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Soziale Ordnung - CDA Deutschlands

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<strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong><br />

Das Magazin von <strong>CDA</strong> und CSA für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.<br />

5/2003.<br />

5<br />

1. Mai 2003. 56. Jahrgang.<br />

1432-9689<br />

ISSN<br />

Irak: Der Krieg<br />

und die FolgenF<br />

<strong>CDA</strong>-Verlags GmbH · Hauptstraße 164 · 53639 Königswinter<br />

Postvertriebsstück · G 6361 · Gebühr bezahlt


Die Neue Rente<br />

der SIGNAL IDUNA<br />

+ staatliche Förderung –<br />

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SIGNAL IDUNA Gruppe · Thomas Herwig<br />

Joseph-Scherer-Straße 3 · 44139 Dortmund<br />

Telefon (02 31)1 35-43 88 · Fax: (02 31)1 35 13 43 88<br />

oder E-Mail: thomas.herwig@signal.de.


<strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong><br />

Das Magazin von <strong>CDA</strong> und CSA für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.<br />

In dieser Ausgabe:<br />

Irak – Der Krieg und die Folgen 8–9<br />

Von Friedbert Pflüger<br />

Gewerkschaften:<br />

Notwendiger <strong>Ordnung</strong>sfaktor 12–14<br />

Von Erwin Vitt<br />

Die Stadt als Werbefläche –<br />

Neue Formen der öffentlichen<br />

Kommunikation 21–22<br />

Von Rüdiger W. Storim<br />

Deutsche Stadtwerke:<br />

Totgesagte leben länger 23–24<br />

Von Roman Schneider<br />

<strong>Soziale</strong> Verantwortung von<br />

Unternehmen: Europaweit, weltweit<br />

durchsetzen! 26–27<br />

Von Thomas Mann<br />

Für eine neue Integrationsoffensive<br />

28–30<br />

Von Willi Zylajew<br />

Liebe Kollegin,<br />

lieber Kollege,<br />

Editorial<br />

der Irak-Krieg beherrscht derzeit noch die öffentliche Diskussion. Wir<br />

konnten den Feldzug gegen Saddam auf allen Kanälen verfolgen. Sorge<br />

und Skepsis mischt sich mit der Hoffnung auf eine stabile Friedensordnung<br />

im Nahen Osten. Krieg ist das letzte Mittel. Das Ende des Krieges<br />

kann aber der Beginn einer besseren Zukunft sein. Wenn sich der Pulverdampf<br />

ganz verzogen hat, wird die Lage in Deutschland wieder vollständig<br />

in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken. Wie gelingt es,<br />

die dringend notwendigen Reformen für unser Land durchzuführen? Wie<br />

kann eine menschenwürdige, gerechte und solidarische Zukunft gesichert<br />

werden? Diese Fragen verlangen politische Antworten.<br />

Deshalb kommt unserem nächsten Bundestag am 14. und 15. Juni<br />

in der Stadthalle von Bonn-Bad Godesberg<br />

eine überragende Bedeutung zu. Auf Vorschlag<br />

unseres Bundesvorsitzenden Hermann-Josef<br />

Arentz steht die Tagung unter<br />

dem Motto: „Lust auf Menschlichkeit – Was<br />

uns zusammenhält.“<br />

In diesen Tagen ist der Leitantrag des <strong>CDA</strong>-<br />

Bundesvorstandes „Für einen neuen Gesellschaftsvertrag:<br />

menschlich, solidarisch, zukunftsfähig“<br />

allen Delegierten zugegangen.<br />

Ich bitte herzlich darum, dieses Papier (als<br />

PDF- und Winword-Dokument unter www.cda-<br />

Bund.de/bt 03 herunterladbar) in allen Gliederungen<br />

intensiv zu diskutieren. Je mehr sich beteiligen und<br />

Anregungen geben, desto besser am Ende das Ergebnis.<br />

Unter den vielen Aussagen des Leitantrages scheinen<br />

mir drei für die <strong>CDA</strong> besonders spannend:<br />

• Die Wiederentdeckung einer auf Religion gegründeten<br />

Ethik, die für ein gedeihliches Miteinander von<br />

Menschen und Völkern von überragender Bedeutung ist.<br />

• Die Wiederentdeckung der Familie als Rückgrat der Gesellschaft.<br />

Noch stärker als bisher müssen wir die Familien ideell und materiell<br />

fördern. Wir müssen dem „Ja zum Kind“ allerhöchste Priorität verschaffen.<br />

• Die Wiederentdeckung der bürgerlichen Tugenden, ohne die jedes<br />

Gemeinwesen zugrunde gehen würde. Zivilcourage und Gemeinsinn,<br />

Wertorientierung und Toleranz, nachbarschaftliches Handeln und bürgerschaftliches<br />

Engagement müssen Markenzeichen christlich-sozialer<br />

Politik werden.<br />

„Dem Nächsten zu helfen, lässt Fremde zu Freunden werden“, heißt<br />

es im Leitantrag. Bitte helfen Sie mit, möglichst viele neue Freunde<br />

für die <strong>CDA</strong> zu gewinnen.<br />

Darum bittet Sie herzlich Ihr<br />

Dr. Ulrich<br />

Hettinger,<br />

Hauptgeschäftsführer<br />

der <strong>CDA</strong><br />

<strong>Deutschlands</strong>.<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 3


Prisma<br />

Polen<br />

Slowakische Rep.<br />

Italien<br />

Griechenland<br />

Spanien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Belgien<br />

Tschechische Rep.<br />

Slowenien<br />

Portugal<br />

Ungarn<br />

Schweden<br />

Großbritannien<br />

Luxemburg<br />

Deutschland<br />

Irland<br />

Dänemark<br />

Österreich<br />

Niederlande<br />

Quelle: Eurostat<br />

290 000 Stellen<br />

im Handwerk abgebaut<br />

Keine Besserung in Sicht: Die<br />

Flaute im deutschen Handwerk<br />

wird immer stärker. Die Umsätze<br />

im Handwerksbereich sanken<br />

allein 2002 um etwa 4,9 Prozent<br />

auf rund 485 Milliarden<br />

Euro.<br />

Wie das Statistische Bundesamt<br />

mitteilte, wurden knapp<br />

290 000 Stellen (minus 5,3 Prozent)<br />

gestrichen.<br />

Jung und arbeitslos<br />

Arbeitslosenquote Jugendlicher (unter 25 Jahren)<br />

Ende 2002 in %<br />

26,8<br />

26,3<br />

22,7<br />

20,8<br />

20,6<br />

19,1<br />

16,1<br />

15,4<br />

13,4<br />

13,4<br />

12,8<br />

12,1<br />

11,4<br />

9,5<br />

8,2<br />

7,9<br />

6,9<br />

5,9<br />

Am stärksten war das Baugewerbe<br />

(minus 9,6 Prozent) betroffen.<br />

Auf Platz zwei folgte<br />

die Bekleidungs- und Textilbranche<br />

(minus 8,0 Prozent),<br />

die mit einem Minus von 10,9<br />

Prozent die größten Umsatzeinbußen<br />

verzeichnete.<br />

Derzeit beschäftigt das Handwerk<br />

noch etwa 5,36 Millionen<br />

Menschen. ■<br />

35,0<br />

41,4<br />

Für viele junge Menschen beginnt der Einstieg ins Berufsleben mit einem<br />

Fehlstart. Statt auf einem Arbeitsplatz finden sie sich auf den<br />

harten Wartebänken der Arbeitsämter wieder. Besonders hoch ist die<br />

Jugendarbeitslosigkeit in Polen und der Slowakischen Republik. Dort<br />

sind 41 bzw. 35 Prozent der jungen Männer und Frauen unter 25 Jahren<br />

ohne Arbeit. In Italien und in Griechenland ist jeweils über ein<br />

Viertel der jungen Arbeitskräfte erwerbslos. Mit einer Jugendarbeitslosenquote<br />

von unter zehn Prozent gehört Deutschland zu den Ländern<br />

mit eher niedriger Jugendarbeitslosigkeit. Dennoch: Fast jeder zehnte<br />

junge Mann und jede zehnte junge Frau machen die bittere Erfahrung,<br />

dass sie auf dem Arbeitsmarkt offenbar nicht gebraucht werden.<br />

8386<br />

Senioren-Union:<br />

Widerstand gegen<br />

15-Euro-Praxis-<br />

Gebühr<br />

Zu den ersten vorgelegten Vorschlägen<br />

der „Kommission zur nachhaltigen<br />

Finanzierung der Sozialversicherungssysteme“<br />

(„Rürup-Kommission“)<br />

erklärt der Bundesvorsitzende<br />

der Senioren-Union (SU)<br />

<strong>Deutschlands</strong>, Prof. Dr. Otto Wulff:<br />

„Wir Senioren werden uns mit allen<br />

politischen Mitteln gegen den völlig<br />

unausgegorenen Vorschlag wehren,<br />

jeden Arztbesuch mit einer Gebühr<br />

von 15 Euro zu bestrafen. Dieser Vorschlag<br />

trifft einseitig vor allem die<br />

ältere Generation – eine Bevölkerungsgruppe,<br />

die sich im Übrigen bisher<br />

immer durch ein ausgeprägtes<br />

Kostenbewusstsein ausgezeichnet<br />

hat. Eine obligatorische Praxisgebühr<br />

widerspricht außerdem diametral dem<br />

Hausarztmodell von Bundesgesundheitsministerin<br />

Ulla Schmidt.<br />

Selbst eine Zuzahlung bei Medikamenten<br />

wäre eher hinzunehmen als<br />

der Rürup-Gebührenvorschlag. Unsinnigerweise<br />

jedoch hat die rotgrüne<br />

Koalition in der Vergangenheit<br />

ausgerechnet dieses Seehofer-<br />

Modell von 1996 verworfen und damit<br />

Einsparungen in Milliardenhöhe<br />

verspielt. Die Kostenexplosion im<br />

Bereich der Krankenkassen ist deshalb<br />

eine hausgemachte Krise der<br />

rot-grünen Gesundheitspolitik.<br />

Dennoch wird sich die Senioren-<br />

Union – wie die Unionsparteien insgesamt<br />

– nicht einer Zusammenarbeit<br />

zur Bewältigung der Krise verweigern.<br />

Die Senioren-Union begrüßt<br />

ausdrücklich, dass nach dem<br />

Modell der Kommission Familien mit<br />

Kindern nicht zusätzliche Lasten<br />

aufgebürdet werden sollen. Wir halten<br />

dies für richtig. Dieser Vorschlag<br />

entspricht der gesellschaftspolitischen<br />

Haltung der Senioren-Union.“<br />

4 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Prisma<br />

„Kampfansage“<br />

Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen<br />

Arbeitnehmerschaft<br />

<strong>Deutschlands</strong>, Hermann-Josef<br />

Arentz, hat die Vorschläge von BDI-<br />

Präsident Michael Rogowski, die paritätische<br />

Besetzung von Aufsichtsräten<br />

abzuschaffen, scharf kritisiert:<br />

„Gerade wenn Reformen dringend<br />

nötig sind, die auch Zumutungen<br />

für viele Bevölkerungsschichten<br />

enthalten, ist es wichtig, die Elemente<br />

des Konsenses in der Gesellschaft,<br />

wie die Mitbestimmung, zu<br />

stärken und nicht zu schwächen.<br />

Wer etwas anderes fordert, wie<br />

Rogowski, setzt sich dem Verdacht<br />

aus, dass es ihm nicht darum geht,<br />

die Wirtschaft zu beleben, sondern<br />

um die Zerschlagung des Gleichgewichts<br />

zwischen Arbeitnehmern und<br />

Arbeitgebern. Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />

müssen auch künftig<br />

auf gleicher Augenhöhe verantwortlich<br />

sein – jede Aushöhlung dieses<br />

Prinzips ist eine Kampfansage an<br />

die <strong>Soziale</strong> Marktwirtschaft.“ ■<br />

Foto: Ossenbrink<br />

Hermann-Josef Arentz<br />

Abfindung<br />

Eine Abfindung nach Entlassung<br />

ist in Grenzen steuerfrei,<br />

wie die Lohnsteuerhilfsvereine<br />

betonen. Der Freibetrag beläuft<br />

sich auf 8 181 Euro. Wenn der<br />

Arbeitnehmer über 50 (55) Jahre<br />

ist und mehr als 15 (20) Jahre<br />

beschäftigt war, beträgt der<br />

Freibetrag 10 226 (12 271) Euro.<br />

Der Pleiten-Boom<br />

Anzahl der Unternehmens-Insolvenzen in Deutschland<br />

(einschl. Kleingewerbe)<br />

1991 1993 1995 1997 1999 2001 2002<br />

37 579<br />

32 278<br />

Die flaue Konjunktur fordert ihren<br />

Tribut. Im vergangenen Jahr gingen<br />

in Deutschland 37 579 Unternehmen<br />

Pleite; das waren 5 301 (oder<br />

16,4 Prozent) mehr als im Jahr<br />

2001 – ein neuer trauriger Rekord.<br />

Die Konkursgerichte bezifferten die<br />

offenen Forderungen der Gläubiger<br />

gegen die Insolvenz-Unternehmen<br />

auf über 50 Milliarden Euro. Zum<br />

Zeitpunkt, an dem über die Insolvenzanträge<br />

entschieden wurde,<br />

waren in diesen Betrieben rund<br />

274 000 Mitarbeiter tätig. Diese<br />

Zahl dürfte aber höher liegen, da<br />

bei knapp einem Fünftel aller Insolvenz-Fälle<br />

von den Gerichten keine<br />

Angaben über das Personal gemacht<br />

werden konnten.<br />

8 837<br />

15 148<br />

Quelle: Stat. Bundesamt<br />

22 344<br />

27 474<br />

26 476<br />

© Globus<br />

8382<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5


Olympia<br />

Olympia-Bewerbung:<br />

Leipzig geht für<br />

Deutschland an den Start<br />

Die Würfel sind gefallen: Das Nationale Olympische<br />

Komitee (NOK) hat sich am 12. April mit<br />

überraschend deutlicher Mehrheit für Leipzig als<br />

deutsche Bewerberstadt zu den Olympischen Sommerspielen<br />

2012 entschieden – noch vor den ursprünglich<br />

favorisierten Städten Hamburg (Votum<br />

der Bewertungskommission) und Düsseldorf (starker<br />

Rückhalt in Fachverbänden). Stuttgart und<br />

Frankfurt waren schon in den ersten beiden Wahlgängen<br />

ausgeschieden.<br />

nachgefragt<br />

Mit NOK-Mitglied Eberhard Gienger,<br />

in den 70er-Jahren als Weltmeister<br />

am Reck (West-)<strong>Deutschlands</strong><br />

bester Kunstturner, sprach SO-Chefredakteur<br />

Friedhelm Görgens. Gienger<br />

ist seit Herbst 2002 CDU-Abgeordneter<br />

im Deutschen Bundestag.<br />

SO: Was hat Ihrer Meinung nach<br />

den Ausschlag für Leipzig gegeben?<br />

Gienger: Den Ausschlag gab sicherlich<br />

die großartige Leistung des<br />

Leipziger Oberbürgermeisters Tiefensee.<br />

Leipzig präsentierte sich sensationell,<br />

emotional kurzum einfach<br />

klasse! Leipzig hat ein interessantes<br />

Konzept vorgelegt und ist besonders<br />

eine Alternative zum Gigantismus<br />

der letzten Olympischen Spiele.<br />

Würden die Olympischen Sommerspiele<br />

2012 in Deutschland ausgetragen<br />

werden, was erwarteten Sie sich davon?<br />

Von je 100 Befragten antworteten<br />

Ein friedliches Miteinander<br />

verschiedener Kulturen 88<br />

Einen Imagegewinn für<br />

Deutschland<br />

Die Schaffung von<br />

Arbeitsplätzen<br />

Einen Tourismusboom<br />

Die Verbesserung der<br />

Verkehrs-Infrastruktur<br />

Die Möglichkeit, die Sportereignisse<br />

und Sportler<br />

hautnah zu erleben<br />

Mehrfachnennungen<br />

72<br />

68<br />

66<br />

83<br />

79<br />

Grafik 7861<br />

Quelle: polis<br />

SO: Wie<br />

lebt der<br />

Baden-<br />

Württemberger<br />

Gienger<br />

mit dieser<br />

Entscheidung?<br />

Gienger: Eberhard Gienger<br />

Wichtig für<br />

uns alle ist, die Olympischen Spiele<br />

nach Deutschland zu bekommen.<br />

Dazu müssen nun alle mithelfen,<br />

dass Leipzig die bevorstehenden<br />

zwei Hürden nimmt. Eine Evaluierungskommission<br />

des IOC lässt<br />

2004 vier bis sechs Kandidaten für<br />

die endgültige Entscheidung des<br />

IOC zu. Hier kommt es darauf an,<br />

Leipzig gut zu positionieren, um<br />

dann eine günstige Ausgangsposition<br />

für die spätere IOC-Entscheidung<br />

zu haben. Auch Baden-Württemberg<br />

und meine Person sind<br />

gefragt, die Leipziger Bewerbung<br />

nachhaltig zu unterstützen. Das<br />

tue ich gern.<br />

SO: Hat Leipzig gegen „Große“<br />

wie New York, London, Paris oder<br />

Madrid wirklich eine realistische<br />

Chance?<br />

Gienger: Ich gebe Leipzig eine<br />

Außenseiterchance, wobei Leipzig<br />

auf jeden Fall eine Alternative<br />

zu den genannten Mega-<br />

Städten darstellt. ■<br />

6 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Irak-Krieg<br />

Irak: Der Krieg<br />

SO-Autor Dr.<br />

Friedbert<br />

Pflüger ist<br />

außenpolitischer<br />

Sprecher<br />

der<br />

CDU/CSU-<br />

Bundestagsfraktion<br />

und<br />

Mitglied im<br />

CDU-Bundesvorstand.<br />

Von Friedbert Pflüger<br />

Wir sind erleichtert, dass die<br />

Amerikaner und ihre Verbündeten<br />

die militärische Auseinandersetzung<br />

mit dem Regime Saddam Husseins<br />

erfolgreich bestritten haben.<br />

Horrormeldungen von „Millionen<br />

von Menschen in Bagdad, die Opfer<br />

von Bomben und Raketen werden“<br />

(Bundestagspräsident Wolfgang<br />

Thierse, Kölner Stadt-Anzeiger,<br />

21. März 2003), haben sich nicht<br />

bewahrheitet. Im Gegenteil: Als die<br />

lange unterdrückten Menschen im<br />

Irak merkten, dass sie von den<br />

Schergen des Regimes nichts mehr<br />

zu befürchten hatten, brach Jubel<br />

aus in Bagdad, Basra, Kirkuk und<br />

anderswo. Das ist ein ermutigendes<br />

Signal – vor allem, wenn man bedenkt,<br />

dass die meisten Deutschen<br />

die Amerikaner am Ende des Zweiten<br />

Weltkrieges auch nicht sofort<br />

als Befreier empfunden haben. Erst<br />

mit der Luftbrücke 1948/49 wurden<br />

aus Besatzern Beschützer, aus Feinden<br />

Freunde.<br />

In den kommenden Wochen und<br />

Monaten gilt unser Augenmerk der<br />

Etablierung einer stabilen Nachkriegsordnung<br />

im Irak. Mindestens<br />

von ebenso großer Bedeutung ist<br />

jedoch die Behebung des Schadens<br />

in EU, NATO und Vereinten Nationen,<br />

den die Schröder-Regierung<br />

angerichtet hat – ganz zu schweigen<br />

von der Bewältigung der Probleme<br />

im deutsch-amerikanischen<br />

Verhältnis. Dies wird lange dauern<br />

und sehr viel Kraft erfordern.<br />

Die Bundesregierung trug nichts<br />

zum militärischen Druck auf den<br />

Irak bei, um diesen zur Erfüllung<br />

der Abrüstungsverpflichtungen zu<br />

zwingen.<br />

Durch ihre<br />

Weigerung,<br />

dem Irak klare<br />

Ultimaten zu<br />

stellen, wurde<br />

vielmehr Druck<br />

von Saddam<br />

Hussein genommen,<br />

obwohl<br />

doch erwiesen<br />

war,<br />

dass nur durch<br />

den militärischen<br />

Druck<br />

der USA die<br />

UN-Inspektionen<br />

wieder<br />

möglich wurden<br />

und durch Ultimaten erste Fortschritte<br />

erzielt werden konnten.<br />

Zudem kündigte Schröder die<br />

mühsam beim Brüsseler EU-Gipfel<br />

Anfang Februar gefundene Geschlossenheit<br />

in der Frage eines erhöhten<br />

militärischen Drucks auf den<br />

Irak umgehend auf. Mit der „Achse“<br />

Paris–Berlin–Moskau (und Peking)<br />

gegen die eigenen Bündnispartner<br />

hat die Bundesregierung NATO und<br />

EU, die Grundfesten für Frieden und<br />

Sicherheit in Europa, ausgehöhlt –<br />

und den Krieg eben nicht verhindert.<br />

Vielleicht hätte es eine Chance<br />

für eine friedliche Entwaffnung<br />

Saddam Husseins gegeben. Der Diktator<br />

hätte möglicherweise mit Entschlossenheit<br />

und strikten Ultimaten<br />

in die Knie gezwungen werden<br />

können. Die „Achse“ jedoch hat die<br />

Geschlossenheit der internationalen<br />

Gemeinschaft zerstört. Damit hat<br />

die Bundesregierung den Krieg unwillentlich<br />

wahrscheinlicher gemacht.<br />

Dies sagt nicht nur Angela<br />

Die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel, Dick Cheney<br />

(Vize-Präsident der USA) und Friedbert Pflüger<br />

auf einer USA-Reise im Februar 2003.<br />

Foto: State Department<br />

Merkel, sondern dies tragen auch<br />

und insbesondere die UN-Waffen-<br />

Inspekteure vor. Sie sagen („Zeit“<br />

vom 27. März, S. 7), Schröders kategorisches<br />

Nein zu einem Militäreinsatz<br />

sei schlicht „verrückt“ gewesen.<br />

Für ihre Arbeit seien sie auf<br />

den militärischen Druck angewiesen<br />

gewesen, der Verzicht auf jede Drohung<br />

habe den Frieden unwahrscheinlicher<br />

gemacht.<br />

Scherbenhaufen<br />

Alle Regierungen von Adenauer<br />

bis Kohl hatten Differenzen mit den<br />

USA. Aber sie wurden freundschaftlich<br />

besprochen und durch Kompromisse<br />

ausgeräumt. Durch Schröders<br />

Irak-Politik mussten wir jetzt jedoch<br />

das erste Mal Sprachlosigkeit auf der<br />

obersten Ebene erleben, öffentliche<br />

Beschuldigungen und die Bildung<br />

von Achsen mit Staaten außerhalb<br />

des Bündnisses gegen die eigenen<br />

Bündnispartner. Schröder schadet<br />

8 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Irak-Krieg<br />

und die Folgen<br />

damit den deutschen Interessen.<br />

Die Union hat es sich mit ihrer<br />

Irak-Politik nicht leicht gemacht. Es<br />

ist sehr viel einfacher, für den absoluten<br />

Frieden zu sein, und sehr viel<br />

schwieriger, eine differenzierte Haltung<br />

zu vertreten, die obendrein<br />

nicht von der großen Mehrheit geteilt<br />

wird. Jeden Tag spüre ich das<br />

mit Blick in die Medien und in meine<br />

Post. Aber verantwortliche Politiker<br />

haben Grundsätze und die Kraft,<br />

diese zu vertreten – auch wenn ihnen<br />

der Wind ins Gesicht bläst. Zudem<br />

hat es die Partei Adenauers und<br />

Kohls immer als ihre Aufgabe verstanden,<br />

eine Balance zwischen den<br />

USA und Europa zu finden. Der Populismus<br />

à la Schröder hat innenund<br />

außenpolitisch jedenfalls<br />

großen Schaden angerichtet.<br />

Deutschland hat ein herausragendes<br />

Interesse, dass sich der Irak<br />

nach dem Krieg zu einem stabilen<br />

Staat mit rechtsstaatlichen pluralistischen<br />

Strukturen entwickelt, in<br />

dem die Menschen- und Minderheitenrechte<br />

respektiert werden, alle<br />

Massenvernichtungswaffen auf Dauer<br />

beseitigt sind und der seine<br />

Nachbarn und Israel nicht mehr bedroht.<br />

Es ist traurig, dass selbst ein leibhaftiger<br />

Kardinal, Georg Sterzinsky,<br />

sich nicht zu schade war, Öl ins<br />

Feuer zu gießen, indem er nach Beginn<br />

der militärischen Auseinandersetzungen<br />

im Irak einen Boykott<br />

amerikanischer Waren in Deutschland<br />

befürwortete. Wenn sich die<br />

katholische Kirche gemäß ihres Auftrages<br />

gegen einen Krieg aus-<br />

Die ölreichsten Länder der Welt<br />

Rohölreserven in Milliarden Tonnen<br />

1,4<br />

Quelle: MWV<br />

Stand Anfang 2003<br />

Saudi-Arabien*<br />

35,4<br />

Kanada<br />

24,2<br />

Irak*<br />

15,1<br />

1,7 3,9<br />

2,0<br />

2,5<br />

3,0<br />

3,3<br />

Norwegen<br />

Mexiko<br />

Katar*<br />

Libyen*<br />

China USA Nigeria*<br />

Kuwait*<br />

13,0<br />

8,2<br />

*OPEC-Mitglied<br />

Arabische<br />

Emirate*<br />

12,9<br />

10,9<br />

12,3<br />

Venezuela*<br />

Russland<br />

Iran*<br />

© Globus<br />

Das ölreichste Land der Welt ist Saudi-Arabien. Im saudischen Boden<br />

lagern Vorräte im Umfang von 35,4 Milliarden Tonnen. An zweiter<br />

Stelle steht Kanada mit 24,2 Milliarden Tonnen, gefolgt vom Irak mit<br />

15,1 und von Kuwait mit 13,0 Milliarden Tonnen. Bei diesen zurzeit<br />

bestätigten Reserven handelt es sich nur um einen Teil der tatsächlich<br />

vorhandenen Ölvorkommen. Sie umfassen nämlich nur jene Vorräte, die<br />

mit heutiger Technik und zu heutigen Preisen wirtschaftlich gewonnen<br />

werden können. Die Welt-Ölressourcen insgesamt, also auch die Vorkommen,<br />

die in Ölschiefer und Ölsänden gebunden sind und heute noch<br />

nicht wirtschaftlich erschlossen werden können, sind um ein Vielfaches<br />

größer als die bestätigten Reserven.<br />

8330<br />

(Lesen Sie bitte weiter auf Seite 10)<br />

Hysterie<br />

„ Umweltminister Jürgen<br />

Trittin (Grüne): „Dem Bundesumweltministerium<br />

liegen verschiedene<br />

Studien vor, darunter<br />

UN-Dokumente. Danach wird mit<br />

40 000 bis 200 000 Opfern von<br />

militärischen Aktionen gerechnet.“<br />

(Tagesspiegel, 26. Februar)<br />

❊ ❊ ❊<br />

„ Menschenrechtsexpertin<br />

Christa Nickels (Grüne): „Ein<br />

Krieg wird nicht so schnell und<br />

erfolgreich ablaufen, wie manche<br />

meinen.“ (Rheinischer Merkur,<br />

6. März)<br />

❊ ❊ ❊<br />

„ Grünen-Chefs Angelika<br />

Beer und Reinhard Bütikofer in<br />

einer gemeinsamen Erklärung:<br />

„Dieser Krieg wird Tausenden von<br />

unschuldigen Kindern, Frauen<br />

und Männern den sicheren Tod<br />

bringen.“ (20. März)<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 9


Irak-Krieg<br />

spricht, ist das verständlich. Wenn<br />

ihre führenden Repräsentanten aber<br />

anti-amerikanische Ressentiments<br />

schüren, ist das verwerflich. Soll<br />

denn jeder amerikanische Mittelständler<br />

für die Politik des US-Präsidenten<br />

in Haftung genommen<br />

werden? Hatten wir so etwas nicht<br />

schon einmal in Deutschland?<br />

Für Deutschland sind die USA der<br />

zweitwichtigste Handelspartner.<br />

Das Außenhandelsvolumen betrug<br />

im Jahr 2001 112,8 Mrd. Euro. In<br />

den ersten elf Monaten des Jahres<br />

2002 betrug der deutsche Export in<br />

die Vereinigten Staaten elf Prozent<br />

des gesamten Exports. Zudem sind<br />

die USA der mit Abstand wichtigste<br />

Investor in Deutschland (2002:<br />

rund zwölf Prozent aller ausländischen<br />

Direktinvestitionen in<br />

Deutschland).<br />

In jüngster Zeit mehren sich die<br />

kritischen Stimmen aus der deutschen<br />

Wirtschaft, die angesichts der<br />

Irak-Politik der Bundesregierung vor<br />

einer erheblichen Eintrübung der<br />

traditionell engen Handelsbeziehungen<br />

zwischen beiden Ländern warnen.<br />

Zwar herrscht bei Verbänden<br />

und Großkonzernen äußerlich noch<br />

Zurückhaltung, um die prekäre Lage<br />

in den deutsch-amerikanischen Beziehungen<br />

nicht noch weiter zuzuspitzen.<br />

Dennoch gibt es eine ganze<br />

Reihe von Hinweisen auf die Sorgen<br />

vor einer Verschlechterung der deutschen<br />

Position auf den amerikanischen<br />

Märkten.<br />

Die Schröder’sche Außenpolitik<br />

hat die deutsch-amerikanischen<br />

Beziehungen schwer belastet – ein<br />

Vertrauensverhältnis muss erst<br />

mühsam wieder aufgebaut werden.<br />

Wir Deutsche sind und bleiben noch<br />

lange Zeit auf die USA mehr angewiesen<br />

als sie auf uns. Deshalb hat<br />

Angela Merkel bei ihrem Besuch in<br />

den USA im Februar dieses Jahres<br />

den Dialog unter Freunden gesucht<br />

und wiederhergestellt. ■<br />

„Einheitsmeinung“<br />

Foto: Falkenberg<br />

Aus einem Brief des Kölner<br />

Publizisten Erwin Ortmann an<br />

den Nachrichtensender n-tv:<br />

„Innerhalb der Bundesrepublik<br />

habe ich mit Freunden telefoniert<br />

und gefragt, ob es noch einen Unterschied<br />

in der Nachrichtenpolitik<br />

gibt zwischen den heimischen<br />

Staatssendern Erstes und Zweites<br />

Fernsehen und dem Sender n-tv?<br />

Übereinstimmung: Zumindest<br />

seit dem Beginn der Aktionen gegen<br />

den Diktator im Irak wurde der<br />

bestehende Qualitätsunterschied<br />

erheblich eingeebnet.<br />

Zweite Übereinstimmung: Was<br />

Nazipropagandist Dr. Joseph Goebbels<br />

den damaligen deutschen Chefredakteuren<br />

noch befehlen musste,<br />

machen die heutigen im Fernsehen<br />

freiwillig. Sie produzieren vom Irak-<br />

Krieg ein einheitliches Meinungsspektrum.<br />

Am Sonntag – 30. März 2003 –<br />

habe ich mir zwischen 17.30 und<br />

18.30 Uhr Notizen gemacht. Bestätigt<br />

wurde mir, was ich bei<br />

vorherigen Sendungen bei n-tv<br />

bemerkt hatte: Bagdads Propaganda<br />

wird überwiegend nicht<br />

kommentiert, die US-Pressekonferenzen<br />

werden mit vielen Zwischentönen<br />

und Fragezeichen gesendet:<br />

nach ,eigenen Angaben’,<br />

,unbestätigt’, ,angeblich’ usw.<br />

Ergebnis: Die Diktatur der sozialistischen<br />

Baath-Partei wird dem<br />

demokratischen Rechtsstaat Amerika<br />

gleichgestellt.<br />

Das ist die Speerspitze aller<br />

bisherigen Beleidigungen der USA,<br />

die seit den Kämpfen im UNO-Sicherheitsrat<br />

dem deutschen Publikum<br />

vorgesetzt wurden.<br />

Europas Staaten, vorab Deutschland,<br />

Frankreich und Russland, müssen<br />

noch eine tiefe historische<br />

Schuld abtragen. Sie sind verantwortlich<br />

für zwei mörderische Weltkriege,<br />

den Versailler Vertrag eingeschlossen.<br />

Sie sind verantwortlich<br />

für zwei sozialistische Diktaturen<br />

unter Stalin und Hitler, für Arbeitsund<br />

Konzentrationslager. Mit dieser<br />

Schuld im Nacken ,jubelt’ die veröffentlichte<br />

Meinung über jeden Fehler,<br />

den man Amerika ankreiden<br />

kann ...“<br />

10 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


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Gewerkschaften<br />

Von Erwin Vitt<br />

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der<br />

CDU/CSU, Friedrich Merz, will ebenso wie sein populistischer<br />

Zwillingsbruder der FDP, Guido Westerwelle,<br />

die Einheitsgewerkschaften „entmachten“.<br />

Die DGB-Gewerkschaften würden einen zu<br />

großen Einfluss auf die Regierungskoalition ausüben<br />

und dadurch verhindern, dass die Politik arbeitgeberfreundlicher<br />

wird. Das erklärte Ziel der<br />

beiden ist eine radikale Beschneidung von Rechten<br />

und Ansprüchen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.<br />

Gewerkschaften: Notwe<br />

Als überzeugter christlicher Demokrat<br />

und ebenso überzeugter Einheitsgewerkschafter<br />

kann ich die öffentlichen<br />

Ausfälle der beiden Politiker<br />

nur als vordemokratische und gesellschaftspolitisch<br />

blauäugige Kurzschlüsse<br />

bezeichnen. Ich erwarte<br />

weiterhin von den DGB-Gewerkschaften,<br />

dass sie ihre demokratischen<br />

Rechte wahrnehmen und ihre gesellschaftlichen<br />

Pflichten erfüllen, um<br />

die Arbeits- und Lebenswelt der abhängig<br />

Beschäftigten positiv zu beeinflussen.<br />

Darin bin ich übrigens<br />

mit der Mehrzahl der mir bekannten<br />

Christdemokraten einer Meinung.<br />

Eine Bedingung ist dabei natürlich<br />

die Einhaltung parteipolitischer<br />

Unabhängigkeit, was nicht immer<br />

funktioniert und deshalb auch mich<br />

ärgert. Die Einheitsgewerkschaften<br />

müssen alle Regierungen, wer immer<br />

Spitzengespräch CDU – DGB<br />

CDU und DGB wollen ihre Kontakte<br />

weiter ausbauen. Angesichts<br />

der Herausforderungen, vor denen<br />

Deutschland stehe, lohne es sich,<br />

weiter im Gespräch zu bleiben,<br />

sagte die CDU-Vorsitzende Angela<br />

Merkel nach einem Treffen von<br />

CDU-Präsidium und DGB-Bundesvorstand.<br />

„Wir brauchen Gewerkschaften<br />

in Deutschland“, bekräftigte<br />

die Partei- und Fraktionsvorsitzende.<br />

Als Interessenvertretung<br />

der Arbeitnehmer müssten<br />

die Gewerkschaften auf die „dramatischen<br />

Probleme“, vor denen<br />

Deutschland stehe, reagieren.<br />

Auch DGB-Chef Michael Sommer<br />

lobte den „sachlichen Ton“, in<br />

dem das Gespräch stattgefunden<br />

habe.<br />

Konkret vereinbarten das CDU-<br />

Präsidium und der DGB-Bundesvorstand<br />

die Einsetzung einer Arbeitsgruppe<br />

zur Ausbildungssituation<br />

angesichts der drohenden<br />

„Ausbildungskatastrophe“ in diesem<br />

Jahr. „Wir sind gemeinsam der<br />

Auffassung, dass die jungen Menschen<br />

in unserem Land eine Chance<br />

bekommen müssen“, betonte Angela<br />

Merkel. Neben besseren Rahmenbedingungen<br />

für den deutschen<br />

Mittelstand sprach sie sich für eine<br />

höhere Flexibilität der Ausbildung<br />

aus. Zudem müsse die moralische<br />

Verpflichtung der Betriebe, Ausbildungsplätze<br />

zur Verfügung zu stellen,<br />

wieder stärker ins Bewusstsein<br />

rücken.<br />

Eine „gemeinsame Haltung“, so<br />

die CDU-Vorsitzende, habe es auch<br />

im Bereich der Arbeitslosenversicherung<br />

gegeben. Die Lebensleistung<br />

und die Höhe der eingezahlten<br />

Beiträge müssten sich im Leistungsfall<br />

bemerkbar machen, forderte<br />

Merkel. Um älteren Arbeitslosen<br />

wie bisher länger Arbeitslosengeld<br />

zahlen zu können, soll – so ein<br />

Vorschlag der CDU-Sozialausschüsse<br />

sie stellt, kritisch begleiten, neutral<br />

dürfen sie nicht sein. Sie sind<br />

selbstständige, unabhängige Organisationen<br />

der Arbeitnehmerschaft.<br />

Koalitionen kommen und gehen,<br />

weshalb alle Parteien mit gleicher<br />

Elle gemessen werden müssen.<br />

Die Einheitsgewerkschaften sind<br />

nicht vom Himmel gefallen. Sie sind<br />

aus existenzieller Solidarität der Arbeitnehmerbewegung<br />

erwachsen.<br />

Ihre Aufgaben sind seit ihrer Gründung<br />

nicht geringer geworden, im<br />

Gegenteil. Nur durch umfassenden<br />

kollektiven Einfluss können Rechte<br />

und Ansprüche Einzelner in den<br />

sich individualisierenden Arbeitszusammenhängen<br />

gesichert werden.<br />

– künftig das Arbeitslosengeld in<br />

den ersten zwei Monaten als<br />

Darlehen gewährt werden. DGB-<br />

Chef Sommer machte in diesem<br />

Zusammenhang deutlich, dass mit<br />

ihm eine „Verschlechterung beim<br />

Arbeitslosengeldbezug für Ältere“<br />

nicht zu machen sei. Dies wollte<br />

er als „ausdrückliches Signal an<br />

die Bundesregierung“ verstanden<br />

wissen.<br />

Unterschiedliche Auffassungen<br />

gab es vor allem in Bezug auf die<br />

betrieblichen Bündnisse für Arbeit.<br />

Während die CDU für eine<br />

weitere Legalisierung von betrieblichen<br />

Bündnissen für Arbeit eintritt,<br />

wendet sich der DGB gegen<br />

eine „Aushöhlung der Tarifautonomie“.<br />

Das sei für die Gewerkschaften<br />

eine „existenzielle Frage“, erklärte<br />

Sommer. Auch die Reform<br />

der sozialen Sicherungssysteme<br />

wurde zwischen CDU und DGB kontrovers<br />

diskutiert. ■<br />

12 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Gewerkschaften<br />

ndiger <strong>Ordnung</strong>sfaktor<br />

Auch wenn es Merz und Westerwelle<br />

nicht in den neoliberalen Kram<br />

passt, die Gewerkschaften sind notwendiger<br />

<strong>Ordnung</strong>sfaktor und notwendige<br />

Gegenmacht im wirtschaftlichen<br />

und gesellschaftlichen Zusammenspiel.<br />

Deutschland braucht diese<br />

<strong>Ordnung</strong>, die auf Gegenmacht aufgebaut<br />

ist. Die erfolgreiche Entwicklung<br />

der gesellschaftlichen Stabilität<br />

macht dieses deutlich. Es stimmt<br />

eben nicht, dass für die marktradikalen<br />

Positionen der gesellschaftliche<br />

Fortschritt reserviert ist und für die<br />

Gewerkschaften nur die Reaktion.<br />

Pauschale Urteile und überzogene<br />

Forderungen von Politikern, die persönlich<br />

abseits der einschneidenden<br />

Erfahrungen stehen, mit denen sich<br />

Arbeitnehmer täglich herumschlagen<br />

müssen, stiften nichts anderes als<br />

sozialen Unfrieden. Wer die Zukunftsfähigkeit<br />

der <strong>Soziale</strong>n Marktwirtschaft<br />

in Deutschland bewahren<br />

will, darf die Einheitsgewerkschaften<br />

deshalb nicht schwächen, sondern<br />

muss sie stärken.<br />

In unserer Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft<br />

sind die Lebensbedürfnisse<br />

stark differenziert.<br />

Auch die Einheitsgewerkschaften<br />

entsprechen einer pluralistisch differenzierten<br />

Arbeitnehmerschaft.<br />

Trotz aller Differenzen geht es um<br />

die notwendige Solidarität bei den<br />

gemeinsamen Interessen der abhängig<br />

Beschäftigten. Deshalb ist<br />

es wichtig, dass die Einheitsgewerkschaften<br />

glaubwürdig und durchsetzungsfähig<br />

bleiben. Voraussetzung<br />

dafür ist ein kollegialer Dialog<br />

und eine angemessene Beteiligung<br />

der christlich-sozialen Kolleginnen<br />

und Kollegen. Diese orientieren sich<br />

an der christlichen Gesellschaftsund<br />

<strong>Soziale</strong>thik und stemmen sich<br />

somit auch gegen einen neoliberalen<br />

Einfluss in der Union.<br />

Die sozialethischen Perspektiven<br />

und Maßstäbe der christlichen Gesellschaftsethik<br />

wenden sich klar<br />

gegen eine „Vergötterung der<br />

Marktgesetze“. Sie sind Ausdruck<br />

einer langfristig denkenden Vernunft,<br />

die sich nicht durch vermeintliche<br />

Sachzwänge oder durch<br />

kurzfristige, rein wirtschaftliche<br />

Interessen irremachen lässt. Diese<br />

Maßstäbe können zu einem sozialethischen<br />

Grundkonsens beitragen,<br />

der nicht Harmonie meint, sondern<br />

ein ausreichendes Maß an Übereinstimmung<br />

trotz verbleibender Gegensätze.<br />

Dieser Grundkonsens ermöglicht<br />

eine Verständigung unter<br />

den Bürgerinnen und Bürgern über<br />

die wichtigen Perspektiven einer<br />

zukunftsfähigen Gesellschaft, und<br />

er eröffnet Wege zur Bewältigung<br />

der drängenden wirtschaftlichen<br />

und sozialen Probleme.<br />

Ein Großteil der sozialpolitischen<br />

Errungenschaften nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg wurden unter unionsgeführten<br />

Bundesregierungen geschaffen.<br />

Dabei waren oft harte Auseinandersetzungen<br />

nötig, die ohne eine<br />

feste Verwurzelung der Sozialausschüsse<br />

von CDU/CSU über deren<br />

Mitglieder in den Einheitsgewerkschaften<br />

nicht gemeistert worden<br />

wären. Immer ging es darum, dass<br />

sich auch Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer in der Unionspolitik<br />

wiederfinden konnten.<br />

(Lesen Sie bitte weiter auf Seite 14)<br />

SO-Autor Erwin<br />

Vitt ist<br />

christlich-soziales<br />

Mitglied<br />

des geschäftsführenden<br />

Bundesvorstands<br />

der<br />

IG Metall.<br />

In Deutschland gibt es über 30 Millionen abhängig Beschäftigte.<br />

Knapp 18 Millionen von ihnen sind in Unternehmen<br />

oder Behörden tätig, die über einen Betriebsoder<br />

Personalrat verfügen. Zum großen Teil handelt es<br />

sich hierbei um mittlere und größere Betriebe. Dagegen<br />

ist in kleineren Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten<br />

eine Interessenvertretung der Arbeitnehmer eher selten.<br />

In Ostdeutschland gibt es relativ weniger Betriebs- oder<br />

Personalräte als in Westdeutschland. Am weitesten verbreitet<br />

ist die betriebliche Mitbestimmung im Stadtstaat<br />

Hamburg. Über drei Viertel aller Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer haben Betriebs- oder Personalräte im<br />

Rücken. Am geringsten ist die Mitbestimmungsquote in<br />

Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, wo über die<br />

Hälfte der Beschäftigten ohne Interessenvertretung auskommen<br />

muss.<br />

Mitbestimmung<br />

So viel Prozent der Beschäftigten werden durch einen Betriebsrat oder Personalrat vertreten<br />

Hamburg<br />

Hessen<br />

Niedersachsen<br />

Berlin<br />

Bremen<br />

Schleswig-Holstein<br />

Baden-Württemberg<br />

Brandenburg<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Deutschland<br />

Bayern<br />

Mecklenburg-Vorp.<br />

Rheinland-Pfalz/Saarland<br />

Thüringen<br />

Sachsen<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Stand 2001 Quelle: DIW Berlin<br />

76,3 %<br />

68,4<br />

62,6<br />

62,1<br />

60,6<br />

59,2<br />

59,1<br />

58,4<br />

58,1<br />

58,1<br />

56,2<br />

53,3<br />

52,9<br />

48,9<br />

47,0<br />

46,3<br />

© Globus 8381<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 13


Gewerkschaften<br />

Diese entscheidende Grundhaltung<br />

in einer Volkspartei hat für<br />

marktradikale Politik-Funktionäre<br />

wie Friedrich Merz heute offensichtlich<br />

keine Bedeutung mehr.<br />

Weil er politische Macht in der Partei<br />

verloren hat, hat er sich die<br />

Einheitsgewerkschaften zum Feindbild<br />

erkoren, um auf einem anderen<br />

Feld Stärke zu demonstrieren.<br />

Er setzt damit aber vor allem die<br />

Bedeutung der Volksparteien<br />

leichtfertig aufs Spiel, weil diese<br />

ohne die Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmer ihre Bodenhaftung<br />

verlieren.<br />

Ein unbeirrbares Festhalten an<br />

der sozialen Verhältnismäßigkeit<br />

muss aber zum Markenzeichen von<br />

Volksparteien gehören, zumal wenn<br />

eine den Begriff „christlich“ im Namen<br />

trägt. Das christliche Menschenbild<br />

hat eine sozialethische<br />

Dimension und einen politischen<br />

Wert an sich, der nicht einfach beliebig<br />

neu definiert oder stillschweigend<br />

geopfert werden darf.<br />

Unsere Gesellschaft wandelt sich<br />

ständig, und mit ihr wandeln sich<br />

die Gewerkschaften. In welche Richtung<br />

der Wandel geht, wird in den<br />

Einheitsgewerkschaften auch durch<br />

den Beitrag der Christlich-<strong>Soziale</strong>n<br />

beeinflusst. Sie sind nicht eine passive<br />

Anhängerschaft, sondern Mitträger<br />

dieser Einheitsgewerkschaften.<br />

Dem Aufruf von Friedrich Merz an<br />

Mitglieder von CDU/CSU, aus den<br />

Einheitsgewerkschaften in die so genannten<br />

„christlichen Gewerkschaften“<br />

überzutreten, wurde offensichtlich<br />

nicht Folge geleistet. Verärgerte<br />

Reaktionen von christlich-sozialen<br />

Kolleginnen und Kollegen auf<br />

sein realitätsfernes und populistisches<br />

Agitieren gab es aber massenweise.<br />

Vor allem aus dem Handwerk,<br />

wo die CGM wiederholt für die massive<br />

Verschlechterung der Tarifverträge<br />

mit den Arbeitgebern in fragwürdiger<br />

Weise gekungelt hat. Auch<br />

wenn deren Bestand hochgegriffen<br />

gerade mal 30 000 Mitglieder beträgt<br />

und sie tarif- und rechtspolitisch<br />

völlig unbedeutend ist, ist sie<br />

für Merz hochwillkommen. Die Vergangenheit<br />

hat gezeigt, dass sie<br />

sich – bewusst oder unbewusst – in<br />

seinem Sinne für gewerkschaftliche<br />

Spaltungsarbeiten herhalten lässt.<br />

In den christlichen Kirchen<br />

spricht man sich seit langem gegen<br />

konfessionelle Gewerkschaften aus,<br />

weil auch dort der falsche Weg einer<br />

Spaltung berechtigter Arbeitnehmerinteressen<br />

ausgemacht wurde.<br />

Das sollte gerade Christdemokraten<br />

zu denken geben.<br />

Die Volksparteien bleiben nur<br />

dann Volksparteien, wenn sie nicht<br />

weiter den Zuspruch der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer verlieren.<br />

Gestern war es die Union, heute<br />

ist es die SPD, der die Wahlenthaltung<br />

zu schaffen macht. Friedrich<br />

Merz und Guido Westerwelle<br />

werden sich irgendwann mit Wolfgang<br />

Clement um die verbliebenen<br />

Wählerstimmen streiten müssen, je<br />

mehr sich die drei politisch annähern.<br />

■<br />

Die DGB-Gewerkschaften<br />

8369<br />

Zahl der Mitglieder jeweils am Jahresende in Millionen<br />

1991<br />

11,80<br />

’92 ’93 ’94 ’95 ’96 ’97 ’98 ’99 ’00 ’01 ’02<br />

11,02<br />

10,29<br />

9,77<br />

© Globus Quelle: DGB<br />

9,35<br />

8,97<br />

8,62<br />

8,31<br />

8,04<br />

7,77 7,90* 7,70<br />

*ab 2001 einschl. DAG,<br />

die jetzt zu ver.di gehört<br />

davon Ende 2002 in 1 000<br />

2 740<br />

2 644<br />

834<br />

490<br />

297<br />

265<br />

245<br />

185<br />

ver.di<br />

IG Metall<br />

IG Bergbau, Chemie,<br />

Energie<br />

IG Bauen-Agrar-<br />

Umwelt<br />

Transnet<br />

Gew. Erziehung und<br />

Wissenschaft<br />

Gew. Nahrung-<br />

Genuss-Gaststätten<br />

Gew. der Polizei<br />

Die DGB-Gewerkschaften leiden –<br />

wie die Parteien – unter Mitgliederschwund.<br />

Von 1991 bis heute<br />

haben sie mehr als vier Millionen<br />

oder ein Drittel ihrer Klientel verloren.<br />

Zwar findet die Gewerkschaftsbewegung<br />

als Stimme der<br />

Arbeitnehmer in der politischen<br />

Landschaft weiterhin Gehör, doch<br />

kann mit der Zahl der Mitglieder<br />

auch der Einfluss der Arbeitnehmerorganisation<br />

schwinden. Größte<br />

Einzelgewerkschaft im DGB ist<br />

die Dienstleistungsgewerkschaft<br />

ver.di, die aus dem Zusammenschluss<br />

von ÖTV, DAG, HBV, Postgewerkschaft<br />

und IG Medien entstanden<br />

ist. Sie musste im vergangenen<br />

Jahr einen Mitgliederschwund<br />

in Höhe von zweieinhalb<br />

Prozent verkraften.<br />

14 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Betriebsklima<br />

Von Gisbert Jutz<br />

Mobbing im Behördenalltag<br />

Angestaubte Amtsstuben. Gähnende<br />

Langeweile. Behäbige Trägheit.<br />

Dieses Bild von Behörden ist weit<br />

gefehlt. Vielmehr geht es in manchen<br />

Büros heiß her. Der Kostendruck<br />

auf Kommunen, Gemeinden<br />

und Ämter erzeugt Dampf. Heißluft,<br />

mit der immer mehr Mitarbeiter<br />

unter Druck gesetzt werden.<br />

Bis der Deckel vom Kessel fliegt.<br />

Oder der Mitarbeiter ...<br />

Der Fall<br />

Martin* wechselte von der städtischen<br />

Betriebskrankenkasse, die wegen<br />

Korruption im Gesundheitswesen<br />

schließen musste, in die Stadtverwaltung.<br />

Dort begegnet man ihm vom<br />

ersten Tag an mit Misstrauen, obwohl<br />

er mit dem Missbrauch im Vorstand<br />

der BKK nichts zu tun hatte. Ständig<br />

wird sein Büro umgeräumt. Der PC<br />

wird manipuliert: In Dokumente werden<br />

Schnitzer eingebaut oder verschwinden<br />

ganz. Eigene Fehler aus<br />

Konzentrationsmangel kommen hinzu.<br />

Der Amtsleiter stellt fest:<br />

„Bei einer solchen Arbeitsweise<br />

musste die BKK ja Pleite gehen.“<br />

Martin, nervös und unsicher, plagen<br />

Schlafstörungen und Magenschmerzen.<br />

Fehlzeiten folgen. Erst Monate<br />

später kommt es nach einer längeren<br />

stationären Rehabilitation und einfühlsamen<br />

Krankenrückkehrgesprächen<br />

zur Wiedereingliederung,<br />

Infoline:<br />

www.dgb.de/themen/mobbing<br />

www.igmetall.de<br />

www.sozialnetz-hessen.de<br />

www.bma.bund.de<br />

www.vpsm.de<br />

allerdings an einem anderen Arbeitsplatz.<br />

Der Fall hat dem Steuerzahler<br />

bis dahin ca. 100 000 Euro gekostet.<br />

Die Folgen<br />

Engagement und Einsatzfreude<br />

setzen Vertrauen voraus. Für 69<br />

Prozent aller Deutschen ist aber<br />

„Dienst nach Vorschrift“ Normalfall.<br />

Negativ-Vorbilder wie dieser Fall<br />

lassen Kreativität im Keim ersticken.<br />

Ein Klima der Angst löst<br />

Lethargie aus. Blutige Auseinandersetzungen<br />

wie in Ostafrika zwischen<br />

Hutu und der „Oberschicht“ Tutsi<br />

gibt es in Deutschland zwar nicht,<br />

dafür ist hier vieles subtiler.<br />

Durch Kleinkrieg im Betrieb geht<br />

kostbare Human Ressource verloren,<br />

wenn z. B. die „Ossis“ die Zugereisten<br />

pauschal als „Ober-Wessi“ und nicht<br />

vorurteilsfrei als Kollege wahrnehmen.<br />

Oder wenn Angestellte sich von<br />

Beamten fremdbestimmt, entmündigt<br />

fühlen. „Gründe“ für Vorurteile gibt<br />

es leider – wie im Fall – viele.<br />

Es lohnt sich aber nachzudenken.<br />

Denn eine Studie der Unternehmensberatungsgesellschaft<br />

Gallup<br />

mbH, Potsdam, bestätigt: Die meisten<br />

Arbeitnehmer fühlen sich ihrem<br />

Arbeitgeber nicht verpflichtet<br />

(69 Prozent). Als ein Grund werden<br />

autoritäre Chefs angegeben. Oft<br />

Personen ohne Persönlichkeit, die<br />

mangels Fachkompetenz mit „Vitamin<br />

B“ ihre Position erlangten.<br />

Nur 15 Prozent aller Deutschen<br />

sind engagiert bei der Arbeit und<br />

empfinden diese als befriedigend<br />

(Vereinigte Staaten 30 Prozent).<br />

Genauso viele haben bereits innerlich<br />

gekündigt (16 Prozent). Schwache<br />

Mitarbeiterbindung, Fehlzeiten<br />

und Produktivitätsverlust verursachen<br />

gesamtwirtschaftlich einen<br />

Schaden von jährlich rund 220 Milliarden<br />

Euro. (Zum Vergleich: Bundeshaushalt<br />

2003 246,3 Mrd. Euro.)<br />

Aktion „Abendsonne“<br />

Aktionen wie „Abendsonne“, bei<br />

der – so der Vorwurf namhafter Insider<br />

– Personen mit rot-grünen Parteibüchern<br />

vor<br />

dem letzten<br />

Bundestagswahltermin<br />

noch<br />

schnell befördert<br />

wurden, schädigen<br />

nicht nur<br />

das Ansehen der<br />

Politik, sondern<br />

mehr noch der<br />

jeweiligen Belegschaft.<br />

Aber<br />

im öffentlichen<br />

Dienst sind Produktivität<br />

und<br />

Kreativität leider<br />

nicht selten Fremdwörter. Es ist für<br />

Behördenchefs einfach, „kw-Vermerke“<br />

(= Stelle kann wegfallen) nach rigiden<br />

Vorgaben anzubringen.<br />

Herausforderung für Personalund<br />

Betriebsräte<br />

Natürlich sind hier professionelle<br />

Personalmanager gefordert. In der<br />

Praxis sind es aber überwiegend die<br />

Personal- und<br />

Betriebsräte,<br />

die sich einmischen.<br />

Sie vermitteln,<br />

schlichten und<br />

helfen bei der<br />

Wiedereingliederung.<br />

Für die<br />

<strong>CDA</strong> hat daher das Thema „No-Mobbing“<br />

seit Jahren eine herausragende<br />

Bedeutung.<br />

* Name geändert ■<br />

Bullying<br />

Wird insbesondere zur Beschreibung<br />

von vorwiegend körperlichen<br />

Attacken unter Schülern benutzt.<br />

Auf den Arbeitsplatz übertragen<br />

entstand daraus „Mobbing“.<br />

Der Begriff beschreibt negative<br />

kommunikative Handlungen,<br />

die gegen eine Person gerichtet<br />

sind (von einer oder mehreren<br />

anderen). Oft werden diese<br />

systematisch über einen längeren<br />

Zeitraum hinaus betrieben.<br />

Bossing<br />

Ist ein Teilbereich des Mobbings,<br />

nämlich die systematische<br />

Schikane von Mitarbeitern nach<br />

Plan oder Computerprogramm<br />

durch Vorgesetzte.<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 15


Kommunikationsabend<br />

Premiere: Erstmals in Berlin, in<br />

den Räumen der Deutschen Parlamentarischen<br />

Gesellschaft, fanden<br />

sich Freunde und Förderer der<br />

<strong>CDA</strong>, Repräsentanten aus Politik,<br />

Wirtschaft und Gesellschaft, zum<br />

Kommunikationsabend aus Anlass<br />

der <strong>CDA</strong>-Zukunftspreis-Verleihung<br />

ein – in diesem Jahr an Angela<br />

Merkel. (Die Übergabe erfolgt<br />

am 10. Oktober in Bonn.)<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Unsere Bild-Impressionen zeigen<br />

Horst Seehofer, Ex-Gesundheitsminister,<br />

bei einem beachtenswerten Vortrag<br />

über Veränderungen in den Sozialsystemen<br />

(Bild 1), <strong>CDA</strong>-Chef Hermann-Josef<br />

Arentz und Ex-Jugendministerin<br />

Claudia Nolte (2), <strong>CDA</strong>-<br />

Unternehmens-Kommunikationschef<br />

Jürgen F. Wippermann (Mitte) mit<br />

Prof. Dr. Bruno O. Braun, Vorsitzender<br />

der Vorstände der Unternehmensgruppe<br />

TÜV-Rheinland-Berlin-Brandenburg,<br />

und die Leiterin der TÜV-<br />

Presse- und -Öffentlichkeitsarbeit,<br />

Diplom-Ingenieurin Aud Feller (3),<br />

Adam-Opel-AG-Konzernrepräsentant<br />

Uwe Berlinghoff und Wippermann<br />

(4), Ex-<strong>CDA</strong>-Chef und Ex-Senator Ulf<br />

Fink, zusammen mit Margret Mönig-<br />

Raane (ver.di) und – links – DGB-<br />

Bundesvorstandsmitglied Ingrid<br />

Sehrbrock (5), Vorstandssprecher<br />

Udo Müller, Ströer Out-of-Home-<br />

Media AG, und <strong>CDA</strong>-Hauptgeschäftsführer<br />

Dr. Ulrich Hettinger (6),<br />

Arentz und Seehofer zusammen mit<br />

Reinhold Schulte (links), Vorsitzender<br />

der Vorstände der Signal-Iduna-Gruppe,<br />

und <strong>CDA</strong>-Vizechef Walter Link<br />

(7), Bi-Vent-Gesellschafterin Birgit<br />

Illek als stets freundliche Organisatorin<br />

und Helferin in allen Lebenslagen<br />

mit Ströer-Geschäftsführer<br />

Rüdiger W. Storim (8), Cornelia Yzer,<br />

Hauptgeschäftsführerin des Verbandes<br />

Forschender Arzneimittelhersteller<br />

mit Hermann-Josef Arentz (9).<br />

Bildnachweis:<br />

Ossenbrink, Schübel-pictures<br />

16 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Kommunikationsabend<br />

4<br />

5<br />

6 7<br />

8 9<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 17


<strong>CDA</strong>-NRW<br />

„Erst kommt der Mensch“<br />

„Erst kommt der Mensch“, rief Ralf Brauksiepe in<br />

seinem politischen Bericht: „Arbeitslosengeld ist<br />

eine Versicherungsleistung und keine Fürsorge, die<br />

man nach Gutdünken gewähren kann!“ Durch die<br />

Berliner Pläne würden ältere Arbeitnehmer in erheblichem<br />

Umfang Ansprüche verlieren. Er hielt<br />

fest, dass es für Menschen, die jahrzehntelang in<br />

die Sozialkassen eingezahlt hätten, eine Zumutung<br />

sei, was die rot-grüne Bundesregierung plane.<br />

Auf der Landestagung der NRW-<br />

<strong>CDA</strong> Ende März in Paderborn kritisierte<br />

Brauksiepe in aller Schärfe<br />

die rot-grüne Landesregierung wegen<br />

rund 20 000 fehlender Ausbildungsplätze<br />

in NRW: „Wer die Chancen<br />

von jungen Menschen schon zu<br />

Beginn einer beruflichen Tätigkeit<br />

zerstört, versündigt sich an der Gesellschaft.<br />

Junge Menschen dürften<br />

nicht als ,Hilfsarbeiter’ enden. Für<br />

mehr Beschäftigung und Wachstum<br />

tue der neue NRW-Ministerpräsident<br />

Peer Steinbrück nichts!“<br />

Brauksiepe, der vor einem Jahr<br />

den <strong>CDA</strong>-Landesvorsitz von Hermann-Josef<br />

Arentz übernahm, forderte<br />

in den Arbeitsämtern eine<br />

Verdopplung der Arbeitsvermittler,<br />

statt die Klientel der Sozialämter<br />

den Arbeitsämtern aufzubürden.<br />

„Auch nach der Zusammenlegung<br />

der Arbeitslosen- und Sozialhilfe<br />

muss es für ältere Arbeitslose höhere<br />

Freibeträge geben.“<br />

Chancengleichheit<br />

Die Rede des CDU-Landesvorsitzenden<br />

Dr. Jürgen Rüttgers wurde<br />

mehrfach durch Beifall unterbrochen.<br />

Er traf die Stimmungslage der<br />

Delegierten, als er betonte, die<br />

Chancengleichheit müsse auch bei<br />

der Bildung gewahrt bleiben.<br />

Im Kampf gegen den Unterrichtsausfall<br />

schlug Rüttgers einen „Pakt<br />

für mehr Lehrer und kleinere Klassen“<br />

vor. „Ungeachtet ideologischer<br />

Unterschiede gilt es schnell zu helfen!“<br />

Wenn der von der Umweltministerin<br />

Höhn zugegebene Wasserkopf<br />

in Ministerien und Landesbehörden<br />

abgebaut würde, könnten mit dem<br />

Geld Lehrer und Polizisten eingestellt<br />

werden. Rüttgers wandte<br />

sich ferner gegen den radikalen<br />

Abbau von Subventionen im Steinkohlebergbau:<br />

„Um die Kumpel fair<br />

zu behandeln, sollten die Beihilfen<br />

für die Steinkohle bis 2010 nur um<br />

die Hälfte gesenkt werden.“<br />

„Ich glaube, dass wir die kommende<br />

Landtagswahl gewinnen,“ sagte<br />

Rüttgers. Er forderte die 250 <strong>CDA</strong>-<br />

Delegierten auf, sich frühzeitig auf<br />

die Regierungsarbeit einzustellen.<br />

In seinem Organisationsbericht<br />

verwies Landessozialsekretär Ralf<br />

Lindemann auf die guten organisatorischen<br />

Voraussetzungen, die in<br />

den letzten Jahren geschaffen wurden:<br />

„Trotz weniger Sozialsekretären<br />

ist es gelungen, die notwendige<br />

Betreuung ,vor Ort’ aufrechtzuerhalten.“<br />

Organisation<br />

Die <strong>CDA</strong>-Geschäftsstellen im Lande<br />

würden Stück für Stück zu Regionalgeschäftsstellen<br />

zusammengefasst;<br />

neue Kommunikationstechniken<br />

seien eingeführt worden; die<br />

finanzielle Ausstattung der <strong>CDA</strong>-<br />

Bezirke sei zwar nicht rosig, aber<br />

die <strong>CDA</strong> sei weiter handlungsfähig.<br />

Acht Regionalkonferenzen, zwei<br />

Sommeraktionen mit elf <strong>CDA</strong>-Politikern<br />

an 13 Tagen unterwegs und<br />

zwei Arbeitnehmerkonferenzen in<br />

den letzten zwei Jahren hätten den<br />

Verband zusammengeschweißt. Der<br />

Einbruch bei den Mitgliederzahlen<br />

sei zurückgegangen – für das Jahr<br />

2003 erwartete Lindemann eine<br />

Steigerung.<br />

(Lesen Sie bitte weiter auf Seite 20)<br />

Die Tagungspräsidentin Angelika<br />

Gemkow, Landtagsabgeordnete<br />

aus Bielefeld, gratuliert dem überzeugend<br />

wieder gewählten Landesvorsitzenden<br />

Ralf Brauksiepe.<br />

18 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


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<strong>CDA</strong>-NRW<br />

Gesundheit<br />

Große Beachtung fand ein „Forum<br />

Gesundheitspolitik“ mit interessanten<br />

Vertretern des Gesundheitsbereiches.<br />

Der Präsident des<br />

Marburger Bundes, Rudolf Henke<br />

MdL, der Geschäftsführer der DAK<br />

Westfalen, Werner Veen, und der<br />

Vizepräsident der Krankenhausgesellschaft<br />

NRW, Dr. Johannes Kramer,<br />

trugen den Delegierten Veränderungen<br />

in der Gesundheitspolitik<br />

aus ihrer Sicht in Kurzreferaten vor.<br />

Das Ergebnis dieses Forums wird<br />

als Änderungs-/Ergänzungsantrag<br />

zum Leitantrag des <strong>CDA</strong>-Bundesvorstandes<br />

bei der <strong>CDA</strong>-Bundestagung<br />

im Juni eingebracht.<br />

Gäste<br />

Während der Landestagung konnten<br />

zahlreiche prominente Politiker<br />

begrüßt werden, die teilweise<br />

Grußworte sprachen; so der <strong>CDA</strong>-<br />

Bundesvorsitzende Hermann-Josef<br />

Arentz, der CDU-General Herbert Reul<br />

MdL, der Präsident der EU<strong>CDA</strong>, Elmar<br />

Brok MdEP, der wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische<br />

Sprecher der<br />

CDU/CSU-Fraktion, Karl-Josef Laumann<br />

MdB, der Landesvorsitzende<br />

und Gruppensprecher des Bundes der<br />

Mittelstandsvereinigung, Hartmut<br />

Schauerte MdB, drei stellvertretende<br />

Fraktionsvorsitzende aus dem Düsseldorf<br />

Landtag, die Spitzen der Kommunalpolitik<br />

aus der Stadt und dem<br />

Kreis Paderborn und natürlich auch<br />

die Vertretungen der Gewerkschaften<br />

und Arbeitnehmerverbände. ■<br />

Der neue NRW-Vorstand<br />

Die Landestagung der <strong>CDA</strong> bestätigte<br />

den bisherigen Landesvorsitzenden,<br />

den 36-jährigen<br />

Hattinger CDU-Bundestagsabgeordneten<br />

Dr. Ralf Brauksiepe mit<br />

deutlicher Mehrheit (92,44 v. H.)<br />

in seinem Amt. Als erster stellvertretender<br />

Landesvorsitzender<br />

wurde der Recklinghäuser Landtagsabgeordnete<br />

Fritz Kollorz mit<br />

94,35 v. H. der Stimmen wieder<br />

gewählt. Kollorz ist Hauptvorstandsmitglied<br />

der IG BCE und<br />

Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe<br />

der CDU-Landtagsfraktion.<br />

Ebenfalls wieder gewählt wurden<br />

die bisherigen drei weiteren stellvertretenden<br />

Landesvorsitzenden:<br />

Doris Jansen (Mönchengladbach),<br />

Karl-Albert Eßer (Düren)<br />

und Martin Pils (Soest).<br />

Neuer Landesschatzmeister wurde<br />

Helmut Hilger (Recklinghausen).<br />

Der ausscheidende Landesschatzmeister<br />

Wilhelm Beermann, der<br />

dieses Amt 16 Jahre innehatte<br />

und Heinz Hardt MdL, der 30 Jahre<br />

dem Landesvorstand und 20<br />

Jahre dem geschäftsführenden<br />

Landesvorstand angehörte, wurden<br />

während der Landestagung mit der<br />

goldenen Ehrennadel nebst Urkunde<br />

für ihr christlich-soziales Engagement<br />

ausgezeichnet.<br />

Obwohl der Mitgliederanteil der<br />

Frauen in der NRW-<strong>CDA</strong> unter 20<br />

v. H. liegt, wurden bei den Beisitzerwahlen<br />

50 v. H. Frauen gewählt.<br />

Die 22 Beisitzer im neuen Landesvorstand<br />

sind:<br />

Jutta Appelt MdL, Wuppertal<br />

Birgitt Beier, Bochum<br />

Franz Corneth, Köln<br />

Heidemarie Deist, Bochum<br />

Angelika Gemkow MdL, Bielefeld<br />

Ulrich Hampe, Düsseldorf<br />

Helmut Kampmann,<br />

Hochsauerlandkreis<br />

Wolfgang Kölker MdL, Steinfurt<br />

Dieter Landskrone, Essen<br />

Doris Leven, Rhein-Sieg-Kreis<br />

Martina Lindner-Wöhning, Herne<br />

Werner Linnemann, Hamm<br />

Claudia Middendorf, Dortmund<br />

Angelika Riedel, Köln<br />

Elke Rühl, Remscheid<br />

Wilhelm Schröder,<br />

Minden-Lübbecke<br />

Hannedore Skroch, Wesel<br />

Klaus Stallmann MdL, Unna<br />

Stephan Stickeler, Olpe<br />

Gudrun Wolske-Eickmann,<br />

Kreis Aachen<br />

Christian Zorndorf, Düsseldorf<br />

Willi Zylajew MdB, Erftkreis<br />

Beim Kommunikationsabend der<br />

Landestagung: Ralf Brauksiepe,<br />

Fritz Kollorz und Hermann-Josef<br />

Arentz im Gespräch mit den<br />

Delegierten.<br />

20 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Kommunalpolitik<br />

Die Stadt als Werbefläche:<br />

Neue Formen der<br />

öffentlichen Kommunikation<br />

Von Rüdiger W. Storim<br />

und Anne Knoch<br />

Wandert der heutige Süditalien-<br />

Tourist aufmerksam durch das im<br />

Jahre 79 vor Christi Geburt verschüttete<br />

Pompeji, fällt ihm sehr<br />

schnell folgende Hauswand-Inschrift<br />

ins Auge: „Macht den Gaevius<br />

zum Aedilen, ich bitte euch. Die<br />

Nachbarn schlagen ihn vor.“<br />

Ein frühes Zeugnis von Außenwerbung,<br />

deren Anfänge gewiss weit in<br />

die Zeit frühester Kulturen – vielleicht<br />

sogar in die Epochen vor der<br />

Erfindung der Schrift – reichen, in<br />

Form von Wahlpropaganda: Die von<br />

der Bürgerschaft gewählten Aedilen<br />

zeichneten für die Polizeiaufgaben<br />

und die beliebten öffentlichen Spiele<br />

verantwortlich!<br />

Im Geschichtsabschnitt des römischen<br />

Caesaren-Imperiums vervollkommnete<br />

der Praeco die Kunst des<br />

zeitgemäßen Werbe-Ausrufers, der<br />

seinen Nachfolger im mittelalterlichen<br />

Herold fand. Die Holzschnitttechnik<br />

des 14. Jahrhunderts in der<br />

Form von Bildmotiven und die ersten<br />

gedruckten Aufrufe mittels der<br />

Druckkunst setzten – verbunden mit<br />

der gewachsenen Bildung der breiten<br />

Bevölkerung – neue Akzente in der<br />

professionellen „Reklame“ im Freien,<br />

bis der Berliner Ernst Litfaß im Jahre<br />

1855 in seiner Heimatstadt die erste<br />

Litfaßsäule aufstellte: Der weltweite<br />

Siegeszug der Außenwerbung im<br />

städtischen Bereich begann!<br />

Zahlreiche neue Formen der<br />

Außenwerbung entstanden, und diese<br />

Weiterentwicklung hält an. Die<br />

Allgemeinstelle, die Ganzsäule, die<br />

Großfläche, das City-Light-Poster,<br />

das Superposter, das BlowUp, das<br />

VideoBoard – all diese Werbeformen<br />

findet man an Straßen und anderen<br />

öffentlichen Plätzen. Aufgrund ihrer<br />

breiten Streuung erreichen die Outof-Home-Medien<br />

prinzipiell alle mobilen<br />

Menschen, die sich im öffentlichen<br />

Verkehrsraum aufhalten.<br />

Neueste Untersuchungen belegen,<br />

dass Out-of-Home-Medien<br />

sehr stark genutzt werden: 55 Prozent<br />

der Bevölkerung ab 14 Jahre<br />

nutzen das Medium Plakat an<br />

mehr als fünf Tagen pro Woche<br />

(Lesen Sie bitte weiter auf Seite 22)<br />

und nur 14 Prozent der Befragten<br />

fühlen sich gestört, während rund<br />

65 Prozent der Gesamtbevölkerung<br />

TV-Werbung als „nervig“ empfindet.<br />

Mit einem Wort: Keine andere<br />

Werbemöglichkeit befindet sich so<br />

dicht an ihrer Zielgruppe wie die<br />

Außenwerbung – das Medium mitten<br />

im Leben. Das Medium, das fesseln,<br />

begeistern und Aufmerksamkeit erregen<br />

kann und das im Sinn der<br />

Werbetreibenden erfolgreich Image<br />

bildet, Absatz fördert oder einfach<br />

nur kurz und prägnant die Öffent-<br />

Außenwerbung:<br />

Auch<br />

ein Mittel<br />

der Platzgestaltung.<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 21


Kommunalpolitik<br />

lichkeit über kulturelle, sportliche<br />

und andere Ereignisse informiert.<br />

Gründe genug für den engagierten<br />

Kommunalpolitiker, sich intensiver<br />

mit den Out-of-Home-Medien<br />

zu beschäftigen? Sich tiefer in den<br />

Problembereich „Bauanträge und<br />

städtische Bauplanung und Werbeordnung“<br />

zu vertiefen? Oder sich<br />

einfach nur mit den Pachtabgaben<br />

des Außenwerbe-Partners zur Stärkung<br />

des städtischen Budgets zufrieden<br />

zu geben?<br />

Technische Innovationen innerhalb<br />

der Out-of-Home-Medien<br />

zeichnen mittel- und langfristig einen<br />

Wandel des klassischen Plakates<br />

weg vom reinen Informationshin<br />

zum vielseitigen und flexiblen<br />

Kommunikationsmedium: Weg vom<br />

Papier, hin zur digitalen Oberfläche.<br />

Die künftige Außenwerbewelt wird<br />

sukzessiv über ein städtisches Netz<br />

von öffentlichen Werbe- und Kommunikationsträgern<br />

verfügen, welches<br />

sich in kürzester Zeit via Online-Satellitenübertragungs-<br />

und modernster<br />

Computertechnik zu dem schnellsten<br />

und direktesten Info- und Kommunikationsmedium<br />

der Welt für die mobile<br />

Gesellschaft entwickeln wird.<br />

Ein Medium, das die städtischen<br />

Institutionen in enger Partnerschaft<br />

mit dem jeweiligen vertraglich<br />

gebundenen Außenwerbeunternehmen<br />

in die Lage versetzt, mit<br />

ihrer mobilen und flexiblen Bevölkerung<br />

zu festgelegten Zeiten, aber<br />

auch in sicherheits-relevanten Situationen<br />

unmittelbar, ohne lebensbedrohliche<br />

Zeitverluste und<br />

gruppenspezifisch mittels elektronischem<br />

Plakat zu kommunizieren.<br />

Werbe-Effekt: Pay-TV-Sender setzen<br />

auf die Wirksamkeit der<br />

Außenmedien.<br />

Und obendrein ein Medium, das der<br />

eigenen Kreativität weiten Raum<br />

zur Entfaltung bereitstellt.<br />

Gründe genug, sich intensiver<br />

zum Wohle der eigenen Klientel mit<br />

den Out-of-Home-Medien zu beschäftigen.<br />

■<br />

SO-Service<br />

Städte und Gemeinden in Deutschland<br />

erleben die schlimmste<br />

Finanzkrise seit Jahrzehnten.<br />

Kommunale Wirtschaftspolitik erhält<br />

einen immer größeren Stellenwert.<br />

Die SO veröffentlicht<br />

deshalb – als besonderen Service<br />

für die der <strong>CDA</strong> angehörenden<br />

Ratsmitglieder – regelmäßig<br />

Fachbeiträge zu ausgewählten<br />

wirtschaftspolitischen Themen.<br />

In dieser Ausgabe: „Außenwerbung<br />

als Einnahmequelle“ und<br />

„Zukunft der Stadtwerke“. ■<br />

Dresden: Werbung<br />

in eigener<br />

Sache.<br />

Fotos (3):<br />

Ströer<br />

22 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Kommunale Wirtschaft<br />

Deutsche Stadtwerke:<br />

Totgesagte leben länger<br />

Von Roman Schneider<br />

Wunderbare Schwanengesänge<br />

gab es noch vor einigen Jahren:<br />

„Die Opfer der Liberalisierung auf<br />

den Energiemärkten werden die<br />

deutschen Stadtwerke sein.“ Kühnen<br />

Schätzungen zufolge würden<br />

nicht einmal 100 dieser Unternehmen<br />

überleben. Doch die Stadtwerke<br />

sind noch da. Sicherlich in einigen<br />

Fällen mit neuen (Mit-)Gesellschaftern,<br />

teilweise in Kooperationen<br />

tätig und – das ist wohl entscheidend<br />

– mit einer neuen Einstellung<br />

zum Wettbewerb.<br />

Was ist passiert, dass viele der<br />

Stadtwerke heute eine Verfassung<br />

und Kondition haben, die ihnen das<br />

Überleben nicht nur am Rande der<br />

unternehmerischen Existenz, sondern<br />

in strategischer Hinsicht auch<br />

mittel- und langfristig sichert? Was<br />

ist in den letzten Jahren geschehen,<br />

welche Veränderungen haben<br />

sich wie auf die deutsche Stadtwerkelandschaft<br />

ausgewirkt?<br />

Aus den ehemals neun Verbundunternehmen<br />

(z. B. E.ON/RWE) wurden<br />

nur noch vier. Die regionalen<br />

Versorgungsunternehmen, z. B. die<br />

EWE, envia-M, mark-E, haben sich<br />

auf ca. 30 Unternehmen konzentriert<br />

(1998 ca. 70 Unternehmen).<br />

Und bei den Stadtwerken sind es<br />

immer noch rund 900 eigenständige<br />

Unternehmen.<br />

Der Gesetzgeber hat alles getan,<br />

um das unternehmerische Dasein<br />

der Stadtwerke zu erschweren. Allein<br />

die Regelungsflut, die sich aus<br />

der Steuerung der erneuerbaren<br />

Energien, der Kraft-Wärme-Kopplung<br />

und sonstiger Tatbestände ergibt,<br />

hat zu einer verbesserten Akzeptanz<br />

des Versorgers vor Ort geführt. Wer<br />

sonst hätte Rat suchenden Versorgungskunden<br />

aus dem Paragrafendschungel<br />

führen können?<br />

Doch letztlich waren es die Stadtwerke<br />

selbst, die bei ihren Kunden<br />

die so genannte Präferenzen selbst<br />

geschaffen haben. Wie gelang das?<br />

Stadtwerke haben einen unabdingbaren<br />

Vorteil: Sie sind in der Region,<br />

in der die Kunden leben, ihre<br />

Geschäfte betreiben, bekannt. Des<br />

Weiteren kennen sie ihre Kunden<br />

durch langjährige Geschäftsbeziehungen.<br />

Gewiss, dies hat eine eher<br />

monopolistische Vergangenheit.<br />

Bloß: In den Jahren seit der Liberalisierung<br />

haben die Stadtwerke auch<br />

gelernt, was Kundenbindung und<br />

Kundenorientierung bedeutet.<br />

Und ganz wesentlich ist die auf die<br />

Örtlichkeiten angepasste Organisation.<br />

Stadtwerke haben keine fernen<br />

Befehlszentralen, Stadtwerke haben<br />

keine so langen Berichtswege. Genau<br />

das, was man als Kritikpunkte an den<br />

ganz Großen der Versorgungsbranche<br />

häufig und auch richtigerweise findet,<br />

fehlt bei den meisten Stadtwerken:<br />

die Komplexität in den Geschäften.<br />

Einfache Dinge richtig machen<br />

und nicht komplizierter als sie sind,<br />

ist eines der Erfolgsrezepte.<br />

Nicht vergessen werden soll aber<br />

auch in diesem Zusammenhang, dass<br />

die Mitarbeiter der kommunalen Versorgungsunternehmen<br />

vor Ort sind.<br />

Sie sind in den Städten und Kommunen<br />

präsent, sie leben dort, sind in<br />

Vereinen organisiert. Und sie haben<br />

erkannt, wie man diese Vorteile aus<br />

eigenen Gründen nutzt. In Münster,<br />

Hamm, Bad Salzuflen, Düsseldorf und<br />

anderen Städten wurde durch Bürgerbegehren<br />

der Verkauf von Geschäftsanteilen<br />

abgeblockt. Sicherlich gibt<br />

es Gründe, einen Partner in das jeweilige<br />

Unternehmen zu holen. Dabei<br />

sollte man aber<br />

nicht vergessen,<br />

dass die Werte<br />

des jeweiligen<br />

Unternehmens<br />

nicht nur in Euro<br />

und Cent bestehen,<br />

sondern<br />

in aller Regel<br />

tief verwurzelte<br />

Einstellungen<br />

und Verhaltensweisen<br />

beinhalten.<br />

Eben diese<br />

Werte sind es<br />

häufig, die ein<br />

Stadtwerk überleben lassen. Unstrittig<br />

aber ist, das die kaufmännische<br />

Seite stimmen muss. Stimmen die<br />

Zahlen auf Dauer nicht, hat es natürlich<br />

ein Stadtwerk schwer.<br />

Und Stadtwerke konnten auf<br />

Grund der Tatsache, dass sie in aller<br />

Regel mehrere Versorgungsdienstleistungen<br />

aus einer Hand anbieten,<br />

deutlich Punkte machen. Die Idee<br />

des „Multi-Utility“-Anbieters ist beileibe<br />

nicht neu. Deutsche Stadtwerke<br />

bieten seit vielen Jahrzehnten<br />

Strom, Gas und Wasser aus einer<br />

Hand. Sie wissen bestens, wo die<br />

Leitungen in der Erde liegen, wie<br />

man Baustellen mit ausführenden<br />

Firmen aus der Region auch zügig<br />

wieder schließt. Das sind Vorteile,<br />

die sich ein neuer Anbieter in der<br />

Region erst einmal erarbeiten muss,<br />

will er einem kommunalen Anbieter<br />

Foto:<br />

Bühler<br />

SO-Autor Roman<br />

Schneider,<br />

Diplom-<br />

Ökonom und<br />

Diplom-Betriebswirt,<br />

ist geschäftsführender<br />

Gesellschafter<br />

der S-M-M-<br />

Managementberatung<br />

GmbH,<br />

Düsseldorf.<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 23


Kommunale Wirtschaft<br />

erfolgreich Konkurrenz machen.<br />

Stadtwerke sind also in der Lage,<br />

ihre Vorzüge auf dem kommunalen<br />

Versorgungsmarkt in vielfältiger Hinsicht<br />

täglich unter Beweis zu stellen.<br />

Sind sie es nicht oder nur sehr bedingt,<br />

reduziert sich deren betriebswirtschaftliche<br />

Legitimierung, da es<br />

keinen Artenschutz für diese Art von<br />

Unternehmen gibt und geben darf.<br />

Dieses Wissen um die Kräfte des<br />

Marktes treibt auch die Stadtwerker<br />

immer wieder an. Im Wettbewerb bestehen<br />

bedeutet aber auch, dass in<br />

den nächsten Jahren weitere Anstrengungen<br />

erforderlich sind.<br />

Abgestraft wird in einer Wettbewerbswirtschaft,<br />

wer an den Bedürfnisses<br />

seiner Kunden vorbei arbeitet.<br />

Ständige Beobachtung dessen,<br />

was den Kunden nützt, ständiger<br />

Dialog mit den Abnehmern und<br />

ständiges Ringen um die bessere Lösung<br />

sind einige Punkte, die Stadtwerke<br />

vor Ort erbringen können.<br />

Fazit: Die Welt dreht sich, und mit<br />

ihnen drehen sich auch die deutschen<br />

Stadtwerke. Sie werden die Verände-<br />

rungen im Wettbewerb akzeptieren<br />

und beherrschen. Sicherlich wird es<br />

einige geben, die nicht konditionsstark<br />

sind, um die Herausforderungen<br />

zu bestehen. Wettbewerb – und der<br />

herrscht auch für kommunale Versorgungsunternehmen<br />

– ist ein Entdeckungsverfahren.<br />

Das bedeutet,<br />

wer nicht auf Entdeckungsreisen geht<br />

und sich immer wieder selbst fragt,<br />

ob der Kurs noch stimmt, läuft Gefahr,<br />

seine Eigenständigkeit einzubüßen.<br />

Bislang aber hat die Reise in<br />

den Wettbewerb gut funktioniert. ■<br />

Das kostbare Nass<br />

Jährlicher Wasserverbrauch je Einwohner in 1 000 Liter<br />

USA<br />

Portugal<br />

1 090<br />

1 870<br />

Spanien<br />

1 040<br />

Italien<br />

980<br />

Griechenland<br />

830<br />

Japan<br />

720<br />

Frankreich<br />

700<br />

Belgien<br />

690<br />

Norwegen<br />

600<br />

Deutschland<br />

530<br />

Finnland<br />

480<br />

Irland<br />

330<br />

Schweden<br />

310<br />

Niederlande<br />

280<br />

Großbritannien<br />

180<br />

Dänemark<br />

180<br />

Luxemburg<br />

140<br />

8394<br />

© Globus<br />

Quelle: OECD<br />

jeweils letzter verfügbarer Stand<br />

Wasser – wichtiges Geschäftsfeld von Stadtwerken – ist ein kostbares Gut –, doch nicht alle Länder gehen<br />

gleichermaßen sorgsam damit um. So beträgt der Wasserverbrauch je Einwohner in den USA fast 1 900<br />

Kubikmeter (ein Kubikmeter = 1 000 Liter) pro Jahr. Großbritannien, Dänemark und Luxemburg kommen<br />

noch nicht einmal auf ein Zehntel des US-Wertes. Nur 2,5 Prozent des weltweiten Wassers ist Süßwasser. In<br />

Afrika und in Asien hat mancherorts weniger als ein Viertel der Bevölkerung Zugang zu sauberem Trinkwasser.<br />

Und Expertenberechnungen zufolge werden sich die Probleme bis 2025 verschärfen; dann könnten zwei<br />

Drittel der Menschheit von Trinkwasserproblemen betroffen sein.<br />

24 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Wirtschaft<br />

Helmut Brandstätter und<br />

Wolfgang Fischer, bisherige Geschäftsführer<br />

des Nachrichtensenders<br />

n-tv, sowie Aufsichtsratschef<br />

Karl-Ulrich Kuhlo haben<br />

sich aus ihren Funktionen bei dem<br />

Berliner Sender zurückgezogen.<br />

Neuer Aufsichtsratschef ist CNN-<br />

Geschäftsführer Ken Jautz, dessen<br />

Stellvertreter RTL-Informationsdirektor<br />

Hans Mahr. Brandstätters<br />

Nachfolger als Geschäftsführer<br />

wurde Johannes Züll, derzeit<br />

Geschäftsführer von RTL New-<br />

Media.<br />

n-tv-Gründer Kuhlo hat seinen<br />

Anteil von 0,75 Prozent an RTL-<br />

Television verkauft und scheidet<br />

nun „einvernehmlich“ aus. „n-tv<br />

ist mein Baby, das ich mit viel<br />

Mühen großgezogen habe“, so<br />

Kuhlo. „Natürlich fällt mir der Abschied<br />

aus dem Aufsichtsrat sehr<br />

schwer.“ Er werde aber dem Sender<br />

eng verbunden bleiben.<br />

Jautz, sein Nachfolger als Vorsitzender<br />

des Aufsichtsrates, ist Geschäftsführer<br />

von CNN Financial<br />

News in New York. Er war von<br />

1999 bis 2001 Geschäftsführer<br />

von n-tv. Die Funktionen von<br />

Programmgeschäftsführer Brandstätter<br />

und dem kaufmännischen<br />

Geschäftsführer Fischer übernimmt<br />

Züll als alleiniger n-tv-<br />

Chef. Seinen Posten als Geschäftsführer<br />

von RTL NewMedia<br />

legt er zeitgleich nieder.<br />

RTL hat im vergangenen Jahr<br />

den n-tv-Anteil des Holtzbrinck-<br />

Konzerns in der Höhe von 47,3<br />

Prozent übernommen. Anfang des<br />

Jahres sicherte sich RTL zudem<br />

das Vorkaufsrecht auf den Mehrheitsanteil<br />

von AOL Time Warner.<br />

n-tv wurde 1991 gegründet und<br />

ging am 30. November 1992 auf<br />

Sendung. ■<br />

Millionen-Geldbußen<br />

Peter G. Heinz wird sich mit<br />

Auslaufen seines Vertrags als<br />

Sprecher des Vorstands der Arab<br />

Bank AG zum 1. Mai 2003 mit Beratungs-<br />

und Aufsichtsratsmandaten<br />

aus der Industrie selbstständig<br />

machen. Zu diesem Zeitpunkt<br />

ist er exakt 30 Jahre als<br />

Geschäftsleiter einer Auslandsbank<br />

tätig. Davon war Peter G.<br />

Heinz 18 Jahre Managing Director<br />

der Manufacturers Hannover<br />

Trust Co., wurde 1992 Vorsitzender<br />

der Geschäftsführung der<br />

American Express Bank GmbH mit<br />

der Zuständigkeit auch für Mittelund<br />

Osteuropa sowie die Türkei<br />

und trat 1996 für sieben Jahre<br />

als Vorstandssprecher in die Arab<br />

Bank AG ein.<br />

Die Arab Bank plc., 1930 gegründet,<br />

ist über ihre deutsche<br />

Mit einem Rekord-Bußgeld in<br />

Höhe von 59,3 Millionen Euro hat<br />

die Justiz ihre Ermittlungen gegen<br />

die Deutsche Bank wegen Beihilfe<br />

zur Steuerhinterziehung beendet.<br />

Damit wird das Beratungsverhalten<br />

des größten deutschen Kreditinstituts<br />

zur Umgehung der Quellensteuer<br />

in den Jahren 1992 bis 1996 geahndet,<br />

wie die Frankfurter Staatsanwaltschaft<br />

mitteilte. Die Bank<br />

will nach Angaben eines Sprechers<br />

die vom Frankfurter Amtsgericht<br />

verhängte „Verbandsgeldbuße“ akzeptieren.<br />

Die Ermittlungsverfahren gegen<br />

800 Beschäftigte des Branchenführers<br />

seien wegen geringer Schuld<br />

eingestellt worden, erklärt Oberstaatsanwalt<br />

Job Tilmann. Dabei<br />

seien noch einmal 4,5 Millionen Euro<br />

Zahlungsauflagen verhängt worden.<br />

Unter den Beschuldigten waren<br />

auch frühere Mitglieder des Vorstandes,<br />

denen aber eine ausdrückliche<br />

Anweisung zu den illegalen<br />

Praktiken nicht nachzuweisen gewesen<br />

sei. Für sie müsse letztlich<br />

die Unschuldsvermutung gelten. Es<br />

seien keine Strafbefehle verhängt<br />

worden. Mehr als 10 000 Privatkunden<br />

der Deutschen Bank seien von<br />

den Finanzämtern nachveranlagt<br />

worden, was noch einmal zu Einnahmen<br />

in Höhe von rund 150 Millionen<br />

Euro geführt habe.<br />

Die Commerzbank hat nach Medienberichten<br />

ein Bußgeld von 31,2<br />

Millionen Euro akzeptiert. Die<br />

Dresdner Bank hatte vor vier Jahren<br />

37 Millionen DM zahlen müssen, die<br />

WestLB 17 Millionen DM. Gegen den<br />

früheren Dresdner-Bank-Vorstand<br />

Jürgen Sarrazin wurde auch eine<br />

Freiheitsstrafe auf Bewährung verhängt.<br />

■<br />

Neuer Chef<br />

bei Harpen<br />

RWE-Vorstand Gerd Maichel<br />

(54) ist neuer Aufsichtsrat der<br />

Dortmunder RWE-Tochter Harpen.<br />

Der Jurist tritt die Nachfolge<br />

von Richard Klein (59) an,<br />

der sein Mandat Ende März niedergelegt<br />

hatte. ■<br />

Tochter Arab Bank AG seit zehn<br />

Jahren am Finanzplatz Frankfurt<br />

erfolgreich etabliert.<br />

Mit einer breiten Finanzdienstleistungspalette<br />

unterstützt das<br />

Institut die deutsche Wirtschaft<br />

bei Exporten und Investitionen<br />

in die arabische Welt. ■<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 25


Unternehmenskultur<br />

<strong>Soziale</strong> Verantwortung von Unternehmen:<br />

Europaweit, weltweit durchsetzen!<br />

Von Thomas Mann<br />

Besitzen Unternehmen eine soziale Verantwortung?<br />

Oder ist dieses ein frommer Wunsch der Arbeitnehmer?<br />

Zu wünschen wäre es, wenn sowohl in<br />

der Bundesrepublik als auch in anderen EU-Mitgliedstaaten<br />

mehr Unternehmen unterschiedlicher<br />

Größen und Branchen sich zur sozialen Verantwortung<br />

bekennen würden. Konkret sollten sie Anliegen<br />

und Interessen von Umweltverbänden, Kinderschutz-Verbänden<br />

und Gleichstellungsbeauftragten<br />

in ihre Strategien integrieren. Mit einem<br />

derartigen Engagement könnten sie um Nachwuchskräfte<br />

werben, Käufer und potenzielle Kunden<br />

sowie Investoren gezielt ansprechen.<br />

In vielen Führungsetagen hat<br />

sich die Erkenntnis durchgesetzt,<br />

dass die Aufgaben eines Unternehmens<br />

umfassender sind als bloße<br />

Gewinnmaximierung. Mit der freiwilligen<br />

Übernahme von Richtlinien<br />

der „Corporate Governance“, die<br />

über einzuhaltende Gesetze hinausgehen,<br />

leisten sie einen Beitrag zur<br />

Anhebung von Sozial- und Umweltschutzstandards.<br />

Dieses Umdenken ist eine Reaktion<br />

auf die Veränderungen in der Sozialpolitik,<br />

Wirtschaft und Ökologie.<br />

Auf der europäischen Ebene wollen<br />

wir die Modelle der bereits verwirklichten<br />

sozialen Verantwortung bekannt<br />

machen und weitere Unternehmen<br />

zur Wahrnehmung ihrer<br />

Verantwortung bewegen.<br />

Herausforderung CSR<br />

Auf der Grundlage qualifizierter<br />

Daten soll ein aussagefähiger Leistungsvergleich<br />

möglich werden.<br />

<strong>Soziale</strong> Verantwortung – Corporate<br />

Social Responsibility (CSR) –<br />

wird so definiert:<br />

„Die soziale Verantwortung der<br />

Unternehmen ist im Wesentlichen<br />

eine freiwillige Verpflichtung der<br />

Unternehmen, auf eine bessere Gesellschaft<br />

und eine saubere Umwelt<br />

hinzuwirken.“<br />

CSR hat eine interne und eine externe<br />

Dimension: Innerbetrieblich<br />

bedeutet sie Arbeitsschutz, sozialverträgliche<br />

Anpassung von Unternehmen<br />

an den wirtschaftlichen<br />

Wandel, Umweltverträglichkeit der<br />

Produktion sowie verantwortungsvolles<br />

Management der Human Ressourcen.<br />

Diese sind Achtung der<br />

Menschenrechte, lebenslanges Lernen,<br />

eine effektive innerbetriebliche<br />

Informationspolitik, bessere<br />

Vereinbarkeit von Familie und Beruf,<br />

gleiches Geld für gleichwertige<br />

Arbeit sowie gleiche Berufschancen<br />

für Frauen.<br />

Die externe Dimension der CSR<br />

bedeutet, dass die Verantwortung<br />

nicht an den Werkstoren endet –<br />

außer Arbeitnehmern werden weitere<br />

Stakeholder einbezogen. Stakeholder<br />

sind sämtliche Akteure, die<br />

Einfluss auf die Unternehmen ausüben<br />

oder deren Interessen von Unternehmensstrategien<br />

betroffen<br />

sind. Dazu gehören Interessensgruppen<br />

wie Arbeitnehmer, Manager,<br />

Aktionäre, Zulieferer, Kunden<br />

und Standorte. Ihre Stellung muss<br />

verbessert werden. Statt sich von<br />

ihnen abzuschirmen, sollte eine offene<br />

Unternehmenskultur entstehen,<br />

die Stakeholder aktiv einbindet.<br />

Das Europäische Parlament<br />

setzt sich für die Veröffentlichung<br />

von erfolgreichen, bewährten Kooperationen<br />

mit Stakeholdern ein.<br />

Darüber hinaus sollen Richtlinien<br />

für umfassende Dialoge mit Stakeholdern<br />

ausgearbeitet werden.<br />

Berichte über Arbeitsschutz stehen<br />

heutzutage auf jeder Tagesordnung.<br />

Was dagegen fehlt, sind Umsetzungen<br />

des Umweltschutzes im<br />

Betrieb und die soziale Verantwortung.<br />

Dazu gehören: Menschenrechte,<br />

Kinderarbeit, Human Ressourcen-Management<br />

und die Anhörung<br />

der Belegschaft. Wichtige Informationen<br />

gehören nicht mehr hinter<br />

verschlossene Türen, sondern Transparenz<br />

wäre nötig.<br />

Arbeitsbedingungen<br />

Bereits 1998 forderte eine hochrangig<br />

besetzte EU-Sachverständigengruppe<br />

Unternehmen mit mehr<br />

als 1 000 Arbeitnehmern auf, freiwillig<br />

einen jährlichen Bericht über Beschäftigung<br />

und Arbeitsbedingungen<br />

zu veröffentlichen. Die Gruppe empfahl,<br />

Arbeitnehmer und Betriebsräte<br />

bei der Abfassung des Berichts einzubeziehen.<br />

Jährliche Umwelt- und<br />

Sozialberichte sollten die Regel und<br />

nicht die Ausnahme sein!<br />

Ihre unabhängige Prüfung sollte<br />

von einem „Europäischen Forum zur<br />

Überwachung sozialer Verantwortung<br />

der Unternehmen“ wahrgenommen<br />

werden. Dieses europäische Organ<br />

soll sich aus Vertretern von Handel,<br />

Gewerkschaften, NGOs, Behörden und<br />

Entwicklungsländern zusammensetzen.<br />

Seine Berichte sollen hinsichtlich<br />

der Widersprüche und Normverstöße<br />

bewertet werden. Es soll<br />

Schlichter in Streitfällen zwischen<br />

Unternehmen, Einzelpersonen und<br />

Verbänden sein. Das CSR-Forum soll<br />

Unternehmen ermöglichen, Vereinbarungen<br />

freiwilligen Verhaltens offiziell<br />

zu registrieren. Diese müssen mit<br />

den OECD-Richtlinien für multinationale<br />

Unternehmen und den Kernar-<br />

26 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Unternehmenskultur<br />

beitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation<br />

übereinstimmen.<br />

Die Jahresberichte sollen über das<br />

Internet öffentlich zugänglich gemacht<br />

werden. Das Sekretariat dieser<br />

Organisation wird aus Mitarbeitern<br />

der Europäischen Stiftung zur Verbesserung<br />

der Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />

in Dublin bestehen.<br />

Keine Förderung ohne Forderung<br />

Das Abfassen eines Umwelt- und<br />

Sozialberichtes, der europäischen<br />

und internationalen Anforderungen<br />

entsprechen soll, ist mit erheblichem<br />

Aufwand verbunden. Das Europäische<br />

Parlament ist der Auffassung, dass<br />

sich diese Mühe auszahlen muss und<br />

schlägt deshalb vor, dass Unternehmen,<br />

die Corporate-Governance-<br />

Richtlinien einhalten, erleichterten<br />

Zugang zu Fördergeldern erhalten.<br />

Bei der Auftragsvergabe durch die<br />

öffentliche Hand sind sie zu bevorzugen.<br />

Ein Beispiel für „best practices“<br />

ist der Beschluss der niederländischen<br />

Regierung, Exportkredite nur<br />

an solche Unternehmen zu vergeben,<br />

welche die OECD-Richtlinien für multinationale<br />

Unternehmen einhalten.<br />

Europäischer Betriebsrat<br />

Niemand ist mit den Unternehmen<br />

mehr verbunden als die eigenen<br />

Mitarbeiter. Ihr Beitrag zum<br />

Unternehmenserfolg und ihre Interessenslagen<br />

sollten verstärkt im Bewusstsein<br />

des Managements verankert<br />

sein. In europaweit tätigen Unternehmen<br />

wird dieses durch die<br />

Europäischen Betriebsräte gewährleistet.<br />

Die anstehende Überarbeitung relevanter<br />

EU-Richtlinien erscheint<br />

mir eine gute Gelegenheit zu sein,<br />

um neue Aufgaben und Kompetenzen<br />

zu verankern. Aufgenommen<br />

werden sollte die Informationspflicht<br />

über soziale und umweltpolitische<br />

Folgen gegenüber dem Europäischen<br />

Betriebsrat.<br />

Sozialsiegel<br />

Untersuchungen beweisen, dass<br />

die Mehrheit der Verbraucher an Informationen<br />

interessiert ist, ob Produkte<br />

auf sozial verträgliche Weise<br />

hergestellt werden. Von der Antwort<br />

macht eine immer größere Zahl von<br />

Kunden ihre Kaufentscheidung abhängig<br />

und ist bereit, für derartige<br />

Produkte einen höheren Preis zu zahlen.<br />

Eine Folge dieses Umdenkens<br />

beim Verbraucher ist das Entstehen<br />

neuer Sozialgütesiegel seitens der<br />

Hersteller, NGOs oder Behörden.<br />

Das Europäische Parlament fordert<br />

die Kommission auf, Vorschläge für<br />

ein offizielles Europäisches Sozialsiegel<br />

zu unterbreiten. Es sollte auf<br />

folgenden Kriterien beruhen: Beachtung<br />

der Menschenrechte und der<br />

gewerkschaftlichen Rechte, Umweltschutz,<br />

Ausbildung und Entwicklung<br />

der Mitarbeiter, Gleichbehandlung,<br />

soziale und ethische Rücksichtnahme.<br />

Dadurch können die Verbraucher<br />

ihre Kaufentscheidung – wie beim<br />

Europäischen Umweltsiegel – auf Basis<br />

von gesicherten und vertrauenswürdigen<br />

Informationen fällen.<br />

Internationale Dimension<br />

Neben Initiativen auf europäischer<br />

Ebene sollte die internationale Dimension<br />

nicht vergessen werden. Das<br />

europäische CSR-Konzept muss in<br />

den Kontext Initiativen internationaler<br />

Akteuren eingebunden werden.<br />

Ein positives Beispiel ist die „Global-Compact“-Initiative.<br />

Der Generalsekretär<br />

der UNO, Kofi Annan, hat<br />

diese ins Leben gerufen, um die Wirtschaft<br />

als Partner in die Bemühungen<br />

um den globalen, sozialen und ökologischen<br />

Fortschritt einzubeziehen.<br />

Ziel ist es, die Chancen globaler Märkte<br />

möglichst vielen Teilen der Gesellschaft<br />

zugänglich<br />

zu machen.<br />

Die Unternehmen<br />

verpflichten<br />

sich, eine Reihe<br />

von Prinzipien<br />

wie die Einhaltung<br />

der Menschenrechte,<br />

die<br />

Unterlassung von<br />

Zwangs- und<br />

Kinderarbeit, die<br />

Gewährleistung<br />

der Versammlungsfreiheit<br />

und<br />

das Recht auf<br />

kollektive Verhandlungen<br />

für<br />

Arbeitnehmer zu verwirklichen.<br />

Kofi Annan betont, dass die Globalisierung<br />

auf die sozialen Bedürfnisse<br />

der Menschen eingehen muss,<br />

so dass alle davon profitieren.<br />

DaimlerChrysler ist eines der ersten<br />

multinationalen Unternehmen, das<br />

diese Prinzipien verwirklicht hat.<br />

Mit seinem Umwelt- und Sozialbericht<br />

erfüllt der Weltkonzern nicht<br />

nur die Anforderungen des „Global<br />

Compacts“, sondern beweist gesellschaftliche<br />

Mitverantwortung.<br />

Das CSR-Konzept trägt dazu bei,<br />

ethisch vertretbare Geschäftsinteressen<br />

weltweit durchzusetzen. Hier<br />

ist eine „Negativ-Liste“ sinnvoll, in<br />

der Unternehmen, die erwiesenermaßen<br />

an Korruption beteiligt sind<br />

oder Mindestlöhne nicht zahlen,<br />

von öffentlichen Ausschreibungen<br />

ausgeschlossen werden.<br />

Zu selten findet das Brüsseler Abkommen<br />

von 1968 seine Anwendung:<br />

Verstößt ein Unternehmen gegen<br />

Recht und Gesetz in Drittstaaten (z. B.<br />

gegen Vorschriften zur Arbeitssicherheit<br />

oder zur Kinderarbeit), kann es<br />

dafür vor Gericht gestellt werden.<br />

Eine Realisierung der Ideen des<br />

Europäischen Parlaments würde uns<br />

bei der Verwirklichung unserer Ziele<br />

erheblich weiterbringen. ■<br />

SO-Autor<br />

Thomas<br />

Mann ist<br />

CDU-Europaabgeordneter<br />

und seit 25<br />

Jahren Bezirksvorsitzender<br />

der<br />

<strong>CDA</strong> Untermain.<br />

Er ist<br />

stellvertretender<br />

Obmann<br />

der<br />

EVP-Fraktion<br />

im Ausschuss<br />

für Beschäftigung<br />

und<br />

<strong>Soziale</strong>s des<br />

Europäischen<br />

Parlaments.<br />

Foto: EVP<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 27


Integration<br />

Für eine neue Inte<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

Von Willi Zylajew<br />

Der Streit um die Frage, ob<br />

Deutschland ein Einwanderungsland<br />

ist oder nicht, Zuwanderung<br />

braucht oder nicht, ist eine der wenigen<br />

Fragen, in denen die deutsche<br />

Gesellschaft gnadenlos in die<br />

Grabenkämpfe der 68er zurückfällt.<br />

Wer bezweifelt, dass Deutschland<br />

weitere Zuwanderung braucht und<br />

Ende 2002 lebten 7,34 Millionen Ausländer und<br />

Ausländerinnen in Deutschland (9 % der Gesamtbevölkerung)<br />

So lange sind sie in Deutschland:<br />

1 bis<br />

unter 8<br />

29<br />

Deutschland international<br />

Unter<br />

einem Jahr<br />

5<br />

in %<br />

der ausländ.<br />

Einwohner<br />

25<br />

8 bis<br />

unter 15<br />

7<br />

34<br />

15 bis<br />

unter 20<br />

20 und<br />

mehr Jahre<br />

vor allem die Idee der Multikulti-<br />

Gesellschaft in Frage stellt, wird in<br />

die rechte Ecke gestellt. Den Verfechtern<br />

größerer Zuwanderung<br />

wird vorgeworfen, die Gesellschaft<br />

zersprengen zu wollen. Dieser ideologische<br />

Lagerkampf verstellt den<br />

klaren Blick auf die tatsächliche<br />

Lage und verhindert, dass wir das<br />

dringend Notwendige tun.<br />

Vergessen wir die Lagerkämpfe<br />

Die wichtigsten Herkunftsländer<br />

(in 1 000):<br />

1 912<br />

Türkei<br />

Italien<br />

610<br />

Serbien u. Montenegro 591<br />

359 Griechenland<br />

318 Polen<br />

231Kroatien<br />

189 Österreich<br />

164 Bosnien u. Herzegowina<br />

156 Russische Föderation<br />

131 Porugal<br />

127 Spanien<br />

116 Ukraine<br />

115 Niederlande<br />

115 Großbritannien<br />

113 USA<br />

112 Frankreich<br />

89 Iran<br />

89 Rumänien<br />

87 Vietnam<br />

83 Irak<br />

80 Marokko<br />

72 China<br />

69 Afghanistan<br />

© Globus 8365<br />

Rund 7,3 Millionen Ausländer lebten Ende vergangenen Jahres in Deutschland. Damit<br />

hatte jeder elfte Bürger (= neun Prozent der Gesamtbevölkerung) einen nicht deutschen<br />

Pass. Die größte Gruppe der Ausländer kommt aus der Türkei (1,9 Millionen),<br />

gefolgt von Italien sowie Serbien und Montenegro. Viele ausländische Mitbürger sind<br />

schon lange in Deutschland: Zwei Drittel leben seit acht und mehr Jahren hier. Jeder<br />

Dritte kann sogar auf 20 und mehr Jahre zurückblicken. Besonders groß ist der Anteil<br />

derer, die so lange hier leben, unter den Menschen aus den ehemaligen „Anwerbeländern“,<br />

in denen in den 60er-Jahren Arbeitskräfte für die deutsche Wirtschaft rekrutiert<br />

wurden. So beträgt dieser Anteil bei den Spaniern 67 Prozent, unter den Kroaten<br />

59 und bei den Italienern 56 Prozent.<br />

und betrachten die Situation in<br />

Deutschland ganz nüchtern: Wir haben<br />

ein Problem mit einem Großteil<br />

der in Deutschland lebenden Zugewanderten.<br />

Ein Blick in die PISA-<br />

Studie zeigt: Schon ein geringer Zuwandereranteil<br />

in einer Schulklasse<br />

verschlechtert die Ergebnisse der<br />

ganzen Klasse erheblich. Rund 1,5<br />

Millionen Arbeitslose sind Zuwanderer,<br />

Ausländer, Aussiedler oder Menschen<br />

mit einem Migrationshintergrund.<br />

Die Kriminalstatistiken zeigen,<br />

die Zahl der nicht deutschen<br />

und zugewanderten Tatverdächtigen<br />

bei gravierenden Gewaltdelikten wie<br />

Raub, Mord, Totschlag sowie Vergewaltigung<br />

und sexueller Nötigung<br />

sind überdurchschnittlich hoch.<br />

Ganz nüchtern betrachtet haben<br />

wir da ein großes Problem. Es ist<br />

hausgemacht. Wir haben die Integration<br />

der Zugewanderten sträflichst<br />

vernachlässigt. Erst wenn die<br />

hier lebenden Zugewanderten in die<br />

deutsche Gesellschaft integriert<br />

sind und keine Parallelgesellschaften<br />

mehr existieren, darf überhaupt<br />

über weitere Zuwanderung nachgedacht<br />

werden.<br />

Damit die Integration gelingt,<br />

müssen zumindest folgende fünf<br />

Forderungen erfüllt werden:<br />

„ Die hier lebenden Zuwanderer-Kinder<br />

mit Sprachdefiziten<br />

müssen Kindergärten und Vorschulen<br />

besuchen. Wenn Eltern dies<br />

ablehnen, müssen Sanktionen einsetzen.<br />

„ Die Zweisprachigkeit von Zuwanderer-Kindern<br />

muss planmäßig<br />

gefördert werden. In allen Schulen<br />

28 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Integration<br />

grationsoffensive<br />

sollte neben der deutschen Sprache,<br />

deren Erwerb absolut vorrangig<br />

ist, auch die Sprache des Elternhauses<br />

als günstige Grundlage<br />

einer Fremdsprache gefördert werden.<br />

Dies ist für die Zuwanderer-<br />

Kinder eine wertvolle Zusatzqualifikation,<br />

die ihnen neue und mehr<br />

Chancen auf dem Arbeitsmarkt<br />

bietet.<br />

„ Hier dauerhaft und rechtmäßig<br />

lebende Zuwanderer, die Sozialhilfe,<br />

Arbeitslosengeld oder -hilfe beziehen,<br />

müssen ihre Zeit sinnvoll<br />

für Integrations- und Sprachkurse<br />

nutzen. Durch das Qualifizierungsgebot<br />

und die Pflicht zu gemeinnütziger<br />

Arbeit gibt es jetzt schon<br />

die Grundlage, um diese Gruppe zur<br />

Teilnahme an Integrations- und<br />

Sprachkursen zu zwingen. Dies muss<br />

konsequent durchgesetzt werden.<br />

Wird dies verweigert, sollten die<br />

Leistungen deutlich gekürzt werden.<br />

„ Bei Aussiedlern und zureisenden<br />

Familienangehörigen sollten<br />

wir auf den Erwerb deutscher<br />

Sprachkenntnisse im Herkunftsland<br />

bestehen. Hierzu sollten wir planmäßig<br />

die Deutschkurse der Deutschen<br />

Welle nutzen. Die Deutsche<br />

Welle erreicht mit ihren Deutschkursen,<br />

die in Fremdsprachenprogrammen<br />

ausgestrahlt werden, Millionen<br />

Menschen. Diese ohnehin vorhandenen<br />

Sprachkurse müssen Bestandteil<br />

eines Integrationsprogramms<br />

werden. Kommunikationstechniken<br />

wie Videokassetten können ebenfalls<br />

kostengünstig<br />

genutzt werden.<br />

„ Alle Potenziale<br />

und Kräfte der schulischen,<br />

beruflichen<br />

und der Erwachsenenbildung<br />

müssen<br />

für eine Integrationsoffensive<br />

gebündelt<br />

und mobilisiert<br />

werden. Denn die<br />

zeitnahe Integration<br />

der in Deutschland<br />

Kriege, Verfolgung, Hungerkatastrophen – rund zwölf Millionen<br />

Menschen waren Anfang 2002 weltweit auf der<br />

Flucht. Erster Anlaufpunkt der Flüchtlinge ist häufig die<br />

Hilfsorganisation UNHCR (das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars<br />

der Vereinten Nationen), die derzeit insgesamt<br />

19,8 Millionen Menschen Schutz und Hilfe bietet. Dazu<br />

zählen neben den zwölf Millionen Flüchtlingen 6,3 Millionen<br />

Binnenvertriebene (Flüchtlinge im eigenen Land),<br />

etwa 941 000 Asyl Suchende und 463 000 Rückkehrer in<br />

ihre Heimatländer. Nach über zwei Jahrzehnten Bürgerkrieg<br />

waren die Afghanen Anfang 2002 mit mehr als 3,8<br />

Millionen Menschen die größte Flüchtlingsgruppe der Welt.<br />

Die ethnischen Unruhen in Burundi, die 1996 in Massenmorden<br />

gipfelten, halten bis heute 554 000 Menschen auf<br />

der Flucht. Der drittgrößte Flüchtlingsstrom stammt aus<br />

dem Irak: Politische Verfolgung und Kriege vertrieben letztes<br />

Jahr 530 000 Iraker aus ihrem Heimatland.<br />

Weltweit sind 12 Millionen Menschen auf der Flucht.<br />

Die wichtigsten Herkunftsländer<br />

(Zahl der Flüchtlinge in 1 000)<br />

Afghanistan 3 810<br />

554<br />

530<br />

490<br />

471<br />

440<br />

426<br />

392<br />

353<br />

349<br />

333<br />

289<br />

269<br />

245<br />

179<br />

lebenden Zuwanderer ist nur mit einer<br />

Kraftanstrengung aller staatlichen<br />

Ebenen zu schaffen. Kirchen,<br />

Gewerkschaften und Verbände müssen<br />

sich mit konkreten Leistungen<br />

einbringen und nicht nur durch mehr<br />

oder weniger qualifizierte Worte.<br />

Jetzt ist die Zeit für Taten statt warmer<br />

Worte.<br />

Nachdem das Bundesverfassungsgericht<br />

im Dezember letzten Jahres<br />

Burundi<br />

Irak<br />

Sudan<br />

Angola<br />

Somalia<br />

Bosnien-Herzegowina<br />

Dem. Rep. Kongo<br />

Vietnam<br />

Palästina<br />

Eritrea<br />

Kroatien<br />

Aserbaidschan<br />

Liberia<br />

(Lesen Sie bitte weiter auf Seite 30)<br />

Auf der Flucht<br />

Sierra Leone<br />

Quelle: UNHCR Stand Anfang 2002<br />

© Globus 8321<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 29


Integration<br />

das rot-grüne Zuwanderungsgesetz<br />

für ungültig erklärt hat, braucht<br />

Rot-Grün jetzt die Stimmen der Union<br />

im Bundesrat, um ein neues Zuwanderungsgesetz<br />

zu verabschieden.<br />

Das ist die Chance für die<br />

Union, bessere Regelungen für<br />

Deutschland und die Menschen<br />

durchzusetzen. Dies wird nur gelingen,<br />

wenn wir Kirchen, Gewerkschaften,<br />

Wirtschaftsverbände und<br />

die Medien auf unsere Seite ziehen<br />

und von unseren Argumenten überzeugen.<br />

Dabei sind wir es der angestammten<br />

und zugewanderten Bevölkerung<br />

und ganz besonders den<br />

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern<br />

schuldig, die langfristigen<br />

Folgen von Zuwanderungsregelungen<br />

zu bedenken. Zuwanderung in<br />

den Arbeitsmarkt darf sich nicht an<br />

regionalen Gegebenheiten orientieren,<br />

sondern an der Lage im gesamten<br />

deutschen Arbeitsmarkt. Und<br />

die ist bekanntlich denkbar<br />

schlecht. Auch das Liebäugeln vie-<br />

ler Zuwanderungsverfechter mit willigen<br />

und billigen Arbeitskräften<br />

und die oftmals angeführte Verjüngung<br />

der Gesellschaft ist zu kurz<br />

gegriffen. Ebenso verhält es sich<br />

mit dem Totschlagargument der Zuwanderung<br />

gut ausgebildeter Eliten.<br />

Gerade aus kirchlicher und gewerkschaftlicher<br />

Sicht kann es doch<br />

nicht richtig sein, die gut ausgebildeten<br />

Eliten aus Schwellen- oder<br />

Dritte-Welt-Ländern abzuwerben.<br />

Diese Kräfte werden gerade zum<br />

Aufbau dieser Länder gebraucht,<br />

damit die Menschen in ihren Heimatländern<br />

eine Chance haben und<br />

nicht versuchen, legal oder illegal<br />

in die Industrieländer einzuwandern.<br />

Über die Frage, ob Deutschland<br />

nun ein Einwanderungsland ist oder<br />

nicht, werden Generationen von Experten<br />

trefflich streiten können.<br />

Weiterbringen wird uns das keinen<br />

Schritt. Stattdessen ist es nun an<br />

der Zeit, die ideologischen Scheu-<br />

SO-Autor Willi Zylajew, viele Jahre<br />

nordrhein-westfälischer Landtagsabgeordneter,<br />

gehört seit<br />

Herbst 2002 dem Deutschen Bundestag<br />

an.<br />

klappen fallen zu lassen, Integrationsprobleme<br />

zu erkennen und zu<br />

bekämpfen. Erst dann dürfen wir<br />

über gesteuerte Zuwanderung mit<br />

Augenmaß nachdenken. ■<br />

8303<br />

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002<br />

Schätzung<br />

1 502 200<br />

1 199 000 1 277 400<br />

1 096 000<br />

1 082 600<br />

Zuzüge<br />

959 700<br />

840 600<br />

874 000<br />

802 500<br />

720 100<br />

596 500<br />

© Globus<br />

Fortzüge<br />

Zugewandert – abgewandert<br />

Zahl der Fortzüge aus Deutschland und der Zuzüge nach Deutschland<br />

815 300<br />

767 600<br />

698 100<br />

677 500<br />

747 000<br />

755 400<br />

672 000<br />

879 200<br />

841 200 857 600<br />

674 000<br />

622 300<br />

606 500<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

Im vergangenen Jahr sind<br />

857 600 Menschen nach Deutschland<br />

eingewandert, 622 300 haben<br />

das Land verlassen. Der so<br />

genannte Wanderungsüberschuss<br />

lag bei 235 300 Menschen. Das<br />

waren rund 14 Prozent weniger<br />

als 2001. Anfang der 90er-Jahre<br />

lag der Wanderungsüberschuss<br />

deutlich höher. Den Höchststand<br />

erreichte er 1992 mit 782 100.<br />

Die größten Zu- und Abwanderungsströme<br />

gibt es nach Serbien<br />

und Montenegro (ehemals Jugoslawien),<br />

in die Türkei und in die<br />

Russische Föderation. Übrigens<br />

würde die Bevölkerung <strong>Deutschlands</strong><br />

ohne Einwanderer schrumpfen,<br />

da seit Anfang der 70er-Jahre<br />

in Deutschland mehr Menschen<br />

sterben als geboren werden.<br />

30 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Zeitreise<br />

Der „vergessene“ Minister:<br />

Adenauers „getreuer“ Blank<br />

Von Peter Weigert<br />

Die „Ohne-mich“-Kampagne gegen<br />

die Aufstellung der Bundeswehr verstärkte<br />

sich immer mehr. Da stellte<br />

sich am 16. Mai 1952 Theodor<br />

Blank, der „Beauftragte des Bundeskanzlers<br />

für die mit der Vermehrung<br />

der alliierten Truppen zusammenhängenden<br />

Fragen“, der Diskussion<br />

im Auditorium Maximum der<br />

Bonner Universität. Der größte Saal<br />

der Hochschule war voller Studenten,<br />

die den Erklärungen des für die<br />

Planung der künftigen Streitkräfte<br />

zuständigen „Schattenministers“<br />

kritisch folgten.<br />

Verteidigung, so betonte er, sei<br />

eine Aufgabe aller dazu fähigen<br />

Staatsbürger. So trat er klar für eine<br />

allgemeine Wehrpflicht und nicht<br />

für eine Berufsarmee ein. Schließlich<br />

könne doch niemand daran<br />

glauben, dass man in einem Verband<br />

freier Völker leben und es anderen<br />

überlassen könne, die notwendige<br />

Last der Verteidigung der<br />

Freiheit auf sich zu nehmen.<br />

Der Beauftragte des Bundeskanzlers<br />

war sich mit seinen engsten<br />

Mitarbeitern darüber klar, dass mit<br />

der Vorstellung des „Staatsbürgers<br />

in Uniform“ ein grundlegend neues<br />

Konzept verwirklicht werden solle.<br />

„Exerzierdienst auf dem Kasernenhof<br />

und Paradedrill sollten wegfallen.<br />

Dies waren ja im Grunde genommen<br />

Überbleibsel einer früheren<br />

Zeit, in der diese Exerzierformen<br />

ihren ganz bestimmten militärischen<br />

Sinn hatten.“ Auch Militärgerichtsbarkeit<br />

und Fahneneide wollte<br />

Blank nicht mehr fortgeführt sehen.<br />

Eine Mehrheit der kritischen Studenten<br />

in Bonn räumte ein, dass<br />

sich Blank in der Auseinandersetzung<br />

achtbar und ehrlich geschlagen<br />

hatte. Wenn Bundeskanzler<br />

Adenauer einen Test für seine Auswahl<br />

des „Beauftragten“ (und späteren<br />

Bevollmächtigten) beabsichtigt<br />

gehabt hätte, so wäre der damit<br />

positiv ausgefallen. Der gestandene<br />

Gewerkschafter könne kaum<br />

als Reaktionär oder Militarist verdächtigt<br />

werden, hatte Adenauer<br />

vor der CDU/CSU-Bundestagsfraktion<br />

erläutert.<br />

Gewerkschafter<br />

Theodor Anton Blank – so sein<br />

voller Taufname – wurde am 19. September<br />

1905 in Elz bei Limburg/Lahn<br />

als drittes von zehn Kindern geboren.<br />

Der Vater war gelernter Schreiner und<br />

zog 1913 kurz vor dem Ausbruch des<br />

Ersten Weltkriegs mit der Familie<br />

nach Bochum, um eine sichere Existenz<br />

zu finden. 1919 begann Theodor<br />

Blank nach dem Vorbild des Vaters<br />

eine Modellschreinerlehre in einer<br />

Maschinenfabrik.<br />

Von seiner Lehrlingsvergütung, die<br />

noch im vierten Ausbildungsjahr 1,80<br />

Mark pro Schicht betrug, zahlte er<br />

den Mitgliedsbeitrag der Christlichen<br />

Gewerkschaften. Seine Arbeitskollegen<br />

wählten den 24 Jahre alten<br />

Blank zum hauptamtlichen Gewerkschaftssekretär.<br />

In Dortmund war er<br />

drei Jahre lang für das nördliche<br />

Ruhrgebiet bis zur niederländischen<br />

Grenze als Verwaltungsleiter des Zentralverbandes<br />

Christlicher Fabrik- und<br />

Transportarbeiter zuständig. Mit der<br />

Zerschlagung der Gewerkschaften<br />

1933 wurde Theodor Blank entlassen<br />

und fand zunächst keine andere Beschäftigung.<br />

Stattdessen bestand er<br />

1936 im Alter von 30 Jahren die Reifeprüfung<br />

mit der Zensur „gut“.<br />

In Münster begann Blank mit Unterstützung<br />

durch Verwandte und<br />

Freunde Naturwissenschaften zu<br />

studieren, musste dieses Studium<br />

aber aus finanziellen Gründen wieder<br />

abbrechen. Im August 1939 zur<br />

Wehrmacht eingezogen, wurde er<br />

im Nachrichtenregiment einer Panzerdivision<br />

mehrfach befördert und<br />

war zuletzt technischer Inspektor<br />

im Range eines Oberleutnants. Der<br />

Krieg endete für ihn in Bayern. Am<br />

3. Juli 1945 meldete er sich in Dortmund<br />

zurück. Schon in der Gründerzeit<br />

der CDU beteiligte sich Blank<br />

aktiv in einer von dem Zeitungsverleger<br />

Lambert Lensing zusammengerufen<br />

Gruppe, die auf einen interkonfessionellen<br />

Kreis des kirchlichen<br />

Widerstands zurückging. Bei<br />

der ersten Großkundgebung der CDU<br />

(Lesen Sie bitte weiter auf Seite 32)<br />

Theodor<br />

Blank, Dritter<br />

von links,<br />

im Kreise von<br />

Fraktionskollegen.<br />

Foto: dpa<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 31


Zeitreise<br />

am 28. Juli 1946 gehörte Blank, damals<br />

schon Vorsitzender der CDU-<br />

Fraktion im Stadtrat, zu den Einladenden.<br />

Er galt als Sprecher der<br />

jungen politischen Generation.<br />

Der gesuchte „Altgewerkschafter“<br />

mit praktischer Erfahrung vor 1933<br />

begann wieder mit der Gewerkschaftsarbeit,<br />

in der er sich im Sinn<br />

der damaligen Leuschner-/Kaiser-<br />

Konzeption für eine einheitliche,<br />

parteipolitisch und weltanschaulich<br />

neutrale Gewerkschaftsbewegung<br />

einsetzte. So wurde er ein Mitbegründer<br />

des DGB. Er wurde 1946 Bezirksleiter<br />

und von 1948 bis 1950<br />

dritter Vorsitzender der IG Bergbau.<br />

Als CDU-Mitglied des im Oktober<br />

1946 ernannten nordrhein-westfälischen<br />

Landtags kam Blank in Kontakt<br />

mit Konrad Adenauer, der dort<br />

Vorsitzender der CDU-Fraktion war.<br />

Zwar trat Blank mit „Leidenschaft in<br />

der Sache“ für Arbeitnehmerrechte<br />

und anders als Adenauer für<br />

Grundsätze des Ahlener Programms<br />

der CDU in einer Wirtschaftsdemokratie<br />

ein.<br />

<strong>Soziale</strong> Marktwirtschaft<br />

Er beeindruckte Adenauer zu Beginn<br />

einer rund 20-jährigen Zusammenarbeit<br />

aber so stark, dass der<br />

sich nachdrücklich dafür einsetzte,<br />

dass Blank bei der ersten Landtagswahl<br />

am 20. April 1947 einen sicheren<br />

Wahlkreis erhielt. Als im folgenden<br />

Sommer der Frankfurter Wirtschaftsrat<br />

zusammentrat, war Theodor<br />

Blank unter den von den Landtagen<br />

gewählten Abgeordneten und<br />

wurde Sprecher des Gewerkschaftsflügels<br />

seiner Fraktion im Wirtschaftsrat.<br />

In dieser Position gab<br />

Blank den Ausschlag für die Durchsetzung<br />

der <strong>Soziale</strong>n Marktwirtschaft<br />

von Ludwig Erhard. Nach den<br />

Wünschen Adenauers hätte Blank<br />

bei der Bildung der ersten Bundesregierung<br />

Arbeitsminister werden<br />

sollen. Doch Theodor Blank lehnte<br />

ab und ließ dem 13 Jahre älteren<br />

Anton Storch (bis dahin Direktor der<br />

Verwaltung für Arbeit) den Vortritt.<br />

Ein Jahr später bekam Blank den<br />

Auftrag, die erforderlichen Verhandlungen<br />

über eine deutsche Wiederbewaffnung<br />

mit den Westmächten<br />

zu führen und sie gegenüber der<br />

Bevölkerung zu vertreten.<br />

„Missverständnis“<br />

Ein Beispiel seines unerschrockenen<br />

und zuweilen kantigen Auftretens<br />

lieferte Blank, als am 9. Januar<br />

1951 bei der Eröffnungssitzung der<br />

Verhandlungen auf dem Petersberg<br />

bei Bonn ein britischer Sergeant die<br />

in einem Volkswagen vorfahrenden<br />

deutschen Vertreter (Blank, Heusinger,<br />

Speidel und Graf Kielmannsegg)<br />

scharf darauf hinwies, dass<br />

sie den Hintereingang bei der Küche<br />

zu benutzen hätten. Mit lauter Stimme<br />

schrie Blank den Sergeanten an,<br />

dass die Deutschen dann sofort wieder<br />

abfahren würden. Durch die<br />

Lautstärke aufgeschreckt, schaltete<br />

sich das alliierte Protokoll ein. Ein<br />

General sprach von einem „Missverständnis“.<br />

Die deutschen Vertreter<br />

sollten selbstverständlich den<br />

Haupteingang benutzen.<br />

„Blank bewährte sich nicht nur als<br />

geschickter, sondern auch als charakterstarker<br />

Verhandlungspartner“,<br />

stellt General Hans Speidel in seinen<br />

Erinnerungen fest. Als schwierig erwies<br />

sich dagegen die Behandlung<br />

von Unzulänglichkeiten beim Einrücken<br />

der ersten 600 Soldaten im<br />

Januar 1956 in Andernach. Mitschuldig<br />

daran war das Aufstellungstempo,<br />

das im ersten Jahr 90 000, im<br />

zweiten Jahr 250 000 und im dritten<br />

Jahr 500 000 Mann als Ziel festlegte.<br />

Die vorübergehende Gründung eines<br />

ersten Schutzverbands für die<br />

Soldaten wurde angesichts der Unruhe<br />

im Lager von dem damaligen Major<br />

(und späterem General) Gerd<br />

Schmückle eingeleitet. In einem<br />

Fernschreiben direkt an den Minister<br />

forderte er die sofortige und pünktliche<br />

Gehaltsauszahlung, Ende der<br />

überhöhten Preise für die Unterkunft,<br />

geregelte Krankenversorgung,<br />

truppennahe Verpflegungsausgabe<br />

und Aufklärung über die Rechtsstellung<br />

der Soldaten.<br />

Der im Juni 1955 zum Bundesverteidigungsminister<br />

aufgerückte<br />

Theodor Blank fuhr selbst sofort zu<br />

einer Aussprache nach Andernach.<br />

Er kritisierte die Form des Vorgehens.<br />

Die Vorfälle hatten aber auch<br />

Bundeskanzler Adenauer über die<br />

Schwierigkeiten informiert. Beim<br />

Kanzler wurde ohnehin von Beratern<br />

und Bundestagsabgeordneten angezweifelt,<br />

ob der Verteidigungsminister<br />

mit den organisatorischen Problemen<br />

des sehr schnellen Aufbaus<br />

der Bundeswehr fertig würde.<br />

Vermögensbildung<br />

Blank galt trotz großer Verdienste<br />

in der Anfangsphase als zerschlissen<br />

und gesundheitlich angeschlagen.<br />

Er selbst stand weiter zu den ihm<br />

von Adenauer vorgegebenen Zielen,<br />

bis er durch den Kanzler am 16. Oktober<br />

1956 abgelöst und durch den<br />

bisherigen Atomminister Franz Josef<br />

Strauß ersetzt wurde. Auf Grund einer<br />

Analyse von General Heusinger<br />

setzte der neue Verteidigungsminister<br />

die Aufbaugeschwindigkeit um<br />

die Hälfte herunter.<br />

Bei der Bildung der nächsten Bundesregierung<br />

wurde Theodor Blank<br />

am 28. Oktober 1957 Bundesminister<br />

für Arbeit und <strong>Soziale</strong>s. Den Auftrag<br />

einer Neuordnung des Systems der<br />

sozialen Sicherung suchte er auf diesem<br />

Posten bis 1965 zu verwirklichen,<br />

seit 1963 unter Ludwig Erhard<br />

als Bundeskanzler. Gleichzeitig setzte<br />

er sich für Vermögensbildung in<br />

Arbeitnehmerhand ein.<br />

32 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Personalien<br />

Adenauer hatte Blank zunächst<br />

grünes Licht für eine umfassende<br />

Krankenkassenreform gegeben,<br />

musste aber feststellen, dass damit<br />

politische Risiken verbunden waren.<br />

„Vom Ausgang ... kann sehr wohl das<br />

Ergebnis unserer Wahlen abhängen“,<br />

schrieb der Kanzler an seinen Staatssekretär<br />

Globke. Eine Mehrheit für<br />

den Regierungsentwurf der Reform<br />

war nicht mehr zu erwarten. Blank<br />

ist kaum vom Rücktritt abzuhalten,<br />

als er informiert wird. Der Fraktionsvorsitzende<br />

Heinrich Krone kann den<br />

ergrimmten Arbeits- und Sozialminister<br />

gerade noch von sofortiger Reaktion<br />

abhalten. In seinem Tagebuch<br />

notiert Krone: „Es ist in der Tat toll,<br />

wie der Kanzler mit seinen Ministern<br />

umspringt.“ Aber in einem „väterlich<br />

harten Gespräch“ gelingt es Adenauer,<br />

Blank zu versöhnen. Der Regierungsentwurf<br />

zum Krankenkassengesetz<br />

wird zurückgezogen.<br />

Blank bleibt auch später eins der<br />

Mitglieder des Bundeskabinetts, auf<br />

die sich Adenauer noch voll verlassen<br />

kann, als die Positionskämpfe<br />

um seine Nachfolge schon begonnen<br />

haben. Blank unterstützt ihn<br />

auch in der Partei bei der Ablehnung<br />

einer Kanzlerschaft Ludwig Erhards.<br />

Auch nach seiner Ablösung<br />

als Regierungs- und Parteichef hat<br />

der Alt-Bundeskanzler mit den<br />

Ministern Theo Blank und Paul Lücke<br />

im Bundeskabinett noch Anhänger,<br />

die für seine Ideen eintreten.<br />

Blank wird bei der Zusammenstellung<br />

des zweiten Kabinetts Erhard<br />

durch Hans Katzer als Bundesarbeitsund<br />

Sozialminister ersetzt, bleibt<br />

aber bis 1969 stellvertretender Fraktionsvorsitzender<br />

der Bundestagsfraktion<br />

und bis 1967 auch Mitglied<br />

des CDU-Präsidiums. Unter Hinweis<br />

auf seinen Gesundheitszustand legte<br />

Blank sein Bundestagsmandat 1972<br />

nieder. Wenige Wochen später verstarb<br />

er am 14. Mai 1972 in einem<br />

Bonner Krankenhaus. ■<br />

Namen und Nachrichten<br />

Heinz Goldenhaus ist seit 25 Jahren <strong>CDA</strong>-Sozialsekretär am Niederrhein.<br />

Am 1. April 1978 wurde er in Nachfolge von Ralf Lindemann Sozialsekretär<br />

der <strong>CDA</strong> Niederrhein. Vor seiner hauptamtlichen Tätigkeit für<br />

die <strong>CDA</strong> war Goldenhaus Betriebsratsvorsitzender bei einer Dinslakener<br />

Firma, gehört der Ortsverwaltung der IG Metall an und war Mitglied der<br />

Vertreterversammlung der AOK. In den letzten acht Jahren gehörte er<br />

dem Kreistag des Kreises Wesel an und war fast zehn Jahre Vorsitzender<br />

des <strong>CDA</strong>-Stadtverbandes Dinslaken.<br />

Nach seinem Umzug nach Duisburg gehört er seit Februar dieses Jahres<br />

dem Kreisvorstand der <strong>CDA</strong> Duisburg an. Für seine langjährige Tätigkeit<br />

als Hauptamtlicher und in zahlreichen Ehrenämtern wurde er mit der<br />

goldenen Ehrennadel der <strong>CDA</strong> während einer Landesvorstandssitzung am<br />

11. April ausgezeichnet.<br />

❊ ❊ ❊<br />

Bei der Gründungsversammlung der JA Münsterland wurde Kai Köllermann<br />

zum Bezirksvorsitzenden gewählt. Stellvertreter ist Hans-Peter<br />

Hoffmann, Schatzmeisterin Jantje Halberstadt.<br />

❊ ❊ ❊<br />

Foto: Hölting<br />

Kolping-Podiumsdiskussion in Bad Honnef über die Zukunft der<br />

sozialen Sicherungssysteme in Deutschland (v. l. n. r.): Moderator<br />

Friedhelm Görgens, Kolping-Bundesvorsitzender Heinz Schemken,<br />

Dittmar Glaßer (SPD), stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft<br />

für Arbeitnehmerfragen, sowie Hermann-Josef Arentz,<br />

Vorsitzender der CDU-Sozialausschüsse.<br />

In seiner Bad Honnefer Erklärung schlägt das Kolpingwerk sein Vier-<br />

Säulen-Modell als Beurteilungsmaßstab einer zukunftsorientierten Politik<br />

vor. „Politische Entscheidungen, auch von Bundeskanzler Schröder,<br />

sind nur dann zukunftssicher und vereinbar mit dem Gemeinwohl, wenn<br />

sie den Vorstellungen der Solidarität, der Subsidiarität, der Nachhaltigkeit<br />

gegenüber nachfolgenden Generationen sowie der Notwendigkeit<br />

der Eigenverantwortung Rechnung tragen.“<br />

1-5•2003 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 33


Entertainment<br />

Am 8. Mai<br />

2003 auf<br />

Schalke,<br />

Beatles-<br />

Legende Paul<br />

McCartney.<br />

Foto: dpa<br />

Monopol-Tendenz:<br />

Langsam, aber sicher wächst<br />

das Rechte-Imperium von Paul<br />

McCartney. Kurz vor dem Start<br />

seiner Deutschland-Tournee hat<br />

der Ur-Beatle, der allein aus seinen<br />

eigenen Komponisten-Tantiemen<br />

Jahr für Jahr Abermillionen<br />

erwirtschaftet, eine weitere<br />

Rock-Perle erworben. Er kaufte<br />

den Lieder-Katalog von Carl Perkins,<br />

der Mitte der 50er-Jahre<br />

mit „Blues Suede Shows“(u. a.<br />

auch von Elvis Presley aufgenommen)<br />

einen der bekanntesten<br />

Rock-’n’-Roll-Titel aller Zeiten<br />

schrieb. Von Perkins, der<br />

1998 an Kehlkopfkrebs starb,<br />

stammen auch Bestseller wie<br />

„Matchbox“ und „Honey Don’t“,<br />

die sich auf frühen Beatles-Alben<br />

befinden. Bereits vor einem<br />

Jahr hatte McCartney den Nachlass<br />

von Buddy Holly erworben,<br />

von dem u. a. die Klassiker „Peggy<br />

Sue“, „True Love Ways“ und<br />

„Not fade away“ stammen. ■<br />

Tour-Guide<br />

BEACH BOYS 10.6. Bonn, Museumsplatz<br />

BON JOVI 30.5. Gelsenkirchen, Arena AufSchalke<br />

DEEP PURPLE 14.6. Bonn, Museumsplatz<br />

EMINEM 13.6. Essen, Georg-Melches-Stadion<br />

HERBERT GRÖNEMEYER 15.6. Gelsenkirchen, Arena AufSchalke<br />

JULIO IGLESIAS 22.7. Bonn, Museumsplatz<br />

ELTON JOHN 20.6. Bonn, Museumsplatz<br />

TOM JONES 1.6. Dortmund, Westfalenhalle<br />

PAUL MCCARTNEY 8.5. Gelsenkirchen, Arena AufSchalke<br />

MODERN TALKING 14.6. Oberhausen, Arena<br />

NENA 12.7. Bonn, Museumsplatz<br />

ROLLING STONES 13.6. Oberhausen, O-Vision Zukunftsplatz<br />

ROLLING STONES 20.6. Leipzig, Stadion<br />

ROLLING STONES 22.6. Mannheim, Hockenheim-Ring<br />

SANTANA 6.9. Köln, Kölnarena<br />

BRUCE SPRINGSTEEN 22.5. Gelsenkirchen, Arena AufSchalke<br />

T.A.T.U. 31.5. Bonn, Museumsplatz<br />

ROBBIE WILLIAMS 14.7. Gelsenkirchen, Arena AufSchalke<br />

AC/DC-<br />

Comeback<br />

Bei den drei deutschen Konzerten<br />

der Rolling Stones wird’s<br />

ein Wiedersehen mit den australischen<br />

Hard-Rockern von AC/DC<br />

geben. Die Band um die Kult-<br />

Gitarristen Angus und Malcolm<br />

Young, die erst kürzlich neben<br />

Police und Clash in die renommierte<br />

amerikanische „Rock ‘n’<br />

Roll Hall Of Fame“ aufgenommen<br />

wurde, wird die Gigs in<br />

Oberhausen (13. Juni), Leipzig<br />

(20. Juni) und auf dem Hockenheim-Ring<br />

(22. Juni) eröffnen.<br />

Mit im Vorprogramm sind darüber<br />

hinaus die Cranberries<br />

(Oberhausen) sowie Chrissie<br />

Hynde mit ihren Pretenders<br />

(Leipzig/Hockenheim).<br />

Allen Gerüchten zum Trotz:<br />

Uralt-Bassist Bill Wyman wird<br />

die Rolling Stones in Deutschland<br />

nicht begleiten. ■<br />

Weiter Weg ...<br />

Den ersten Nr. 1-Hit hat „Superstar“-Sieger<br />

Alexander dank tatkräftiger<br />

RTL- und Dieter-Bohlen-<br />

Hilfe mit „Take Me Tonight“ bereits<br />

hinter sich. Doch ob man auch noch<br />

in 30 Jahren von ihm spricht – wie<br />

von Mick Jagger oder Tom Jones?<br />

Zunächst: Toi, toi, toi, immerhin<br />

kommt Alex aus der münsterländischen<br />

CDU-Gemeinde Sendenhorst.<br />

Foto: dpa<br />

34 <strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong> 5•2003


Leserforum<br />

Gegenwärtig arbeiten rund<br />

30 000 Bedienstete in allen EU-<br />

Institutionen zusammen. Den<br />

größten Block stellt dabei der<br />

Sprachendienst aus Dolmetschern<br />

und Übersetzern. Das ist der von<br />

den Christdemokraten immer akzeptierte<br />

Preis dafür, dass die elf<br />

Sprachen der fünfzehn EU-Mitglieder<br />

Amtssprachen sind, auf<br />

deren Gebrauch die Bürger als<br />

„Endverbraucher“ von EU-Entscheidungen<br />

Anspruch haben. Im<br />

Brüsseler EU-Alltag werden die<br />

drei Arbeitssprachen Französisch,<br />

Deutsch und Englisch gebraucht.<br />

In fast allen EU-Staaten nimmt<br />

gleichzeitig die Bedeutung von<br />

Englisch weiter zu.<br />

Kurz und knapp<br />

Mehr als sechs Millionen Menschen<br />

sehen täglich die ARD-„Tagesschau“;<br />

in den „Dritten“ der<br />

ARD kommen noch 3,4 Millionen<br />

hinzu. ZDF-„heute“ bindet etwas<br />

über fünf Millionen Bürger. RTL<br />

als stärkster privater Kanal bringt<br />

es auf nur 4,17 Millionen. Die<br />

Behauptung von Sprechern der<br />

Privatsender, man habe bei den<br />

Nachrichten „fast gleichgezogen“,<br />

ist daher falsch.<br />

❊ ❊ ❊<br />

Um die Jahrhundertwende<br />

1900 lebten nur 7,1 Prozent der<br />

Deutschen in so genannten Einpersonenhaushalten,<br />

heute sind<br />

es 37 Prozent. Nur noch in 1,1<br />

Prozent der deutschen Haushalte<br />

leben drei Generationen der gleichen<br />

Familie. Diese Entwicklung<br />

führt dazu, dass ein steigender<br />

Teil der älteren Generation kein<br />

konkretes Wissen mehr über den<br />

Lebensstil von vielen jungen<br />

Deutschen hat, von denen zum<br />

Beispiel bald drei Millionen unverheiratet<br />

in „eheähnlicher“ Gemeinschaft<br />

leben. J. W.<br />

Schröders Rundumschlag<br />

Die angeblichen Reformen bei der<br />

Regierungserklärung des Bundeskanzlers<br />

Gerhard Schröder sind ein<br />

einseitiger Rundumschlag. Auch die<br />

anschließende Debatte verhieß<br />

nichts Gutes. Die Verlierer dieser<br />

Debatte sind wieder einmal die<br />

Kleinen – Arbeitslose, Kranke, Alte<br />

und Arbeitnehmer.<br />

Das zeigt auch die grüne Fraktionsvorsitzende<br />

Katrin Göring-Eckhardt<br />

mit ihrer Forderung, die versicherungsfremde<br />

Leistung des Sterbegeldes<br />

ganz zu streichen. Haben wir<br />

Rentner, denen das Sterbegeld ab<br />

dem 1. Januar auf 525 Euro halbiert<br />

wurde, nicht schon etwas zur Kostensenkung<br />

beigetragen? (Wo bleibt<br />

die Stimme der Opposition?) Demgegenüber<br />

kassieren die Hinterbliebenen<br />

von Politikern weiter Leistungen<br />

in voller Höhe (7 000 bis 10 500<br />

Generationen-<br />

Vertrag<br />

Es gibt keine ehrlichere Form der<br />

Rentenversicherung als den Generationenvertrag.<br />

Dieser braucht aber<br />

eine kräftige Strukturreform. Auch<br />

die freiwillige zusätzliche Altersversicherung<br />

ist nur durch weitere finanzielle<br />

Mittel aus dem Einkommen<br />

des Versicherten zu realisieren. Für<br />

Lohnempfänger mit geringem Einkommen<br />

ist das nicht gut zu finanzieren.<br />

Resultat: Im Rentenalter<br />

bleibt nachher für sie nur die Grundrente.<br />

Für Besserverdienende ist es<br />

nie ein Problem, eigene Mittel für<br />

die Zusatzversicherung locker zu machen.<br />

Die Finanzierung der Sozialversicherungen<br />

muss wie die Mehrwertsteuer<br />

auf die ganze Wertschöpfung<br />

umgelegt werden. Dies<br />

würde das Absenken des Hebesatzes<br />

bei den Löhnen bewirken.<br />

Joh. Baptist Roloff,<br />

Watzerath<br />

Euro). Auch die Begründung der<br />

Volksvertreter im Deutschen Bundestag,<br />

sie bekämen ja auch kein Weihnachts-<br />

und Urlaubsgeld, können nur<br />

selbstherrliche Politiker tun. Denn<br />

wir Rentner bekommen auch kein<br />

Weihnachts- und Urlaubsgeld.<br />

Günter Holthauser,<br />

Niedermohr<br />

Kompliment<br />

Seit vielen Jahren erhalte ich<br />

die „<strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong>“, die ich<br />

stets informativ finde, die sich<br />

in ihrer Struktur und der visuellen<br />

kurz gefassten Darstellung<br />

sehr zum Positiven gewandelt<br />

hat. Mein Kompliment an die<br />

Redaktion und alle, die ihren<br />

Beitrag dazu leisten! Bitte so<br />

weitermachen!<br />

Gerhard Reimann, per E-Mail<br />

u IMPRESSUM<br />

Die<br />

Redaktion<br />

behält sich<br />

vor, Leserbriefe<br />

sinnentsprechend<br />

zu<br />

kürzen.<br />

SOZIALE ORDNUNG<br />

Magazin der Christlich-Demokratischen<br />

Arbeitnehmerschaft (<strong>CDA</strong>) <strong>Deutschlands</strong><br />

HERAUSGEBER:<br />

Hermann-Josef Arentz, MdL<br />

CHEFREDAKTEUR:<br />

Friedhelm Görgens<br />

Telefon (0 21 73) 9 13 66, Telefax (0 21 73) 91 36 80,<br />

mobil: (01 73) 5 46 79 40<br />

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UNTERNEHMENSKOMMUNIKATION/KONTAKTE:<br />

Jürgen F. Wippermann<br />

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<strong>Soziale</strong> <strong>Ordnung</strong><br />

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Hauptstraße 164<br />

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Derzeit gültige Anzeigen-Preisliste Nr. 16 vom 1. Januar 2003<br />

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