Sonderausgabe zum 10. Kongress für Gesundheitspsychologie ...
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<strong>Kongress</strong>programm und Abstracts<br />
Das Programm des <strong>10.</strong> <strong>Kongress</strong>es <strong>für</strong><br />
<strong>Gesundheitspsychologie</strong> in Berlin steht<br />
im Mittelpunkt dieser <strong>Sonderausgabe</strong><br />
des informationsdienst altersfragen.<br />
informationsdienst<br />
altersfragen<br />
<strong>Sonderausgabe</strong> <strong>zum</strong><br />
<strong>10.</strong> <strong>Kongress</strong> <strong>für</strong> <strong>Gesundheitspsychologie</strong><br />
31. August – 02. September 2011<br />
Veranstaltungsort: Freie Universität Berlin<br />
ISSN 0724-8849<br />
A20690E<br />
Sonderheft, August 2011<br />
38. Jahrgang<br />
Herausgeber:<br />
Deutsches Zentrum<br />
<strong>für</strong> Altersfragen<br />
Gesundheit im<br />
sozialen Wandel
<strong>Kongress</strong>programm und Abstracts des<br />
<strong>10.</strong> <strong>Kongress</strong>es <strong>für</strong> <strong>Gesundheitspsychologie</strong><br />
Gesundheit im sozialen Wandel<br />
31. August – 02. September 2011 in Berlin<br />
Herausgeber:<br />
Deutsches Zentrum <strong>für</strong> Altersfragen (DZA)<br />
Wir danken der Freien Universität Berlin und dem<br />
Deutschen Zentrum <strong>für</strong> Altersfragen<br />
DZA<br />
Deutsches Zentrum<br />
<strong>für</strong> Altersfragen<br />
Partner im Wissenschaftsjahr 2011 - Forschung <strong>für</strong><br />
unsere Gesundheit (www.forschung-fuer-unseregesundheit.de)
3<br />
Inhalt<br />
4 Grußwort<br />
5 Allgemeine Informationen<br />
7 Hinweise <strong>zum</strong> Programmablauf<br />
8 Standort- und Lagepläne<br />
11 Programm am 31.08.2011<br />
12 Programm am 01.09.2011<br />
13 Programm am 02.09.2011<br />
15 Vorträge<br />
15 Keynotes<br />
17 Eingeladenes Symposium: Förderung der<br />
Gesundheit und Arbeitsfähigkeit älterer<br />
Arbeitnehmer: Aktuelle Forschung und<br />
Interventionen<br />
21 Arbeitsgruppe: Bewältigung chronischer<br />
Erkrankungen<br />
25 Arbeitsgruppe: Lebensstiländerung<br />
29 STAR-Symposium: In den besten Händen<br />
oder unter der Fuchtel? Zur Rolle sozialer<br />
Unterstützung und partnerschaftlicher<br />
Kontrolle bei der Aufrechterhaltung von<br />
Gesundheit<br />
33 Symposium: Gesundheitsförderung und<br />
Prävention über die Lebensspanne:<br />
Beiträge einer Praxisforschung<br />
37 Arbeitsgruppe: Theoretische Innovation<br />
und Evolution<br />
40 Symposium: Gesundheitliche Ungleichheit<br />
im Lebenslauf<br />
44 Symposium: Innovationen in der gesundheitspsychologischen<br />
Forschung<br />
und Anwendung<br />
48 Symposium: Impfen und das Internet –<br />
moderne Gesundheitskommunikation und<br />
ihre Wirkung<br />
52 Eingeladenes Symposium: Bewältigung<br />
von Stress und Krankheit<br />
56 Symposium: Ambulantes Assessment in<br />
der <strong>Gesundheitspsychologie</strong><br />
59 Arbeitsgruppe: Gesundheit im sozialen<br />
Kontext<br />
63 Symposium: Gesundheitspsychologische<br />
Fundierung von Interventionen unter<br />
Nutzung von (neuen) Medien<br />
67 Symposium: Psychologische Faktoren<br />
körperlich-sportlicher Aktivität<br />
71 Symposium: Prädiktoren von Gesundheit<br />
in der zweiten Lebenshälfte<br />
75 Arbeitsgruppe: Gesundheits förderung im<br />
Kindes- und Jugendalter<br />
79 Eingeladenes Symposium: Sozialer Wandel<br />
und Gesundheit<br />
83 Symposium: Soziale und individuelle<br />
Einflüsse auf das Essverhalten im Kindes-,<br />
Jugend- und Erwachsenenalter<br />
87 Symposium: Motivationale und volitionale<br />
Aspekte des Gesundheitsverhaltens<br />
90 Arbeitsgruppe: Klinische <strong>Gesundheitspsychologie</strong><br />
93 Symposium: Selbstmanagement orientierte<br />
Patientenschulung am Beispiel des<br />
Diabetes mellitus – zielgruppen- und<br />
problemspezifische Ansätze<br />
96 Arbeitsgruppe: Bewältigung von Stress<br />
und negativen Emotionen<br />
100 Symposium: Psychosoziale Aspekte von<br />
Adipositas und die Rolle der Familie<br />
104 Posterbeiträge<br />
104 Bewältigung von Stress und Krankheit<br />
109 Gesundheit über die Lebensspanne (I)<br />
112 Prävention, Rehabilitation und<br />
Gesundheitsförderung (I)<br />
120 Theorien und Modelle zu Gesundheitskognitionen<br />
und Gesundheitsverhalten (I)<br />
126 Gesundheit über die Lebensspanne (II)<br />
131 Prävention, Rehabilitation und<br />
Gesundheitsförderung (II)<br />
143 Theorien und Modelle zu Gesundheitskognitionen<br />
und Gesundheitsverhalten (II)<br />
148 Autorenverzeichnis<br />
155 Impressum
4 Grußwort<br />
Grußwort<br />
Willkommen in Berlin<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
wir möchten Sie ganz herzlich <strong>zum</strong> <strong>10.</strong> <strong>Kongress</strong><br />
der Fachgruppe <strong>Gesundheitspsychologie</strong> willkommen<br />
heißen. Der Titel „Gesundheit im sozialen<br />
Wandel“ verweist darauf, dass sich die Gesellschaften<br />
in einem enormen Wandel befinden, mit<br />
großen Implikationen <strong>für</strong> das Gesundheitsverhalten.<br />
So wird die Frage, was „gesundes Verhalten“<br />
ist und wie dieses umgesetzt werden kann, zu<br />
einer zunehmend komplexeren Frage. Gesunde<br />
Ernährung beispielsweise ist eine enorme Herausforderung,<br />
wenn man in einem Supermarkt<br />
aus über 60.000 Nahrungsmitteln auswählen<br />
kann. Diese lässt sich sicherlich nicht nur durch die<br />
Beachtung der Nährwerte meistern, sondern es<br />
müssen auch die psychologischen Funktionen von<br />
Essen berücksichtigt werden: Kaviar <strong>für</strong> das Image;<br />
Salat, Apfel und Kamillentee <strong>für</strong> die Gesundheit;<br />
Fleisch <strong>für</strong> den sozialen Status; Schokolade, um<br />
die Nerven zu beruhigen. „Gesundheitsnormatives“<br />
Verhalten muss damit in „artgerechtes“<br />
bzw. „normales“ Verhalten übersetzt werden,<br />
wenn Gesundheitsförderung im sozialen Wandel<br />
langfristig erfolgreich sein soll. Hierzu kann die<br />
<strong>Gesundheitspsychologie</strong> durch ihren Fokus auf den<br />
psychischen und physischen Determinanten und<br />
Konsequenzen des Verhaltens ganz entscheidende<br />
Beiträge liefern. Wir freuen uns deshalb auf einen<br />
spannenden <strong>Kongress</strong> und regen Austausch mit<br />
Ihnen, der nur durch eine sehr engagierte und<br />
exzellente <strong>Kongress</strong>organisation ermöglicht wurde.<br />
Unser besonderer Dank gilt deshalb den Organisatoren<br />
Benjamin Schüz, Ralf Schwarzer, Clemens<br />
Tesch-Römer, Lisa M. Warner, Julia K. Wolff,<br />
Susanne Wurm und Jochen P. Ziegelmann.<br />
Im Namen des Vorstandes<br />
Die <strong>Gesundheitspsychologie</strong> untersucht Zusammenhänge<br />
von menschlichem Verhalten, Kognitionen,<br />
Emotionen und Gesundheit und widmet sich<br />
der Präventions- und Gesundheitsförderungsforschung.<br />
In einer sich verändernden Gesellschaft<br />
muss sich diese Forschungs- und Interventionsaufgabe<br />
der <strong>Gesundheitspsychologie</strong> fortwährend<br />
an neue Gegebenheiten anpassen. Beispielsweise<br />
wachsen Kinder und Jugendliche in einer medialisierten<br />
Informationsgesellschaft auf, Erwerbstätige<br />
werden auf Grund des angehobenen Rentenzugangsalter<br />
länger arbeiten und ältere Menschen<br />
heute sind gebildeter und gesünder als frühere<br />
Jahrgänge. Das wirft die Frage auf, wie in Zukunft<br />
Gesundheit über die Lebensspanne aufrechterhalten<br />
und verbessert werden kann.<br />
Deshalb ist „Gesundheit im sozialem Wandel“<br />
Titel und thematischer Fokus des <strong>10.</strong> <strong>Kongress</strong>es<br />
der Fachgruppe <strong>Gesundheitspsychologie</strong> der<br />
Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Psychologie, der vom<br />
31. August bis 02. September 2011 an der Freien<br />
Universität (FU) Berlin stattfindet.<br />
Allen bei der Vorbereitung und Durchführung des<br />
<strong>Kongress</strong>es Beteiligten danken wir herzlich. Wir<br />
wünschen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />
des <strong>10.</strong> <strong>Kongress</strong>es <strong>für</strong> <strong>Gesundheitspsychologie</strong><br />
einen angenehmen Aufenthalt in Berlin und hoffen<br />
Sie auch am Begrüßungsabend und auf dem <strong>Kongress</strong>fest<br />
begrüßen zu dürfen. Wir freuen uns auf<br />
drei interessante und produktive Tage.<br />
Im Namen des Organisationskomitees<br />
Clemens Tesch-Römer<br />
Ralf Schwarzer<br />
Britta Renner, Sprecherin der Fachgruppe<br />
<strong>Gesundheitspsychologie</strong>
Allgemeine Informationen 5<br />
Allgemeine Informationen<br />
<strong>Kongress</strong>ort<br />
Seminarzentrum der Freien Universität Berlin<br />
(Silberlaube, Erdgeschoss)<br />
Otto-von-Simson-Straße 26<br />
14195 Berlin-Dahlem<br />
<strong>Kongress</strong>homepage<br />
www.gesundheit2011.de<br />
<strong>Kongress</strong>organisation<br />
Benjamin Schüz<br />
Ralf Schwarzer<br />
Clemens Tesch-Römer<br />
Lisa M. Warner<br />
Julia K. Wolff<br />
Susanne Wurm<br />
Jochen P. Ziegelmann<br />
<strong>Kongress</strong>sekretariat<br />
Lisa M. Warner<br />
kongress-gesundheit@dza.de<br />
Mitglieder der Programmkommission<br />
Claus Vögele<br />
Nina Knoll<br />
Christel Salewski<br />
Andreas Schwerdtfeger<br />
Britta Renner<br />
Carl-Walter Kohlmann<br />
Susanne Zank<br />
Gabriele Wilz<br />
Jürgen Bengel<br />
Uwe Flick<br />
Anmeldecounter<br />
Der Anmeldecounter befindet sich im Erdgeschoss<br />
der Silberlaube neben dem Hörsaal 2 der Freien<br />
Universität Berlin (siehe Raumplan der FU) und ist<br />
an den beiden ersten <strong>Kongress</strong>tagen von 8:30 bis<br />
18:00 Uhr geöffnet und am Freitag den 2.9. von<br />
9:00 bis 18:00 Uhr.<br />
<strong>Kongress</strong>gebühren vor Ort<br />
Mitglieder psychologischer<br />
Gesellschaften EUR 210<br />
Nicht-Mitglieder EUR 250<br />
Inhaber halber Stellen oder<br />
Promotionsstipendiaten EUR 120<br />
Studierende EUR 75<br />
<strong>Kongress</strong>fest EUR 35<br />
Tageskarten zur Teilnahme am <strong>Kongress</strong><br />
Wenn Sie den <strong>Kongress</strong> nur an einem einzelnen<br />
Tag besuchen möchten und am <strong>Kongress</strong> nicht<br />
aktiv (mit einem Vortrag oder Poster) teilnehmen,<br />
können Sie auch eine Tageskarte erwerben.<br />
Vollzahler pro Tag EUR 80<br />
Inhaber halber Stellen,<br />
Promotionsstipendiaten,<br />
Studierende pro Tag EUR 40<br />
Namensschilder<br />
Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden<br />
gebeten, ihr Namensschild während des gesamten<br />
<strong>Kongress</strong>es ständig sichtbar zu tragen. Mit dem<br />
Namensschild haben Sie freien Zugang zu allen<br />
<strong>Kongress</strong>räumen. Das Organisationsteam und die<br />
Helferinnen sind durch spezielle Namensschilder<br />
und T-Shirts gekennzeichnet.<br />
Internet<br />
Alle <strong>Kongress</strong>teilnehmerinnen und -teilnehmer<br />
können mit ihren mitgebrachten Laptops kostenlos<br />
das W-LAN der FU Berlin nutzen. Um den Zugang<br />
einzurichten, gehen Sie bitte wie folgt vor:<br />
• Bitte verbinden Sie sich zunächst mit dem<br />
drahtlosen Netzwerk (WLAN) mit dem Namen<br />
„conference“ und öffnen Sie eine beliebige<br />
Website.<br />
• Anstelle der Website öffnet sich nun ein Formular,<br />
in das Sie den folgenden Zugangscode<br />
eingeben können: bs5ypjrw<br />
• Anschließend ist Ihr Zugang <strong>zum</strong> drahtlosen
6 Allgemeine Informationen<br />
Netzwerk hergestellt und Sie werden automatisch<br />
zu der ursprünglich von Ihnen angewählten<br />
Website weitergeleitet.<br />
• Bitte beachten Sie, dass aus technischen Gründen<br />
die Verbindung <strong>zum</strong> drahtlosen Netzwerk<br />
um Mitternacht unterbrochen werden könnte.<br />
Sollte dies der Fall sein, geben Sie bitte den<br />
Zugangscode erneut ein, um das Netzwerk<br />
weiter nutzen zu können.<br />
• Achtung: Die Verbindungen zu dem drahtlosen<br />
Netzwerk „conference“ sind leider nicht<br />
verschlüsselt und können daher von Dritten<br />
eingesehen werden. Bitte nutzen Sie daher<br />
entsprechende Protokolle (https, ssh, VPN),<br />
um die Vertraulichkeit und Verschlüsselung<br />
Ihrer Verbindung sicherzustellen.<br />
Aktuelle Informationen und Programmänderungen<br />
Am Anmeldecounter sowie an den Türen der<br />
einzelnen <strong>Kongress</strong>räume finden Sie Aushänge mit<br />
aktuellen Informationen und Programmänderungen.<br />
Garderobe<br />
Beschränkte Garderobenplätze finden Sie am<br />
Anmeldecounter. Für die Garderobe kann keine<br />
Haftung übernommen werden.<br />
Begrüßungsabend<br />
Am Mittwoch den 31.8. ab 17:30 Uhr sind Sie herzlich<br />
zu einem Begrüßungsabend mit Flammkuchen<br />
und Getränken Foyer vor den Hörsälen 1A und 1B<br />
eingeladen.<br />
<strong>Kongress</strong>fest<br />
Am Freitagabend, den 02. September 2011,<br />
findet das <strong>Kongress</strong>fest über den Dächern Berlins<br />
auf der Dachterrasse des stilwerk-Forums in<br />
der Kantstraße 17 statt, das gut mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln zu erreichen ist (siehe Lageplan<br />
stilwerk, S- und U-Bahnhof Zoologischer Garten,<br />
U-Bahnhof Uhlandstraße, S-Bahnhof Savignyplatz).<br />
Im Preis von 35 Euro sind ein Begrüßungsgetränk<br />
und Mineralwasser inbegriffen. Ab 19 Uhr gibt es<br />
ein Buffet, später Musik <strong>zum</strong> Tanzen und Genießen<br />
des unschlagbaren Blicks über das nächtliche<br />
Berlin.<br />
Weitere Informationen und Bilder finden Sie auf<br />
http://www.stilwerk.de/berlin-vermietung.php<br />
und http://www.meet-berlin.net/eventlocations/<br />
stilwerk-forum-berlin/de.<br />
Verpflegung<br />
Die Verpflegung in den Kaffeepausen (neben dem<br />
Anmeldecounter) ist in den <strong>Kongress</strong>gebühren<br />
enthalten. Im Folgenden haben wir die in der Nähe<br />
gelegenen kostenpflichtigen Verpflegungsmöglichkeiten<br />
<strong>für</strong> Sie zusammengestellt.<br />
In der Mensa:<br />
• Sie haben die Möglichkeit, in der Mensa<br />
essen zu gehen und dort mit Bargeld zu<br />
bezahlen, wenn sie sich als <strong>Kongress</strong>teilnehmer<br />
zu erkennen geben.<br />
• Sie zahlen den Preis <strong>für</strong> „Externe“, der ganz<br />
rechts auf der jeweiligen Preistafel angezeigt<br />
ist (der teuerste).<br />
• Es erwartet Sie eine Auswahl an warmen<br />
Gerichten (vegetarische, vegane und biologische<br />
Alternativen vorhanden) und Vorspeisen,<br />
Suppen, Salaten, Desserts.<br />
• Öffnungszeiten: 8.00 - 18.30 Uhr; warmes<br />
Essen von 11.00 - 14.30 Uhr<br />
In der Universität (siehe auch Raumplan der<br />
Silberlaube):<br />
• Coffeebar des Studentenwerks im Foyer vor<br />
der Mensa (10:00 - 19:00 Uhr)<br />
• Ristorante Galileo im 1.OG über der Mensa,<br />
Zugang über das Foyer (10:00 - 22:00 Uhr)<br />
• Bio-Café Kauderwelsch, Gebäude-Straße L,<br />
schräg-ggü. der EWI-Bibliothek<br />
(9:00 – 19:00 Uhr)<br />
Im Umkreis der U-Bahn Station Dahlem-Dorf:<br />
• Döner und griechischer Imbiss neben<br />
U-Bahnhof<br />
• Bäcker – Wiener Feinbäckerei – im<br />
U-Bahnhof Dahlem Dorf<br />
• Café-Restaurant-Biergarten Luise<br />
(10:00 - 1:00 Uhr)<br />
• Ristorante Piaggio (11:00 - 24:00 Uhr)<br />
• Kaiser’s Supermarkt Königin-Luise-Straße 37<br />
(7:00 - 22:00 Uhr)
Hinweise <strong>zum</strong> Programmablauf 7<br />
Hinweise <strong>zum</strong> Programmablauf<br />
Hinweise <strong>für</strong> Symposien<br />
Ein Symposiumsblock dauert insgesamt 90 Minuten.<br />
Neben einer kurzen Einführung durch die SymposiumsleiterInnen<br />
erfolgen 4-6 Forschungsbeiträge<br />
mit DiskutantIn und/oder offener Diskussion.<br />
Preise<br />
Die Fachgruppe <strong>Gesundheitspsychologie</strong> der Deutschen<br />
Gesellschaft <strong>für</strong> Psychologie (DGPs) verleiht<br />
Posterpreise in Höhe von 150 EUR <strong>für</strong> die vier<br />
besten Posterpräsentationen (2 pro Tag). Gutachterinnen<br />
und Gutachter der Fachgruppe werden die<br />
ausgehängten Poster bewerten. Die Posterpreise<br />
werden beim <strong>Kongress</strong>fest überreicht.<br />
Hinweise <strong>für</strong> Arbeitsgruppen<br />
Arbeitsgruppenbeiträge bestehen in der Regel<br />
aus 12 Minuten Präsentationszeit und 3 Minuten<br />
Diskussion. Für jede Arbeitsgruppe wurde eine<br />
Vorsitzende bzw. ein Vorsitzender (Chair) bestimmt,<br />
der auf die Einhaltung der Referatszeit achtet und<br />
die Diskussionen moderiert.<br />
Technische Hinweise<br />
In jedem <strong>Kongress</strong>raum steht ein Computer <strong>für</strong><br />
PowerPoint-Präsentationen und ein Beamer zur<br />
Verfügung. Eigene Laptops können nicht benutzt<br />
werden. Auf allen Rechnern steht Ihnen das<br />
Office-Format der Version 2007 (DOCX, PPTX<br />
und XLSX) zur Verfügung. Bitte speichern Sie<br />
Ihre Präsentationen entsprechend ab. Um die<br />
Kompatibilität Ihrer Präsentation zu überprüfen,<br />
steht am Anmeldecounter ein Computer zu<br />
Testzwecken zur Verfügung. Bitte finden Sie sich<br />
20 Minuten vor Beginn ihres Symposiums oder<br />
Referatsblockes im entsprechenden <strong>Kongress</strong>raum<br />
ein, um ihre PowerPoint-Präsentation auf den<br />
Präsentationsrechner zu kopieren. Benutzen Sie<br />
hier<strong>für</strong> einen USB-Stick (die Computer haben kein<br />
CD-Laufwerk).<br />
Hinweise <strong>für</strong> Poster<br />
Die Postersessions finden am Donnerstag, den<br />
01.09.2011 (Session I, 12:00-14:00 Uhr) und Freitag,<br />
den 02.09.2011 (Session II, 12:00-14:00 Uhr)<br />
im Foyer vor den Hörsälen 1A und 1B statt. Jede<br />
Sitzung umfasst etwa 45 Poster. Die Poster der<br />
jeweiligen Session können bereits vor Beginn der<br />
Session angebracht werden und sollten nach Ende<br />
der Postersitzung wieder abgenommen werden.<br />
Die Poster sind im Programmheft mit Nummern<br />
versehen und sollten an den entsprechend nummerierten<br />
Stellwänden angebracht werden.
8 Standort- und Lagepläne<br />
Standort- und Lagepläne<br />
Lageplan der Freien Universität Berlin<br />
Die Silberlaube der Freien Universität Berlin befindet sich im Stadtteil Berlin-Dahlem (Otto-von-Simson-<br />
Straße 26). Es ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln (U-Bahnhof Dahlem-Dorf – U3) oder per Auto gut zu<br />
erreichen.<br />
Quelle: (c) OpenStreetMap und Mitwirkende (www.openstreetmap.org), CC-BY-SA (www.creativecommons.<br />
org)
Standort- und Lagepläne 9<br />
Raumplan der Silberlaube der Freien Universität Berlin<br />
Wenn Sie das Universitätsgebäude durch den Eingang Otto-von-Simson-Straße betreten, sind gleich rechts<br />
die Seminarräume (Seminarzentrum), in denen die meisten Symposien, Fachvorträge und Keynotes stattfinden.<br />
Wenn sie den L-Gang überqueren, kommen Sie zu den Hörsälen. Davor befindet sich der Anmeldecounter.<br />
Die Postersessions finden im Foyer vor Hörsaal 1A und 1B statt. Ebenso wird dort die Verpflegung in den<br />
Kaffeepausen bereit gestellt.<br />
Quelle: http://www.cedis.fu-berlin.de/veranstaltungen/raeume/seminarzentrum.html
10 Standort- und Lagepläne<br />
Lageplan stilwerk<br />
Das <strong>Kongress</strong>fest findet im stilwerk in der Kantstraße 17 statt (stilwerk; S/U Zoologischer Garten, S Savignyplatz,<br />
U Uhlandstraße). Vom <strong>Kongress</strong>ort aus benötigen Sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln ca. 35 Minuten<br />
bis <strong>zum</strong> stilwerk.<br />
Quelle: (c) OpenStreetMap und Mitwirkende (www.openstreetmap.org), CC-BY-SA<br />
(www.creativecommons.org)
Programmüberblick 11<br />
Programm am 31.08.2011<br />
Raum L113 Raum L115 Raum L116 Hörsaal 1A<br />
9:00-<br />
Workshops/<br />
Workshops/<br />
Workshops/<br />
14:00<br />
Anmeldung<br />
Anmeldung<br />
Anmeldung<br />
14:00-<br />
15:30<br />
Eröffnung<br />
Keynote:<br />
Hannelore Weber:<br />
Emotionsregulation<br />
und Gesundheit<br />
S. 15<br />
16:00-<br />
Eingeladenes<br />
Arbeitsgruppe:<br />
Arbeitsgruppe:<br />
17:30<br />
Symposium:<br />
Bewältigung<br />
Lebensstiländerung<br />
Förderung der<br />
chronischer<br />
(Glock)<br />
Gesundheit und<br />
Erkrankungen<br />
S. 25<br />
Arbeitsfähigkeit älterer<br />
(Salewski)<br />
Arbeitnehmer: Aktuelle<br />
S. 21<br />
Forschung und<br />
Interventionen<br />
(Wegge & Schmidt)<br />
S. 17<br />
17:30 Begrüßungsabend (Ort: Foyer vor den Hörsälen 1A und AB)
12 Programmüberblick<br />
Programm am 01.09.2011<br />
Raum L113 Raum L115 Raum L116 Hörsaal 1A<br />
9:00-10:30 STAR-Symposium:<br />
In den besten Händen<br />
oder unter der Fuchtel?<br />
Zur Rolle sozialer<br />
Unterstützung und<br />
partnerschaftlicher<br />
Kontrolle bei der Aufrechterhaltung<br />
von<br />
Gesundheit<br />
(Knoll & Schwarzer)<br />
S. 29<br />
Symposium:<br />
Gesundheitsförderung<br />
und Prävention über<br />
die Lebensspanne:<br />
Beiträge einer<br />
Praxisforschung<br />
(Hampel & Faltermaier)<br />
S. 33<br />
Arbeitsgruppe:<br />
Theoretische<br />
Innovation und<br />
Evolution<br />
(Sniehotta)<br />
S. 37<br />
Keynote: Johannes<br />
Siegrist<br />
Soziale Anerkennung<br />
und Gesundheit<br />
– Grenzen des<br />
Paradigmas der<br />
Positiven Psychologie<br />
S. 16<br />
11:00-<br />
12:00<br />
12:00-<br />
14:00<br />
Poster (Foyer vor Hörsaal 1A und AB) / Mittagspause<br />
14:00-<br />
Symposium:<br />
Symposium:<br />
Symposium:<br />
15:30<br />
Gesundheitliche<br />
Innovationen in<br />
Impfen und das<br />
Ungleichheit im<br />
der gesundheits-<br />
Internet – moderne<br />
Lebenslauf<br />
psychologischen<br />
Gesundheits-<br />
(Lampert)<br />
Forschung und<br />
kommunikation und<br />
S. 40<br />
Anwendung<br />
ihre Wirkung<br />
(Lippke)<br />
(Betsch)<br />
S. 44<br />
S. 48<br />
16:00-<br />
Eingeladenes<br />
Symposium:<br />
Arbeitsgruppe:<br />
Symposium:<br />
17:30<br />
Symposium:<br />
Ambulantes<br />
Gesundheit im<br />
Gesundheits-<br />
Bewältigung von<br />
Assessment in<br />
sozialen Kontext<br />
psychologische<br />
Stress und Krankheit<br />
der Gesundheits-<br />
(Berth)<br />
Fundierung von<br />
(Scholz)<br />
psychologie<br />
S. 59<br />
Interventionen unter<br />
S. 52<br />
(Kanning & Sudeck)<br />
Nutzung von (neuen)<br />
S. 56<br />
Medien (Bengel &<br />
Mittag)<br />
S. 63<br />
18:00 Mitgliederversammlung
Programmüberblick 13<br />
Programm am 02.09.2011<br />
Raum L113 Raum L115 Raum L116 Hörsaal 1A<br />
9:00-10:30 Symposium:<br />
Psychologische<br />
Faktoren körperlichsportlicher<br />
Aktivität<br />
(Lämmle)<br />
S. 67<br />
Symposium:<br />
Prädiktoren von<br />
Gesundheit in der<br />
zweiten Lebenshälfte<br />
(Wiest)<br />
S. 71<br />
Arbeitsgruppe:<br />
Gesundheitsförderung<br />
im Kindes- und<br />
Jugendalter<br />
(Martens)<br />
S. 75<br />
Keynote: Michael Eid<br />
Glück ist wie ein<br />
Schmetterling:<br />
Stabilität und<br />
Variabilität im<br />
alltäglichen<br />
Wohlbefinden<br />
– methodische<br />
Implikationen und<br />
Modellierungsansätze<br />
S. 16<br />
11:00-<br />
12:00<br />
12:00-<br />
14:00<br />
Poster (Foyer vor Hörsaal 1A und AB) / Mittagspause<br />
14:00-<br />
Eingeladenes<br />
Symposium:<br />
Symposium:<br />
15:30<br />
Symposium:<br />
Soziale und<br />
Motivationale und<br />
Sozialer Wandel und<br />
individuelle Einflüsse<br />
volitionale Aspekte<br />
Gesundheit<br />
auf das Essverhalten<br />
des Gesundheits-<br />
(Brähler & Stöbel-<br />
im Kindes-, Jugend-<br />
verhaltens<br />
Richter)<br />
und Erwachsenenalter<br />
(Schüler)<br />
S. 79<br />
(Reuter & Sproesser)<br />
S. 87<br />
S. 83<br />
16:00-<br />
Arbeitsgruppe:<br />
Symposium:<br />
Arbeitsgruppe:<br />
17:30<br />
Klinische Gesundheits-<br />
Selbstmanagement-<br />
Bewältigung von<br />
psychologie<br />
orientierte<br />
Stress und negativen<br />
(Hausmann-Thürig)<br />
Patientenschulung am<br />
Emotionen<br />
S. 90<br />
Beispiel des Diabetes<br />
(Bertrams)<br />
mellitus – zielgruppen-<br />
S. 96<br />
und problemspezifische<br />
Ansätze<br />
(Kubiak)<br />
S. 93<br />
19:00 <strong>Kongress</strong>fest im stilwerk
Keynotes 15<br />
Vorträge<br />
Keynotes<br />
Emotionsregulation und Gesundheit<br />
Hannelore Weber (Universität Greifswald)<br />
Die Regulation von Emotionen hat sich zu einem<br />
dominanten Thema in der Emotionsforschung<br />
entwickelt. Die Forschung zur Emotionsregulation<br />
weist vielfache Überschneidungen mit dem traditionellen<br />
Gebiet der Stressforschung auf, ist jedoch<br />
umfassender, da sie nicht auf die Bewältigung<br />
belastender emotionaler Erfahrungen beschränkt<br />
ist. Wie im Falle der Stressbewältigung gilt die<br />
Fähigkeit zu einer effektiven Emotionsregulation<br />
als eine zentrale Kompetenz im Hinblick auf die<br />
Erhaltung mentaler und körperlicher Gesundheit.<br />
Im Mittelpunkt der Forschung zur Emotionsregulation<br />
stehen die differenzielle Wirksamkeit unterschiedlicher<br />
Formen der Emotionsregulation, ihr<br />
Stellenwert im Prozess der Emotionsentstehung<br />
sowie personale und situative Einflussfaktoren.<br />
Nach einem Überblick über aktuelle theoretische<br />
Ansätze und Modelle der Emotionsregulation<br />
werden in dem Vortrag am Beispiel von Rumination<br />
und kognitiver Umdeutung die gesundheitlichen<br />
Implikationen von zwei Formen der Emotionsregulation<br />
diskutiert, die gegenwärtig besondere<br />
Aufmerksamkeit in der Forschung finden.<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 14:00-15:30 Uhr, Hörsaal 1A
16 Keynotes<br />
Soziale Anerkennung und Gesundheit –<br />
Grenzen des Paradigmas der Positiven<br />
Psychologie<br />
Johannes Siegrist (Heinrich-Heine-Universität<br />
Düsseldorf)<br />
Glück ist wie ein Schmetterling: Stabilität und<br />
Variabilität im alltäglichen Wohlbefinden –<br />
methodische Implikationen und Modellierungsansätze<br />
Michael Eid (Freie Universität Berlin)<br />
Mit dem Paradigma der Positiven Psychologie<br />
ist ein wichtiges Korrektiv der stärker störungszentrierten,<br />
klinisch-orientierten psychologischen<br />
Forschung erfolgt, indem protektiv-salutogene<br />
Aspekte psychischer Funktionen in den Vordergrund<br />
gerückt wurden. Problematisch an diesem<br />
Paradigma ist jedoch die Verengung auf trait- und<br />
state-psychologische Analysen personeller Ressourcen,<br />
welche eine systematische Einbeziehung<br />
sozialer Kontextmerkmale ausschließt. Entsprechende<br />
Handlungsempfehlungen laufen daher<br />
Gefahr, das Individuum zu überfordern, indem<br />
sozioökonomische Restriktionen des Handelns<br />
keine angemessene Beachtung finden.<br />
Medizinsoziologische Forschungen liefern hier<strong>für</strong><br />
ein notwendiges Korrektiv. Am Beispiel des<br />
Modells beruflicher Gratifikationskrisen wird die<br />
Bedeutung gesundheitsrelevanter Auswirkungen<br />
erfolgter oder versagter sozialer Anerkennung in<br />
einem zentralen Bereich des Erwachsenenlebens,<br />
der Erwerbsarbeit, illustriert. Aus der Kombination<br />
der exemplarisch dargestellten epidemiologischen,<br />
experimentellen und interventionellen wissenschaftlichen<br />
Befunde werden abschließend praktische<br />
Folgerungen <strong>für</strong> die Prävention erörtert.<br />
Eines der wesentlichen Ziele von Ambulatory-<br />
Assessment-Studien ist die Erfassung von Variabilität<br />
über die Zeit. Nur dann, wenn Verhalten und<br />
Erleben zeitlichen und situationalen Schwankungen<br />
unterliegen, ist ihre wiederholte Erfassung im<br />
Alltag notwendig und sinnvoll. Die Schwankungen<br />
von Messwerten spiegeln aber nicht zwangsläufig<br />
den Einfluss tageszeitspezifischer und situationaler<br />
Faktoren wider, sie können auch rein messfehlerbedingt<br />
sein. Die Trennung unsystematischer<br />
Messfehlereinflüsse von systematischen Einflüssen<br />
der Messgelegenheit ist gerade <strong>für</strong> Ambulatory-Assessment-Studien<br />
von großer Bedeutung.<br />
Für die Analyse von Ambulatory-Assesment-Daten<br />
sind daher Modelle mit latenten Variablen – wie<br />
lineare Strukturgleichungsmodelle - notwendig.<br />
Klassische Strukturgleichungsmodelle der Veränderungsmessung<br />
setzen jedoch typischerweise<br />
Gleichabständigkeit der Messungen voraus, was<br />
bei Ambulatory-Assessment-Studien üblicherweise<br />
aufgrund des Stichprobenplans nicht gegeben ist.<br />
In dem Vortrag werden verschiedene Möglichkeiten<br />
der Modellierung von nicht-gleichabständigen<br />
Messwiederholungsdaten mittels linearen Strukturgleichungsmodelle<br />
vorgestellt und anhand von<br />
wiederholten Messungen des subjektiven Wohlbefindens<br />
im Alltag illustriert.<br />
Insbesondere wird auch der Frage nachgegangen,<br />
wie Maße der intraindividuellen Variabilität im<br />
Rahmen dieser Modellierungsansätze bestimmt<br />
werden können.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 11:00-12:00 Uhr, Hörsaal 1A<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 11:00-12:00 Uhr, Hörsaal 1A
Eingeladenes Symposium: Förderung der Gesundheit älterer Arbeitnehmer 17<br />
Eingeladenes Symposium:<br />
Förderung der Gesundheit und<br />
Arbeitsfähigkeit älterer Arbeitnehmer:<br />
Aktuelle Forschung und<br />
Interventionen<br />
Vorsitz:<br />
Jürgen Wegge (Technische Universität Dresden),<br />
Klaus-Helmut Schmidt (IFADO, TU Dortmund)<br />
Die Arbeitswissenschaften haben die „alten“<br />
Mitarbeiter leider erst kürzlich als lohnenden<br />
Forschungsgegenstand entdeckt. Empirisch<br />
belastbare Empfehlungen dazu, wie Arbeit<br />
zu gestalten ist, damit insbesondere auch<br />
ältere Arbeitnehmer bis zur Rente (mit 67)<br />
produktiv und gesund bleiben, sind daher erst<br />
in Ansätzen erarbeitet. Dieses Symposium<br />
berichtet Ergebnisse aus fünf aktuellen<br />
Forschungsprojekten, die dieser Frage<br />
nachgegangen sind und z. T. entsprechende<br />
Interventionen empirisch erprobten. Die Beiträge<br />
behandeln u. a. altersgemischte Teamarbeit in<br />
Verwaltungen und der Automobilproduktion<br />
(Wegge & Schmidt), Trainings kognitiver<br />
Leistungen bei repetitiven Arbeitsanforderungen<br />
(Freude, Gajewski, Haas & Falkensein), die<br />
Trainierbarkeit fluider Intelligenzleistungen (Kliegel),<br />
die Wahrnehmung von Arbeitsbedingungen<br />
bei Lehrern (Looks, Krahl & Hacker) und einen<br />
Vergleich objektiv und subjektiv erfasster<br />
Arbeitsbedingungen bei 500 Arbeitsplätzen<br />
aus drei verschiedenen Branchen (Rau &<br />
Bringmann). Im Rahmen einer allgemeinen<br />
Abschlussdiskussion wird erörtert, wann und<br />
wie alternsgerechte Arbeitsgestaltung über die<br />
allgemeinen Prinzipien gut gestalteter Arbeit (z. B.<br />
DIN 10075) hinausgehen muss.<br />
Beiträge:<br />
• Altersheterogenität von Arbeitsgruppen als<br />
Determinante von Innovation, Gruppenleistung<br />
und Gesundheit (ADIGU) (Wegge)<br />
• PFIFF - Ein Trainingsprogramm zur Förderung der<br />
kognitiven Leistungsfähigkeit (Freude)<br />
• Training fluider Intelligenzressourcen im höheren<br />
Erwachsenenalter: Vom Labor ins Arbeitsleben<br />
(Kliegel)<br />
• Lebenslang Lehrer sein? Wahrnehmung der<br />
Arbeitsanforderungen in Abhängigkeit vom<br />
Berufsalter (Looks)<br />
• Gibt es Unterschiede in den Arbeitsbedingungen<br />
von jüngeren und älteren Beschäftigten? (Rau)<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113
18 Eingeladenes Symposium: Förderung der Gesundheit älterer Arbeitnehmer<br />
Altersheterogenität von Arbeitsgruppen als<br />
Determinante von Innovation, Gruppenleistung<br />
und Gesundheit (ADIGU)<br />
Jürgen Wegge (Technische Universität Dresden),<br />
Klaus-Helmut Schmidt (IFADO, TU Dortmund)<br />
PFIFF - Ein Trainingsprogramm zur Förderung<br />
der kognitiven Leistungsfähigkeit<br />
Gabriele Freude (Bundesanstalt <strong>für</strong> Arbeitsschutz<br />
und Arbeitsmedizin), Patrick Gajewski, Kirsten<br />
Haas, Michael Falkenstein<br />
Altersgemischte Teams haben sowohl Vor- als auch<br />
Nachteile, wobei letztere - ceteris paribus - wahrscheinlicher<br />
sind. Die neuere Forschung hat daher<br />
untersucht, welche Vorbedingungen bzw. Interventionen<br />
eine erfolgreiche Einbindung älterer Mitarbeiter<br />
in Teams fördern.<br />
In diesem Vortrag berichten wir über die Ergebnisse<br />
aus dem DFG-Projekt „ADIGU“, das seit fünf<br />
Jahren genau dieser Frage in großen Feldstudien<br />
nachgeht. Es wurden inzwischen Daten von ca.<br />
6.500 Arbeitnehmern aus ca. 500 natürlichen<br />
Arbeitsgruppen im Verwaltungsbereich und der<br />
freien Wirtschaft (Finanzdienstleistung, Automobilproduktion)<br />
gesammelt, wobei in drei Untersuchungsfeldern<br />
längsschnittliche Daten vorliegen. In<br />
dem Projekt wurden eine Reihe von Einflussfaktoren<br />
identifiziert (z. B. das Teamklima, die subjektive<br />
Wahrnehmung und Wertschätzung von Altersunterschieden,<br />
die Aufgabenkomplexität), die als<br />
entsprechende Gestaltungsfaktoren relevant sind.<br />
Auch ein entsprechendes Training <strong>für</strong> Vorgesetzte<br />
wurde entwickelt und evaluiert. Zudem ist eine<br />
repräsentative Befragung der deutschen Erwerbsbevölkerung<br />
zu den zentralen Konstrukten im<br />
Rahmen der Projektarbeiten realisiert worden.<br />
Der Vortrag stellt dass grundlegende Forschungsmodell<br />
dar und fasst die zentralen Befunde und<br />
Empfehlungen zusammen, die in den bisherigen<br />
Arbeiten gewonnen wurden.<br />
Altern in Verbindung mit ungünstigen Arbeitsbedingungen<br />
und Stress kann wichtige kognitive Funktionen<br />
beeinträchtigen.<br />
Die Ergebnisse der PFIFF-Studie konnten zeigen,<br />
dass ältere Arbeitnehmer, die repetitive Tätigkeiten<br />
ausführen, schlechtere Leistungen in Aufgaben<br />
erzielen, welche das Arbeitsgedächtnis und Daueraufmerksamkeit<br />
fordern. Im Projekt PFIFF2 wurde<br />
ein Trainings- und Schulungsprogramm zur Verbesserung<br />
der kognitiven Leistungsfähigkeit älterer<br />
Arbeitnehmer entwickelt und umgesetzt, welches<br />
sich aus verschiedenen Modulen zusammensetzt.<br />
Das Schwerpunkt-Modul Stress und Stressbewältigung“<br />
soll über die Entstehung und Auswirkungen<br />
von Stress informieren sowie Möglichkeiten zu<br />
einem adäquaten Umgang mit belastenden Situationen<br />
aufzeigen. Ein zweites Schwerpunkt-Modul<br />
zielt darauf ab, die Kernmethoden der Entspannung<br />
zu erlernen und anzuwenden. Ein drittes<br />
Schwerpunkt-Modul ist das kognitive Training.<br />
Dieses zielt speziell auf die Verbesserung jener<br />
kognitiven Funktionen, die sich in der modellhaften<br />
Untersuchung des vorangegangenen PFIFF-Projekts<br />
besonders bei älteren Beschäftigten mit hoch<br />
repetitiven Tätigkeiten als beeinträchtigt erwiesen<br />
haben. In einem Wartekontrollgruppen-Design<br />
wurde der Trainingserfolg anhand von psychometrischen<br />
Leistungstests und Reaktionszeittests mit<br />
EEG-Messung quantifiziert.<br />
Eine erste Auswertung der Ergebnisse konnte<br />
zeigen, dass das Training einen positiven Einfluss<br />
auf die kognitiven Funktionen hatte. Verglichen<br />
mit der Wartegruppe zeigten die Teilnehmer der<br />
Trainingsgruppe nach der Maßnahme eine bessere<br />
Leistung. Insbesondere ältere Teilnehmer und Teilnehmer<br />
mit schlechten Ausgangswerten konnten<br />
ihre Leistung durch das Training verbessern.<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113
Eingeladenes Symposium: Förderung der Gesundheit älterer Arbeitnehmer 19<br />
Training fluider Intelligenzressourcen im<br />
höheren Erwachsenenalter: Vom Labor ins<br />
Arbeitsleben<br />
Lebenslang Lehrer sein? Wahrnehmung der<br />
Arbeitsanforderungen in Abhängigkeit vom<br />
Berufsalter<br />
Matthias Kliegel (Technische Universität Dresden)<br />
Während der deskriptive Befund des demografischen<br />
Wandels unbestritten ist, sind dessen Auswirkungen<br />
auf die Arbeitsfähigkeit und Gesundheit<br />
älterer Beschäftigter momentan unklar und die<br />
Möglichkeiten von psychologischen Interventionen<br />
<strong>zum</strong> Erhalt von Arbeitsfähigkeit und Gesundheit<br />
Gegenstand der aktuellen Diskussion. Neben physischen,<br />
motivationalen und emotionalen Faktoren<br />
sind kognitive Ressourcen wichtige Prädiktoren,<br />
die auf Individuumsseite Arbeitsfähigkeit und<br />
Gesundheit über die Lebensspanne vorhersagen.<br />
Im Kontext dieser Diskussion referiert der Beitrag<br />
zunächst aktuelle Befunde aus der entwicklungspsychologischen<br />
Laborforschung, die zeigen, dass<br />
die lange vorherrschende Dichotomie zwischen im<br />
Alter nachlassender kognitiver Leistungsfähigkeit<br />
und sich erhaltender oder sogar verbessernder<br />
emotionaler oder interpersoneller Kompetenz nicht<br />
mehr aufrecht erhalten werden kann. In kognitiver<br />
Hinsicht werden hier v. a. Daten aus der eigenen<br />
Forschung präsentiert, die darauf hindeuten, dass<br />
selbst fluide Intelligenzleistungen bis ins hohe<br />
Alter trainierbar sind. In einigen Teilbereichen gibt<br />
es sogar im Bereich des Gedächtnisses Befunde,<br />
die zeigen, dass Personen im höheren Alter besser<br />
sind als jüngere Erwachsene („age prospective<br />
memory paradox“).<br />
In einem zweiten Teil wird darauf aufbauend ein<br />
aktuelles Forschungsprogramm skizziert, das <strong>zum</strong><br />
Ziel hat, diese Erkenntnisse im Arbeitskontext<br />
(konkret: Pflege) auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.<br />
Die Ergebnisse werden hinsichtlich ihrer<br />
praktischen wie theoretischen Relevanz diskutiert.<br />
Peggy Looks (Technische Universität Dresden),<br />
Gordon Krahl, Winfried Hacker, Ulrike Pietrzyk<br />
Unter welchen Bedingungen ist es möglich, dass<br />
die Mehrheit der Gymnasiallehrer gesund und<br />
leistungsstark das rentenfähige Alter erreichen<br />
wird? Diese Frage drängt sich auf, wenn man die<br />
berufliche und vor allem gesundheitliche Situation<br />
der deutschen Lehrkräfte in den letzten Jahren<br />
verfolgt hat.<br />
In der Studie wurde gefragt, wie ideale Arbeitsanforderungen,<br />
Arbeitsweisen und Lebensweisen<br />
aussehen sollten, damit Lehrer arbeitslebenslang<br />
gesund und leistungsfähig bleiben. Es wurde<br />
untersucht a) welche Erfahrungen mit der aktuellen<br />
Situation und Vorstellungen über ideale Zustände<br />
bei Lehrern und b) welche Unterschiede zwischen<br />
verschiedenen Berufsaltersgruppen - als unabhängige<br />
Variable - existieren. An der Studie nahmen<br />
142 GymnasiallehrerInnen aus sieben Schulen in<br />
Hessen teil. Es wurde ein Fragebogen mit offenen<br />
und geschlossenen Fragen zur Ermittlung der<br />
abhängigen Variable „Ist- und Soll-Situation“ entwickelt<br />
und eingesetzt.<br />
Es werden die Ergebnisse zur Beschreibung der<br />
Ist- und der Soll-Situation häufigkeitsstatistisch<br />
ausgewertet. Die Unterschiedstests zwischen<br />
den Berufsaltersgruppen ergaben, dass sich ältere<br />
nicht signifikant von jüngeren LehrerInnen sowohl<br />
hinsichtlich des Ist- wie auch Soll-Zustandes unterscheiden.<br />
Diskutiert wird die Frage, ob eine altersspezifische<br />
Arbeitsgestaltung vor dem Hintergrund<br />
der Ergebnisse sinnvoll erscheint.<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L1133<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113
20 Eingeladenes Symposium: Förderung der Gesundheit älterer Arbeitnehmer<br />
Gibt es Unterschiede in den Arbeitsbedingungen<br />
von jüngeren und älteren<br />
Beschäftigten?<br />
Renate Rau (Phillips-Universität Marburg),<br />
Ann-Kathrin Bringmann<br />
In sieben Unternehmen aus drei Branchen (Banken/Versicherungen,<br />
Gesundheit, öffentlicher<br />
Dienst) wurden 500 Arbeitsplätze dahingehend<br />
untersucht, ob sich Arbeitsmerkmale zwischen<br />
jungen und alten Beschäftigten unterscheiden.<br />
Grundlage war die Einteilung in die drei Altersgruppen<br />
(jung: 17-34 Jahre, mittel: 35-49 Jahre, älter:<br />
50-65).<br />
Es wurden sowohl an allen Arbeitsplätzen durch<br />
Arbeitspsychologen Beobachtungsinterviews über<br />
eine Schicht durchgeführt (objektive Arbeitsanalyse)<br />
als auch die untersuchten Beschäftigte mittels<br />
Fragebögen zu ihren Arbeitsbedingungen (subjektive<br />
Arbeitsanalyse) befragt.<br />
Im Ergebnis dieser Arbeitsanalysen zeigte sich,<br />
dass die Arbeitsplätze der älteren Beschäftigten<br />
signifikant die meisten Kooperationserschwernisse<br />
aufwiesen (p < .05). Gleichzeitig<br />
erlebte die Gruppe der älteren Beschäftigten die<br />
geringste soziale Unterstützung durch Vorgesetzte<br />
(p
Arbeitsgruppe: Bewältigung chronischer Erkrankungen 21<br />
Arbeitsgruppe:<br />
Bewältigung chronischer<br />
Erkrankungen<br />
Vorsitz:<br />
Christel Salewski (Hochschule Magdeburg-Stendal)<br />
Beiträge:<br />
• Die protektive Wirkung einer optimistischen<br />
Erwartungshaltung (Zenger)<br />
• Lebensqualität und subjektive Krankheitskonzepte<br />
bei koronaren Herzerkrankungen<br />
(Salewski)<br />
• Brustkrebs: das Zusammenspiel von Attribution<br />
und Informationssuche (Agha)<br />
• Lebenssinn und Krankheitsbewältigung bei<br />
Brustkrebspatientinnen ein Jahr nach der Diagnose<br />
(Pöhlmann)<br />
• Forschung zur (gesundheitsbezogenen) Lebensqualität<br />
von Menschen mit HIV und AIDS - Ein<br />
Überblick über die vergangenen zwei Jahrzehnte<br />
(Drewes)<br />
• Ressourcen im Studium: Ein Beitrag zur<br />
Burnoutprävention? (Gusy)<br />
Die protektive Wirkung einer optimistischen<br />
Erwartungshaltung<br />
Markus Zenger (Universitätsklinikum Leipzig),<br />
Alexander Ried, Johannes Borowski, Andreas Hinz<br />
Fragestellung: Die vorliegende Studie untersuchte<br />
den Zusammenhang zwischen dem dispositionellen<br />
Optimismus und der Ängstlichkeit,<br />
der Depressivität, der Lebensqualität sowie dem<br />
Betreuungsbedarf von männlichen Krebspatienten.<br />
Im Zentrum stand hierbei die Frage, inwieweit<br />
anhand der individuellen Ausprägung eines dispositionellen<br />
Merkmals Differenzierungen hinsichtlich<br />
des Belastungserlebens der Patienten vorgenommen<br />
werden können.<br />
Methoden: Hier<strong>für</strong> wurden 427 Patienten mit<br />
urologischen Tumorarten während ihres stationären<br />
Aufenthaltes (T1) sowie drei Monate später (T2)<br />
gebeten, die folgenden Fragebögen auszufüllen:<br />
Life Orientation Test (LOT), Hospital Anxiety and<br />
Depression Scale (HADS), Health Survey SF-8,<br />
Hornheider Screening Instrument (HSI).<br />
Ergebnisse: Insgesamt lagen von 275 Patienten<br />
(64,4 %) komplette Datensätze zu beiden Zeitpunkten<br />
vor. Der Optimismus der Patienten zu T1 stand<br />
in substanziellem Zusammenhang mit der Ängstlichkeit<br />
(r = 0,35), der Depressivität (r =- 0,41), der<br />
Lebensqualität (r = -0,28) und dem Betreuungsbedarf<br />
(r = -0,27) drei Monate später. Der LOT konnte<br />
auch nach Kontrolle des Ausgangsniveaus der<br />
Patienten zu T1 weitere Varianzanteile der späteren<br />
Befindlichkeit aufklären und stellt daher ein wichtiges<br />
diagnostisches Screening-Instrument dar.<br />
Schlussfolgerungen: Somit können wir<br />
anhand der Optimismuswerte zur Zeit des Krankenhausaufenthaltes<br />
bereits tendenzielle Aussagen<br />
darüber treffen, welche Patienten im weiteren<br />
Verlauf mehr oder minder belastet sein werden.<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115
22 Arbeitsgruppe: Bewältigung chronischer Erkrankungen<br />
Lebensqualität und subjektive Krankheitskonzepte<br />
bei koronaren Herzerkrankungen<br />
Brustkrebs: das Zusammenspiel von Attribution<br />
und Informationssuche<br />
Christel Salewski (Hochschule Magdeburg-<br />
Stendal), Maria Stiehler, Nicola Wolf-Kühn<br />
Fragestellung: Die Wiederherstellung oder<br />
Verbesserung der Lebensqualität ist ein wichtiges<br />
Ziel in der Rehabilitation von Herzpatientinnen<br />
und -patienten nach operativen Eingriffen. Ziel der<br />
Studie ist die Untersuchung des Zusammenhangs<br />
zwischen den subjektiven Krankheitskonzepten<br />
der Betroffenen und verschiedenen Bereichen der<br />
Lebensqualität.<br />
Methode: 37 Herzpatienten und 14 Herzpatientinnen<br />
im Alter zwischen 47 und 84 Jahren (M = 71<br />
Jahre) bearbeiteten während einer Anschlussheilbehandlung<br />
nach einer Herzoperation das Profil<br />
der Lebensqualität chronisch Kranker (PLC: Skalen:<br />
Leistungsvermögen, positive Stimmung, negative<br />
Stimmung, Genuss- und Entspannungsfähigkeit,<br />
Zugehörigkeitsgefühl, Kontaktvermögen) sowie<br />
eine deutsche Version des Illness Perception<br />
Questionnaire-Revised (IPQ-R; Skalen: Identität,<br />
Zeitverlauf chronisch/akut, Zeitverlauf zyklisch, Konsequenzen,<br />
persönliche Kontrolle, Behandlungskontrolle,<br />
emotionale Repräsentationen, Ursachen).<br />
Mittels schrittweiser multipler Regressionen<br />
wurden Zusammenhänge zwischen der Lebensqualität<br />
und Kontrollvariablen (Alter, Geschlecht)<br />
sowie den Skalen des IPQ-R berechnet.<br />
Ergebnisse: Durch die Einführung der IPQ-R-<br />
Skalen konnten zwischen 38 % (negative Stimmung)<br />
und 67 % (Kontaktvermögen) der Varianz<br />
der verschiedenen Lebensqualitätsbereiche erklärt<br />
werden; die Kontrollvariablen wiesen keine signifikanten<br />
Zusammenhänge auf. Durchgängig waren<br />
die IPQ-R-Skalen „Konsequenzen“ und „Zeitverlauf<br />
zyklisch“ die erklärungsstärksten Prädiktoren.<br />
Schlussfolgerungen: Bei der untersuchten<br />
älteren Stichprobe konnten frühere Ergebnisse zur<br />
Relevanz subjektiver Krankheitskonzepte <strong>für</strong> die<br />
Anpassung von Herzpatienten und -patientinnen<br />
repliziert werden. Vor allem die Annahmen hinsichtlich<br />
(schwerwiegender) Konsequenzen der eigenen<br />
Erkrankung und eines zyklischen Verlaufs erwiesen<br />
sich dabei als bedeutsam und sollten während<br />
einer Rehabilitationsmaßnahme im Einzel- oder<br />
Gruppensetting thematisiert werden.<br />
Muna Agha (Universität Wien)<br />
Wie aus der Theorie bekannt, tendieren internal<br />
attribuierende Personen zu eigenständigem und<br />
aktivem Handeln. KrebspatientInnen allerdings<br />
weisen eine erhöhte soziale Externalität auf, da sie<br />
in einer höheren Abhängigkeit zu ihren Ärzten und<br />
der Therapie stehen. Wie gehen demnach external<br />
attribuierende PatientInnen in ihrer Informationssuche<br />
vor? Agieren sie aktiv oder passiv? Kann<br />
ein Unterschied zwischen internal und external<br />
attribuierenden PatientInnen erfasst werden? Wie<br />
wird mit der gewonnen Information umgegangen?<br />
Solche und weitere Forschungsfragen greift das<br />
Dissertationsprojekt, welches sich mit der Informationssuche<br />
beschäftigt und der Mediennutzung von<br />
BrustkrebspatientInnen annähert, im Hinblick auf<br />
den Attributionsstil auf.<br />
Zur empirischen Untersuchung wurde ein Online-<br />
Fragebogen generiert, welcher das allgemeine<br />
Mediennutzungsverhalten, den Attributionsstil mittels<br />
KKG und zudem die medizinische Soziodemografie<br />
erhebt. Äquivalent dazu wurde eine paperpencil-Umfrage<br />
durchgeführt. Komplettiert wird die<br />
Erhebung durch Interviews. Die Befragung wurde<br />
2009/2010 durchgeführt.<br />
Derzeit werden die erhobenen Daten inferenzstatistisch<br />
ausgewertet. Interviews sind <strong>für</strong> das<br />
Frühjahr 2011 festgesetzt. Das Dissertationsprojekt<br />
greift ein sensibles Themengebiet auf. Gegenwärtig<br />
kann festgehalten werden, dass sich die Ausprägung<br />
des Attributionsstils und die auftretende<br />
Externalität bei BrustkrebspatientInnen, mit der<br />
Literatur deckt.<br />
Es ist zu erwarten, dass sozial oder fatalistisch<br />
external attribuierende PatientInnen weniger aktiv<br />
nach Informationen suchen und generell stärker<br />
in Abhängigkeit zu ihren Ärzten (als Informationsquelle)<br />
stehen.<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115
Arbeitsgruppe: Bewältigung chronischer Erkrankungen 23<br />
Lebenssinn und Krankheitsbewältigung bei<br />
Brustkrebspatientinnen ein Jahr nach der<br />
Diagnose<br />
Karin Pöhlmann (Universitätsklinikum Carl Gustav<br />
Carus Dresden), Sabine Löffler, Theresia Wieland,<br />
Carina Sperk, Rainer Knappe, Martina Mann,<br />
Cornelia Müller, Andrea Petzold, Beate<br />
Hornemann, Wolfgang Distler, Peter Joraschky<br />
Fragestellung: Eine potenziell lebensbedrohliche<br />
Erkrankung wie Brustkrebs bringt einen Menschen<br />
mit existenziellen Themen wie Sterblichkeit<br />
und Isolation in Kontakt und kann grundlegende<br />
Veränderungen in der Bewertung von bisherigen<br />
Prioritäten und dem Erleben von Sinn nach sich ziehen<br />
(Yalom 1989; Taylor 1995). Die Fähigkeit, Sinn<br />
in einem schicksalhaften Ereignis zu finden, kann<br />
sich positiv auf dessen Bewältigung auswirken<br />
(Debats, Drost & Hansen 1995; Bower et al. 1998).<br />
Die Studie untersucht den Einfluss von Lebenssinn<br />
auf das psychische und körperliche Befinden sowie<br />
die Krankheitsbewältigung bei Brustkrebspatientinnen.<br />
Methoden: Brustkrebspatientinnen wurden ein<br />
Jahr nach Diagnosestellung in einem Interview<br />
zu Sinn in ihrem Leben und den Veränderungen in<br />
ihren persönlichen Sinnorientierungen aufgrund<br />
ihrer Erkrankung befragt. Mit Fragebögen wurden<br />
Sinnerleben und Sinnsuche, Kohärenzgefühl,<br />
Selbstwirksamkeit, Selbstwert, Selbst<strong>für</strong>sorge,<br />
Lebenszufriedenheit und krankheitsbezogene<br />
Lebensqualität sowie Angst und Depressivität,<br />
Gesundheitszustand, Krankheitsbewältigungsverhalten,<br />
soziale Unterstützung und posttraumatisches<br />
Wachstum erfasst.<br />
Ergebnisse: In den Ergebnissen zeigte sich, dass<br />
ein stärkeres Erleben von Sinn und eine tragfähigere<br />
Sinnstruktur mit einer erfolgreicheren Krankheitsbewältigung<br />
und einer besseren seelischen<br />
wie auch körperlichen Gesundheit ein Jahr nach<br />
der Brustkrebsdiagnose einhergingen.<br />
Schlussfolgerungen: Das Erleben von Sinn<br />
hat einen bedeutsamen Einfluss auf die Bewältigung<br />
einer Krebserkrankung und das seelische und<br />
körperliche Befinden der Patientinnen. Die Auseinandersetzung<br />
mit dem persönlichen Lebenssinn ist<br />
ein wichtiges Thema <strong>für</strong> Brustkrebspatientinnen,<br />
das auch im Sinne einer Ressourcen-aktivierenden<br />
Intervention aufgegriffen werden kann.<br />
Forschung zur (gesundheitsbezogenen) Lebensqualität<br />
von Menschen mit HIV und AIDS – Ein<br />
Überblick über die vergangenen zwei<br />
Jahrzehnte<br />
Jochen Drewes (Freie Universität Berlin), Burkhard<br />
Gusy, Ursula von Rüden<br />
Fragestellung: Die Lebensqualität (LQ) von<br />
Menschen mit HIV und AIDS wurde ungefähr<br />
zeitgleich mit der Entwicklung erster antiretroviraler<br />
Medikamente vor 20 Jahren eine zentrale Frage<br />
der HIV-Therapie und -Forschung. Seitdem findet<br />
sich eine stetig wachsende und mittlerweile kaum<br />
überschaubare Zahl von Studien und Publikationen<br />
zu diesem Thema. Die vorliegende Studie will<br />
eine systematische, deskriptive Antwort auf die<br />
Frage geben, welche methodischen und inhaltlichen<br />
Schwerpunkte die Forschung zur LQ von<br />
Menschen mit HIV in den vergangenen 20 Jahren<br />
gesetzt hat.<br />
Methoden: Durch eine systematische Literaturrecherche<br />
in den Datenbanken PsycInfo, Psyndex<br />
und Medline wurden Originalartikel, Reviews und<br />
Übersichtsarbeiten, die in wissenschaftlichen<br />
Journals, Monografien und Herausgeberwerken<br />
publiziert wurden und sich empirisch oder theoretisch<br />
mit dem Konzept der LQ von Menschen mit<br />
HIV befassen, identifiziert. Die Artikel werden auf<br />
Relevanz geprüft und entlang festgelegter Kriterien<br />
kategorisiert.<br />
Ergebnisse: Die Begutachtung der Artikel wird<br />
Ende März 2011 abgeschlossen sein, ungefähr<br />
1.100 Publikationen werden voraussichtlich unsere<br />
Einschlusskriterien erfüllen. Die Ergebnisse<br />
werden Angaben zu Charakteristika der Publikationen<br />
(Jahr, Entstehungsland, etc.), Publikationsart<br />
(empirisch, theoretisch, Review), Studiendesign<br />
und Fragestellung (z.B. Instrumentenentwicklung,<br />
Interventionsstudie), sowie zu eingesetzten LQ-<br />
Instrumenten, den Stichproben und erhobenen<br />
Ko-Variablen umfassen.<br />
Schlussfolgerungen: Dieser deskriptive<br />
Forschungsreview dient der Strukturierung des<br />
Forschungsfelds zur LQ von Menschen mit HIV.<br />
Er ermöglicht eine erste Bewertung des Forschungsstands<br />
und die Ableitung von Forschungsschwerpunkten<br />
und -richtungen. Dadurch stellt er<br />
eine notwendige Vorarbeit <strong>für</strong> die Erstellung von<br />
systematischen Reviews und Meta-Analysen zu<br />
eingrenzbaren und hinreichend bearbeiteten Fragestellungen<br />
dieses Forschungsfelds dar.<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115
24 Arbeitsgruppe: Bewältigung chronischer Erkrankungen<br />
Ressourcen im Studium: Ein Beitrag zur<br />
Burnoutprävention?<br />
Burkhard Gusy (Freie Universität Berlin), Katrin<br />
Lohmann<br />
Schützen studienbezogene Ressourcen vor Burnout<br />
oder wirken sie eher, wie im Anforderungs-<br />
Ressourcen Modell des Burnout angenommen, auf<br />
den parallel ablaufenden motivationalen Prozess<br />
und erhalten bzw. fördern so das Engagement im<br />
Studium.<br />
Daten von 2.442 Studierenden, die sich 2010 an<br />
einer Online-Befragung beteiligten, werden <strong>für</strong><br />
diese Analysen genutzt. Neben den <strong>für</strong> das Studium<br />
adaptierten Burnout- (MBI-SS) und Engagement-<br />
(UWES-SS) Skalen wurde ein in Analogie zur<br />
Arbeitswelt konzipiertes Instrument eingesetzt,<br />
welches Skalen <strong>zum</strong> Zeit- und Handlungsspielraum,<br />
zu Anforderungen im Studium, zur Mitarbeit<br />
in Veranstaltungen, zur sozialen Unterstützung<br />
durch Lehrende und Studierende, <strong>zum</strong> Qualifikationspotenzial<br />
sowie zur Vereinbarkeit zwischen<br />
Studium und Privatleben enthält. Die psychometrischen<br />
Qualitäten dieser Skalen sind zufriedenstellend.<br />
Quantitative Aspekte des Studiums<br />
wurden über den Zeitaufwand <strong>für</strong> den Veranstaltungsbesuch,<br />
das Selbststudium sowie die Anzahl<br />
an studienbegleitenden Prüfungen erfasst. Zur<br />
Modellierung simultaner Prozesse werden Strukturgleichungsmodelle<br />
genutzt.<br />
Die Ergebnisse der Modellanalysen belegen eher<br />
die Annahmen parallel ablaufender Prozesse. Studienbezogene<br />
Anforderungen verbrauchen Energien<br />
und führen zu Erschöpfung (Initialsymptom des<br />
Burnout), während Ressourcen im Studium das<br />
Engagement begünstigen.<br />
Die voraussetzungsgerechte Gestaltung studienbezogener<br />
Anforderungen sollte insofern das Ziel<br />
burnoutpräventiver Interventionen an Hochschulen<br />
sein.<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115
Arbeitsgruppe: Lebensstiländerung 25<br />
Arbeitsgruppe:<br />
Lebensstiländerung<br />
Vorsitz:<br />
Sabine Glock (Universität Luxembourg)<br />
Beiträge:<br />
• „Rauchen macht einsam“: Soziale und Stressmanagementaspekte<br />
des Rauchens als alternativer<br />
Ansatz <strong>für</strong> Warnhinweise (Glock)<br />
• Increased Self-involvement Improves the<br />
Effectiveness of Tobacco Control Warning Labels<br />
(Müller)<br />
• Veränderungsbereitschaft und tatsächliche körperliche<br />
Aktivität vor, während und ein Jahr nach<br />
einer stationären psychosomatischen<br />
Rehabilitation (Mussgay)<br />
• Das Sportverhalten depressiver Patienten:<br />
Zwischen Absichtsbildung und<br />
Absichtsumsetzung (Krämer)<br />
• „Der Mensch is(s)t nicht allein!“ – Das Zusammenspiel<br />
von sozialer Unterstützung und<br />
Planung auf den Obst- und Gemüsekonsum<br />
(Lange)<br />
• Rauchspezifische kompensatorische Gesundheitsüberzeugungen<br />
und ihr Zusammenhang<br />
mit der Intention eines Rauchstopps sowie dem<br />
Rauchverhalten (Radtke)<br />
„Rauchen macht einsam“: Soziale und Stressmanagementaspekte<br />
des Rauchens als<br />
alternativer Ansatz <strong>für</strong> Warnhinweise<br />
Sabine Glock (Universität Luxembourg)<br />
Warnhinweise auf Zigarettenschachteln sollen als<br />
Furchtappelle Personen dazu bringen, mit dem<br />
Rauchen aufzuhören oder erst gar nicht damit<br />
zu beginnen. Die Forschungslage zur Effektivität<br />
gesundheitsbezogener Warnhinweise ist<br />
ambivalent und die Anzahl der jugendlichen und<br />
jungen erwachsenen Raucher zeigt, dass immer<br />
noch geraucht wird. Wichtig erscheinen gerade<br />
bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen die<br />
Gründe, weshalb geraucht wird und die positive<br />
Wirkung des Rauchens und weniger die gesundheitlichen<br />
Folgeschäden. Diese Gründe – die<br />
sozialen und die Stressmanagementaspekte des<br />
Rauchens – wurden aufgegriffen und als Warnhinweise<br />
negativ dargestellt.<br />
Die neuen Warnhinweise wurden in zwei Experimenten<br />
auf ihre Wirksamkeit untersucht. Im<br />
ersten Experiment wurde mit einer affektiven<br />
Primingmethode überprüft, ob die Warnhinweise<br />
eine Änderung der impliziten Einstellung gegenüber<br />
dem Rauchen bewirken. Dazu wurden jungen<br />
erwachsenen Rauchern rauch- und nichtrauchbezogene<br />
Bilder, gefolgt von positiven und negativen<br />
Adjektiven vor und nach Rezeption der Warnhinweise<br />
dargeboten. Die Ergebnisse zeigen, dass die<br />
zuvor positiven impliziten Einstellungen gegenüber<br />
dem Rauchen durch die Warnhinweise negativer<br />
werden. In einem zweiten Experiment wurde<br />
überprüft, ob die Warnhinweise die Wahrnehmung<br />
der sozialen und Stressmanage mentaspekte des<br />
Rauchens verändern und auf das Verhalten wirken.<br />
Raucher nehmen nach Rezeption der Warnhinweise<br />
sowohl die sozialen als auch die Stressmanagementaspekte<br />
weniger mit dem Rauchen<br />
verbunden wahr als zuvor und reduzierten ihren<br />
Zigarettenkonsum innerhalb von 24 Stunden nach<br />
dem Experiment. Gerade <strong>für</strong> Jugendliche und<br />
junge Erwachsene erscheinen die Warnhinweise,<br />
die die Gründe <strong>für</strong> das Rauchen negativ darstellen,<br />
als Ergänzung der gesundheitsbezogenen Warnhinweise<br />
sinnvoll, da <strong>für</strong> diese Gruppe weniger die<br />
gesundheitlichen Folgeschäden des Rauchens im<br />
Vordergrund stehen, sondern eher die unmittelbare<br />
positive Wirkung des Rauchens bedeutsam ist.<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116<br />
3Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
26 Arbeitsgruppe: Lebensstiländerung<br />
Increased Self-involvement Improves the<br />
Effectiveness of Tobacco Control Warning Labels<br />
Barbara C. N. Müller (Universität Nijmegen), Sabine<br />
Glock, Simone M. Ritter<br />
The aim of the current study was to improve the<br />
effectiveness of tobacco control warning labels.<br />
In the first study, we investigated whether increasing<br />
smokers‘ involvement to think about the<br />
negative consequences of smoking influences<br />
their awareness of health risks of smoking. The<br />
second study explored whether smoking behaviour<br />
decreases after a self-involvement manipulation.<br />
Participants had to indicate how likely it is that they<br />
will contract a smoking-related illness (Study 1).<br />
This judgment had to be made either after reading<br />
text warning labels formulated as questions (high<br />
self-involvement), after reading text warning labels<br />
used at the moment (low self-involvement), after<br />
looking at warning label pictures (low self-involvement),<br />
or without a warning-label presentation<br />
(control condition). In a second study, participants<br />
were either presented questions (high self-involvement),<br />
or statements currently presented on<br />
tobacco products (low self-involvement), and their<br />
smoking behaviour was assessed. Smokers who<br />
were presented with questions about the harms<br />
of smoking indicated that it is more likely that they<br />
will contract a smoking-related illness, compared<br />
to smokers who were presented with warning<br />
label pictures (Study 1). In addition, their smoking<br />
behaviour decreased significantly (Study 2). Increasing<br />
self-involvement by presenting questions,<br />
instead of pictures or statements currently used in<br />
anti-smoking campaigns is not only a very promising<br />
method to increase smoking abstinence,<br />
it can also be easily applied to various tobacco<br />
control initiatives.<br />
Veränderungsbereitschaft und tatsächliche<br />
körperliche Aktivität vor, während und ein Jahr<br />
nach einer stationären psychosomatischen<br />
Rehabilitation<br />
Lutz Mussgay (Psychosomatische Fachklinik<br />
St.-Franziska-Stift), Heinz Rüddel<br />
Fragestellung: Eine Steigerung des Bewegungsverhaltens<br />
wird im Rahmen einer psychosomatischen<br />
Rehabilitation als erstrebenswert<br />
erachtet. Angelehnt an das Transtheoretische<br />
Modell sollte die anfängliche Veränderungsmotivation<br />
erfasst werden, um sie mit der tatsächlichen<br />
Bewegungsmenge vor und während der Rehabilitation<br />
sowie nach einem Jahr in Beziehung setzen<br />
zu können.<br />
Methodik: Die Patienten der Klinik schätzten zu<br />
Beginn der Rehabilitation ihre körperliche Aktivität<br />
in den letzten sechs Monaten ein und gaben<br />
an, wie sehr sie in 30 Tagen und in 60 Tagen aktiv<br />
sein möchten. Am Ende des Aufenthaltes wurde<br />
die Übereinstimmung mit der Absicht und der<br />
selbst eingeschätzte Umfang körperlicher Aktivität<br />
während der Rehabilitation erfragt. Aus der Klinikdokumentation<br />
lag das Ausmaß tatsächlicher<br />
körperlicher Aktivität vor. Nach einem Jahr wurde<br />
postalisch das Ausmaß der aktuellen Aktivität<br />
erfragt.<br />
Ergebnisse: Daten von 322 Personen<br />
(239 = weiblich, Alter = 44,8 Jahre) lagen vor. Die<br />
meisten Patienten gaben an, sich im Bewegungsverhalten<br />
steigern zu wollen. Die vorherige Aktivitätsmenge<br />
war bei bereits Aktiven etwas höher,<br />
Patienten in anderen Stufen der Veränderungsmotivation<br />
unterschieden sich nicht. Die Aktivitätsmenge<br />
während der Rehabilitation war jedoch<br />
unabhängig von der Veränderungsmotivation. Das<br />
Geschlecht hatte keinen Einfluss. Patienten in der<br />
Stufe der Absichtslosigkeit waren 4,5 Jahre älter.<br />
Die Aktivität nach einem Jahr fiel bei 156 Patienten<br />
(66 %) wieder auf das Niveau vor der Rehabilitation<br />
zurück (162 min/Woche vorher, 433 während, 162<br />
nach einem Jahr). Die eigentlich angestrebte Aktivitätsmenge<br />
lag deutlich höher.<br />
Schlussfolgerung: Die Maßnahmen zur Steigerung<br />
körperlicher Aktivität während einer stationären<br />
Rehabilitation führen langfristig nicht <strong>zum</strong><br />
gewünschten Erfolg. Die Erfassung der Veränderungsmotivation<br />
ist wenig handlungsrelevant.<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
Arbeitsgruppe: Lebensstiländerung 27<br />
Das Sportverhalten depressiver Patienten:<br />
Zwischen Absichtsbildung und Absichtsumsetzung<br />
Lena Krämer (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg),<br />
Almut Helmes, Jürgen Bengel<br />
Fragestellung: Im Einklang mit einem generell<br />
niedrigen Aktivierungsniveau zeigen depressive<br />
Patienten weniger sportliche Aktivität als die Normalbevölkerung.<br />
Mit Hinblick auf die antidepressive<br />
Wirkung sportlicher Aktivität könnten psychologische<br />
Programme zur Sportförderung einen<br />
wichtigen Bestandteil in der Depressionsbehandlung<br />
einnehmen. Um mehr über die Hintergründe<br />
der Inaktivität zu erfahren, befasst sich die vorliegende<br />
Studie mit der sportbezogenen Motivation<br />
und Volition depressiver Patienten.<br />
Methode: An der Längsschnittstudie nahmen<br />
bislang 34 depressive Patienten (nach SKID-I) einer<br />
Ambulanz <strong>für</strong> Psychotherapie sowie 33 gesunde<br />
Vergleichsprobanden teil. Zum Zeitpunkt t1 füllten<br />
die Probanden einen Fragebogen aus, in dem<br />
sportbezogene Absichtsstärke und Sportverhalten<br />
erfasst wurden. Zur Überprüfung, ob Sportabsichten<br />
tatsächlich umgesetzt werden, wurde das<br />
Sportverhalten vier Wochen später (t2) erneut<br />
erhoben.<br />
Ergebnisse: Die depressiven Teilnehmer unterschieden<br />
sich in ihrer sportbezogenen Absichtsstärke<br />
nicht von den Vergleichsteilnehmern<br />
(T = -0.34; df = 62; p = .74). In der Vorhersage des<br />
Sportverhaltens zu t2 zeigte sich, dass die Korrelation<br />
zwischen Absichtsstärke (t1) und Sportverhalten<br />
(t2) bei den depressiven Teilnehmern (r = .52;<br />
p < .05) signifikant geringer ausfiel als bei den<br />
Vergleichsprobanden (r = .88; p < .001) (z = -2.40;<br />
p < .01). Die geringere Korrelation bei den depressiven<br />
Patienten war darauf zurückzuführen,<br />
dass 50 % der depressiven Patienten mit hohen<br />
Sportabsichten kein Sportverhalten <strong>zum</strong> zweiten<br />
Zeitpunkt zeigten.<br />
Schlussfolgerungen: Während die depressiven<br />
Patienten ebenso starke Sportabsichten<br />
zeigten wie die gesunden Vergleichsprobanden,<br />
litten sie unter größeren Schwierigkeiten, diese<br />
Absichten in das entsprechende Verhalten umzusetzen.<br />
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass<br />
psychologische Interventionen zur Sportförderung<br />
bei ambulanten depressiven Patienten verstärkt<br />
auf die Vermittlung volitionaler Kompetenzen fokussieren<br />
sollten.<br />
„Der Mensch is(s)t nicht allein!“ –<br />
Das Zusammenspiel von sozialer Unterstützung<br />
und Planung auf den Obst- und<br />
Gemüsekonsum<br />
Daniela Lange (Freie Universität Berlin), Sonia<br />
Lippke, Tabea Reuter, Jana Richert, Amelie<br />
Wiedemann<br />
Fragestellung: Trotz der gesundheitsfördernden<br />
Eigenschaften von Obst und Gemüse erreicht<br />
bislang nur etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung<br />
das Zielkriterium von fünf Portionen am<br />
Tag. Menschen sind oft motiviert ihr Verhalten zu<br />
ändern, schaffen es aber nicht, ihre Intention in<br />
Verhalten umzusetzen („Intentions-Verhaltens-<br />
Lücke“). Planung kann dabei helfen. Für Menschen,<br />
die nicht genügend soziale Unterstützung<br />
erfahren, mag es jedoch oft schwierig sein, ihre<br />
Pläne in die Tat umzusetzen. Es wird geprüft, (1) ob<br />
Planung den Zusammenhang zwischen Intention<br />
und Obst- und Gemüsekonsum mediiert und (2) ob<br />
dieser Zusammenhang von der wahrgenommenen<br />
sozialen Unterstützung moderiert wird.<br />
Methoden: Die Daten wurden in einer Längsschnittstudie<br />
(N = 461) über drei Messzeitpunkte in<br />
einem Zeitraum von vier Monaten erhoben. Intention<br />
(T1), Planung (T2), Obst- und Gemüsekonsum<br />
(T3) wurden als Mediationspfad spezifiziert, soziale<br />
Unterstützung (T2) als Moderator.<br />
Ergebnisse: Planung mediiert den Zusammenhang<br />
zwischen Intention und Verhalten (B = .12,<br />
SE = .02, p < .001). Soziale Unterstützung moderiert<br />
die Mediation (B = .07, SE = .03, p < .05). Die<br />
Stärke des Mediationseffektes steigt in Abhängigkeit<br />
vom Ausmaß der wahrgenommenen sozialen<br />
Unterstützung (niedrige soziale Unterstützung:<br />
B = .07, SE = .03, p < .05; hohe soziale Unterstützung:<br />
B = .18, SE = .03, p < .001).<br />
Schlussfolgerungen: Personen, die ein hohes<br />
Ausmaß an sozialer Unterstützung wahrnehmen,<br />
gelingt es besser, ihre Pläne in die Tat umzusetzen<br />
als Personen, die nur ein niedriges Ausmaß<br />
wahrnehmen. Die Ergebnisse unterstützen die<br />
Bedeutsamkeit von sozialen Faktoren im Prozess<br />
der Gesundheitsverhaltensänderung. In Interventionen<br />
zur Ernährungsumstellung sollte soziale<br />
Unterstützung angesprochen werden, um die<br />
Effektivität individueller selbstregulativer Strategien<br />
zu erhöhen.<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
28 Arbeitsgruppe: Lebensstiländerung<br />
Rauchspezifische kompensatorische Gesundheitsüberzeugungen<br />
und ihr Zusammenhang<br />
mit der Intention eines Rauchstopps sowie<br />
dem Rauchverhalten<br />
Theda Radtke (Universität Zürich), Urte Scholz,<br />
Roger Keller, Rainer Hornung<br />
Fragestellung: Kompensatorische Gesundheitsüberzeugungen<br />
(CHBs) bezeichnen die Überzeugung,<br />
dass negative Effekte von ungesundem<br />
Verhalten durch gesundes Verhalten kompensiert<br />
werden können. Erste Befunde geben einen Hinweis<br />
darauf, dass CHBs Personen an einer aktiven<br />
Verhaltensänderung hindern können. Allerdings<br />
wurden CHBs bislang nicht in einem Modell der<br />
Gesundheitsverhaltensänderung untersucht. Das<br />
Ziel dieser Studie war es daher, rauchspezifische<br />
CHBs im Rahmen des sozial-kognitiven Prozessmodells<br />
gesundheitlichen Handelns (HAPA)<br />
zu untersuchen. Es wurde angenommen, dass<br />
rauchspezifische CHBs neben HAPA-spezifischen<br />
Prädiktoren die Intention <strong>für</strong> einen Rauchstopp<br />
vorhersagen.<br />
Methoden: 224 jugendliche Rauchende füllten<br />
einen Onlinefragebogen zu zwei Zeitpunkten im<br />
Abstand von vier Monaten zu HAPA-spezifischen<br />
Variablen, rauchspezifischen CHBs sowie <strong>zum</strong><br />
Rauchverhalten (Anzahl gerauchter Zigaretten) aus.<br />
Zur Überprüfung der Hypothesen dienten Strukturgleichungsmodelle.<br />
Ergebnisse: Die rauchspezifischen CHBs und<br />
die HAPA-Prädiktoren Selbstwirksamkeit sowie<br />
Handlungsergebniserwartung korrelieren signifikant<br />
negativ miteinander. Rauchspezifische CHBs<br />
hängen, zusätzlich zu den HAPA-spezifischen<br />
Prädiktoren, signifikant negativ mit der Intention<br />
<strong>für</strong> einen Rauchstopp zusammen. Insgesamt<br />
können 49 % der Varianz in der Intention <strong>für</strong> einen<br />
Rauchstopp erklärt werden. Die rauchspezifischen<br />
CHBs zeigen über die HAPA-spezifischen Variablen<br />
hinaus keinen direkten Zusammenhang mit dem<br />
Rauchverhalten.<br />
Schlussfolgerungen: Rauchspezifische<br />
CHBs stellen neben anderen etablierten Konstrukten<br />
einen wichtigen Prädiktor <strong>für</strong> die Intentionsformulierung<br />
im Rahmen eines Modells<br />
der Gesundheitsverhaltensänderung dar. Für<br />
Rauchstopp-Programme scheint es daher relevant,<br />
rauchspezifische CHBs als Barriere bei einem<br />
Rauchstopp zu berücksichtigen.<br />
Zeit & Raum: 31.08.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
STAR-Symposium: In den besten Händen oder unter der Fuchtel? 29<br />
STAR-Symposium:<br />
In den besten Händen oder unter<br />
der Fuchtel? Zur Rolle sozialer<br />
Unterstützung und partnerschaftlicher<br />
Kontrolle bei der Aufrechterhaltung<br />
von Gesundheit<br />
Vorsitz:<br />
Nina Knoll (Charité Universitätsmedizin Berlin),<br />
Ralf Schwarzer (Freie Universität Berlin)<br />
Die Integration in ein soziales Netzwerk und<br />
insbesondere das Vorhandensein einer stabilen<br />
und glücklichen Partnerschaft sind mit besserer<br />
Gesundheit, besserer Genesung von Erkrankungen<br />
und längerem Überleben assoziiert. Austauschprozesse<br />
wie die soziale Unterstützung oder die<br />
soziale Kontrolle und deren Assoziationen mit<br />
Stressindikatoren und gesundheitsrelevantem Verhalten<br />
werden hier als vermittelnde Pfade diskutiert.<br />
Die vorliegenden Arbeiten weisen auf protektive<br />
Auswirkungen der sozialen Unterstützung<br />
und Kontrolle auf die Gesundheit hin, aber auch auf<br />
assoziierte Risiken.<br />
Berichtet werden Ergebnisse des Schweizer<br />
Haushalt-Panel, wonach unterschiedliche Funktionen<br />
erhaltener sozialer Unterstützung sowohl<br />
positive als auch negative Effekte auf die Gesundheit<br />
zeigen (Ditzen). In zwei weiteren Beiträgen<br />
wird das Zusammenspiel von sozialer Unterstützung<br />
und individuellen Regulationsfaktoren wie<br />
der Selbstwirksamkeitserwartung (Warner et al.)<br />
oder der Handlungsplanung (Wiedemann et al.) bei<br />
der Gesundheitsverhaltensänderung untersucht.<br />
Zwei Beiträge zu differenziellen Effekten partnerschaftlicher<br />
Kontrolle auf die gesundheitsrelevante<br />
Verhaltensänderung in glücklichen und weniger<br />
glücklichen Partnerschaften (Knoll et al., Scholz et<br />
al.) schließen das Symposium ab.<br />
Beiträge:<br />
• Soziale Unterstützung und individuelle Gesundheit<br />
bei Paaren im Schweizer Haushalt Panel<br />
(SHP) (Ditzen)<br />
• Bewegung bei älteren Menschen mit multiplen<br />
Erkrankungen: Soziale Unterstützung als Quelle<br />
der Selbstwirksamkeit (Warner)<br />
• Dyadische Bewältigung von Harninkontinenz:<br />
Soziale Unterstützung und selbstregulative<br />
Strategien fördern Gesundheitsverhalten in<br />
Prostatektomie-Patienten (Wiedemann)<br />
• Beziehungszufriedenheit moderiert Effekte der<br />
partnerschaftlichen Kontrolle auf Gesundheitsverhalten<br />
und Affekt (Knoll)<br />
• Soziale Kontrolle und Rauchverhalten:<br />
Beziehungsqualität als Moderator (Scholz)<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113
30 STAR-Symposium: In den besten Händen oder unter der Fuchtel?<br />
Soziale Unterstützung und individuelle<br />
Gesundheit bei Paaren im Schweizer Haushalt<br />
Panel (SHP)<br />
Bewegung bei älteren Menschen mit<br />
multiplen Erkrankungen: Soziale Unterstützung<br />
als Quelle der Selbstwirksamkeit<br />
Beate Ditzen (Universität Zürich), Corinne Spoerri,<br />
Ulrike Ehlert<br />
Hintergrund: Enge soziale Beziehungen sind<br />
mit Gesundheit und der Lebensdauer assoziiert,<br />
ein Effekt, der vermutlich über die Wahrnehmung<br />
sozialer Unterstützung vermittelt wird. Der Zusammenhang<br />
zwischen tatsächlich erhaltener sozialer<br />
Unterstützung und Gesundheitsparametern ist<br />
allerdings ambivalent oder sogar negativ.<br />
Methoden: Daten aus zwei Kohorten (2008 und<br />
2009) des Schweizer Haushalt Panels (SHP) zu<br />
praktischer und emotionaler Unterstützung wurden<br />
untersucht. Daten von 3.871 Personen (1.794<br />
davon Männer) in einer stabilen Partnerschaft<br />
wurden ausgewertet, Geschlecht, Alter und der<br />
Gesundheitsstatus 2008 gingen als Kontrollvariablen<br />
in die Analysen ein.<br />
Ergebnisse: Praktische Unterstützung war<br />
negativ mit dem selbst eingeschätzten Gesundheitsstatus<br />
assoziiert (sign. auf dem 10%-Niveau;<br />
Beta = -.032, p = .088), emotionale Unterstützung<br />
hingegen positiv (Beta = .097, p < .001). Dieser<br />
Zusammenhang wurde durch gesteigerte Freude<br />
und geringere Traurigkeit vermittelt (Sobel Test: χ 2<br />
Freude = 7.80, χ 2 Traurigkeit = 5.14).<br />
Diskussion: Auch wenn die vorliegenden Effekte<br />
sehr klein sind, weisen sie auf einen positiven Einfluss<br />
von emotionaler, nicht allerdings von praktischer<br />
Unterstützung, auf die Gesundheit hin.<br />
Anmerkung: Diese Studie basiert auf Daten aus<br />
dem Schweizer Haushalt Panel (SHP). Das SHP<br />
wird am Swiss Centre of Expertise in the Social<br />
Sciences FORS realisiert und vom Schweizerischen<br />
Nationalfonds (SNF) finanziert.<br />
Lisa M. Warner (Freie Universität Berlin),<br />
Benjamin Schüz, Keegan Knittle, Jochen P.<br />
Ziegelmann, Susanne Wurm, Ralf Schwarzer<br />
Fragestellung: Selbstwirksamkeit ist einer der<br />
wichtigsten Prädiktoren <strong>für</strong> verschiedene Gesundheitsverhaltensweisen<br />
und beruht nach der sozialkognitiven<br />
Theorie Banduras auf vier Quellen:<br />
Erfahrung, Modelllernen, verbale Überzeugung,<br />
sowie somatische und affektive Zustände. Zwei<br />
der vier Quellen sind demnach sozialer Natur. Ziel<br />
dieser Studie war es, die vier Quellen der Selbstwirksamkeit<br />
<strong>für</strong> Bewegung bei älteren multimorbid<br />
erkrankten Personen zu untersuchen - mit Schwerpunkt<br />
auf sozialen Einflüssen.<br />
Methoden: Sport, bewegungsspezifische Selbstwirksamkeit,<br />
und die vier Quellen der Selbstwirksamkeit<br />
a) Erfahrung, b) Modelllernen, c) Überzeugung<br />
und d) somatische und affektive Zustände<br />
wurden in einer Stichprobe von 309 multimorbid<br />
erkrankten älteren Personen (65 Jahre und älter) zu<br />
drei Messzeitpunkten erfasst.<br />
Ergebnisse: Erfahrung, Modelllernen und subjektive<br />
Gesundheit hatten signifikante direkte Effekte<br />
(βs = .26, .31, .19, ps < .001) auf Selbstwirksamkeit<br />
zu T2 und indirekte Effekte (βs = .04, .05,<br />
.03, ps < .05) auf Bewegung zu T3 vermittelt über<br />
Selbstwirksamkeit T2. Verbale Überzeugung sagte<br />
weder Selbstwirksamkeit noch Bewegung vorher<br />
(β direkt = -.02, β indirekt = -.01).<br />
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse stehen<br />
in Einklang mit einer kürzlich veröffentlichten Meta-<br />
Analyse zu den Quellen der Selbstwirksamkeit <strong>für</strong><br />
körperliche Aktivität (Ashford et al., 2010). Sie implizieren<br />
aber auch eine ambivalente Rolle sozialer<br />
Einflüsse auf Gesundheitsverhaltenskognitionen<br />
wie Selbstwirksamkeit und einen Verbesserungsbedarf<br />
bei der Messung der Quellen von Selbstwirksamkeit,<br />
um geeignete Interventionsmaßnahmen<br />
entwickeln zu können.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113
STAR-Symposium: In den besten Händen oder unter der Fuchtel? 31<br />
Dyadische Bewältigung von Harninkontinenz:<br />
Soziale Unterstützung und selbstregulative<br />
Strategien fördern Gesundheitsverhalten in<br />
Prostatektomie-Patienten<br />
Amelie Wiedemann (Charité Universitätsmedizin<br />
Berlin), Silke Burkert, Nina Knoll<br />
Fragestellung: Als Folge der radikalen Prostatektomie<br />
treten häufig postoperative Komorbiditäten<br />
auf, die <strong>für</strong> die Patienten Einschränkungen<br />
in Gesundheit und Autonomie bedeuten. Für die<br />
Rekonvaleszenz ist die Bewältigung der Harninkontinenz<br />
durch regelmäßiges Beckenbodentraining<br />
eine wichtige Maßnahme. Während selbstregulative<br />
Prozesse (z. B. Handlungsplanung) sich als<br />
effektive Mediatoren bei der Umsetzung von Intentionen<br />
in Beckenbodentraining erwiesen haben,<br />
ist die Rolle von verhaltensspezifischer erhaltener<br />
sozialer Unterstützung bislang wenig untersucht<br />
worden.<br />
Methoden: 138 Patienten und ihre Partnerinnen<br />
wurden 1 Monat, 3 Monate, 5 Monate und 7<br />
Monate nach der Prostatektomie zur erhaltenen<br />
bzw. geleisteten emotionalen, instrumentellen<br />
und informationalen sozialen Unterstützung, der<br />
Anwendung von Planungsstrategien, der Intention<br />
und der Veränderung des Beckenbodentrainings<br />
befragt.<br />
Ergebnisse: Erhaltene partnerschaftliche Unterstützung<br />
ist förderlich <strong>für</strong> die Ausführung von<br />
Beckenbodentraining: Dabei hat die soziale Unterstützung<br />
nicht nur Haupteffekte auf das Verhalten,<br />
sondern prädiziert zusätzlich, ob Patienten ihre<br />
Pläne <strong>für</strong> das Beckenbodentraining ausführen.<br />
Dies gilt unabhängig von der untersuchten Art der<br />
Unterstützung.<br />
Schlussfolgerungen: Die Selbstregulation<br />
von Verhalten scheint effektiver zu sein, wenn<br />
Patienten Unterstützung durch ihre Partnerinnen<br />
erhalten. Interpersonelle Faktoren können somit<br />
Theorien zur Gesundheitsverhaltensänderung<br />
bereichern.<br />
Beziehungszufriedenheit moderiert Effekte der<br />
partnerschaftlichen Kontrolle auf Gesundheitsverhalten<br />
und Affekt<br />
Nina Knoll (Charité Universitätsmedizin Berlin),<br />
Silke Burkert, Urte Scholz, Jan Roigas, Oliver Gralla<br />
Fragestellung: In der Literatur werden sowohl<br />
positive als auch negative Zusammenhänge der<br />
partnerschaftlichen Kontrolle mit dem Gesundheitsverhalten<br />
und dem Affekt des Kontrollierten<br />
berichtet. In dieser Studie wurde angenommen,<br />
dass die Partnerschaftszufriedenheit als ein<br />
Moderator zur Klärung der uneinheitlichen Befundlage<br />
beitragen könnte. So könnte erlebte partnerschaftliche<br />
Kontrolle des Gesundheitsverhaltens<br />
in glücklichen Beziehungen effektiver und weniger<br />
emotional belastend sein als in weniger glücklichen<br />
Beziehungen.<br />
Methode: Bei 109 Prostatakarzinom-Patienten,<br />
die in einer Partnerschaft lebten, wurden regelmäßiges<br />
Beckenbodentraining zur Eindämmung<br />
postoperativer Harninkontinenz und aktueller Affekt<br />
nach operativer Entfernung des Tumors als Kriterien<br />
untersucht. Die Studie umfasste fünf Messzeitpunkte<br />
über einen Zeitraum von zwei Wochen<br />
bis ein Jahr nach der Operation. Die Teilnehmer<br />
berichteten wiederholt über ihr Beckenbodentraining,<br />
ihren Affekt, ihre Partnerschaftszufriedenheit,<br />
die Stärke der postoperativen Harninkontinenz und<br />
die erlebte verhaltensspezifische Kontrolle durch<br />
ihre Partnerinnen. Die Daten wurden mit Mehrebenenmodellen<br />
analysiert.<br />
Ergebnisse: Die Befunde unterstützten mehrheitlich<br />
die Annahme, dass die Zusammenhänge<br />
zwischen partnerschaftlicher Kontrolle und den Kriterien<br />
durch Partnerschaftszufriedenheit moderiert<br />
werden. Patienten, die mit ihren Partnerschaften<br />
zufriedener waren, zeigten positive Zusammenhänge<br />
zwischen der erlebten partnerschaftlichen<br />
Kontrolle und dem selbstberichteten Beckenbodentraining.<br />
Patienten aus weniger glücklichen Beziehungen<br />
berichteten zudem über weniger positiven<br />
Affekt bei starker Kontrolle durch ihre Partner.<br />
Schlussfolgerungen: Die aktuellen Befunde<br />
weisen darauf hin, dass die Berücksichtigung der<br />
Partnerschaftsqualität als Moderator dazu beitragen<br />
könnte, die uneindeutige Befundlage zu Effekten<br />
partnerschaftlicher Kontrolle auf gesundheitsrelevantes<br />
Verhalten und emotionales Wohlbefinden<br />
aufzuklären.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113
32 STAR-Symposium: In den besten Händen oder unter der Fuchtel?<br />
Soziale Kontrolle und Rauchverhalten:<br />
Beziehungsqualität als Moderator<br />
Urte Scholz (Universität Zürich), Corina Berli,<br />
Philippe Goldammer, Janina Lüscher, Sibylle<br />
Ochsner, Rainer Hornung<br />
Fragestellung: Negative soziale Kontrolle durch<br />
den/die Partner/in im Hinblick auf die Veränderung<br />
des Gesundheitsverhaltens zeigt über verschiedene<br />
Studien hinweg sowohl positive wie auch<br />
negative Zusammenhänge mit der Verhaltensänderung.<br />
Ein im Rahmen des Kontextmodells<br />
diskutierter Moderator ist die Beziehungsqualität.<br />
Ziel dieser Studie war es, die moderierende Rolle<br />
verschiedener Aspekte von Beziehungsqualität<br />
hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen sozialer<br />
Kontrolle und verschiedener Indikatoren des<br />
Rauchverhaltens zu überprüfen.<br />
Methoden: Teilnehmende der Studie waren<br />
144 Rauchende (n = 72 Frauen, 50%; mittleres<br />
Alter = 31.78, SD = <strong>10.</strong>04), die seit mindestens<br />
einem Jahr in einer Beziehung mit eine/r Ex- oder<br />
Nichtraucher/in waren. Anhand von Online-Fragebogen<br />
wurden negative soziale Kontrolle, Konsens,<br />
Kohäsion und Zufriedenheit als Subskalen der<br />
Beziehungsqualität sowie Kontrollvariablen erfragt.<br />
Vier Wochen später wurden Anzahl gerauchter<br />
Zigaretten und heimliches Rauchen erhoben.<br />
Ergebnisse: Soziale Kontrolle zeigte vier Wochen<br />
später positive Zusammenhänge mit Indikatoren<br />
des Rauchens: Je mehr sich die Teilnehmenden<br />
sozial kontrolliert fühlten, desto mehr Zigaretten<br />
wurden geraucht und desto häufiger heimlich.<br />
Den Zusammenhang zwischen sozialer Kontrolle<br />
und heimlichem Rauchen moderierte die Subskala<br />
Kohäsion: Bei höherer Kohäsion ergab sich ein<br />
negativer Zusammenhang zwischen Kontrolle und<br />
heimlichem Rauchen. Bei geringerer Kohäsion war<br />
die Häufigkeit heimlichen Rauchens hoch, aber es<br />
zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Kontrolle<br />
und heimlichem Rauchen.<br />
Schlussfolgerungen: Soziale Kontrolle durch<br />
den/die Partner/in scheint ungünstig <strong>für</strong> die Verhaltensänderung<br />
zu sein. Der Effekt auf das heimliche<br />
Rauchen wird nur durch hohe Kohäsion in<br />
der Beziehung abgeschwächt. Die differenzierte<br />
Betrachtung verschiedener Aspekte von Beziehungsqualität<br />
trägt <strong>zum</strong> besseren Verständnis des<br />
Zusammenhangs zwischen sozialer Kontrolle und<br />
Gesundheitsverhalten bei.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113
Symposium: Gesundheitsförderung über die Lebensspanne 33<br />
Symposium:<br />
Gesundheitsförderung und Prävention<br />
über die Lebensspanne: Beiträge<br />
einer Praxisforschung<br />
Vorsitz:<br />
Petra Hampel (Universität Flensburg),<br />
Toni Faltermaier (Universität Flensburg)<br />
Es besteht hoher Bedarf, die Qualität von Maßnahmen<br />
der Prävention und Gesundheitsförderung<br />
wissenschaftlich zu begründen und ihre Wirksamkeit<br />
zu evaluieren. Eine praxisnahe Forschung kann<br />
wesentlich dazu beitragen, Maßnahmen wissenschaftlich<br />
besser zu fundieren und auf die Zielgruppen<br />
und Settings anzupassen. Das Symposium<br />
hat das Ziel, Beiträge einer Praxisforschung <strong>für</strong> die<br />
Gesundheitsförderung und Prävention über die<br />
Lebensspanne zu präsentieren und zu diskutieren.<br />
Beiträge:<br />
• Beiträge einer Praxisforschung zur Fundierung<br />
einer Gesundheitsförderung bei Erwachsenen:<br />
Konzepte und Ansätze (Faltermaier)<br />
• Dopingprävention in Deutschland: Handlungsbedarf<br />
und Erfolge (Wippert)<br />
• Gesundheitsförderung in der Pädiatrischen<br />
Palliativversorgung: Analyse der Bedürfnisse von<br />
Eltern onkologisch erkrankter Kinder (Adis)<br />
• Die psychische Gesundheit von Kindern<br />
psychiatrisch kranker Eltern im Fokus einer<br />
familienbasierten Intervention <strong>für</strong> betroffene<br />
Kinder und deren Evaluation (Wiegand-Grefe)<br />
• Trainings zur Förderung der Stressbewältigung,<br />
Volition und sozialen Kompetenz: Erste Ergebnisse<br />
zweier Pilotstudien (Hampel)<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115
34 Symposium: Gesundheitsförderung über die Lebensspanne<br />
Beiträge einer Praxisforschung zur Fundierung<br />
einer Gesundheitsförderung bei Erwachsenen:<br />
Konzepte und Ansätze<br />
Toni Faltermaier (Universität Flensburg)<br />
Es besteht hoher Bedarf, die Qualität von Maßnahmen<br />
der Prävention und Gesundheitsförderung<br />
wissenschaftlich zu begründen und ihre Wirksamkeit<br />
zu evaluieren. Eine praxisnahe gesundheitspsychologische<br />
Forschung kann wesentlich dazu<br />
beitragen, eine professionelle Praxis wissenschaftlich<br />
besser zu fundieren und an die Zielgruppen<br />
und Settings besser anzupassen. In diesem einführenden<br />
konzeptionellen Beitrag in das Symposium<br />
steht die Praxisforschung <strong>für</strong> eine Gesundheitsförderung<br />
bei Erwachsenen im Mittelpunkt. Zur<br />
Frage der Qualitätssicherung werden die theoretischen<br />
Grundlagen, die empirischen Analysen<br />
in den Zielgruppen und Settings und die Ansätze<br />
einer Evaluation sondiert und diskutiert. Welche<br />
theoretischen Modelle können Praxisansätze der<br />
Gesundheitsförderung <strong>für</strong> erwachsene Zielgruppen<br />
begründen? Welche Forschungsstrategien sind in<br />
spezifischen Settings und Zielgruppen notwendig,<br />
um passende Strategien und Ansatzpunkte der<br />
Gesundheitsförderung empirisch zu bestimmen?<br />
Welche methodischen Zugänge sind da<strong>für</strong> geeignet?<br />
Insbesondere <strong>für</strong> die Bestimmung von Zielen<br />
der Gesundheitsförderung sowie <strong>für</strong> die Passung<br />
von Praxisansätzen sind auch empirische Analysen<br />
von Bedarf und Bedürfnissen in den spezifischen<br />
Zielgruppen notwendig. In diesem Symposium<br />
werden unterschiedliche konzeptionelle und<br />
methodische Zugänge einer Praxisforschung zur<br />
wissenschaftlichen Fundierung von Prävention und<br />
Gesundheitsförderung bei Erwachsenen präsentiert<br />
und diskutiert.<br />
Die Beiträge fokussieren Zielgruppen junger und<br />
älterer Erwachsener sowie die Settings von Betrieben,<br />
Kommunen, Schulen und Sporteinrichtungen.<br />
Konzeptionell werden Ansätze der Belastungen<br />
und Ressourcen, der Gesundheitskompetenzen<br />
und des Risikoverhaltens verwendet. Die anvisierten<br />
Praxisansätze kombinieren oft personale und<br />
systemische Zugänge.<br />
Dopingprävention in Deutschland: Handlungsbedarf<br />
und Erfolge<br />
Pia-Maria Wippert (Universität Potsdam)<br />
Der Beitrag gibt einen Überblick über den aktuellen<br />
Kenntnisstand <strong>zum</strong> Missbrauch von leistungssteigernden<br />
Präparaten, wobei der schulische als<br />
auch der sportbezogene Kontext beleuchtet wird.<br />
Der Kenntnisstand bezieht sich im Detail auf fünf<br />
Studien zu nationalen Präventionsaktivitäten, deren<br />
Ergebnisse 2008 zur Bündelung der nationalen Präventionsaktivitäten<br />
in Deutschland innerhalb des<br />
Nationalen Dopingpräventionsplans führten.<br />
Methoden: Insgesamt gehen Daten von N = 925<br />
Personen ein. Eine quantitative Studie beschreibt<br />
das Verhalten und die Motivation <strong>zum</strong> Doping<br />
(N = 155 A-, B-Kaderathleten), eine zweite qualitative<br />
Studie erörtert Netzwerke und Settings in<br />
denen Missbrauch stattfindet (N = 10). Studie 3<br />
überprüft quantitativ die Wirksamkeit eines bestehenden<br />
Präventionskonzepts an Schülern (N = 127)<br />
und Studie 4 analysiert Angebote in Vereinen<br />
(N = 459). Hinzu kommt eine quantitative Analyse<br />
des Umgangs mit dem Thema innerhalb sportiver<br />
Institutionen und Stützpunktzentren in Deutschland<br />
(N = 174).<br />
Ergebnisse: Zentrale Erkenntnisse sind ein hohes<br />
Missbrauchsrisiko durch einen sehr einfachen<br />
Zugang zu leistungssteigernden Präparaten von<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Ebenso<br />
zentral ist die Erkenntnis, dass die Aufklärungsinhalte<br />
nur wenig wirksam und kaum evaluiert<br />
sind sowie die Zielgruppen durch die Streuung<br />
der Aufklärungsmaßnahmen nicht optimal erreicht<br />
werden. Entscheidende Bedeutung kommt frühzeitigen<br />
Präventionsmaßnahmen in Settings und<br />
zielgruppenspezifischen Netzwerken zu.<br />
Schlussfolgerungen: Durch die Identifikation<br />
der geschilderten Defizite konnte im Rahmen<br />
eines Nationalen Präventionsplans ein strukturiertes<br />
Qualitätsmanagement mit Evaluationsprogrammen<br />
aufgebaut werden. Trotz diesen sequenziellen<br />
Erfolges werden Schwierigkeiten in der Umsetzung<br />
der praktischen Präventionsarbeit sichtbar<br />
und diskutiert<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115
Symposium: Gesundheitsförderung über die Lebensspanne 35<br />
Gesundheitsförderung in der Pädiatrischen<br />
Palliativversorgung: Analyse der Bedürfnisse<br />
von Eltern onkologisch erkrankter Kinder<br />
Christine Adis (Charité Universitätsmedizin Berlin)<br />
Fragestellung: Ziel der Studie war es, den<br />
subjektiven Bedarf von Eltern onkologisch erkrankter<br />
Kinder in der palliativen Versorgung zu ermitteln<br />
und Erkenntnisse über deren subjektive Qualitätsund<br />
Zufriedenheitskategorien zu sammeln. Übergeordnete<br />
Fragen an die Eltern waren: Welches<br />
Versorgungsangebot wurde aus ihrer Sicht an der<br />
Schnittstelle und im Verlauf der häuslichen Palliativversorgung<br />
bis in die Nachsorge zur Verfügung<br />
gestellt?, Wodurch und durch wen fühlten sie sich<br />
von Seiten der professionellen VersorgerInnen<br />
unterstützt? und schließlich: Wodurch und durch<br />
wen fühlten sie sich nicht ausreichend unterstützt<br />
oder zusätzlich belastet?<br />
Methoden: Im Zentrum des Studiendesigns<br />
stehen elf leitfadengestützte problemzentrierte<br />
Interviews mit verwaisten Eltern, die inhaltsanalytisch<br />
ausgewertet wurden. Ergänzend wurden<br />
zehn halbstandardisierte Experteninterviews mit<br />
MitarbeiterInnen des klinischen Teams und des<br />
externen Pflegedienstes durchgeführt und ebenfalls<br />
inhaltsanalytisch ausgewertet.<br />
Ergebnisse: Die Schlüsselkategorie in Bezug<br />
auf den subjektiven Bedarf der Eltern stellt eine<br />
gelingende Kommunikation mit den begleitenden<br />
Professionellen dar. Weiterhin sind die Koordination<br />
der Versorgung und die Kooperation der an der<br />
Versorgung Beteiligten von entscheidender Bedeutung<br />
aus Perspektive der Eltern.<br />
Schlussfolgerungen: Vor dem Hintergrund<br />
der Ergebnisse kann die Aussage gemacht werden:<br />
Gesundheitsförderung in der Pädiatrischen<br />
Palliativversorgung ist möglich. Betroffene Eltern<br />
profitieren von einer fachkompetenten, gleichzeitig<br />
empathischen Begleitung und einer gut koordinierten<br />
häuslichen Palliativversorgung, in der die daran<br />
Beteiligten miteinander kooperieren. Im Rahmen<br />
des Symposiums soll die Frage im Zentrum stehen,<br />
welche Bedeutung die Gesundheitsförderung<br />
ihrer Eltern auf die betroffenen Kinder selbst haben<br />
könnte. Hierzu wird relevante Literatur herangezogen.<br />
Die psychische Gesundheit von Kindern<br />
psychiatrisch kranker Eltern im Fokus einer<br />
familienbasierten Intervention <strong>für</strong> betroffene<br />
Kinder und deren Evaluation<br />
Silke Wiegand-Grefe (Universitätsklinikum<br />
Hamburg-Eppendorf), Susanne Halverscheid,<br />
Monika Bullinger, Angela Plaß<br />
Fragestellung: Kinder psychisch kranker Eltern<br />
sind als Risikogruppe <strong>für</strong> die Entwicklung eigener<br />
psychischer Auffälligkeiten bekannt. Sie weisen<br />
ein mehrfach erhöhtes eigenes Erkrankungsrisiko<br />
gegenüber der Normalbevölkerung auf (Wiegand-Grefe<br />
et al., 2009). Im Präventionsprojekt<br />
„CHIMPs“ (Children of Mentally ill Parents) wird<br />
ein familienorientiertes Präventionsangebot <strong>für</strong><br />
Familien mit einem psychisch kranken Elternteil<br />
entwickelt, manualisiert (Wiegand-Grefe et al.,<br />
2010a) und evaluiert. Damit liegen erstmals im<br />
deutschsprachigen Raum Evaluationsbefunde <strong>für</strong><br />
eine Prävention dieser Risikogruppe vor.<br />
Methoden: Die Evaluation erfolgt in einer<br />
prospektiven kontrollierten Studie im prä-post-<br />
Design mit 1-Jahreskatamnese. Die psychische<br />
Gesundheit der Kinder wird u. a. anhand der CBCL<br />
(Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist,<br />
1998) erfasst.<br />
Ergebnisse: In einer ersten Auswertung konnten<br />
die Einschätzungen von 19 psychisch kranken<br />
Eltern über ihre Kinder mithilfe der CBCL berücksichtigt<br />
werden. Im Verlauf der Beratung verbesserte<br />
sich die psychische Gesundheit der Kinder in<br />
der Gesamtskala der CBCL signifikant (p = 0.003)<br />
von 60,72 (sd = 9,76) auf 54,33 (sd = 11,39) Einheiten<br />
(T-Werte). In der internalisierenden Skala ergab<br />
sich eine signifikante (p = 0.024) Verringerung der<br />
psychischen Auffälligkeiten von 59,74 (sd = 9,33)<br />
auf 53,95 (sd = 9,22). In der externalisierenden<br />
Skala sanken die psychischen Auffälligkeiten von<br />
60,11 (sd = 12,19) auf 55,50 (sd = 12,89). Diese<br />
Verringerung ist ebenfalls signifikant (p = 0.014).<br />
Bei allen drei Veränderungen handelt es sich um<br />
große Effekte mit Eta-Quadrat ≥ .14 (Bortz &<br />
Döring, 2006).<br />
Schlussfolgerungen: Die Befunde belegen<br />
die Wirksamkeit familienorientierter Interventionen<br />
<strong>für</strong> Kinder psychisch kranker Eltern im Bereich der<br />
psychischen Gesundheit der Kinder.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115
36 Symposium: Gesundheitsförderung über die Lebensspanne<br />
Trainings zur Förderung der Stressbewältigung,<br />
Volition und sozialen Kompetenz:<br />
Erste Ergebnisse zweier Pilotstudien<br />
Petra Hampel (Universität Flensburg), Kira<br />
Fellmann, Matthias Pagels<br />
Fragestellung: Jugendliche mit chronischen<br />
Krankheiten haben neben entwicklungsbedingten<br />
Anpassungsleistungen und erhöhten alltäglichen<br />
Belastungen noch krankheitsspezifische Anforderungen<br />
zu bewältigen. Aber auch Jugendliche im<br />
Leistungssport müssen neben den Alltagsstressoren<br />
noch sportspezifische Belastungen bewältigen.<br />
Stressbewältigungs- und soziale Kompetenzen<br />
haben sich als wesentliche personale Ressourcen<br />
in der psychischen Entwicklung von Jugendlichen<br />
erwiesen. Schließlich scheinen mangelnde volitionale<br />
Kompetenzen das Risiko zu erhöhen, dass<br />
neu erlernte, gesundheitsförderliche Verhaltensweisen<br />
im Alltag nicht umgesetzt werden. In zwei<br />
Pilotstudien sollten erste Befunde zur Wirksamkeit<br />
neuer multimodaler Präventionsprogramme zur<br />
Förderung der Stressbewältigung, Volition und sozialen<br />
Kompetenz gewonnen werden.<br />
Methoden: In beiden Studien wurden neue Präventionsprogramme<br />
durchgeführt, in die Module<br />
zur Förderung der Stressbewältigung sowie der<br />
volitionalen und sozialen Kompetenzen integriert<br />
waren. In Pilotstudie 1 wurden sieben Jugendliche<br />
in der stationären psychosomatischen Rehabilitation<br />
und in Pilotstudie 2 13 Jungen einer U<br />
15-Fußballmannschaft vor und nach der Intervention<br />
untersucht.<br />
Ergebnisse: Auf multivariater Ebene ergaben<br />
sich in beiden Pilotstudien keine Interventionseffekte.<br />
Die Effektstärken und hypothesengenerierenden<br />
Befunde auf univariater Ebene sprechen<br />
jedoch da<strong>für</strong>, dass sich im Rehabilitationsverlauf<br />
die Ängstlichkeit/Depressivität, problemlösende<br />
Bewältigung, Selbstmotivierung, Selbstberuhigung<br />
und Planungsfähigkeit verbesserten. Bei den<br />
Sportlern verbesserte sich die emotionsregulierende<br />
Strategie „Ablenkung/Erholung“ signifikant<br />
und die Ängstlichkeit/Depressivität tendenziell<br />
signifikant.<br />
Schlussfolgerungen: Die hypothesengenerierenden<br />
Ergebnisse legen nahe, solche Programme<br />
zukünftig mehr zu implementieren. Jedoch müssen<br />
zukünftige Studien die Effektivität der neuen<br />
Programme mit größeren Stichproben und Kontrollgruppendesigns<br />
zunächst belegen.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115
Arbeitsgruppe: Theoretische Innovation und Evolution 37<br />
Arbeitsgruppe:<br />
Theoretische Innovation und<br />
Evolution<br />
Vorsitz:<br />
Falko F. Sniehotta (Newcastle University)<br />
Beiträge:<br />
• Stage-Matched Interventions to Enhance Planning<br />
Strategies for Sunscreen Use (Craciun)<br />
• Die Bedeutung optimistischer Attributionen im<br />
Prozess der Aufrechterhaltung sportlicher<br />
Aktivität (Kahlert)<br />
• Intraindividuelle Tests von Annahmen der Selbst-<br />
Regulationstheorie: Zehn Randomisierte<br />
Einzelfallexperimente (Sniehotta)<br />
• Mehr als die üblichen Verdächtigen: Zielgruppen-<br />
und verhaltensspezifische Faktoren in der<br />
Gesundheitsverhaltensförderung von Risikogruppen<br />
(Schüz, N.)<br />
• Die Rolle sozialer Unterstützung <strong>für</strong> die Selbstwirksamkeit<br />
bei sportlicher Aktivität (Rackow)<br />
Stage-Matched Interventions to Enhance<br />
Planning Strategies for Sunscreen Use<br />
Catrinel Craciun (Freie Universität Berlin), Natalie<br />
Schüz, Sonia Lippke, Ralf Schwarzer<br />
Targeting particular subgroups of persons to<br />
enhance health behaviors can be more effective<br />
than addressing a broad audience. To achieve this,<br />
psychological interventions could be matched to<br />
the characteristics of subgroups that were divided<br />
in terms of stages of change (preintention, intention,<br />
and action stage). In this study, it is examined<br />
to which degree individuals make plans for sun<br />
protection as a means to avoid skin damage and<br />
skin cancer. Planning interventions are designed to<br />
help translate intentions into behavior. We compared<br />
a comprehensive (one-size-fits-all) intervention<br />
with an intense, parsimonious planning intervention.<br />
The hypothesis was that differential effects<br />
emerge for the investigated stages of change:<br />
preintention, intention, and action stage.<br />
Methods: A world-wide online-study on sun<br />
safety was launched in German and Romanian.<br />
It was designed as a randomized controlled trial<br />
(RCT) with two intervention groups and one<br />
control group and two assessment points in time,<br />
before intervention (Time 1) and two weeks after<br />
the intervention (Time 2). To explore stage-matched<br />
intervention effects, participants (N = 292)<br />
were grouped according to their stages of change,<br />
resulting in 51 preintenders (no intention to use<br />
sunscreen), 102 intenders (high intention but no<br />
regular use of sunscreen), and 139 actors (already<br />
use sunscreen on a regular basis when being<br />
exposed to sunshine).<br />
Results: No overall treatment effects emerged<br />
but interactions between time and intervention<br />
within stages occurred for action planning and<br />
coping planning. The comprehensive intervention<br />
was more effective for preintenders, whereas the<br />
parsimonious planning intervention proved more<br />
effective for intenders.<br />
Conclusions: Results confirm that a parsimonious<br />
planning treatment can be beneficial if matched<br />
to intentional stage, highlighting the importance<br />
of designing tailored interventions in the<br />
context of sunscreen use.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116
38 Arbeitsgruppe: Theoretische Innovation und Evolution<br />
Die Bedeutung optimistischer Attributionen<br />
im Prozess der Aufrechterhaltung sportlicher<br />
Aktivität<br />
Intraindividuelle Tests von Annahmen der<br />
Selbst-Regulationstheorie: Zehn Randomisierte<br />
Einzelfallexperimente<br />
Daniela Kahlert (Universität Potsdam), Ralf Brand<br />
Hintergrund: Ein einmal geändertes Gesundheitsverhalten<br />
dauerhaft und regelmäßig aufrechtzuerhalten<br />
gelingt nur wenigen Menschen.<br />
In der vorliegenden Studie wurde die Bedeutung<br />
optimistischer Attributionen, in Zusammenspiel<br />
mit den Wirkmechanismen proaktives Coping und<br />
Zielanpassungsfähigkeit, <strong>für</strong> die Aufrechterhaltung<br />
sportlicher Aktivität untersucht.<br />
Methode: Insgesamt 89 Mitglieder eines<br />
Gesundheitszentrums (davon 80.9 % weiblich) mit<br />
einem durchschnittlichen Alter von 57.1 Jahren<br />
(SD = 13.4) nahmen an dieser Untersuchung teil.<br />
Der Attributionsstil, die proaktive Copingtendenz<br />
und die Zielanpassungsfähigkeit wurden mit Hilfe<br />
eines standardisierten Fragebogens ermittelt. Das<br />
Trainingsverhalten der Untersuchungsteilnehmer<br />
in den darauffolgenden 27 Wochen wurde über<br />
ein Zeiterfassungssystem objektiv erfasst. Dabei<br />
standen zwei Variablen im Mittelpunkt der Auswertung:<br />
Die „Anzahl an Löchern“ und die „Anzahl an<br />
Recover“. Ein „Loch“ ist dann gegeben, wenn eine<br />
Person in zwei aufeinanderfolgenden Wochen nicht<br />
im Gesundheitszentrum trainiert hat. Ein „Recover“<br />
ist dadurch gekennzeichnet, dass in den vier<br />
Wochen nach einem „Loch“ kein weiteres mehr<br />
vorkam (und die Person somit wieder regelmäßig<br />
trainierte).<br />
Ergebnisse: Hinsichtlich der abhängigen Variable<br />
„Anzahl an Löchern“ zeigt sich kein statistisch signifikantes<br />
Ergebnis (p‘s > .05). Für die „Recover“<br />
zeigt sich die erwartete signifikante Interaktion des<br />
Attributionsstils mit den Wirkmechanismen proaktives<br />
Coping, F(1,84) = 6.41, p < .05, η 2 = .07, und<br />
Zielanpassungsfähigkeit, F(1,84) = 4.69, p < .05,<br />
η 2 = .05.<br />
Schlussfolgerungen: Optimistisch attribuierende<br />
Personen, mit hoch ausgeprägter Tendenz<br />
<strong>zum</strong> proaktiven Coping oder hoher Zielanpassungsfähigkeit,<br />
gelingt es besser nach einer Phase der<br />
Trainingsunterbrechung wieder zu trainieren.<br />
Falko F. Sniehotta (Newcastle University), Justin<br />
Presseau, Nicola Hobbs, Vera Araújo-Soare<br />
Fragestellung: Randomisierte kontrollierte<br />
N = 1-Studien ordnen unterschiedliche Bedingungen<br />
Zeitabschnitten innerhalb der individuellen Forschungsteilnehmer<br />
zu. Diese Methodik ist bislang<br />
nicht genutzt worden um Theorien des Verhaltens<br />
zu testen und wird hier angewandt um Elemente<br />
der Selbst-Regulationstheorie, insbesondere die<br />
Rolle von Zielsetzung und Selbstbeobachtung, an<br />
Einzelfällen zu testen.<br />
Methoden: Zehn normal bis übergewichtige Teilnehmer<br />
(♂ = 4, ♀ = 6; Alter: 19-67 Jahre) wurden<br />
60 Tage lang jeden Morgen per SMS kontaktiert.<br />
Der jeweilige Inhalt der SMS wurde per Zufall<br />
variiert. Grundlage war dabei ein 2 (Zielsetzung <strong>für</strong><br />
die tägliche Schrittzahl vs. Zielsetzung <strong>für</strong> Frucht/<br />
Gemüse Konsum-Kontrolle) * 2 (Selbstbeobachtung<br />
durch Omron HJ-113-E Pedometer vs. blinded<br />
Pedometer)-Design. Primäre abhängige Variablen<br />
waren die Schritte pro Tag gemessen per Pedometer.<br />
Einzelfalldaten wurden durch Regressionsanalysen<br />
und aggregierte Daten durch Multilevel<br />
Varianzkomponenten Modelle analysiert und<br />
jeweils <strong>für</strong> Autokorrelation kontrolliert.<br />
Ergebnisse: Individuelle Teilnehmer underschieden<br />
sich im Hinblick darauf, ob ihr Gehverhalten<br />
sich als Funktion der Interventionen veränderte.<br />
Die aggregierten Analyse zeigte, dass mehr<br />
Schritte sowohl in der Zielsetzungsbedingung<br />
(8.500 vs. 7.956) als auch in der Selbstbeobachtungsbedingung<br />
(8.630 vs. 7.826) gezählt wurden,<br />
als in den jeweiligen Kontrollbedingungen. Die<br />
Multilevel Analyse zeigt einen signifikanten Effekt<br />
der Selbstbeobachtung (durch Pedometer), jedoch<br />
waren weder der Effekt der Zielsetzung, noch die<br />
Interaktion signifikant. Ein leichter Anstieg der<br />
Pedometermasse über den Studienzeitraum legt<br />
zudem Carryover Effekte der Interventionen nahe.<br />
Schlussfolgerungen: Randomisierte kontrollierte<br />
N = 1-Studien sind geeignet um bestimmte<br />
Theorien des Verhaltens am Einzelfall zu testen<br />
da Individuen sich in ihren Reaktionen zu theoriebasierten<br />
Interventionen unterscheiden. Möglichkeiten<br />
und Limitationen dieser Methode werden<br />
diskutiert.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116
Arbeitsgruppe: Theoretische Innovation und Evolution 39<br />
Mehr als die üblichen Verdächtigen: Zielgruppen-<br />
und verhaltensspezifische Faktoren<br />
in der Gesundheitsverhaltensförderung von<br />
Risikogruppen<br />
Natalie Schüz (Freie Universität Berlin), Michael Eid<br />
Fragestellung: Für Sonnenschutzinterventionen<br />
sind Jugendliche eine wichtige Zielgruppe, da das<br />
Schutzverhalten bei Jugendlichen geringer und die<br />
in der Sonne verbrachte Zeit weit höher ist als in<br />
anderen Altersgruppen. Es werden zwei Studien<br />
vorgestellt: Studie 1 ermittelt zielgruppenspezifische,<br />
theorie- und evidenzbasierte Prädiktoren<br />
von Intention und Expositionsverhalten. Studie 2<br />
testet die Wirksamkeit einer auf diesen Prädiktoren<br />
basierenden Intervention <strong>für</strong> die Veränderung<br />
von Intention und Sonnenexpositionsverhalten bei<br />
Jugendlichen.<br />
Methoden: Studie 1 (querschnittlich, N = 207,<br />
15-18 Jahre, 54 % Mädchen) und Studie 2 (randomisiert<br />
kontrollierte Studie, N = 253, 13-19 Jahre,<br />
56 % Mädchen) wurden in Sekundärschulen in<br />
Berlin und Brandenburg durchgeführt. Die Daten<br />
wurden mittels Pfadmodellen ausgewertet.<br />
Ergebnisse: Wie in den meisten Gesundheitsverhaltensmodellen<br />
angenommen, erwiesen<br />
sich Selbstwirksamkeitserwartungen als stärkster<br />
Prädiktor von Intention; Aussehensnormen<br />
waren <strong>für</strong> die Vorhersage von Verhalten allerdings<br />
wichtiger als Intention. Die Intervention führte zu<br />
Veränderungen in Risikowahrnehmung, Handlungs-<br />
Ergebnis-Erwartungen, der gesundheitsbezogenen<br />
Zeitperspektive, sowie in Aussehensnormen.<br />
Handlungs-Ergebnis-Erwartungen, Selbstwirksamkeit<br />
und die gesundheitsbezogene Zeitperspektive<br />
sind wichtige Prädiktoren von Veränderungen in der<br />
Intention; Aussehensnormen und Intention sagen<br />
Veränderung im Expositionsverhalten vorher.<br />
Schlussfolgerungen: Zielgruppen- und<br />
verhaltensspezifische Interventionskomponenten<br />
können sich als wichtigere Prädiktoren <strong>für</strong> die<br />
Gesundheitsverhaltensänderung herausstellen als<br />
Komponenten, die aus den üblichen Gesundheitsverhaltensmodellen<br />
abgeleitet wurden.<br />
Die Rolle sozialer Unterstützung <strong>für</strong> die Selbstwirksamkeit<br />
bei sportlicher Aktivität<br />
Pamela Rackow (Universität Zürich), Urte Scholz,<br />
Rainer Hornung<br />
Fragestellung: Körperliche und sportliche Aktivität<br />
wirken sich positiv auf die Gesundheit aus.<br />
Trotzdem sind die meisten Menschen in westlichen<br />
Industrieländern nicht ausreichend körperlich<br />
aktiv. Frühere Untersuchungen konnten zeigen,<br />
dass Selbstwirksamkeit und soziale Unterstützung<br />
eine wichtige Rolle bei der Initiierung und Aufrechterhaltung<br />
von Gesundheitsverhaltensweisen<br />
spielen. Die Enabling-Hypothese von Benight und<br />
Bandura (2004) postuliert, dass soziale Unterstützung<br />
Selbstwirksamkeit fördert, was sich wiederum<br />
positiv auf die Verhaltensumsetzung auswirkt.<br />
Auf dieser Grundlage bietet eine Förderung<br />
sozialer Unterstützung einen vielversprechenden<br />
Ansatz, um körperliche und sportliche Aktivität<br />
steigern zu können. Ziel der vorliegenden Studie<br />
war die experimentelle Überprüfung der Enabling-<br />
Hypothese.<br />
Methode: Die Teilnehmenden wurden per Zufall<br />
einer Experimental- (n = 99; weiblich = 66.7%,<br />
Alter: M = 34.09, SD = <strong>10.</strong>89) und Kontrollgruppe<br />
(n = 75; weiblich = 69.3%, Alter: M = 34.37,<br />
SD = 11.29) zugewiesen. Die Experimentalgruppe<br />
wurde instruiert, sich <strong>für</strong> die Dauer von acht<br />
Wochen eine/n Trainingspartner/in <strong>zum</strong> gemeinsamen<br />
Sporttreiben zu suchen. Sportliche Aktivität,<br />
erhaltene soziale Unterstützung und Selbstwirksamkeit<br />
wurden wöchentlich bei beiden Gruppen<br />
per Online-Fragebogen erhoben.<br />
Ergebnisse: Der Vergleich zwischen der Experimental-<br />
und Kontrollgruppe zeigt, dass ein positiver<br />
Effekt von sozialer Unterstützung auf die Selbstwirksamkeit<br />
und auf diesem Wege indirekt auf<br />
sportliche Aktivität nur bei der Experimentalgruppe<br />
vorliegt.<br />
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse stützen<br />
die Enabling-Hypothese. Die Erhöhung sozialer<br />
Unterstützung stellt also eine geeignete Intervention<br />
dar, um vermittelt über die Selbstwirksamkeit<br />
sportliche Aktivität zu fördern.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116
40 Symposium: Gesundheitliche Ungleichheit im Lebenslauf<br />
Symposium:<br />
Gesundheitliche Ungleichheit im<br />
Lebenslauf<br />
Vorsitz:<br />
Thomas Lampert (Robert Koch-Institut)<br />
In den letzten 30 Jahren hat eine Vielzahl nationaler<br />
und internationaler Studien gezeigt, dass<br />
Krankheitsrisiken und Gesundheitschancen sozial<br />
ungleich verteilt sind. Beispielsweise haben in<br />
Deutschland Personen mit höheren Einkommen<br />
eine um 7-10 Jahre höhere Lebenserwartung im<br />
Vergleich zu denjenigen mit einem Einkommen<br />
unterhalb der Armutsrisikogrenze (Lampert et al.<br />
2007). Die gesundheitliche Ungleichheit ist nicht<br />
nur aus Sicht der Individuen von Bedeutung, sondern<br />
hat auch eine gesamtgesellschaftliche Dimension,<br />
z. B. in Bezug auf den sozialen Zusammenhalt<br />
oder die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen.<br />
Das Symposium betrachtet die gesundheitliche<br />
Ungleichheit unter lebenslauf- bzw. lebensphasenbezogenen<br />
Perspektiven. Damit wird berücksichtigt,<br />
dass die Weichen <strong>für</strong> ein langes und gesundes<br />
Leben bereits sehr früh im Leben gestellt werden,<br />
viele Krankheitsrisiken und Gesundheitschancen<br />
im Lebenslauf kumulieren und die gesundheitliche<br />
Ungleichheit in verschiedenen Lebensphasen eine<br />
spezifische Ausprägung erfährt.<br />
Neben einer kurzen Einführung in das Symposium<br />
sind fünf Beiträge von eingeladenen Referenten<br />
vorgesehen.<br />
Beiträge:<br />
• Lebenslaufepidemiologie und die Sozialwissenschaften:<br />
Eine Beziehung auf Distanz (Richter)<br />
• Gesundheitsverhalten von Jugendlichen: Welche<br />
Bedeutung haben der elterliche Bildungsstatus<br />
und die besuchte Schulform? (Kuntz)<br />
• Risiken und Ressourcen <strong>für</strong> Gesundheit von<br />
Frauen und Männern im mittleren Lebensalter<br />
(Babitsch)<br />
• Arbeitslosigkeit, soziale Unterstützung und<br />
gesundheitliche Beschwerden - Ergebnisse aus<br />
der GEDA Studie 2009 (Kroll)<br />
• Gesundheitliche Ungleichheit im höheren<br />
Lebensalter: Eine Längsschnittanalyse des<br />
Deutschen Alterssurveys (Schöllgen)<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113
Symposium: Gesundheitliche Ungleichheit im Lebenslauf 41<br />
Lebenslaufepidemiologie und die Sozialwissenschaften:<br />
Eine Beziehung auf Distanz<br />
Matthias Richter (Universität Bern), Irene Moor<br />
Hintergrund: Einflüsse des Lebenslaufs werden<br />
zunehmend als der Schlüssel zu einem besseren<br />
Verständnis von Gesundheit und gesundheitlichen<br />
Ungleichheiten gesehen. Das Potenzial einer<br />
epidemiologischen Lebenslaufperspektive wurde<br />
bislang nur unzureichend ausgeschöpft, da zentrale<br />
Konzepte aus anderen Disziplinen selten berücksichtigt<br />
wurden. Ziel ist es, die Leistungsfähigkeit<br />
einer breiteren Lebenslaufperspektive auszuloten,<br />
welche die Erkenntnisse der psychologischen und<br />
soziologischen Lebenslaufforschung integriert.<br />
Methoden: Der Vortrag prüft und analysiert zentrale<br />
Prinzipien und Konzepte, die in den unterschiedlichen<br />
Disziplinen, die sich mit dem Lebenslauf<br />
auseinandersetzen, Anwendung finden und<br />
schlägt einen theoriegeleiteten Forschungsrahmen<br />
vor, der den interdisziplinären Austausch fördert.<br />
Er veranschaulicht ebenso, wie eine bio-psychosoziale<br />
Perspektive des Lebenslaufs stärker in die<br />
epidemiologische Gesundheitsforschung eingebracht<br />
werden kann.<br />
Ergebnisse: Wir argumentieren, dass die paradigmatischen<br />
Prinzipien der interdisziplinären<br />
Lebenslaufforschung (human agency, timing in<br />
lives, linked lives und historical context) einen<br />
überzeugenden Rahmen <strong>für</strong> eine umfassende und<br />
theoriegeleitete Sichtweise auf den Lebenslauf<br />
bieten. Die Stresstheorie stellt einen wichtigen<br />
ätiologischen Mechanismus dar, der als theoretisches<br />
Bindeglied zwischen der Epidemiologie und<br />
den Sozialwissenschaften fungiert und einen multikausalen<br />
Rahmen bietet, um den Zusammenhang<br />
zwischen Sozialstruktur und Gesundheit über den<br />
Lebenslauf zu analysieren.<br />
Schlussfolgerungen: Um Gesundheit und<br />
gesundheitliche Ungleichheiten über den Lebenslauf<br />
besser verstehen zu können, ist ein interdisziplinärer<br />
Ansatz hilfreich, der theoretische Ideen der<br />
soziologischen und psychologischen Lebenslaufforschung<br />
aufgreift. Die Berücksichtigung sozialwissenschaftlicher<br />
Prinzipien stärkt den Dialog<br />
zwischen Sozialwissenschaften und Epidemiologie<br />
und hilft den engen biomedizinischen Fokus weiter<br />
zu öffnen.<br />
Gesundheitsverhalten von Jugendlichen:<br />
Welche Bedeutung haben der elterliche<br />
Bildungsstatus und die besuchte Schulform?<br />
Benjamin Kuntz (Universität Bielefeld), Thomas<br />
Lampert<br />
1. Sind die soziale Herkunft sowie der eigene<br />
Bildungsstatus der Jugendlichen auch unabhängig<br />
voneinander mit dem Gesundheitsverhalten assoziiert?<br />
2. Wie unterscheidet sich das Gesundheitsverhalten<br />
von Bildungsaufsteigern von dem von<br />
Bildungsabsteigern bzw. Jugendlichen mit konsistentem<br />
Bildungsstatus?<br />
Als Datenbasis dient die KiGGS-Studie, die von<br />
2003-2006 vom Robert Koch-Institut durchgeführt<br />
wurde (n = 17.641, Response = 66,6 %). Analysiert<br />
werden die Angaben der 14- bis 17-jährigen Studienteilnehmer<br />
(n = 3.737). Die soziale Herkunft<br />
wird über den höchsten Bildungsabschluss der<br />
Eltern, der eigene Bildungsstatus der Jugendlichen<br />
anhand der besuchten Schulform erhoben. Aus<br />
den dichotomisierten Ausgangsvariablen werden<br />
vier Kategorien intergenerationaler Bildungsmobilität<br />
gebildet. Berichtet werden Prävalenzen und<br />
binär logistische Regressionen (OR, 95 %-KI).<br />
Der Besuch eines Gymnasiums geht unabhängig<br />
vom Bildungsstatus der Eltern mit einem risikoärmeren<br />
Gesundheitsverhalten einher. Dies gilt bei<br />
Jungen <strong>für</strong> 4 von 6, bei Mädchen <strong>für</strong> 5 von 6 der<br />
untersuchten Einzelindikatoren sowie bei beiden<br />
Geschlechtern auch bei einem globalen Risikoindex.<br />
Der Bildungsstatus der Eltern hat lediglich<br />
bei Mädchen einen unabhängigen Effekt auf 4 von<br />
6 Einzelindikatoren. Bildungsaufsteiger weisen<br />
<strong>für</strong> kein Verhalten, Bildungsabsteiger hingegen in<br />
Bezug auf Rauchen, übermäßige Mediennutzung<br />
sowie den Risikoindex signifikant erhöhte OR im<br />
Vergleich zu Jugendlichen mit konstant hohem<br />
Bildungsstatus auf.<br />
Die Befunde zeigen, dass das Gesundheitsverhalten<br />
von Jugendlichen stärker durch ihren eigenen<br />
Bildungsstatus als durch das Bildungsniveau ihrer<br />
Eltern beeinflusst wird. Die Tatsache, dass sich<br />
das Gesundheitsverhalten von Bildungsaufsteigern<br />
nicht signifikant von dem Jugendlicher mit konstant<br />
hohem Bildungsstatus unterscheidet, unterstützt<br />
die Forderung nach Bildungsinvestitionen<br />
und mehr Chancengleichheit im Bildungssystem.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113
42 Symposium: Gesundheitliche Ungleichheit im Lebenslauf<br />
Risiken und Ressourcen <strong>für</strong> Gesundheit von<br />
Frauen und Männern im mittleren Lebensalter<br />
Birgit Babitsch (Charité Universitätsmedizin Berlin)<br />
Hintergrund/Zielstellung: Soziale Unterschiede<br />
in Gesundheit (rsp. Krankheit) gelten als<br />
besonders prononciert im mittleren Lebensalter.<br />
Die Position im gesellschaftlichen Gefüge im Sinne<br />
einer Besser- bzw. Schlechterstellung hat – wie<br />
vielfach in nationalen und internationalen Studien<br />
nachgewiesen wurde – einen erheblichen Einfluss<br />
auf die Chance, ein gesundes Leben zu führen<br />
bzw. eine hohe Lebenserwartung zu haben. Inzwischen<br />
sind auch die Wirkungsfaktoren und -pfade<br />
gut beschrieben; die Ressourcen und Belastungen<br />
im jeweiligen Lebenskontext nehmen dabei eine<br />
wichtige Stellung ein. Ziel des Vortrages ist es,<br />
Ressourcen und Belastungen im mittleren Lebensalter<br />
von Frauen und Männern zu detaillieren und<br />
in den Kontext eines Erklärungsrahmens <strong>für</strong> sozial<br />
bedingte Ungleichheit in Gesundheit zu stellen.<br />
Methoden: Der Vortrag wird auf einer systematischen<br />
Literaturrecherche basieren. Eingeschlossen<br />
werden nationale und internationale Studien, die in<br />
den letzten zehn Jahren zu diesem Thema publiziert<br />
wurden und den Fokus auf Ressourcen und<br />
Belastungen im Kontext sozialepidemiologischer<br />
Studien legen.<br />
Erste Ergebnisse: In zahlreichen sozialepidemiologischen<br />
Studien werden Ressourcen und<br />
Belastungen im mittleren Lebensalter berücksichtigt;<br />
allerdings sind Studien mit einem expliziten<br />
und zugleich breit angelegten Fokus auf diese eher<br />
selten. Ressourcen wirken auf den sozialen Gradienten<br />
abschwächend; bei den Risikofaktoren ist<br />
es umgekehrt. Unterschiede zwischen Frauen und<br />
Männern sind erkennbar; hier ist die Einbeziehung<br />
der sozialen Lebenslage und damit eine Erweiterung<br />
eines horizontal ausgeprägten Verständnisses<br />
sozialer Ungleichheit essenziell.<br />
Schlussfolgerungen: Obgleich Ressourcen<br />
und Risiken meist berücksichtigt werden, ist ihre<br />
empirische Umsetzung häufig reduziert. Eine an<br />
den Erklärungsmodellen zu sozialer Ungleichheit<br />
und Gesundheit ausgerichtete Umsetzung ist eher<br />
die Ausnahme, sollte aber in Zukunft eine stärkere<br />
Berücksichtigung finden.<br />
Arbeitslosigkeit, soziale Unterstützung und<br />
gesundheitliche Beschwerden - Ergebnisse aus<br />
der GEDA Studie 2009<br />
Lars Eric Kroll (Robert Koch-Institut)<br />
Hintergrund: Es ist dokumentiert, dass<br />
Arbeitslose im Vergleich zu Erwerbstätigen häufiger<br />
von Gesundheitsproblemen betroffen sind<br />
und soziale Unterstützung die Bewältigung von<br />
Arbeitslosigkeitserfahrungen erleichtert. Auf Basis<br />
repräsentativer Daten <strong>für</strong> Deutschland wird der<br />
Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit, sozialer<br />
Unterstützung und Gesundheit beschrieben.<br />
Methoden: Die Studie „Gesundheit in Deutschland<br />
Aktuell“ wurde in den Jahren 2008/09 vom<br />
Robert Koch-Institut durchgeführt. Für die vorliegenden<br />
Analysen wurden die Angaben der 30- bis<br />
59-jährigen Teilnehmer (n = 12.022) herangezogen.<br />
Die Gesundheitsindikatoren stammen aus dem<br />
„4-item Healthy Days Core Module“ der CDC,<br />
soziale Unterstützung wurde mit der „Oslo-3-<br />
item-Social-Support-Scale“ gemessen. Es werden<br />
Ergebnisse zu Einschränkungen in drei Bereichen<br />
(physisch, emotional, funktional) berichtet und<br />
multivariat abgesichert.<br />
Ergebnisse: Arbeitslose zwischen 30 und 59 Jahren<br />
sind häufiger von physischen, emotionalen und<br />
funktionalen Einschränkungen betroffen. Männer<br />
und Frauen die gering sozial unterstützt werden,<br />
weisen unabhängig von ihrem Erwerbsstatus<br />
häufiger Einschränkungen in den drei Bereichen<br />
auf. In den Regressionsmodellen hatten Arbeitslosigkeit<br />
und soziale Unterstützung – nach Kontrolle<br />
<strong>für</strong> Alter, Bildung und Einkommen – signifikante<br />
Effekte auf das Auftreten und die Dauer der Einschränkungen.<br />
Schlussfolgerung: Arbeitslosigkeit ist ein<br />
Gesundheitsrisiko, das in der ärztlichen Praxis<br />
nicht unterschätzt werden sollte. Angesichts der<br />
gesundheitsförderlichen Bedeutung sozialer Unterstützung<br />
sollten Ärzte die Betroffenen ermutigen,<br />
sich verstärkt in außerberuflichen Netzwerken zu<br />
engagieren.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113
Symposium: Gesundheitliche Ungleichheit im Lebenslauf 43<br />
Gesundheitliche Ungleichheit im höheren<br />
Lebensalter: Eine Längsschnittanalyse des<br />
Deutschen Alterssurveys<br />
Ina Schöllgen (Mannheim Institute of Public<br />
Health), Susanne Wurm, Clemens Tesch-Römer<br />
Fragestellung: Dieser Beitrag befasst sich<br />
mit bildungsbasierter Ungleichheit in funktionaler<br />
Gesundheit und Depressivität im Alter. Neben der<br />
Betrachtung von Unterschieden in den mittleren<br />
Ausgangsniveaus und Veränderungsraten werden<br />
zwei kaum untersuchte Fragestellungen verfolgt:<br />
Unterscheidet sich die Varianz in funktionaler<br />
Gesundheit und Depressivität zwischen Gruppen<br />
mit unterschiedlicher Bildung? Gibt es differenzielle<br />
Zusammenhänge zwischen funktionaler<br />
Gesundheit und Depressivität in Abhängigkeit von<br />
Bildung?<br />
Methoden: Es wurden Längsschnittdaten des<br />
bundesweit repräsentativen Deutschen Alterssurveys<br />
genutzt, wobei Personen einbezogen<br />
wurden, die zur Ersterhebung 65 Jahre alt waren<br />
(N = 1.947). Für die Analysen wurden latente<br />
Veränderungsmodelle als Mehrgruppenmodelle<br />
spezifiziert.<br />
Ergebnisse: Personen mit niedrigerer Bildung<br />
wiesen im Durchschnitt mehr funktionale Einschränkungen<br />
und depressive Symptome auf als<br />
jene mit höherer Bildung. Die mittleren Veränderungsraten<br />
unterschieden sich hingegen nicht<br />
signifikant. Darüber hinaus wurden substanzielle<br />
Varianzen innerhalb der Bildungsgruppen gefunden,<br />
mit vorwiegend größerer interindividueller<br />
Variation bei Personen mit niedrigerer Bildung.<br />
Zudem fanden sich bei Personen mit niedrigerer<br />
Bildung stärkere Zusammenhänge zwischen Veränderungen<br />
in funktionaler Gesundheit und Depressivität<br />
als bei höher Gebildeten.<br />
Schlussfolgerungen: Die Befunde deuten<br />
darauf hin, dass bildungsbasierte Ungleichheit<br />
in funktionaler Gesundheit und Depressivität im<br />
Alter fortbesteht. Der Befund, dass es auch eine<br />
Teilgruppe älterer Personen gibt, die trotz niedriger<br />
Bildung eine gute Gesundheit hat, weist auf Interventionspotenzial<br />
hin. Ein Bedarf an Intervention<br />
zeigt sich auch in den stärkeren Zusammenhängen<br />
zwischen Abnahmen in funktionaler Gesundheit<br />
und Zunahmen in Depressivität bei niedrigerer<br />
Bildung.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113
44 Symposium: Innovationen in der gesundheitspsychologischen Forschung und Anwendung<br />
Symposium:<br />
Innovationen in der gesundheitspsychologischen<br />
Forschung und<br />
Anwendung<br />
Vorsitz:<br />
Sonia Lippke (Freie Universität Berlin)<br />
Diskutant:<br />
Ralf Schwarzer (Freie Universität Berlin)<br />
Viele neue wissenschaftliche Entwicklungen<br />
sowie Innovationen im täglichen Leben führen zu<br />
neuen Herausforderungen und Chancen <strong>für</strong> die<br />
Gesundheitsförderung. Gleichzeitig werfen diese<br />
Fortschritte viele Fragen auf und bringen möglicherweise<br />
auch Risiken mit sich.<br />
Welche Potenziale haben elektronische Gesundheitsförderungsprogramme<br />
<strong>für</strong> das Selbstmanagement<br />
und einen gesunden Lebensstil? Führt eine<br />
Vereinsamung zu mehr Risikoverhaltensweisen<br />
und können elektronische Medien diesem Trend<br />
entgegenwirken? Können Gesundheitsförderungsprogramme,<br />
die nur ein einziges Verhalten ansprechen,<br />
auch positive Effekte auf andere Gesundheitsverhalten<br />
haben? Und wenn dem so ist, was<br />
sind die entscheidenden (psychologischen) Wirkmechanismen,<br />
die sich in Interventionen gezielt<br />
fördern ließen?<br />
Diese und weitere Fragen werden in diesem Symposium<br />
theorie- und evidenzbasiert besprochen:<br />
Ergebnisse aus fünf Forschungsprojekten zeigen<br />
zukunftweisende Ansätze auf. Eine abschließende<br />
Diskussion fasst die Befunde und Implikationen<br />
zusammen und zeigt Chancen auf, wie in Zukunft<br />
Gesundheit unter Berücksichtigung neuer Trends<br />
und unter Berücksichtigung des sozialen Wandels<br />
gefördert werden kann<br />
Beiträge:<br />
• Moderatoren und Mediatoren von Schulungsprogrammen<br />
zur Förderung körperlicher Aktivität in<br />
der orthopädischen Rehabilitation (Meng)<br />
• Ist eine Steigerung der körperlichen Aktivität mit<br />
einer gesünderen Ernährung assoziiert? Effektivität<br />
und Wirkmechanismen einer computergestützten<br />
Bewegungsberatung bei Rehabilitanden<br />
(Fleig)<br />
• Effektivität einer computergestützten Gesundheitsförderungsmaßnahme<br />
im betrieblichen<br />
Kontext: Änderung von Bewegungs- und<br />
Ernährungsverhalten (Lippke)<br />
• IFit <strong>für</strong> den demografischen Wandel?<br />
Ressourcenorientierte Teamentwicklung im<br />
Gesundheitswesen (Lehmann-Willenbrock)<br />
• Was bringt Selbstregulation <strong>für</strong> die Planung<br />
körperlicher Aktivitäten? Moderations- und<br />
Mediationsanalysen zur Intentions-Verhaltens-<br />
Lücke (Paech)<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115
Symposium: Innovationen in der gesundheitspsychologischen Forschung und Anwendung 45<br />
Moderatoren und Mediatoren von Schulungsprogrammen<br />
zur Förderung körperlicher<br />
Aktivität in der orthopädischen Rehabilitation<br />
Karin Meng (Julius-Maximilians-Universität<br />
Würzburg), Jana Buchmann, Jana Hofmann,<br />
Hermann Faller, Klaus Pfeifer<br />
Ist eine Steigerung der körperlichen Aktivität<br />
mit einer gesünderen Ernährung assoziiert?<br />
Effektivität und Wirkmechanismen einer<br />
computergestützten Bewegungsberatung bei<br />
Rehabilitanden<br />
Lena Fleig (Freie Universität Berlin), Sarah Pomp<br />
Der nachhaltige Aufbau von körperlicher Aktivität<br />
stellt ein wesentliches Ziel von Schulungsprogrammen<br />
<strong>für</strong> Patienten mit chronischen Rückenschmerzen<br />
in der stationären Rehabilitation dar. Moderne<br />
Programme beinhalten Techniken zur Förderung<br />
theoriebasierter Wirkmechanismen wie Handlungsund<br />
Bewältigungsplanung. Untersucht wurde die<br />
Wirksamkeit von zwei Schulungen im Kontext<br />
der multimodalen Rehabilitationsbehandlung. Als<br />
Mediatoren der Interventionseffekte werden sozialkognitive<br />
Variablen, als Moderatoren Geschlecht<br />
und Depression geprüft.<br />
Evaluiert wurden eine neue Rückenschulung in<br />
einer unizentrischen, randomisierten Kontrollgruppenstudie<br />
(N = 360) mit vier Messzeitpunkten (Prä,<br />
Post, nach 6 und 12 Monaten) sowie ein integratives<br />
Schulungsprogramm in einer multizentrischen<br />
quasi-experimentellen Kontrollgruppenstudie<br />
(N = 540) mit drei Erhebungen (Prä, Post, nach 12<br />
Monaten). Die Standardschulung/-behandlung der<br />
Klinik stellte die Kontrollbedingungen dar. Interventionseffekte<br />
sowie Moderatoren werden mittels<br />
Kovarianzanalyse, Mediatoren mittels Regressionsanalysen<br />
mit nonparametrischem Bootstrapping<br />
geprüft.<br />
Studie 1. Ein kleiner Effekt auf die Gesamtaktivität<br />
liegt 6 Monate nach der Reha vor; dieser wird<br />
durch das Geschlecht moderiert. Depressive Patienten<br />
haben generell eine geringere Gesamtaktivität.<br />
Die Effekte werden durch die Handlungsplanung<br />
mediiert. Studie 2. 12 Monate nach der<br />
Reha besteht ein kleiner Effekt hinsichtlich der<br />
Sportaktivität; dieser wird tendenziell durch den<br />
Depressionsstatus moderiert. Handlungsergebniserwartungen,<br />
Selbstwirksamkeit, Intention und<br />
Planung sind Mediatoren des Verhaltenseffekts.<br />
Multiple Modelle werden diskutiert.<br />
Durch die theoriebasierten Schulungen können<br />
bessere Effekte auf die körperliche Aktivität nach<br />
der Rehabilitation erzielt werden. Moderatoren und<br />
Mediatoren variieren und sollten <strong>für</strong> Schulungsprogramme<br />
geprüft und zur weiteren Programmoptimierung<br />
genutzt werden.<br />
Fragestellung: Können Gesundheitsförderungsprogramme,<br />
die ausschließlich körperliche<br />
Aktivität ansprechen, positive Effekte auf gesunde<br />
Ernährung haben (Carry-Over Effekte)? Ziel der<br />
Studie war es, die Effektivität und Wirkmechanismen<br />
einer multimedialen Bewegungsberatung zu<br />
untersuchen und zu testen, ob Veränderungen in<br />
der Selbstregulation in Bezug auf körperliche Aktivität<br />
auch positiv mit dem Verzehr von Obst- und<br />
Gemüse assoziiert sind.<br />
Methoden: N = 725 orthopädische und kardiologische<br />
Rehabilitationspatienten wurden zufällig einer<br />
computergestützten Bewegungsberatung oder<br />
einer Kontrollgruppe zugewiesen, die nur einen<br />
Online-Fragebogen ausfüllte. Zusätzlich zur computergestützten<br />
Beratung erhielten Patienten einen<br />
Handlungskontroll-Kalender <strong>zum</strong> Mitnehmen. Zu<br />
Beginn sowie sechs Wochen nach der Rehabilitation<br />
wurden Handlungskontrolle, Zufriedenheit,<br />
Gewohnheitsstärke, körperliche Aktivität sowie<br />
Obst- und Gemüsekonsum erfasst. Die Datenanalyse<br />
erfolgte mittels Mediationsanalysen.<br />
Ergebnisse: Patienten in der Interventionsgruppe<br />
berichteten <strong>zum</strong> Nachbefragungszeitpunkt ein<br />
höheres Ausmaß an körperlicher Aktivität als<br />
Patienten in der Kontrollgruppe. Dies konnte durch<br />
Veränderungen in der wahrgenommenen Zufriedenheit<br />
mit körperlicher Aktivität sowie Veränderungen<br />
der Handlungskontrolle erklärt werden.<br />
Patienten in der Bewegungsberatung berichteten<br />
einen höheren Obst- und Gemüsekonsum als<br />
Patienten in der Kontrollgruppe. Eine Zunahme der<br />
Gewohnheitsstärke in Bezug auf körperliche Aktivität<br />
ging positiv mit Veränderungen im Obst- und<br />
Gemüsekonsum einher.<br />
Schlussfolgerungen: Multimediale Bewegungsberatungen,<br />
die auf Handlungskontrolle und<br />
Zufriedenheit abzielen, steigern möglicherweise<br />
die Effektivität von Rehabilitationsmaßnahmen. Die<br />
Berücksichtigung eines Carry-Over Effektes kann<br />
<strong>für</strong> die Förderung von mehr als einem Gesundheitsverhalten<br />
nützlich sein.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115
46 Symposium: Innovationen in der gesundheitspsychologischen Forschung und Anwendung<br />
Effektivität einer computergestützten Gesundheitsförderungsmaßnahme<br />
im betrieblichen<br />
Kontext: Änderung von Bewegungs- und<br />
Ernährungsverhalten<br />
Sonia Lippke (Freie Universität Berlin), Lena Fleig,<br />
Amelie Wiedemann, Tabea Reuter<br />
Fit <strong>für</strong> den demografischen Wandel?<br />
Ressourcenorientierte Teamentwicklung im<br />
Gesundheitswesen<br />
Nale Lehmann-Willenbrock (Technische Universität<br />
Braunschweig), Diana Hoppe, Simone Kauffeld,<br />
Gesa Horst-Schaper<br />
Fragestellung: Wenn in einem Betrieb eine<br />
Gesundheitsförderung angeboten wird, die auf<br />
ausgewählte Ernährungs- und Bewegungsfacetten<br />
abzielt, lassen sich dann Effekte in diesen und<br />
anderen Verhaltensweisen beobachten? Insbesondere<br />
sollten mögliche Carry-Over-Effekte von<br />
„Freizeitsport“ (FS) auf „Haushaltsaktivitäten“<br />
und „aktive Fortbewegung“ sowie von „Obst- und<br />
Gemüsekonsum“ (OG) auf „Fettreduzierte Ernährungsweise“<br />
und „Essen von Vollkornprodukten“<br />
(EV) untersucht werden.<br />
Methoden: Eine randomisierte Kontrollgruppenstudie<br />
mit Vor- und Nachbefragung wurde über vier<br />
Wochen durchgeführt. 383 Mitarbeiter wurden<br />
einer von zwei Gruppen zugewiesen: (1) Stadienpassende<br />
Intervention (SPI) mit der Förderung von<br />
FS und OG oder (2) einer Standardbehandlung (SB)<br />
mit Feedback <strong>zum</strong> Body-Mass-Index (BMI) und<br />
einem Quiz, das OG und EV ansprach. Interventionseffekte<br />
wurden hinsichtlich Stadienwechseln<br />
und Verhaltensänderung überprüft.<br />
Ergebnisse: SPI war effektiver als SB in Bezug<br />
auf Stadienwechsel der direkt angesprochenen Verhaltensweisen<br />
sowie BMI und subjektiver Gesundheit.<br />
Bei Evaluation der Verhaltensweisen zeigte<br />
sich die Überlegenheit der SPI nur hinsichtlich FS<br />
und nicht im OG. Carry-Over-Effekte ließen sich<br />
nicht finden.<br />
Schlussfolgerungen: Computergestützte<br />
Maßnahmen zur Verhaltensänderung lassen sich<br />
gewinnbringend in den betrieblichen Kontext integrieren.<br />
Damit können Mitarbeiter motiviert werden,<br />
ihr Verhalten zu optimieren und Risikofaktoren zu<br />
minimieren. Jedoch werden keine Verhaltensfacetten<br />
geändert, die nicht explizit adressiert werden.<br />
Zukünftige Forschung sollte untersuchen, ob dies<br />
die Regulationskapazitäten der Rezipienten zu sehr<br />
belastet und ob Interventionen so gestaltet werden<br />
können, dass sie explizit Carry-Over-Effekte<br />
nutzen und damit möglicherweise auch nicht explizit<br />
adressierte Verhaltensweisen optimiert werden<br />
können.<br />
Der demografische Wandel bedeutet nachhaltige<br />
Veränderungen <strong>für</strong> Teams, in denen unterschiedliche<br />
Altersgruppen zusammen arbeiten (Roth,<br />
Wegge & Schmidt, 2009). Altersheterogene Teams<br />
bieten deutliche Chancen <strong>für</strong> eine effektive Zusammenarbeit,<br />
aber auch einige Hürden (Lehmann-<br />
Willenbrock & Kauffeld, 2009). Wie kann Teamentwicklung<br />
hier ansetzen?<br />
In einem großen Krankenhaus wurde ein Teamentwicklungskonzept<br />
<strong>für</strong> altersheterogene<br />
Pflege-Teams aus vier Bereichen erprobt. In einer<br />
Mitarbeiterbefragung (N = 138) und begleitenden<br />
halbstrukturierten Führungskräfteinterviews<br />
(N = 11) wurden Anforderungen und Kompetenzen<br />
sowie Aspekte der Zusammenarbeit im Team<br />
(Vertrauen, Team Commitment, Selbstwirksamkeit,<br />
Work-Life Balance) erhoben. Aufbauend auf der<br />
Mitarbeiterbefragung wurden eintägige lösungsorienterte<br />
Workshops durchgeführt, um Potenziale<br />
im Team zu aktivieren und die Zusammenarbeit als<br />
Ressource gegen Stress und Belastung nutzbar zu<br />
machen (vgl. v. Rosenstiel, Braumandl & Wastian,<br />
2009). Zur Transfersicherung wurden konkrete<br />
Maßnahmenpläne erarbeitet, deren Umsetzung<br />
im Arbeitsalltag jeweils zwei Monate nach dem<br />
Workshop in moderierten Transfer-Runden abgeglichen<br />
wurde.<br />
Die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung und der<br />
Führungskräfteinterviews zeigen kaum signifikante<br />
Kompetenzunterschiede zwischen Älteren und<br />
Jüngeren. Darüber hinaus werden Aspekte der<br />
Zusammenarbeit von Älteren und Jüngeren ähnlich<br />
eingeschätzt. Die durchschnittliche Zufriedenheit<br />
mit dem Workshop lag bei 90 % und die durchschnittliche<br />
Maßnahmenumsetzung bei 66 %.<br />
Transfersichere Teamentwicklung mit dem Ziel<br />
gemeinsamen Lernens ist eine wirksame Unterstützung<br />
<strong>für</strong> altersgemischte Teams. Arbeitgeber<br />
und Führungskräfte sollten adäquate Konfliktbewältigung<br />
vermitteln und eine positive Einstellung<br />
zur Altersdiversität fördern. Ressourcenorientierte<br />
Teamentwicklung führt weg vom Defizitdenken<br />
und fokussiert stattdessen gemeinsame Ressourcen<br />
in altersheterogenen Teams.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115
Symposium: Innovationen in der gesundheitspsychologischen Forschung und Anwendung 47<br />
Was bringt Selbstregulation <strong>für</strong> die Planung<br />
körperlicher Aktivitäten? Moderations- und<br />
Mediationsanalysen zur Intentions-Verhaltens-<br />
Lücke<br />
Juliane Paech (Freie Universität Berlin), Daniela<br />
Lange<br />
Fragestellung: Viele Studien haben gezeigt,<br />
dass Planung die Intentions-Verhaltens-Lücke<br />
schließt: Wer genau plant, wann, wo und wie<br />
er seine Ziele in die Tat umsetzen will, schafft<br />
dies auch mit einer höheren Wahrscheinlichkeit.<br />
Weniger ist jedoch bekannt über Mechanismen,<br />
die zwischen Intention und Planung mediieren.<br />
Deswegen war das Ziel dieser Studie, zu klären, ob<br />
eine generelle Selbstregulation zwischen Intention<br />
und Planung mediiert und ob dieser Faktor zur Aufklärung<br />
von anschließendem Verhalten beiträgt.<br />
Methoden: Es wurde eine Befragungsstudie mit<br />
drei Messzeitpunkten über einen Zeitraum von vier<br />
Monaten durchgeführt. Insgesamt machten 457<br />
Personen Angaben zu Intention, genereller Selbstregulation,<br />
Planung und Verhalten. Die Datenanalyse<br />
erfolgte mittels Mediations- und Moderationsanalysen.<br />
Ergebnisse: Selbstregulation klärte neben Intention<br />
und Planung einen signifikanten Anteil der<br />
Verhaltensvarianz auf. Bei der Analyse der Mechanismen<br />
zeigte sich jedoch, dass Selbstregulation<br />
nur partiell zwischen Intention und Planung mediierte,<br />
während Planung vollständig den Effekt von<br />
Selbstregulation auf Verhalten vermittelte. Selbstregulation<br />
und Planung interagierten dahingehend,<br />
dass bei einer hohen Selbstregulation das Planen<br />
wirksamer wird: Nur wenn Menschen bei Schwierigkeiten<br />
selbstregulative Strategien anwenden<br />
können, bringt das konkrete Planen des Verhaltens<br />
auch mehr.<br />
Schlussfolgerungen: Für Interventionen zu<br />
körperlicher Aktivität erscheint die Berücksichtigung<br />
von Selbstregulation erfolgversprechend:<br />
Eine gute Selbstregulation kann den Startpunkt<br />
<strong>für</strong> erfolgreiche Planung und die Ausführung von<br />
intendierten körperlichen Aktivitäten darstellen. In<br />
Planungsinterventionen könnte bspw. eine Komponente<br />
einbezogen werden, Menschen zuerst<br />
Strategien zur Selbstregulation zu vermitteln und<br />
dann die Planung von Handlungszielen konkret<br />
anzusprechen.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115
48 Symposium: Impfen und das Internet<br />
Symposium: Impfen und das<br />
Internet – moderne Gesundheitskommunikation<br />
und ihre Wirkung<br />
Vorsitz:<br />
Cornelia Betsch (Universität Erfurt )<br />
Diskutantin:<br />
Constanze Rossmann<br />
Am Beispiel von Impfentscheidungen werden<br />
Chancen, Grenzen und Gefahren des Internets als<br />
Medium zur Gesundheits- und Risikokommunikation<br />
aufgezeigt. Fehlendes oder mangelhaftes<br />
Wissen über Impfungen ist weit verbreitet und<br />
beeinflusst Impfentscheidungen negativ (Siegrist &<br />
Zingg). Bereits eine kurze Informationssuche <strong>zum</strong><br />
Thema Impfen führt im Internet schnell auf impfkritische<br />
Seiten, die sowohl kurz- als auch langfristig<br />
die Wahrnehmung von Impfrisiken erhöhen<br />
und zu weniger Impfverhalten führen (Betsch &<br />
Renkewitz). Dabei zeigt sich, dass besonders das<br />
gefühlte Risiko (worry) Präventionsverhalten beeinflusst,<br />
weniger die tatsächliche Wahrnehmungen<br />
von numerisch repräsentierten Risiken (Renner &<br />
Reuter). Die Einflussmöglichkeit des Internets in<br />
der Risikokommunikation wird ebenfalls beleuchtet,<br />
z. B. als Medium, um bestehende falsche Vorstellungen<br />
durch Dementis dort zu korrigieren, wo<br />
sie verbreitet werden (Sachse & Betsch). Gründe<br />
<strong>für</strong> die verbreiteten öffentlichen Fehlwahrnehmungen<br />
medizinischer Behandlungsmöglichkeiten und<br />
Interventionen werden diskutiert (Gaissmaier)<br />
sowie abschließend die Möglichkeiten und Grenzen<br />
des Internets als Medium zur Gesundheitsund<br />
Risikokommunikation kritisch beleuchtet.-<br />
Beiträge:<br />
• Der Einfluss von Wissen auf die Akzeptanz von<br />
Impfungen (Siegrist)<br />
• Der Einfluss impfkritischer Internetseiten auf die<br />
Wahrnehmung von Impfrisiken (Betsch)<br />
• The numbers of risk, affect-laden risk perception<br />
and preventive behaviors: The case of the new<br />
H1N1 influenza (Renner)<br />
• Wie wirkt die Entkräftung von impfkritischen<br />
Argumenten im Internet? (Sachse)<br />
• (Miss-)Verständnis von Nutzen und Risiken in<br />
der Medizin im Internetzeitalter (Gaissmaier)<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116
Symposium: Impfen und das Internet 49<br />
Der Einfluss von Wissen auf die Akzeptanz von<br />
Impfungen<br />
Der Einfluss impfkritischer Internetseiten auf<br />
die Wahrnehmung von Impfrisiken<br />
Michael Siegrist (Eidgenössische Technische<br />
Hochschule Zürich), Alexandra Zingg<br />
Cornelia Betsch (Universität Erfurt), Frank<br />
Renkewitz<br />
Wir müssen uns jedes Jahr <strong>für</strong> oder gegen eine<br />
Grippeimpfung entscheiden. Eltern müssen sich<br />
entscheiden, ob sie ihre Kinder gegen verschiedene<br />
Kinderkrankheiten impfen lassen wollen. In<br />
der vorliegenden Studie wurde das Wissen über<br />
Impfungen gemessen. Weiter wurde überprüft,<br />
welchen Einfluss das Wissen auf die Impfbereitschaft<br />
hat. Die Wissensfragen bezogen sich auf<br />
die Wirkung und Konsequenzen von sowie Immunisierung<br />
durch Impfungen. Weiter wurden auch<br />
Fragen <strong>zum</strong> Impfverhalten gestellt (u. a. saisonale<br />
Grippeimpfung und Impfungen bei den eigenen<br />
Kindern).<br />
Die Daten wurden mittels schriftlicher Befragung<br />
bei einer Zufallsstichprobe aus dem Telefonbuch<br />
der Deutsch- und Westschweiz gezogen. Die<br />
Rücklaufquote betrug 4 % (N = 1.123). Es wurde<br />
überprüft, ob die Wissensfragen zu einer Mokkenskala<br />
zusammengefasst werden können. Bei<br />
der Mokkenskala handelt es sich um eine nichtparametrische<br />
probabilistische Guttmanskala. Zehn<br />
Wissensfragen konnten zu einer Skala mit guten<br />
(ρ = .80) Skaleneigenschaften zusammengefasst<br />
werden (H = .43).<br />
Unsere Ergebnisse zeigen, dass viele Personen<br />
nicht nur über wenig Wissen verfügen, sondern<br />
<strong>zum</strong> Teil falsche Vorstellungen über Wirkung und<br />
Nutzen von Impfungen haben. Zwischen der Wissensskala<br />
und dem selbstberichteten Impfverhalten<br />
konnten signifikante Korrelationen beobachtet<br />
werden. Eltern mit mehr Wissen über Impfungen<br />
lassen ihre Kinder signifikant häufiger impfen als<br />
Eltern mit wenig Wissen über Impfungen.<br />
Die Daten zeigen, dass die Wissensvermittlung<br />
nicht vernachlässigt werden sollte, wenn die<br />
Durchimpfungsrate der Bevölkerung erhöht werden<br />
soll. Denn Personen mit Wissenslücken sind<br />
weniger bereit, ihre Kinder gegen Kinderkrankheiten<br />
impfen zu lassen oder sich selber gegen die<br />
saisonale Grippe zu impfen.<br />
Hintergrund: Eltern suchen häufig im Internet<br />
nach Informationen, wenn es um die Entscheidung<br />
<strong>für</strong> oder gegen das Impfen geht. Dabei stoßen<br />
sie mit dem Suchwort „impfen“ schnell auch auf<br />
impfkritische und -gegnerische Internetseiten. In<br />
einer Online-Studie wurde der kurz- und langfristige<br />
Effekt einer 5-10 minütigen Suche auf einer<br />
typischen impfkritischen Internetseite untersucht.<br />
Methoden: Im Internet akquirierte TeilnehmerInnen<br />
(N = 325; 92 % Eltern, 79 % mindestens mit<br />
Abitur) wurden mittels Online-Befragung zufällig<br />
auf eine typische impfkritische Internetseite oder<br />
die Impfseite der BZgA als neutrale Kontrollseite<br />
zugewiesen. Erfasst wurden vor und nach der<br />
Suche die Risikowahrnehmung (des Impfens und<br />
Nichtimpfens) und Impfintentionen <strong>für</strong> vier empfohlene<br />
Impfungen. Fünf Monate später (N = 152)<br />
wurden verschiedene Aspekte der Informationssuche<br />
in der Folge der Studie erfasst, sowie ob<br />
im Zeitraum zwischen den Befragungen eine oder<br />
mehrere Impfungen fällig waren und ob diese<br />
verabreicht wurden.<br />
Ergebnisse: Bereits ein kurzer Besuch der impfkritischen<br />
Internetseite (im Vergleich zur neutralen<br />
Kontrollseite der BZgA) steigerte das wahrgenommene<br />
Risiko von Impfungen und senkte in der<br />
Folge die Impfintentionen (Betsch et al., 2010).<br />
Die direkten Effekte der manipulierten Internetseiten<br />
waren nach fünf Monaten nicht nachweisbar.<br />
Jedoch zeigte sich, dass Impfschäden auch nach<br />
fünf Monaten als wahrscheinlicher und schwerwiegender<br />
eingeschätzt werden, wenn das wahrgenommene<br />
Impfrisiko nach der Informationssuche<br />
hoch war; ferner kommt es in der Folge zu einer<br />
konfirmatorischen Informationssuche. Wurde das<br />
Risiko des Nichtimpfens als hoch wahrgenommen,<br />
wurde häufiger geimpft, wurde das Impfrisiko als<br />
hoch eingeschätzt, kam es zu geringeren Impfraten<br />
(Betsch & Renkewitz, 2009).<br />
Schlussfolgerungen: Impfkritische Internetseiten<br />
scheinen eine eher indirekte Wirkung auf<br />
das Impfverhalten zu haben; sie erhöhen zwar<br />
langfristig nicht unbedingt die Risikowahrnehmung,<br />
ein kurzfristig als erhöht wahrgenommenes Risiko<br />
führt jedoch zu verändertem Informationssucheverhalten<br />
und langfristig zu einer veränderten Wahrnehmung<br />
des Impfens und des Impfverhaltens.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116
50 Symposium: Impfen und das Internet<br />
The numbers of risk, affect-laden risk perception<br />
and preventive behaviors: The case of the<br />
new H1N1 influenza<br />
Britta Renner (Universität Konstanz), Tabea Reuter<br />
Wie wirkt die Entkräftung von impfkritischen<br />
Argumenten im Internet?<br />
Katharina Sachse (Technische Universität Berlin),<br />
Cornelia Betsch<br />
Perceptions of a health risk are commonly measured<br />
by cognitive probability x severity judgments.<br />
However, risk perceptions that capture more selfrelevant<br />
or affect-laden facets (e.g., worry) appear<br />
to be more powerful predictors of health protective<br />
behaviors than the numbers of risk.<br />
We argue that the numbers of risk may determine<br />
the amount of worry which facilitates preventive<br />
behaviors. This study therefore examines the<br />
impact of both facets, cognitive and affect-laden<br />
risk perceptions on preventive behaviors across<br />
time in the context of the new H1N1 influenza. A<br />
longitudinal sample provided three repeated measures<br />
of risk perception and precautionary behaviours<br />
across five months.<br />
The cognitive probability x severity interaction of<br />
an H1N1 infection predicted the amount of felt<br />
worry regarding the influenza at T1. Worries about<br />
an influenza infection in turn facilitated the intention<br />
to take preventive action behaviors (e.g., to<br />
get vaccinated) whereas worries about negative<br />
side effects of the vaccination impended the intention<br />
at T2. Finally, intention predicted vaccination<br />
behavior and hygienic behaviors at T3 seven weeks<br />
later.<br />
The results suggest that the perceived numbers of<br />
risk do not directly impact preventive intention but<br />
that they facilitate more affect-laden risk perceptions<br />
which motivate protective action.<br />
Das Internet ist der wichtigste Kommunikationskanal<br />
<strong>für</strong> Impfgegner. Auf ihren Websites, die bei<br />
Suchanfragen zu Impfthemen stets auf oberen<br />
Plätzen der Trefferliste zu finden sind, werden zahlreiche<br />
Impfrisiken behauptet. Deutsche Gesundheitsbehörden<br />
entgegnen diesen Behauptungen,<br />
indem sie diese auf ihren Websites mit wissenschaftlichen<br />
Argumenten entkräften.<br />
Ziel dieser Arbeit ist es zu untersuchen, wie im<br />
Raum stehende Risiken wirkungsvoll relativiert<br />
oder dementiert werden können. In zwei Online-<br />
Studien haben wir am Beispiel einer fiktiven<br />
Schutzimpfung untersucht, welchen Einfluss die<br />
Intensität der Entwarnung auf die Wahrnehmung<br />
von Impfrisiken und die Impfbereitschaft hat. Dazu<br />
präsentierten wir Probanden leicht variierte Aussagen<br />
des Robert Koch-Instituts, die die von Impfskeptikern<br />
behaupteten Risiken entweder relativieren<br />
oder völlig dementieren. In einem Experiment<br />
wurde zusätzlich die Glaubwürdigkeit der Informationsquelle<br />
manipuliert, indem diese Informationen<br />
einmal auf der Website einer fiktiven staatlichen<br />
Institution (hohe Vertrauenswürdigkeit) und einmal<br />
auf der Website eines fiktiven Pharmaherstellers<br />
(geringe Vertrauenswürdigkeit) präsentiert wurden.<br />
Es zeigt sich paradoxerweise, dass bei einem<br />
völligen Risikodementi das Risiko von Impfschäden<br />
<strong>für</strong> größer gehalten wird als bei einer Relativierung<br />
des Risikos. Analog dazu ist die Impfbereitschaft<br />
bei völligem Dementi geringer. Hinsichtlich der<br />
Glaubwürdigkeit zeigt sich ein marginaler Interaktionseffekt:<br />
Wird das Risiko von der staatlichen<br />
Institution dementiert, halten die Rezipienten das<br />
Impfrisiko <strong>für</strong> geringer als bei der Relativierung.<br />
Für Informationen des Pharmaherstellers gilt das<br />
Gegenteil. Hier halten Rezipienten das Impfrisiko<br />
<strong>für</strong> größer, wenn es dementiert statt relativiert<br />
wird.<br />
Der Erfolg der Entkräftung fälschlich behaupteter<br />
Impfrisiken im Internet hängt daher nicht nur von<br />
der Formulierung, sondern auch von der Platzierung<br />
ab.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116
Symposium: Impfen und das Internet 51<br />
(Miss-)Verständnis von Nutzen und Risiken in<br />
der Medizin im Internetzeitalter<br />
Wolfgang Gaissmaier (Max-Planck-Institut <strong>für</strong><br />
Bildungsforschung)<br />
„In dieser Welt ist nichts gewiss, außer dem Tod<br />
und den Steuern“, hat Benjamin Franklin bereits<br />
1789, am Vorabend der französischen Revolution,<br />
geschrieben.<br />
Diese ironische Aussage verdeutlicht, dass alles<br />
im Leben ungewiss und mit Risiko behaftet ist und<br />
wir dieser Ungewissheit permanent ausgeliefert<br />
sind. Doch anstatt mit dieser Unsicherheit umzugehen,<br />
vermeiden es viele Menschen bei Gesundheitsentscheidungen,<br />
einschließlich Impfentscheidungen,<br />
tatsächliche Evidenz zu berücksichtigen.<br />
Häufig <strong>für</strong>chten sich Menschen bezüglich ihrer<br />
Gesundheit am meisten vor Dingen, die sie am<br />
wenigsten bedrohen.<br />
Das Internet wird zunehmend dazu verwendet,<br />
sich über Gesundheitsthemen zu informieren,<br />
und stellt diesbezüglich gleichzeitig Chance und<br />
Risiko dar: Wer sich auskennt, wird im Internet<br />
hervorragende Informationen finden, doch wird<br />
man auch mit sehr verzerrten Aussagen geradezu<br />
überschwemmt.<br />
Der Beitrag beleuchtet, i) woher Missverständnisse<br />
von Nutzen und Risiken von medizinischen<br />
Behandlungen kommen, ii) wie man die Öffentlichkeit<br />
adäquater informieren kann, und iii) wie<br />
Menschen nach Informationen im Netz suchen<br />
und welche Fähigkeiten sie brauchen, um „gute“<br />
von „schlechten“ Informationen unterscheiden zu<br />
können.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116
52 Eingeladenes Symposium: Bewältigung von Stress und Krankheit<br />
Eingeladenes Symposium:<br />
Bewältigung von Stress und<br />
Krankheit<br />
Vorsitz:<br />
Urte Scholz (Universität Zürich)<br />
Diskutantin:<br />
Hannelore Weber (Universität Greifswald)<br />
Die Bewältigung schwieriger Lebenssituationen<br />
stellt eine Herausforderung <strong>für</strong> die betroffenen<br />
Individuen und deren soziales Netzwerk dar. Dieses<br />
Symposium verbindet Arbeiten der aktuellen<br />
Bewältigungsforschung zu individuellen sowie<br />
sozialen Faktoren im Rahmen von Stress und<br />
Stressbewältigung.<br />
Im Kontext Herzerkrankung demonstrieren die<br />
Beiträge von Spaderna et al. sowie von Kendel und<br />
Kollegen die Relevanz psychosozialer Risikofaktoren<br />
bzw. selbstberichteter körperlicher Funktionen<br />
<strong>für</strong> den Verlauf der Erkrankung. Burkert und Kollegen<br />
widmen sich im Kontext Prostatakrebs der<br />
vermittelnden Rolle sozialer Austauschprozesse <strong>für</strong><br />
den Erfolg dyadischer Planung bei der Bewältigung<br />
einer Gesundheitsverhaltensänderung. Der Beitrag<br />
von Horn et al. vertieft die dyadische Perspektive<br />
und zeigt, dass Selbstöffnung eine relevante interpersonelle<br />
Strategie zur Steigerung des positiven<br />
Affekts beider Partner ist. Die Arbeit von Kohlmann<br />
und Kollegen nimmt <strong>zum</strong> Abschluss wieder eine<br />
individuelle Perspektive ein, bleibt aber bei den<br />
sozialen Faktoren, indem hier im Kulturvergleich<br />
die Rolle der Suche nach sozialer Unterstützung<br />
bei Kindern und Jugendlichen als Bewältigungsstrategie<br />
untersucht wird.<br />
Beiträge:<br />
• Stressbewältigung von Kindern und Jugendlichen<br />
in Deutschland und der Türkei:<br />
Interkulturelle Unterschiede in der Suche nach<br />
sozialer Unterstützung? (Kohlmann)<br />
• Selbstöffnung im Alltag als interpersonelle<br />
Bewältigungsstrategie (Horn)<br />
• Dyadische und individuelle Planung im Rahmen<br />
der Krankheitsverarbeitung (Burkert)<br />
• Warten auf ein neues Herz: Psychosoziales<br />
Risiko beeinflusst die Prognose von Patienten<br />
auf der Warteliste <strong>für</strong> eine Herztransplantation<br />
(Spaderna)<br />
• Die aortokoronare Bypass-Operation im<br />
Geschlechtervergleich: Prädiktoren <strong>für</strong> Lebensqualität<br />
und Mortalität (Kendel)<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113
Eingeladenes Symposium: Bewältigung von Stress und Krankheit 53<br />
Stressbewältigung von Kindern und<br />
Jugendlichen in Deutschland und der Türkei:<br />
Interkulturelle Unterschiede in der Suche nach<br />
sozialer Unterstützung?<br />
Carl-Walter Kohlmann (Pädagogische Hochschule<br />
Schwäbisch Gmünd), Heike Eschenbeck, Uwe<br />
Heim-Dreger, Elif Tasdaban<br />
Fragestellung: Kim, Sherman und Taylor (2008)<br />
beschreiben, dass in eher kollektivistisch orientierten<br />
asiatischen und nordamerikanisch-asiatischen<br />
Kulturkreisen weniger soziale Unterstützung bei<br />
Stress gesucht wird als etwa in individualistischeren<br />
europäischen und nordamerikanisch-europäischen.<br />
Zurückgeführt werden die Unterschiede<br />
u. a. auf Unterschiede in der Bevorzugung von<br />
impliziter Unterstützung bzw. dem nicht belasten<br />
Wollen von Mitgliedern des sozialen Netzwerks.<br />
Die Unterschiede sollen u. a. über soziale und akademische<br />
Stressorklassen hinweg bestehen.<br />
Methode: Befragt wurden Kinder und Jugendliche<br />
(Alter: 9 bis 16 Jahre) in Deutschland (n = 1.240)<br />
und der Türkei (n = 473) zu ihrer Stressbewältigung<br />
in einer sozialen und einer akademischen Stresssituation<br />
(„Streit mit Freund bzw. Freundin“, „zu<br />
viele Hausaufgaben“). Zum Einsatz kam der SSKJ<br />
(Lohaus et al., 2006) in der deutschen bzw. der<br />
türkischen Variante (Eschenbeck et al., im Druck).<br />
Ergebnisse: Entgegen der Erwartung zeigte sich<br />
kein genereller kultureller Unterschied in der Suche<br />
nach sozialer Unterstützung zwischen deutschen<br />
Kindern und Jugendlichen in Deutschland und türkischen<br />
Kindern und Jugendlichen in der Türkei. Eine<br />
signifikante Interaktion von Kultur x Geschlecht,<br />
F (1,1693) = 125.81, p < .001, bestätigte jedoch die<br />
Ausgangshypothese <strong>für</strong> die Mädchen: Türkische<br />
Mädchen berichteten weniger Suche nach sozialer<br />
Unterstützung als deutsche Mädchen. Dies<br />
galt insbesondere in der sozialen Stresssituation.<br />
Auffallend war zudem, dass Geschlechtsunterschiede<br />
in der Suche nach sozialer Unterstützung<br />
in Deutschland viel stärker ausgeprägt waren als in<br />
der Türkei.<br />
Diskussion: Die Ergebnisse können die Generalität<br />
von o. g. kulturellen Unterschieden in der Suche<br />
nach Sozialer Unterstützung über verschiedene<br />
Stresssituationen und unabhängig vom Geschlecht<br />
nicht bestätigen. Gesundheitspsychologische<br />
Implikationen im Kontext von Interkulturalität und<br />
Integration sind zu diskutieren.<br />
Selbstöffnung im Alltag als interpersonelle<br />
Bewältigungsstrategie<br />
Andrea B. Horn (Universität Zürich), Jana Bryjova,<br />
Anik Debrot, Michael Reicherts, Meinrad Perrez<br />
Fragestellung: Die Variabilität und das Level<br />
von im Alltag berichteten momentanen affektiven<br />
Zuständen sind ein innovativer Indikator des emotionalen<br />
Stresserlebens von Individuen und spiegeln<br />
Prozesse, die von hoher Relevanz <strong>für</strong> die psychische<br />
und auch körperliche Gesundheit sind. Die<br />
Fähigkeit des Individuums zur Emotionsregulation<br />
ist im Copingverhalten gerade bei nicht kontrollierbaren<br />
Stressoren zentral. Emotionsregulation ist<br />
nicht nur an intrapsychische Prozesse gebunden,<br />
sondern geschieht auch in interpersoneller Interaktion.<br />
Selbstöffnung (disclosure) scheint hierbei<br />
eine zentrale, insbesondere <strong>für</strong> die Gesundheit<br />
wichtige Strategie zu sein. Die Untersuchung des<br />
Zusammenhangs von Selbstöffnung und emotionalen<br />
Erleben im Alltag von jungen Paaren ist das Ziel<br />
der vorzustellenden Studie.<br />
Methoden: 100 junge Paare (Durchschnittsalter<br />
26) wurden synchron viermal am Tag über eine<br />
Woche hinweg zu ihrem momentanen affektiven<br />
Erleben und ihrem Selbstöffnungverhalten mit<br />
Hilfe von computergestützten Ambulanten Assessment<br />
befragt.<br />
Ergebnisse: Interpersonelle Strategien wie<br />
Selbstöffnung (disclosure) werden im Alltag<br />
häufig in zeitlicher Nähe zu Stresserleben<br />
angewandt, insbesondere das Mitteilen negativer<br />
Empfindungen, während weniger positives<br />
Erleben mit dem Partner geteilt wird. In Aktor-<br />
Partner-Interdependenz-Analysen erweist<br />
sich Selbstöffnung insgesamt als assoziiert<br />
mit positiverem affektiven Erleben. Dieser<br />
Zusammenhang ist nicht nur beim Selbstöffnenden<br />
selbst zu beobachten, sondern zeigt<br />
sich auch im affektiven Erleben des Partners.<br />
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse<br />
unterstreichen die Relevanz interpersoneller<br />
Strategien der Emotionsregulation und<br />
interaktioneller Prozesse der Emotionsregulation<br />
im Alltag <strong>für</strong> psychische Gesundheit und<br />
Wohlbefinden.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113
54 Eingeladenes Symposium: Bewältigung von Stress und Krankheit<br />
Dyadische und individuelle Planung im Rahmen<br />
der Krankheitsverarbeitung<br />
Silke Burkert (Charité Universitätsmedizin Berlin),<br />
Nina Knoll, Oliver Gralla<br />
Fragestellung: In der gesundheitspsychologischen<br />
Forschung wird der Einfluss von individueller<br />
Planung auf das Gesundheitsverhalten untersucht.<br />
Beim Planen wird festgelegt, wann, wo und wie<br />
das intendierte Verhalten ausgeübt werden soll.<br />
In dieser Untersuchung wird die Perspektive vom<br />
individuellen auf das dyadische Planen erweitert,<br />
indem Pläne von einer Zielperson und einem<br />
Partner generiert werden, während das geplante<br />
Verhalten von der Zielperson alleine ausgeübt<br />
werden soll.<br />
Methode: In dieser Längschnittstudie wurden<br />
N = 141 Prostatektomiepatienten und ihre Partnerinnen<br />
zu drei Messzeitpunkten untersucht, indem<br />
Selbstberichtsdaten zur dyadischen und individuellen<br />
Planung, zu selbstregulativen und sozialen<br />
Austauschprozessen sowie <strong>zum</strong> Beckenbodentraining<br />
des Patienten erhoben und mit Hilfe von<br />
Pfadanalysen ausgewertet wurden.<br />
Ergebnisse: Dyadische Planung war am stärksten<br />
mit den sozialen Austauschprozessen assoziiert.<br />
Sein Effekt auf das Beckenbodentraining wurde<br />
durch verhaltensspezifische Unterstützung mediiert.<br />
Der Zusammenhang von dyadischer Planung<br />
und verhaltenspezifischer sozialer Kontrolle durch<br />
die Partnerin wurde durch die individuelle Planung<br />
moderiert.<br />
Schlussfolgerungen: Die aktuellen Befunde<br />
unterstreichen die Bedeutung sowohl dyadischer<br />
Planung in Ergänzung zur individuellen Planung, als<br />
auch sozialer Austauschprozesse in Ergänzung zu<br />
selbstregulativen Prozessen <strong>für</strong> die Vorhersage von<br />
Gesundheitsverhalten im Rahmen der Krankheitsverarbeitung.<br />
Warten auf ein neues Herz: Psychosoziales<br />
Risiko beeinflusst die Prognose von Patienten<br />
auf der Warteliste <strong>für</strong> eine Herztransplantation<br />
Heike Spaderna (Johannes Gutenberg-Universität<br />
Mainz), Gerdi Weidner<br />
Es wurde untersucht, wie psychosoziales Risiko<br />
bei Patienten, die auf eine Herztransplantation<br />
(HTx) warten, mit medizinischen und subjektiven<br />
Merkmalen bei Listung und mit Outcomes während<br />
der Wartezeit assoziiert ist.<br />
Methoden: 318 Patienten (82 % Männer, 53 ± 11<br />
Jahre) aus 17 Kliniken bearbeiteten kurz nach Listung<br />
Fragebogen zu wartezeitspezifischen Belastungen,<br />
Depressivität und sozialen Kontakten.<br />
Eurotransplant lieferte medizinische Risikofaktoren<br />
bei Listung und Änderungen im Wartelistenstatus.<br />
Drei psychosoziale Risikogruppen (depressiv/sozial<br />
isoliert; nicht depressiv/sozial integriert; depressiv<br />
oder sozial isoliert) wurden hinsichtlich der Baseline-Merkmale<br />
verglichen und ihr Beitrag zur Vorhersage<br />
der Outcomes (Tod, hochdringliche HTx,<br />
elektive HTx, Abmeldung, Implantation mechanischer<br />
Kreislaufunterstützung [MKU]) mittels Cox<br />
Proportional Hazard Modellen unter Berücksichtigung<br />
konkurrierender Risiken analysiert.<br />
Bei Listung waren die psychosozialen Risikogruppen<br />
vergleichbar hinsichtlich demografischer und<br />
medizinischer Faktoren sowie körperlichen Belastungen,<br />
unterschieden sich aber in emotionalen<br />
Belastungen. Während des Follow-Up (Md = 326<br />
Tage, Range = 5-1682) starben 47 Patienten,<br />
139 wurden transplantiert (100 hochdringlich), 44<br />
wurden abgemeldet (30 wegen klinischer Verbesserung,<br />
14 wegen Verschlechterung), und 26<br />
Patienten erhielten MKU. Erhöhtes psychosoziales<br />
Risiko (kontrolliert <strong>für</strong> Alter, Geschlecht und<br />
medizinisches Risiko) war mit MKU-Implantation<br />
assoziiert (p < .04; 19 % der Patienten mit mindestens<br />
einem erhöhten psychosozialen Risikofaktor),<br />
während Patienten ohne psychosoziales Risiko<br />
kein MKU benötigten und eher wegen Verbesserung<br />
abgemeldet wurden (p < .01; 22 % versus<br />
9 % und 6 %).<br />
Depressivität und soziale Isolation sind mit spezifischen<br />
Belastungen verbunden und wirken sich<br />
auf die Prognose während der Wartezeit aus. Sie<br />
stellen daher wichtige Ansatzpunkte <strong>für</strong> die Krankheitsbewältigung<br />
dar.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113
Eingeladenes Symposium: Bewältigung von Stress und Krankheit 55<br />
Die aortokoronare Bypass-Operation im<br />
Geschlechtervergleich: Prädiktoren <strong>für</strong> Lebensqualität<br />
und Mortalität<br />
Friederike Kendel (Charité Universitätsmedizin<br />
Berlin)<br />
Fragestellung: Nach einer aortokoronaren<br />
Bypass-Operation berichten Frauen eine schlechtere<br />
Lebensqualität als Männer und haben ein<br />
höheres Mortalitätsrisiko. Die Gründe da<strong>für</strong> sind<br />
bislang nicht ausreichend geklärt.<br />
Methoden: Insgesamt 1.559 Patienten, die sich in<br />
den Jahren 2005 bis 2008 am Deutschen Herzzentrum<br />
Berlin einer Bypass-Operation unterzogen,<br />
wurden in eine prospektive Studie (Vera Regitz-<br />
Zagrosek, Friederike Kendel, Anne Dunkel, Götz<br />
Gelbrich, Elke Lehmkuhl, Sabine Oertelt-Prigione,<br />
Roland Hetzer) eingeschlossen. Psychosoziale Variablen,<br />
klinische Risikofaktoren, Komorbiditäten und<br />
postoperative Komplikationen wurden in Hinblick<br />
auf ihre Fähigkeit, Geschlechterunterschiede in der<br />
Lebensqualität und in der Frühmortalität zu erklären,<br />
untersucht.<br />
Ergebnisse: Frauen berichteten prä- und postoperativ,<br />
auch in Relation zu der altersadjustierten<br />
Normstichprobe, eine schlechtere Lebensqualität<br />
als Männer. Die Frühmortalitätsrate war in der<br />
Gruppe der Frauen gegenüber Männern deutlich<br />
erhöht (HR = 2.91, 95 % KI 1.70 - 4.96, p < 0.001).<br />
Als mediierende Variable <strong>für</strong> den Zusammenhang<br />
zwischen Geschlecht und Lebensqualität erwies<br />
sich die Depressivität. Der Zusammenhang zwischen<br />
Geschlecht und Frühmortalität wurde neben<br />
dem Alter vor allem von der selbstberichteten<br />
(präoperativen) körperlichen Funktion und postoperativen<br />
Komplikationen erklärt.<br />
Schlussfolgerung: Selbstberichtete Parameter<br />
haben sowohl bei der Lebensqualität als auch<br />
bei der Mortalität einen hohen Erklärungswert <strong>für</strong><br />
die schlechtere Prognose von Frauen nach einer<br />
Bypass-Operation.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113
56 Symposium: Ambulantes Assessment in der <strong>Gesundheitspsychologie</strong><br />
Symposium:<br />
Ambulantes Assessment in der<br />
Gesundheits psychologie<br />
Vorsitz:<br />
Martina Kanning (Universität Stuttgart), Gorden<br />
Sudeck (Universität Bern)<br />
Diskutant:<br />
Ulrich Ebner-Priemer (Universität Karlsruhe)<br />
Verhalten und Erleben sind zentrale Forschungsgebiete<br />
der (Gesundheits-)Psychologie. Nicht wenige<br />
Forschungsfragen fokussieren das dynamische<br />
Wechselspiel von Verhalten und Erleben zwischen<br />
Person und Situation. Unterschiedliche Befunde<br />
deuten an, dass <strong>für</strong> die Bearbeitung solcher Fragestellungen<br />
Informationen auf Basis retrospektiv<br />
ausgefüllter Fragebögen häufig nicht ausreichend<br />
sind.<br />
Das ambulante Assessment ist eine Untersuchungsmethode,<br />
anhand der momentane<br />
Zustände wie beispielsweise das Befinden direkt<br />
in jenen Situationen des Alltags erhoben werden<br />
können, in denen ein Effekt vermutet wird.<br />
Das Symposium möchte auf der Basis typischer<br />
Fragestellungen, <strong>für</strong> die das ambulante Assessments<br />
einen geeigneten Methodensatz bereitstellt,<br />
die methodische Diskussion im Hinblick<br />
auf eine alltagsnahe (Gesundheits-)Psychologie<br />
fortführen.<br />
Im Detail werden Befindlichkeitsverläufe während<br />
körperlich-sportlicher Aktivitäten analysiert, intraund<br />
interindividuelle Variabilität der Selbstwirksamkeit<br />
und des Befindens untersucht, sowie Beanspruchungssituationen<br />
und deren Effekte auf die<br />
Gedächtnisleistung in unterschiedlichen situativen<br />
Kontexten analysiert. Zum Abschluss wird Ulrich<br />
Ebner-Priemer die präsentierten Studien vor dem<br />
Hintergrund der Vor- und Nachteile eines ambulanten<br />
Assessments diskutieren.<br />
Beiträge:<br />
• Gibt es einen Zusammenhang zwischen Selbstwert<br />
und vagaler Innervation des Herzens im<br />
Alltag? (Schwerdtfeger)<br />
• Alltagsaktivitäten und Befinden: Der Effekt von<br />
Selbstbestimmung (Kanning)<br />
• Sozialer Stress und Gedächtnisleistung im Labor-<br />
Feld-Vergleich (Löffler)<br />
• Zur interindividuellen Variabilität des Befindens<br />
im Verlauf von körperlich-sportlicher Aktivität<br />
(Schmid)<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115
Symposium: Ambulantes Assessment in der <strong>Gesundheitspsychologie</strong> 57<br />
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Selbstwert<br />
und vagaler Innervation des Herzens im<br />
Alltag?<br />
Andreas Schwerdtfeger (Johannes Gutenberg-<br />
Universität Mainz), Sophie-Marie Scheel<br />
Fragestellung: Ein hoher Selbstwert soll<br />
gesundheitsförderlich sein, da er die Reaktion<br />
auf potenzielle Bedrohungen abfedern soll. Eine<br />
ähnliche stresspuffernde Wirkung wird dem<br />
Vagusnerv (der primäre parasympathische Nerv)<br />
zugeschrieben. Entsprechend ist in neuerer Zeit<br />
postuliert worden, dass Selbstwert und vagale<br />
Aktivität (operationalisiert über die Herzratenvariabilität)<br />
miteinander kovariieren. Diese Zusammenhänge<br />
sollen sowohl auf Eigenschafts-, als auch<br />
auf Zustandsebene bestehen, wobei Studien zur<br />
intraindividuellen Kovariation von Selbstwert und<br />
Herzratenvariabilität bislang rar sind. Daher untersuchten<br />
wir Fluktuationen im Selbstwert und der<br />
vagalen Aktivität mittels eines ambulanten Studiendesigns<br />
über einen Tag (22 Stunden).<br />
Methoden: Es wurden 84 Probanden (50 weiblich)<br />
mit einem mittleren Alter von 26 Jahren<br />
rekrutiert. Selbstwert, Herzratenvariabilität sowie<br />
Bewegungsaktivität wurden aufgezeichnet. Etwa<br />
alle 45 Minuten wurde der Selbstwert erfragt und<br />
die physiologischen Maße synchron dazu analysiert.<br />
Ergebnisse: Über den Tag hinweg zeigten männliche<br />
Versuchsteilnehmer einen signifikant höheren<br />
Selbstwert und eine tendenziell höhere Herzratenvariabilität<br />
als weibliche Probanden. Nach Kontrolle<br />
wichtiger konfundierender Variablen (Alter, Body<br />
Mass Index, Rauchen, körperliche Aktivität etc.)<br />
zeigte sich, dass Selbstwert und Herzratenvariabilität<br />
nur bei den männlichen Probanden signifikant<br />
positiv miteinander assoziiert waren, während bei<br />
weiblichen Probanden kein Zusammenhang offensichtlich<br />
wurde.<br />
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse lassen<br />
vermuten, dass die Verbindung von Selbstwert und<br />
vagaler Innervation des Herzens geschlechtsspezifisch<br />
sein könnte und somit die gesundheitsprotektiven<br />
Wirkungen erhöhten Selbstwerts nicht <strong>für</strong><br />
beide Geschlechter gleichermaßen zutreffen.<br />
Alltagsaktivitäten und Befinden: Der Effekt von<br />
Selbstbestimmung<br />
Martina Kanning (Universität Stuttgart), Thomas<br />
Bossmann, Ulrich Ebner-Priemer<br />
Fragestellung: Meta-Analysen zeigen, dass<br />
körperlich-sportliche Aktivitäten (KA) positiv das<br />
Wohlbefinden beeinflussen können. Wir analysieren<br />
diese Assoziation intraindividuell im Längsschnitt<br />
mit einem ambulanten Messverfahrens.<br />
Außerdem wird der moderierende Effekt einer<br />
autonomen Verhaltensregulation untersucht.<br />
Methode: 44 Studierende (Alter: M = 26; SD = 3)<br />
nahmen an der Studie teil. KA wurde kontinuierlich<br />
mit einem Akzelerometer über 24h erhoben.<br />
Momentanes Befinden und die autonome Verhaltensregulation<br />
wurden mit einem elektronischen<br />
Tagebuch durchschnittlich alle 45min in der Zeit<br />
zwischen 8:00 und 22:00 Uhr erfasst. Das Befinden<br />
wurde anhand einer 6-Item Skala in den drei<br />
Subskalen Calmness, Valence und Energetic Arousal<br />
erhoben. Die Selbstkonkordanz wurde anhand<br />
von vier Items erfasst. Für die Analyse wurde die<br />
körperliche Aktivität der letzten zehn Minuten vor<br />
jeder Tagebuchabfrage gemittelt. Intraindividuelle<br />
Effekte wurden mit hierarchischen Modellen analysiert.<br />
Ergebnisse: Die vermutete Interaktion zwischen<br />
Selbstkonkordanz und KA ist signifikant <strong>für</strong> Energetic<br />
Arousal (t(43) = 2.3, p = .03; r = .16) und<br />
Calmness (t(817) = -2.5, p = .01; r = .18) nicht <strong>für</strong><br />
Valence (p = .817). Bei den Haupteffekten zeigen<br />
sich signifikante, positive Effekte von einer autonomen<br />
Verhaltensregulation auf Valence (t(43) = 4.0,<br />
p < .001; r = .35) und auf Calmness (t(43) = 6.4,<br />
p < .001; r = .48). Körperliche Aktivität wirkt signifikant<br />
und positiv auf Energetic Arousal (t(43) = 5.6,<br />
p < .001; r = .38) und auf Valence (t(818) = 2.0,<br />
p = .04; r = .18) und signifikant und negativ auf<br />
Calmness (t(43) = -2.5, p = .02; r = .21).<br />
Schlussfolgerungen: Personen fühlen sich<br />
voller Energie und erregter je selbst bestimmter<br />
sie ihre KA durchführen. Überraschenderweise<br />
fühlen sie sich nicht wohler und zufriedener. Des<br />
Weiteren zeigt sich auch im ambulanten Assessment,<br />
dass körperliche Aktivitäten das momentane<br />
Befinden beeinflussen können: Personen fühlen<br />
sich nach einer KA wacher, wohler und erregter.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115
58 Symposium: Ambulantes Assessment in der <strong>Gesundheitspsychologie</strong><br />
Sozialer Stress und Gedächtnisleistung im<br />
Labor-Feld-Vergleich<br />
Zur interindividuellen Variabilität des Befindens<br />
im Verlauf von körperlich-sportlicher Aktivität<br />
Simone N. Löffler (Karlsruher Institut <strong>für</strong><br />
Technologie), Mike Braner, Martin Peper<br />
Fragestellung: Die Effekte sozialer Beanspruchungssituationen<br />
auf Gedächtnisleistungen wurden<br />
vielfach unter Laborbedingungen untersucht.<br />
Wahrscheinlich ist eine parabolische Beziehung<br />
zwischen Beanspruchungsintensität und Gedächtnisperformanz.<br />
Starke emotionale Aktivierung<br />
scheint stimmungskongruentes Lernen zu begünstigen.<br />
In der vorliegenden Studie wurden die<br />
Effekte psychophysiologischer Beanspruchungsreaktionen<br />
auf deklarative Gedächtnisleistungen im<br />
Labor-Feld-Vergleich geprüft.<br />
Methoden: In der ersten Teilstudie (Labor) wurden<br />
Beanspruchungsreaktionen durch den „Trier<br />
Social Stress Test“ (TSST) erzeugt. Eine Wortliste<br />
bestehend aus jeweils zehn positiven, zehn<br />
negativen und zehn neutralen Substantiven wurde<br />
unmittelbar nach dem TSST, eine weitere Liste in<br />
einer Kontrollbedingung gelernt (N = 21). In der<br />
zweiten Teilstudie (Feld) diente eine mündliche<br />
Präsentation in einer Lehrveranstaltung als Beanspruchungsbedingung.<br />
Die Studierenden (N = 20)<br />
lernten unmittelbar nach dem Referat sowie in<br />
einer Kontrollbedingung. Psychophysiologische<br />
Beanspruchungsreaktionen wurden über die „additional<br />
heart rate“ (AHR; nicht energetisch bedingte<br />
Herzfrequenzanstiege) operationalisiert. Das<br />
subjektive emotionale Befinden wurde mit elektronischen<br />
Tagebüchern erfasst. Im Verlauf des TSST<br />
wurde zusätzlich Speichelcortisol erhoben.<br />
Ergebnisse: Die Beanspruchungsreaktionen<br />
fielen entgegen der Erwartungen im Labor deutlicher<br />
aus als im Feld. Die Gedächtnisleistung<br />
unterschied sich nicht in Beanspruchungs- und<br />
Kontrollbedingung. Stimmungskongruente Lerneffekte<br />
wurden bei den Frauen und bei Probanden,<br />
die bedeutsame AHR-Anstiege zeigten, nachgewiesen.<br />
Schlussfolgerungen: Kombinierte Labor-<br />
Feld-Designs mit multimodaler Datenerfassung<br />
können einen bedeutsamen Beitrag zur Thematik<br />
der emotionalen Gedächtnismodulation leisten, da<br />
so relevante Einflussfaktoren und deren Relevanz<br />
hinsichtlich realer Lebensbedingungen herausgearbeitet<br />
werden können.<br />
Julia Schmid (Universität Bern), Gorden Sudeck<br />
Fragestellung: Positive Effekte sportlicher<br />
Aktivität auf das aktuelle Befinden sind meta-analytisch<br />
gut dokumentiert. Eine Generalisierung der<br />
Befunde wird dadurch eingeschränkt, dass vermehrt<br />
hohe interindividuelle Variabilität beobachtet<br />
wird und Prozesse während der Aktivität defizitär<br />
berücksichtigt wurden. Das Dual-Mode-Modell<br />
postuliert, dass affektive Reaktionen während der<br />
Aktivität bei anstrengender Intensität (im Vergleich<br />
zu moderater oder sehr anstrengender Intensität)<br />
eine höhere Variabilität aufweisen, wobei kognitive<br />
Prozesse (wie Kompetenzerleben) bestimmend<br />
sind. Im Beitrag wird diese Variabilität des Befindens<br />
im Verlauf freizeitsportlicher Aktivität analysiert.<br />
Methode: Es wurden fünf Sportprogramme<br />
<strong>für</strong> Universitätsangestellte zweimal à 3 Monate<br />
realisiert. An jeweils drei der 60-minütigen Kurstermine<br />
wurden Handheld-PC-Befragungen vor,<br />
zweimal während (W1, W2) und nach der Stunde<br />
(E) durchgeführt, mit denen das aktuelle Befinden,<br />
die körperliche Beanspruchung und das Kompetenzerleben<br />
erfasst wurden. An den Befragungen<br />
nahmen 110 Personen (M = 50 Jahre; 51 % Frauen)<br />
mindestens einmal teil. Für die Auswertung wurde<br />
pro Person zufällig eine Sporteinheit ausgewählt.<br />
Ergebnisse: Im Verlauf der Sportaktivität nahm<br />
die Anzahl der Non-Responder (ind. ES < 0.2)<br />
sukzessive ab. Bei W1 waren aber noch relativ<br />
viele Non-Responder zu verzeichnen (Valenz:<br />
57 %; Aktivierung: 42 %; Ruhe: 48 %). Erst am<br />
Ende wurden die üblichen hohen Responder-Raten<br />
beobachtet (Valenz: 70 %; Aktivierung: 73 %; Ruhe<br />
75 %). Bei intensiver Beanspruchung während der<br />
Aktivität war die Varianz der Valenz größer als bei<br />
moderater Beanspruchung. Dabei wurde die Valenz<br />
bei intensiver Beanspruchung stärker durch das<br />
Kompetenzerleben beeinflusst (r = .67, p < .05) als<br />
bei moderater Beanspruchung (r = .16, ns.).<br />
Fazit: Zur Analyse der Variabilität des Befindens<br />
und ihrer Bedingungen in natürlichen Situationen<br />
müssen verstärkt affektive Prozesse während<br />
sportlicher Aktivität betrachtet werden.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115
Arbeitsgruppe: Gesundheit im sozialen Kontext 59<br />
Arbeitsgruppe:<br />
Gesundheit im sozialen Kontext<br />
Vorsitz:<br />
Hendrik Berth (Universitätsklinikum Carl Gustav<br />
Carus Dresden)<br />
Beiträge:<br />
• Arbeitsförderung mit gesundheitlicher Ausrichtung<br />
<strong>für</strong> ältere Langzeitarbeitslose - Ergebnisse<br />
einer randomisierten Studie zur Wirksamkeit<br />
(Herbig)<br />
• How context matters: Wie das Bildungssystem<br />
die sozioökonomischen Unterschiede in der<br />
Gesundheit von Jugendlichen bestimmt<br />
(Rathmann)<br />
• Traditionelle Geschlechtsrolleneinstellungen bei<br />
Männern in nicht-traditionellen Berufen:<br />
Konsequenzen <strong>für</strong> die psychische Gesundheit<br />
(Sobiraj)<br />
• Sozialisationsbedingungen in Familien mit<br />
psychisch erkrankten Eltern: Belastungen aus<br />
der Perspektive betroffener Kinder und<br />
Jugendlicher (Bauer)<br />
• Geschlechtsunterschiede in zwei Phasen der<br />
Schmerztoleranz bei Kindern und Jugendlichen:<br />
Einflüsse von Coping und Selbstwirksamkeit<br />
(Schmitz)<br />
• Arbeitslosigkeitserfahrungen und Körpergewicht<br />
(Berth)<br />
Arbeitsförderung mit gesundheitlicher Ausrichtung<br />
<strong>für</strong> ältere Langzeitarbeitslose – Ergebnisse<br />
einer randomisierten Studie zur Wirksamkeit<br />
Britta Herbig (Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München), Jürgen Glaser, Peter Angerer<br />
Fragestellung: Krankheit kann sowohl Ursache<br />
als auch Folge von Arbeitslosigkeit sein.<br />
Wenn Langzeitarbeitslosigkeit, höheres Alter und<br />
gesundheitliche Einschränkungen zusammenkommen,<br />
kann die Reintegration in den Arbeitsmarkt<br />
besonders problematisch werden. Die vorgestellte<br />
Studie untersucht, ob eine stark individualisierte<br />
Intervention (AmigA-M - Arbeitsförderung mit<br />
gesundheitlicher Ausrichtung in München) <strong>für</strong><br />
diese Zielgruppe wirksam ist, um Integrationsvoraussetzungen<br />
zu verbessern und die Integrationsquote<br />
zu erhöhen.<br />
Methoden: Die Evaluation wurde mit einem<br />
randomisierten Interventions-/Wartegruppendesign<br />
multimethodal durchgeführt. Psychische und physische<br />
Gesundheit wurden in der ärztlichen Diagnostik<br />
erhoben, die Integration(-sfähigkeit) durch Fallmanager.<br />
Objektive Tests wurden zur Erhebung der<br />
kognitiven Leistungsfähigkeit (Gedächtnis, Konzentration,<br />
Psychomotorik und Praktisches Problemlösen)<br />
eingesetzt. Gesundheitsbezogene Stressoren<br />
und Ressourcen wurden durch Selbstberichte mit<br />
etablierten Fragebögen erfasst. Die Auswertungen<br />
erfolgten in einem varianzanalytischen Design mit<br />
Messwiederholung.<br />
Ergebnisse: Mit einer Teilnahmequote von 68.9 %<br />
konnten zu t2 71 Teilnehmer (Interventionsgruppe<br />
N = 27, Wartegruppe N = 44) in die Evaluation<br />
eingeschlossen werden. Die t1 Ergebnisse zeigen<br />
eine hochgradig belastete Gruppe, z. B. hatten<br />
25.5 % zu diesem Zeitpunkt den Befund einer<br />
Major Depression. In der Interventionsgruppe zeigten<br />
sich im Vergleich zur Wartegruppe zu t2 signifikante<br />
Verbesserungen in der Depressivität. Andere<br />
Zielkriterien, wie etwa das durch die Fallmanager<br />
eingeschätzte Integrationsprofil, verändern sich<br />
nicht systematisch.<br />
Schlussfolgerungen: Die Studie zeigt ein<br />
gemischtes Bild der Wirksamkeit der Intervention.<br />
Es wird diskutiert, inwieweit Durchführungsaspekte<br />
optimiert werden müssten und ob vor dem<br />
Hintergrund kurz- und langfristiger gesellschaftlicher<br />
Kosten, eine hochgradig individualisierte<br />
Intervention wie AmigA-M sinnvoll ist.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
60 Arbeitsgruppe: Gesundheit im sozialen Kontext<br />
How context matters: Wie das Bildungssystem<br />
die sozioökonomischen Unterschiede in der<br />
Gesundheit von Jugendlichen bestimmt<br />
Traditionelle Geschlechtsrolleneinstellungen bei<br />
Männern in nicht-traditionellen Berufen:<br />
Konsequenzen <strong>für</strong> die psychische Gesundheit<br />
Katharina Rathmann (Humboldt Universität Berlin)<br />
Dass der sozioökonomische Hintergrund nicht nur<br />
mit der Gesundheit von Heranwachsenden assoziiert<br />
ist, sondern auch mit der Eingruppierung in<br />
unterschiedliche Schulformen in Zusammenhang<br />
steht, konnte bislang belegt werden. Welchen<br />
Einfluss das Bildungssystem und dessen unterschiedliche<br />
Ausgestaltung auf die Gesundheit<br />
und sozioökonomisch bedingten Unterschiede in<br />
der Gesundheit von Jugendlichen in international<br />
vergleichender Perspektive hat, ist bislang wenig<br />
erforscht worden und steht daher im Vordergrund<br />
dieses Beitrags.<br />
Datenbasis ist die internationale Health Behaviour<br />
in School-aged Children-Studie 2005/06.<br />
Insgesamt 25 europäische und nordamerikanische<br />
Länder (n = 111.339) wurden anhand von<br />
bildungssystemspezifischen Merkmalen, wie u. a.<br />
Bildungsjahre gemeinsamen Lernens und Anzahl<br />
der Bildungsgänge, charakterisiert. Um die Relevanz<br />
individueller und bildungssystembezogener<br />
Determinanten <strong>für</strong> die subjektive Gesundheit und<br />
psychosomatische Beschwerdelast abzuschätzen,<br />
wurden logistische Mehrebenenmodelle berechnet.<br />
Heranwachsende in Ländern mit einer höheren<br />
Anzahl an Jahren gemeinsamen Lernens weisen<br />
ein höheres Risiko <strong>für</strong> Beschwerden auf, während<br />
sich <strong>für</strong> die subjektive Gesundheit keine signifikante<br />
Assoziation feststellen ließ. Die Anzahl<br />
der Bildungsgänge stand dagegen nicht mit der<br />
Gesundheit und Beschwerdelast in Zusammenhang.<br />
Für Jugendliche mit niedrigem sozioökonomischem<br />
Status ließ sich darüber hinaus in<br />
Bildungssystemen mit langer Zeit gemeinsamen<br />
Lernens eine bessere Gesundheit beobachten. Die<br />
steigende Anzahl an Bildungsgängen wirkte sich<br />
dagegen positiv auf die Gesundheit und Beschwerdelast<br />
in den unteren Statusgruppen aus. Die<br />
beiden Gesundheitsindikatoren und die sozioökonomisch<br />
bedingten Unterschiede in der Gesundheit<br />
variieren nach bildungssystemspezifischen<br />
Charakteristika.<br />
Daher sollten gesundheitsfördernde Maßnahmen<br />
bereits im Kindes- und Jugendalter zunehmend auf<br />
der Schulebene fokussiert werden.<br />
Sonja Sobiraj (Universität Leipzig), Daniela Weseler,<br />
Sabine Korek, Gisela Mohr<br />
Männer bilden in nicht-traditionellen Berufen (z. B.<br />
Krankenpflege) eine Minderheit auf dem deutschen<br />
Arbeitsmarkt. Dies könnte dadurch bedingt<br />
sein, dass die traditionelle Geschlechtsrolle des<br />
Manns der stereotyp femininen Konnotation<br />
sogenannter Frauenberufe entgegensteht. Wir<br />
beschäftigen uns mit der Fragestellung, ob die<br />
Geschlechtsrolleneinstellungen von Männern in<br />
nicht-traditionellen Berufen deren Gesundheit<br />
beeinträchtigen können und ob erklärende Faktoren<br />
wie erhöhte Geschlechtsrollenkonflikte oder<br />
interpersonelle Konflikte am Arbeitsplatz diese<br />
Gesundheitsbeeinträchtigungen indirekt vermitteln.<br />
Unsere Stichprobe besteht aus 213 Männern<br />
aus verschiedenen nicht-traditionellen Berufen,<br />
die im Rahmen einer Felduntersuchung zu ihren<br />
Geschlechtsrolleneinstellungen gegenüber der<br />
männlichen Rolle, Geschlechtsrollenkonflikten,<br />
sozialen Stressoren am Arbeitsplatz, sowie zu<br />
positiven und negativen Gesundheitsindikatoren<br />
(Depressivität, Irritation, Arbeitszufriedenheit)<br />
befragt wurden.<br />
Je traditioneller die Geschlechtsrolleneinstellungen<br />
der Männer waren, desto höher waren ihre<br />
Depressivität und ihre Irritation bzw. desto niedriger<br />
war ihre Arbeitszufriedenheit. Zudem konnte<br />
durch Bootstrapping Analysen gezeigt werden,<br />
dass diese Zusammenhänge indirekt durch<br />
Geschlechtsrollenkonflikte und soziale Stressoren<br />
am Arbeitsplatz vermittelt wurden.<br />
Schlussfolgernd nehmen wir an, dass traditionelle<br />
Geschlechtsrolleinstellungen bei Männern in nichttraditionellen<br />
Berufen zu Dysfunktions- und Diskrepanz-Stress<br />
führen: Geschlechtsrollenkonflikte<br />
könnten durch die Diskrepanz der Geschlechtsrolleneinstellungen<br />
und situativen Anforderungen<br />
am Arbeitsplatz entstehen. Traditionelle Verhaltensweisen<br />
von Männern in nicht-traditionellen<br />
Berufen erscheinen zudem dysfunktional <strong>für</strong> deren<br />
feminine Berufsrolle und könnten somit soziale<br />
Stressoren am Arbeitsplatz hervorrufen. Egalitäre<br />
Geschlechtsrolleneinstellungen können somit<br />
einen wertvollen Beitrag zur Gesundheit von Männern<br />
leisten.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
Arbeitsgruppe: Gesundheit im sozialen Kontext 61<br />
Sozialisationsbedingungen in Familien mit<br />
psychisch erkrankten Eltern: Belastungen aus<br />
der Perspektive betroffener Kinder und<br />
Jugendlicher<br />
Ullrich Bauer (Universität Duisburg-Essen), Dieter<br />
Heitmann, Miriam Schmuhl, Anke Reinisch<br />
Hintergrund: Studienergebnisse zeigen, dass<br />
Kinder psychisch erkrankter Eltern ein erhöhtes<br />
störungsspezifisches Erkrankungsrisiko aufweisen.<br />
Darüber hinaus ist ihre allgemeine Vulnerabilität<br />
gegenüber psychischen Störungen und Verhaltensauffälligkeiten<br />
signifikant erhöht. Erkenntnisse über<br />
die konkreten Belastungen aus der Perspektive von<br />
Kindern und Jugendlichen, die als Risikofaktoren in<br />
den Sozialisationsverläufen auftreten, stellen noch<br />
immer eine empirische Leerstelle dar. Nicht zuletzt<br />
aufgrund der schwierigen Erreichbarkeit betroffener<br />
Familien existiert bislang kaum eine zielgruppenspezifische<br />
Gesundheitsförderung.<br />
Methodisches Vorgehen: Zielsetzung der<br />
Studie ist es, die Sozialisationsbelastungen aus der<br />
Perspektive der betroffenen Kinder und Jugendlichen<br />
zu explorieren. Im Rahmen eines qualitativen<br />
Designs wurden leitfadengestützte Interviews in<br />
22 Familien mit betroffenen Kindern und Jugendlichen<br />
sowie den erkrankten Elternteilen geführt.<br />
Die Datenanalyse erfolgte nach der Methode der<br />
Grounded Theory.<br />
Ergebnisse: Die Daten zeigen, dass Kinder psychisch<br />
erkrankter Eltern insbesondere durch (1) das<br />
mit einer psychischen Erkrankung einhergehende<br />
Stigma, (2) die Übernahme der elterlichen Rolle,<br />
(3) Verlustängste und (4) Schuldgefühle sowie<br />
(5) elterlichen Druck, (6) soziale Isolation und (7)<br />
familiäre Konflikte belastet sind. Auf Grundlage<br />
der Ergebnisse wurde ein zielgruppenspezifisches<br />
Präventionskonzept entwickelt und erprobt.<br />
Diskussion: Zukünftige gesundheitsfördernde<br />
Interventionen sollten die kindlichen Belastungen<br />
fokussieren, indem beispielsweise Angebote zur<br />
Verbesserung der familiären Krankheitskommunikation,<br />
der kindlichen Netzwerkfähigkeit sowie zur<br />
Förderung der elterlichen Erziehungskompetenzen<br />
konzipiert werden. Bei der Implementierung<br />
des Konzepts zeigte sich dabei insbesondere das<br />
Setting der Erwachsenenpsychiatrie als probater<br />
Zugangsweg, um betroffene Familien zu erreichen.<br />
Geschlechtsunterschiede in zwei Phasen der<br />
Schmerztoleranz bei Kindern und Jugendlichen:<br />
Einflüsse von Coping und Selbstwirksamkeit<br />
Anne-Katharina Schmitz (Universität Bielefeld),<br />
Marc Vierhaus, Arnold Lohaus<br />
Fragestellung: Zur experimentellen Untersuchung<br />
der Schmerzwahrnehmung wird häufig die<br />
cold pressor task (CPT) eingesetzt, bei der eine<br />
Hand so lange wie möglich in kaltes Wasser gehalten<br />
wird. Erhoben werden die Schmerzschwelle<br />
(ab wann Schmerzen geäußert werden) und die<br />
Schmerztoleranz (Gesamtzeit bis <strong>zum</strong> Herausziehen<br />
der Hand). Die Schmerztoleranz setzt sich aus<br />
zwei Phasen zusammen: 1. Der Schmerzschwelle<br />
und 2. der Zeit von der Schmerzschwelle bis <strong>zum</strong><br />
Herausziehen der Hand (Schmerz-Durchhaltevermögen).<br />
Diese zweite Phase wurde bisher im Kindes-und<br />
Jugendalter nicht genauer betrachtet. Wir<br />
gehen jedoch davon aus, dass die schmerzbezogene<br />
Selbstwirksamkeit und das Schmerz-Coping<br />
ausschließlich mit dieser Phase im Zusammenhang<br />
stehen. Zudem soll zur Klärung der uneinheitlichen<br />
Befundlage bezüglich des Auftretens von<br />
Geschlechtsunterschieden bei der Schmerztoleranz<br />
im Kindes- und Jugendalter beigetragen werden.<br />
Methode: Schmerzschwelle und Durchhaltevermögen<br />
wurden an 618 Kinder und Jugendlichen<br />
mit der CPT erfasst. Die sozio-kognitiven Einflussgrößen<br />
wurden durch den Pain-Related Cognitions<br />
Questionnaire (Hermann et al., 2007) und<br />
die schmerzbezogene Selbstwirksamkeitsskala<br />
(Vierhaus et al., 2010) erhoben. Sämtliche Analysen<br />
basieren auf mehrfaktoriellen Varianzanalysen.<br />
Ergebnisse: Es resultiert ein Geschlechtseffekt<br />
<strong>für</strong> die Schmerzschwelle, nicht aber <strong>für</strong> das Durchhaltevermögen.<br />
Coping und Selbstwirksamkeit<br />
wirken, wie angenommen, ausschließlich auf die<br />
zweite Phase. Ein Geschlechtseffekt zeigt sich<br />
bei der Schmerzselbstwirksamkeit: während<br />
Jungen unabhängig von ihrem CPT-Ergebnis hohe<br />
Werte angeben, zeigen Mädchen nur bei höherer<br />
Schmerzselbstwirksamkeit auch ein längeres<br />
Durchhaltevermögen.<br />
Schlussfolgerungen: Die schmerzbezogene<br />
Selbstwirksamkeit steht im Zusammenhang mit<br />
Geschlechtsunterschieden in der Schmerzwahrnehmung<br />
und sollte in weiteren Studien berücksichtigt<br />
werden.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
62 Arbeitsgruppe: Gesundheit im sozialen Kontext<br />
Arbeitslosigkeitserfahrungen und Körpergewicht<br />
Hendrik Berth (Universitätsklinikum Carl Gustav<br />
Carus Dresden), Peter Förster, Elmar Brähler,<br />
Markus Zenger, Yve Stöbel-Richter<br />
Fragestellung: Zahlreiche Studien belegen die<br />
negativen gesundheitlichen Auswirkungen von<br />
erfahrener Arbeitslosigkeit. Die vorliegende Untersuchung<br />
betrachtet Zusammenhänge von Körpergewicht<br />
und Arbeitslosigkeit, da Adipositas auf die<br />
Entstehung zahlreicher Erkrankungen entscheidenden<br />
Einfluss hat.<br />
Methoden: Daten aus der Sächsischen Längsschnittstudie<br />
(www.wiedervereinigung.de/sls)<br />
werden analysiert. Diese Studie begleitet seit 1987<br />
eine identische Stichprobe ostdeutscher Jugendlicher<br />
bzw. Erwachsener (Studienschwerpunkt:<br />
Erleben der Wiedervereinigung). Im Jahr 1987 (1.<br />
Erhebungswelle, N = 1.287) waren die Teilnehmer<br />
ca. 14 Jahre, 2010 (24. Welle, N = 326) ca. 37<br />
Jahre alt. Neben den Arbeitslosigkeitserfahrungen<br />
wurden in den verschiedenen Erhebungswellen<br />
zahlreiche Indikatoren der psychischen und physischen<br />
Gesundheit erfragt, u. a. der Body Mass<br />
Index (BMI), Krankschreibungen, Arztbesuche,<br />
selbsteingeschätzter Gesundheitszustand, Depressivität,<br />
Ängstlichkeit und Lebensqualität.<br />
Ergebnisse: Von den Teilnehmer waren 1996<br />
bereits 50 %, 2010 über 70 % von Arbeitslosigkeit<br />
betroffen. Die mittlere Dauer der erlebten Arbeitslosigkeit<br />
liegt bei 18 Monaten. Der mittlere BMI<br />
beträgt 24,9. 47,3 % der TeilnehmerInnen haben<br />
einen BMI > 25. In allen Erhebungswellen geht<br />
ein höheres Körpergewicht mit mehr Arbeitslosigkeitserfahrungen<br />
einher. Personen, die 2010 mehr<br />
als 12 Monate im Lebensverlauf arbeitslos waren<br />
haben ein um den Faktor 1,45 erhöhtes Risiko<br />
(Odds Ratio, 95 % C.I. 1,094-1,943) <strong>für</strong> Adipositas<br />
(BMI > 29,99). Diese Zusammenhänge zeigen sich<br />
deutlicher bei den Frauen.<br />
Schlussfolgerungen: In den Daten lässt sich<br />
nicht eindeutig die Kausalrichtung der Korrelationen<br />
von BMI und Arbeitslosigkeit belegen. Die Zusammenhänge<br />
unterstreichen jedoch die Notwendigkeit,<br />
in Präventionsprogrammen <strong>für</strong> Arbeitslose<br />
auch Inhalte zu berücksichtigen, die Ernährung,<br />
Körpergewicht usw. thematisieren um damit der<br />
Entstehung von möglichen Folgeerkrankungen<br />
vorzubeugen.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
Symposium: Gesundheitspsychologische Fundierung von Interventionen 63<br />
Symposium:<br />
Gesundheitspsychologische<br />
Fundierung von Interventionen unter<br />
Nutzung von (neuen) Medien<br />
Vorsitz:<br />
Jürgen Bengel (Universität Freiburg),<br />
Oskar Mittag (Universitätsklinikum Freiburg)<br />
Medien haben in der psychologischen Beratung<br />
und Psychoeedukation schon immer eine Rolle<br />
gespielt. Gut eingeführt sind telefonische Ansätze<br />
z. B. in der Telefonseelsorge oder in der Rehanachsorge.<br />
Immer häufiger werden jetzt auch<br />
internet-basierte Interventionen angewandt (z. B.<br />
Foren, WBT, Tagebücher). Neuer sind Formen des<br />
eLearning und der Einsatz von tragbaren Geräten<br />
(Smartphone, PDA).<br />
Die Nutzung der technischen Möglichkeiten<br />
solcher Medien ist dabei nur die eine Seite. Die<br />
adäquate Umsetzung gesundheitspsychologischer<br />
Konzepte ist eine wichtige Voraussetzung, um<br />
diese Möglichkeiten optimal zu nutzen. In dem<br />
Symposium sollen anhand von Bespielen aus aktuellen<br />
Forschungsprojekten Lösungen <strong>für</strong> psychologische<br />
Interventionen unter Nutzung von Medien<br />
aufgezeigt werden.<br />
Beiträge:<br />
• Umsetzung gesundheitspsychologischer Konzepte<br />
in einem PC-gestützten Manual zur telefonischen<br />
Reha-Nachsorge bei Typ-2-Diabetikern<br />
(Döbler)<br />
• Telefonische Nachsorge zur Bewegungsförderung<br />
bei Rehabilitanden mit Adipositas (Ströbl)<br />
• Liveonline-Nachbetreuung bei Patienten mit<br />
abdomineller Adipositas in der kardio-diabetologischen<br />
Rehabilitation (Theissing)<br />
• eATROS - eine Smartphone-gestützte Intervention<br />
<strong>für</strong> Patienten mit affektiven Störungen in der<br />
ambulanten Reha-Nachsorge-Phase (Bischoff)<br />
• Implementation of preventive internet-interventions<br />
for depression and anxiety: role of support<br />
(Donker)<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A
64 Symposium: Gesundheitspsychologische Fundierung von Interventionen<br />
Umsetzung gesundheitspsychologischer<br />
Konzepte in einem PC-gestützten Manual zur<br />
telefonischen Reha-Nachsorge bei Typ-2-Diabetikern<br />
Andrea Döbler (Universitätsklinikum Freiburg),<br />
Hartmut Pollmann, Heiner Raspe, Oskar Mittag<br />
Fragestellung: Ein wichtiges Element bei der<br />
Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 ist eine<br />
Veränderung der Lebensführung. Psychologische<br />
Interventionen sowie telefonische Beratung<br />
können dabei helfen. Im Rahmen des Projekts<br />
PARTID (Proaktive Rehabilitation und telefonische<br />
Intervention bei Diabetes mellitus Typ 2) wurde ein<br />
telefonisches Nachsorgekonzept auf der Grundlage<br />
des Health Action Process Approach (HAPA)<br />
entwickelt. Ziel der Nachsorge ist es, PatientInnen<br />
nach stationärer Rehabilitation, bei der Implementierung<br />
von Verhaltensänderungen in den Alltag zu<br />
unterstützen.<br />
Methoden: DiabetikerInnen in stationärer Rehabilitation<br />
werden randomisiert der telefonischen<br />
Nachsorge bzw. usual care zugeordnet. Bislang<br />
wurden 190 Patienten eingeschlossen (angestrebt:<br />
240). Nachsorgetelefonate werden vierwöchig<br />
geführt. Endpunkte der Studie sind Bewegung,<br />
Ernährungsverhalten, Rauchen, emotionales Befinden<br />
sowie die Blutzuckereinstellung. Baseline-<br />
Daten werden vorgestellt.<br />
Ergebnisse: Der computergestützte, modulare<br />
Manualaufbau gewährleistet eine auf individuelle<br />
Problemlagen zugeschnittene Betreuung. Grundlage<br />
der telefonischen Nachsorgegespräche ist ein<br />
Gesprächsleitfaden. Bei Überschreiten bestimmter<br />
kritischer Schwellenwerte werden einzelne<br />
Nachsorgemodule (z. B. Bewegung, Ernährung,<br />
Rauchen) aktiviert. Zentrales Instrument zur Verhaltensänderung<br />
ist ein Persönlicher Plan. Ergänzend<br />
stehen ein Screening-Schema <strong>zum</strong> Emotionalen<br />
Befinden sowie ein Problemlösetool zur Verfügung.<br />
Grundlage der Beratung ist das Motivational Interviewing.<br />
Schlussfolgerungen: Die Zuordnung von<br />
Zielbereichen zu Interventionsmodulen ermöglicht<br />
eine zielgerichtete Beratung. Durch die Orientierung<br />
am HAPA-Modell wird zusätzlich der motivationale<br />
Status berücksichtigt. Damit bietet die<br />
Anwendung gesundheitspsychologischer Konzepte<br />
auf der Grundlage PC-gesteuerter Algorithmen die<br />
Möglichkeit individualisierter („maßgeschneiderter“)<br />
Interventionen zur Lebensstiländerung.<br />
Telefonische Nachsorge zur Bewegungsförderung<br />
bei Rehabilitanden mit Adipositas<br />
Veronika Ströbl (Julius-Maximilians-Universität<br />
Würzburg), Werner Knisel, Ulrike Landgraf,<br />
Hermann Faller<br />
Um die Motivation zur Lebensstiländerung zu<br />
fördern wurde <strong>für</strong> Patienten mit Adipositas in der<br />
medizinischen Rehabilitation eine kombinierte<br />
Planungs- und Nachsorgeintervention zur Bewegungsförderung<br />
durchgeführt. Die telefonische<br />
Nachsorge erstreckte sich über einen Zeitraum von<br />
sechs Monaten. Im vorliegenden Beitrag werden<br />
die Effekte der Intervention auf die Hauptzielgrößen<br />
körperliche Aktivität und Gewicht sechs<br />
Monate nach der Rehabilitation vorgestellt.<br />
Der Studie liegt ein randomisiertes Kontrollgruppendesign<br />
mit vier Messzeitpunkten (Reha-Beginn,<br />
-Ende, sechs und zwölf Monate nach Rehabilitation;<br />
t1-t4) zugrunde. Die Stichprobe zu t1 besteht<br />
aus 467 Patienten (55 % Männer; Alter: M = 48<br />
Jahre, SD = 10; BMI: M = 36.3, SD = 3.5), zu t3<br />
liegen Daten von 404 Teilnehmern vor (85 %).<br />
Sowohl <strong>für</strong> körperliche Aktivität als auch <strong>für</strong> das<br />
Körpergewicht zeigten sich in beiden Gruppen<br />
(IG: Standardrehabilitation und Nachsorge; KG:<br />
Standardrehabilitation) im Verlauf von t1 zu t3<br />
Verbesserungen (mittlere bis große Effekte). Der<br />
Vergleich der beiden Gruppen zu t3 (Interventionseffekt)<br />
ergab keine Unterschiede im Körpergewicht,<br />
jedoch einen signifikanten Effekt im<br />
Hinblick auf körperliche Aktivität. Die IG war zu t3<br />
körperlich aktiver als die KG, die Effektstärke liegt<br />
erwartungsgemäß im kleinen Bereich (p < .05,<br />
h² = .01). Geschlechtsspezifische Analysen zeigten<br />
eine differenzielle Wirksamkeit der Intervention:<br />
Männer der IG übten zu t3 signifikant mehr Bewegungsaktivitäten<br />
aus als Männer der KG und waren<br />
im Durchschnitt 1.37 Stunden/Woche länger aktiv<br />
(p < .01, h² = .02), während sich die Bewegungsaktivität<br />
von Frauen zwischen den Gruppen nicht<br />
unterschied.<br />
Durch eine kombinierte Planungs- und Nachsorgeintervention<br />
konnte das Aktivitätsverhalten adipöser<br />
Patienten nach medizinischer Rehabilitation<br />
gesteigert werden im Vergleich zur Standardrehabilitation;<br />
allerdings scheinen nur Männer von der<br />
Intervention zu profitieren. Auch wenn sich die<br />
Aktivitätszunahme nicht in eine Gewichtsabnahme<br />
umsetzte, vermindert sich möglicherweise auch<br />
allein durch die gesteigerte Aktivität das Krankheitsrisiko.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A
Symposium: Gesundheitspsychologische Fundierung von Interventionen 65<br />
Liveonline-Nachbetreuung bei Patienten mit<br />
abdomineller Adipositas in der<br />
kardio-diabetologischen Rehabilitation<br />
eATROS – eine Smartphone-gestützte Intervention<br />
<strong>für</strong> Patienten mit affektiven Störungen in<br />
der ambulanten Reha-Nachsorge-Phase<br />
Jürgen Theissing, Ruth Deck, Heiner Raspe<br />
Abdominelle Adipositas ist eng mit der Entstehung<br />
von Typ-2-Diabetes und kardiovaskulären<br />
Erkrankungen assoziiert. Während der stationären<br />
Rehabilitation werden daher <strong>für</strong> diese Patientengruppe<br />
Interventionen zur Förderung eines gesunden<br />
Ernährungsverhaltens sowie zur Steigerung<br />
der körperlichen Aktivität eingesetzt. Nachhaltige<br />
Veränderungen sind jedoch nur durch längerfristig<br />
konzipierte interdisziplinäre Programme erreichbar<br />
(Sharma, 2007). Aus diesem Grund werden allgemein<br />
Nachsorgemaßnahmen gefordert, die den<br />
Transfer erlernter Verhaltensweisen in den Alltag<br />
fördern (Deck & Raspe, 2004). In der vorliegenden<br />
Studie sollen mit einem interdisziplinären multimodal<br />
aufgebauten Nachsorgeprogramm Patienten<br />
nach ihrem stationären Aufenthalt per Internet<br />
betreut werden. Akzeptanz und strukturelle Voraussetzungen<br />
hinsichtlich webbasierter Nachsorgemedien<br />
wurden vorab in einer vom Verein zur<br />
Förderung der Rehabilitationsforschung in Schleswig-Holstein,<br />
Hamburg und Mecklenburg Vorpommern<br />
(vffr) geförderten Pilotstudie analysiert und<br />
positiv bewertet (Theissing & Deck, 2009).<br />
In der vom vffr geförderten randomisiert-kontrollierten<br />
Längsschnittstudie werden adipöse Patienten<br />
der kooperierenden Einrichtungen mit einem<br />
sechs Sitzungen und fünf Monate umfassenden<br />
audio-synchronen (liveonline) Nachsorgeprogramm<br />
betreut.<br />
Ergebnisse: Bislang wurden 83 Patienten <strong>für</strong><br />
die Studie rekrutiert. Das Durchschnittsalter der<br />
Studienteilnehmer beträgt 55 Jahre (Range: 29-74).<br />
Mehr als die Hälfte der Teilnehmer (56%) war<br />
sowohl mit den Sitzungsinhalten als auch den<br />
Trainern sehr zufrieden (44% zufrieden). Liveonline<br />
als Methode wird ebenfalls positiv bewertet (63%<br />
sehr gut, 37% gut). 44% der Nachsorgesitzungen<br />
erhielt die Gesamtnote sehr gut (47% gut, 9%<br />
befriedigend).<br />
Unsere Studie zeigt, dass multimediale audio-synchrone<br />
Medien in der Rehanachsorge einsetzbar<br />
sind und von den Patienten akzeptiert werden. Das<br />
Potential virtueller Seminare kann im Hinblick auf<br />
die nachhaltige Veränderung des Gesundheitsverhaltens<br />
als hoch eingestuft werden. Die langfristige<br />
Wirksamkeit wird durch die noch ausstehenden<br />
6- und 12-Monats-Katamnesen geprüft.<br />
Claus Bischoff (AHG Klinik <strong>für</strong> Psychosomatik Bad<br />
Dürkheim), Stefan Schmädeke<br />
Fragestellung: Lässt sich bei Patienten mit<br />
affektiven Störungen der Erfolg einer stationären<br />
psychosomatischen Rehabilitationsmaßnahme<br />
durch eine ambulant-poststationäre Intervention<br />
sichern, welche die kognitiv-behaviorale stationäre<br />
Therapie unter Nutzung eines Smartphone-gestützten<br />
Programms (eATROS) fortschreibt?<br />
Methode: Die Intervention ist Smartphonegestützt<br />
und beginnt unmittelbar nach der Entlassung,<br />
erstreckt sich über ein Vierteljahr und<br />
dient der Verstetigung und Sicherung des Therapieerfolgs.<br />
Sie besteht aus drei Phasen intensiven<br />
Selbstmanagements (14, sieben und drei Tage)<br />
und bedarfsabhängigen Angeboten in den Zeiten<br />
dazwischen. Unterstützt durch das Smartphone,<br />
plant der Patient beim intensiven Selbstmanagement<br />
am Abend eines Tages den Folgetag und hält<br />
am Abend dieses Folgetags Rückschau auf Plan<br />
und Wirklichkeit. Er wird dabei angehalten, den<br />
Tagesablauf so zu planen und zu bewerten, wie<br />
er es sich während des stationären Aufenthaltes<br />
erarbeitet hat. Via Telefon und SMS steht ihm sein<br />
TeleCoach zur Seite – der Psychotherapeut, von<br />
dem er während des stationären Aufenthalts in<br />
eATROS geschult wurde. In den Zeiten zwischen<br />
den Intensivphasen kann der Patient die Tagesstrukturierungshilfen<br />
weiterhin nutzen und den<br />
TeleCoach in dessen Sprechzeiten anrufen, um<br />
Selbstmanagementprobleme zu klären. Der Tele-<br />
Coach kann seinerseits den Patienten kontaktieren,<br />
um positive oder negative Entwicklungen der<br />
Depressionssymptome zu besprechen. Auf solche<br />
Entwicklungen wird er durch die Depressionswerte<br />
aufmerksam gemacht, die ihm vom Patienten<br />
im gesamten ambulanten Behandlungszeitraum<br />
wöchentlich mit einem psychometrischen Verfahren<br />
ebenfalls via Smartphone übermittelt werden.<br />
In einem RCT wird diese Intervention mit TAU verglichen.<br />
Das Verfahren ist im Entwicklungsstadium.<br />
Erste Ergebnisse zu Praktikabilität und Akzeptanz<br />
werden berichtet.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A
66 Symposium: Gesundheitspsychologische Fundierung von Interventionen<br />
Implementation of preventive internet-interventions<br />
for depression and anxiety: role of<br />
support<br />
Tara Donker (VU University Amsterdam ), W.<br />
Seekles, A. Kleiboer, A. van Straten, H. Riper, I.M.<br />
Marks, G. Andersson, P. Cuijpers<br />
Background: Internet-based self-help is an<br />
effective preventive intervention for highly prevalent<br />
disorders, such as depression and anxiety. It is<br />
not clear, however, whether it is necessary to offer<br />
these interventions with professional support or if<br />
they work without any guidance. In case support is<br />
necessary, it is not clear which level of support is<br />
needed. This study examines whether an internetbased<br />
self-help intervention with a coach is more<br />
effective than the same intervention without a<br />
coach in terms of clinical outcomes, drop-out and<br />
economic costs. Moreover, we will investigate<br />
which level of support by a coach is more effective<br />
compared to other levels of support.<br />
Methods: In this randomized controlled trial, a<br />
total of 500 subjects (18 year and older) from the<br />
general population with mild to moderate depression<br />
and/or anxiety will be assigned to one of five<br />
conditions: (1) web-based problem solving through<br />
the internet (self-examination therapy) without a<br />
coach; (2) the same as 1, but with the possibility to<br />
ask help from a coach on the initiative of the respondent<br />
(on demand, by email); (3) the same as 1,<br />
but with weekly scheduled contacts initiated by a<br />
coach (once per week, by email); (4) weekly scheduled<br />
contacts initiated by a coach, but no webbased<br />
intervention; (5) information only (through<br />
the internet). The interventions will consist of five<br />
weekly lessons.<br />
Results: Preliminary results will be presented at<br />
the conference.<br />
Discussion: This study aims to provide more<br />
insight into the clinical effectiveness, differences<br />
in drop-out rate and costs between interventions<br />
with and without support, and in particular different<br />
levels of support. This is important to know<br />
in relation to the dissemination of internet-based<br />
self-help interventions.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A
Symposium: Psychologische Faktoren körperlich-sportlicher Aktivität 67<br />
Symposium:<br />
Psychologische Faktoren<br />
körperlich-sportlicher Aktivität<br />
Vorsitz:<br />
Lena Lämmle (Technische Universität München)<br />
Diskutant:<br />
Claus Vögele (Universität Luxembourg)<br />
Wissenschaft und Gesundheitsorganisationen sind<br />
sich darüber einig, dass ungesunde Lebensweisen<br />
die Hauptgründe <strong>für</strong> chronische Erkrankungen und<br />
steigende Gesundheitskosten darstellen. Darüber<br />
hinaus wird davon ausgegangen, dass gesunde<br />
Verhaltensweisen wesentlich zur Förderung der<br />
Gesundheit beitragen und deshalb die Kosten im<br />
Gesundheitswesen senken würden. In letzter Zeit<br />
rückt vor allem das Bewusstsein <strong>für</strong> regelmäßige,<br />
körperlich-sportliche Aktivität als ein besonders<br />
wichtiges Verhalten <strong>für</strong> die öffentliche Gesundheit<br />
in den Vordergrund. Verschiedene Gesundheitsschutzbehörden<br />
fordern daher zukünftige Forschung<br />
darüber, welche psychologischen Faktoren<br />
Einfluss auf die Aufnahme und die Aufrechterhaltung<br />
der körperliche-sportlichen Aktivität mit<br />
unterschiedlichen Intensitätsniveaus nehmen. Ein<br />
besseres Verständnis darüber, wie körperlich-sportliche<br />
Aktivität motiviert und verändert kann, um<br />
darauf basierend effektive Präventionsmaßnahmen<br />
und Interventionen zu entwickeln, gilt dabei als<br />
entscheidend.<br />
Beiträge:<br />
• Mit körperlicher Aktivität gegen die<br />
Alternsunzufriedenheit:<br />
Eine randomisierte Kontrollgruppenstudie<br />
(Klusmann)<br />
• Was hindert Krebspatienten an körperlicher<br />
Aktivität? – Eine Pilotstudie zur Identifizierung<br />
der Barrieren (Ungar)<br />
• Moderators of anxiety during rehabilitation from<br />
sport injury (Touré)<br />
• Beeinflusst das aktuelle Verhalten den Verlauf<br />
von motorischer Leistungsfähigkeit und<br />
Gesundheit in den darauf folgenden 18 Jahren?<br />
(Lämmle)<br />
• Strategienutzung und Zukunftsperspektive:<br />
Effekte einer Intervention zur Förderung<br />
körperlicher Aktivität im Alter (Gellert)<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113
68 Symposium: Psychologische Faktoren körperlich-sportlicher Aktivität<br />
Mit körperlicher Aktivität gegen die Alternsunzufriedenheit:<br />
Eine randomisierte Kontrollgruppenstudie<br />
Was hindert Krebspatienten an körperlicher<br />
Aktivität? – Eine Pilotstudie zur Identifizierung<br />
der Barrieren<br />
Verena Klusmann (Universität Konstanz), Andrea<br />
Evers, Ralf Schwarzer, Isabella Heuser<br />
Nadine Ungar (Universität Heidelberg), Monika<br />
Sieverding, Cornelia Ulrich, Joachim Wiskemann<br />
Langzeitstudien zeigen, dass Menschen im hohen<br />
Alter unzufriedener mit dem eigenen Altern<br />
werden. Dies ist insbesondere alarmierend, als<br />
gezeigt werden konnte, dass eine negative Sicht<br />
des Älterwerdens mit geringerem Gesundheitsverhalten<br />
und einem niedrigeren Gesundheitsstatus<br />
einhergeht und gar ein Prädiktor <strong>für</strong> Mortalität ist.<br />
Während gut belegt ist, dass körperliche Aktivität<br />
bis ins hohe Alter das psychische Wohlbefinden<br />
steigert, ist empirisch bislang nicht geklärt, ob sie<br />
positiv auf die Alternssicht wirken kann und welche<br />
Wirkmechanismen dies ermöglichen.<br />
Frauen (N = 247; 70-93 Jahre) wurden nach Zufall<br />
einem 6-monatigen Bewegungsprogramm (n = 86)<br />
oder einer aktiven (n = 85) oder einer passiven<br />
Kontrollgruppe (n = 76) zugeordnet. Die aktive<br />
Kontrolle bildeten Computerkurse, die hinsichtlich<br />
Dauer und Intensität parallel <strong>zum</strong> Gruppenbewegungsprogramm<br />
(3 x pro Woche) gestaltet waren.<br />
Im Gegensatz zu sowohl der aktiven als auch<br />
der passiven Kontrollgruppe war die Gruppe der<br />
Teilnehmerinnen am Bewegungsprogramm nach<br />
sechs Monaten weniger unzufrieden mit dem eigenen<br />
Älterwerden, F (2,225) = 5.39, p = .005. Die<br />
präventive Wirkung von körperlicher Aktivität auf<br />
die Alternsunzufriedenheit wurde durch eine hohe<br />
direkte Annäherungsorientierung mediiert, mittlerer<br />
indirekter Effekt B = -0.31, 95 % CI = -0.68 to<br />
-0.05. Sport im hohen Alter wirkt als Puffer gegen<br />
eine ansonsten steigende Alternsunzufriedenheit.<br />
Dieser Wirkzusammenhang konnte in der Gruppe<br />
von Frauen über 70 Jahre gezeigt werden, in der<br />
im Allgemeinen eine noch negativere Alternssicht<br />
vorherrscht als unter Männern.<br />
Ein erklärendes Moment scheinen unmittelbare<br />
emotionale Gewinne während des körperlichen<br />
Aktivseins zu sein. Das positive Erleben während<br />
der Aktivität und die positiven Folgen <strong>für</strong> die Sicht<br />
auf den eigenen Alterungsprozess sollten sich<br />
begünstigend auf die Aufrechterhaltung von Sport<br />
auswirken.<br />
Körperliche Aktivität während der Krebsbehandlung<br />
ist hilfreich zur Steigerung der Lebensqualität,<br />
Minderung der Nebenwirkungen und vermutlich<br />
auch in Bezug auf die Prognose. Was hindert<br />
jedoch Krebspatienten daran, der Empfehlung, sich<br />
150 Minuten pro Woche zu bewegen, nachzukommen?<br />
In der Pilotstudie sollten krebsspezifische<br />
sowie allgemeine Barrieren identifiziert werden,<br />
mit dem Ziel daraus einen Fragebogen und eine<br />
situationsspezifische Intervention zu entwickeln.<br />
63 Patienten (w = 36, m = 27; M = 58 Jahre)<br />
verschiedener Krebsentitäten und ambulanter<br />
Behandlungsstadien am Nationalen Centrum <strong>für</strong><br />
Tumorerkrankungen in Heidelberg machten in<br />
einem Fragebogen (selbstentwickelte Items sowie<br />
Skalen von Krämer & Fuchs, 2010) Angaben zu<br />
ihrem derzeitigen Bewegungsverhalten, wahrgenommenen<br />
Barrieren, Nutzen und Kosten bzgl.<br />
regelmäßiger körperlicher Aktivität.<br />
Die Barrieren wurden insgesamt als gering eingeschätzt<br />
(M = 1,5; Skala:1-4) und die Patienten<br />
sahen signifikant mehr Nutzen als Kosten<br />
darin, sich pro Woche 150 Minuten zu bewegen<br />
(p < .001). Für Krebserkrankungen typische Barrieren<br />
(z. B. Operationsfolgen) wurden hinderlicher<br />
empfunden als allgemeine Barrieren (z. B. Wetter).<br />
Allerdings gaben Patienten, welche die Bewegungsempfehlung<br />
nicht einhielten, signifikant mehr<br />
Barrieren an, bewerteten den Nutzen niedriger und<br />
die Kosten höher als die aktiven Krebspatienten.<br />
Die inaktiven Patienten nannten Müdigkeit, Kräftemangel<br />
und Schmerzen häufiger als Hindernis.<br />
Es zeigte sich eine positive Sicht der Patienten<br />
gegenüber körperlicher Aktivität. Die geringe<br />
Anzahl von Barrieren spricht da<strong>für</strong>, dass sich die<br />
meisten Patienten prinzipiell in der Lage sehen,<br />
körperlich aktiv zu sein. Das ist eine gute Ausgangslage,<br />
um die Diskrepanz <strong>zum</strong> häufig berichtetem<br />
unzureichenden tatsächlichen Aktivitätniveau<br />
zu reduzieren. Dass krebsspezifische Barrieren<br />
stärker bewertet wurden als allgemeine, spricht <strong>für</strong><br />
gezielte Interventionen <strong>für</strong> Krebspatienten.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113
Symposium: Psychologische Faktoren körperlich-sportlicher Aktivität 69<br />
Moderators of anxiety during rehabilitation<br />
from sport injury<br />
Alioune Touré (Université Paul Verlaine de Metz),<br />
Elisabeth Spitz<br />
A severe injury is a major threat for elite athletes.<br />
Rehabilitation from severe injury is considered as a<br />
challenging period that generates emotional affect.<br />
Severe injuries lead to continuous adjustment of<br />
athletes‘ goals to reduce discrepancy between<br />
their physical condition following injury and their<br />
pre-injury level. Emotional factors are supposed<br />
to be influenced by goals and regulated by coping<br />
strategies.<br />
Purpose: To analyze severely injured athletes‘<br />
anxiety levels depending on their goals and coping<br />
strategies during rehabilitation period. Our final<br />
aim was to propose a model that explained the<br />
relation between these variables. Method: A total<br />
of 128 elite athletes were followed for the present<br />
study, M age<br />
23,78 (6.64) years, Male n = 84, female<br />
n = 44. A long-term follow-up of severely injured<br />
(interruption > 28 days) elite division athletes at<br />
three periods: beginning of rehabilitation (T1); midterm<br />
rehabilitation (T2), end of rehabilitation (T3).<br />
At each occasion athletes filled-up the HADS, the<br />
Brief COPE, and the QAEAS scales.<br />
Results: At T1, approach goals do not generate<br />
anxiety. From mid-term rehabilitation (T2 then T3)<br />
approach goals are associated with anxiety. At<br />
all times problem focus coping is related to less<br />
anxiety, but at the contrary using of emotion focus<br />
coping generates more anxiety<br />
Conclusions: Cognitions (e. g., goal setting) and<br />
coping strategies (emotional or problem focus)<br />
influence rehabilitation adherence and rehabilitation<br />
process. Our model describe the evolution<br />
of the influence of goals and coping strategies on<br />
anxiety during the rehabilitation process Mastery<br />
and performance goals are set early during rehabilitation,<br />
coping strategies helps to moderate<br />
anxiety. Depending on goals and coping strategies<br />
anxiety that might either (1) help athletes to increase<br />
effort during rehabilitation or (2) lead them to<br />
reduce adherence.<br />
Beeinflusst das aktuelle Verhalten den<br />
Verlauf von motorischer Leistungsfähigkeit und<br />
Gesundheit in den darauf folgenden 18 Jahren?<br />
Lena Lämmle (Technische Universität München),<br />
Darko Jecauc, Susanne Tittlbach, Alexander Woll,<br />
Klaus Bös<br />
Aktuelle Verhaltensweisen wie körperlich-sportliche<br />
Aktivität, Essverhalten und Rauchen beeinflussen<br />
die motorische Leistungsfähigkeit genauso wie<br />
die Gesundheit. Wie nachhaltig die Wirkung des<br />
aktuellen Verhaltens auf den weiteren Verlauf von<br />
motorischer Leistungsfähigkeit und Gesundheit ist,<br />
wurde bisher nicht untersucht und ist daher Ziel<br />
dieser Studie.<br />
Im Rahmen der „Finnish-German study on physical<br />
activity, fitness and health“ (FINGER) wurden von<br />
1992 bis 2010 495 Männer (49,5 %) und Frauen<br />
(50,5 %) mit einem Durchschnittsalter von M = 45,<br />
03 (SD = 7,45) <strong>zum</strong> ersten Messzeitpunkt untersucht.<br />
Ergebnisse zeigen, dass die Verhaltensweisen selber<br />
vom sozioökonomischen Status, der wahrgenommenen<br />
sozialen Unterstützung, der Stressverarbeitung<br />
und der Motivation beeinflusst werden.<br />
Sowohl die körperlich-sportliche Aktivität als auch<br />
das Essverhalten beeinflussen die durchschnittliche<br />
motorische Leistungsfähigkeit zu Beginn,<br />
aber nicht ihre Veränderung. Bei der Gesundheit<br />
ist dies nur <strong>für</strong> das Essverhalten der Fall. Rauchen<br />
hat keinen Einfluss. Das aktuelle Verhalten kann<br />
die aktuelle motorische Leistungsfähigkeit und die<br />
Gesundheit beeinflussen, aber nicht ihre Veränderung<br />
über die darauf folgenden 18 Jahre.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113
70 Symposium: Psychologische Faktoren körperlich-sportlicher Aktivität<br />
Strategienutzung und Zukunftsperspektive:<br />
Effekte einer Intervention zur Förderung<br />
körperlicher Aktivität im Alter<br />
Paul Gellert (Freie Universität Berlin), Jochen P.<br />
Ziegelmann, Ralf Schwarzer<br />
Hintergrund: Die Konzepte der Zukunftsperspektive<br />
(ZP) und der Selektion, Optimierung<br />
und Kompensation (SOK) können gerade auch bei<br />
älteren Menschen bei der Initiierung und Aufrechterhaltung<br />
gesundheitsbezogenen Handelns helfen,<br />
indem sie gesundheitspsychologische Theorien um<br />
eine lebensspannenpsychologische Sicht ergänzen.<br />
Methode: 335 ältere Erwachsene (60-95) nahmen<br />
an einer Intervention zur Initiierung und Aufrechterhaltung<br />
körperlicher Aktivität teil. Es wurde in<br />
einem längsschnittlich-experimentellen Design<br />
eine Gesundheitsförderungsgruppe (Förderung von<br />
Planung und Selbstwirksamkeit) mit einer Gruppe<br />
verglichen, welche dieselben Inhalte ergänzt um<br />
Trainingsinhalte zur ZP und zu SOK-Strategien,<br />
erhielt. Körperliche Aktivität und die lebensspannenpsychologischen<br />
Variablen (ZP, SOK Strategien)<br />
wurden per Fragebogen vor der Intervention und<br />
nach sechs und zwölf Monaten erhoben, wobei die<br />
ZP und die SOK-Strategien als potenzielle Mediatoren<br />
dienen, die den Einfluss der Interventionsgruppenzugehörigkeit<br />
auf das Ausmaß an körperlicher<br />
Aktivität vermitteln sollen.<br />
Ergebnisse: Die um ZP und SOK-Strategien<br />
ergänzte Interventionsgruppe erreichte zwölf<br />
Monate nach Beginn ein signifikant höheres körperliches<br />
Aktivitätsniveau als die Vergleichsgruppe<br />
(B = .13, p < .05). SOK-Strategien und ZP sagen<br />
die körperliche Aktivität vorher (B = .16/ B = .12,<br />
p < .01), aber mediieren den Zusammenhang nicht.<br />
Diskussion: Eine Intervention hinsichtlich der<br />
SOK-Strategienutzung und der Zukunftsperspektive<br />
führte zu mehr körperlicher Aktivität bei älteren<br />
Erwachsenen. Die Anwendung von lebensspannenpsychologischen<br />
Konzepten auf dem Gebiet<br />
der <strong>Gesundheitspsychologie</strong> und gesundheitsbezogener<br />
Verhaltensänderung könnte insofern sowohl<br />
<strong>für</strong> Theorie- als auch Interventionsentwicklung von<br />
Nutzen sein.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L113
Symposium: Prädiktoren von Gesundheit in der zweiten Lebenshälfte 71<br />
Symposium:<br />
Prädiktoren von Gesundheit in der<br />
zweiten Lebenshälfte<br />
Vorsitz:<br />
Maja Wiest (Deutsches Zentrum <strong>für</strong> Altersfragen)<br />
Diskutant: Uwe Flick (Alice-Salomon-Hochschule,<br />
Berlin)<br />
Welche Faktoren die Gesundheit von Personen im<br />
hohen Alter beeinflussen ist eine zentrale Fragestellung<br />
gerontologischer Forschung, die aus<br />
unterschiedlichen Perspektiven bearbeitet wird.<br />
Die Beiträge des Symposiums spiegeln diese<br />
inhaltliche Bandbreite wider. Wurm et al. untersuchen<br />
den Effekt von individuellen Altersbildern auf<br />
gesundheitsbezogende Copingstrategien in einer<br />
Stichprobe von multimorbiden älteren Personen.<br />
Bildungsunterschieden in Emotionen und körperlicher<br />
Gesundheit sowie in deren Zusammenhängen<br />
widmet sich der Beitrag von Huxhold und<br />
Schöllgen. Wiest et al. untersuchen differenzielle<br />
Zusammenhänge zwischen Facetten subjektiven<br />
Wohlbefindens und verschiedenen Aspekten von<br />
Gesundheit. Das Gesundheit nicht allein durch<br />
individuelle Charakteristika bestimmt wird, stützt<br />
der Beitrag von Schüz et al., der sich dem Zusammenspiel<br />
von Kontextfaktoren, Gesundheitskognitionen<br />
und Gesundheitsverhalten beschäftigt. In<br />
einem theoretischen Beitrag von Ziegelmann et al.<br />
werden Grenzen und Chancen von Gesundheitsförderung<br />
angesichts steigender Hochaltrigkeit<br />
diskutiert.<br />
Das Symposium liefert einen interdisziplinären<br />
Blick auf die Frage nach Prädiktoren von Gesundheit<br />
in der zweiten Lebenshälfte.<br />
Beiträge:<br />
• Individuelle Altersbilder und Gesundheit im<br />
Alter: Wie wird ein negatives Altersbild zu einer<br />
selbsterfüllenden Prophezeiung? (Wurm)<br />
• Emotionen und körperliche Gesundheit: Unterschiede<br />
in Altersverläufen und dynamischen<br />
Zusammenhängen in Abhängigkeit von Bildung<br />
(Huxhold)<br />
• Facetten subjektiven Wohlbefindens und ihr<br />
Einfluss auf Veränderungen in Gesundheit im<br />
hohen Erwachsenenalter (Wiest)<br />
• Verhalten im Kontext: Wie sich Kontextfaktoren<br />
auf die Selbstregulation von<br />
Gesundheitsverhalten auswirken (Schüz, B.)<br />
• Gesundheit und Gesundheitsförderung im<br />
hohen Lebensalter: Chancen und Grenzen (Ziegelmann)<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115
72 Symposium: Prädiktoren von Gesundheit in der zweiten Lebenshälfte<br />
Individuelle Altersbilder und Gesundheit im<br />
Alter: Wie wird ein negatives Altersbild zu einer<br />
selbsterfüllenden Prophezeiung<br />
Emotionen und körperliche Gesundheit: Unterschiede<br />
in Altersverläufen und dynamischen<br />
Zusammenhängen in Abhängigkeit von Bildung<br />
Susanne Wum (Deutsches Zentrum <strong>für</strong> Altersfragen),<br />
Benjamin Schüz<br />
Oliver Huxhold (Deutsches Zentrum <strong>für</strong><br />
Altersfragen), Ina Schöllgen<br />
Hintergrund: In den letzten Jahren hat eine<br />
Reihe von Längsschnittstudien gezeigt, dass<br />
Selbstwahrnehmungen des Älterwerdens Gesundheit<br />
und Langlebigkeit vorhersagen können. Bisher<br />
ist jedoch nur wenig darüber bekannt, welche<br />
Mechanismen in diesem Zusammenhang eine<br />
erklärende Rolle spielen. Die vorliegende Studie<br />
untersuchte deshalb, ob eine negative Sicht auf<br />
das Älterwerden den Einsatz von Copingstrategien<br />
beeinträchtigt.<br />
Methode: Die Analysen beruhen auf der Längsschnittstudie<br />
PREFER mit N = 309 älteren, mehrfach<br />
erkrankten Menschen (65+ Jahre). Erfasst<br />
wurden neben dem Gesundheitszustand das<br />
Auftreten von schweren Krankheitsereignissen,<br />
Selbstwahrnehmungen des Älterwerdens sowie<br />
der Nutzung von Strategien zur Aufrechterhaltung<br />
eines gesunden Lebensstils.<br />
Ergebnisse: Die negative Sicht, dass das Älterwerden<br />
mit körperlichen Verlusten einhergeht,<br />
kann Veränderungen hinsichtlich des Einsatzes von<br />
Strategien zur Aufrechterhaltung eines gesunden<br />
Lebensstils vorhersagen (β = -.17*). Bei Personen,<br />
die im Studienzeitraum ein schweres Krankheitsereignis<br />
erlebten, wurde deutlich, dass jene mit<br />
einer negativen Sicht auf das Älterwerden sich<br />
weniger um die Aufrechterhaltung eines gesunden<br />
Lebensstils bemühten (β = -.11*).<br />
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse stützen<br />
bisherige Befunde zur Bedeutung von Selbstwahrnehmungen<br />
des Älterwerdens <strong>für</strong> die Gesundheit<br />
und legen nahe, dass eine negative Sicht auf das<br />
Älterwerden Copingstrategien beeinträchtigt, die<br />
wichtig <strong>für</strong> die Aufrechterhaltung eines gesunden<br />
Lebensstils im Alter sind.<br />
Hintergrund: Bildung ist ein zentraler Prädiktor<br />
von Gesundheit. Darüber hinaus legen theoretische<br />
Annahmen nahe, dass die Bildung auch das<br />
emotionale Erleben sowie das Zusammenwirken<br />
von Emotionen und Gesundheit beeinflusst. Die<br />
vorgestellte Studie untersuchte altersbezogene<br />
Entwicklungen in körperlicher Gesundheit, positivem<br />
Affekt (PA) und negativem Affekt (NA) sowie<br />
dynamische Beziehungen zwischen Emotionen<br />
und Gesundheit in der zweiten Lebenshälfte. Es<br />
wurden Unterschiede in den Verläufen und ihren<br />
Wechselbeziehungen in Abhängigkeit von Bildung<br />
betrachtet.<br />
Methoden: Daten des Deutschen Alterssurveys<br />
von bis zu drei Erhebungswellen über den<br />
Zeitraum von zwölf Jahren wurden verwendet<br />
(N = 3.847, Alter T1 = 40-85 Jahre). Für die Analysen<br />
wurden Mehrgruppen-Dual Change Score-<br />
Modelle herangezogen.<br />
Ergebnisse: Bildungsunterschiede zeigten sich in<br />
der altersbezogenen Entwicklung der körperlichen<br />
Gesundheit, wohingegen sich <strong>für</strong> NA ähnliche Verläufe<br />
in den Bildungsgruppen fanden. Abnahmen<br />
in PA zeigten sich vorwiegend <strong>für</strong> die Gruppe mit<br />
niedriger Bildung. Zudem war nur in dieser Gruppe<br />
ein höherer NA mit stärkeren Abnahmen in der körperlichen<br />
Gesundheit assoziiert.<br />
Schlussfolgerungen: Die Befunde legen nahe,<br />
dass die Bildung eine Rolle <strong>für</strong> Veränderungen in<br />
Gesundheit und emotionalem Erleben sowie deren<br />
Zusammenhänge in der zweiten Lebenshälfte<br />
spielt. Theoretische Modelle lassen vermuten, dass<br />
die unterschiedliche Verfügbarkeit psychosozialer<br />
Ressourcen hierbei eine Rolle spielt.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115
Symposium: Prädiktoren von Gesundheit in der zweiten Lebenshälfte 73<br />
Facetten subjektiven Wohlbefindens und ihr<br />
Einfluss auf Veränderungen in Gesundheit im<br />
hohen Erwachsenenalter<br />
Verhalten im Kontext: Wie sich Kontextfaktoren<br />
auf die Selbstregulation von Gesundheitsverhalten<br />
auswirken<br />
Maja Wiest (Deutsches Zentrum <strong>für</strong> Altersfragen),<br />
Oliver Huxhold, Benjamin Schüz<br />
Fragestellung: Der wechselseitige Einfluss von<br />
subjektiven Wohlbefinden und Gesundheit ist gut<br />
dokumentiert, jedoch wurde den differenziellen<br />
Zusammenhängen zwischen einzelnen Facetten<br />
bisher wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Daher<br />
untersucht diese Studie den Einfluss kognitiven<br />
und emotionalen Wohlbefindens auf Veränderungen<br />
in körperlicher, funktionaler und subjektiver<br />
Gesundheit.<br />
Methoden: Es wurden Daten von 2.031 Teilnehmer<br />
im Alter von 40 bis 85 Jahren des Deutschen<br />
Alterssurveys (DEAS) ausgewertet. Der DEAS ist<br />
eine bundesweit repräsentative Quer- und Längsschnittbefragung<br />
von Personen in der zweiten<br />
Lebenshälfte. Facetten subjektiven Wohlbefindens<br />
als Prädiktoren von Veränderungen in Gesundheit<br />
wurden auf Grundlage eines Latent Change Score<br />
Models getestete.<br />
Ergebnisse: Es zeigte sich, dass Lebenszufriedenheit<br />
als Indikator kognitiven Wohlbefindens und<br />
positiver Affekt als Indikator emotionalen Wohlbefindens<br />
Veränderungen in subjektiver und funktionaler<br />
Gesundheit vorhersagen. Personen mit hoher<br />
und stabiler Lebenszufriedenheit beziehungsweise<br />
hohem und stabilem positiven Affekt veränderten<br />
sich weniger in subjektiver und funktionaler<br />
Gesundheit über einen Zeitraum von sechs Jahren.<br />
Veränderungen in körperlicher Gesundheit wurden<br />
lediglich von negativem Affekt vorhergesagt. Die<br />
Verschlechterung körperlicher Gesundheit war mit<br />
einem hohen Ausgangsniveau von und größeren<br />
Veränderungen in negativen Affekt assoziiert.<br />
Schlussfolgerungen: Der Einfluss subjektiven<br />
Wohlbefindens auf Gesundheit ist je nach betrachteter<br />
Facette unterschiedlich, daher ist ein differenzieller<br />
Blick auf unterschiedliche Wohlbefindensund<br />
Gesundheitsfacetten wichtig um Fragen nach<br />
vermittelnden Mechanismen zu beantworten.<br />
Benjamin Schüz (Deutsches Zentrum <strong>für</strong><br />
Altersfragen), Susanne Wurm, Jochen P .<br />
Ziegelmann, Lisa M. Warner, Julia K. Wolff, Ralf<br />
Schwarzer, Clemens Tesch-Römer<br />
Hintergrund: Sozialkognitive Theorien gehen<br />
davon aus, dass Kontextfaktoren bei der Änderung<br />
von gesundheitlich relevanten Verhaltensweisen<br />
eine Rolle spielen, allerdings ist diese Rolle meist<br />
nicht genau ausdifferenziert und wird selten untersucht.<br />
In diesem Beitrag wurde in zwei Studien<br />
untersucht, wie Eigenschaften der räumlichen<br />
Umwelt (operationalisiert auf Kreisebene) beeinflussen,<br />
ob und wie gesundheitsbezogene Kognitionen<br />
in körperliche Aktivität übersetzt werden.<br />
Methode: In zwei Studien (Studie 1: Survey,<br />
N = 6.200; Studie 2: multimorbide ältere Menschen,<br />
N = 300) wurden körperliche Aktivität und<br />
gesundheitsbezogene Kognitionen gemessen. In<br />
Mehrebenenmodellen wurde untersucht, ob Kontextfaktoren<br />
(Bruttoinlandsprodukt auf Kreisebene)<br />
<strong>zum</strong> einen körperliche Aktivität und <strong>zum</strong> anderen<br />
den Zusammenhang zwischen Kognitionen und<br />
körperlicher Aktivität beeinflussen.<br />
Ergebnisse: Kontextfaktoren beeinflussten<br />
die Regressionskonstante und die Steigung der<br />
Einstellungen bei der Vorsage von körperlicher<br />
Aktivität (B = .08, Studie 1) aus gesundheitsbezogenen<br />
Einstellungen. Außerdem beeinflussten die<br />
Kontextfaktoren sowohl Regressionskonstante als<br />
auch Steigung in der Vorhersage von körperlicher<br />
Aktivität durch Intention (B = .06) und Planung<br />
(Bs = .11 und .07) in Studie 2.<br />
Diskussion: Die Ergebnisse deuten darauf hin,<br />
dass neben individuellen Faktoren wie Einstellungen,<br />
Intentionen oder Planung umweltbezogene<br />
Gelegenheitsstrukturen eine zentrale Rolle dabei<br />
spielen ob und wie gesundheitsbezogene Kognitionen<br />
in tatsächliches Gesundheitsverhalten umgesetzt<br />
werden.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115
74 Symposium: Prädiktoren von Gesundheit in der zweiten Lebenshälfte<br />
Gesundheit und Gesundheitsförderung im<br />
hohen Lebensalter: Chancen und Grenzen<br />
Jochen P. Ziegelmann (Deutsches Zentrum <strong>für</strong><br />
Altersfragen), Maja Wiest, Andreas<br />
Motel-Klingebiel<br />
Dieser Beitrag hat zunächst <strong>zum</strong> Ziel, die Dynamik<br />
des demografischen Wandels in Deutschland<br />
darzustellen, welcher insbesondere durch die<br />
Entwicklung der Hochaltrigkeit gekennzeichnet<br />
ist. Während der Bevölkerungsanteil der über<br />
60-Jährigen in Deutschland bis 2060 um etwa zwei<br />
Drittel zunehmen wird, ist abzusehen, dass sich<br />
der Anteil der über 80-Jährigen gegenüber heute in<br />
dieser Zeit verdreifacht. Während die Menschen im<br />
jüngeren Alter an Autonomie und Lebensqualität<br />
gewinnen, ist es unklar, ob diese Gewinne bis ins<br />
hohe Alter erhalten bleiben. Auch wenn im höchsten<br />
Lebensalter angesichts von Unterstützungsbedarf,<br />
Krankheit und Tod die Grenzen der Gestaltbarkeit<br />
des Alternsprozesses sichtbar werden, sollen<br />
in diesem Beitrag Gestaltungsmöglichkeiten im<br />
Lebensabschnitt der Hochaltrigkeit unter Einbezug<br />
einer interdisziplinären Perspektive diskutiert werden.<br />
Der Beitrag umreißt hierbei auch wesentliche<br />
Forschungsfragen aus Sicht der politikorientierten<br />
Altersforschung und fragt nach den Chancen und<br />
Grenzen der Gesundheitsförderung im hohen<br />
Lebensalter. Forschung zur Hochaltrigkeit kann und<br />
soll zu differenzierten Einblicken in die Lebenswirklichkeit<br />
der Hochaltrigkeit und ihrer individuellen<br />
wie gesellschaftlichen Gestaltung beitragen.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L115
Arbeitsgruppe: Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter 75<br />
Arbeitsgruppe:<br />
Gesundheits förderung im Kindesund<br />
Jugendalter<br />
Vorsitz:<br />
Dörte Martens (Universität Potsdam)<br />
Beiträge:<br />
• „Kein Mensch kann sich vorstellen, wie stark<br />
meine Gier nach Essen ist!“ - Abhängigkeit von<br />
übermäßigem Essen bei Kindern und<br />
Jugendlichen (Gattinger)<br />
• Gesundheitsförderung durch Ressourcenstärkung<br />
im Unterricht (Chwallek)<br />
• Veränderungen der gesundheitsbezogenen<br />
Lebensqualität bei SchulungsteilnehmerInnen<br />
der Lebensstil-Intervention „Obeldicks light“ <strong>für</strong><br />
übergewichtige Kinder und Jugendliche (Finne)<br />
• Evaluation eines schulischen Programms zur<br />
Prävention von Körperunzufriedenheit (Hinz)<br />
• Gesundheitsfördernder Lebensstil durch Sport?<br />
Evaluation einer altersgerechten<br />
Kindertagesbetreuung (Martens)<br />
• Risiko- und Schutzfaktoren <strong>für</strong> psychische<br />
Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen in<br />
Deutschland – Ergebnisse der BELLA-Studie<br />
(Klasen)<br />
„Kein Mensch kann sich vorstellen, wie stark<br />
meine Gier nach dem Essen ist!“ – Abhängigkeit<br />
von übermäßigem Essen bei Kindern und<br />
Jugendlichen<br />
Elisabeth Ardelt-Gattinger (Universität Salzburg),<br />
Mirjam Neubauer, Markus Meindl, Susanne Ring-<br />
Dimitriou, Leonhard Thun-Hohenstein, Daniel<br />
Weghuber, Karl Miller<br />
Die Frage, ob man im Kontext des übermäßigen<br />
Essens von Sucht sprechen kann oder nicht,<br />
wird in der Literatur kontrovers diskutiert (Ellis<br />
et al. 1992, Pudel & Westenhöfer 1998). Studien<br />
<strong>für</strong> Erwachsene belegen die hohe Bedeutung<br />
des Suchtfaktors bei Adipositas (Prädiktor <strong>für</strong><br />
Gewichtsabnahme und signifikante BMI-Gruppen-<br />
Unterschiede) (Ardelt-Gattinger et al., 2000a,<br />
2000b, 2002, 2003).<br />
In drei Querschnitt- und fünf Längsschnittstudien<br />
versuchten wir die genannten Ergebnisse <strong>für</strong><br />
Kinder zu replizieren, wobei die Kinderversion<br />
der Fragebögen des Testsystems AD-EVA nämlich<br />
FUN, FBEB und KINDL (Ardelt-Gattinger &<br />
Meindl, 2010) verwendet wurden. In einer repräsentativen<br />
Stichprobe 10-16-Jähriger erwiesen<br />
sich die Unterschiede aller Perzentilklassen hoch<br />
signifikant (F(8/4428 = 41.85, p < .01; η 2 = .07).<br />
In zweijährigen Gewichtsabnahmegruppen unterschieden<br />
sich die Suchtwerte der erfolgreichen<br />
und der erfolglosen 10-14jährigen Kinder signifikant<br />
(F(1,66) = 6.52, p < .05). In ebenfalls zwei Jahre<br />
dauernden Gewichtsabnahmegruppen unterschied<br />
der Suchtwert Ab- und Zunahmegruppen im Präwie<br />
im Posttest mit einem Trend bzw. sehr signifikant<br />
(F (1 / 79) = 2.36, p < .10 bzw. 3.53, p < .01).<br />
In einer vierten Studie an 53 TeilnehmerInnen eines<br />
Diätferienlagers wiesen Regressionsanalysen die<br />
Suchtvariable als den stärksten Prädiktor <strong>für</strong> die<br />
Gewichtsabnahme aus (Beta = .503, t = -2.25,<br />
p = .036). In Teilstichproben der oben erwähnten<br />
4428 Kinder wurde zudem der Zusammenhang<br />
von „Sucht“ und „Binge Eating Disorder“ untersucht,<br />
der lediglich im mittleren Bereich (r = .43)<br />
lag und um nachzuweisen, dass das Erleben von<br />
„Sucht“ der stärkste Prädiktor <strong>für</strong> Lebensqualität<br />
ist (beta = .432. t = 2.18, p < .05), stärker als das<br />
von Kindern so verhasste (Über)gewicht.<br />
Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung<br />
der Suchtvariable des Essens auch bei adipösen<br />
Kindern. Konsequenzen <strong>für</strong> die interdisziplinäre<br />
Beratung sind auf diesem Hintergrund neu zu<br />
überdenken.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116
76 Arbeitsgruppe: Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter<br />
Gesundheitsförderung durch Ressourcenstärkung<br />
im Unterricht<br />
Katharina Chwallek (Humboldt-Universität Berlin),<br />
Kasra Keshavarz, Matthias Jerusalem<br />
Fragestellung: In der folgenden Studie geht es<br />
um die Frage, inwieweit der Einsatz gesundheitsförderlicher<br />
Unterrichtsstrategien zur Stärkung<br />
persönlicher Ressourcen (Selbstwirksamkeitserwartung,<br />
Selbstwertgefühl u. a.) sowie zur Reduktion<br />
von Risikofaktoren (Prüfungsängstlichkeit,<br />
Stresserleben u. a.) bei Schülern beiträgt. Darüber<br />
hinaus wird der Einfluss einzelner Unterrichtsstrategien<br />
auf die genannten Kriterien in Abhängigkeit<br />
des Implementationsausmaßes untersucht.<br />
Methoden: Im Rahmen eines quasiexperimentellen<br />
Kontrollgruppendesigns wurden Lehrkräfte<br />
über ein Schuljahr hinweg in drei Workshops<br />
geschult, gesundheitsförderliche Unterrichtsstrategien<br />
einzusetzen. Die Erhebung der Kriterien<br />
erfolgte via standardisierter Befragungen zu<br />
Beginn und <strong>zum</strong> Ende des Schuljahres (Interventions:<br />
N = 127; Kontrollschüler: N = 158). Die<br />
Schüler der Interventionsschulen wurden darüber<br />
hinaus prozessnah, d. h. im Abstand von drei<br />
Monaten, retrospektiv <strong>zum</strong> Implementationsgeschehen<br />
mittels standardisierter Fragebögen und<br />
qualitativer Interviews befragt.<br />
Ergebnisse: Im Vergleich zu den Kontrollschülern<br />
berichten die Interventionsschüler eine signifikante<br />
Reduktion der Prüfungsangst (p = 0.002; Partial<br />
η 2 = 0.034). Unter Berücksichtigung der wahrgenommenen<br />
Implementationsquantität einzelner<br />
Unterrichtsstrategien zeigt sich beispielsweise bei<br />
Schülern, die eine hohe Implementation wahrnehmen,<br />
eine signifikant stärkere Zunahme des<br />
Selbstwertgefühls als bei Schülern, die eine niedrige<br />
Implementation berichten (p = 0.04; Partial<br />
η 2 = 0.026).<br />
Schlussfolgerung: Die Befunde verdeutlichen,<br />
dass die Wirkung gesundheitsbezogener Interventionen<br />
mit dem Implementationsausmaß zusammen<br />
hängt und die Erhebung von Implementationsdaten<br />
unerlässlich ist.<br />
Veränderungen der gesundheitsbezogenen<br />
Lebensqualität bei SchulungsteilnehmerInnen<br />
der Lebensstil-Intervention „Obeldicks light“<br />
<strong>für</strong> übergewichtige Kinder und Jugendliche<br />
Emily Finne (Universität Bielefeld), Thomas<br />
Reinehr, Anke Schaefer, Katrin Winkel, Petra Kolip<br />
Fragestellung: Die gesundheitsbezogene<br />
Lebensqualität (LQ) zeigt sich bei Übergewichtigen<br />
häufig reduziert und verbessert sich bei<br />
Gewichtsabnahme. Allerdings fehlen Erkenntnisse<br />
zu übergewichtigen Kindern und Jugendlichen im<br />
Gegensatz zu adipösen oder extrem adipösen. Wir<br />
untersuchten die LQ übergewichtiger (BMI 90.-97.<br />
Perzentile) Teilnehmer der 6-monatigen Obeldickslight-Schulung<br />
zur Gewichtsreduktion.<br />
Methode: Die Lebensqualität der 8-16-jährigen<br />
Teilnehmer wurde vor und nach der Schulung mit<br />
dem KINDL-R erfasst. Bei 68 Kindern (69,1 % weiblich)<br />
wurden die Lebensqualitätswerte bis ein Jahr<br />
nach Abschluss der Schulung erfasst und über Varianzanalysen<br />
mit Messwiederholung verglichen. Bei<br />
71 Kindern (63,4 % weiblich) wurden im Rahmen<br />
einer randomisierten Studie Veränderungen der LQ<br />
mit und ohne Schulungsteilnahme über U-Tests<br />
verglichen.<br />
Ergebnisse: Der randomisierte Gruppenvergleich<br />
zeigte auf fast allen KINDL-Subskalen positivere<br />
Veränderungen bei den Teilnehmern im Vergleich<br />
zur Wartekontrollgruppe. Signifikant wurden diese<br />
Unterschiede jedoch nur <strong>für</strong> die gewichtsspezifische<br />
LQ sowie das familiäre Wohlbefinden in der<br />
Selbsteinschätzung (p < .05). Im Verlauf bis ein<br />
Jahr nach Schulungsende zeigte sich ein Anstieg<br />
in der LQ insgesamt (linearer Trend p < .05),<br />
sowie v. a. <strong>für</strong> die Skalen Gewicht, Selbstwert und<br />
Freunde. Jungen und Mädchen unterschieden<br />
sich im Verlauf des schulischen Wohlbefindens.<br />
Das Ausmaß der Gewichtsabnahme über die<br />
Schulungsteilnahme hing vor allem zusammen mit<br />
einem Anstieg der gewichtsspezifischen LQ aber<br />
auch mit einem Rückgang auf der Skala Freunde.<br />
Schlussfolgerungen: Die Teilnahme an einem<br />
sechsmonatigen ambulanten Schulungsprogramm<br />
zur Gewichtsreduktion mit den Komponenten<br />
Ernährung, Essverhalten und Bewegung sowie<br />
psychologische Betreuung wirkt sich positiv auf<br />
einige Dimensionen der gesundheitsbezogenen<br />
Lebensqualität übergewichtiger Kinder und<br />
Jugendlicher aus. Die Verbesserungen halten auch<br />
nach Abschluss der Schulung weiter an.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116
Arbeitsgruppe: Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter 77<br />
Evaluation eines schulischen Programms zur<br />
Prävention von Körperunzufriedenheit<br />
Arnold Hinz (Pädagogische Hochschule<br />
Ludwigsburg)<br />
Fragestellung: Körperunzufriedenheit ist nach<br />
Metaanalysen der konsistenteste und stärkste<br />
Risikofaktor <strong>für</strong> Essstörungen und zugleich eines<br />
der Symptome. Im Fokus präventiver Bemühungen<br />
stand häufig das Jugendalter und die Frühadoleszenz,<br />
seltener das präpubertäre Alter. In dieser<br />
Studie sollte das um die Unterrichtseinheit „Digitale<br />
Bildmanipulationen und mediales Schlankheitsideal“<br />
erweiterte Programm „Mein Körper und<br />
ich“ von Hinz und Denner evaluiert werden.<br />
Methoden: Es wurde ein quasi-experimentelles<br />
Design mit 18 Interventions- und elf Kontrollklassen<br />
sowie Prä- und Posttestmessung realisiert.<br />
Die Stichprobe bestand aus 645 Viert- und Fünftklässlern<br />
(319 Jungen, 324 Mädchen) aus verschiedenen<br />
Regionen Baden-Württembergs, aus<br />
dem Saarland und aus Frankreich (Nancy). Messinstrumente<br />
waren die Skala „Unzufriedenheit mit<br />
dem Körper“ des EDI-2, eine vereinfachte Form<br />
der Skala „Shape Concern Scale“ des EDE-Q, ein<br />
Wissenstest sowie die Körperbildsilhouetten des<br />
Kids Eating Disorder Surveys (KEDS).<br />
Ergebnisse: Für drei der vier Zielvariablen zeigten<br />
sich signifikante Messzeitpunkt x Bedingung-<br />
Interventionseffekte, und zwar <strong>für</strong> die Zielvariablen<br />
„Körperunzufriedenheit“, „Wissen“ und „Body<br />
Shape Concern“. Für die Zielvariable „Körperbildsilhouetten“<br />
zeigte sich ein signifikanter Zeiteffekt,<br />
aber kein signifikanter Interventionseffekt. Die<br />
Effektstärke lag bei der Zielvariable „Wissen“ bei<br />
d = .96, bei der Zielvariable „Body Shape Concern“<br />
bei d = .13 und bei der Zielvariable „Körperzufriedenheit“<br />
bei d = .11.<br />
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse deuten<br />
auf die Wirksamkeit dieses schulischen Präventionsprogramms<br />
hin und liegen hinsichtlich der<br />
Effektstärken in dem Bereich, der sich in Metaanalysen<br />
zu essstörungsbezogenen Präventionsprogrammen<br />
bislang ergab.<br />
Gesundheitsfördernder Lebensstil durch Sport?<br />
Evaluation einer altersgerechten Kindertagesbetreuung<br />
Dörte Martens (Universität Potsdam), Pia-Maria<br />
Wippert<br />
Hintergrund: Beiträge der Sportwissenschaft<br />
verweisen seit geraumer Zeit auf die Notwendigkeit<br />
einer empirischen Fundierung, ob und inwieweit<br />
gesellschaftliche Integrationsprozesse und der<br />
Lebensstil durch Sport positiv beeinflusst werden<br />
kann. Insbesondere seit dem Jugendgesundheitssurvey<br />
(KiGGS) erscheint in Anbetracht der<br />
gesundheitlichen Chancengleichheit eine Analyse<br />
der Eröffnung von Handlungschancen durch Sport<br />
unvermeidbar.<br />
Methoden: Ein mehrmodulares Bewegungsprogramm<br />
mit integrierten Bildungseinheiten, das im<br />
Setting Kindergarten integriert wurde, wird quantitativ<br />
evaluiert. Das Programm richtet sich an Kinder<br />
zwischen 2,5 und 5 Jahren mit Migrationshintergrund<br />
und aus sozial schwachen Lagen. Ein Pretest<br />
(N = 47) zeigt die Angemessenheit des Fragebogens,<br />
der von Eltern und Kindern ausgefüllt wird.<br />
Anhand standardisierter Verfahren wird gesundheitsbezogene<br />
Lebensqualität (Kiddy-KINDLR) und<br />
Integration („Loneliness and Social Dissatisfaction<br />
Questionnaire“ LSDQ) erhoben. Die Hauptstudie<br />
(N = 62) nutzt die Erhebungsinstrumente in einem<br />
Pre-Post-Design, um mögliche Veränderungen nach<br />
dem Treatment zu messen.<br />
Ergebnisse: Ein Vergleich der Pre- und Post-<br />
Werte zeigt die Veränderungen nach dem Treatment.<br />
Die gesundheitsbezogene Lebensqualität<br />
steigt signifikant nach dem Bewegungsprogramm<br />
(p < 0.05). Darüber hinaus zeigt sich, dass dieser<br />
Anstieg bei Mädchen und Kindern mit Migrationshintergrund<br />
besonders deutlich ausgeprägt ist<br />
(p < 0.05). Auch der Integrationstest zeigt einen<br />
allgemeinen Anstieg über alle Gruppen hinweg und<br />
deutet auf die Wirksamkeit des Bewegungsprogramms.<br />
Schlussfolgerungen: Der positive Einfluss<br />
des mehrmodularen Programms zeigt das Potenzial<br />
von Interventionen zur Unterstützung von<br />
Bewegungsprogrammen im Kindergartenalter <strong>für</strong><br />
sozial benachteiligte Kinder. Für die nachhaltige<br />
Entwicklung integrativer und lebensstilprägender<br />
Programme ist die prozessbegleitende Evaluation<br />
in Zukunft erforderlich und zukunftsweisend.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116
78 Arbeitsgruppe: Gesundheitsförderung im Kindes- und Jugendalter<br />
Risiko- und Schutzfaktoren <strong>für</strong> psychische<br />
Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen in<br />
Deutschland – Ergebnisse der BELLA-Studie<br />
Fionna Klasen (Universitätsklinikum Hamburg-<br />
Eppendorf), Anne Jäger, Jan Stellamanns,<br />
Franziska Reiß, Ulrike Ravens-Sieberer<br />
Psychische Auffälligkeiten im Kindes- und<br />
Jugendalter sind häufig und ihre Prävention und<br />
Behandlung stellt eine gesundheitspolitische<br />
Herausforderung dar. Daher ist Kenntnis über die<br />
Determinanten psychischer Auffälligkeiten von<br />
großer Relevanz.<br />
Die BELLA-Studie ist das Zusatzmodul zur Erfassung<br />
psychischer Gesundheit des bundesweiten<br />
Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS).<br />
Eine <strong>für</strong> Deutschland repräsentative Stichprobe<br />
von 3.000 Kindern und Jugendlichen (7-17 Jahre)<br />
wurde zu Prävalenzen und Determinanten (biologisch/personal,<br />
familiär, sozial) psychischer Auffälligkeiten<br />
befragt. Die mittels Telefoninterview<br />
(CATI) und schriftlicher Befragung durchgeführte<br />
Studie beruht auf etablierten und psychometrisch<br />
geprüften Untersuchungsinstrumenten, die<br />
im Eltern- und ab 11 Jahren auch im Selbsturteil<br />
erfragt wurden.<br />
Bei 22 % der Kinder zeigten sich Hinweise auf<br />
psychische Auffälligkeiten. Insbesondere ein<br />
belastendes Familienklima stellt einen signifikanten<br />
Risikofaktor <strong>für</strong> psychische Auffälligkeiten dar.<br />
Des Weiteren zeigte sich, dass die Kumulation von<br />
Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit <strong>für</strong> die Ausbildung<br />
von psychischen Auffälligkeiten signifikant<br />
erhöht, während das Vorhandensein von personalen<br />
und familiären Schutzfaktoren das Risiko<br />
vermindert.<br />
Implikationen <strong>für</strong> Präventions- und Interventionsansätze<br />
werden diskutiert.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 09:00-10:30 Uhr, Raum L116
Eingeladenes Symposium: Sozialer Wandel und Gesundheit 79<br />
Eingeladenes Symposium:<br />
Sozialer Wandel und Gesundheit<br />
Vorsitz und Diskutanten:<br />
Elmar Brähler, Yve Stöbel-Richter (Universitätsklinikum<br />
Leipzig)<br />
In einer Gesellschaft, welche immer stärker Flexibilität,<br />
Mobilität, Höchstleistungen und Anpassungsfähigkeit<br />
einfordert, wird es immer wichtiger, die<br />
individuelle Gesundheit zu erhalten.<br />
Im Symposium werden die Wechselwirkungen<br />
verschiedener gesellschaftlicher Prozesse und<br />
deren Einfluss auf die Gesundheit thematisiert:<br />
Unter dem Thema Bildung und Gesundheit wird<br />
nach dem Einfluss des Bildungsstandes auf das<br />
psychische und körperliche Wohlbefinden gefragt,<br />
es wird der Frage nachgegangen, inwieweit sich<br />
die Selbstwirksamkeitserwartung auf die spätere<br />
Gesundheit und die Dauer erfahrener Arbeitslosigkeit<br />
auswirkt, die Auswirkungen von Armut auf die<br />
Gesundheit von Kindern und Jugendlichen werden<br />
berichtet und der Einfluss von häuslicher Pflege<br />
auf die eigene Gesundheit. Schließlich werden<br />
Aussagen zur Epidemiologie von Übergewicht und<br />
Adipositas getroffen und die kontextuelle Bedeutung<br />
sozialer Faktoren skizziert.<br />
Beiträge:<br />
• Auswirkungen von Armut auf die Gesundheit<br />
von Kindern und Jugendlichen (Lampert)<br />
• Epidemiologie von Übergewicht und Adipositas<br />
und die Bedeutung sozialer Faktoren (Glaesmer)<br />
• Auswirkungen der Selbstwirksamkeitserwartung<br />
auf die spätere Gesundheit und die<br />
Dauer erfahrener Arbeitslosigkeit<br />
(Stöbel-Richter)<br />
• Bildung und Gesundheit - Welchen Einfluss hat<br />
der Bildungsstand auf unser psychisches und<br />
körperliches Wohlbefinden? (Schmidt)<br />
• Langzeiteffekte einer kognitiv-behavioralen<br />
Telefontherapie bei pflegenden Angehörigen von<br />
Demenzkranken (TeleTAnDem) (Kalytta)<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113
80 Eingeladenes Symposium: Sozialer Wandel und Gesundheit<br />
Auswirkungen von Armut auf die Gesundheit<br />
von Kindern und Jugendlichen<br />
Epidemiologie von Übergewicht und Adipositas<br />
und die Bedeutung sozialer Faktoren<br />
Thomas Lampert (Robert Koch-Institut)<br />
Fragestellung: Vor dem Hintergrund der<br />
Armutsentwicklung in Deutschland werden zwei<br />
Fragen diskutiert: (1) Welche Auswirkungen hat<br />
Armut auf die gesundheitliche Entwicklung im<br />
Kindes- und Jugendalter? (2) Inwieweit trägt eine<br />
erfolgreiche Schullaufbahn zur Verbesserung der<br />
Gesundheitschancen von Kindern und Jugendlichen<br />
aus sozial benachteiligten Familien bei.<br />
Methoden: Die empirischen Ergebnisse basieren<br />
auf Daten der KiGGS-Studie, die im Zeitraum 2003<br />
bis 2006 vom Robert Koch-Institut durchgeführt<br />
wurde (Altersrange: 0-17 Jahre; n = 17.641; Response<br />
= 66,6 %). Ein Armutsrisiko wird an einem<br />
Netto-Äquivalenzeinkommen unterhalb von 60 %<br />
des gesellschaftlichen Medians festgemacht.<br />
Bezüglich der Schullaufbahn wird die besuchte<br />
Schulform betrachtet. Als Gesundheitsoutcomes<br />
werden u. a. der allgemeine Gesundheitszustand,<br />
Verhaltensauffälligkeiten, Adipositas, Gewalterfahrungen<br />
und Tabakkonsum untersucht.<br />
Ergebnisse: Die Ergebnisse verdeutlichen, dass<br />
Kinder und Jugendliche, die in Armut aufwachsen,<br />
deutlich schlechtere Gesundheitschancen haben.<br />
Im Vergleich zu Gleichaltrigen aus Familien mit<br />
hohem Einkommen haben sie ein 2- bis 4-fach<br />
erhöhtes Risiko <strong>für</strong> Gesundheitsprobleme oder<br />
Verhaltensauffälligkeiten in den betrachteten Bereichen.<br />
Schaffen Kinder und Jugendliche aus sozial<br />
benachteiligten Elternhäusern den Sprung auf ein<br />
Gymnasium, dann unterscheiden sie sich bezüglich<br />
ihrer Gesundheitschancen nicht signifikant von den<br />
Mitschülern aus besser gestellten Familien.<br />
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen<br />
<strong>zum</strong> einen, dass Armut ein erhebliches Risiko <strong>für</strong><br />
die gesundheitliche Entwicklung im Kindes- und<br />
Jugendalter darstellt, mit erwartbaren Konsequenzen<br />
<strong>für</strong> die Gesundheit im mittleren und höheren<br />
Lebensalter. Zum anderen sprechen sie da<strong>für</strong>, dass<br />
Investitionen in Bildung einen Beitrag zur Verringerung<br />
der gesundheitlichen Ungleichheit in der<br />
heranwachsenden Generation leisten können.<br />
Heide Glaesmer (Universitätsklinikum Leipzig),<br />
Elmar Brähler, Gesine Grande<br />
Hintergrund: Die Prävalenzen von Übergewicht<br />
und Adipositas sind in den letzten Jahren und<br />
Jahrzehnten immer weiter angestiegen und haben<br />
inzwischen epidemische Ausmaße angenommen.<br />
Aktuell leidet circa ein Fünftel der deutschen<br />
Erwachsenenbevölkerung unter Adipositas und<br />
trägt damit ein deutlich erhöhtes Risiko <strong>für</strong> verschiedene<br />
Erkrankungen. Neben genetischen<br />
Faktoren spielen vor allem psychosoziale Faktoren<br />
eine große Rolle in der Entstehung und Aufrechterhaltung<br />
der Adipositas.<br />
Methodik: Es soll ein Überblick über aktuelle<br />
epidemiologische Befunde zu Übergewicht und<br />
Adipositas gegeben werden, der insbesondere die<br />
Rolle sozialer Faktoren fokussiert.<br />
Ergebnisse: Beim Auftreten von Übergewicht<br />
und Adipositas zeigen sich deutliche Schichtunterschiede,<br />
wobei ein niedriger sozioökonomischer<br />
Status mit deutlich erhöhten Prävalenzen einhergeht.<br />
Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen<br />
hat sich dieser Zusammenhang in den letzten Jahren<br />
akzentuiert. Neben den individuellen sozioökonomischen<br />
Risiken geraten umweltbezogene Risiken<br />
immer mehr in den Fokus der Forschung. Hier<br />
spielt die „obesiogene Umwelt“ (wenig Möglichkeit<br />
sich körperlich zu bewegen, geringe Erreichbarkeit<br />
gesunder Nahrungsmittel) eine wesentliche<br />
Rolle. Außerdem zeigen neuere Studien, dass sich<br />
die sozioökonomischen Bedingungen der direkten<br />
Lebensumwelt (z. B. sozioökonomischer Status<br />
des Stadtteils), aber auch die sozialen Beziehungen<br />
auf das Auftreten von Adipositas auswirken.<br />
Schlussfolgerungen: Die Befunde sollen in<br />
Hinblick auf die Prävention von Übergewicht und<br />
Adipositas diskutiert werden, wobei insbesondere<br />
die Einbettung in soziale Zusammenhänge unterstrichen<br />
werden soll.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113
Eingeladenes Symposium: Sozialer Wandel und Gesundheit 81<br />
Auswirkungen der Selbstwirksamkeitserwartung<br />
auf die spätere Gesundheit und die<br />
Dauer erfahrener Arbeitslosigkeit<br />
Bildung und Gesundheit – Welchen Einfluss hat<br />
der Bildungsstand auf unser psychisches und<br />
körperliches Wohlbefinden?<br />
Yve Stöbel-Richter (Universitätsklinikum Leipzig),<br />
Markus Zenger, Hendrik Berth, Peter Förster, Elmar<br />
Brähler<br />
Fragestellung: Die individuelle Selbstwirksamkeitserwartung<br />
(SWE) gilt als ein relativ stabiles<br />
dispostionelles Merkmal mit gesundheitsförderlichen<br />
Auswirkungen. Menschen mit einer höheren<br />
SWE weisen häufiger gesundheitsrelevante<br />
Verhaltensweisen und in Anforderungssituationen<br />
auch aktivere Bewältigungsformen auf. Die vorliegende<br />
Studie untersuchte den Zusammenhang<br />
zwischen der allgemeinen SWE und körperlichen<br />
und psychischen Symptomen, sowie der Dauer der<br />
Arbeitslosigkeit nach sieben Jahren.<br />
Methoden: Die Daten entstammen der „Sächsischen<br />
Längsschnittstudie“, einer Studie, die seit<br />
1987 in nahezu jährlichen Erhebungswellen mit<br />
identischen Teilnehmern durchgeführt wird. In den<br />
Jahren 2001 und 2008 wurden sowohl validierte<br />
Messinstrumente zur Erfassung körperlicher und<br />
psychischer Symptome eingesetzt (GBB, SCL-9),<br />
als auch Daten zur Dauer erfahrener Arbeitslosigkeit<br />
erhoben.<br />
Ergebnisse: Insgesamt lagen zu beiden Zeitpunkten<br />
komplette Daten von 348 Teilnehmern vor<br />
(Alter 2001: 29 Jahre). Eine höhere SWE geht mit<br />
einer deutlich niedrigen psychischen Symptombelastung<br />
sieben Jahre später einher. Des Weiteren<br />
geben diese Menschen weniger Herz-, Gliederund<br />
Magenbeschwerden an und fühlen sich weniger<br />
erschöpft. Gravierende Unterschiede zeigten<br />
sich auch in der Dauer der erfahrenen Arbeitslosigkeit.<br />
Während die Teilnehmer mit einer geringen<br />
SWE im Mittel ca. 21 Monate arbeitslos gewesen<br />
sind, waren die Teilnehmer mit einer mittleren oder<br />
hohen SWE nur ca. zehn Monate arbeitslos. Das<br />
Ausmaß der SWE konnte selbst nach statistischer<br />
Kontrolle des Ausgangsniveaus psychischer und<br />
somatischer Beschwerden weitere Varianzanteile<br />
ebendieser nach sieben Jahren aufklären. Dies gilt<br />
auch <strong>für</strong> die Dauer der Arbeitslosigkeit.<br />
Schlussfolgerungen: Die allgemeine SWE<br />
stellt einen wichtigen gesundheitlichen Protektivfaktor<br />
dar. Spezielle Interventionsansätze bieten<br />
sich bei der Betreuung von Arbeitslosen an, da die<br />
SWE eine beachtliche Rolle beim Wiedereinstieg in<br />
das Berufsleben spielt.<br />
Sören Schmidt (Universität Bremen), Franz<br />
Petermann, Elmar Brähler (Uniklinikum Leipzig)<br />
Hintergrund: Bildung kann als eine der wesentlichsten<br />
Grundvoraussetzungen <strong>für</strong> einen hohen<br />
sozialen, ökonomischen und somit auch gesundheitlichen<br />
Status betrachtet werden. Viele Studien<br />
belegen dies, indem beispielsweise ein hoher<br />
Bildungsstand einen validen Prädiktor <strong>für</strong> eine längere<br />
Lebensdauer, aber auch eine subjektiv besser<br />
bewertete gesundheitliche (sowohl psychische als<br />
auch physische) Konstitution darstellt. Als Gründe<br />
da<strong>für</strong> können unter anderem der Zugriff auf<br />
gesundheitsrelevantes Wissen angeführt werden,<br />
was der Einleitung protektiver Maßnahmen dient,<br />
aber auch das damit einhergehende größere Angebot<br />
von medizinischen und psychotherapeutischen<br />
Behandlungsmöglichkeiten.<br />
Methode: Neben einem Überblick aktueller<br />
Befunde werden anhand bevölkerungsrepräsentativer<br />
Stichproben (Querschnittuntersuchungen)<br />
Zusammenhänge zwischen dem Bildungsstand,<br />
dem sozialen Status sowie der psychischen und<br />
physischen Gesundheit aufgezeigt. Dazu werden<br />
Angaben der Befragten in entsprechenden diagnostischen<br />
Erhebnungsinstrumenten herangezogen.<br />
Diskussion: Die Ergebnisse werden vor dem<br />
Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Faktoren<br />
(z. B. grundlegender Zugang <strong>zum</strong> und Partizipation<br />
am Bildungssystem, wirtschaftlicher Status) aber<br />
auch den Konsequenzen <strong>für</strong> unser Gesundheitssystem<br />
(Zugang zur medizinischen und psychotherapeutischen<br />
Versorgung) diskutiert. Ziel ist die<br />
Einordnung der erhobenen Ergebnisse in unserem<br />
Bildungssystem und die damit verbundenen Relevanz<br />
<strong>für</strong> die gesundheitliche Versorgung.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113
82 Eingeladenes Symposium: Sozialer Wandel und Gesundheit<br />
Langzeiteffekte einer kognitiv-behavioralen<br />
Telefontherapie bei pflegenden Angehörigen<br />
von Demenzkranken (TeleTAnDem)<br />
Tanja Kalytta (Friedrich-Schiller-Universität Jena),<br />
Gabriele Wilz, Renate Soellner<br />
Theoretischer Hintergrund: Internationale<br />
Untersuchungen belegen, dass sich infolge der<br />
häuslichen Betreuung von Demenzpatienten der<br />
Gesundheitszustand von pflegenden Angehörigen<br />
verschlechtert. Die Studie untersucht die Wirksamkeit<br />
einer individuellen, kognitiv-behavioralen<br />
Telefonintervention (7 Telefonate in 3 Monaten)<br />
<strong>für</strong> pflegende Angehörige von Demenzerkrankten<br />
im häuslichen Setting. Die telefonische Intervention<br />
hat die Zielsetzung, die Problemlösefähigkeit,<br />
Selbst<strong>für</strong>sorge und psychische Verarbeitung der<br />
Pflegesituation zu verbessern, die Inanspruchnahme<br />
von Unterstützung zu erhöhen und somit<br />
positive Auswirkungen auf Körperbeschwerden<br />
und den subjektiv erlebten Gesundheitszustand,<br />
die Lebensqualität und das emotionale Befinden<br />
der Angehörigen zu nehmen.<br />
Methoden: Randomisierte und kontrollierte,<br />
multizentrische Studie mit Parallelgruppendesign<br />
(N = 100): Experimentalgruppe (EG): Individuelle<br />
Telefonintervention; behandelte Kontrollgruppe<br />
(bKG): PMR; unbehandelte Kontrollgruppen (uKG);<br />
einfach verblindet, prä-post Design mit 6 Monats<br />
Follow-up.<br />
Ergebnisse: Zum 6 Monats Follow-up konnten<br />
signifikante Unterschiede hinsichtlich der Körperbeschwerden<br />
und der Lebensqualität zwischen<br />
der Interventions- und den beiden Kontrollgruppen<br />
nachgewiesen werden. Die EG wurde von den<br />
teilnehmenden Angehörigen häufiger als „sehr<br />
hilfreich“ bewertet als die bKG (76 % vs. 48 %).<br />
Zudem gaben die Teilnehmer der EG häufiger positive<br />
Folgewirkungen an als die Teilnehmer der bKG<br />
(50 % vs. 27 %).<br />
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen<br />
auf, dass Angehörigeninterventionen, welche auf<br />
problemorientierten und emotionsorientierten<br />
Interventionsstrategien (KVT) basieren, auch im<br />
telefonischen Setting wirksam sind und eine hohe<br />
Akzeptanz bei den teilnehmenden pflegenden<br />
Angehörigen haben.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L113
Symposium: Soziale und individuelle Einflüsse auf das Essverhalten 83<br />
Symposium:<br />
Soziale und individuelle Einflüsse<br />
auf das Essverhalten im Kindes-,<br />
Jugend- und Erwachsenenalter<br />
Vorsitz:<br />
Tabea Reuter (Universität Konstanz),<br />
Gudrun Sproesser (Universität Konstanz)<br />
Ungesunde Essgewohnheiten gehen mit einem<br />
erhöhten Risiko <strong>für</strong> chronische Krankheiten einher.<br />
Eine aktuelle britische Studie zeigt, dass bereits<br />
kleine Veränderungen in der Ernährung zu einer<br />
neunprozentigen Verringerung der Mortalität<br />
aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen<br />
könnten. Daher ist ein besseres Verständnis der<br />
Determinanten des Essverhaltens von großer<br />
Bedeutung. Ziel dieses Symposiums ist es, einen<br />
Überblick über aktuelle Ergebnisse der sozialen<br />
und personellen Einflüsse auf das Essverhalten zu<br />
vermitteln.<br />
Der erste Beitrag stellt neueste Ergebnisse <strong>zum</strong><br />
Zielkonfliktmodell des Essens im Zusammenhang<br />
mit gezügelten Essern vor. Der zweite Beitrag<br />
zeigt, welche individuellen Unterschiede den<br />
Einfluss von sozialem Stress auf das Ernährungsverhalten<br />
modulieren. Der dritte Beitrag gibt einen<br />
Literatur-Überblick über die in den letzten zehn<br />
Jahren veröffentlichten Untersuchungen zu elterlichen<br />
Einflüssen auf die Ernährung von Kindern und<br />
Jugendlichen. Im vierten Beitrag wird der Zusammenhang<br />
zwischen sozialen Images von Nahrungsmitteln<br />
und dem Essverhalten von Kindern und<br />
Jugendlichen betrachtet.<br />
Beiträge:<br />
• Warum sind manche gezügelten Esser<br />
erfolgreich? (Stroebe)<br />
• Wer isst unter Stress mehr? Differenzielle<br />
Effekte von sozialem Stress auf das<br />
Ernährungsverhalten (Sproesser)<br />
• Elterlicher Einfluss auf die kindliche Ernährung<br />
(Hudjetz)<br />
• Kann man Popularität essen? Soziale<br />
Vorstellungsbilder von gesunden und<br />
ungesunden Nahrungsmitteln im Kindes- und<br />
Jugendalter (Reuter)<br />
• Prototypen (un)gesunder Esser: Beeinflussen<br />
Lebensmittel und Esssituationen ihre Bewertung<br />
und Zusammenhänge mit dem Essverhalten im<br />
Jugendalter? (Dohnke)<br />
• Familienpsychologische Determinanten<br />
emotionsinduzierten Essens im Kindes- und<br />
Jugendalter (Nitzko)<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115
84 Symposium: Soziale und individuelle Einflüsse auf das Essverhalten<br />
Warum sind manche gezügelten Esser<br />
erfolgreich?<br />
Wolfgang Stroebe (Universität Utrecht), Guido van<br />
Koningsbruggen, Henk Aarts<br />
Gezügelte Esser haben Schwierigkeiten bei der<br />
Regulierung ihres Essverhaltens. Sie sind zwar<br />
stets bemüht, ihr Gewicht zu kontrollieren, können<br />
aber der Versuchung, die von gutem Essen<br />
ausgeht, selten widerstehen: Sie erfahren einen<br />
Konflikt zwischen zwei widersprüchlichen Zielen,<br />
dem Ziel gutes Essen zu genießen und dem Ziel<br />
ab- oder <strong>zum</strong>indest nicht zuzunehmen. Normalerweise<br />
sind sie imstande, das Ziel der Esskontrolle<br />
als dominantes Ziel zu verfolgen und das Essgenussziel<br />
zu unterdrücken. Wiederholte Darbietung<br />
von Reizen, die gutes Essen signalisieren, kann<br />
aber die Zugänglichkeit des Essgenussziels soweit<br />
erhöhen, dass es <strong>zum</strong> dominanten Ziel wird.<br />
Der Zielkonflikt wird dann durch Inhibierung des<br />
Esskontrollziels gelöst. Im Vergleich zu normalen<br />
Essern reagieren gezügelte Esser hedonistischer<br />
auf gutes Essen, können ihre Aufmerksamkeit<br />
nicht abwenden, und unterdrücken Gedanken an<br />
das Einhalten ihrer Diät.<br />
In den letzten Jahren haben wir aber eine Untergruppe<br />
von gezügelten Essern identifiziert, die<br />
keine Probleme bei der Einhaltung ihrer Diät zu<br />
haben scheint. Sie berichten eine höhere Selbst-<br />
Effektivität in Bezug auf Esskontrolle, die sich<br />
empirisch untermauern lässt. Wir konnten weiterhin<br />
zeigen, dass der wesentliche Unterschied<br />
zwischen erfolgreichen und erfolglosen gezügelten<br />
Essern darin besteht, dass Reize, die gutes Essen<br />
signalisieren bei erfolgreichen gezügelten Essern<br />
die kognitive Zugänglichkeit von Gedanken an das<br />
Einhalten ihrer Diät erhöhen statt diese wie bei<br />
den erfolglosen gezügelten Essern zu inhibieren.<br />
Eine Untersuchung, in der wir die Implementierungsintention<br />
induzierten, in Versuchungssituationen<br />
an Diät zu denken, konnte zeigen, dass<br />
diese Implementierungsintenton bei erfolglosen<br />
gezügelten Essern sowohl die Zugänglichkeit von<br />
Esskontrollgedanken als auch die Esskontrolle auf<br />
das Niveau von erfolgreichen gezügelten Essern<br />
erhöhte.<br />
Wer isst unter Stress mehr? Differenzielle<br />
Effekte von sozialem Stress auf das<br />
Ernährungsverhalten<br />
Gudrun Sproesser (Universität Konstanz), Stefanie<br />
Strohbach, Harald Schupp, Britta Renner<br />
Experimentelle Studien zeigen, dass Menschen<br />
unter akutem Stress dazu tendieren, mehr zu<br />
essen. In Selbstberichten hingegen zeigt sich ein<br />
sehr viel heterogeneres Bild, was auf gravierende<br />
interindividuelle Unterschiede im habituellen<br />
Stressbewältigungsverhalten hinweist.<br />
Ziel der vorliegenden Studie war es, diese unterschiedlichen<br />
Befunde <strong>zum</strong> spontanen und habituellen<br />
Verhalten zu integrieren. Im Rahmen eines<br />
experimentellen Designs nahmen 164 Teilnehmende<br />
an einem Geschmackstest <strong>für</strong> Speiseeis<br />
teil. Die Hälfte der Teilnehmenden wurde zuvor<br />
einem akuten Stressor ausgesetzt (soziale Exklusion).<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass sozialer Stress<br />
nicht generell zu einem erhöhten Speiseeiskonsum<br />
führte. Vielmehr aßen die Teilnehmenden<br />
nur dann mehr Eis in der Stressbedingung als in<br />
der Kontrollbedingung, wenn sie gleichzeitig eine<br />
entsprechende habituelle Bewältigungstendenz<br />
aufwiesen, F(2,158) = 4,86, p < .01. Das entgegengesetzte<br />
Verhaltensmuster zeigte sich, wenn<br />
die Teilnehmenden angaben, bei sozialem Stress<br />
grundsätzlich weniger zu essen.<br />
Folglich sollten Untersuchungen zur Beziehung<br />
zwischen akutem sozialem Stress und dem Ernährungsverhalten<br />
auch die selbstberichtete habituelle<br />
Reaktion auf Stress mit einbeziehen.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115
Symposium: Soziale und individuelle Einflüsse auf das Essverhalten 85<br />
Elterlicher Einfluss auf die kindliche Ernährung<br />
Annekatrin Hudjetz (Universität Potsdam), Petra<br />
Warschburger<br />
Fragestellung: Ein gesundes Ernährungsverhalten<br />
wirkt sich in positiver Weise auf das körperliche<br />
und psychische Wohlbefinden aus. Bereits im<br />
Kindes- und Jugendalter werden die Grundsteine<br />
<strong>für</strong> einen adäquaten Umgang mit Nahrungsmitteln<br />
gelegt. Den Eltern kommt dabei eine zentrale Rolle<br />
zu. Unklar ist, welche elterlichen Verhaltensweisen<br />
und Gewohnheiten die kindliche Ernährung in welchem<br />
Ausmaß beeinflussen.<br />
Methoden: Vorgestellt werden soll ein Literatur-<br />
Überblick über die in den Jahren 1998 bis 2010<br />
veröffentlichten Untersuchungen zu elterlichen<br />
Einflüssen auf die Ernährung der 6- bis 18-jährigen<br />
Kinder. Aus 3.449 gefundenen Studien entsprachen<br />
94 den Einschlusskriterien, wurden in die<br />
Analyse aufgenommen und in Hinblick auf die<br />
Wirkung elterlicher Einflussfaktoren betrachtet.<br />
Ergebnisse: Es konnten deutliche Einflüsse des<br />
elterlichen Ernährungsverhaltens, der elterlichen<br />
Steuerungsstrategien oder auch der Verfügbarkeit<br />
und Erreichbarkeit bestimmter Lebensmittel auf<br />
den Nahrungsmittelkonsum des Kindes gefunden<br />
werden. Auch seltener untersuchte Wirkfaktoren,<br />
wie die Regelmäßigkeit von Familienmahlzeiten<br />
oder der elterliche Erziehungsstil, zeigten Zusammenhänge<br />
zu der kindlichen gesunden resp. ungesunden<br />
Ernährung.<br />
Schlussfolgerungen: Eltern beeinflussen<br />
die Ernährung ihrer Kinder in vielfältiger Art und<br />
Weise. Das Bewusstmachen dieser Möglichkeiten<br />
durch gezielte thematische Angebote <strong>für</strong> die Eltern<br />
sollte deshalb ein bedeutsames Ziel im Bereich der<br />
<strong>Gesundheitspsychologie</strong> und -pädagogik sein.<br />
Kann man Popularität essen? Soziale<br />
Vorstellungsbilder von gesunden und<br />
ungesunden Nahrungsmitteln im Kindes- und<br />
Jugendalter<br />
Tabea Reuter (Universität Konstanz), Harald<br />
Schupp, Britta Renner<br />
Fragestellung: Neben biologischen Faktoren<br />
wie Hunger und Sättigung oder ökonomischen Faktoren<br />
wie die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln,<br />
wird das Essverhalten über sozio-kulturelle Faktoren<br />
wie das soziale Vorstellungsbild oder ‚Image‘<br />
von Nahrungsmitteln gesteuert. Je positiver Kinder<br />
und Jugendliche einen typischen ungesunden<br />
Esser einschätzen, desto mehr tendieren sie selbst<br />
dazu ungesund zu essen. Des Weiteren spielt der<br />
soziale Status bzw. die Popularität eines Gleichaltrigen<br />
eine wichtige motivationale Rolle im Kindesund<br />
Jugendalter. Daher nehmen wir an, dass der<br />
Einfluss des positiven Images eines ungesunden<br />
Essers auf das Essverhalten durch das wahrgenommene<br />
Essverhalten eines typischen unbeliebten<br />
Gleichaltrigen verstärkt wird.<br />
Methoden: Schulkinder (9-18 Jahre; N = 504)<br />
evaluierten einen typischen ungesunden Esser hinsichtlich<br />
seiner Popularität. Des Weiteren wurden<br />
sie gefragt, welche Nahrungsmittel ein typischer<br />
unpopulärer Gleichaltriger isst. Das eigene Essverhalten<br />
wurde mit einem Ernährungsfragebogen<br />
(Food Frequency Questionnaire) erfasst.<br />
Ergebnisse: Die Kinder aßen umso ungesünder,<br />
je populärer sie einen ungesunden Esser bewerteten<br />
(ß = .25) und je gesünder sich ihrer Meinung<br />
nach ein typischer unbeliebter Gleichaltriger<br />
ernährte (ß = .09). Zusätzlich zeigen diese beiden<br />
Faktoren einen synergistischen Effekt (ß = .25).<br />
Schlussfolgerungen: Nach diesen Ergebnissen<br />
stellt die Förderung eines positiven sozialen<br />
Images von Nahrungsmitteln und den typischen<br />
Essern einen vielversprechenden Ansatz <strong>für</strong> die<br />
Gesundheitsförderung dar.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115
86 Symposium: Soziale und individuelle Einflüsse auf das Essverhalten<br />
Prototypen (un)gesunder Esser: Beeinflussen<br />
Lebensmittel und Esssituationen ihre<br />
Bewertung und Zusammenhänge mit dem<br />
Essverhalten im Jugendalter?<br />
Birte Dohnke (Pädagogische Hochschule<br />
Schwäbisch Gmünd), Amina Steinhilber<br />
Fragestellung: Im Jugendalter werden gesundheitsbezogene<br />
Verhaltensweisen häufig ohne<br />
entsprechende Intentionen gezeigt, sondern als<br />
Reaktionen in sozialen Situationen mit Freunden.<br />
Dies berücksichtigt das Prototype-Willingness<br />
Modell (Gibbons et al., 2006) mit der Prototypen-<br />
Wahrnehmung als zentraler Determinante jugendlichen<br />
Gesundheitsverhaltens: Jugendliche haben<br />
Bilder von typischen Peers, die ein bestimmtes<br />
Verhalten zeigen; und je positiver sie diese Prototypen<br />
sehen, desto eher handeln sie selbst so. Dies<br />
ist auch <strong>für</strong> ungesundes Essverhalten bestätigt<br />
(Gerrits et al., 2009, 2010). Es ist jedoch offen, ob<br />
auch das Bild des gesunden Essers verhaltenswirksam<br />
ist. Bisher ist außerdem nicht bekannt,<br />
ob Bewertungen der Esser-Prototypen und deren<br />
Zusammenhänge mit Essverhalten mit Lebensmitteln<br />
und Esssituationen (z. B. soziale Situationen)<br />
variieren. Dies legt das Modell sowie qualitative<br />
Studien nahe und wird in der vorliegenden Studie<br />
untersucht.<br />
Methoden: 127 Jugendliche wurden zu Esser-<br />
Prototypen und Essverhalten befragt; beides differenziert<br />
nach verschiedenen allgemein und in der<br />
Schulpause verzehrten (un)gesunden Lebensmittel.<br />
Ergebnisse: Gesunde Esser wurden positiver<br />
bewertet als ungesunde Esser; in der Pause<br />
gesund Essende jedoch weniger positiv als<br />
allgemein gesund Essende. Die Bewertung (un)<br />
gesunder Esser hing mit (un)gesundem Essverhalten<br />
allgemein sowie in der Pause zusammen; die<br />
gesunder Esser jedoch stärker wenn es sich um<br />
Esser/Essen in der Pause vs. allgemein handelte.<br />
Schlussfolgerungen: Auch gesunde Esser-<br />
Prototypen beeinflussen Jugendliche bzw. auch<br />
ihr gesundes Essverhalten wird durch Prototypen-<br />
Wahrnehmung beeinflusst. Ferner scheint es Subtypen<br />
des (un)gesund essenden Peers zu geben.<br />
Diese sind charakterisiert durch Lebensmittel und<br />
Esssituationen und beeinflussen insbesondere<br />
Jugendlichen beim Essen gesunder Lebensmittel<br />
in sozialen Situationen. Diese Bilder können bzw.<br />
sollten genutzt werden, um gesundes Essverhalten<br />
im Jugendalter zu fördern.<br />
Familienpsychologische Determinanten<br />
emotionsinduzierten Essens im Kindes- und<br />
Jugendalter<br />
Sina Nitzko (Johannes Gutenberg-Universität<br />
Mainz)<br />
Emotionsinduziertes Essen ist definierbar als die<br />
Aufnahme von Nahrung als Reaktion auf Emotionen<br />
anstelle von Hunger. Diese Form des Essverhaltens<br />
gilt als Risikofaktor <strong>für</strong> die Herausbildung<br />
von Binge Eating, Adipositas und anderen Essstörungen.<br />
Bislang liegen nur wenige Studien bzgl.<br />
der Ursachen emotionsinduzierten Essens vor.<br />
Obwohl familiären Faktoren eine große Bedeutung<br />
hinsichtlich der Entwicklung des kindlichen Essverhaltens<br />
zugeschrieben wird, ist die Rolle des<br />
Familienklimas und des elterlichen Erziehungsstils<br />
in der Verursachung emotionsinduzierten Essens<br />
bislang wenig geklärt. 831 Schülerinnen und Schüler<br />
(10-16 Jahre) wurden mit Hilfe eines Fragebogens<br />
zu soziodemografischen Aspekten, Essverhalten,<br />
Familienklima und elterlichem Erziehungsstil<br />
befragt. Die Analysen zeigen, dass elterliche<br />
Inkonsistenz, elterliche Unterstützung und familiärer<br />
Zusammenhalt Prädiktoren <strong>für</strong> emotionsinduziertes<br />
Essen in Kindheit und Jugend sind. Darüber<br />
hinaus geht emotionsinduziertes Essen mit einem<br />
höheren BMI einher. Die Ergebnisse belegen die<br />
bedeutsame Rolle familiärer Faktoren in der Herausbildung<br />
emotionsinduzierten Essens, welches<br />
wiederum einen Risikofaktor <strong>für</strong> die Herausbildung<br />
von Essstörungen darstellt. Maßnahmen zur<br />
Prävention von Essstörungen sollten dementsprechend<br />
einen Fokus auf das Familiensystem richten.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L115
Symposium: Motivationale und volitionale Aspekte des Gesundheitsverhaltens 87<br />
Symposium:<br />
Motivationale und<br />
volitionale Aspekte des Gesundheitsverhaltens<br />
Vorsitz:<br />
Julia Schüler (Universität Zürich)<br />
Diskutantin:<br />
Britta Renner (Universität Konstanz)<br />
In vier Vorträgen werden aktuelle motivationale<br />
und volitionale Variablen zur Erklärung von Gesundheitsverhalten<br />
herangezogen und in einem Diskussionsbeitrag<br />
diskutiert.<br />
Zwei Vorträge befassen sich mit Ernährungs- und<br />
Essverhalten. Ochsner, Scholz und Hornung bestätigen<br />
ihre Hypothese in einer Studie mit Adipösen,<br />
dass motivationale Selbstwirksamkeitserwartungen<br />
die Intention und volitionale Selbstwirksamkeitserwartungen<br />
die Verhaltensänderung vorhersagen.<br />
Oertig, Schüler, Schnelle und Brandstätter<br />
zeigen in vier Studien mit Studierenden, dass<br />
Vermeidungsziele volitionale Ressourcen erschöpfen,<br />
die wiederum Befinden und Essverhalten<br />
beeinträchtigen.<br />
In zwei weiteren Vorträgen geht es um körperliche<br />
Aktivität. Pomp, Lippke, Fleig und Schwarzer finden,<br />
dass sich Rehabilitationspatienten mit depressiven<br />
Symptomen zwar nicht in ihrer Motivation<br />
zur körperlichen Aktivität von weniger depressiven<br />
Personen unterscheiden, diese aber weniger gut<br />
mittels selbstregulativen Strategien in Verhalten<br />
umsetzen. Sudeck prüft mittels Latent Change<br />
Analyse die Wechselwirkung zwischen sportbezogener<br />
Motivation, operationalisiert über die<br />
Motivationsmodi des Selbstkonkordanz-Modells,<br />
und Befindlichkeitsveränderungen während des<br />
Sporttreibens. Renner schließt das Symposium mit<br />
einer Diskussion der Vortragsbeiträge.<br />
Beiträge:<br />
• Phasenspezifische Selbstwirksamkeitserwartung<br />
bei der Ernährungsumstellung<br />
(Ochsner)<br />
• Die Auswirkungen von Vermeidungszielen auf<br />
Motivation, Befinden und Essverhalten und die<br />
mediierende Rolle erschöpfter volitionaler<br />
Ressourcen (Oertig)<br />
• Depressive Symptome und körperliche Aktivität<br />
nach einer Rehabilitation – Zusammenhänge<br />
und Mechanismen (Pomp)<br />
• Dynamische Wechselwirkungen zwischen<br />
sportbezogener Motivation und Befindlichkeitsveränderungen<br />
durch Sportaktivitäten – Eine<br />
Latent Change Analyse (Sudeck)<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116
88 Symposium: Motivationale und volitionale Aspekte des Gesundheitsverhaltens<br />
Phasenspezifische Selbstwirksamkeitserwartung<br />
bei der Ernährungsumstellung<br />
Sibylle Ochsner (Universität Zürich), Urte Scholz,<br />
Rainer Hornung<br />
Fragestellung: Im Health Action Process<br />
Approach wird zwischen einer motivationalen<br />
Selbstwirksamkeitserwartung und einer volitionalen<br />
Selbstwirksamkeitserwartung unterschieden,<br />
wobei erstere als Prädiktor zur Intentionsbildung<br />
und letztere als Prädiktor zur Verhaltensänderung<br />
gilt. Ziel der Studie war es zu prüfen, ob die phasenspezifische<br />
Trennung der Selbstwirksamkeitserwartung<br />
(SWE) genügend diskriminante Validität<br />
aufweist und sich die motivationale SWE als<br />
Prädiktor <strong>für</strong> die Intention und die volitionale SWE<br />
als Prädiktor <strong>für</strong> die Verhaltensänderung erweist.<br />
Methode: 373 Übergewichtige und Adipöse<br />
(davon 72.4 % Frauen; mittleres Alter = 52.42,<br />
SD = 12.79) nahmen an zwei Erhebungen über<br />
eine Zeitspanne von vier Monaten teil. Erhoben<br />
wurden Variablen des Health Action Process<br />
Modells sowie das Ernährungsverhalten.<br />
Ergebnisse: Eine Faktorenanalyse bestätigte die<br />
phasenspezifische Trennung der Selbstwirksamkeitserwartung.<br />
In einer multiplen Regressionsanalyse<br />
zeigten sich die motivationale SWE sowie<br />
die Handlungsergebniserwartung als Prädiktoren<br />
der Intention nach vier Monaten, während sich die<br />
volitionale, aber nicht die motivationale SWE, und<br />
die Ausführungsplanung als Prädiktoren des Ernährungsverhaltens<br />
nach vier Monaten erwiesen.<br />
Schlussfolgerungen: Die Befunde stützen<br />
die phasenspezifische Trennung der Selbstwirksamkeitserwartung.<br />
Dies sollte in Interventionen<br />
zur Ernährungsumstellung von Übergewichtigen<br />
berücksichtigt werden.<br />
Die Auswirkungen von Vermeidungszielen auf<br />
Motivation, Befinden und Essverhalten und<br />
die mediierende Rolle erschöpfter volitionaler<br />
Ressourcen<br />
Daniela Oertig (Universität Zürich), Julia Schüler,<br />
Jessica Schnelle, Veronika Brandstätter<br />
Fragestellung: Die vorliegende Forschung<br />
untersucht den vermittelnden Mechanismus<br />
zwischen Vermeidungszielen und ihren negativen<br />
Konsequenzen. Wir nahmen an, dass eine Verfolgung<br />
von Vermeidungszielen volitionale Ressourcen<br />
verbraucht und erschöpft, was sich negativ auf<br />
Motivation, Befinden und Gesundheitsverhalten<br />
auswirkt.<br />
Methoden: Mit insgesamt vier Studien untersuchten<br />
wir die kurz- und langfristigen Effekte von<br />
nomothetisch sowie idiografisch erfassten persönlichen<br />
Vermeidungszielen auf volitionale Ressourcen<br />
bzw. deren mediierende Rolle auf vermindertes<br />
Flow-Erleben, beeinträchtigtes Wohlbefinden<br />
sowie ungesundes, problematisches Essverhalten<br />
bei Studierenden sowie Frauen mittleren Alters.<br />
Ergebnisse: Die Resultate zeigten konsistent<br />
über die Studien hinweg, dass eine Verfolgung<br />
von Vermeidungszielen (im Gegensatz zu Annäherungszielen)<br />
volitionale Ressourcen verbraucht<br />
und dies Motivation, Befinden und Essverhalten<br />
beeinträchtigt.<br />
Schlussfolgerungen: Erschöpfte volitionale<br />
Ressourcen erwiesen sich als Mediator der<br />
negativen Beziehung zwischen der Verfolgung von<br />
Vermeidungszielen und ihren negativen Konsequenzen<br />
<strong>für</strong> Flow-Erleben, Wohlbefinden und<br />
Essverhalten. Theoretische und praktische Implikationen<br />
<strong>für</strong> die Gesundheitsförderung werden<br />
diskutiert.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116
Symposium: Motivationale und volitionale Aspekte des Gesundheitsverhaltens 89<br />
Depressive Symptome und körperliche Aktivität<br />
nach einer Rehabilitation – Zusammenhänge<br />
und Mechanismen<br />
Sarah Pomp (Freie Universität Berlin), Sonia Lippke,<br />
Lena Fleig, Ralf Schwarzer<br />
In welchem Zusammenhang stehen depressive<br />
Symptome mit der Motivation körperlich aktiv zu<br />
werden und unterscheiden sich depressive und<br />
nicht-depressive Personen in ihren volitionalen<br />
Prozessen? Nach der Intentionsbildung mediiert<br />
Handlungskontrolle die Umsetzung von Intention<br />
in Verhalten. Depressive Symptome sind aber mit<br />
einer Einschränkung von Selbstregulation assoziiert.<br />
In dieser Studie wurde getestet, ob depressive<br />
Symptome in einem Zusammenhang mit der<br />
Motivation zu körperlicher Aktivität stehen und ob<br />
der Mediationseffekt von Intention-Selbstregulation-Verhalten<br />
bei depressiven Personen beeinträchtigt<br />
ist.<br />
In drei Rehabilitationskliniken wurden 277 kardiologische<br />
und orthopädische Patienten per Computer<br />
befragt. Zu T1 wurden körperliche Aktivität, Motivation,<br />
Handlungskontrolle und depressive Symptome<br />
erfasst. Sechs Wochen später wurde erneut<br />
körperliche Aktivität erhoben. Um die Hypothesen<br />
zu testen, wurden Mediations- und Moderationsanalysen<br />
gerechnet.<br />
Motivation korrelierte nicht mit depressiven Symptomen.<br />
Handlungskontrolle mediierte den Pfad von<br />
Motivation zu körperlicher Aktivität. Dieser Mediationseffekt<br />
wurde von depressiven Symptomen<br />
moderiert (p < .05). Je höher die Ausprägung der<br />
depressiven Symptome war, desto geringer war<br />
die Wahrscheinlichkeit, dass Motivation zu körperlicher<br />
Aktivität über Handlungskontrolle in Verhalten<br />
umgesetzt wurde.<br />
Personen mit depressiven Symptomen zeigten<br />
keine geringere Motivation als Personen mit<br />
depressiven Symptomen, aber sie setzten ihre<br />
Motivation nicht mittels selbstregulativer Strategien<br />
in Verhalten um. Zukünftige Studien sollten<br />
untersuchen, ob depressive Personen von Interventionen<br />
zur Steigerung selbstregulativer Strategien<br />
profitieren können und wie geeignet externe<br />
Strategien (z. B. soziale Unterstützung) <strong>für</strong> depressive<br />
Personen sind. Programme zur Förderung von<br />
körperlicher Aktivität könnten so auf Bedürfnisse<br />
dieser Personen eingehen.<br />
Dynamische Wechselwirkungen zwischen<br />
sportbezogener Motivation und Befindlichkeitsveränderungen<br />
durch Sportaktivitäten – Eine<br />
Latent Change Analyse<br />
Gorden Sudeck (Universität Bern), Achim<br />
Conzelmann<br />
Fragestellung: Gesundheitsbezogene Ziele<br />
werden eher verwirklicht, wenn sie den eigenen<br />
Werten, Interessen und Bedürfnissen entsprechen,<br />
d. h. wenn es sich um selbstkonkordante<br />
Ziele handelt. Dabei werden selbstintegrierte<br />
Motivationsmodi (identifiziert, intrinsisch), die die<br />
Selbstkonkordanz positiv bestimmen, von nichtintegrierten<br />
Motivationsmodi (external, introjiziert)<br />
unterschieden. Für die Aneignung regelmäßiger<br />
Sportaktivitäten konnte gezeigt werden, dass die<br />
Teilnahme an Sportprogrammen das Ausmaß<br />
selbstintegrierter Motivationsmodi begünstigt. Die<br />
Frage ist, inwiefern Veränderungen der identifizierten<br />
und intrinsischen Motivation durch Befindlichkeitsveränderungen<br />
während sportlicher Aktivität<br />
erklärt werden können.<br />
Methode: Im Rahmen von dreimonatigen Sportprogrammen<br />
<strong>für</strong> Universitätsangestellte wurden an<br />
drei Terminen Befragungen mittels Handheld-PCs<br />
vor (A), zweimal während und nach Sporteinheiten<br />
(E) durchgeführt, mit denen das aktuelle Befinden<br />
(Valenz, Ruhe, positive Aktivierung) erfasst wurde.<br />
An den Befragungen nahmen 110 Personen (Alter:<br />
M = 50 Jahre, SD = 8.2; 51 % Frauen) mindestens<br />
einmal teil. Die Selbstkonkordanz wurde zu Beginn<br />
(T1) und am Ende der Programme (T2) schriftlich<br />
erhoben. Für die Analyse kausaler Beziehungen<br />
zwischen intraindividuellen Veränderungen des<br />
Befindens (E-A) und intraindividuellen Veränderungen<br />
der Motivation (T2-T1) wurden Latent Change<br />
Analysen berechnet.<br />
Ergebnisse: Für die drei Befindlichkeitsdimensionen<br />
sowie die beiden Motivationsmodi konnten<br />
substanzielle Veränderungen beobachtet werden.<br />
Die Veränderungen des Befindens während des<br />
Sporttreibens beeinflussten das Ausmaß der Veränderungen<br />
der intrinsischen Motivation. Hingegen<br />
konnten Veränderungen der identifizierten Motivation<br />
nicht durch Befindlichkeitsveränderungen<br />
vorhergesagt werden.<br />
Schlussfolgerung: Befindlichkeitsverbesserungen<br />
durch Sportaktivitäten stellen eine substanzielle<br />
Quelle <strong>für</strong> die intrinsische Motivationsbasis<br />
<strong>für</strong> regelmäßige Sportaktivitäten dar.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 14:00-15:30 Uhr, Raum L116
90 Arbeitsgruppe: Klinische <strong>Gesundheitspsychologie</strong><br />
Arbeitsgruppe:<br />
Klinische <strong>Gesundheitspsychologie</strong><br />
Vorsitz:<br />
Daniel Hausmann-Thürig (Universität Zürich)<br />
Qualität gesundheitsbezogener Internetinformationen:<br />
Eine inhaltsanalytische Untersuchung<br />
von Websites zur Posttraumatischen<br />
Belastungsstörung<br />
Christiane Eichenberg (Universität Köln)<br />
Beiträge:<br />
• Qualität gesundheitsbezogener Internetinformationen:<br />
Eine inhaltsanalytische Untersuchung<br />
von Websites zur Posttraumatischen<br />
Belastungsstörung (Eichenberg)<br />
• Komplexer Name, komplexe Wirkung? Der<br />
Einfluss des Medikamentennamens auf die<br />
erwartete Wirksamkeit und Schädlichkeit (Dohle)<br />
• Patienten mit Angst und Depression im Krankenhaus:<br />
Ökonomische Auswirkungen<br />
seelischer Belastungen (Labouvie)<br />
• Fordern, aber nicht überfordern – Zur Rolle von<br />
Zeit- und Leistungsdruck <strong>für</strong> Kreativität und<br />
Gesundheit (Glaser)<br />
• Informationssuchprozesse bei der<br />
Medikamentenwahl und Einflüsse von<br />
Persönlichkeitsfaktoren (Hausmann-Thürig)<br />
Hintergrund/Fragestellung: Weite Teile der<br />
Bevölkerung greifen nicht nur zu Gesundheitsthemen<br />
im Allgemeinem auf das Internet als Ratgeber<br />
zurück, sondern informieren sich bei Fragen zu<br />
psychischer Gesundheit im Besonderen mittels<br />
dieses Mediums. Dabei beeinflussen die dort<br />
recherchierten Informationen Gesundheitsverhalten<br />
und -einstellungen. Umso wichtiger ist es,<br />
die Qualität medizinischer und psychologischer<br />
Internetinformationen sicher zu stellen. Im internationalen<br />
Raum existiert eine Reihe von Studien, die<br />
diesbezügliche Mängel konstatieren. Für deutschsprachige<br />
Websites sind entsprechende Untersuchungen<br />
hingegen noch kaum vorhanden.<br />
Methode: Aus diesem Grund wurde exemplarisch<br />
<strong>für</strong> das Störungsbild der Posttraumatischen Belastungsstörung<br />
eine Inhaltsanalyse von N = 20 Suchergebnissen<br />
bei Google vorgenommen. Analysiert<br />
wurden u. a. die Art des Anbieters, die Qualität und<br />
die Nützlichkeit der Informationen, die präferierten<br />
Behandlungsansätze sowie die Benutzerfreundlichkeit<br />
der Website.<br />
Ergebnisse: Die Befunde zeigen, dass in den<br />
Darstellungen tendenziell Psychotherapie der<br />
Behandlung mit Psychopharmaka vorgezogen wird,<br />
jedoch psychodynamische Psychotherapieverfahren<br />
gegenüber der Kognitiven Verhaltenstherapie<br />
dramatisch unterrepräsentiert sind. Die Qualität<br />
der Informationen ist generell im mittleren Bereich<br />
angesiedelt, was vor allem durch die mangelhafte<br />
Benutzerfreundlichkeit der Websites bedingt ist.<br />
Falsch- und Fehlinformationen waren wenig zu<br />
verzeichnen.<br />
Schlussfolgerungen: Modelle zur Qualitätssicherung<br />
sind notwendig, die vorhandenen weisen<br />
allerdings Probleme auf.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113
Arbeitsgruppe: Klinische <strong>Gesundheitspsychologie</strong> 91<br />
Komplexer Name, komplexe Wirkung? Der<br />
Einfluss des Medikamentennamens auf die<br />
erwartete Wirksamkeit und Schädlichkeit<br />
Patienten mit Angst und Depression im<br />
Krankenhaus: Ökonomische Auswirkungen<br />
seelischer Belastungen<br />
Simone Dohle (Eidgenössische Technische<br />
Hochschule Zürich), Michael Siegrist<br />
Medikamente sind häufig dadurch gekennzeichnet,<br />
dass sie komplexe Namen aufweisen. Die Repräsentativitätsheuristik<br />
legt nahe, dass ein komplexer<br />
Name zu positiveren Bewertungen eines Medikaments<br />
führen sollte, da Personen annehmen,<br />
dass nur ein Medikament mit komplexem Namen<br />
in der Lage ist, eine schwerwiegende Krankheit<br />
zu bekämpfen. Nach der Theorie der Verarbeitungsflüssigkeit<br />
jedoch sollte ein komplexer Name<br />
weniger vertraut wirken als ein einfacher Name,<br />
was sich auf die vermutete Schädlichkeit des Medikaments<br />
auswirken könnte.<br />
Um den Einfluss von einfachen vs. komplexen<br />
Medikamentennamen auf Bewertungen und Verhaltensintentionen<br />
zu testen, beurteilten Untersuchungsteilnehmer<br />
in einem ersten Experiment acht<br />
Medikamente, wovon vier einen einfach auszusprechenden<br />
Namen und vier einen schwierig<br />
auszusprechenden Namen aufwiesen. Die Medikamente<br />
wurden anhand von vier Kriterien beurteilt:<br />
Schädlichkeit, Wirksamkeit, Nebenwirkungen und<br />
Kaufbereitschaft.<br />
Es zeigte sich, dass einfache Medikamentennamen<br />
im Vergleich zu komplexen Namen als harmloser<br />
beurteilt wurden und weniger Nebenwirkungen<br />
vermutet wurden. Auch die Kaufbereitschaft war<br />
höher bei Medikamenten mit einfachem Namen.<br />
Ein zweites Experiment zeigte, dass dieser Effekt<br />
unabhängig davon ist, ob es sich um eine einfache<br />
(Kopfschmerzen) oder komplexe Krankheit<br />
(Bauchspeicheldrüsenkrebs) handelt. Die beiden<br />
Experimente demonstrieren, dass die Verarbeitungsflüssigkeit<br />
eines Medikamentennamens <strong>für</strong><br />
die Beurteilung entscheidend ist, und nicht seine<br />
Repräsentativität. Die Daten zeigen, dass der<br />
Medikamentenname einen großen Einfluss auf<br />
Bewertungen und Erwartungen von Patienten hat.<br />
Vor allem bei solchen Medikamenten, die zur<br />
Selbstmedikation verwendet werden, könnte der<br />
Name eine bedeutende Rolle einnehmen. Medikamente<br />
mit Abhängigkeits- und Missbrauchspotenzial<br />
oder starken Nebenwirkungen sollten daher<br />
nicht mit einem einfachen Namen bezeichnet<br />
werden.<br />
Hildegard Labouvie (Institut <strong>für</strong> Gesundheitsförderung<br />
und Versorgungsforschung, Bochum),<br />
Rolf Stecker, Ansgar Hörtemöller, Michael Kusch,<br />
Martin Eversmeyer<br />
In der Untersuchung wird der Frage nachgegangen,<br />
ob onkologisch erkrankte Patienten mit hohen<br />
Angst- und Depressionswerten einen höheren Versorgungsaufwand<br />
in der Akutbehandlung verursachen<br />
als entsprechend gering belastete Patienten.<br />
Methoden: 968 an Krebs erkrankte Patienten<br />
haben von Juli 2004 bis Oktober 2008 innerhalb<br />
der psychoonkologischen Regelversorgung den<br />
HADS-Fragebogen zu Angst und Depression<br />
(Hospital Anxiety and Depression Scale – German;<br />
HADS-G) zu Behandlungsbeginn ausgefüllt. Für<br />
diese Patienten konnten die kostenrelevanten<br />
Daten (Verweildauer, OPS, PCCL, DRG etc.) anonymisiert<br />
<strong>für</strong> eine statistische Analyse gewonnen<br />
werden. Um die kostenrelevanten Daten durch<br />
Überleitung in ein Katalogjahr (2008) vergleichbar<br />
zu machen, musste die Stichprobe <strong>für</strong> die Berechnungen<br />
auf 477 Patienten aus den Jahren 2006 bis<br />
2008 beschränkt werden.<br />
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass bei<br />
den Patienten mit hohen Belastungen in der<br />
Depressivität, jedoch nicht in der Angst über einen<br />
Halbjahres- sowie über einen Jahreszeitraum ab<br />
Diagnosestellung längere Gesamtverweildauern,<br />
im Mittel höhere Verweildauern pro Episode, eine<br />
durchschnittlich höhere Anzahl an Diagnosen und<br />
OPS sowie eine durchschnittlich höhere medizinische<br />
Fallschwere und ein höheres effektives<br />
Kostengewicht aufweisen. Die <strong>zum</strong> Teil signifikanten<br />
Unterschiede zwischen den gering und hoch<br />
belasteten Patienten in der Depressivität konnten<br />
auch innerhalb einzelner Hauptgruppen der DRG<br />
nachgewiesen werden.<br />
Schlussfolgerungen: Die Behandlung von<br />
Patienten mit Krebserkrankungen, die bereits<br />
zu Behandlungsbeginn hohe Depressionswerte<br />
aufweisen, ist mit einem höheren Versorgungsaufwand<br />
verbunden. Die Erkenntnisse dieser<br />
Untersuchung leisten einen Beitrag dazu, Patienten<br />
mit höherem Versorgungsaufwand frühzeitig<br />
zu identifizieren, um das Leiden dieser Patienten<br />
zu lindern, eine optimale Durchführung der Krebstherapie<br />
sicherzustellen und darüber den Versorgungsaufwand<br />
zu kontrollieren.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113
92 Arbeitsgruppe: Klinische <strong>Gesundheitspsychologie</strong><br />
Fordern, aber nicht überfordern – Zur Rolle von<br />
Zeit- und Leistungsdruck <strong>für</strong> Kreativität und<br />
Gesundheit<br />
Informationssuchprozesse bei der Medikamentenwahl<br />
und Einflüsse von<br />
Persönlichkeitsfaktoren<br />
Jürgen Glaser (Universität Konstanz), Britta Herbig<br />
Fragestellung: Neuerdings wird auch im angloamerikanischen<br />
Sprachraum gefordert, Tätigkeitsmerkmale<br />
hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die<br />
Mitarbeiter präziser zu fassen, etwa als „challenge<br />
vs. hindrance stressors“. Speziell bei Zeitdruck sind<br />
die Befunde widersprüchlich. Positive, negative<br />
und kurvilineare Beziehungen zu Gesundheit wie<br />
auch zu Kreativität werden berichtet. Ob Zeitdruck<br />
fördernd oder beeinträchtigend wirkt, kommt darauf<br />
an – aber worauf?<br />
Methoden: In zwei schriftlichen Befragungen<br />
der Mitarbeiter von klein- und mittelständischen<br />
Unternehmen (Studie 1: N = 222 Mitarbeiter, 30<br />
Betriebe; Studie 2: N = 353 Mitarbeiter, sieben<br />
Betriebe) wurden Lernanforderungen, Spielräume<br />
und Zeitdruck sowie Kreativität und Gesundheitsindikatoren<br />
untersucht. In Studie 1 wurde Mitarbeiterkreativität<br />
zudem auch von Vorgesetzten<br />
bewertet. Zeitdruck wurde mit etablierten, aber<br />
unterschiedlich konzipierten Skalen erfasst - in<br />
Studie 2 als zeitliche Überforderung. Mit Strukturgleichungsmodellen<br />
wurden Zusammenhänge<br />
zwischen Tätigkeitsmerkmalen, Kreativität und<br />
Gesundheit geprüft.<br />
Ergebnisse: Das Messmodell lässt sich konfirmatorisch<br />
gut bestätigen. Die Strukturgleichungsmodelle<br />
zeigen positive Zusammenhänge von Lernanforderungen<br />
und Spielräumen mit Kreativität.<br />
Spielräume gehen auch mit besserer Gesundheit<br />
einher. Zeitdruck korrespondiert durchgängig mit<br />
Gesundheitsbeeinträchtigungen, je nach Operationalisierung<br />
aber unterschiedlich mit Kreativität – im<br />
Falle zeitlicher Überforderung mit Einbußen an<br />
Kreativität.<br />
Schlussfolgerungen: Die Befunde zeigen,<br />
dass die Unterscheidung lernförderlicher Anforderungen,<br />
unterstützender Ressourcen und<br />
beeinträchtigender Stressoren <strong>für</strong> die Aufklärung<br />
gesundheits- und leistungsförderlicher Arbeit hilfreich<br />
ist. Zeitdruck sollte präzise (etwa als Überforderung)<br />
operationalisiert werden, um paradoxe<br />
Effekte zu vermeiden. Implikationen <strong>für</strong> die Gestaltung<br />
gesundheits- und leistungsförderlicher Arbeit<br />
werden diskutiert.<br />
Daniel Hausmann-Thürig (Universität Zürich),<br />
Melanie Brühlmann, Odilo W. Huber<br />
In der Risiko- und Entscheidungsforschung werden<br />
oftmals die präferierten oder gewählten Optionen<br />
betrachtet und weniger die zugrunde liegenden<br />
Prozesse, die zur Wahl führen. Wie hoch ist das<br />
Informationsbedürfnis in einer Medikamentenwahl-<br />
Situation? Gibt es präferierte Suchstrategien (wie<br />
z. B. optionen- oder kriteriumsorientierte Suche)?<br />
Welchen Einfluss haben Persönlichkeitsfaktoren<br />
auf die Informationssuche?<br />
In einem Präventions-Szenario (erhöhtes Risiko <strong>für</strong><br />
einen Schlaganfall) musste eines von insgesamt<br />
vier unterschiedlichen (fiktiven) Medikamenten<br />
gewählt werden. Mittels AIS-Methode (Aktive<br />
Informationssuche) wurde <strong>für</strong> jede der 59 Versuchspersonen<br />
a.) der Umfang der gestellten<br />
Fragen, b.) die Art der gestellten Fragen und c.) die<br />
Suchstrategie ermittelt.<br />
Es zeigte sich, dass – wie erwartet – die meisten<br />
Fragen zu den negativen Konsequenzen (z. B.<br />
Nebenwirkungen) gestellt werden, gefolgt von<br />
der Art der Medikamenteneinnahme. Nach Wahrscheinlichkeiten<br />
(von negativen oder auch positiven<br />
Konsequenzen) wird hingegen selten gefragt. Es<br />
zeigte sich zudem ein starker Zusammenhang der<br />
Suchstrategie mit der Risikowahrnehmung, dem<br />
Anspruch an Urteilssicherheit und dem Need for<br />
Cognitive Closure.<br />
Die Erkenntnisse der Studie weisen auf einen<br />
starken Einfluss der Persönlichkeit auf die Informationssuche<br />
bei der Medikamentenwahl hin, zeigen<br />
sehr schön die unterschiedlichen Informationsbedürfnisse<br />
von Patienten auf und können wegweisend<br />
sein in der Aufklärung und bei der Risikokommunikation<br />
von Ärzten.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L113
Symposium: Selbstmanagementorientierte Patientenschulung 93<br />
Symposium:<br />
Selbstmanagement orientierte Patientenschulung<br />
am Beispiel des<br />
Diabetes mellitus – zielgruppen- und<br />
problemspezifische Ansätze<br />
Vorsitz:<br />
Thomas Kubiak (Ernst-Moritz-Arndt-<br />
Universität Greifswald)<br />
Diskutant:<br />
Carl-Walter Kohlmann (Pädagogische Hochschule<br />
Schwäbisch Gmünd)<br />
Patientenschulungsmaßnahmen sind ein integraler<br />
Bestandteil in der Behandlung chronischer Erkrankungen.<br />
Zeitgemäße Patientenschulung ist dem<br />
Prinzip des Empowerment und dem Selbstmanagementgedanken<br />
verpflichtet. Charakteristisch<br />
ist ein problemspezifisches und zielgruppenspezifisches<br />
Vorgehen Am Beispiel des Diabetes mellitus<br />
werden zielgruppen- und problemspezifische<br />
Schulungskonzepte vorgestellt und Evaluationsergebnisse<br />
diskutiert. Mahr gibt einen Überblick<br />
über Schulungsprogramme <strong>für</strong> Menschen mit Typ<br />
2 Diabetes mellitus und präsentiert Evaluationsergebnisse<br />
<strong>zum</strong> Programm „Mehr Diabetes Selbstmanagement<br />
– Typ 2“. Das Prinzip der zielgruppenspezifischen<br />
Differenzierung innerhalb eines<br />
Krankheitsbilds verdeutlicht Bahrmann im zweiten<br />
Beitrag, in dem Schulungsprinzipien <strong>für</strong> Menschen<br />
mit Diabetes mellitus im höheren Lebensalter und<br />
Konzepte aus der Geriatrie vorgestellt werden.<br />
Eine problemspezifische Vorgehensweise wird<br />
im dritten Vortrag am Beispiel der Schulung bei<br />
Problemen der Unterzuckerungswahrnehmung von<br />
Kubiak diskutiert.<br />
Beiträge:<br />
• Selbstmanagementorientierte Patientenschulung<br />
bei Typ 2 Diabetes mellitus - Das MEDIAS<br />
2-Programm (Mahr)<br />
• Diabetesschulung bei Menschen im höheren<br />
Lebensalter und in der Geriatrie (Bahrmann)<br />
• Problemspezifische Schulung: Hypoglykämieprobleme<br />
bei Typ 1 Diabetes mellitus (Kubiak)<br />
• Selbstmanagement und Empowerment bei<br />
Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes<br />
mellitus (Schiel)<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115
94 Symposium: Selbstmanagementorientierte Patientenschulung<br />
Selbstmanagementorientierte Patientenschulung<br />
bei Typ 2 Diabetes mellitus – Das<br />
MEDIAS 2-Programm<br />
Marina Mahr (Forschungsinstitut Diabetes),<br />
Bernhard Kulzer, Norbert Hermanns, Berthold<br />
Maier, Hans Reinecker, Thomas Haak<br />
Hintergrund: Die erfolgreiche Behandlung des<br />
Diabetes ist entscheidend vom Selbstbehandlungsverhalten<br />
der Betroffenen abhängig. Schulungsmaßnahmen,<br />
in denen Patienten die notwendigen<br />
Kompetenzen im täglichen Umgang mit ihrer<br />
Erkrankung erwerben, sind daher ein unverzichtbarer<br />
Bestandteil jeder Diabetestherapie. Die Konzeption<br />
von Schulungsprogrammen hat sich im Laufe<br />
der Jahre von einer reinen auf Wissensvermittlung<br />
orientierten Schulung hin zu einer selbstmanagementorientierten<br />
Schulung verändert. Am Beispiel<br />
des Schulungs- und Behandlungsprogramms<br />
MEDIAS 2 <strong>für</strong> Menschen mit Typ 2 Diabetes wird<br />
gezeigt, wie der Selbstmanagementansatz in<br />
einem Schulungsprogramm umgesetzt wird.<br />
Methoden: Die Effektivität von MEDIAS 2<br />
wurde in einer randomisierten und prospektiven<br />
Therapievergleichsstudie überprüft. In die Studie<br />
wurden insgesamt 191 Menschen mit nicht-insulinpflichtigem<br />
Typ-2-Diabetes eingeschlossen. Der<br />
entscheidende Messzeitpunkt war ein Jahr nach<br />
Schulungsende. Die Evaluationskriterien umfassten<br />
u. a. die Stoffwechseleinstellung (glykämische<br />
Kontrolle), psychosoziale Variablen (z. B. psychische<br />
Befindlichkeit) sowie das Selbstbehandlungsverhalten<br />
(z. B. Blutglukoseselbstkontrolle).<br />
Ergebnisse: Es zeigte sich, dass mit MEDIAS 2<br />
im 1-Jahres-Follow-up eine deutliche Verbesserung<br />
der Blutzuckereinstellung erzielt werden konnte.<br />
Ebenso zeigten sich ein signifikanter Zuwachs des<br />
Diabeteswissens sowie eine Verbesserung der<br />
psychischen Befindlichkeit (Abnahme von Angstund<br />
Depressionsscores). Diabetesbezogene<br />
Verhaltensweisen wie regelmäßige Stoffwechselselbstkontrollen<br />
verbesserten sich ebenfalls<br />
signifikant.<br />
Schlussfolgerungen: Das Gruppenprogramm<br />
MEDIAS 2 erwies sich im Vergleich zu anderen<br />
Schulungsoptionen als effektives Schulungs- und<br />
Behandlungsprogramm <strong>für</strong> Menschen mit nichtinsulinpflichtigem<br />
Typ-2-Diabetes. Die Studienergebnisse<br />
sprechen <strong>für</strong> die Bevorzugung selbstmanagementorientierter<br />
Konzepte im Rahmen von<br />
Patientenschulungen.<br />
Diabetesschulung bei Menschen im höheren<br />
Lebensalter und in der Geriatrie<br />
Anke Bahrmann (Friedrich-Alexander-Universität<br />
Erlangen)<br />
Diabetes mellitus führt aufgrund von Begleit- und<br />
Folgeerkrankungen häufig zu einer massiven<br />
Einschränkung von Lebensqualität und einer<br />
Reduktion behinderungsfreier Lebensjahre. Etwa<br />
zwei Drittel der Betroffenen sind älter als 60<br />
Jahre. Wichtig <strong>für</strong> die Therapie dieser Zielgruppe<br />
ist neben Bewegung, gesunder Ernährung und<br />
Medikamenten auch eine Diabetesschulung. Ein<br />
Problem besteht aber darin, dass die Durchführung<br />
strukturierter Schulungsmaßnahmen bei vielen<br />
älteren Menschen aufgrund körperlicher, kognitiver<br />
oder affektiver Beschwerden nicht möglich ist.<br />
Die AG Diabetes und Geriatrie der Deutschen Diabetesgesellschaft<br />
hat daher ein auf die lerntheoretischen<br />
Besonderheiten im Alter zugeschnittenes<br />
Schulungsprogramm SGS (Strukturierte Geriatrische<br />
Schulung) entwickelt. Dieses Programm<br />
gibt auch bisher als „nicht-schulbar“ geltenden<br />
älteren Patienten die Gelegenheit, aktiv in ihren<br />
Krankheitsverlauf einzugreifen. Die Schulung findet<br />
in Kleingruppen von vier-sechs Personen statt und<br />
umfasst sechs bis sieben Unterrichtseinheiten à 45<br />
Minuten. Wissensvermittlung ist dabei nur sekundär<br />
von Bedeutung. Wichtig ist v. a., dass sich<br />
die Inhalte auf die konkrete Lebenssituation des<br />
Älteren beziehen. Im Vordergrund stehen daher der<br />
Dialog, Wiederholungen, Bezugnahme auf alltagsrelevante<br />
Probleme oder auch einheitlicher Sprachgebrauch.<br />
Schulungsziel ist v.a. eine Steigerung<br />
der Lebensqualität.<br />
Die Effektivität des Schulungsprogrammes wurde<br />
in einer multizentrischen prospektiven randomisierten<br />
Studie untersucht, an der 155 Patienten<br />
mit Diabetes mellitus teilnahmen. Die Ergebnisse<br />
zeigen eine effektive Verbesserung des Stoffwechsels,<br />
einen anhaltenden Wissenszuwachs sowie<br />
eine verbesserte Selbstständigkeit der Patienten in<br />
ihrer Diabetestherapie.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115
Symposium: Selbstmanagementorientierte Patientenschulung 95<br />
Problemspezifische Schulung: Hypoglykämieprobleme<br />
bei Typ 1 Diabetes mellitus<br />
Thomas Kubiak (Ernst-Moritz-Arndt-Universität<br />
Greifswald), Bernhard Kulzer, Norbert Hermanns<br />
Hintergrund: Als Beispiel einer problemspezifischen<br />
Patientenschulung wird das strukturierte<br />
Schulungsprogramm HyPOS (Hypoglykämie – positives<br />
Selbstmanagement!) vorgestellt, das sich an<br />
Menschen mit Typ 1 Diabetes mellitus und Hypoglykämieproblemen<br />
wendet. Hypoglykämieprobleme<br />
(u. a. schlechte Hypoglykämiewahrnehmung,<br />
emotionale Belastung durch Unterzuckerungen,<br />
Hypoglykämieängste) stellen nach wie vor eine<br />
entscheidende Barriere in der Diabetesselbstbehandlung<br />
vieler Patienten dar und erschweren die<br />
Erreichung eines optimalen Behandlungsergebnisses<br />
und einer stabilen glykämischen Kontrolle.<br />
Methoden: HyPOS wurde von einem interdisziplinären<br />
Team unter Einbeziehung von PraktikerInnen<br />
aus der Diabetologie und PatientInnen entwickelt.<br />
Die Evaluation des Programms erfolgte im Rahmen<br />
einer prospektiven randomisiert kontrollierten<br />
Studie (Kontrolle Standardschulung: n = 74 vs.<br />
HyPOS: n = 72) mit einem follow-up Zeitraum von<br />
sechs Monaten und einer Langzeitkatamnese (31<br />
Monate). Hauptzielkriterien waren Hypoglykämiewahrnehmung<br />
(summativer Selbstbericht), das<br />
Auftreten leichter sowie schwerer Unterzuckerungen<br />
und die Entdeckung von Hypoglykämien<br />
(Tagebuchverfahren in Verbindung mit objektiven<br />
Messdaten aus den Blutzuckermessgeräten der<br />
Patienten).<br />
Ergebnisse: HyPOS erwies sich im Vergleich<br />
zur Kontrollgruppen überlegen hinsichtlich der<br />
Hypoglykämiewahrnehmung, der Entdeckung von<br />
Hypoglykämien und dem Auftreten leichter Unterzuckerungen<br />
(6-Monats-Katamnese). Die Ergebnisse<br />
der Langzeitkatamnese weisen zudem auf<br />
einen anhaltenden Effekt hinsichtlich der Reduktion<br />
schwerer hypoglykämischer Ereignisse hin.<br />
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der<br />
Studie belegen die Effektivität des Schulungsprogramms<br />
und unterstreichen die Bedeutung einer<br />
problemspezifisch orientierten Patientenschulung.<br />
Selbstmanagement und Empowerment bei<br />
Kindern und Jugendlichen mit Typ-1-Diabetes<br />
mellitus<br />
Ralf Schiel (Medigreif Inselklinikum Heringsdorf),<br />
Alexander Kaps<br />
Strukturierte Behandlung und Schulung <strong>für</strong> Kinder/<br />
Jugendliche mit Typ-1-Diabetes ist obligater Therapiebestandteil.<br />
Zunehmend werden aber „Schulungsmüdigkeit“,<br />
motivationale und psychosomatische<br />
Probleme beobachtet . Für diese Patienten<br />
werden in der Rehabilitation schwerpunktorientierte<br />
Therapiestrategien entwickelt. 2006-2008<br />
wurden in der MEDIGREIF-Inselklinik 978 Kinder/<br />
Jugendliche mit Typ-1-Diabetes aufgenommen<br />
(Alter 12,8 ± 5,2, Diabetesdauer 4,6 ± 4,0 Jahre).<br />
88 % davon nahmen an einem erlebnispädagogischen<br />
Behandlungs- und Schulungsprogramm<br />
(SBSP) über 4 Wochen teil, 5 % an Modulversionen<br />
(< 4 Wochen), 7 % wurden länger als ein Jahr<br />
behandelt. Bei Aufnahme lag der durchschnittliche<br />
HbA1c bei 8,5 ± 1,9 %, bei 21 % der Patienten war<br />
er ≥ 9,0 %. 77 % der Patienten hatten eine intensivierte<br />
(ICT), 2% eine konventionelle (CIT) und 21 %<br />
eine Insulinpumpentherapie (CSII). Insulinanaloga<br />
verwendeten 76 % der Patienten. Die Insulindosis/<br />
kg betrug 0,77 ± 2,8 I. E. Es wurden 42,0 (0-84)<br />
Blutglukoseselbstkontrollen/Woche durchgeführt.<br />
Patienten mit einem HbA1c ≥ 9,0 % waren älter<br />
(14,5 vs. 12,3 Jahre, p < .05), hatten eine längere<br />
Diabetesdauer (6,0 vs. 4,2 Jahre, p < .05), einen<br />
höheren BMI (21,9 vs. 19,8 kg/m2, p < .05), eine<br />
höhere Insulindosis/kg (0,91 vs. 0,74 I. E., p < .05),<br />
aber seltener Hypoglykämien (9,6 vs. 12,5, p < .05)<br />
und ein besseres Ergebnis im Wissenstest (68,4<br />
vs. 64,8 % richtig, p < .05). Es ergab sich eine signifikante<br />
Korrelation zwischen der Häufigkeit von<br />
Hypoglykämien und dem HbA1c (r = ,11, p < .01).<br />
Tendenziell zeigten sich bei Kindern und Jugendlichen<br />
im SBSP bessere Ergebnisse als bei Patienten<br />
in Modulschulungen. Patienten mit längerer<br />
Behandlungsdauer hatten bessere Ergebnisse<br />
im Wissenstest, aber keine signifikant bessere<br />
Stoffwechseleinstellung. Schlussfolgerungen: Die<br />
stationäre Rehabilitation hat bei Stoffwechselschwierigkeiten,<br />
die infolge pubertärer motivationaler/psychosomatischer<br />
Schwierigkeiten auftreten,<br />
therapeutische Möglichkeiten jenseits der ambulanten<br />
oder Akutbetreuung.<br />
.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L115
96 Arbeitsgruppe: Bewältigung von Stress und negativen Emotionen<br />
Arbeitsgruppe:<br />
Bewältigung von Stress und<br />
negativen Emotionen<br />
Vorsitz:<br />
Alex Bertrams (Universität Mannheim)<br />
Beiträge:<br />
• Angstbewältigung in Testsituationen: Die Rolle<br />
der momentanen Selbstkontrollkraft (Bertrams)<br />
• Einfluss von negativen Emotionen auf<br />
emotionale Kompetenzen und Empathie<br />
(Buruck)<br />
• Dyadische Copingeffekte beim Übergang ins<br />
Studium (Born)<br />
• Bewältigung von Nicht-Ereignissen – Ergebnisse<br />
zu Religiösem Coping, Flexibilität und dem<br />
Frankfurter Bewältigungsprofil (Brusdeylins)<br />
• Computergesteuertes Ablenkungs- und Entspannungstraining<br />
(AET) in der Tinnitusbehandlung:<br />
Wirksamkeit und langfristige Effekte im<br />
Hometraining-Setting (Gerhards)<br />
• Physisches und emotionales Wohlbefinden und<br />
die Balance von erhaltener und benötigter emotionaler<br />
Unterstützung − Altersunterschiede in<br />
tagtäglichen Zusammenhängen (Wolff)<br />
Angstbewältigung in Testsituationen: Die Rolle<br />
der momentanen Selbstkontrollkraft<br />
Alex Bertrams (Universität Mannheim), Chris<br />
Englert<br />
Testsituationen lösen insbesondere bei leistungsängstlicheren<br />
Personen Zustandsangst und Stress<br />
aus. Prinzipiell haben Menschen die Fähigkeit, ihre<br />
Emotionen zu regulieren, also in eine gewünschte<br />
Richtung zu verändern. Es stellt sich daher die<br />
Frage, warum Menschen überhaupt Angst in Testsituationen<br />
erleben. Wir gehen davon aus, dass die<br />
Regulation von Angst eine Form der Selbstkontrolle<br />
darstellt. Selbstkontrolle wird definiert als die<br />
Veränderung vorherrschender Reaktionstendenzen,<br />
worunter auch emotionale Zustände gefasst werden.<br />
Gemäß dem Kraftspeichermodell der Selbstkontrolle<br />
hängt die erfolgreiche Ausführung von<br />
Selbstkontrolle von der momentanen Verfügbarkeit<br />
einer begrenzten Kraftressource ab. Darauf aufbauend<br />
sagten wir vorher, dass sich bei Personen,<br />
deren Selbstkontrollkraft zuvor erschöpft wurde,<br />
mit steigender Leistungsängstlichkeit ein stärkerer<br />
Anstieg der Zustandsangst von vor zu nach der<br />
Ankündigung eines Tests zeigt als bei Personen,<br />
deren Selbstkontrollkraft zuvor nicht erschöpft<br />
wurde.<br />
In einer Laborstudie erfassten wir die Leistungsängstlichkeit<br />
von 76 Studierenden, manipulierten<br />
experimentell deren momentane Selbstkontrollkraft<br />
und maßen deren Zustandsangst vor und<br />
nach der Ankündigung eines potenziell bedrohlichen<br />
Tests. Die Auswertung mittels multipler<br />
Regressionsanalyse zeigte hypothesenkonform,<br />
dass die Zustandangst bei Studierenden mit<br />
erschöpfter Selbstkontrollkraft mit steigender Leistungsängstlichkeit<br />
anstieg, jedoch nicht bei Studierenden<br />
mit nicht-erschöpfter Selbstkontrollkraft.<br />
Wir interpretieren dieses Befundmuster so, dass<br />
die durch die Testankündigung in erster Linie bei<br />
den leistungsängstlicheren Studierenden induzierte<br />
Angst bei erschöpfter Selbstkontrollkraft nicht<br />
reguliert werden konnte, dies jedoch bei nichterschöpfter<br />
Selbstkontrollkraft gelang. Die Befunde<br />
verweisen auf neue Ansätze zur Bewältigung<br />
akuter und chronischer Belastung durch Prüfungsstress.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
Arbeitsgruppe: Bewältigung von Stress und negativen Emotionen 97<br />
Einfluss von negativen Emotionen<br />
auf emotionale Kompetenzen und Empathie<br />
Dyadische Copingeffekte beim Übergang ins<br />
Studium<br />
Gabriele Buruck (Technische Universität Dresden),<br />
Nina Kavaldjivea, Marit Zimmermann<br />
Aristi Born (Otto-von-Guericke-Universität<br />
Magdeburg), Bettina Ballerstein<br />
Individuen, die ihre Emotionen regulieren können,<br />
sind eher in der Lage, auch empathisch angemessen<br />
zu reagieren (Eisenberg, Smith, Sadovsky, &<br />
Spinrad, 2004). Durch bestimmte Faktoren kann<br />
aber Emotionsregulierung eingeschränkt sein.<br />
Neben klinischen Faktoren, wie z. B. Persönlichkeitsstörungen,<br />
spielt Stress als Risikofaktor <strong>für</strong><br />
das Auftreten von Erkrankungen eine große Rolle.<br />
Der theoretische Hintergrund des Transaktionalen<br />
Stressmodells (Lazarus & Folkman, 1984) bildet<br />
den Rahmen <strong>für</strong> die Forschungsstudie. Die experimentelle<br />
Studie geht der Fragestellung nach, ob<br />
Kompetenzen der Emotionsregulierung als protektiver<br />
Faktor bei der Bewältigung von Belastungssituationen<br />
wirken und empathische Reaktionen<br />
situativ beeinflussen. Da<strong>für</strong> wurde der Einfluss von<br />
vorher induziertem sozialen Stress (TSST, Kirschbaum<br />
et al. 1993) auf Emotionale Kompetenzen<br />
(Berking & Znoj, 2008) und Empathie (Davis, 1994,<br />
Paulus, 2007) betrachtet. Die Studie schloss 120<br />
Versuchspersonen geschichtet nach Männern und<br />
Frauen ein, wobei 60 Personen sozialer Stress<br />
induziert wurde; weitere 60 Personen bewältigten<br />
eine Placebo-Situation. Mit Hilfe standardisierter<br />
Fragebögen wurden die Versuchspersonen eine<br />
Woche vor Testung und nach der Stress- bzw. Placebosituation<br />
und dem Abarbeiten eines Schmerzparadigmas<br />
(Jackson et al. 2005) befragt.<br />
Die Ergebnisse zeigen eine Veränderung der emotionalen<br />
Kompetenzen, der empathischen Reaktion<br />
und der Einschätzung von schmerzhaften Situationen.<br />
Geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen<br />
sich auch bei den eingesetzten physiologischen<br />
Messungen durch die Erfassung der Herzratenvariabilität.<br />
Schlussfolgernd zeigt die experimentelle Studie<br />
die Wichtigkeit der Übertragung auf anwendungsbezogene<br />
Fragestellungen bei der Betrachtung<br />
von negativen Emotionen. Des Weiteren wird der<br />
Bedarf einer gezielten Vermittlung von Fertigkeiten<br />
<strong>für</strong> die Bewältigung von Belastungssituationen im<br />
Arbeitskontext unterstrichen.<br />
Für junge Erwachsene ist der Übergang an die<br />
Hochschule ein kritisches Lebensereignis, das sie<br />
mit einer Vielzahl an Anforderungen konfrontiert,<br />
die besonders am Studienbeginn zu bewältigen<br />
sind.<br />
Ziel dieser Studie war die Erweiterung des wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisstandes bezüglich der<br />
Bedeutung von Stress und dessen dyadischer<br />
Bewältigung beim Übergang ins Studium. Es<br />
wurde die Frage verfolgt, wie sehr der Studienstress<br />
direkt und über das dyadische Coping<br />
vermittelt auf das Wohlbefinden, die Lebenszufriedenheit<br />
und die Leistungsfähigkeit der Studienanfänger<br />
wirkt. Hier<strong>für</strong> wurden die über einen<br />
Online-Fragebogen erhobenen Daten von 360<br />
Zweitsemesterstudierenden, die in einer Partnerschaft<br />
lebten, strukturanalytisch untersucht.<br />
Die Effekte zeigen, dass Studienstress sowohl<br />
direkt als auch vermittelt über das dyadische<br />
Coping auf die Studienanpassung wirkt. Sie unterstreichen<br />
vorliegende Befunde von Bodenmann,<br />
die hier erstmals beim Übergang ins Studium<br />
empirisch betrachtet wurden. Geschlechtsspezifische<br />
Modelle zeigen, dass besonders bei den<br />
Frauen Studienstress das dyadische Coping reduziert<br />
und auf diesem Weg indirekt die Anpassung<br />
an das Studium minimiert. Besonders Studienanfänger<br />
mit einem hohen subjektiven Stresslevel<br />
zeigen vermindertes dyadisches Coping.<br />
Die Ergebnisse regen an, dyadische Copingkompetenzen<br />
bei Studienanfängern zu fokussieren und zu<br />
fördern, da sie der erfolgreichen Bewältigung des<br />
Übergangs an die Hochschule dienen können.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
98 Arbeitsgruppe: Bewältigung von Stress und negativen Emotionen<br />
Bewältigung von Nicht-Ereignissen −<br />
Ergebnisse zu Religiösem Coping, Flexibilität<br />
und dem Frankfurter Bewältigungsprofil<br />
Kerstin Brusdeylins (Goethe-Universität Frankfurt<br />
am Main), Corinna Fleckenstein,<br />
Siegfried Preiser<br />
Hintergrund/Fragestellung: Das Projekt<br />
wurde zur 9. Summer School der <strong>Gesundheitspsychologie</strong><br />
in Stendal vorgestellt. 30 % aller Frauen in<br />
Deutschland sind mit der Problematik der Subfertilität<br />
konfrontiert. 3 % der Paare mit Kinderwunsch<br />
bleiben kinderlos (Strauß & Beyer, 2004). Die<br />
vorliegende Studie überprüfte, ob das Modell der<br />
Flexibilität/Tenazität (Hartnäckige Zielverfolgung)<br />
und Religiöses Coping bei dem Nicht-Ereignis<br />
ungewollte Kinderlosigkeit einen positiven Zusammenhang<br />
mit Wohlbefinden aufweist. Aus den<br />
qualitativen Ergebnissen der Interviews wurden<br />
Skalen zu Bewältigungsstrategien entwickelt.<br />
Methoden: Befragt wurden im qualitativen Interview<br />
Probanden mit min. 2 Jahre unerfülltem Kinderwunsch<br />
(N = 76) Folgende Fragebögen wurden<br />
eingesetzt: TenFlex-Skalen von Brandtstädter, J.<br />
und Renner, G. (1990); Skalen zur Gottesbeziehung<br />
und <strong>zum</strong> religiösen Coping. (SGrC) von Murken,<br />
S., Schönhofen, K., Müller, C. & Appel, C. (2011)<br />
Zusammenhänge wurden mit bivariater Korrelation<br />
berechnet<br />
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass Flexibilität<br />
sehr hoch signifikant negativ mit eingeschränktem<br />
Wohlbefinden korreliert (r = -.49, p < .001).<br />
Tenazität korreliert signifikant positiv mit eingeschränktem<br />
Wohlbefinden (r = .25, p < .05). Weiter<br />
zeigen die Ergebnisse in der religiösen Teilstichprobe<br />
(N = 41) bezüglich negativem religiösem<br />
Coping und eingeschränktem Wohlbefinden einen<br />
sehr hoch signifikanten Zusammenhang (r = .62,<br />
p < .001). Die Beziehungsqualität zu Gott und das<br />
religiöse Coping weisen die erwartete Richtung<br />
des Zusammenhanges mit Wohlbefinden auf.<br />
Schlussfolgerungen: Es konnten die Bewältigungsstile<br />
Flexibilität und tendenziell positives<br />
religiöses Coping identifiziert werden, die einen<br />
Zusammenhang mit Wohlbefinden aufzeigen und<br />
hilfreich <strong>für</strong> den Bewältigungsprozess sind. Gleichwohl<br />
konnte gezeigt werden, dass Tenazität und<br />
negatives religiöses Coping einhergehen mit eingeschränktem<br />
Wohlbefinden. Anhand der qualitativen<br />
Ergebnisse wurden die Skalen des Frankfurter<br />
Bewältigungsprofils entwickelt.<br />
Computergesteuertes Ablenkungs- und<br />
Entspannungstraining (AET) in der Tinnitusbehandlung:<br />
Wirksamkeit und langfristige<br />
Effekte im Hometraining-Setting<br />
Friedemann Gerhards (Universität Trier)<br />
In der Tinnitusbehandlung hat sich ein computergesteuertes<br />
Ablenkungs- und Entspannungstraining<br />
(AET) als wirksam erwiesen, wobei das Behandlungssetting<br />
dem klassischen Ansatz „Patient<br />
sucht Behandler auf“ entsprach.<br />
In der vorliegenden Studie wurde geprüft, ob das<br />
AET auch als Heimtraining wirksam ist und ob<br />
auch langfristige Effekte nachweisbar sind. N = 38<br />
Tinnitusbetroffene (Ohrgeräusche seit mindestens<br />
neun Monaten) wurden randomisiert einer<br />
Treatmentgruppe (4-wöchiges AET-Heimtraining<br />
mit unmittelbarem Behandlungsbeginn) oder<br />
einer Wartekontrollgruppe (vier Wochen Wartezeit,<br />
danach AET) zugewiesen (je n = 18). Zum Zweck<br />
der Wirksamkeitsanalyse wurde bei Eintritt in die<br />
Studie sowie vier Wochen danach die tinnitusbedingte<br />
Belastung und Beeinträchtigung erfasst<br />
(Tinnitus-Fragebogen und Tinnitus Disability Index),<br />
darüber hinaus die allgemeine psychische Symptombelastung<br />
(SCL-K9). Um die mittel- bis langfristige<br />
Entwicklung der tinnitusbezogenen Parameter<br />
und des psychischen Befindens analysieren zu<br />
können, wurden die drei genannten abhängigen<br />
Variablen (aV) bei allen Probanden außer direkt<br />
vor und nach dem Training noch einmal drei, sechs<br />
sowie zwölf Monate nach Ende des AET erfasst.<br />
2x2 ANOVAs der Prä- und Postdaten von Treatment-<br />
und Kontrollgruppe ergaben <strong>für</strong> jede aV eine<br />
signifikante Interaktion Gruppe x Zeit.<br />
In den Post-hoc-Analysen zeigte sich jeweils nur<br />
<strong>für</strong> die Treatmentgruppe eine signifikante positive<br />
Änderung. Die varianzanalytische Auswertung der<br />
längerfristigen Veränderungen (bei missing data<br />
Schätzung mittels LOCF-Methode sowie Completer-Analyse)<br />
ergab <strong>für</strong> jede aV einen hochsignifikanten<br />
Zeiteffekt; die Post-hoc-Analysen belegten <strong>für</strong><br />
jede aV bei allen Post-Messungen eine signifikant<br />
positive Entwicklung.<br />
Mit dem AET lässt sich die tinnitusbedingte Belastung<br />
und Beeinträchtigung sowie die allgemeine<br />
psychische Symptombelastung unabhängig vom<br />
Behandlungssetting nicht nur kurz-, sondern auch<br />
langfristig mindern. Die Wirksamkeit des AET<br />
erscheint therapeuten-unabhängig zu sein.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
Arbeitsgruppe: Bewältigung von Stress und negativen Emotionen 99<br />
Physisches und emotionales Wohlbefinden und<br />
die Balance von erhaltener und benötigter emotionaler<br />
Unterstützung − Altersunterschiede in<br />
tagtäglichen Zusammenhängen<br />
Julia K. Wolff (Deutsches Zentrum <strong>für</strong> Altersfragen),<br />
Florian Schmiedek, Ulman Lindenberger<br />
Fragestellung: Während wahrgenommene<br />
Unterstützung vorwiegend positiv mit Gesundheit<br />
assoziiert ist, ist erhaltene Unterstützung oft mit<br />
schlechterer Gesundheit oder vermindertem Wohlbefinden<br />
verbunden. Diese negativen Befunde<br />
bleiben nicht bestehen, wenn ein ausgewogener<br />
Austausch von Unterstützungsleistungen stattfindet<br />
oder wenn der Empfänger nicht erkennt, dass<br />
er Unterstützung erhält. Ob die erhaltene Unterstützung<br />
auch tatsächlich benötigt wurde, wird<br />
jedoch selten gefragt. Wir untersuchten in zwei<br />
Altersgruppen, ob eine Balance von erhaltener und<br />
benötigter emotionaler Unterstützung im Vergleich<br />
zu einer Inkongruenz (zu viel oder zu wenig Unterstützung)<br />
mit besserem physischem und emotionalem<br />
Wohlbefinden in tagtäglichen Zusammenhängen<br />
assoziiert ist.<br />
Methoden: Es nahmen 79 jüngere (23-34 Jahre)<br />
und 88 ältere Erwachsene (68-83 Jahre) an 20<br />
täglichen Erhebungen von Gesundheitsbeschwerden,<br />
erhaltener und benötigter emotionaler Unterstützung<br />
und positivem und negativem Affekt teil.<br />
Mit Mehr ebenenanalysen wurde der quadratische<br />
Effekt der Balance von erhaltener und benötigter<br />
Unterstützung auf die Beschwerden und den<br />
Affekt untersucht.<br />
Ergebnisse: Wie erwartet berichteten die jungen<br />
Erwachsenen an Tagen mit zu viel und zu wenig<br />
Unterstützung mehr Gesundheitsbeschwerden,<br />
mehr negativen Affekt und weniger positiven<br />
Affekt. Für die älteren Erwachsenen gab es dagegen<br />
einen linearen Effekt <strong>für</strong> negativen Affekt. Das<br />
heißt, je mehr Unterstützung sie erhielten, desto<br />
weniger negativen Affekt berichteten sie.<br />
Schlussfolgerungen: Jüngere Erwachsene<br />
scheinen sensibler auf eine Inkongruenz von erhaltener<br />
und benötigter Unterstützung zu reagieren,<br />
während ältere Erwachsene möglicherweise eher<br />
an das Benötigen und Erhalten von Unterstützung<br />
gewöhnt sind oder andere Bewältigungsstrategien<br />
<strong>für</strong> tägliche Probleme nutzen. Insgesamt konnten<br />
wir zeigen, dass es sinnvoll ist die Balance<br />
von erhaltener und benötigter Unterstützung zu<br />
betrachten.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Raum L116
100 Symposium: Psychosoziale Aspekte von Adipositas und die Rolle der Familie<br />
Symposium:<br />
Psychosoziale Aspekte von<br />
Adipositas und die Rolle der Familie<br />
Vorsitz:<br />
Petra Warschburger (Universität Potsdam),<br />
Claus Vögele (Universität Luxembourg)<br />
Adipositas im Kindes- und Jugendalter stellt ein<br />
relevantes gesundheitliches Problem dar. Psychosoziale<br />
Aspekte spielen bei der Aufrechterhaltung<br />
der Adipositas eine wichtige Rolle und sollten im<br />
Rahmen von Interventionsprogrammen Berücksichtigung<br />
finden. Das Symposium befasst sich<br />
mit der Frage der psychosozialen Befindlichkeit<br />
von adipösen Kindern und deren Eltern sowie den<br />
Auswirkungen auf die Ernährung des Kindes.<br />
Im ersten Beitrag stellt H. Eschenbeck den Zusammenhang<br />
zwischen ärztlicher Adipositasdiagnose<br />
und psychischer Symptombelastung bei Kindern<br />
und Jugendlichen im Alter von 6 bis 14 Jahren dar.<br />
Daran anschließend präsentiert C. Vögele, welche<br />
Faktoren die kindliche Lebensqualität im Kontext<br />
der Adipositas vorhersagen.<br />
Den Bogen von der kindlichen zur mütterlichen<br />
Lebensqualität schlägt P. Warschburger in ihrem<br />
Beitrag. Die Befindlichkeit der Mütter adipöser<br />
Kinder wird im Hinblick auf ihren Einfluss auf<br />
das Ausmaß mütterlicher Unterstützung und ihre<br />
Selbstwirksamkeitserwartung untersucht.<br />
Zuletzt beleuchtet K. Kröller den Zusammenhang<br />
zwischen mütterlicher Steuerung und kindlicher<br />
Ernährung unter Berücksichtigung gewichtsbezogener<br />
und demographischer Faktoren. Hierbei werden<br />
Daten einer normalgewichtigen und adipösen<br />
Stichprobe vergleichend dargestellt.<br />
Beiträge:<br />
• Zusammenhang zwischen ärztlicher Adipositasdiagnose<br />
und psychischer Symptombelastung<br />
bei Kindern und Jugendlichen (Eschenbeck)<br />
• Prädiktoren der Lebensqualität bei übergewichtigen<br />
und normalgewichtigen Kindern<br />
(Vögele)<br />
• Mütterliche Lebensqualität – Einflussfaktoren<br />
und Auswirkungen (Warschburger)<br />
• Adipositas im Kindes- und Jugendalter: Welche<br />
Rolle spielt die mütterliche Steuerung? (Kröller)<br />
• Ernähren sich Jungen ungesünder, weil<br />
gesunde Esser uncool sind? Die Prototypen-<br />
Wahrnehmung als Erklärung von Geschlechterunterschieden<br />
im Essverhalten (Steinhilber)<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A
Symposium: Psychosoziale Aspekte von Adipositas und die Rolle der Familie 101<br />
Zusammenhang zwischen ärztlicher Adipositasdiagnose<br />
und psychischer Symptombelastung<br />
bei Kindern und Jugendlichen<br />
Heike Eschenbeck (Pädagogische Hochschule<br />
Schwäbisch Gmünd), Uwe Heim-Dreger,<br />
Carl-Walter Kohlmann<br />
In diesem Beitrag wird auf der Basis von Versichertendaten<br />
dem Zusammenhang zwischen ärztlicher<br />
Adipositasdiagnose und Komorbiditäten der psychischen<br />
Gesundheit nachgegangen. Ausgangspunkt<br />
sind die abgerechneten ICD-10-Arztdiagnosen von<br />
nahezu 157.000 Kindern und Jugendlichen im Alter<br />
von sechs bis 14 Jahren. Es wurde erwartet, dass<br />
das Vorliegen einer ICD-10-Adipositasdiagnose mit<br />
erhöhten Odds Ratios <strong>für</strong> psychische Störungen<br />
(als Indikatoren <strong>für</strong> die psychische Symptombelastung)<br />
einhergeht.<br />
Die Ergebnisse der Querschnittsstudie (Eschenbeck<br />
et al., 2009) zeigten eine insgesamt erhöhte<br />
psychische Symptombelastung bei Kindern und<br />
Jugendlichen mit Adipositas. Für Kinder und<br />
Jugendliche mit Adipositasdiagnose waren im<br />
Vergleich zu Kindern und Jugendlichen ohne<br />
Adipositasdiagnose die Odds Ratios generell<br />
erhöht: Externalisierende Störungen (1.6-fach;<br />
insbesondere Störungen des Sozialverhaltens:<br />
2.2-fach), internalisierende Störungen (2.0-fach;<br />
insbesondere Depression: 3.2-fach), Schlafstörungen<br />
(1.9-fach) sowie Krankenhaustage (1.4-fach).<br />
Dabei waren <strong>für</strong> externalisierende sowie internalisierende<br />
Störungen (insbesondere Angst) die Odds<br />
Ratios bei Mädchen mit Adipositasdiagnose stärker<br />
erhöht als bei den vergleichbaren Jungen. Im<br />
Hinblick auf die Altersgruppen waren <strong>für</strong> internalisierende<br />
Störungen (insbesondere Angst) die Odds<br />
Ratios bei den 12- bis 14-Jährigen mit Adipositasdiagnose<br />
stärker erhöht als bei den jüngeren Kindern<br />
mit Adipositasdiagnose.<br />
Wirkrichtungen des Zusammenhangs zwischen<br />
Adipositas und Symptombelastung wird in Längsschnittanalysen<br />
der Arztdiagnosen im Zeitraum<br />
von 2004 bis 2008 zu Adipositas und insbesondere<br />
internalierenden Störungen (Angst, Depression)<br />
nachgegangen. Ansatzpunkte <strong>für</strong> die Gesundheitsförderung<br />
werden diskutiert.<br />
Prädiktoren der Lebensqualität bei übergewichtigen<br />
und normalgewichtigen Kindern<br />
Claus Vögele (Universität Luxembourg), Lena<br />
Lämmle<br />
Neuere Studien zeigen eine eingeschränkte<br />
gesundheitsbezogene Lebensqualität bei übergewichtigen<br />
und adipösen Kindern. Allerdings ist bislang<br />
unklar, welche Faktoren zu dieser niedrigeren<br />
Lebensqualität von übergewichtigen Kindern im<br />
Vergleich mit ihren normalgewichtigen Alters- und<br />
Geschlechtsgenossen beitragen.<br />
Die vorliegende Studie hatte das Ziel, die Bedeutung<br />
verschiedener möglicher Prädiktoren der<br />
gesundheitsbezogenen Lebensqualität mit Strukturgleichungsmodellen<br />
zu überprüfen. Die Stichprobe<br />
bestand aus 432 Kindern (227 Mädchen) im<br />
Alter von 8 bis 10 Jahren (18 % übergewichtig bzw.<br />
adipös). Verschiedene Dimensionen der gesundheitsbezogenen<br />
Lebensqualität (körperliches und<br />
psychisches Wohlbefinden, Selbstwert, Familie,<br />
Freunde, Funktionsfähigkeit im Alltag) wurden mit<br />
dem KINDL-R erfasst. Mit einer Körperumrissskala<br />
wurde die gewünschte und die wahrgenommene<br />
Körperform erfragt. Weitere Fragebögen erfassten<br />
das Essverhalten und die vom Kind wahrgenommene<br />
Einstellung der Eltern und von Freunden<br />
(„peers“) zu Körperbild und Diät. Körpergröße und<br />
Körpergewicht wurden durch die Versuchsleiter<br />
bestimmt. Pfadanalysen ergaben einen perfekten<br />
Modellfit sowie einen Geschlechtsunterschied <strong>für</strong><br />
die vermuteten Zusammenhänge.<br />
Sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen führt die<br />
Einstellung der Familie und Freunde <strong>zum</strong> Körperbild<br />
zu mehr Diätverhalten (bei Mädchen zusätzlich<br />
zu weniger Sitzverhalten). Dieses geht mit einem<br />
hohen BMI und weniger Körperzufriedenheit<br />
einher. Auch ein höherer BMI beeinflusst die Körperzufriedenheit<br />
negativ. Lediglich bei den Jungen<br />
geht eine höhere Körperzufriedenheit mit mehr<br />
Lebensqualität einher.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A
102 Symposium: Psychosoziale Aspekte von Adipositas und die Rolle der Familie<br />
Mütterliche Lebensqualität – Einflussfaktoren<br />
und Auswirkungen<br />
Adipositas im Kindes- und Jugendalter: Welche<br />
Rolle spielt die mütterliche Steuerung?<br />
Petra Warschburger (Universität Potsdam), Ivonne<br />
Döring, Annekatrin Hudjetz, Katja Kröller<br />
Katja Kröller (Universität Potsdam), Annekatrin<br />
Hudjetz, Ivonne Döring, Petra Warschburger<br />
Fragestellung: Eltern sind die zentralen<br />
Ansprechpartner, um langfristig eine gesunde<br />
Ernährung und Bewegung im kindlichen Alltag zu<br />
gewährleisten. Ziel der Analyse war es, die psychosozialen<br />
Einflüsse auf das Ausmaß mütterlicher<br />
Unterstützung zu untersuchen und dabei auch die<br />
Lebensqualität der Mütter ins Blickfeld zu rücken.<br />
Methodik: Im Rahmen einer laufenden RCT-<br />
Längsschnittstudie (EPOC) zur Wirksamkeit eines<br />
Elterntrainings wurden 449 Mütter, deren 7-13jähriges<br />
Kind wegen Adipositas in einer Rehaklinik<br />
behandelt wurde, befragt. Die Kinder wurden bei<br />
ihrer Ankunft gemessen und gewogen. Die Mütter<br />
füllten ein Fragebogenpaket aus, das u. a. Angaben<br />
zur Lebensqualität (KID-KINDL) und Verhaltensauffälligkeiten<br />
(SDQ) des Kindes sowie zur ihrer<br />
Lebensqualität (SF12), ihrem Selbstwirksamkeitserleben<br />
(SWE-ADI-E) und der Unterstützung des<br />
Kindes (selbstkonstruiert) umfasste. Die Auswertung<br />
erfolgte mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen.<br />
Ergebnisse: Sowohl der Familienstand der<br />
Mutter als auch ihr Gewichtsstatus beeinflusst ihre<br />
Lebensqualität. Eine zentralere Rolle spielt aber<br />
die Einschätzung der kindlichen Lebensqualität:<br />
Eine höhere kindliche Lebensqualität geht auch mit<br />
einer höheren mütterlichen Lebensqualität einher.<br />
Weitere Ergebnisse zeigen, dass die Lebensqualität<br />
der Mutter mit einer höheren Selbstwirksamkeitserwartung<br />
sowie einer vermehrten Unterstützung<br />
ihres Kindes assoziiert ist.<br />
Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse zeigen,<br />
dass die mütterliche Unterstützung vor allem von<br />
ihrer eigenen psychischen Befindlichkeit abhängt.<br />
Elterntrainings sollten daher auch die psychosoziale<br />
Befindlichkeit der Mütter mit berücksichtigen,<br />
um eine angemessene Unterstützung der Kinder<br />
zu erzielen.<br />
Empirische Untersuchungen zeigen, dass sich<br />
ein restriktives und belohnendes Verhalten der<br />
Eltern in der Essenssituation problematisch auf die<br />
Ernährung und die Entwicklung von Übergewicht<br />
von insbesondere jüngeren Kindern auswirkt. Der<br />
elterliche Einfluss auf die Ernährung älterer und<br />
bereits übergewichtiger Kinder ist jedoch noch<br />
weitgehend unklar und dementsprechend Gegenstand<br />
der folgenden Untersuchung.<br />
Die Daten sind Teil einer laufenden RCT-Längsschnittstudie<br />
(EPOC). Zu Beginn einer stationären<br />
Rehabilitationsmaßnahme konnten bislang die<br />
Daten von 449 Müttern mit adipösen Kindern im<br />
Alter von sieben bis 13 Jahren gewonnen werden.<br />
Die Kinder wurden bei ihrer Ankunft gemessen<br />
und gewogen. Des Weiteren gaben die Mütter<br />
Auskunft über ihr Steuerungsverhalten in der<br />
Essenssituation (ISS) und schätzten ebenso wie<br />
die Kinder selbst die Ernährungsgewohnheiten<br />
ihrer Kinder ein (FFQ).<br />
Im Vergleich zu den Müttern einer normalgewichtigen<br />
Stichprobe gaben die Mütter adipöser Kinder<br />
an, ihre Kinder häufiger restriktiv und weniger<br />
eigenverantwortlich zu steuern. Ein Strukturgleichungsmodell<br />
<strong>zum</strong> Zusammenhang zwischen<br />
mütterlicher Steuerung und kindlicher Ernährung<br />
unter Berücksichtigung gewichtsbezogener und<br />
demografischer Faktoren zeigt, dass sowohl ein<br />
restriktiver wie auch ein eigenverantwortlicher<br />
Steuerungsstil positiv mit dem kindlichen Verzehr<br />
problematischer Lebensmittel assoziiert ist. Das<br />
mütterliche Vorbildverhalten sowie der seltene<br />
Einsatz von Essen als Belohnung stehen dagegen<br />
mit einem erhöhten kindlichen Verzehr gesunder<br />
Lebensmittel in Zusammenhang. Die Ergebnisse<br />
unterstreichen, dass die mütterliche Steuerung<br />
auch bei bereits schulpflichtigen Kindern noch<br />
Einfluss auf deren Ernährung hat. Ein Vergleich zu<br />
Müttern normalgewichtiger Kinder zeigt weiterhin,<br />
dass Mütter adipöser Kinder jedoch zu eher problematischen<br />
Strategien.<br />
Daher ist es dringend geboten, Eltern über die Wirkung<br />
ihrer Steuerungsstrategien aufzuklären sowie<br />
angemessene Strategien zu vermitteln.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A
Symposium: Psychosoziale Aspekte von Adipositas und die Rolle der Familie 103<br />
Ernähren sich Jungen ungesünder, weil<br />
gesunde Esser uncool sind? Die Prototypen-<br />
Wahrnehmung als Erklärung von Geschlechterunterschieden<br />
im Essverhalten<br />
Amina Steinhilber (Pädagogische Hochschule<br />
Schwäbisch Gmünd), Birte Dohnke<br />
Das Ernährungsverhalten verschlechtert sich<br />
vom Kindes- <strong>zum</strong> Jugendalter und ist bei Jungen<br />
schlechter als bei Mädchen (RKI, 2003-2006).<br />
Daher sollen Geschlechterunterschiede im Ernährungsverhalten<br />
von Jugendlichen anhand des<br />
Prototype/Willingness Modells untersucht werden.<br />
Gerrits et al. (2009) belegten bereits, dass<br />
Jugendliche klare und lebendige Bilder von un/<br />
gesunden Essern (Prototypen) haben und dass<br />
diese mit Essverhalten im Zusammenhang stehen.<br />
Angenommen wird, dass es Unterschiede in der<br />
Prototypenwahrnehmung zwischen Jungen und<br />
Mädchen gibt und dass der Geschlechterunterschied<br />
im Essverhalten durch die Prototypenwahrnehmung<br />
des ungesunden bzw. gesunden Essers<br />
mediiert wird.<br />
Es wurden 184 SchülerInnen an Haupt- und Werkrealschulen<br />
der Klassenstufe 8-10 mittels Fragebogen<br />
zu Essverhalten und Wahrnehmung eines<br />
gesunden/ungesunden Essers (Prototypenwahrnehmung)<br />
befragt. Letztere wird sowohl über freie<br />
Merkmalsnennungen (N = 88) als auch über eine<br />
globale Skala (N = 184) erfasst.<br />
Es finden sich signifikante Geschlechterunterschiede<br />
sowohl im Essverhalten als auch in der<br />
Prototypenwahrnehmung: Mädchen ernähren sich<br />
günstiger als Jungen und haben ein positiveres<br />
Bild vom gesunden Esser sowie ein negativeres<br />
Bild vom ungesunden Esser. Weiterhin besteht ein<br />
Zusammenhang zwischen Prototypenwahrnehmung<br />
und Essverhalten: Je positiver der gesunde<br />
Esser und je negativer der ungesunde Esser<br />
gesehen wird, desto günstiger ist das eigene Essverhalten.<br />
Unter Kontrolle der Prototypenwahrnehmung<br />
ist die Korrelation zwischen Geschlecht und<br />
Essverhalten nicht mehr signifikant.<br />
Der Geschlechterunterschied im Ernährungsverhalten<br />
wird über die Wahrnehmung der Esser-Prototypen<br />
vermittelt. Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig<br />
es ist, die Prototypen eines gesunden/ungesunden<br />
Essers geschlechtsspezifisch bei Interventionen zu<br />
gesunder Ernährung zu berücksichtigen. Insbesondere<br />
Jungen könnten von derartigen Maßnahmen<br />
profitieren.<br />
Zeit & Raum: 02.09.2011, 16:00-17:30 Uhr, Hörsaal 1A
104 Poster: Bewältigung von Stress und Krankheit<br />
Posterbeiträge<br />
Bewältigung von Stress und<br />
Krankheit<br />
1. Generische und krankheitsspezifische<br />
Lebensqualität bei erfolgreich nierentransplantierten<br />
Patienten in Abhängigkeit vom beruflichen<br />
Status<br />
Melanie Jagla (Universität Freiburg), Susanne<br />
Jäger, Jens Reimer, Tobias Türk, Oliver Witzke,<br />
Gabriele Helga Franke<br />
Nach einer erfolgreichen Nierentransplantation<br />
verbessert sich die generische Lebensqualität<br />
(SF-36) der Patienten signifikant. Zur Verbesserung<br />
der krankheitsspezifischen Lebensqualität (ESRD-<br />
SCL-TM) liegen bisher weniger Ergebnisse vor. Ziel<br />
der Untersuchung ist die Effektivitätsprüfung eines<br />
generischen und eines krankheitsspezifischen Verfahrens<br />
im klinischen Setting. Untersucht wurden<br />
1.687 nierentransplantierte Patienten im durchschnittlichen<br />
Alter von 48 Jahren; 58 % waren<br />
männlich. 537 Patienten waren berufstätig, 296<br />
waren arbeitsuchend bzw. Hausfrau/-mann und<br />
854 waren dauerhaft krankgeschrieben/berentet.<br />
Im SF-36 zeigten sich im Vergleich zur Normstichprobe<br />
mittlere Effektstärken bei den Skalen „Körperliche<br />
Funktionsfähigkeit“ (d = -0,56) und „Allgemeine<br />
Gesundheitswahrnehmung“ (d = -0,49);<br />
geringere Effektstärken (-0,15 bis -0,38) bei den<br />
weiteren sechs Subskalen. Die T-Werte der beiden<br />
Summenskalen waren unauffällig. Krankheitsspezifisch<br />
beschrieben die Patienten leichte Einschränkungen<br />
hinsichtlich der körperlichen und kognitiven<br />
Leistungsfähigkeit sowie kardial-renale Dysfunktionen.<br />
Abhängig vom beruflichen Status zeigten sich<br />
Unterschiede in der generischen Lebensqualität;<br />
berufstätige Patienten wiesen die höchste Lebensqualität<br />
auf. Hinsichtlich der krankheitsspezifischen<br />
Lebensqualität wiesen die berenteten Patienten<br />
körperliche und kognitive Einschränkungen, kardialrenale<br />
Dysfunktionen sowie transplantationsassoziierte<br />
Belastungen auf.Vermutlich bedingt durch<br />
die berufliche und gesellschaftliche Integration<br />
beschrieben berufstätige Patienten im Vergleich<br />
zu den berenteten Patienten geringere Einschränkungen<br />
der Lebensqualität. Insgesamt zeigte sich,<br />
dass zur optimalen Erfassung der Lebensqualität<br />
nach einer Nierentransplantation sowohl generische<br />
als auch krankheitsspezifische Instrumente<br />
eingesetzt werden sollten, damit der individuellen<br />
Situation des Patienten Rechnung getragen wird.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer
Poster: Bewältigung von Stress und Krankheit 105<br />
2. Soziale Unterstützung Jugendlicher und<br />
junger Erwachsener: Stationäre Psychotherapiepatienten<br />
und Gesunde im Vergleich<br />
Susanne Jäger (Hochschule Magdeburg-Stendal),<br />
Gabriele Helga Franke, Christfried Tögel<br />
Fragestellung: Diese Arbeit untersucht soziale<br />
Unterstützung bei Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen. Es wird vermutet, dass Jugendliche<br />
in stationärer psychiatrisch/psychotherapeutischer<br />
Behandlung deutlich weniger soziale Unterstützung<br />
und mehr soziale Belastungen berichten als<br />
Gesunde.<br />
Methoden: Aus einer anfallenden Patientenstichprobe<br />
wurden Personen bis 24 Jahre extrahiert.<br />
Die Patientendaten werden einer Vergleichsgruppe<br />
aus der Bevölkerung gegenübergestellt.<br />
Ergebnisse: 212 (51 % Männer, M = 21 Jahre)<br />
Patienten wurden in die Analysen eingeschlossen.<br />
Die häufigsten psychischen Diagnosen waren<br />
Abhängigkeitserkrankungen (33 %), Angsterkrankungen<br />
(25 %) und Affektive Störungen (22 %). Die<br />
Personen der Bevölkerungsstichprobe (N = 402)<br />
sind durchschnittlich 21 Jahre alt, zu 32 % männlich<br />
und überwiegend (98 %) ledig. Für alle untersuchten<br />
Dimensionen wahrgenommener sozialer<br />
Unterstützung ergaben sich statistisch signifikante<br />
Unterschiede zwischen den Stichproben. Patienten<br />
gaben weniger Soziale Unterstützung durch<br />
Freunde und Bekannte (F = 116,1; p < 0,001;<br />
η²= 0,16) sowie weniger Zusammenhalt und<br />
gegenseitige Hilfe (F = 108,2; p < 0,001; η² = 0,15)<br />
an. Patienten mit Suchterkrankungen berichteten<br />
zudem tendenziell mehr Soziale Belastungen durch<br />
Freunde (F = 3,77; p < 0,03; η² = 0,03). Neben den<br />
Unterschieden zur Vergleichsstichprobe werden<br />
Veränderungen der wahrgenommenen sozialen<br />
Unterstützung im Therapieverlauf diskutiert und<br />
Prädiktoren der wahrgenommenen sozialen Unterstützung<br />
ermittelt.<br />
Schlussfolgerungen: Die Patienten gaben<br />
deutlich weniger wahrgenommene soziale Unterstützung<br />
als die Jugendlichen der Vergleichsgruppe<br />
an. Sie äußerten zudem ein höheres Bedürfnis<br />
nach sozialer Unterstützung und fühlten sich durch<br />
ihre Familie und Freunde sozial belastet und beansprucht.<br />
Im Rahmen der stationären Behandlung<br />
sollte die soziale Unterstützung betrachtet werden,<br />
um die Integration der Patienten zu fördern und<br />
der gesellschaftlichen Exklusion entgegenzuwirken.<br />
3. Gesundheitsbezogene Risikofaktoren pathologischer<br />
Internetnutzung im Jugendalter<br />
Sabine Meixner-Dahle (Humboldt-Universität<br />
Berlin), Matthias Jerusalem<br />
Seit einigen Jahren rückt zunehmend das Phänomen<br />
einer exzessiven Internet- und Computerspielnutzung<br />
unter Jugendlichen in den Fokus der<br />
wissenschaftlichen Diskussion. Befunde internationaler<br />
Studien deuten zusammenfassend auf (1.)<br />
eine beachtliche Verbreitung problematischen Internet-<br />
und Computerspielverhaltens insbesondere<br />
bei Jugendlichen, (2.) beträchtliche personengebundene<br />
Probleme der Betroffenen und (3.) erhebliche<br />
persönliche, soziale und leistungsbezogene<br />
Negativfolgen dauerhaften Problemverhaltens hin.<br />
Viele vorliegende Studien weisen jedoch methodische<br />
Probleme auf (z. B. fehlende psychometrische<br />
Gütekriterien, mangelnde Stichproben-Repräsentativität,<br />
Selektionsbias bei Online-Befragungen).<br />
Daher wurden bundesweit N = 5.200 Schüler<br />
zwischen 14 und 25 Jahren offline mit einer hierzu<br />
entwickelten 20-Item-Skala zur Messung von<br />
Internetsucht sowie zu möglichen Risikofaktoren<br />
befragt.<br />
Insgesamt konnten 4 % der befragten Jugendlichen<br />
als exzessive Internetnutzer klassifiziert<br />
werden. Zudem wiesen die Betroffenen ein vielfältiges<br />
Profil personaler und sozialer Probleme auf.<br />
Jüngere und männliche Jugendliche sind danach<br />
häufiger von pathologischer Internetnutzung<br />
betroffen. Die Betroffenen weisen im Vergleich zur<br />
Gruppe der unauffälligen Internetnutzer ein vielfältiges<br />
Problemprofil auf. Als bedeutsame Risikofaktoren<br />
pathologischer Internetnutzung erwiesen<br />
sich solche Ressourcenfaktoren, die in der gesundheitspsychologischen<br />
Forschung unter stresstheoretischen<br />
Fragestellungen diskutiert werden,<br />
wie insbesondere ein hohes Belastungserleben,<br />
dysfunktionale Copingstile und eine geringe<br />
spezifische Regulationskompetenz bzw. Selbstwirksamkeit.<br />
Weitere Zusammenhänge zeigten<br />
sich mit Persönlichkeitsfaktoren wie Ängstlichkeit,<br />
Depressivität, Selbstwertgefühl sowie mit sozialen<br />
Ressourcen und Problemen. Auch lassen sich<br />
geschlechtsspezifische Risikomuster aufzeigen.<br />
Die Ergebnisse werden im Hinblick auf Präventionsmöglichkeiten<br />
diskutiert.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer
106 Poster: Bewältigung von Stress und Krankheit<br />
4. Gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />
jugendlicher Töchter von krebserkrankten<br />
Müttern?<br />
Anja Köhler (Universität Koblenz-Landau), Claudia<br />
Quaiser-Pohl<br />
Die Erkrankung eines Elternteils an der oft lebensbedrohlichen<br />
Krankheit Krebs ist <strong>für</strong> die Kinder<br />
der Betroffenen oftmals mit nachhaltigen Veränderungen<br />
der Lebensumstände verbunden. Jährlich<br />
müssen sich bis zu 200.000 Kinder und Jugendliche<br />
diesem Lebensereignis stellen. Bisher wurde<br />
den gesunden Kindern krebskranker Eltern in der<br />
Forschung kaum Beachtung geschenkt. Nach aktuellen<br />
Schätzungen zeigen jedoch 50% der betroffenen<br />
Kinder und Jugendlichen aufgrund der Belastung<br />
durch eine elterliche Krebserkrankung selbst<br />
Krankheitssymptome. Es hat sich gezeigt, dass<br />
die betroffenen Kinder und Jugendlichen verstärkt<br />
emotionale Störungen, Angststörungen, depressive<br />
Symptome oder psychosomatische Auffälligkeiten<br />
aufwiesen. Dabei kristallisierte sich heraus,<br />
dass jugendliche Mädchen, deren Mütter an Krebs<br />
erkrankt sind, eine besondere Risikogruppe darstellen.<br />
Deshalb werden im Rahmen des Projekts<br />
STARK (Systemische Analyse bedeutsamer Ressourcensysteme<br />
Kinder krebskranker Eltern) <strong>zum</strong><br />
einen die Häufigkeit und Intensität von eventuellen<br />
psychischen und physischen Störungen betroffener<br />
Mädchen erfasst. Zum Einsatz kommen<br />
das klinische Erhebungsverfahren DISYPS-II, der<br />
MPT-J sowie die Familienbögen und der F-SozU.<br />
Zum anderen werden wichtige soziale Netzwerke<br />
wie z.B. die Familie, Peers, professionelle Helfersysteme,<br />
Schule etc. eingehend mit Hilfe eines<br />
entwickelten Ressourcenmodells analysiert und<br />
ihre Unterstützungsleistung verdeutlicht. Mittels<br />
halbstandardisierter Interviews werden sowohl<br />
die Mädchen als auch ihre Mütter zu wichtigen<br />
sozialen Bezugsfeldern befragt. Die Erhebung wird<br />
an einer Stichprobe von 20 betroffenen Familien<br />
(Mädchen im Alter von 14-18 Jahren) sowie an<br />
einer entsprechenden Kontrollgruppe durchgeführt.<br />
Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass vermehrt<br />
klinische Symptome in der Risikogruppe auftreten<br />
und einzelne, als bedeutsam erachtete Ressourcensysteme<br />
den speziellen Anforderungen von<br />
Mädchen mit krebskranken Müttern nicht gerecht<br />
werden können.<br />
5. Depression und Migrationshintergrund bei<br />
Jugendlichen in Deutschland<br />
Katharina Kupper (Goethe-Universität Frankfurt am<br />
Main), Emily Frankenberg, Stephan Bongard<br />
Fragestellung: Akkulturation kann auf individueller<br />
Ebene mit psychoemotionalen Belastungen<br />
einhergehen. Die Auswirkungen von so genanntem<br />
Akkulturationsstress in Form von depressiven<br />
Symptomen wurden in der vorliegenden Studie<br />
bei jugendlichen Migranten und einer deutschen<br />
Vergleichsstichprobe untersucht.<br />
Methoden: Insgesamt gaben 295 Jugendliche<br />
mit Migrationshintergrund und 121 deutschstämmige<br />
Jugendliche im Alter von 10 bis 21 Jahren<br />
(M = 16.07, SD = 2.90; 47 % männl., 53 % weibl.)<br />
anhand des Beck Depressions-Inventars II (BDI-II)<br />
Auskunft über depressive Symptome. Die Migranten<br />
bearbeiteten zusätzlich die Frankfurter Akkulturationsskala<br />
<strong>für</strong> Jugendliche (FRAKK-J), die zwei<br />
Subskalen umfasst: Orientierung an der Aufnahme-<br />
(AK) und Orientierung an der Herkunftskultur (HK).<br />
Ergebnisse: Die Migranten wurden hinsichtlich<br />
der BDI-II-Depressionswerte, Geschlecht und Alter<br />
mit der deutschstämmigen Stichprobe verglichen.<br />
Es zeigte sich, dass Migranten signifikant höhere<br />
BDI-II-Depressionswerte aufwiesen. Auch konnte<br />
ein signifikanter positiver Zusammenhang zwischen<br />
BDI-II-Werten und Alter gezeigt werden.<br />
Bezüglich der Akkulturation zeigte sich, dass Migranten<br />
weniger depressive Symptome berichteten,<br />
je stärker sie an der AK orientiert waren. Männliche<br />
Migranten zeigen bei Vorliegen einer geringen<br />
Anpassung an die deutsche Kultur eine stärkere<br />
Belastungssymptomatik. Ein Zusammenhang<br />
zwischen Orientierung an der HK und Depression<br />
bestand nicht.<br />
Schlussfolgerungen: Die im Vergleich zur<br />
deutschstämmigen Stichprobe erhöhten Depressionswerte<br />
weisen darauf hin, dass Akkulturationsprozesse<br />
bei Jugendlichen mit Migrationhintergrund<br />
mit emotionalen Belastungen einhergehen.<br />
Einer Orientierung an der Aufnahmekultur kommt<br />
dabei ein protektiver Einfluss zu.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer<br />
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Poster: Bewältigung von Stress und Krankheit 107<br />
6. Experiences of living with orthognathic<br />
conditions: an exploratory qualitative interview<br />
study with individuals self identifying as being<br />
from an ethnic minority population<br />
Yvonne-Olivia Stocker, Thompson, S. Baker, B.<br />
Gibson<br />
Background: Orthognathic surgery is offered<br />
to change diagnosed malformations of the jaws.<br />
Surgery dramatically alters facial appearance yet<br />
very little is known about the patient experiences.<br />
This study aimed to explore these experiences of<br />
individuals from ethnic minority backgrounds and<br />
giving a patient voice.<br />
Methods: The narrative framework of holistic content<br />
analysis was applied. Recruitment took place<br />
in four different specialized dental clinics. In total<br />
seven semi-structured interviews were conducted<br />
and transcribed verbatim. In line with holistic content<br />
analysis a case study approach facilitated the<br />
emergence of themes at a descriptive level within<br />
the specific contexts. A secondary layer of analysis<br />
provided overarching themes facilitating accounts<br />
of shared experiences. Quality control was achieved<br />
by audit of the analysis process.<br />
Findings: The majority of participants described<br />
experiencing a „shocking“ change in their sense of<br />
identity and described feeling utterly unprepared<br />
for this. Aspects of potential medicalization of differing<br />
appearances shone through in their discussion<br />
of the perceived necessity for surgery. Cultural<br />
values were indirectly evident with participants<br />
carefully locating their perceived need for surgery<br />
in relation to a desire to improve functionality as<br />
opposed to facial appearance.<br />
Discussion: This is the first study to specifically in<br />
depth explore experiences of undergoing orthognathic<br />
surgery, ethnicity and identity. Further<br />
research is needed to provide insights into psychosocial<br />
factors relative to surgery. Additional<br />
research is required relative to factors of identity<br />
(re)negotiations as initiated by this procedure. This<br />
study clearly identifies the need to take account of<br />
ethnicity. Clinical implications will be discussed in<br />
relation to the findings.<br />
7. Und plötzlich ist alles anders! Entwicklung<br />
eines Fragebogens zur Messung des Kohärenzgefühls<br />
im Krankenhaus<br />
Olivia Kada (Fachhochschule Kärnten), Eva Brunner,<br />
Marco Maier<br />
Das Kohärenzgefühl (SOC) ist eine wichtige<br />
Ressource in der Bewältigung von Krankheit und<br />
Krankenhausaufenthalten und korreliert mit Genesung<br />
(Griffith, 2009), Adhärenz (Nabi et a., 2008)<br />
und Lebensqualität (Norekvål et al., 2010). Ein<br />
Aufenthalt im Krankenhaus bedeutet nicht nur den<br />
Verlust gewohnter Routinen und die Konfrontation<br />
mit Therapien (Kada & Brunner, 2009), sondern<br />
auch das Abgeben von Kontrolle in die Hände von<br />
Ärzteschaft und Pflege.<br />
Die Messung des SOC, spezifisch <strong>für</strong> das Setting<br />
Krankenhaus, kann wesentliche Aufschlüsse über<br />
diese Prozesse liefern. Die vorliegende Studie<br />
(Kada, Brunner & Maier, under review) setzt somit<br />
Bemühungen zur Entwicklung bereichsspezifischer<br />
SOC-Instrumente (z. B. „family sence of coherence“,<br />
Antonovsky & Sourani, 1988) fort. Basierend<br />
auf bestehenden Fragebögen zur Messung<br />
des SOC im Setting Universität (Brunner et al.,<br />
2009; Gräser, 2003) wurde ein Fragebogen <strong>zum</strong><br />
SOC im Krankenhaus (H-SOC) entwickelt und einer<br />
Stichprobe von 300 PatientInnen vorgegeben.<br />
Zusätzlich wurden der allgemeine Kohärenzsinn<br />
(SOC-L9; Singer & Brähler, 2007), die aktuelle<br />
Beanspruchung (KAB; Müller & Basler, 1993), die<br />
primäre Bewertung des Krankenhausaufenthaltes,<br />
die Vorhersehbarkeit der Einlieferung, die subjektive<br />
Gesundheit und die Aufenthaltsdauer erhoben.<br />
Für die H-SOC-Skala wurde mittels konfirmatorischer<br />
Faktorenanalyse ein zufriedenstellender<br />
Fit ermittelt; es ergab sich eine theoriekonforme<br />
3-faktorielle Lösung. Die Reliabilität der Skala ist<br />
zufriedenstellend (Cronbach‘s α = .794), theoriekonforme<br />
Beziehungen des H-SOC mit relevanten<br />
Konstrukten bestätigen die Validität. So korreliert<br />
eine negative primäre Bewertung mit einer geringen<br />
Ausprägung des allgemeinen SOC und des<br />
Faktors Verstehbarkeit des H-SOC und einer höheren<br />
aktuellen Beanspruchung.<br />
Der H-SOC kann helfen, vulnerable PatientInnen<br />
zu identifizieren und das Krankenhaus zu einem<br />
Ort zu machen, der ein Gefühl von Verstehbarkeit,<br />
Bewältigbarkeit und Sinnhaftigkeit entstehen lässt.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer
108 Poster: Bewältigung von Stress und Krankheit<br />
8. Was kostet Gerechtigkeit? Kohärenz erleben<br />
und Rechtsfrieden in der sozialrechtlichen<br />
Begutachtung<br />
Michaela Heinecke (Bergische Universität<br />
Wuppertal)<br />
Das medizinische Sachverständigengutachten<br />
stellt ein wesentliches Hilfsmittel in der sozialrechtlichen<br />
Entscheidungsfindung dar. Dabei kommt<br />
es wesentlich darauf an, welche fachliche Überzeugungskraft<br />
ein solches Gutachten hat. Gute<br />
Gutachten sind plausibel, schlüssig und nachvollziehbar;<br />
ihre Abfassung muss neutral, vollständig<br />
und transparent sein, damit Prozessbeteiligte sich<br />
angemessen und gerecht behandelt sehen (Elling,<br />
2005; Becker, 2008; Echterhoff & Heinecke, 2010).<br />
Es muss im gesamten Begutachtungsprozess<br />
Kohärenzerleben (Antonovsky, 1997) hergestellt<br />
werden. Das bedeutet, dass die Beteiligten die<br />
Zusammenhänge des Vorgangs verstehen, dass<br />
sie den Eindruck haben, sich einbringen und den<br />
Verlauf mitgestalten zu können und dass sie selbst<br />
einen Sinn und Zweck in der Sache <strong>für</strong> sich erkennen.<br />
Welchen Effekt hat also die Güte eines Sachverständigengutachtens<br />
auf den Ausgang eines<br />
sozialgerichtlichen Verfahrens? Welche Beteiligten<br />
tragen die Entscheidung mit und wie haltbar ist<br />
die Entscheidung <strong>für</strong> sie? Welchen Einfluss haben<br />
psychologische Faktoren wie das Gefühl, gerecht<br />
behandelt worden zu sein, <strong>für</strong> die Herstellung von<br />
Rechtsfrieden?<br />
Im Rahmen einer interdisziplinären Kooperation<br />
wurden im Jahr 2010 in laufenden Verfahren am<br />
Sozialgericht Düsseldorf 269 Verfahren einer<br />
längsschnittlichen Felduntersuchung unterzogen.<br />
Erfasst wurden die Güte angefertigter Gutachten<br />
(dokumentenzentriert), das Kohärenzerleben von<br />
Klägern und Beklagten (personzentriert) sowie der<br />
Verfahrensausgang als externes Kriterium.<br />
Es wird erwartet, dass nach Abschluss der<br />
Datenerhebung im Sommer 2011 wichtige psychologische<br />
Faktoren <strong>für</strong> das Zustandekommen<br />
von Rechtsfrieden gefunden und so allgemeine<br />
Mechanismen identifiziert werden, mit denen sich<br />
Rechtsfrieden in der Sozialgerichtsbarkeit gezielt<br />
fördern lässt. Weiterhin wird davon ausgegangen,<br />
dass diese zur Optimierung sozialmedizinischer<br />
und -rechtlicher Verwaltungs- und Kostenstrukturen<br />
dienen können.<br />
9. Körperlich-sportliche Aktivität, Stressbewältigung<br />
und Befinden beim Schulübertritt:<br />
Erste Ergebnisse der „Bewegung und Umgang<br />
mit Stress“-Studie (BUS-Studie)<br />
Steffen Schmid (Pädagogische Hochschule<br />
Schwäbisch Gmünd), Nicola Unger, Heike<br />
Eschenbeck, Annette Worth, Carl-Walter Kohlmann<br />
Fragestellung: Bereits Kinder und Jugendliche<br />
sehen sich Stress ausgesetzt, der sich in körperlichen<br />
Beschwerden wie beispielsweise Kopf- oder<br />
Bauchschmerzen zeigen kann. Das Ausmaß an<br />
körperlich-sportlicher Aktivität wird bei Kindern<br />
mit zunehmendem Alter geringer, obwohl die<br />
Aktivität einen möglichen Puffer von Alltagsstress<br />
darstellt. Es fehlen allerdings längsschnittliche<br />
Untersuchungen, vor allem <strong>für</strong> den Wechsel von<br />
der Grundschule zur weiterführenden Schule. Dies<br />
ist wichtig, um Veränderungen der Stressbewältigungsstrategien<br />
und der körperlichen Aktivität in<br />
wechselseitiger Beeinflussung betrachten zu können.<br />
Mit der Studie „Bewegung und Umgang mit<br />
Stress“ (BUS-Studie) soll dies angestrebt werden.<br />
Methode: Ab März 2011 werden an 14 Schulen<br />
in insgesamt 70 Schulklassen in Schwäbisch<br />
Gmünd Kinder der Klassen 3-7 mittels Fragebogen<br />
zu Stressvulnerabilität und -bewältigung sowie<br />
zu körperlich-sportlicher Aktivität und Befinden<br />
befragt (SSKJ 3-8, MoMo-Aktivitätsfragebogen,<br />
Kid-KINDL). Angestrebt wird ein repräsentativer<br />
Querschnitt, von dem die Klassen 3-5 zu insgesamt<br />
vier Messzeitpunkten bis Ende 2012 weiterverfolgt<br />
werden sollen.<br />
Ergebnisse: Bereits durchgeführte Vorstudien mit<br />
kleinen Stichproben deuten auf Geschlechterunterschiede<br />
bezüglich der Bewältigungsstrategien<br />
hin. In Bezug auf die körperlich-sportliche Aktivität<br />
zeigen sich Unterschiede der Geschlechter (Jungen<br />
> Mädchen) und eine geringere Aktivität in<br />
den höheren Altersstufen. Es lassen sich Hinweise<br />
auf geringere Vulnerabilitätswerte bei aktiveren<br />
Kindern finden.<br />
Schlussfolgerungen: Stress und körperlichsportliche<br />
Aktivität stehen in einer engen Verbindung<br />
zueinander. Im Querschnitt zeigen aktivere<br />
Kinder ein geringeres Maß an Stress. Durch das<br />
längsschnittlich angelegte Projekt soll überprüft<br />
werden, ob sich die beiden Bereiche im Verlauf<br />
weitergehend beeinflussen und wie sich diese<br />
Beeinflussung darstellt.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer
Poster: Gesundheit über die Lebensspanne 109<br />
Gesundheit über die Lebensspanne<br />
(I)<br />
<strong>10.</strong> eHealth Literacy: Gesundheitskompetenz im<br />
Kontext der modernen Informationsgesellschaft<br />
Stefan Huber (Universität Hildesheim), Renate<br />
Soellner<br />
Fragestellung: Gesundheitskompetenz (health<br />
literacy) lässt sich definieren als die Fähigkeit, im<br />
Alltag gesundheitsförderlich entscheiden und handeln<br />
zu können. Vor dem Hintergrund eines zunehmend<br />
komplexer werdenden Gesundheitssystems<br />
und einer medialisierten Informationsgesellschaft<br />
gewinnt die Fähigkeit zur interaktiven Nutzung von<br />
Wissen und Informationen eine immer größere<br />
Bedeutung, um die eigene Gesundheit über die<br />
Lebensspanne aufrechterhalten und verbessern<br />
zu können. In diesem Zusammenhang wurde das<br />
Konzept der eHealth literacy geprägt. Der vorliegende<br />
Beitrag will dieses Konzept theoretisch<br />
beleuchten und einen Ansatz zu dessen empirischer<br />
Messung vorstellen.<br />
Methoden: Basierend auf den Arbeiten von Norman<br />
und Skinner wurde ein deutschsprachiges Instrument<br />
entwickelt, das eHealth Literacy mit Hilfe<br />
von Selbstauskünften erfasst. Dieses wurde an<br />
einer Stichprobe 18-jähriger SchülerInnen (N=327)<br />
pilotiert. Mit einer Teilstichprobe (n1 = 152) wurden<br />
exploratorische Analysen durchgeführt, mit einer<br />
zweiten (n2 = 175) erfolgte eine konfirmatorische<br />
Faktorenanalyse.<br />
Ergebnisse:Die in Anlehnung an Norman und<br />
Skinner angestrebte einfaktorielle Lösung wies<br />
Faktorladungen zwischen .31 und .87 und ein<br />
Cronbach‘s α von .85 auf. Der extrahierte Faktor<br />
konnte 51 % der Gesamtvarianz erklären. Die<br />
konfirmatorische Faktorenanalyse gibt Hinweise<br />
darauf, dass eine zweifaktorielle Lösung einer einfaktoriellen<br />
vorzuziehen ist (χ²-Differenz von 71.44,<br />
p < .0001).<br />
Schlussfolgerungen: Erste empirische Ergebnisse<br />
deuten darauf hin, dass die Skala zur Erfassung<br />
der eHealth Literacy anders als von Norman<br />
und Skinner postuliert eine zweifaktorielle Struktur<br />
aufweist. Der erste Faktor deckt dabei den Aspekt<br />
der Informationsbeschaffung ab, der zweite den<br />
der Bewertung und Anwendung der gefundenen<br />
Informationen.<br />
11. Demenz in der Ehe: Psychische Gesundheit<br />
und Paarkommunikation<br />
Melanie Braun (Universität Zürich), Urte Scholz,<br />
Rainer Hornung, Mike Martin<br />
Aus der Paarforschung ist bekannt, dass psychische<br />
und physische Gesundheit mit der ehelichen<br />
Kommunikation zusammenhängt. Unsere Studie<br />
fokussiert auf der Kommunikation von Paaren, bei<br />
denen der Partner an einer Demenz erkrankung<br />
leidet und die Partnerin die Pflege übernimmt. Die<br />
Demenzliteratur belegt, dass insbesondere die<br />
eheliche Demenzpflege mit negativen Auswirkungen<br />
verbunden ist (z. B. depressive Störungen).<br />
Wir untersuchen, wie Qualität der Paarkommunikation<br />
mit psychischer Gesundheit, bzw. Depressivität<br />
der pflegenden Partnerinnen zusammenhängt.<br />
Methoden: An drei Erhebungszeitpunkten fand<br />
eine videobasierte Erfassung der Paarkommunikation<br />
statt (N = 37 Paare zu T1). Die Bestimmung<br />
der Kommunikationsqualität erfolgte mit dem<br />
Rapid Marital Interaction Coding System. Zusätzlich<br />
wurden Indikatoren der psychischen Gesundheit<br />
(z. B. Depressivität) erfasst. Es folgten zwei<br />
Nacherhebungen nach jeweils sechs Monaten.<br />
Wir führten nicht-sequenzielle und sequenzielle<br />
Analysen durch.<br />
Ergebnisse: Pflegende Partnerinnen wiesen zu<br />
allen Erhebungszeitpunkten ausgeprägte depressive<br />
Symptome auf. Ehefrauen, deren Partner viel<br />
positive Kommunikation zeigten, erlitten weniger<br />
depressive Symptome. Insbesondere ergaben<br />
sich Zusammenhänge zwischen der positiven<br />
reziproken Kommunikation und der psychischen<br />
Gesundheit. Reziprozität bedeutet, dass zwischen<br />
der Kommunikation der Partner eine Abhängigkeit<br />
besteht. Wir fanden zu allen Erhebungszeitpunkten<br />
negative Korrelationen zwischen Ausmaß<br />
der positiven reziproken Kommunikation und der<br />
Depressivität.<br />
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse weisen<br />
darauf hin, dass nicht nur die Qualität, sondern<br />
insbesondere die Reziprozität der ehelichen<br />
Kommunikation bedeutend ist. Eine Förderung der<br />
positiven Kommunikation kann demnach eine sinnvolle<br />
Intervention zur Steigerung der psychischen<br />
Gesundheit betroffener Paare darstellen. Desweiteren<br />
verdeutlicht die Untersuchung den potenziellen<br />
Erkenntnisgewinn durch sequenzielle Daten.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer
110 Poster: Gesundheit über die Lebensspanne<br />
12. Funktionale Gesundheitskompetenz bei<br />
Kindern und Jugendlichen<br />
Renate Soellner (Universität Hildesheim), Stefan<br />
Huber<br />
Fragestellung: Grundlage dieser Studie ist ein<br />
empirisch entwickeltes Kompetenzstrukturmodell,<br />
das Gesundheitskompetenz als Handlungskompetenz<br />
fasst, die auf grundlegenden Fertigkeiten<br />
(literacy/numeracy), Wissen (Gesundheitssystem/<br />
Gesundheit) und der Bereitschaft, Verantwortung<br />
<strong>für</strong> die eigene Gesundheit zu übernehmen,<br />
basiert. Die grundlegenden Fertigkeiten sowie die<br />
Wissenskomponenten können nach Nutbeam als<br />
funktionale Gesundheitskompetenz beschrieben<br />
werden. In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen,<br />
inwieweit diese bei Kindern und Jugendlichen<br />
ausgeprägt ist.<br />
Methoden: Zur Beantwortung der Fragestellung<br />
wurden zwei Fragebogenuntersuchungen<br />
an Schüler(inne)n der 5./6. Klasse durchgeführt<br />
(N1 = 345, N2 = 283). Die Facetten der Handlungskompetenz<br />
wurden mittels Selbstauskünften erhoben,<br />
Systemwissen sowie literacy und numeracy<br />
mittels Multiple-Choice-Aufgaben.<br />
Ergebnisse: Die Aufgaben zur Erfassung der<br />
funktionalen Gesundheitskompetenz wurden<br />
unterschiedlich gut gelöst (31 %-95 %). Der Anteil<br />
richtiger Antworten war bei Gymnasiast(inn)en<br />
jeweils höher als bei Haupt- und Realschüler(inne)<br />
n (p < .01). Im Strukturmodell zeigte sich erwartungsgemäß<br />
ein signifikanter Zusammenhang der<br />
grundlegenden Fertigkeiten und des Wissens mit<br />
der Facette „Umgang mit Gesundheitsinformationen“<br />
(.35), nicht jedoch mit den Facetten „Umgang<br />
mit sich selbst und seiner Gesundheit“ oder „Kommunikation<br />
& Kooperation“.<br />
Schlussfolgerungen: Die Förderung funktionaler<br />
Gesundheitskompetenz durch Vermittlung von<br />
Wissen sowie Förderung grundlegender Fertigkeiten<br />
stellt eine wichtige Basis <strong>für</strong> die Entwicklung<br />
gesundheitsbezogener Handlungskompetenz dar.<br />
Die alleinige Betrachtung funktionaler Gesundheitskompetenz<br />
greift jedoch zu kurz. Um Kinder<br />
und Jugendliche zu einer gesundheitsförderlichen<br />
Lebensweise zu befähigen, sollten darüber hinaus<br />
weitere intra- und interpersoneller Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten gefördert werden, wie z. B. die<br />
Selbstwahrnehmung/-regulation sowie Kommunikations-/Beziehungsfähigkeit.<br />
13. Zusammenhang zwischen Alltagsaktivitäten<br />
und subjektivem Wohlbefinden<br />
unter Moderation von Selbstkonkordanz<br />
Jitka Stredova (Universität Stuttgart), Martina<br />
Kanning, Wolfgang Schlicht<br />
Positive Korrelationen zwischen körperlicher<br />
Aktivität und Wohlbefinden wurden in bisherigen<br />
Studien nachgewiesen. Keine Studie untersuchte<br />
subjektives Wohlbefinden im Zusammenhang<br />
mit Bewegungssaktivitäten unter Moderation von<br />
Selbstkonkordanz im Alltagsgeschehen. Das Ziel<br />
dieser Studie war zu überprüfen, ob und welcher<br />
Zusammenhang zwischen Alltagsaktivitäten und<br />
subjektivem Wohlbefinden (Valence, Energetic<br />
Arousal und Calmness) besteht und wie sich die<br />
Selbstkonkordanz auf diesen Zusammenhang<br />
auswirkt.<br />
Es wurden insgesamt 104 Personen zweier Altersgruppen<br />
im Alltag untersucht. Ihre körperliche<br />
Aktivität wurde mittels Beschleunigungssensoren<br />
(VarioPorts-e) über 24 Std. und ihr psychisches<br />
Befinden mittels Handhelds (Palm Tungsten E2)<br />
jeweils zu körperlich aktiven und inaktiven Episoden<br />
(Min/Max Intervall = 40-100 Min.) erfasst.<br />
Am Ende des Tages wurden zusätzlich „paper und<br />
pencil“ Fragebögen ausgefüllt.<br />
Die Daten wurden in Mehrebenenmodellen (HLM<br />
6.0) ausgewertet. Analysiert wurden vollständige<br />
Daten von 93 Probanden. In der Gruppe 20-30 Jähriger<br />
(N = 53) ergaben sich positive Effekte von körperlicher<br />
Aktivität (γ 10<br />
= .001, p < .05), Selbstkonkordanz<br />
(γ 20<br />
= .096, p < .01) und Interaktionsterm<br />
(γ 30<br />
= .001, p < .05) auf Valence; von körperlicher<br />
Aktivität (γ 10<br />
= .003, p < .01) und Interaktionsterm<br />
(γ 30<br />
= .001, p < .01) auf Energetic Arousal; von<br />
Selbstkonkordanz (γ 20<br />
= .170, p < .001) auf Calmness<br />
und negativer Effekt von körperlicher Aktivität<br />
(γ 10<br />
= -.002, p < .05) auf Calmness. In der Gruppe<br />
50 + (N = 40) ergaben sich positive Effekte von<br />
Selbstkonkordanz (γ 30<br />
= .206, p < .01) auf Valence;<br />
von körperlicher Aktivität (γ 10<br />
= .004, p < .05) und<br />
Selbstkonkordanz (γ 30<br />
= .248, p < .01) auf Energetic<br />
Arousal.<br />
Es zeigte sich ein positiver Zusammenhang zwischen<br />
Alltagsaktivitäten und subjektivem Wohlbefinden<br />
(Valence und Energetic Arousal) und<br />
positiver Moderationseffekt von Selbstkonkordanz.<br />
Je höher die Selbtkonkordanz der Aktivitäten war,<br />
desto größer war der Zusammenhang.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer
Poster: Gesundheit über die Lebensspanne 111<br />
14. Lebenssinn und seelische Gesundheit:<br />
Individuelle Sinnkonstruktionen von Medizinund<br />
Psychologiestudenten<br />
Sabine Löffler (Universitätsklinikum Carl Gustav<br />
Carus Dresden), Teresa Krebs, Thomas Körschner,<br />
Rainer Knappe, Peter Joraschky, Karin Pöhlmann<br />
Fragestellung: Die Suche nach Sinn ist etwas<br />
Universelles und zutiefst Menschliches. Ein ausgeprägtes<br />
Erleben von Sinn und ein tragfähiges persönliches<br />
Sinnsystem können positiv zu Lebenszufriedenheit<br />
und Gesundheit beitragen (Frankl<br />
1985; Löffler et al. 2010). Die Studie untersucht (1)<br />
die Zusammenhänge zwischen Lebenssinn und<br />
seelischer Gesundheit und (2) Unterschiede in den<br />
persönlichen Sinnkonstruktionen von Psychologieund<br />
Medizinstudenten.<br />
Methoden: Inhalt und Struktur der individuellen<br />
Sinnkonstruktionen von Psychologie- und Medizinstudenten<br />
wurden qualitativ erhoben. Zusätzlich<br />
beantworteten die Probanden Fragebögen zu<br />
Sinnerleben und Sinnsuche (LRI-r-d, MLQ), Kohärenzgefühl<br />
(SOC-9L), Selbstwirksamkeit (SWE),<br />
Selbstwert (RSES), Lebenszufriedenheit (SWLS),<br />
Angst und Depressivität (HADS, BDI-II) sowie <strong>zum</strong><br />
Gesundheitszustand (EQ-5D).<br />
Ergebnisse: Die Studie wird <strong>zum</strong> gegenwärtigen<br />
Zeitpunkt durchgeführt. Ergebnisse werden im<br />
April 2011 erwartet. Erwartet werden signifikante<br />
Korrelationen zwischen seelischer Gesundheit und<br />
Lebenssinn sowie Unterschiede zwischen Psychologie-<br />
und Medizinstudenten.<br />
Schlussfolgerungen: Die individuellen Sinnsysteme<br />
von Psychologie- und Medizinstudenten<br />
werden verglichen, um die Frage zu beantworten,<br />
ob es sich bei Studenten verschiedener Richtungen<br />
in unterschiedlichem Maße um Sinnexperten<br />
handelt. Die Studie soll außerdem zeigen, inwiefern<br />
die bewusste Reflexion von Lebenssinn zu<br />
Gesundheit und Wohlbefinden beiträgt.<br />
15. Subjektive Krankheitstheorien von adipösen<br />
Jugendlichen<br />
Anna Levke Brütt (Universität Flensburg)<br />
Fragestellung: Übergewicht und Adipositas im<br />
Kindes- und Jugendalter sind Themen, die zurzeit<br />
nicht nur in den Medien, sondern auch in der Forschung<br />
viel Beachtung finden. Nach der Entwicklung<br />
von Leitlinien zur Behandlung folgte mit der<br />
Beobachtungsstudie der BZgA eine bundesweit<br />
angelegte Evaluation ambulanter und stationärer<br />
Behandlungsformen. Dennoch bleibt auf individueller<br />
Ebene nach wie vor unklar, welche Faktoren<br />
<strong>für</strong> die Umsetzung von Verhaltensänderungen im<br />
familiären Umfeld von Bedeutung sind. Als mögliche<br />
Einflussfaktoren werden subjektive Krankheitstheorien<br />
sowie die familiäre Krankheitsbewältigung<br />
diskutiert. Ziel dieser Arbeit ist es, die subjektiven<br />
Krankheitsvorstellungen <strong>zum</strong> Krankheitsbild Adipositas<br />
von betroffenen Jugendlichen zu erfassen<br />
und diese in Zusammenhang mit Ressourcen und<br />
Barrieren im familiären Umfeld zu setzen.<br />
Methoden: Die Stichprobe wurde aus zwei<br />
ambulanten Programmen zur Adipositasprävention<br />
in Norddeutschland rekrutiert. Insgesamt wurden<br />
16 Jugendliche im Alter von 11 bis 17 Jahren sowie<br />
ihre Mütter befragt. Zur Bearbeitung der Fragestellungen<br />
wurden zunächst die Interviews inhaltsanalytisch<br />
ausgewertet, dann mit den Fragebogendaten<br />
in Verbindung gebracht und schließlich zur<br />
Typenbildung genutzt.<br />
Ergebnisse: Die subjektiven Theorien verdeutlichen<br />
das differenzierte Bild, das die Jugendlichen<br />
von Adipositas haben. Für den Bereich der mit<br />
Adipositas verbundenen Probleme kristallisieren<br />
sich Selbst- und Körperbild, sportliche Aktivitäten<br />
und Hänseleien heraus. Außerdem berichten die<br />
Jugendlichen sowohl von Schwierigkeiten beim<br />
Umsetzen von Verhaltensänderungen (z. B. Familienfeste)<br />
als auch von Unterstützung (z. B. Kalorienreduziertes<br />
Kochen) durch die Familie.<br />
Schlussfolgerungen: Die Umsetzung von<br />
den Verhaltensregeln, die während ambulanten<br />
Adipositasprogrammen erlernt werden, erfolgt im<br />
häuslichen Kontext. Dennoch werden individuelle<br />
Schwierigkeiten in den Konzepten von Präventionsprogrammen<br />
bisher kaum thematisiert.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer
112 Poster: Prävention, Rehabilitation und Gesundheitsförderung<br />
Prävention, Rehabilitation und<br />
Gesundheitsförderung (I)<br />
16. Körpermodifikationen bei Patienten mit<br />
psychosomatischen Störungsbildern − Motive<br />
und Risikoverhalten<br />
Eileen Eismann (Universitätsklinikum Carl Gustav<br />
Carus Dresden), Susanne Döbbel, Sabine Löffler,<br />
Ilka Böhm, Peter Joraschky, Karin Pöhlmann<br />
Fragestellung: Die Prävalenzen von Körpermodifikationen<br />
sind in den letzten Jahren rapide<br />
angestiegen. Angesichts dessen ist aus der Literatur<br />
nur wenig über die Hintergründe von Körpermodifikationen<br />
bekannt. Die dargestellte Studie<br />
beschreibt primäre und sekundäre Motive <strong>für</strong> den<br />
Erwerb von Körpermodifikationen bei Patienten<br />
mit psychosomatischen Störungsbildern und analysiert<br />
Unterschiede bezüglich des Risikoverhaltens<br />
in Abhängigkeit von der Art und Anzahl der Körpermodifikationen.<br />
Methoden: Es wurden 75 Patienten im Alter von<br />
19 bis 53 Jahren (M = 29, SD = 6.8) untersucht.<br />
Die individuelle primäre und sekundäre Motivation<br />
zur Körpermodifikation wurde mittels teilstandardisiertem<br />
Interview erfasst; Nikotinkonsum<br />
sowie Risikosuchverhalten mittels standardisierten<br />
Fragebögen. Die Datenauswertung erfolgte durch<br />
Häufigkeits-/ Korrelationsanalysen und ANOVAs.<br />
Ergebnisse: Die häufigsten primären Motive <strong>für</strong><br />
Körpermodifikationen waren Schönheit, Kunst,<br />
Mode (36 %), Persönliche Geschichte (25 %) sowie<br />
Individualität (23 %); die häufigsten sekundären<br />
Motive Schönheit, Kunst, Mode (23 %), Sucht<br />
(15 %), Individualität (15 %), Widerstand (15 %),<br />
Physische Ausdauer (12 %) sowie Persönliche<br />
Geschichte (10 %). Patienten mit beiden Arten<br />
von Körpermodifikationen berichteten ein stärker<br />
ausgeprägtes Risikosuchverhalten als Patienten<br />
mit Piercings oder Tätowierungen. Mit steigender<br />
Anzahl an Körpermodifikationen gaben die<br />
Patienten einen höheren Nikotinkonsum an; mit<br />
steigender Anzahl der Tätowierungen ein höheres<br />
Risikosuchverhalten.<br />
Schlussfolgerung: Die Motive <strong>für</strong> Körpermodifikationen<br />
sind individuell verschieden. Patienten<br />
mit multiplen Arten sowie einer höheren Anzahl<br />
von Körpermodifikationen zeigen ein höheres Risikoverhalten,<br />
was im Rahmen von Präventions- und<br />
Behandlungsansätzen berücksichtigt werden sollte.<br />
17. „5 x 1 – Fünf mal eine Stunde <strong>für</strong> die<br />
Gesundheit im Betrieb“<br />
Christian Schwennen (Currenta GmbH & Co.<br />
OHG), Thorsten Uhle<br />
Der Modernisierungs- und Rationalisierungsdruck<br />
sowie die gestiegenen Ansprüche hinsichtlich<br />
mehr Bürgerorientierung durch Effizienz und<br />
Flexibilität in der Verwaltungstätigkeit werden in<br />
öffentlichen Verwaltungen mehr und mehr als<br />
starke Belastung wahrgenommen. Darüber hinaus<br />
führen Stellenstreichungen und ausbleibende<br />
Neubesetzungen zu einer messbar zunehmenden<br />
Arbeitsverdichtung und damit Arbeitsbelastung der<br />
einzelnen Beschäftigten. Um diesen Herausforderungen<br />
zu begegnen ist ein partizipatives Vorgehen<br />
angezeigt, welches sich als ein maßgeblicher<br />
Erfolgsfaktor <strong>für</strong> ein effektives und effizientes<br />
Gesundheitsmanagement bewährt hat.<br />
Die Gesundheitsarbeitsgruppe 5x1 wurde im Rahmen<br />
der Einführung eines Gesundheitsmanagementsystems<br />
in der Finanzverwaltung entwickelt.<br />
Die Aufgabe dieser Arbeitsgruppen auf Mitarbeiterebene<br />
besteht in der Ableitung von Maßnahmen<br />
aufgrund vorangegangener Gesundheitsbefragungen.<br />
Im Mittelpunkt steht dabei der Aufbau von<br />
Ressourcen und die Reduktion von Belastungen.<br />
In der vorliegenden Studie werden im Längsschnitt<br />
Veränderungen einer 5x1 Interventionsgruppe<br />
(N = 24) mit zwei unbehandelten Kontrollgruppen<br />
(N = 32; N = 28) verglichen.<br />
Ergebnisse einer MANOVA zeigen signifikante<br />
Wechselwirkungen zwischen Gruppenzugehörigkeit<br />
und Messzeitpunkt <strong>für</strong> soziale Unterstützung,<br />
Bewältigungsstrategien und Irritation. Für Belastungen<br />
wurden hingegen keine Effekte gefunden.<br />
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass 5x1 einen<br />
positiven Effekt auf den Aufbau von Ressourcen<br />
besitzt und kurzfristig <strong>zum</strong> Abbau von Irritation<br />
führen kann. 5x1 stellt damit einen vielversprechenden<br />
Ansatz dar, um einen Anstoß zur Gesundheitsarbeit<br />
in einem Unternehmen zu geben und<br />
um gleichzeitig einen Puffer gegen den negativen<br />
Einfluss von beispielweise belastenden organisationalen<br />
Veränderungen aufzubauen.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer
Poster: Prävention, Rehabilitation und Gesundheitsförderung 113<br />
18. Motive der Medikamenteneinnahme bei<br />
Studierenden<br />
Katrin Lohmann (Freie Universität Berlin), Burkhard<br />
Gusy<br />
Die Aufmerksamkeit, die dem Medikamentenkonsum<br />
Studierender entgegengebracht wird, ist<br />
hinsichtlich der Wirkstoffe und der Motive stark<br />
auf das sogenannten Neuro-Enhancement – der<br />
geistigen Leistungssteigerung mit Hilfe verschreibungspflichtiger<br />
Medikamente – fokussiert. Bisher<br />
gibt es wenige Daten <strong>zum</strong> Medikamentenkonsum<br />
Studierender. Die vorgestellte Studie untersucht,<br />
welche Medikamentengruppen mit Missbrauchspotenzial<br />
Studierende konsumieren und<br />
welches die Motive der Einnahme sind.<br />
Die Daten wurden im Rahmen einer periodischen<br />
Gesundheitsberichterstattung bei Studierenden der<br />
Freien Universität Berlin, mittels eines Online-Fragebogens<br />
erhoben. Die Fragen <strong>zum</strong> Konsum verschiedener<br />
Medikamentengruppen (Schmerzmittel,<br />
Schlaf- und Beruhigungsmittel, Antidepressiva,<br />
Psychostimulanzien, Beta-Blocker) beantworteten<br />
1.334 Studierende. Darüber hinaus wurden Indikatoren<br />
einer medikamentenorientierten Lebensbewältigung<br />
erfasst und ein Screening-Instrument<br />
<strong>für</strong> einen möglichen Medikamentenmissbrauch<br />
eingesetzt.<br />
Gut zwei Drittel der Studierenden hatten in den<br />
letzten dreißig Tagen vor der Befragung Medikamente<br />
aus mindestens einer der Substanzgruppen<br />
eingenommen. Die Gesamtprävalenz<br />
ist weitgehend auf die Schmerzmitteleinnahme<br />
(66,7 %) zurückzuführen. Psychostimulanzien,<br />
die zur Leistungssteigerung eingesetzt werden<br />
können, wurden lediglich von 1,1 % der Befragten<br />
konsumiert. Die Hälfte der Befragten (50.3 %) gab<br />
an, Medikamente einzunehmen, weil sie es sich<br />
nicht leisten können, krank zu sein. Ein positives<br />
Screening-Ergebnis, im Sinne eines möglichen<br />
Medikamentenmissbrauchs, hatten 13,6 % der<br />
Studierenden. Ein häufiges Motiv Studierender <strong>für</strong><br />
eine Medikamenteneinnahme ist der Leistungserhalt.<br />
Die hohe Prävalenz des Schmerzmittelkonsums<br />
und die Hinweise auf möglichen Missbrauch,<br />
verdeutlichen die Relevanz des Themas.<br />
Bei der Planung von Interventionen – im Sinne der<br />
Verringerung gesundheitlich riskanten Verhaltens<br />
– sollte der Fokus auf den Schmerzmittelkonsum<br />
gerichtet werden.<br />
19. Stress und Burnout: Entwicklung und<br />
Einbindung von Präventionsmaßnahmen in<br />
das betriebliche Gesundheitsmanagement des<br />
Auswärtigen Amts<br />
Herbert Fliege (Auswärtiges Amt), Gregor Wittke,<br />
Antje Ducki, Maria Bellinger<br />
Fragestellung: Stressassoziierte Erkrankungen<br />
und Burnout stellen Betriebe vor zunehmende<br />
Herausforderungen. Der Auswärtige Dienst mit<br />
Rotationsprinzip und weltweiter Versetzung weist<br />
spezifische Stressoren und Ressourcen auf. Ziel<br />
des Projektes ist es, diese zu analysieren, darauf<br />
aufbauend Präventionsmaßnahmen zu entwickeln<br />
und im BGM-Prozess des AA zu implementieren.<br />
Methoden: In acht Workshops mit je acht-zehn<br />
Beschäftigten aller Laufbahnen, Altersgruppen und<br />
Arbeitsbereiche wurden Stressoren und Ressourcen<br />
qualitativ erhoben und systematisiert. Das<br />
Ergebnis wurde durch Abteilungsbeauftragte,<br />
Personalrat, Gleichstellungs- und Schwerbehindertenbeauftragte<br />
ergänzt. Darauf aufbauende Strategien<br />
der Stressreduktion und Ressourcenförderung<br />
wurden entwickelt und unter Beteiligung der Gremien<br />
in die bestehende verhaltens- und verhältnisbezogene<br />
Gesundheitsförderung integriert.<br />
Ergebnisse: Stressoren wurden <strong>für</strong> die Beschäftigung<br />
im Inland versus Ausland spezifiziert.<br />
Ressourcen bezogen sich auf die Aspekte Kultur<br />
des AA, Entwicklungsmöglichkeiten, Auslandsaufenthalte,<br />
Führung/Kommunikation, Fort-/Weiterbildung,<br />
soziales Umfeld, Sinn/Qualität der Arbeit<br />
und Sicherheit. Lösungsvorschläge wurden zur<br />
Organisationsentwickung, zur Personalentwicklung<br />
und zur Prävention und Gesundheitsförderung<br />
eingebracht. Die darauf aufbauende Entwicklung<br />
und Umsetzung umfasst ein breites Spektrum<br />
an Maßnahmen, z. B. Seminare zu Stress und<br />
Burnout, gesundheitsorientierte Führungskräftequalifizierung,<br />
systematische Kommunikation von<br />
Gesundheitsthemen, Ausschöpfung arbeitsorganisatorischer<br />
Möglichkeiten (z. B. flexible Arbeitszeiten,<br />
Heimarbeit), den Einsatz von Bewegungsmultiplikatoren<br />
und das Pilotprojekt „bewegte Pausen“.<br />
Schlussfolgerungen: Bedarfsanalyse und<br />
Maßnahmenentwicklung geben ein Beispiel <strong>für</strong><br />
die Einführung eines ganzheitlichen Gesundheitsmanagementansatzes.<br />
Für die Evaluation der<br />
Maßnahmen müssen Früh- und Spätindikatoren<br />
festgelegt und ihre Messung in den BGM-Prozess<br />
integriert werden.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer
114 Poster: Prävention, Rehabilitation und Gesundheitsförderung<br />
20. Körperunzufriedenheit und Waist-to-Height-<br />
Ratio bei Erst- und Zweitklässlern in Baden-<br />
Württemberg.<br />
Anja Schreiber (Universität Ulm), Susanne<br />
Brandstetter, Dorothea Kesztyüs, Benjamin Koch,<br />
Tamara Wirt, Rainer Muche, Tina Seufert, Jürgen<br />
M. Steinacker, die Studiengruppe „Gesundes<br />
Boot“<br />
Körperunzufriedenheit und vor allem der Wunsch,<br />
einen schlankeren Körper als den vorhandenen<br />
zu haben, tritt bereits vor der Pubertät auf und<br />
kann schon bei Kindern beobachtet werden. Das<br />
soziokulturelle Umfeld wird dabei als ein wichtiger<br />
Einfluss gesehen, so geben z. B. Spielzeugfiguren<br />
Ideale vor, die sich u. a. durch eine sehr schlanke<br />
Taille auszeichnen. Über die Bedeutung der eigenen<br />
Körperfettverteilung in Bezug auf den Wunsch,<br />
dünner zu sein, ist bei Kindern bisher jedoch wenig<br />
bekannt.<br />
Ziel der vorliegenden Studie war die Untersuchung<br />
von Körperunzufriedenheit und deren Zusammenhang<br />
mit Waist-to-Height-ratio (WHtR), einem Maß<br />
<strong>für</strong> die abdominelle Fettmasse, an einer großen<br />
Stichprobe von Kindern unter zehn Jahren. Im<br />
Rahmen der Evaluationsstudie <strong>zum</strong> Gesundheitsförderungsprojekt<br />
„Komm mit in das gesunde<br />
Boot − Grundschule“ wurden 1.874 Kinder (48,7 %<br />
Mädchen) der 1. und 2. Klasse (durchschnittlich<br />
7,07 ± 0,64 Jahre) aus ganz Baden-Württemberg<br />
mittels Figurenskala zu ihrem Körperbild befragt.<br />
Im Anschluss wurden Größe, Gewicht und Taillenumfang<br />
erhoben. Das WHtR wurde berechnet,<br />
dabei entspricht ein um eine Einheit erhöhtes<br />
WHtR einer Erhöhung des Taillenumfangs um 1 %<br />
der Körpergröße.<br />
Der Anteil übergewichtiger Kinder in dieser Stichprobe<br />
liegt bei 9,8 %. Immerhin 34,8 % der Kinder<br />
wären gerne schlanker, 49,3 % der Kinder wählten<br />
die gleiche Figur als aktuelle und Wunschfigur.<br />
Binär-logistische Regressionsanalysen zeigten<br />
sowohl bei den normalgewichtigen als auch bei<br />
den übergewichtigen Kindern mit steigendem<br />
WHtR eine erhöhte Wahrscheinlichkeit mit ihrem<br />
Körper unzufrieden zu sein (OR 1,150; CI 95 %<br />
[1,097; 1,206] bzw. OR 1,157; CI 95 % [1,069;<br />
1,252]). Ein erheblicher Anteil junger Grundschulkinder<br />
wünscht sich bereits einen dünneren Körper.<br />
Normal- und übergewichtige Kinder mit einem<br />
höheren Anteil abdomineller Fettmasse weisen<br />
dabei ein höheres Risiko auf dieser Gruppe zuzugehören.<br />
21. Gesundheitliches Wohlbefinden bei 11- bis<br />
15-jährigen Schülerinnen und Schülern: Erste<br />
Ergebnisse aus der Deutschen HBSC Studie<br />
2010<br />
Veronica Ottova (Universitätsklinikum Hamburg-<br />
Eppendorf), Ulrike Ravens-Sieberer & die Deutsche<br />
HBSC Gruppe<br />
Hintergrund: In den letzten Jahren ist mit dem<br />
Wandel im Morbiditätsspektrum die psychische<br />
Gesundheit zunehmend ins Zentrum des Interesses<br />
gerückt. Aktuelle Studien weisen auf die<br />
Bedeutung psychischer Probleme im Kindes- und<br />
Jugendalter hin.<br />
Methoden: Die Health Behaviour in School-aged<br />
Children (HBSC) Studie ist eine von der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) unterstützte Querschnittsstudie<br />
zur Kinder- und Jugendgesundheit,<br />
die alle vier Jahre in 43 Ländern durchgeführt wird.<br />
Die letzte Erhebung in Deutschland fand im Frühjahr<br />
2010 statt. Befragt wurden 11-, 13-, 15-Jährige<br />
mittels eines Fragebogens, der im Rahmen einer<br />
Schulstunde von den SchülerInnen ausgefüllt<br />
wurde. Die Stichprobenauswahl erfolgte basierend<br />
auf einer Zufallsauswahl von Schulklassen aus<br />
allen allgemeinbildenden Schulen der Klassen 5, 7,<br />
und 9. Die Ergebnisse zeigen die Prävalenzen <strong>für</strong><br />
die psychische Gesundheit differenziert nach Alter<br />
und Geschlecht.<br />
Ergebnisse: An der Befragung nahmen 16.900<br />
SchülerInnen teil (50,6 % Mädchen, 49,4 % Jungen).<br />
Die Mehrheit der SchülerInnen verfügt über<br />
eine ausgezeichnete bis gute Gesundheit (> 85%)<br />
sowie eine hohe Lebenszufriedenheit (> 82%).<br />
Jungen berichten eine etwas bessere Gesundheit<br />
(89,4 %) als Mädchen (85,9 %) (χ 2 (1) = 46,709;<br />
p < 0,001). Geschlechtsunterschiede zeigen sich<br />
auch bei der Lebenszufriedenheit, die von 86,8 %<br />
der Jungen im Vergleich zu 82,3 % der Mädchen<br />
als positiv beurteilt wird (χ 2 (1) = 64,763; p < 0,001).<br />
Mit zunehmenden Alter wird die subjektive<br />
Gesundheitseinschätzung negativer: während nur<br />
9,9 % der 11-Jährigen über eine negative Gesundheit<br />
berichten, sind es bei den 15-Jährigen bereits<br />
14,6 % (χ 2 (2) = 54,731; p < 0,001). Ähnliches Bild<br />
zeigt sich <strong>für</strong> die Lebenszufriedenheit.<br />
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse skizzieren<br />
ein überwiegend positives Bild, zeigen jedoch<br />
auch, dass wichtige Alters- und Geschlechtsspezifische<br />
Unterschiede bestehen, die auf die Notwendigkeit<br />
differenzierter Ansätze in der Gesundheitsförderung<br />
und Prävention hindeuten.<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer<br />
Zeit & Raum: 01.09.2011, 12:00-14:00 Uhr, Foyer
Poster: Prävention, Rehabilitation und Gesundheitsförderung 115<br />
22. Wie hoch ist der Preis der Gewichtsabnahme?<br />
Interdisziplinäre Evaluation<br />
chirurgischer Adipositastherapie<br />
Elisabeth Ardelt-Gattinger (Universität Salzburg),<br />
Markus Meindl, Susanne Ring-Dimitriou, Leonhard<br />
Thun-Hohenstein, Daniel Weghuber, Karl Miller<br />
Chirurgische Adipositastherapie erzielt – als einzige<br />
– die <strong>für</strong> die Vermeidung, Besserung oder Heilung<br />
von lebensgefährlichen Komorbiditäten nötige<br />
dauerhafte Gewichtsabnahme (Potenczna, Steffen<br />
& Horber, 2004). Über Veränderungen der psychologischen<br />
Ätiologie- und Risikofaktoren, weiß man<br />
aber bislang wenig.<br />
In der vorliegenden Studie wurde die Veränderung<br />
von psychischen Symptomen, die als Ätiologiefaktoren<br />
der Adipositas in Frage kommen bzw. stark<br />
belasten (Ardelt-Gattinger, Lechner & Lengenfelder,<br />
2003) an 60 PatientInnen prä (24m/36w, 18<br />
- 71, BMI M = 44, 95, SD = 6.91) und post (BMI<br />
M = 33.92, SD = 7.23) Bypass bzw. Magenband<br />
mit Hilfe des neuen Testsystems AD-EVA (Ardelt-<br />
Gattinger & Meindl, 2010) überprüft. Verwendung<br />
fanden u. a. die Subsk