haushalten sandten 88% die Antwort.<br />

Mit dem Ergebnis, daß sich 6% der<br />

Mitbürger durch Baulärm, 30% durch<br />

Betriebslärm und 52% durch Straßenverkehrslärm<br />

gestört fühlen. Egal warum<br />

und wieso, sie fühlen sich belästigt, die<br />

resultierenden Schäden sind zum Teil<br />

psychosomatisch bedingt und bestens<br />

bekannt: erhöhtes Risiko des Herz-<br />

Kreislaufsystems, kräftiger Blutdruck,<br />

verminderte Leistungsfähigkeit, Kommunikationsstörungen<br />

und natürlich<br />

Störungen der Erholung und des<br />

Schlafes.<br />

Tnteressant ist der Vergleich dieser<br />

i Studie mit Ergebnissen aus dem Jahr<br />

1973 - die percentuelle Verteilung der<br />

störenden Bereiche ist fast gleich, obwohl<br />

freilich seit 1973 die Frequenz des<br />

Kfz-Verkehrs erheblich gestiegen ist<br />

und somit auch die subjektive Lärmbelastung<br />

dadurch gestiegen sein sollte.<br />

Läßt sich daraus der Schluß ziehen, daß<br />

die konkrete Anzahl der Geräuschquellen<br />

keinen Einfluß auf den Belästigungsgrad<br />

hat? Klarheit verschaff die Gegenüberstellung<br />

mit einer Studie, die bei<br />

Anrainern von Flugplätzen durchgeführt<br />

wurde. Sie weist aus, daß zum Beispiel<br />

die 5.000 jährlichen Flugbewegungen in<br />

Bad Vöslau um nichts störender empfunden<br />

werden als die 3.900 Flugbewegungen<br />

in Gmunden. Das subjektive<br />

Empfinden zieht sich also wie ein roter<br />

Faden durch die Lärmbelästigung.<br />

I.ITas davon auf den Einfluß von<br />

,.,. defekten oder sonoren Vier-in-<br />

Nichts-Auspuffanlagen in bezug auf die<br />

Umwelt-Bonität der Gesamtheit aller<br />

Motorradfahrer geschlossen werden<br />

kann, ist klar. Es ist völlig egal, ob es nun<br />

2% schwarze Schafe unter den Einspurigen<br />

gibt, ob es 8% sind oder ob eine<br />

ganze Herde unter ihnen weidet: Unangenehm<br />

zur Kenntnis genommen wird<br />

das laute Motorrad; ob es jetzt zweimal<br />

oder achtmal nächtens die Fensterscheiben<br />

klirren läßt, ist kaum mehr von<br />

Belang. So gesehen, ist die Folgerung<br />

absolut zwingend, daß Krawallbrüdern<br />

im langfristigen Interesse aller Beteiligten<br />

der absolute Garaus gemacht wird,<br />

sei es durch legislative Maßnahmen<br />

oder durch schleichenden Imageverlust<br />

aller Pseudos auch im Bekanntenkreis.<br />

Daß hinsichtlich Leistungsverhalten, Bodenfreiheit<br />

und Gewicht an den serienmäßigen<br />

Motorrädern der letzten Baujahre<br />

durch billige Umbauteile kaum<br />

mehr etwas verbessert werden kann,<br />

weiß der Großteil der technisch interessierten<br />

Motorradfahrer - aus den letzten<br />

Nischen dröhnt der Lärm. <strong>Der</strong>, wie eingangs<br />

erwähnt, der Bevölkerung das<br />

Schlafen sauer und manchen Politikern<br />

das Profilieren leicht macht.<br />

Dafür, daß gerade Motorradgeräusche<br />

als subjektiv äußerst unangenehm durch<br />

den Mitbürger wahrgenommen werden,<br />

gibt es interessante psychologische Ansatzpunkte<br />

- abgesehen von Neidkomplexen,<br />

die gegen flottes Fortkommen<br />

im Stau und gegen den Spaß am Fahrtwind<br />

ankämpfen. Fast mehr als das<br />

Geräusch selbst wird die permanente<br />

Frequenzänderung desselben empfunden<br />

wie sie sich durch den Beschleunigungsvorgang<br />

ergibt. Gegensätzlich zur<br />

eher gleichförmigen Geräuschentwicklung<br />

von Automobilen schafft der Motorradfahrer<br />

unterbewußt reflektierte, unangenehme<br />

Gefühle in der Bauchgegend,<br />

die danach den Magen umdrehen und<br />

im Kopf des Gequälten Aggression und<br />

Ablehnung erzeugen. <strong>Der</strong> Österreichische<br />

Arbeitsring für Lärmbekämpfung<br />

hat bereits Fahrempfehlungen für den<br />

Kraftfahrer so akribisch genau und restriktiv<br />

formuliert, daß man gerne zu Fuß<br />

ginge, dennoch sollte man sicher vor der<br />

freudig durchgeführten Drehung der<br />

rechten Hand den Weg über den umweitbewußten<br />

Kopf einschalten. Im Klartext:<br />

<strong>Der</strong> durch Motorräder verursachte<br />

Lärm ist nicht nur der Technik anzulasten,<br />

sondern auch dem Fahrverhalten<br />

der Verwender.<br />

I.ITas erwartet den Motorradfahrer an<br />

,.,. Sicherheiten und Unwägbarkeiten<br />

in naher Zukunft? Auf jeden Fall<br />

genausoviel Augenmerk durch die strafenden<br />

Massenmedien wie bisher, noch<br />

mehr durch grün oder sonstwie gefärbte<br />

Politiker und Beamte. Sicher auch weniger<br />

gestatteter Lärm durch den Auspuff,<br />

ab 1988 kaum mehr zu überspringende<br />

Hürden in der Einzeltypisierung von<br />

Fahrzeugen. Laut übereinstimmenden<br />

Aussagen der Hersteller das Aussterben<br />

. der Zweitakter sowie ein hartes Leben<br />

bzw. (nach dem Stand der gegenwärtigen<br />

Technologie) ein geringfügiger Leistungsverlust<br />

für den großvolumigen<br />

Einzylinder-Viertakter, hoffentlich bewußte<br />

Fahrweise und die Empfehlung:<br />

Kauft die Gammas, RDs und NSs, derer<br />

Ihr habhaft werden könnt, auch die XRs<br />

und TTs, laßt sie für ein paar Stunden zu,<br />

konserviert sie im Keller und führt sie im<br />

Jahr 2000 mit stolzgeschwellter Brust<br />

Euren Enkelkindern vor. Kinder, das<br />

waren noch Zeiten.<br />

Michael Bernleitner<br />

Warum die<br />

Trans AmerIcas Rally<br />

geplatzt ist<br />

War sie von Anfang an ein aufgelegter<br />

Schwindel, hatten die<br />

Veranstalter einfach Pech oder hat<br />

auch hier Oberst Gadafi die Hände<br />

im Spiel? Auf jeden Fall haben sich<br />

die wichtigsten Motorradzeitungen<br />

der Welt mit ihren Leserteams<br />

ordentlch verkühlt.<br />

Wie ein Reifenplatzer bei 190 schlug die Nachricht<br />

in die Redaktionsstube ein, mitten in die<br />

letzten Vorbereitungen für Ausrüstung und<br />

Transfer unserer Mannschaft, die wir In unserem<br />

Ausscheidungswettbewerb am Melker Thermotonrlng<br />

zusammengestellt hatten: TAR. tür<br />

heuer abgesagt, Verschiebung um zwölf Monate.<br />

Leute, die das Gras wachsen hören, unkten<br />

bereits Anfang des Jahres über Probleme bei<br />

der Organisation der Rally, was sogar In der<br />

Feststellung gipfelte, daß die Veranstalter ganz<br />

Gerissene sein könnten, die sich mit einem<br />

Monsterprojekt immense Sponsorgelder zugänglich<br />

machen könnten, Immerhin kostet die<br />

Rally um die achtzig Millionen Schilling.<br />

Unseren Erhebungen hielten die Organisatoren<br />

jedoch stand und so schmerzt die Absage umso<br />

mehr: Die Firma ECCE Productions Ud wurde<br />

Anfang 1985 In England mit dem alleinigen Ziel<br />

gegründet, die Rally zu organisieren und zu<br />

vermarkten (In Form eines Spielfims und weltweit<br />

vertriebener Videos). Als Initiatoren Leute,<br />

die in ihren Branchen guten Ruf besitzen und<br />

zumindest diesen verlieren könnten: David Minton<br />

ist altgedienter MotorjournalIst und als Präsentator<br />

von BBC-Motorsportsendungen einer<br />

breiten Öffentlichkeit bekannt. Sein Motorradinteresse<br />

dokumentiert er auch in der regelmäßIgen<br />

Veranstaltung des Walllser 2-Tage-Trials.<br />

Christopher Colyer Ist Filmproduzent und hat<br />

bereits den Motorradfilm "Mechanical Cowboys"<br />

hinter sich.<br />

Und nun scheint das Monsterprojekt tatsächlich<br />

außer Kontrolle geraten zu sein. Tatsache Ist,<br />

daß nach dem amerikanischen Bombenanschlag<br />

auf Tripolis die Versicherungsanstalten, bei denen<br />

man die Rally untergebracht hatte, aus<br />

Angst vor Vergeltungsschlägen ihre Zusagen<br />

zurückzogen und daß daraufhin einige wichtige<br />

Finanziers und Sponsoren absprangen. David<br />

Minton vermutet aber auch die allgegenwärtige<br />

Anti-Motorradstimmung bei den Versicherern.<br />

Jetzt hat er endlich den Abschluß rnit einer<br />

neuen Anstalt, die die Durchführung ungeachtet<br />

des jeweiligen politischen Zustandes gewährleisten<br />

wilL. Die Verschiebung der Rally urn ein Jahr<br />

erscheint Ihrn praktikabler, als sie ein paar Monate<br />

später zu starten.<br />

Wir werden sehen, Glück sollten wir ihrn auf<br />

jeden Fall wünschen und er wird es brauchen.<br />

Einstweilen -rnüssen wir auf dern Teppich und auf<br />

dem alten Kontinent bleiben.<br />

<strong>Der</strong> REITWAGEN 41<br />

~ '"<br />

Nå~<br />

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