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In den klassischen Revolutionen der Verganftenheit fiel die Entscheidung<br />
im Barrikadenkampf. Durch den Sieg auf den Barrikaden entwaffnete<br />
die Revolution die Gewalten des allen Regimes und aus dem Sieg<br />
auf den Barrikaden ging ihre eigene bewaffnete Macht hervor. Was sich<br />
sonst im Barrikadenkampf vereinte, zerlegt sich in der deutschösterreichischen<br />
Revolution in zwei Akte. Die Entwaffnung des alten Regimes<br />
ward durch die Selbstauflösung der kaiserlichen Armee vollzogen. Die<br />
bewaffnete Macht des neuen Regimes entstand in der Volkswehr. Der<br />
Übergang der Waffengewalt aus den Händen des alten in die des neuen<br />
Regimes, der in anderen Revolutionen nur im blutigen Bürgerkrieg erfolgen<br />
konnte, konnte hier nach der Selbstauflösung der alten Armee ohne<br />
blutigen Kampf, als bloße organisatorische Leistung durch die Aufstellung<br />
der Volkswehr vollendet werden. Daß diese Leistung der Romantik der<br />
Barrikadenschlacht entbehrt, darf nicht darüber täuschen, daß ihre geschichtliche<br />
Wirkung dieselbe war, die in anderen Revolutionen nur auf<br />
den Barrikaden erkämpft werden konnte. An die Stelle der kaiserlichen<br />
Armee war die republikanische Volkswehr getreten; und diese republikanische<br />
Wehr war ein proletarisches, ein von sozialistischem Geist erfülltes<br />
Heer. Die tatsächliche Verfügung über die Waffengewalt war nicht<br />
nur vom Kaiser auf das Volk, sie war zugleich innerhalb des Volkes von<br />
den besitzenden Klassen auf das Proletariat übergegangen.<br />
Diese Revolution in den Kasernen entfesselte sofort die Revolution in<br />
den Fabriken. Während des Krieges hatte das industrielle Unternehmertum<br />
die Arbeiter unter dem unmittelbaren Schutz der Militärgewalt beherrscht:<br />
militärische Betriebsleiter kommandierten in den Fabriken und Militärwachen<br />
hielten die Arbeiterschaft in Zucht. Jetzt brach mit der Militärgewalt<br />
die ganze Autorität des Unternehmertums und seiner Organe zusammen.<br />
Das Selbstbewußtsein, das Machtbewußtsein der Arbeiter erstarkte<br />
gewaltig. Die drohende Gärung in den. Arbeiterbezirken schüchterte die<br />
bürgerlichen Parteien ein und unterwarf sie dem Willen der Sozialdemokratie.<br />
So ging die Revolution ihren Gang weiter.<br />
Deutschösterreich hatte sich am 30. Oktober schon eine talsächlich<br />
republikanische Verfassung gegeben; aber in Wien saß noch der Kaiser,<br />
ohne auf den Thron zu verzichten. Die vom Staatsrat ernannten Staatssekretäre<br />
hatten in den ersten Novembertagen die Zweige der k. k. Ministerien,<br />
die deutschösterreichisches Gebiet zu verwalten hatten, übernommen.<br />
Aber daneben bestanden als „liquidierende Ministerien" immer<br />
noch die Departements fort, die Einrichtungen und Vermögenschaften des<br />
alten Reiches verwalteten, deren sich zu bemächtigen die deutschösterreichische<br />
Regierung nicht gewagt hatte, weil sie noch als gemeinsamer<br />
Besitz aller Nachfolgestaaten des Reiches angesehen wurden. So waren<br />
denn diese„liquidierenden Ministerien" vorläufig noch in der Verwaltung<br />
der Regierung Lammasch geblieben. In allen Zentralstellen saßen noch<br />
der vom Staatsrat ernannte deulschösterreichische Staatssekretär und der<br />
vom Kaiser ernannte österreichische Minister nebeneinander. Dieser Dualismus<br />
republik;.nischer und monarchischer Verwaltung auf demselben<br />
Boden war unhaltbar. Er wurde unerträglich, als endlich auch im<br />
Deutschen Reich das Kaisertum zusammenbrach. Als am 9. November<br />
Deutschland zur Republik wurde, drängte 'dife republikanische Bewegung<br />
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