Ausgabe 7 - Luke & Trooke

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Hypertrend Report Weltuntergangs brachte, was um der Schildkröte willen denn dann? [ 3. Der Popper: Nie ohne den Punker Wir sehen zweierlei: Auch nach seinem faktischen Abgang selbst aus dem eigenwilligen Kosmos der illustrierten Zeitschriften hat der Lackaffe, den wir hier Popper nennen, eine ganze Weile in den Geschichtsbüchern überleben können, weil er stets dem öffentlich doch noch sehr visiblen Punker gegenübergestellt und mit ihm in einem Atemzug genannt werden mußte. Ob man das Dialektik nennen möchte oder alte Weisheit des Ostens (Yin& Yang! ), oder vielleicht aber öffentlich-rechtliche Ausgewogenheit, tut dabei nichts zur Sache. Das ideologische Substrat des Poppers konnte zur gleichen Zeit bruchlos im Stahlbad des Geists der 80er verschmelzen und später solche Monstren wie Guido Westerwelle und Hugh-Elizabeth-Hurley-Grant gebären helfen. Die stabreim- und gebetsmühlenhaften Zwangs-Koexistenz von Popper und Punker erklärt dann auch (und zweitens) das ewige Rätsel, warum jeder, der von der Materie nicht den Hauch einer Spur von Bohne Ahnung hat, sich dergestalt als Ranschmeißer outen muß, daß er peinlicherweise just in dem Moment, wo er seine totale »Kenne« und »Checke« in Angelegenheiten jugendlicher Subkultur zur Schau stellen will (Abgebrühtheit, Neugier und Abenteuerlust inklusive), von »Punkern« zu reden beginnt, statt von Punks. Es spricht sich halt so leicht runter: Popp-er und Punk-er. Man müßte dann schon »der Pop« sagen, wenn man auf »der Punk« in ädäquater Eleganz reagieren wollte; das wiederum könnte zu Mißverständnissen führen. (Allerdings auch zu ungeahnten Einsichten, wenn man an den weiten Reigen von poppunkigen Harmoniebrett-Seimern denkt, der sich in den vergangenen Jahren von Bad Religion und NOFX bis zu Zahnspangen- und Bubblegum-Punks wie Green Day und Offspring geöffnet hat. ) die ihm unterstellte Oberfläche als eine Art Differenzmechanismus« - und schleimte sich mit seinem revolutionären Kulturverständnis querbeet durchs Gymnasium, konsumierte Produkte, die eben Produkte waren, weil sie Produkte waren und lachte die prolligen Hauptschüler aus, die bald in der Fabrik für ihn und seinesgleichen Produkte-sind- Produkte-sind-Produkte herstellen würden. Während er sich noch über deren billige, geschmacklose Klamotten echauffierte, übte er schonmal in der Schülerzeitung an Artikeln, die ihn später schnurstracks zu SPEX bringen würden, und ließ sich derweil von den Klängen Depeche Modes betören. Deren Geheimnis - von Thomas auf den Punkt gebracht: »Man kann nur sagen, daß ihre Fans immer Opfer einer Ausgrenzung durch die Kategorie der 'Intelligenz' waren. « Irgendsoetwas Wirrköpfiges wird es wohl sein, sonst stünde es ja nicht in SPEX. Bemerkenswert jedoch, mit welcher Chuzpe hier aus 4. Resümee: Jetzt geht's erst richtig los Einen neuen und theoretisch ambitionierten Zugang hat, just in dem Moment, in dem der Diskurs zu erstarren, wenn nicht zu verkrusten drohte, Tobias Thomas in der SPEX vom März '97 gewählt. Im Rahmen eines Artikels über den erstaunlichen Erfolg der Wiedergänger von »Depeche Mode« (die aus den Pfuhlen der Hölle ein neues Album mitbrachten, das die Welt in einer Mischung aus Abscheu und Faszination wie blöd zu kaufen scheint), schlägt er den Bogen in die Jetztzeit: »Seiner Rezeptionsgeschichte nach war der Popper ein früher Leidensgenosse des Ravers. « Leidende Popper und Raver? Jawohl: Der eine wie der andere sei »Opfer einer einsetzenden Vermassung seines Entwurfs« geworden, bevor er »seine durchaus heilbringenden Fähigkeiten in den Dienst einer Subkultur (und somit der Gesellschaft zur Verfügung) zu stellen« vermochte. Daß aus Thomas ein ungeniert affirmativer Funktionalismuspricht, der den Popper aus durchsichtigen Gründen zu vergötzen sucht - geschenkt. Man würde aber allzugerne wissen, was für ein Heil die Poppersau denn über die Gesellschaft hätte bringen können. »Ein Polo-Shirt der Firma Lacoste hatte für ihn die gleiche kulturelle Bedeutung wie eine neue Style-Council-Platte«, führt Thomas aus (für wen denn eigentlich nicht? ), um sich anschließend völlig zu verlaufen: »Und natürlich hatte er, wie viele mißverstandene Repräsentanten einer Subkultur, völlig recht mit dieser Haltung. Seine Zeit hatte ihm zur Genüge beigebracht, daß ein Produkt eben ein Produkt ist und alleine deshalb schon von hohem Interesse. Eher unbewußt nutzte der Popper 6 Luke 9 Trooke 2/91 Tätern wieder einmal Opfer gemacht werden. Wenn die Entwicklung propagandistisch schon soweit ist, kommt das bestimmt bald alles wieder: Kajagoogoo, Thompson Twins, Duran Duran (werden derzeit von mitteljungen Britpop-Bands bereits als majorinfluence gehandelt), wavige Horror-Frisuren mit großen, blondierten Stücken drin, die Miami-Vice- Farbkombination Rose-Pastellpfefferminzgrün und der ganze andere Scheiß. Ich sag da schon gar nichts mehr zu. Ich kann nicht mehr. Mir ist schlecht. Die künftige Popperforschung soll das bitte übernehmen. Sie könnte aus diesem Essay sooo viel Inspiration ziehen und das Schlimmste verhindern helfen. Warum tut sie das nicht? Warum? Hyper Nachtrag: Die Schildkröte läßt schön grüßen und bittet auszurichten, daß sie nichts gegen soziale Bewegungen habe, solange diese schön rhythmisch seien. Sie dankt außerdem, daß kein einziger Sir-Karl- Popper-Scherz im Text zu finden ist. Die Herrschaft über alle drei Welten, über die Physik, das Bewußtsein und die objektiven Gedankeninhalte wie auch Kunstwerke, verbleibt mithin bei - der Schildkrötel Es ist also noch Hoffnung. Mark-Stefan Tietze
LtiKE&TR00KE-AHNUCHKEITS- WETTBEWERB (2): ROBERT GERNHARDT ý ,, Der semiotische Wahnsinn findet kein Endel Überragende Zeichner und Cartoonisten von Weltniveau fügen in dieser Reihe dem Rummel um die Luke&Trooke-Wappentiere neue Interpretationen hinzu. Diese wollen allerdings auch erst einmal verstanden werden, d. h. dechiffriert, und das Resultat - eine infinite Kette von Interpretationen, ein regelrechter Rattenschwanz von Codes und Verweisen - ist genau so, wie wir uns die Hölle vorstellen. Hilft aber nichts, muß sein. Um so bezaubernder, daß diesmal Robert »Gott« Gernhardt, ein Mann unzähliger Verdienste, zum Zeichenstift gegriffen hat, um den beiden Sympathieträgern ein pralles erotisches Unterfutter auf den Leib zu schneidern. Was der Mann alles kann, übersteigt bei weitem jedwedes Begriffsvermögen. Man sieht's am Bilde. Doch wer vermag hinter die knisternde Oberfläche zu schauen? War's die Sinnlichkeit, die dem Totem-Tandem bislang »abging«? Hat es Bedeutung, daß die beiden regelrecht »im Saft« stehen? Bis weit »unter die Gürtellinie«? Und: Kann man »Schwanz« und »Pillermann« stets synonym benutzen? Leser! An's Werk! Wer überzeugend weiter- und reinterpretiert, kann ein Exemplar der L&T-Anthologie »Haarige Eisen« für sich gewinnen, oder (auf besonderen Wunsch) auch einen original Beate-Uhse-Muschikribbler. Einsender allerdings, die »schmutzig« daherreden, können auf nichts anderes hoffen als ein Stück Seife zum Mündchen-Auswaschen. So geht's nämlich nicht. Wir sind nicht »so welche«. 7 Luke 9 Trooke 2/91 2/97 Luke & Trooke 1
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