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Streitig ist, inwieweit nach der Veräußerung einer Immobilie ...

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Gericht:<br />

Entscheidungsform:<br />

FG Baden-<br />

Württemberg<br />

Urteil<br />

Paragraphenkette:<br />

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 , EStG § 21 Abs. 1<br />

S. 1 Nr. 1 , EStG § 24 Nr. 2<br />

Datum: 01.07.2010<br />

Vorinstanz(en):<br />

Kurzleitsatz:<br />

Nach <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong> <strong>einer</strong> <strong>Immobilie</strong> gezahlte Schuldzinsen sind keine <strong>nach</strong>träglichen<br />

Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung<br />

Redaktioneller Leitsatz:<br />

1. Schuldzinsen für ein Darlehen, mit dem <strong>der</strong> Erwerb <strong>einer</strong> vermieteten <strong>Immobilie</strong><br />

finanziert wurde, sind für die Zeit <strong>nach</strong> <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong> <strong>der</strong> <strong>Immobilie</strong> keine <strong>nach</strong>träglichen<br />

Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn <strong>der</strong><br />

<strong>Veräußerung</strong>spreis nicht zur vollständigen Tilgung des aufgenommenen Darlehens ausreicht.<br />

2. Ein zunächst begründeter wirtschaftlicher Zusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und<br />

Verpachtung endet, sobald ein mit Kredit angeschafftes Grundstück o<strong>der</strong> hergestelltes Gebäude<br />

nicht mehr zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestimmt <strong>ist</strong>.<br />

3. Die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung <strong>nach</strong>träglicher Schuldzinsen bei den<br />

Gewinneinkünften <strong>einer</strong>seits und den Überschusseinkünften an<strong>der</strong>erseits beruht auf dem<br />

Dualismus <strong>der</strong> Einkünfteermittlung. Nach <strong>der</strong> Rechtspr. des Bundesverfassungsgerichts<br />

begegnet <strong>der</strong> Einkünftedualismus keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.<br />

4. Die Vorschrift des § 24 Nr. 2 EStG setzt voraus, dass Aufwendungen ihrem Wesen <strong>nach</strong><br />

weiterhin Werbungskosten sind, <strong>der</strong> Zusammenhang mit <strong>der</strong> früheren Einkunftsquelle nicht gelöst<br />

worden <strong>ist</strong>. Dies <strong>ist</strong> nicht <strong>der</strong> Fall, wenn die Einkunftsquelle veräußert worden <strong>ist</strong>.<br />

Tatbestand:<br />

<strong>Streitig</strong> <strong>ist</strong>, <strong>inwieweit</strong> <strong>nach</strong> <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong> <strong>einer</strong> <strong>Immobilie</strong> gezahlte Schuldzinsen als<br />

<strong>nach</strong>trägliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung<br />

zu berücksichtigen sind.<br />

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2004 zusammen zur<br />

Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom xx.xx.1994<br />

das Anwesen X-Straße xx in ... X, um damit Vermietungseinkünfte zu erzielen.<br />

Die Anschaffungskosten betrugen x.xxx.xxx,xx EUR. Davon finanzierte <strong>der</strong> Kläger<br />

x.xxx.xxx,xx EUR durch Darlehen <strong>der</strong> Bank X. Der Kläger veräußerte das<br />

Vermietungsobjekt mit Kaufvertrag vom xx.xx. 2001 zum xx.xx. 2001. Dabei erzielte<br />

er einen <strong>Veräußerung</strong>serlös in Höhe von x.xxx.xxx,xx EUR. Unter Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong>skosten ergab sich ein Verlust in Höhe von xxx.xxx,xx EUR. Der<br />

© Eine Gerichtsentscheidung aus <strong>der</strong> Entscheidungsdatenbank des Richard Boorberg Verlags<br />

GmbH & Co KG, Stuttgart<br />

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<strong>Veräußerung</strong>serlös reichte nicht zur Schuldentilgung aus. Das zum Erwerb <strong>der</strong><br />

<strong>Immobilie</strong> bei <strong>der</strong> Bank X aufgenommene Darlehen Nr. ... valutierte <strong>nach</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Veräußerung</strong> im Jahr 2001 noch mit ... EUR. Für das verbleibende Darlehen wandte<br />

<strong>der</strong> Kläger im Streitjahr Schuldzinsen in Höhe von xx.xxx,xx EUR auf, die er in <strong>der</strong><br />

Steuererklärung als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften geltend machte.<br />

Der Beklagte veranlagte die Kläger jedoch ohne Ansatz des Vermietungsverlusts.<br />

Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 27. März 2006 legten die Kläger Einspruch<br />

ein, mit dem sie weiterhin die Berücksichtigung <strong>der</strong> erklärten Schuldzinsen begehrten.<br />

Mit Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2007 wies <strong>der</strong> Beklagte den Einspruch <strong>der</strong><br />

Kläger als unbegründet zurück. Die Kläger haben daraufhin am 13. Juni 2007 Klage<br />

erhoben.<br />

Mit ihrer Klage tragen die Kläger vor, die im Streitjahr angefallenen Schuldzinsen seien<br />

gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1, § 21 Abs. 1, § 24 Nr. 2 EStG als <strong>nach</strong>trägliche<br />

Werbungskosten zu berücksichtigen. Nach § 24 Nr. 2 EStG gehörten zu den Einkünften<br />

im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG auch Einkünfte aus einem früheren Rechtsverhältnis<br />

im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 bis 7 EStG. Die Tatbestandsvoraussetzungen<br />

des § 24 Nr. 2 EStG seien hinsichtlich <strong>der</strong> streitigen Schuldzinsen dem Wortlaut<br />

<strong>nach</strong> erfüllt. Es handele sich um Einkünfte, die auf früheren Rechtsverhältnissen<br />

in Form von Mietverträgen beruhten. Dagegen stellten <strong>nach</strong> <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />

des Bundesfinanzhofs (BFH) Schuldzinsen, die auf die Zeit <strong>nach</strong> Aufgabe <strong>der</strong><br />

Vermietungstätigkeit entfielen, keine <strong>nach</strong>träglichen Einkünfte aus Vermietung und<br />

Verpachtung dar, da es sich um eine Gegenle<strong>ist</strong>ung für die Überlassung von Kapital<br />

handele, das aufgrund eines nicht steuerbaren Verlusts im privaten Bereich nicht mehr<br />

<strong>der</strong> Erzielung von Einkünften diene (BFH, Urteil vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82,<br />

BStBl II 1983, 373). Einen Veranlassungszusammenhang und damit <strong>nach</strong>trägliche<br />

Werbungskosten erkenne <strong>der</strong> BFH nur dann an, wenn mit einem Kredit Aufwendungen<br />

finanziert worden seien, die während <strong>der</strong> (Vermietungs-)Tätigkeit als sofort abziehbare<br />

Werbungskosten zu beurteilen gewesen seien (BFH, Urteil vom 16. September 1999<br />

IX R 42/97, BStBl II 2001, 528). Nach <strong>der</strong> Auslegung des BFH sei § 24 Nr. 2 EStG daher<br />

wie folgt zu ergänzen: "Aufwendungen bei den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz<br />

1 Nr. 5 bis 7 EStG, die <strong>nach</strong> Beendigung <strong>der</strong> Tätigkeit entstehen, stellen grundsätzlich<br />

keine Werbungskosten dar."<br />

Die Auslegung und Anwendung des § 24 Nr. 2 EStG durch den BFH respektiere<br />

nicht die in dieser Norm enthaltene gesetzgeberische Grundentscheidung und verletze<br />

Art. 20 des Grundgesetzes (GG). In s<strong>einer</strong> Auslegung komme - entgegen dem<br />

ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes - ein <strong>nach</strong>träglicher Werbungskostenabzug<br />

nur dann zur Anwendung, wenn die Aufwendung während <strong>der</strong> Ausübung <strong>der</strong><br />

Tätigkeit entstanden sei. Die Anordnung des Gesetzgebers, <strong>nach</strong>trägliche Einkünfte<br />

auch bei den Überschusseinkünften zu berücksichtigen, werde damit unterlaufen.<br />

Diese Auslegung finde auch in <strong>der</strong> Gesetzesbegründung keine Grundlage. Die<br />

Gesetzesbegründung zu § 24 Nr. 2 EStG, <strong>der</strong> ursprünglich in § 44 EStG 1925<br />

geregelt gewesen sei, laute: "Bei den in § 44 Nr. 2 genannten Einnahmen, die dem<br />

Steuerpflichtigen o<strong>der</strong> seinem Rechts<strong>nach</strong>folger aus <strong>einer</strong> ehemaligen Tätigkeit o<strong>der</strong><br />

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aus einem erloschenen Rechtsverhältnis zufließen, <strong>ist</strong> insbeson<strong>der</strong>e an die Fälle<br />

gedacht, in denen <strong>nach</strong> Aufgabe eines Gewerbebetriebs noch Einzelfor<strong>der</strong>ungen aus<br />

diesem Gewerbebetrieb durch <strong>nach</strong>trägliche Zahlungen gedeckt werden, ferner an<br />

Fälle, in denen <strong>nach</strong> Aufgabe <strong>der</strong> Praxis einem Arzt o<strong>der</strong> einem Rechtsanwalt o<strong>der</strong><br />

seinen Erben Honorare gezahlt werden, endlich an Fälle, in denen Kapital- o<strong>der</strong><br />

Mietzinsen <strong>nach</strong>träglich entrichtet werden, wenn <strong>der</strong> Steuerpflichtige nicht mehr im<br />

Besitz des Kapitalvermögens o<strong>der</strong> des Mietshauses <strong>ist</strong>" (Drucksache 795 vom 23. April<br />

1925 S. 16 zu § 44 Nr. 2 EStG).<br />

Der Gesetzgeber habe die Sachverhalte <strong>der</strong> Betriebsaufgabe, <strong>der</strong> Aufgabe des<br />

Kapitalvermögens und <strong>der</strong> Abgabe eines Mietshauses als gleichwertig angesehen.<br />

Sachverhalte, in denen das Kapitalvermögen und das Mietshaus nicht mehr im<br />

Eigentum des Steuerpflichtigen stünden, seien ausdrücklich einbezogen worden.<br />

Zwar nehme die Gesetzesbegründung nur auf Einnahmen Bezug, die Verwendung<br />

des Begriffs Einkünfte im Gesetzestext zeige jedoch den Willen des Gesetzgebers,<br />

<strong>nach</strong>träglich entstehende Aufwendungen ebenso zu berücksichtigen wie Einnahmen.<br />

Aus <strong>der</strong> Gesetzesbegründung ergebe sich keine Herausnahme <strong>der</strong> Einkünfte<br />

aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung vom <strong>nach</strong>träglichen<br />

Werbungskostenabzug.<br />

Der BFH führe rechtssystematische Gründe für den restriktiven Abzug <strong>nach</strong>träglich<br />

entstehen<strong>der</strong> Aufwendungen an. So seien <strong>nach</strong>trägliche Werbungskosten bei den<br />

Einkünften aus Kapitalvermögen aus rechtssystematischen Gründen ausgeschlossen,<br />

soweit sie nicht auf die Zeit vor <strong>Veräußerung</strong> o<strong>der</strong> Auflösung entfielen (BFH, Urteil<br />

vom 27. März 2007 VIII R 64/05 BStBl II 2007, 639). Bei den Gewinneinkunftsarten<br />

könne eine Verbindlichkeit auch <strong>nach</strong> <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong> o<strong>der</strong> Aufgabe eines<br />

Betriebs noch dem Betriebsvermögen zuzuordnen sein. Hieraus ergebe sich die<br />

Abziehbarkeit <strong>nach</strong>träglicher Schuldzinsen als Betriebsausgaben. Diese Grundsätze<br />

wende <strong>der</strong> BFH selbst <strong>nach</strong> Übergang eines Betriebs zur Liebhaberei an, obwohl<br />

die zuvor betrieblich eingesetzten Vermögensgegenstände dann dem Privatvermögen<br />

zuzuordnen seien (BFH, Urteil vom 15. Mai 2002 X R 3/99, BStBl II 2007, 639).<br />

Bei den Überschusseinkünften hingegen komme <strong>nach</strong> s<strong>einer</strong> Rechtsauffassung<br />

eine solche Zuordnung nicht in Betracht. Die Einschränkung des <strong>nach</strong>träglichen<br />

Werbungskostenabzugs sei durch die unterschiedliche Ermittlung <strong>der</strong> Einkünfte<br />

aus Gewerbebetrieb und <strong>der</strong> Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geboten.<br />

Schuldzinsen seien Betriebsausgaben, wenn sie für eine Schuld zu zahlen seien,<br />

die (negatives) Betriebsvermögen sei. Bei den Überschusseinkünften gebe es<br />

kein Betriebsvermögen; die den Schuldzinsen zugrunde liegende Schuld sei keine<br />

Betriebsschuld. Daher gehe <strong>der</strong> wirtschaftliche Zusammenhang mit <strong>der</strong> Einkunftsart<br />

Vermietung und Verpachtung <strong>nach</strong> Beendigung <strong>der</strong> Vermietungstätigkeit verloren.<br />

Die vom BFH angeführten rechtssystematischen Gründe für die unterschiedliche<br />

Behandlung von Überschuss- und Gewinneinkünften beruhten damit auf <strong>der</strong><br />

Überlegung, dass <strong>nach</strong> <strong>der</strong> Aufgabe o<strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong> eines Betriebs verbleibende<br />

Schulden notwendiges - negatives - Betriebsvermögen eines nicht mehr ex<strong>ist</strong>ierenden<br />

Betriebs darstellten, obwohl auch gegen diese Fiktion eingewandt werden könne,<br />

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dass <strong>nach</strong> Aufgabe o<strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong> des Betriebs die betriebliche Veranlassung<br />

für die Verbindlichkeit entfallen sei. Gegen die Annahme eines <strong>nach</strong> Betriebsaufgabe<br />

verbleibenden negativen Betriebsvermögens spreche auch <strong>der</strong> Wortlaut des § 16<br />

Abs. 3 Satz 7 EStG, wo<strong>nach</strong> Wirtschaftsgüter, die bei <strong>der</strong> Betriebsveräußerung nicht<br />

veräußert würden, mit dem gemeinen Wert im Zeitpunkt <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong> anzusetzen<br />

seien. Was nur bedeuten könne, dass diese Wirtschaftsgüter, zu denen auch Schulden<br />

gerechnet werden müssten, mit <strong>der</strong> Betriebsaufgabe o<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong> ihre<br />

Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen verlören und in das Privatvermögen überführt<br />

würden.<br />

Die Auslegung des § 24 Nr. 2 EStG durch den BFH basiere damit nicht auf <strong>der</strong><br />

Systematik des Gesetzes. Sie werde auch nicht durch den Einkünftedualismus<br />

gerechtfertigt, da das Prinzip des Veranlassungszusammenhangs sowohl für<br />

Betriebsausgaben als auch für Überschusseinkünfte gelte. Die Rechtsprechung<br />

zu § 24 Nr. 2 EStG sei mit <strong>der</strong> Rechtsprechung zur Gleichstellung <strong>der</strong> Begriffe<br />

Betriebsausgaben und Werbungskosten hinsichtlich des Veranlassungsprinzips nicht<br />

vereinbar. Zudem finde die Auslegung des BFH im Wortlaut des § 24 Nr. 2 EStG<br />

keine Grundlage, da das Gesetz auf Einkünfte aus <strong>einer</strong> ehemaligen Tätigkeit abstelle,<br />

durch die <strong>nach</strong>trägliche Ausgaben wirtschaftlich verursacht würden und nicht auf das<br />

Vorhandensein von (Rest-)Betriebsvermögen.<br />

Im Urteil vom 27. März 2007 (VIII R 64/05) habe <strong>der</strong> BFH erstmals angedeutet,<br />

seine Rechtsprechung zum Werbungskostenabzug <strong>nach</strong> <strong>der</strong> Absenkung <strong>der</strong><br />

Beteiligungsgrenze durch das StEntlG 1999/2000/2002 und das StSenkG 2000 auf<br />

10% bzw. 1% än<strong>der</strong>n zu wollen. Dies sei nur sinnvoll, wenn <strong>der</strong> BFH zumindest in<br />

Betracht ziehe, seine rechtssystematischen Einwände aufzugeben. Denn auch <strong>nach</strong><br />

Herabsenken <strong>der</strong> Beteiligungsgrenze gebe es bei den Einkünften aus Kapitalvermögen<br />

kein verbleibendes negatives Betriebsvermögen, das <strong>nach</strong> <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong> <strong>der</strong><br />

Beteiligung einen Veranlassungszusammenhang herstellen könnte.<br />

Weiterhin hätte die Rechtsprechung des BFH auch eine Ungleichbehandlung<br />

<strong>nach</strong>träglich entstandener Aufwendungen bei den Überschusseinkünften zur Folge, da<br />

§ 24 Nr. 2 EStG für die einzelnen Überschusseinkünfte nicht einheitlich angewandt<br />

werde. Übernehme ein Arbeitnehmer für den Arbeitgeber eine Bürgschaft, um sein<br />

Arbeitsverhältnis zu erhalten, und werde er später aus <strong>der</strong> Bürgschaft in Anspruch<br />

genommen, seien die Aufwendungen <strong>nach</strong> <strong>der</strong> finanzgerichtlichen Rechtsprechung<br />

auch dann Werbungskosten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr bestehe (FG<br />

Berlin, Urteil vom 31. März 1978 III R 72/77, EFG 1979, 172). Nach den<br />

Rechtsprechungsgrundsätzen des BFH müsste das Darlehen aber einen Verlust<br />

im Privatvermögen darstellen. Nach dem Hessischen Finanzgericht (Urteil vom 1.<br />

Oktober 1996 3 K 2810/94, EFG 1997, 401) stehe es dem Werbungskostenabzug<br />

nicht entgegen, dass <strong>der</strong> Steuerpflichtige seinen Arbeitsplatz im Zeitpunkt <strong>der</strong><br />

Bürgschaftsinanspruchnahme bereits verloren habe. Das Hessische FG verweise<br />

auch darauf, dass die Rechtsprechung des BFH zum eingeschränkten Abzug<br />

<strong>nach</strong>träglicher Aufwendungen nicht auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu<br />

übertragen sei. Diese seien nämlich auch dadurch gekennzeichnet, dass ein Einsatz<br />

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von Kapital im Grundsatz nicht erfor<strong>der</strong>lich sei. Demgegenüber seien Einnahmen<br />

aus Kapitalvermögen o<strong>der</strong> aus Vermietung und Verpachtung ohne den Einsatz<br />

entsprechenden Kapitals undenkbar. Nach dieser Rechtsprechung des Hessischen<br />

FG sei <strong>der</strong> Abzug <strong>nach</strong>träglich entstehen<strong>der</strong> Werbungskosten bei den Einkünften<br />

aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung daher nicht zulässig, weil für<br />

<strong>der</strong>en Erzielung <strong>der</strong> Einsatz von Kapital erfor<strong>der</strong>lich sei. Diese Feststellung entbehre<br />

aber je<strong>der</strong> gesetzlichen Grundlage. Während <strong>nach</strong> dieser Rechtsprechung bei<br />

einem Arbeitnehmer allein <strong>der</strong> bei Abgabe des Bürgschaftsversprechens vorhandene<br />

Veranlassungszusammenhang durch den Beruf maßgeblich sei, solle es bei einem<br />

Vermieter nicht darauf ankommen, dass <strong>der</strong> Abschluss eines Darlehensvertrags allein<br />

durch die Vermietung veranlasst gewesen sei.<br />

Nach <strong>der</strong> Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - müsse die<br />

steuerliche Bemessungsgrundlage im Hinblick auf Erwerbseinnahmen und -ausgaben<br />

den wirtschaftlichen Vorgang folgerichtig abbilden (BVerfG, Beschluss vom 11.<br />

November 1998 2 BvL 10/95, BVerfGE 99, 280). Ausnahmen hiervon bedürften eines<br />

sachlichen Grundes. Dies habe <strong>der</strong> BFH nicht berücksichtigt. Bei den Einkünften aus<br />

Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen seien die wirtschaftlichen<br />

Vorgänge bei <strong>nach</strong>träglich entstehenden durch die Einkünfteerzielung veranlassten<br />

Aufwendungen nicht folgerichtig abgebildet, wenn ihnen <strong>der</strong> Werbungskostenabzug<br />

verwehrt werde. Die Schlechterstellung gegenüber an<strong>der</strong>en Einkunftsarten werde<br />

willkürlich begründet, wenn <strong>der</strong> Einsatz von Wirtschaftsgütern o<strong>der</strong> die Erfor<strong>der</strong>lichkeit<br />

eines Kapitaleinsatzes schädlich für den Werbungskostenabzug sei, o<strong>der</strong> auf fiktives<br />

Restbetriebsvermögen als Voraussetzung für den Werbungskostenabzug abgestellt<br />

werde. Die Anwendung und Auslegung des § 24 Nr. 2 EStG durch den BFH verletze<br />

daher Art. 3 Abs. 1 GG.<br />

Ferner durchbreche <strong>der</strong> BFH die von ihm selbst aufgestellten Grundsätze in<br />

Einzelfällen. Er lasse etwa den Abzug <strong>nach</strong>träglich entstandener Schuldzinsen zu,<br />

sofern mit dem Kredit Aufwendungen finanziert worden seien, die während <strong>der</strong><br />

Vermietungstätigkeit als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen gewesen<br />

seien. In diesen Fällen komme es nicht auf den sonst allgemein gültigen Grundsatz an,<br />

ob ein bei <strong>einer</strong> <strong>Veräußerung</strong> des Objekts erzielter Erlös zur Tilgung des Darlehens<br />

ausgereicht hätte. Die vom BFH vorgesehenen Ausnahmen und Differenzierungen<br />

hätten im Gesetz keine Grundlage und verstießen gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.<br />

Die Kläger beantragen,<br />

den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 17. Juli 2009 zu än<strong>der</strong>n und die<br />

Einkommensteuer <strong>der</strong> Kläger für 2004 unter Berücksichtigung des erklärten Verlusts<br />

aus Vermietung und Verpachtung festzusetzen,<br />

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu<br />

erklären,<br />

hilfsweise, die Revision zuzulassen.<br />

Der Beklagte beantragt,<br />

die Klage abzuweisen.<br />

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Er trägt vor, Aufwendungen für die Anschaffung o<strong>der</strong> Herstellung des<br />

Vermögensstamms o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Einkunftsquelle seien bei den Überschusseinkünften<br />

grundsätzlich nicht abziehbar. Eine Ausnahme bestehe lediglich hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Verteilung <strong>der</strong> Kosten, die auf den Erwerb o<strong>der</strong> die Herstellung <strong>der</strong> Einkunftsquelle<br />

aufgewendet worden seien, soweit es sich um ein Wirtschaftsgut handele, das<br />

dem Wertverzehr unterliege (vgl. § 7 ff. EStG). Ferner bei den Schuldzinsen<br />

auf Anschaffungs- o<strong>der</strong> Herstellungsfinanzierungsdarlehen. Beide Arten von<br />

Aufwendungen könnten grundsätzlich nur während <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> Einkunftserzielung<br />

steuermin<strong>der</strong>nd abgezogen werden. Als Werbungskosten seien <strong>nach</strong> § 9 EStG nämlich<br />

nur diejenigen Aufwendungen abziehbar, die <strong>der</strong> Erwerbung, Sicherung und Erhaltung<br />

<strong>der</strong> Einnahmen dienten. Falle die Einkunftsquelle weg, könnten da<strong>nach</strong> entstehende<br />

Aufwendungen nicht mehr diesen Zwecken dienen.<br />

An<strong>der</strong>s als bei den Gewinneinkünften sei die Einkunftsquelle bei den<br />

Überschusseinkünften nicht steuerverstrickt. Scheide bei den Gewinneinkünften eine<br />

Betriebsgrundlage aus dem Betriebsvermögen aus, dann unterlägen <strong>der</strong> Entnahmeo<strong>der</strong><br />

<strong>Veräußerung</strong>svorgang grundsätzlich <strong>der</strong> Ertragsbesteuerung. Ein daraus erzielter<br />

Verlust könne mit positiven Einkünften verrechnet werden. Nachträgliche Schuldzinsen<br />

auf die Anschaffungs- o<strong>der</strong> Herstellungsfinanzierung blieben <strong>nach</strong> § 24 EStG als<br />

<strong>nach</strong>trägliche Betriebsausgaben abziehbar, soweit die Restschulden nicht aus dem<br />

<strong>Veräußerung</strong>serlös getilgt werden könnten. Diese Restschulden blieben weiterhin<br />

betrieblich veranlasst. Das gelte auch beim Übergang eines Betriebs zur Liebhaberei.<br />

An<strong>der</strong>s als die Kläger dies darstellten, habe <strong>der</strong> BFH in <strong>der</strong> von ihnen zitierten<br />

Rechtsprechung nicht festgestellt, dass die Vermögensgegenstände mit Übergang<br />

zur Liebhaberei dem Privatvermögen zuzuordnen seien. Vielmehr werde das<br />

Betriebsvermögen beim Übergang nicht zwingend förmlich in den Privatbereich<br />

entnommen, son<strong>der</strong>n bleibe solange steuerverhaftet, bis <strong>der</strong> Steuerpflichtige die<br />

Betriebsaufgabe erkläre.<br />

Werde dagegen bei den Überschusseinkünften ein bislang <strong>der</strong> Einkunftserzielung<br />

dienendes Wirtschaftsgut entwidmet, so unterliege dieser Vorgang - abgesehen<br />

von den <strong>Veräußerung</strong>sgeschäften <strong>nach</strong> § 23 EStG - nicht <strong>der</strong> Ertragsbesteuerung.<br />

Ein aus <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong> eines solchen Wirtschaftsguts erzielter Überschuss sei<br />

grundsätzlich nicht einkommensteuerbar, weil er von k<strong>einer</strong> Vorschrift des EStG erfasst<br />

werde. Dies gelte auch für einen <strong>Veräußerung</strong>sverlust. Ein dem Betriebsvermögen<br />

bei den Gewinneinkünften vergleichbares Einkunftserzielungsvermögen bei den<br />

Überschusseinkünften kenne das Einkommensteuerrecht nicht.<br />

Die <strong>nach</strong> <strong>einer</strong> <strong>Veräußerung</strong> <strong>der</strong> Einkunftsquelle mit Verlust weiterhin anfallenden<br />

Schuldzinsen auf die ursprüngliche Anschaffungsfinanzierung <strong>der</strong> Einkunftsquelle<br />

seien deshalb im Bereich <strong>der</strong> Überschusseinkünfte nicht mehr abziehbar. Dies<br />

gelte unabhängig davon, ob <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong>serlös zur Ablösung <strong>der</strong> restlichen<br />

Darlehensschulden ausgereicht hätte.<br />

Wegen des übrigen Vorbringens <strong>der</strong> Beteiligten und <strong>der</strong> weiteren Einzelheiten<br />

des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt <strong>der</strong><br />

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eigezogenen Akten des Beklagten (ein Heft Einkommensteuerakte inklusive<br />

Rechtsbehelfsverfahren) Bezug genommen.<br />

Entscheidungsgründe:<br />

Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung, weil die Beteiligten hierauf<br />

übereinstimmend verzichtet haben (§ 90 Abs. 2 <strong>der</strong> Finanzgerichtsordnung - FGO -).<br />

Die Klage <strong>ist</strong> zulässig, aber unbegründet.<br />

Der Einkommensteuerbescheid vom 17. Juli 2009 <strong>ist</strong> rechtmäßig und verletzt die<br />

Kläger nicht in ihren Rechten.<br />

Der Beklagte hat die auf die Zeiträume <strong>nach</strong> <strong>Veräußerung</strong> <strong>der</strong> <strong>Immobilie</strong> entfallenden<br />

Schuldzinsen zu Recht nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung<br />

und Verpachtung anerkannt.<br />

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur<br />

Erwerbung, Sicherung und Erhaltung <strong>der</strong> Einnahmen. Das gilt <strong>nach</strong> § 9 Abs. 1<br />

Satz 3 Nr. 1 EStG auch für Schuldzinsen, soweit sie mit <strong>einer</strong> Einkunftsart in<br />

wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang<br />

von Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung <strong>ist</strong> immer dann<br />

zu bejahen, wenn sie objektiv mit angestrebten o<strong>der</strong> zufließenden Einnahmen aus<br />

Vermietung und Verpachtung zusammenhängen und subjektiv zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Nutzungsüberlassung aufgewendet werden (vgl. etwa BFH, Urteil vom 20. Februar<br />

1990 IX R 13/87, BStBl II 1990, 775; Urteil vom 21. Juni 1994 IX R 62/91, BFH/NV 1995,<br />

108). Unter diesen Voraussetzungen sind auch <strong>nach</strong>trägliche Werbungskosten bei <strong>der</strong><br />

Ermittlung <strong>der</strong> Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abziehbar, sofern sie noch<br />

in wirtschaftlichem Zusammenhang mit <strong>der</strong> - inzwischen aufgegebenen - Erzielung<br />

<strong>der</strong>artiger Einkünfte stehen.<br />

Schuldzinsen, die auf die Zeit <strong>nach</strong> Aufgabe <strong>der</strong> Vermietungsabsicht o<strong>der</strong> -tätigkeit<br />

entfallen, sind <strong>nach</strong> ständiger Rechtsprechung des BFH keine <strong>nach</strong>träglichen<br />

Werbungskosten bei <strong>der</strong> Einkunftsart Vermietung und Verpachtung (BFH-Urteile vom<br />

12. November 1991 IX R 15/90, BStBl II 1992, 289; vom 25. April 1995 IX R 114/92,<br />

BFH/NV 1995, 966; vom 16. September 1999 IX R 42/97, BStBl II 2001, 528; BFH,<br />

Beschluss vom 28. Juli 2009 IX B 37/09, veröffentlicht in Juris). Sie stehen nicht mehr<br />

mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz<br />

3 Nr. 1 EStG. Reicht <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong>serlös nicht zur Tilgung des zur Finanzierung<br />

<strong>der</strong> Anschaffungs- und Herstellungskosten aufgenommenen Kredits aus, sind die vom<br />

Steuerpflichtigen zu zahlenden Zinsen Gegenle<strong>ist</strong>ung für die Überlassung von Kapital,<br />

das aufgrund eines nicht steuerbaren Verlustes im privaten Vermögensbereich nicht<br />

mehr <strong>der</strong> Erzielung von Einkünften dient (BFH, Urteil vom 25. April 1995 IX R 114/92,<br />

BFH/NV 1995, 966).<br />

Der BFH hat in s<strong>einer</strong> Rechtsprechung allgemein einen wirtschaftlichen<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> früheren Einkunftserzielung für Schuldzinsen im privaten<br />

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Bereich verneint, die auf die Zeit etwa <strong>nach</strong> <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong> eines Gebäudes (vgl.<br />

dazu beispielsweise BFH, Urteil vom 16. September 1999 IX R 42/97, BStBl II<br />

2001, 528) o<strong>der</strong> <strong>einer</strong> wesentlichen Beteiligung (vgl. dazu beispielsweise BFH, Urteil<br />

vom 5. Oktober 2004 VIII R 64/02, BFH/NV 2005, 54) entfallen, auch wenn <strong>der</strong><br />

<strong>Veräußerung</strong>serlös nicht zur Schuldendeckung ausreicht.<br />

Für die Abziehbarkeit von Schuldzinsen als Werbungskosten reicht es <strong>nach</strong><br />

den Rechtsprechungsgrundsätzen des BFH - entgegen <strong>einer</strong> vielfach vertretenen<br />

Auffassung (vgl. etwa Drenseck in: Schmidt, EStG, 29. Auflage 2010, § 9 Rn. 40<br />

m.w.N.) - nicht aus, dass die Schuldaufnahme ursprünglich durch die Absicht, Einkünfte<br />

aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, veranlasst worden war. § 9 Abs. 1<br />

Satz 3 Nr. 1 EStG erfor<strong>der</strong>t für einen Werbungskostenabzug von Schuldzinsen einen<br />

wirtschaftlichen Zusammenhang mit <strong>der</strong> Einkunftsart im Zeitpunkt <strong>der</strong> Entstehung<br />

von Schuldzinsen. Die mit Kredit finanzierten Wirtschaftsgüter müssen in diesem<br />

Zeitpunkt Vermietungszwecken gewidmet sein, damit die Schuldzinsen ebenso wie<br />

an<strong>der</strong>e Grundstücksaufwendungen - wie zum Beispiel Instandhaltungskosten und<br />

Absetzungen für Abnutzung - als Werbungskosten abgezogen werden können (BFH,<br />

Urteil vom 12. November 1991 IX R 15/90, BStBl II 1992, 289). Ein zunächst<br />

begründeter wirtschaftlicher Zusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und<br />

Verpachtung endet allerdings, sobald ein mit Kredit angeschafftes Grundstück o<strong>der</strong><br />

hergestelltes Gebäude nicht mehr zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und<br />

Verpachtung bestimmt <strong>ist</strong> (von Bornhaupt in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9<br />

Rn. C 62; Sel<strong>der</strong>, DStZ 1995, 8). Die tatsächliche Verwendung <strong>der</strong> Kreditmittel durch<br />

den Steuerpflichtigen zum Erwerb <strong>einer</strong> <strong>Immobilie</strong> schafft nämlich zunächst lediglich<br />

einen wirtschaftlichen Zusammenhang zur steuerlich neutralen Vermögenssphäre.<br />

Die Ebene <strong>der</strong> Einkünfteerzielung <strong>ist</strong> nur dann berührt, wenn und solange<br />

<strong>der</strong> Steuerpflichtige in einem zweiten Schritt das Wirtschaftsgut tatsächlich zur<br />

Einkünfteerzielung einsetzt (Thürmer in: Blümich, EStG, § 9 Rn. 600 "Zinsen").<br />

Ein steuerrechtlicher Zurechnungszusammenhang zwischen einem mit Kredit<br />

angeschafften Wirtschaftsgut und dessen Widmung zur Einkunftserzielung <strong>ist</strong><br />

grundsätzlich auch im betrieblichen Bereich erfor<strong>der</strong>lich, um Schuldzinsen als<br />

Betriebsausgaben <strong>nach</strong> § 4 Abs. 4 EStG abziehen zu können. Bei den<br />

Gewinneinkunftsarten kann aber eine Verbindlichkeit auch <strong>nach</strong> <strong>der</strong> <strong>Veräußerung</strong><br />

o<strong>der</strong> Aufgabe eines Betriebs noch dem Betriebsvermögen zuzuordnen sein (BFH,<br />

Urteil vom 26. Januar 1989 IV R 86/87, BStBl II 1989, 456; Urteil vom 28. März<br />

2007 X R 15/04, BStBl II 2007, 642). Entgegen <strong>der</strong> Rechtsauffassung <strong>der</strong> Kläger<br />

lassen sich aus <strong>der</strong> abweichenden steuerrechtlichen Behandlung <strong>nach</strong>träglicher<br />

Schuldzinsen bei den Gewinneinkunftsarten jedoch keine Schlussfolgerungen für<br />

den Abzug <strong>der</strong>artiger Aufwendungen bei den Überschusseinkünften herleiten (BFH,<br />

Urteil vom 25. April 1995 IX R 114/92, BFH/NV 1995, 966). Mit den Einnahmen<br />

aus Vermietung und Verpachtung zusammenhängende Aufwendungen sind <strong>nach</strong><br />

§ 9 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 EStG insoweit und so lange abziehbar,<br />

als die Nutzung durch eine Vermietung im Sinne von § 21 EStG dauert. Da<strong>nach</strong><br />

stellt eine an<strong>der</strong>weitige Verwendung des Grundstücks und ein Fortbestand damit<br />

© Eine Gerichtsentscheidung aus <strong>der</strong> Entscheidungsdatenbank des Richard Boorberg Verlags<br />

GmbH & Co KG, Stuttgart<br />

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zusammenhängen<strong>der</strong> Schulden einen Vorgang <strong>der</strong> privaten Vermögenssphäre dar,<br />

die - im Gegensatz zu den Gewinneinkünften - bei den Überschusseinkünften<br />

grundsätzlich einkommensteuerrechtlich (mit Ausnahme <strong>der</strong> unter §§ 17, 23<br />

EStG erfassten Sachverhalte) irrelevant <strong>ist</strong>. Damit beruht die unterschiedliche<br />

steuerrechtliche Behandlung <strong>nach</strong>träglicher Schuldzinsen bei den Gewinneinkünften<br />

<strong>einer</strong>seits und den Überschusseinkünften an<strong>der</strong>erseits auf dem Dualismus <strong>der</strong><br />

Einkünfteermittlung (vgl. auch von Bornhaupt in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9<br />

Rn. C 64). Nach <strong>der</strong> Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begegnet <strong>der</strong><br />

Einkünftedualismus keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, Beschluss<br />

vom 9. Juli 1969 2 BvL 20/65, BVerfGE 26, 302, 310 ff.; Beschluss vom 7. Oktober<br />

1969 2 BvL 3/66, 2 BvR 701/64, BVerfGE 27, 111, 127 ff.).<br />

Schließlich lässt sich entgegen <strong>der</strong> Auffassung <strong>der</strong> Kläger ein Abzug von Schuldzinsen<br />

als <strong>nach</strong>trägliche Werbungskosten auch nicht auf § 24 Nr. 2 EStG stützen. Zu<br />

den Einkünften aus <strong>einer</strong> früheren Einkunftsquelle im Sinne dieser Norm gehören<br />

zwar auch <strong>nach</strong>träglich anfallende Werbungskosten (Drenseck in: Schmidt, EStG, 29.<br />

Auflage 2010, § 24 Rn. 72). Voraussetzung <strong>ist</strong> jedoch, dass solche Aufwendungen<br />

ihrem Wesen <strong>nach</strong> weiterhin Werbungskosten sind, <strong>der</strong> Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />

früheren Einkunftsquelle also (noch) nicht gelöst worden <strong>ist</strong> (von Bornhaupt in:<br />

Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn. C 66). Das <strong>ist</strong> aber nicht <strong>der</strong> Fall, wenn die<br />

Einkunftsquelle bereits veräußert wurde. § 24 Nr. 2 EStG gilt <strong>nach</strong> <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />

des BFH daher nur für Schuldzinsen, soweit sie auf die Zeit <strong>der</strong> Vermietung und<br />

Verpachtung entfallen, aber erst <strong>nach</strong> Ablauf dieser Zeit bezahlt werden (BFH, Urteil<br />

vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82, BStBl II 1983, 373; Urteil vom 23. Januar 1990<br />

IX R 8/85, BStBl II 1990, 464; Urteil vom 12. November 1991 IX R 15/90, BStBl II 1992,<br />

289; Urteil vom 15. November 1994 IX R 49/92, BFH/NV 1995, 880).<br />

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision <strong>ist</strong> nicht<br />

zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.<br />

© Eine Gerichtsentscheidung aus <strong>der</strong> Entscheidungsdatenbank des Richard Boorberg Verlags<br />

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