JULIA VOSS UNORDNUNGEN Im 19. Jahrhundert begann das Wachstum <strong>des</strong> British Empire außer Kontrolle zu geraten. Denn im Wachstum befanden sich nicht nur Englands koloniale Ländereien, das Bruttosozialprodukt und <strong>die</strong> Einwohnerzahl, sondern in einem nie geahnten Ausmaß auch das Tierreich, das heißt: <strong>die</strong> Zahl der bekannten Tierarten. Da Großbritannien zur größten Kolonialmacht aufgestiegen war, besaß London nun <strong>die</strong> größte Sammlung an Tierpräparaten, <strong>die</strong> je zusammengetragen wurde. Ununterbrochen trafen im Hafen der Hauptstadt neue Tierpräparate aus den Kolonien ein, aus konservatorischen oder transporttechnischen Gründen zumeist in Stücken. Die Massen an Tierhäuten, Fellen, Skeletten, Schädeln, eingelegten Organen, getrockneten Bälgen, Käfern, Insekten, Schnecken, Muscheln, Fischen etc., <strong>die</strong> im Auftrag ihrer Majestät gesammelt worden waren, kamen nach London und wurden zumeist an <strong>die</strong> zoologische Sammlung <strong>des</strong> British Museum geliefert. Das 1753 gegründete Nationalmuseum war der zentrale Ort, wo <strong>die</strong> häufig bunt zusammengewürfelten Stücke in abrufbares Wissen verwandelt werden sollten; doch so wünschenswert ein maximal großer Sammlungsbestand theoretisch schien, so überfordernd war <strong>die</strong> Wirklichkeit. Je<strong>des</strong> Tierding brauchte einen Platz und einen Namen. In jedem Einzelfall musste ein Museumszoologe einerseits prüfen, ob das vorliegende Stück bereits als einer Art zugehörig beschrieben worden war und schon einen Namen hatte, oder ob es sich um eine bisher unentdeckte Art handelte, <strong>die</strong> einen neuen Namen brauchte. Bei den Museumskuratoren zog <strong>die</strong> tagtägliche Auseinandersetzung mit den überquellenden Sammlungen Überarbeitung nach sich: Die Sammlungen versanken in einem Chaos, das <strong>die</strong> Ordnung der Natur zu verschütten schien. Aus <strong>die</strong>ser Überforderung jedoch entwickelte sich <strong>die</strong> wohl folgenreichste Auseinandersetzung <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts. Die Fachwelt war ab jetzt gespalten: Die einen glaubten, es müssten neue, bessere Kriterien gefunden werden, um klare Unterscheidungen treffen zu können und <strong>die</strong> Ordnung wiederherzustellen; <strong>die</strong> anderen, darunter der junge Charles Darwin, begannen, dem gegenwärtigen Zustand der zoologischen Sammlungen mehr zu vertrauen als dem Versprechen einer zukünftigen Wiederherstellung der Ordnung. Die Unordnung schien nicht mehr den Blick auf <strong>die</strong> Natur zu verstellen: Sie repräsentierte sie. Dass sich <strong>die</strong> mannigfaltigen Variationen der Arten, Unterarten, Varietäten und Individuen dem Raster klassifikatorischer Systeme entzogen, war Darwins zentrales Argument für Evolution – <strong>die</strong> Unordnung der Sammlung sein Anschauungsobjekt. k o l l e k t i o n u n d k o l l e k t i v Geschichten Charles Darwin, undatiert (wahrscheinlich 1840er Jahre), Abbildung mit Erlaubnis <strong>des</strong> Syndikats der Cambridge University CHINESEN …...… HOCH 5.9.2007: PRIMATES (PRIMATEN) Homo sapiens (MENSCH) AUCHENORRHYNCHA (ZIKADEN) CIXIIDAE (GLASFÜGELZIKADEN) CICADIDAE (SINGZIKADEN) LEPIDOPTERA (SCHMETTERLINGE) COLEOPTERA (KÄFER) SALTATORIA (HEUSCHRECKEN) BLATTODEA (SCHABEN) MICROCHIROPTERA (FLEDERMÄUSE) VIRGO (JUNGFRAUEN) HETEROPTERA (WANZEN) PSYLLOIDEA (BLATTFLÖHE) HEMIPTERA (SCHNABELKERFE) HERR HOLZINGER (GAST AUS GRAZ) AVES (VÖGEL) MAMMALIA
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